Cerberus » Do 20. Jun 2013, 23:13 hat geschrieben: Naja nun, das Hindernis sitzt ja nicht in der Linken. Es ist nur eine Mutmaßung: Ich habe einfach keine Erklärung dafür, wie ein Steinbrück Kanzlerkandidat der SPD werden konnte. Zumal die SPD hat doch erfahren müssen, was es sie gekostet hat, als sie einst ihre Wähler an den Kapitalismus verraten haben. Und jetzt schieben die einen nach vorne, gegen den ist G. Schröder ein Weisenknabe gewesen. Also, bitte - wenn man mir für diese Gedanken keine Verschwörungstheorien bitte reinschieben würde - ich denke schon, dass da eine "Idee" dahintersteckt.
Öhm, nein, das ist viel mehr Klassenkampf ("an den Kapitalismus verraten") als Verschwörung. Schröder hat stets gute Ergebnis erzielt. 2005 erzielte die SPD 34,2%, die Union 35,2%, also waren beide Parteien ziemlich gleichauf. Abgeschmiert ist die SPD dann vor allem 2009 und hat sich davon bisher noch nicht erholt.
Die ganze Führung steht zu 100% hinter der Agenda 2010, propagiert es als großen Schritt, als gelungenes Stück Arbeit. In der geschrumpften Basis scheinen doch aber mehr andere Gedanken vorzuherrschen.... und auf diese Basis schielt die Linke und diese auf sie. Und das hat jemand mitbekommen (ist ja auch kein Hexenwerk) und... nun, da steht die Spitze, die kraftvoll ein Zusammenkommen der beiden Parteien verhindern. Denn, auch wenn ich persönlich glaube, dass die Linke genauso eingenordet werden kann, wenn es sein muss, könnte es auch schon ein Stückchen schwieriger werden. Wäre ich an dem Erhalt der bisherigen Linie interessiert, dann würde ich es jedenfalls auch so, etwa, angehen.
Naja, komplett zurückfahren will doch niemand die Agenda 2010. Wozu auch? Gerade die Bereiche Bildung sind für die Zukunft des Landes ausgesprochen wichtig gewesen, aber auch die Wirtschaftsreformen, die die SPD mit Gewerkschaften, Wirtschaft, Wissenschaft usw. ausgearbeitet hat. So unbeliebt ist das Gesamtpaket schon nicht, auch wenn in einzelnen Fällen eine Entwicklung abgewartet werden muß, um, wie es die SPD nennt, "nachzujustieren".
Letztens hatte ich ins Parteiprogramm der Linken geschaut und da hieß es, man wolle den Hartz-4-Satz anheben (auf 500 Euro, glaub ich) und Sanktionen lockern oder gar ganz abschaffen. Aber das Thema Arbeitslosengeld ist ja nur ein winziger Aspekt der Agenda gewesen. Die restlichen Punkte scheinen wohl weniger umstritten zu sein. Zumindest bei der Linken, von Detailfragen (die eine oder andere Steuer ggf. leicht höher oder niedriger) abgesehen.
Das ist ja eben die Krux. Der einzige Weg, sofern es ihn überhaupt so noch gibt, für Veränderungen, wäre ein fundamentaler. Also, weil das Ganze schon vom Fundament an .... ein Problem ist. Von einigen Grundpfeilern abzuweichen, wäre gleich einer Kapitulation. (siehe SPD - warum sollte die noch jemand wählen? Vielleicht könnte man mit einem glücklichen Hype, für oder zu irgendwas, ein paar Stimmen der Begeisterung mal dazu gewinnen.... nicht aber aus Überlegung, oder "Vertrauen", oder weil das etwa eine Alternative zur CDU sein könnte (dieweil, die sind ja eine, wie die andere geworden).
Naja, nehmen wir an, aus welchen Gründen auch immer, würde irgendwann in ferner Zukunft die Linke die SPD in Wahlen im Bund überholen. Kann sie in Bundestag und Bundesrat eine alleinige Mehrheit kriegen? Ganz ohne Koalition? Wohl unwahrscheinlich. Wer dann mit dieser Wahrscheinlichkeit spekuliert und Jahrzehnte abwartet, verprellt letztendlich nur seine Wähler, die Veränderungen wollen, aber merken, nichts zu kriegen. Nehmen wir als Beispiel den Mindestlohn. Nehme ich die 8,50 Euro, die eine mögliche rot-grüne Koalition verspricht, oder setze ich auf die unwahrscheinlichen 10 Euro der Linkspartei, die nicht mitregieren wird (und als fundamentalen Gründen einen Kompromiß wie 9,x Euro ablehnt in einem potentiellen rot-rot-grünen Bündnis)? Auf Dauer sehe ich den Kurs kritisch, aber das müssen die Mitglieder der Linken selbst entscheiden.
