Syrien: Die grosse Blamage

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Pedro H.
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Syrien: Die grosse Blamage

Beitrag von Pedro H. »

Das es keine dritte Runde der Genf II Verhandlungen geben wird, dürfte mittlerweile jedem bekannt sein. Die Repräsentanten der Syrischen Koalition bestanden darauf, die UN Resolution 2118 (Bildung einer gemischten Übergangsregierung mit vollen Kompetenzen und anschliessende Wahlen) umzusetzen, und die Repräsentanten des Regimes behaupteten dass die Syrische Koalition niemanden repräsentiere und die Macht von Assad nicht verhandelbar sei. In Al Jazeera las ich sogar, dass die Repräsentanten des Regimes von den Koalitionsrepräsentanten verlangten ein Protestschreiben gegen die "Bewaffnung von Terroristen in Syrien durch die USA" zu unterschreiben.

Die sogenannten internationalen "Teilnehmer" erschienen nur für eine Einweihungsfete und gingen dann wieder nach Hause. Eine internationale Unterstützung für die Koalitionsrepräsentanten gab es in keiner Form. Kein Wunder, dass sich die Syrische Koalition von der internationalen Gemeinschaft wieder einmal verarscht fühlte. Und am 3. Juni will Assad "Wahlen" in den von Regierungstruppen kontrollierten Gebieten abhalten, an denen nur diejenigen im Ausland lebenden Syrier teilnehmen können, welche legal ausgereist sind (also nicht die Flüchtlinge). Der schöne Traum diesen Konflikt auf diplomatische Weise zu beenden, dürfte somit ausgeträumt sein.

Im September 2012 ging der deutsche Pöbel auf die Strasse und verunglimpfte die militärische Unterstützung eines Volksaufstandes(*1) gegen einen wahrhaft grausamen Diktator als "Imperialismus". Schizophrene Aussagen wie "Stoppt den Krieg, Hände weg von Syrien" wurden da gemacht. Ganz im Sinne Putins, als er Russland als internationale moralische Instanz gerade in Bezug auf Syrien zu verkaufen suchte, und über den Export eines inadäquaten Gesellschaftssystems (Ihr wisst schon) herumnörgelte. Nun waren aber zu diesem Zeitpunkt die Aufständischen noch nicht durch ausländische Jihadisten fast verdrängt worden, und ein Eingreifen im lybischen Stil hätte durchaus noch zum Erfolg führen können. Der "point of no return" wurde wohl erst im März 2013 erreicht. Aber ein militärisches Eingreifen in Syrien wäre grundsätzlich mit dem als Pazifismus getarnten deutschen Kleingeist unvereinbar gewesen.

Aber wenn Syrien eins bewiesen haben sollte, dann das man einen Krieg nicht dadurch unter Kontrolle bringen kann, dass man vor ihm wegläuft - sondern im Gegenteil: Dadurch wird der Krieg nur schlimmer. Absoluter Pazifismus ist ein -nicht immer ganz- naives Einverständnis mit dem Völkermord und somit verantwortungslos. Kriege sind von Natur aus barbarisch. Man kann deshalb im Ernstfall nur die Barbarei prinzipiell verdammen und gleichzeitig versuchen, sie auf ein Minimum zu reduzieren. Alles Andere ist weltfremde Prinzipienreiterei.

Allerdings entlarvt das Kriegsgeschrei in Sachen Ukraine diesen angeblichen deutschen Pazifismus als nichts weiter als zur Rechtfertigung des deutschen Kleingeistes vorgetäuscht. Denn schliesslich grenzt die Ukraine ja an Europa. Und sich mit Grossmächten um Territorien zu kloppen wie in den beiden Weltkriegen, das geht den Leuten noch ein. Aber sich irgendwo auf der Welt möglichst friedlich -aber falls nötig auch nicht- für den Frieden und die Demokratie einzusetzen, das ist den Leuten zu hoch(*2). Was den aufrichtigen Wunsch nach einer demokratischen Kultur angeht, würde ich eher den sekulären syrischen Aufständischen als den ukrainischen Nationalisten Glauben schenken. Als die Strassenschlachten in Kiev losgingen merkte ich, dass das keine gewaltbereiten europäischen Jugendlichen waren, und somit auch keine Europäer. Es ist jedenfalls paradox, dass wir den Volksaufstand in der Ukraine im Gegensatz zu den Volksaufständen des Arabischen Frühlings nicht ablehnen.

