Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet VerfG

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frems
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von frems »

Atheist » So 3. Jan 2016, 22:27 hat geschrieben:
Das sind die typischen Populisten, die sich zum Anwalt des Pöbels aufschwingen und mit dessen angeblicher Zustimmung ihren eigenen Willen kompromisslos und jegliches Verfahren missachtend durchsetzen.
Mußt sie ja nur davon fragen, wie sie es fänden, wenn der Bundestag ihre Partei (oder sonstige Gruppierung) unterdrücken und verbieten würde. Dann fällt ihnen wieder ein, warum ein Rechtsstaat schon seinen Sinn hat und eine Mehrheit in einer Legislaturperiode kein Freifahrtschein ist. Aber vermutlich geht's bei den Teilzeitdemokraten nicht ums Prinzip, sondern ob ihnen eine Handlung persönlich gefällt.
Labskaus!

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H2O
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von H2O »

Zitat:
Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet



Ich fürchte, daß diese schöne "Präambel" nicht dazu
taugen wird, Besonderheiten der polnischen Gesetz-
gebung unwirksam zu machen.

Da müsste schon das "Soll" klar beschrieben sein. Unter
der Überschrift "Demokratie" sind unglaublich viele Spiel-
arten möglich... ich konnte das nicht fassen!

Aber bitte, ich bin kein Jurist und Verfassungsrechtler
erst recht nicht! Vielleicht gibt es ja den formalen Zu-
griff in einen Mitgliedsstaat trotz seiner ausgehandelten
Sonderrechte.
Zuletzt geändert von H2O am Sonntag 3. Januar 2016, 22:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Atheist »

frems » So 3. Jan 2016, 23:32 hat geschrieben: Mußt sie ja nur davon fragen, wie sie es fänden, wenn der Bundestag ihre Partei (oder sonstige Gruppierung) unterdrücken und verbieten würde. Dann fällt ihnen wieder ein, warum ein Rechtsstaat schon seinen Sinn hat und eine Mehrheit in einer Legislaturperiode kein Freifahrtschein ist. Aber vermutlich geht's bei den Teilzeitdemokraten nicht ums Prinzip, sondern ob ihnen eine Handlung persönlich gefällt.
So wird es sein. Vermutlich spekulieren sie darauf, gar nicht mehr abgewählt zu werden, weshalb sie hastig alle Schlüsselpositionen besetzen und sich der Bereiche bemächtigen, die zur Meinungsbildung bei Massen besonders gut geeignet sind. Das Mediengesetz wurde ja nun ebenfalls durchgewunken.
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H2O
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von H2O »

Fazer » 2016-01-03, 22:23 hat geschrieben: ...
... Dabei benehmen sich diejenigen undemokratisch
und diktatorisch, die bindende Verträge einfach so
aufkündigen wollen.

Das finde ich von der Gesinnung her gut
nachvollziehbar; nur fehlt mir der klare
Hinweis, wo unmißverständlich das bin-
dende Verfahren zur Ausgestaltung von
Verfassungsgerichten in Mitgliedsländern
der EU vorgegeben ist. Oder das bindende
Verfahren bei der Besetzung öffentlich-
rechtlicher Medienanstalten.

Ich meine, daß man erst schießen sollte,
wenn das Ziel klar zu erkennen ist.

Verwechseln Sie meine Bedenken nicht
mit irgend einer Zustimmung zu diesen mehr
als hemdsärmelig erzwungenen Veränderun-
gen, allerdings mit deutlicher Stimmenmehrheit
im neu gewählten Parlament. Nur helfen Gesin-
nung und Empörung nicht weiter, wenn man
formal so gut wie nichts in den Händen hält.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Atheist »

H2O » So 3. Jan 2016, 23:33 hat geschrieben:Ich fürchte, daß diese schöne "Präambel" nicht dazu
taugen wird
Das ist keine Präambel und auch sonst ist Art. 2 EUV, wie nachfolgend zu sehen, nicht von unverbindlichem Charakter.
Art. 2

Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.
https://dejure.org/gesetze/EU/2.html
Art. 7
(ex-Artikel 7 EUV)

(1) Auf begründeten Vorschlag eines Drittels der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments oder der Europäischen Kommission kann der Rat mit der Mehrheit von vier Fünfteln seiner Mitglieder nach Zustimmung des Europäischen Parlaments feststellen, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 2 genannten Werte durch einen Mitgliedstaat besteht. Der Rat hört, bevor er eine solche Feststellung trifft, den betroffenen Mitgliedstaat und kann Empfehlungen an ihn richten, die er nach demselben Verfahren beschließt.

Der Rat überprüft regelmäßig, ob die Gründe, die zu dieser Feststellung geführt haben, noch zutreffen.

(2) Auf Vorschlag eines Drittels der Mitgliedstaaten oder der Europäischen Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments kann der Europäische Rat einstimmig feststellen, dass eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung der in Artikel 2 genannten Werte durch einen Mitgliedstaat vorliegt, nachdem er den betroffenen Mitgliedstaat zu einer Stellungnahme aufgefordert hat.