Dieses Jahr wäre sie das ganz sicher, aber dieses Jahr wird ja auch keine Annäherung stattfinden.
Vermutlich nicht. Im verlinkten Artikel meint Gysi ja, nach der Wahl könne es sicherlich anders aussehen, aber das halte ich schon für sehr fragwürdig. Außer die SPD hat ein Ass im Ärmel, sägt ihren Kandidaten ab und ernennt wen anderes unerwartet. Ich wüßte nur nicht, wer alle drei Koalition zu diesem Schritt bewegen könnte. Gabriel, Nahles und co. wohl kaum. Kraft?
Was meinen Sie denn damit? Also, was sich in den vergangenen Jahren so alles als finanzierbar gezeigt hat.... also bitte.... also bitte, bitte.... Finanzierbarkeit... und was Sie thematische Sachzwänge nennen, das würde ich eher Machtzwänge nennen, denen man sich - naturgemäß - nur allzu leicht ergibt.
Je nachdem. Viele Herausforderungen sind, wenn man Verantwortung übernimmt, anders zu bewerten als in der Opposition. Merkel hat da ja auch ihre Probleme mit dem Spagat zwischen einer "überzeugten Europäerin" und einer deutschen Kanzlerin, die nicht nur schmeichelnde Worte ans andere Ende Europas schickt, während andere danach rufen, Deutschland solle noch mehr Einfluß/Verantwortung übernehmen. Einen einseitigen Kurs, ob nun rein national orientiert oder rein solidarisch und europäisch, kann man sich da in der Opposition eher erlauben als in der Diplomatie mit anderen Ländern.
Mit Finanzierbarkeit meine ich z.B., daß die Linke ja recht viele Leistungen des Staats erhöhen möchte. Ob höhere Renten, mehr Geld für Bildung, höhere Hartz-4-Sätze und und und. Wenn wir keine horrende Neuverschuldung wollen, muß das Geld halt irgendwo herkommen. Die Steuerpläne der Linken sehen ja bspw. bei der Einkommenssteuer die größten Mindereinnahmen unter allen Parteien vor, da zwar Reiche höher belastet werden, aber das nicht ansatzweise die Summe kompensiert, die es an Entlastungen von anderen Einkommen geben soll:
http://www.welt.de/wirtschaft/article11 ... teien.html
Wie gesagt, das ist nur ein Beispiel. Aber gerade das Thema Einkommen ist ja bei den Linken recht populär. Woher soll also das Geld herkommen? Den MwSt-Satz erhöhen, der vor allem Ärmere betrifft? Oder den reduzierten MwSt-Satz abschaffen für Lebensmittel, Bücher usw? Halte ich für unwahrscheinlich.
Oder sollen irgendwo Leistungen drastisch gekürzt werden? Da ist nichts erkennbar. Kritik hört man gelegentlich an Einmalzahlungen (z.B. Bürgschaften für Banken), aber keine dauerhaften Einnahmen/Ausgaben.
Jap. Daher ja mein Reden. Wer selbst in das Vergnügen der Macht gelangt, der kann die Griffel nicht davon lassen. Und jeder Pup, gegen die Interessen großer Konzerne, ist ein Pup in die kalte Luft und nicht in den warmen Sessel. Also... auf diesen Schienen kann nur diese Richtung gefahren werden und das zwingt zu immer härteren Einschnitten für immer breitere Bevölkerungsschichten, weshalb ich eigentlich kaum erwarten kann, endlich zu sehen, wie die Linke auf diese Bahn aufsteigt. Einfach weil dann wieder so viele komische Gesichter zu sehen sein werden (also, meiner Vermutung nach). So ein Staunen.... wie bei der Aktion von Schröder damals, im Bundestag.... die und die Anhänger draußen... nein, was haben die nicht lustig verömmelt dreingeschaut. Bringt auch guten Unterhaltungsstoff fürs Kabarett.

Jede Vereinigung hat in einer Demokratie halt so ihre Interessen, egal ob man sie selbst unterstützt oder nicht. Gewerkschaften sind ja auch nicht dafür bekannt, daß sie die Betriebe, in denen die Mitglieder gutes Geld verdienen, völlig gegen die Wand fahren wollen und die Arbeitslosigkeit droht. Ergebnis bekannt.