Über den Bezug zwischen Frieden und Demokratie liesse sich viel Tinte vergiessen (z.B. Kriege zwischen demokratischen Staaten sind selten bis nicht existent). Und wenn ich mich recht erinnere, gab es da auch mal einen europäischen Fond für Demokratieförderung. Aber wenn ich mich nicht irre, dann wird der Begriff "Demokratieförderung" heutzutage nicht mehr als salonfähig angesehen. Richtig?

Man sollte in dieser Angelegenheit allerdings zwischen den Rollen des Brandstifters und der militärischen Feuerwehr unterscheiden lernen. Was dies angeht, würden die Deutschen "paradoxerweise" wohl lieber Brandstifer in der Ukraine spielen, als militärische Feuerwehr in Syrien (die Ukraine ist nun mal ein sehr appetitanregender Happen für Europa).

Und so ist das, was heute in Syrien geschieht, eindeutig unsere Schuld. Denn niemand kann jemanden dafür beschuldigen, dass er sich gegen einen Diktator auflehnt. WIR haben den syrischen Bürgerkrieg sprichwörtlich vor die Hunde, d.h. vor die Jihadisten, gehen lassen. Und jetzt würden wir gerne unsere Hände in Unschuld waschen, indem wir diejenigen, denen wir militärisch und ethisch vertretbar hätten helfen können und sollen, nämlich den säkulären Aufständischen (Syrische Koalition, Freie Syrische Armee etc.), als nichtexistent erklären.

Was das Eingreifen in Lybien angeht, bin ich übrigens zumindest bis heute noch froh darüber. Das Fehlen staatlicher Sicherheitskräfte (Polizei, Armee) in Lybien ist ein Problem, welches noch aus Der Zeit vor Ghadafis Sturz stammt (http://www.iss.europa.eu/uploads/media/Brief_25.pdf). Und es ist zu erwarten, dass es auch noch ein paar Jahre dauern wird, bis dieser Mangel behoben werden kann. Das heute in Lybien gefoltert wird, mag ich nicht ausschliessen. Aber wenn dies geschieht, dann in bescheidenem Stil und nicht wie Ghadafi dies im Falle eines Sieges praktiziert hätte. Und von Massenhinrichtungen in Lybien ist überhaupt keine Rede. Wenn die Situation in Lybien gerade von der deutschen Presse als extrem düster gezeichnet wird, dann geht es auch hier wiederum nur um den Schutz des besagten und für das deutsche Volk leider charakteristischen gewissenlosen Kleingeistes. Und das Gleiche gilt für den Quatsch mit dem lybischen Erdöl, welches heute nicht mehr so gut fliesst. Dies ist die wohl fieseste Spielart der sogenannten "deutschen Gemütlichkeit".

Paradoxerweise waren es ausgerechnet die importierten Jihadisten, welche eigentlich die Rettung von Asad waren, bzw. dabei sind, sie zu sein. Durch sie wurde seine anfangs von Nichtblinden leicht zu durchschauende Behauptung, es würde sich bei den Aufständischen lediglich um Terroristen handeln -typischer Vorwurf, welcher auch von Yanukovich in der Ukraine benutzt wurde-, mit der Zeit fast zur Wirklichkeit. Was nach der Überschwemmung Syriens mit ausländischen Jihadisten nicht geschah, war das sich die Freie Syrische Armee (FSA) eifach auflöste. Diesen Gefallen wollten und wollen sie uns bisher einfach nicht tun.

Stattdessen hat sich die FSA auf eine ziemlich verzweifelte Variante des "teile und herrsche" eingelassen, welche wohl als "unterscheide und überlebe" charakterisiert werden könnte: Die beiden al-Queda Ableger Al Nusra und der Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL), welche zusammen wohl den Löwenanteil der importierten Jihadisten in Syrien ausmachen, sind miteinander zumindest bisher verfeindet. Und auch wenn die jihadistische Rhetorik beider Gruppen mehr oder minder identisch ist, drangsaliert Al Nusra nicht die Zivilbevölkerung durch die Einführung der Sharia, wie dies ISIL z.B. in Ar-Raqqah tut. Und ausserdem bringt Al Nusra laut der Syrischen Koalition keine Gefangenen um. Al Nusra ist allerdings sehr "grosszügig", was die Inkaufnahme ziviler Opfer bei Bombenanschlägen gegen Regierungsobjekte angeht. Nun ist das zwar nicht gerade die feine genfer Art, aber in Syrien macht das leider schon einen Unterschied. Auch sind Brigaden der FSA bereits zu Al Nusra übergetreten, wohl Aufgrund des "Fehlens" einer übergreifenden einheimischen jihadistischen Bewegung.

Und so hat sich die FSA trotz ihrer offiziellen Verdammungen der Jihadisten (z.B. http://www.rawstory.com/rs/2013/09/20/s ... jihadists/) dazu entschlossen, an der Seite von Al Nusra und der Islamischen Front (nichtjihadistische syrische Islamisten, welche sich ab Dezember 2012 im Zuge des Imports ausländischer Jihadisten organisierten) gegen ISIL -sowie das Regime- zu kämpfen. Das es soweit gekommen ist, dafür beschuldigen sie uns, und das zu Recht. Sollte es aber Al Zawahiri jemals gelingen zwischen Al Nusra und ISIL zu schlichten, dann wäre das vermutlich tatsächlich das Ende der FSA -welches ich einige Leute schon im letzten Jahr habe proklamieren hören.

Was mich allerdings zutiefst beschämt, ist wie das meiner Ansicht nach ethisch marodeste Volk unter den westlichen Realdemokratien(*3) mehrheitlich ganz offenbar auf die Propaganda eines gewissen skrupellosen Schlitzohres hereingefallen ist: Die Art und Weise, in der die FSA in der deutschsprachigen Presse und im Internet als sektiererisch und sonstwas verunglimpft wurde und wird, spottet jeder Beschreibung. Ein klassisches Beispiel wäre die Interpretation des Hula Massakers in der FAZ als von den Aufständischen veranstaltetes Lynching von Nichtopositionellen in der von ihnen besetzten Stadt (http://www.faz.net/aktuell/politik/neue ... 76496.html). Aber diesem Artikel wird ausserhalb von Deutschland und Syrien wohl kaum jemand Glauben geschenkt haben (http://en.wikipedia.org/wiki/Houla_mass ... nn_account).

Und der Unterschied zwischen der englischen Wikipediaseite über den syrischen Bürgerkrieg (http://en.wikipedia.org/wiki/Syrian_civil_war) und ihrem deutschen Gegenstück (http://de.wikipedia.org/wiki/Bürgerkrieg_in_Syrien) kann einfach nur als krass bezeichnet werden. In der deutschen Seite wird unter der Rubrik "Beteiligte" ausschliesslich die Haltung der Regierung zu diesem Konflikt erwähnt -und das mit einem Bild von diesem Schlitzohr, in dem seine Verschlagenheit geradezu aus dem Bildschirm springt- aber nicht die Haltung der übrigen Beteiligten. Wäre das nämlich geschehen, dann würde man merken, dass sich jedes Kind denken kann was diese Beteiligten übereinander denken. Und wie wäre es mit Bildern von hervorstehenden Repräsentanten aller beteiligten Gruppen? Mit anderen Worten, es handelt sich hier um überflüssige Information mit ausschliesslich propagandistischem Wert. Und dann gibt es in dieser gleichen Rubrik noch einen Abschnitt über eine angebliche "Politische Opposition". Dass aber die "Volksfront für Wandel und Freiheit" eigentlich gar keine Oppositionspartei ist, dass kann man nur in der englischen Wikipedia-Ausgabe lesen (http://en.wikipedia.org/wiki/Popular_Fr ... Liberation).

Und was in dieser gleichen Rubrik die FSA angeht, wird von ihr erwähnt dass sie "besonders von der sunnitischen Mehrheit Syriens getragen" wird. Genausogut hätte erwähnt werden können, dass die alle eine Nase mitten im Gesicht hatten. Das war nämlich unter diesen Umständen unvermeidlich. Auch dieser Satz hat ausschliesslich propagandistischen Wert: Er soll unterstellen, das die FSA eine sektiererische, also nichtsäkulare Organisation ist. Und der Begriff "Schabiha" (alawitische Miliz) kommt in der deutschen Ausgabe nur einmal vor, und zwar lediglich in der Liste der Beteiligten im Kopf der Seite. In der englischen Ausgabe kommt der Begriff "Shabiha" 21 mal vor. Und die "National Defense Force" (http://en.wikipedia.org/wiki/National_D ... ce_(Syria)) wird in der deutschen Ausgabe völlig unterschlagen. Die deutsche Ausgabe ist voller nicht direkt ausgesprochener Unterstellungen. Und ich habe noch mehr zu beanstandene deutsche Wikipediaseiten zu diesem Konflikt gesehen. Das Motto ist offenbar "verunglimpfe viel, denn etwas wird schon hängenbleiben". Und am besten ist es, wenn die Verunglimpfungen nur angedeutet werden. Offenbar hat das deutsche Volk im letzten Jahrhundert sein aussergewöhnliches Talent für die Verleumdung mitnichten verloren.

Zwischen dem 13. und dem 15. März wurden in vielen Städten der Welt (Nordamerika, Afrika, Asien und besonders in Europa) nächtliche Gedenkfeiern zum dritten Jahrestag des Beginns des syrischen Bürgerkrieges abgehalten. Keine einzige hiervon fand in Deutschland statt (siehe Weltkarte in http://www.with-syria.org/en). Über die Veranstaltung in London lässt sich bei http://www.churchtimes.co.uk/articles/2 ... nniversary nachlesen.

Und dann gibt es da eine (mittlerweile) in Damaskus beheimatete Propagandaseite im Internet namens "SyriaNews" (http://www.syrianews.cc). Wie man auf der Seite http://w3techs.com/sites/info/syrianews.cc sehen kann, wird diese Seite in der Hauptsache und in dieser Reihenfolge von Deutschland, den USA und Indonesien aus aufgerufen. Und hier ist ein kleines Zahlenspiel instruktiv: Deutschland, die USA und Indonesien, haben insgesammt 645 Millionen Einwohner (81+317+247). Unter ihnen hat Deutschland nur 12,6% dieser Einwohnergesammtsumme, stellt aber 29,4% der Besucher dieser Seite. Die USA hingegen haben 49,1% dieser Einwohnergesammtsumme, stellen aber nur 27,7% der Besucher dieser Seite. Und Indonesien hat 38,3% dieser Einwohnergesammtsumme, und stellt nur 14,1% der Besucher dieser Seite. Es lässt sich also mit Fug und Recht behaupten, dass in keinem Land der Erde diese Propagandasite annähernd so populär ist wie in Deutschland.

So wie es aussieht, hat sich das deutsche Volk also wieder einmal in einen Diktator verliebt. Aber diesmal ohne jeglichen Zwang oder Propagandadruck von oben, sondern nur um das nicht vorhandene deutsche Gewissen immer schön ruhig zu halten. Und zu diesem Zweck wird sich selbst in die Tasche gelogen, dass sich die Balken biegen. Dies kann geschehen, wenn sich die deutsche Gemütlichkeit zur scheinheiligen Selbstgerechtigkeit mutiert. Und die Botschaft, welche wir an den Rest der Welt aussenden, ist:"Wenn sich der Grossteil irgendeines Volkes mit Wünschen nach Demokratie(*4) gegen einen Tyrannen auflehnt und die Sache artet in Gewalt aus, dann dürfen die von unserer Seite aus mit keinerlei militärischer Hilfe rechnen, selbst wenn die Gefahr besteht, dass sie von diesem Tyrannen massakriert werden.". Putin lässt grüssen.

Mich wiedert diese ganze Angelegenheit dermassen an, dass ich anfangs sogar unter Appetitlosigkeit litt (man gewöhnt sich an fast alles). Und schon seit vielleicht 20 Jahren bin ich der Ansicht, dass sich der Durchschnittsdeutsche im Vergleich zu anderen Durchschnittsbürgern westlicher Realdemokratien durch sein übergrosses Bedürfnis nach sozialer Anerkennung durch seine Mitsapiens auszeichnet. Und dieses übergrosse Bedürfnis nach sozialer Anerkennung bewirkt eine ganz besonders grosse Bereitschaft, sich in der sozialen Umwelt kursierenden Dogmen zu unterwerfen. Hier liegt meiner Ansicht nach die Wurzel der typisch deutschen Selbstgerechtigkeit. Das sich selbst in die Tasche lügen hat in Deutschland eine lange Tradition, so zum Beispiel in der Art und Weise, in der lediglich die Naziregierung und ihre Organe für die Verbrechen und die Feigheit mehr oder minder des gesammten deutschen Volkes verantwortlich gemacht wurde. Hier liesse sich zum Beispiel an die Polemik erinnern, welche eine Ausstellung über die Verbrechen lediglich der Wehrmacht am Ende letzten Jahrhunderts noch in Deutschland auslösen konnte. Und von der Selbstgerechtigkeit zur Scheinheiligkeit ist es nur ein winziger Schritt. Ein ausführliches Psychogramm des deutschen Volkes würde die Perspektive dieses Artikels aber bei weitem überschreiten.

Früher habe ich mich wegen Hitler dafür geschämt, ein Deutscher zu sein (gegen Kriegsende hat mein Vater noch als Hitlerjunge im "Volkssturm" kämpfen müssen). Und heute schäme ich mich wegen Syrien dafür, Teil dieses Dr....volkes zu sein. Denn diese Angelegenheit zeigt mir, dass das deutsche Volk im letzten Jahrhundert eigentlich nichts von seiner Scheinheiligkeit und seiner Fähigkeit zur Verleumdung eingebüsst hat. Aber Hitler ist schon eine Generation her, und Syrien ist heute. Und wäre die deutsche Wirtschaft nicht so unerhört wichtig für Europa, dann würde ich wohl sogar für die Zwangssterilisierung meines Volkes plädieren. Damit sich in absehbarer Zeit niemals mehr jemand so dafür schämen muss ein Deutscher zu sein, wie ich es tue. Erst zwei Weltkriege vom Zaume reissen und jetzt dieser vergleichsweise Tropfen, welcher aber für mich gleichwohl das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Aber dies ist natürlich nur eine haltlose Wunschvorstellung, von der ich keine Ahnung habe wie sie in die Praxis umzusetzen wäre. Und wie gesagt, hat ja das deutsche Volk ja trotz Allem solange es Europa gibt doch eine gewisse Existenzberechtigung (Morgen sind Wahlen. Mal sehen, wie die Deutschen wählen werden.).

Nun könntet Ihr natürlich sagen, dass die anderen Europäer -wohl mit Ausnahme der Franzosen, welche meiner Ansicht nach die einzigen Europäer mit einem bisschen globalen Verantwortungsbewusstseins sind- letztlich auch nicht besser sind als wir. Aber die sollen sich an ihre eigene Nase fassen. Ich fasse mir an meine deutsche Nase. Und die Briten scheinen sich wohl noch immer für den Irak zu schämen (mit Recht, aber die sollten mal differenzierter denken lernen). Aber was die Scheinheiligkeit angeht, läuft niemand uns Deutschen den Rang ab.

Mein grosses Glück ist, dass ich seit bald 17 Jahren nicht mehr unter Deutschen leben muss. Und wo ich wohne, kann ich zumindest bis heute noch den deutschen Turisten aus dem Wege gehen (mir kommt mittlerweile die Galle hoch, wenn ich diese Sprache auf der Strasse höre). Damals waren es nicht Hass und Ekel, welche mich zum Fortzug bewogen, sondern Klima- und Karrieregründe. Aber wenn ich es damals nicht getan hätte, dann würde ich es wohl heute tun. Schon um zu vermeiden, dass nicht irgendwann noch ein Unglück geschieht. Noch habe ich alte Freunde in Deutschland, aber dass wird sich wohl auch bald ändern. Denn zumindest einige von denen würden nahtlos in dieses Forum passen. Und mit Leuten wie denen hier im Forum möchte ich persönlich nichts zu tun haben.

Adios, y vayanse a tomar por culo.
Pedro


*1: "Volksaufstand" bezieht sich auf ein paar Millionen und niemals das gesammte Volk.
*2: Als Soldat in einem fernen Land für den Frieden zu sterben -und das bezieht häufig, aber nicht notwendigerweise die Demokratie mit ein- ist zwar auch nicht süss, aber zumindest ehrenvoll. Und vor Afghanistan ist möglicherweise noch nie ein deutscher Soldat für irgend etwas ehrenvolles im Einsatz gestorben. Auch wenn es in Afghanistan weder um den dortigen Frieden oder die Demokratie ging, sondern um den Schutz vor einem ausgeflippten Angreifer.
*3: Ich benutze den Begriff "Demokratie" ungern nackt. "Volksherrschaft" ist ein Ideal, und die Demokratie hat sich durch die Geschichte hindurch entwickelt. Und ich glaube nicht, dass die zeitgenössische westliche Realdemokratie dem Ideal gleichkommt.
*4: Das Wünschen sollte ja wohl noch erlaubt sein, auch wenn es heute nicht mehr hilft. Und den Leuten in dieser Situation zu erzählen, dass sie für die Demokratie prinzipiell zu blöde sind, zeugt von einer unglaublichen Borniertheit und Dummheit. Nur Dummköpfe können es von einer halbmittelalterlichen feudalen Gesellschaft verlangen, sich im Handumdrehen in eine säkulare Demokratie europäischen Zuschnitts zu verwandeln.
Adam Smith
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Re: Syrien: Die grosse Blamage

Beitrag von Adam Smith »

Pedro H. » Sa 24. Mai 2014, 22:48 hat geschrieben: Und dann gibt es da eine (mittlerweile) in Damaskus beheimatete Propagandaseite im Internet namens "SyriaNews" (http://www.syrianews.cc). Wie man auf der Seite http://w3techs.com/sites/info/syrianews.cc sehen kann, wird diese Seite in der Hauptsache und in dieser Reihenfolge von Deutschland, den USA und Indonesien aus aufgerufen. Und hier ist ein kleines Zahlenspiel instruktiv: Deutschland, die USA und Indonesien, haben insgesammt 645 Millionen Einwohner (81+317+247). Unter ihnen hat Deutschland nur 12,6% dieser Einwohnergesammtsumme, stellt aber 29,4% der Besucher dieser Seite. Die USA hingegen haben 49,1% dieser Einwohnergesammtsumme, stellen aber nur 27,7% der Besucher dieser Seite. Und Indonesien hat 38,3% dieser Einwohnergesammtsumme, und stellt nur 14,1% der Besucher dieser Seite. Es lässt sich also mit Fug und Recht behaupten, dass in keinem Land der Erde diese Propagandasite annähernd so populär ist wie in Deutschland.
Deutschland hat halt 10.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen. Und diese Flüchtlinge möchten sich halt über die Situation in Syrien informieren.

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 62191.html
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Tantris
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Re: Syrien: Die grosse Blamage

Beitrag von Tantris »

In syrien gab es zigtausend tote. Ich halte das eher für eine tragödie, als für eine "blamage".
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Re: Syrien: Die grosse Blamage

Beitrag von Gretel »

Tantris » Sa 24. Mai 2014, 22:08 hat geschrieben:In syrien gab es zigtausend tote. Ich halte das eher für eine tragödie, als für eine "blamage".
:rolleyes:
Hauptsache das Bein gehoben.

Lies lieber mal den Text, der ist sehr interessant.
Muck watt jü wüllt - de Lüüd snackt doch.
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Re: Syrien: Die grosse Blamage

Beitrag von MG-42 »

Gretel » Sa 24. Mai 2014, 15:15 hat geschrieben: :rolleyes:
Hauptsache das Bein gehoben.

Lies lieber mal den Text, der ist sehr interessant.
Das Problem in Syrien ist nicht die deutsche Presse oder die deutsche Aussenpolitik, ob das bei Wiki immer korrekt ist, das ist bei politischen Themen manchmal nicht so gegeben. Aber der Bürgerkrieg wird nicht wegen deutschen Interessen oder gar Wirtschaftsinteressen geführt, da sind die regionalen Nachbarn die Hauptakteure die mit Waffen und Geld die verschiedenen Fraktionen unterstützen.

Es gibt aus meiner Sicht keine politische Lösung die Deutschland alleine effektiv unterstützen kann oder sollte.
Pedro H.
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Re: Syrien: Die grosse Blamage

Beitrag von Pedro H. »

Adam Smith » Sa 24. Mai 2014, 21:57 hat geschrieben:


Deutschland hat halt 10.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen. Und diese Flüchtlinge möchten sich halt über die Situation in Syrien informieren.

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 62191.html

In Syrien wird arabisch gesprochen und geschrieben. Syrienflüchtlinge würden sich also im Internet auf arabischen Seiten wie z.B. http://www.syria-news.com oder http://www.etilaf.org (en.etilaf.org in englisch) über die Vorgänge in Syrien informieren. Und SyriaNews hat gar keine arabischen Seiten. Die sind voll auf Auslandspropaganda eingestellt.

Und übrigens hat nicht nur Deutschland syrische Flüchtlinge aufgenommen, sondern auch andere europäische Staaten. Nach Deinen Zahlen hat Schweden dreimal so viele wie Deutschland (http://bigstory.ap.org/article/syrians- ... l-election).

Und nicht auf den Verfasser des hier Kommentierten bezogen, sollte sich eigentlich mal das Gesindel im Thread "Wie weiter mit Syrien?" dazu bequemen, den obigen Artikel zu kommentieren.
Zuletzt geändert von Pedro H. am Mittwoch 11. Juni 2014, 15:28, insgesamt 2-mal geändert.
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