(3) Wurde die Feststellung nach Absatz 2 getroffen, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließen, bestimmte Rechte auszusetzen, die sich aus der Anwendung der Verträge auf den betroffenen Mitgliedstaat herleiten, einschließlich der Stimmrechte des Vertreters der Regierung dieses Mitgliedstaats im Rat. Dabei berücksichtigt er die möglichen Auswirkungen einer solchen Aussetzung auf die Rechte und Pflichten natürlicher und juristischer Personen.

Die sich aus den Verträgen ergebenden Verpflichtungen des betroffenen Mitgliedstaats sind für diesen auf jeden Fall weiterhin verbindlich.

(4) Der Rat kann zu einem späteren Zeitpunkt mit qualifizierter Mehrheit beschließen, nach Absatz 3 getroffene Maßnahmen abzuändern oder aufzuheben, wenn in der Lage, die zur Verhängung dieser Maßnahmen geführt hat, Änderungen eingetreten sind.

(5) Die Abstimmungsmodalitäten, die für die Zwecke dieses Artikels für das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat gelten, sind in Artikel 354 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgelegt.
https://dejure.org/gesetze/EU/7.html
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Excellero »

Na warten wir erstmal ab wie sich das ganze entwickelt...

Schließlich sitzen bei uns auch nur SPD oder CDU Richter im Verfassungsgericht,... da die abwechselnd vom Bundestag oder -Rat ernannt werden. ;) Ebenso werden bei uns die Schlüsselpositionen in den ÖR Medien von der regierenden Koalition besetzt. ...Denkt da mal drüber nach! ;)
Um fremden Wert willig und frei anzuerkennen, muß man eigenen haben.
-Immanuel Kant
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Atheist »

Excellero » So 3. Jan 2016, 23:54 hat geschrieben:Na warten wir erstmal ab wie sich das ganze entwickelt...

Schließlich sitzen bei uns auch nur SPD oder CDU Richter im Verfassungsgericht,... da die abwechselnd vom Bundestag oder -Rat ernannt werden. ;) Ebenso werden bei uns die Schlüsselpositionen in den ÖR Medien von der regierenden Koalition besetzt. ...Denkt da mal drüber nach! ;)
BuTag und BuRat wählen sie, der BuPrä ernennt sie. Und der Rundfunkrat ist (mal abgesehen von der Übermacht der Kirchen) geradezu vorbildlich für die deutsche Vorstellung von Proporz.
Zuletzt geändert von Atheist am Sonntag 3. Januar 2016, 23:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von H2O »

Atheist » 2016-01-03, 22:52 hat geschrieben:
Das ist keine Präambel und auch sonst ist Art. 2 EUV, wie nachfolgend zu sehen, nicht von unverbindlichem Charakter.



https://dejure.org/gesetze/EU/2.html



https://dejure.org/gesetze/EU/7.html
Nein, das ist nach meinem Verständnis nur noch mehr
Text, aber kein Sachverhalt, den man den Polen vor-
halten kann. Erst muß ja ein Bruch bestehender Ver-
träge oder Pflichten aufgezeigt werden, ehe weitere
Maßnahmen verfahrensmäßig eingeleitet werden
können. Allgemeines Bauchgrimmen reicht da wohl
doch nicht!

Was ich mir vorstellen könnte, das wäre eine Sitzung
des EU Ministerrats, in dem die Staatschefs aller Mitglieder
entscheiden, daß sie ein bestimmtes Vorgehen eines
Mitglieds nicht für vereinbar mit den Vorstellungen der
Gemeinschaft halten... und sie auf einer vorgegebenen
Lösung des beanstandeten Verfahrens bestehen.
Welche Mehrheiten dazu ausreichen... das weiß der
Teufel! Das wäre aber eine politische Lösung, kein
Rechtsverfahren.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Excellero »

Atheist » So 3. Jan 2016, 22:59 hat geschrieben:
BuTag und BuRat wählen sie, der BuPrä ernennt sie. Und der Rundfunkrat ist (mal abgesehen von der Übermacht der Kirchen) geradezu vorbildlich für die deutsche Vorstellung von Proporz.
Die Zusammensetzung von Rundfunkräten ist Gegenstand von Kritik. So liegt der Anteil der Staatsvertreter bei einigen Anstalten bei 50 % ...zitiert aus wiki :rolleyes:
Um fremden Wert willig und frei anzuerkennen, muß man eigenen haben.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Atheist »

H2O » Mo 4. Jan 2016, 00:11 hat geschrieben: Nein, das ist nach meinem Verständnis nur noch mehr
Text, aber kein Sachverhalt, den man den Polen vor-
halten kann. Erst muß ja ein Bruch bestehender Ver-
träge oder Pflichten aufgezeigt werden, ehe weitere
Maßnahmen verfahrensmäßig eingeleitet werden
können. Allgemeines Bauchgrimmen reicht da wohl
doch nicht!
Ich bin zuversichtlich, dass sie den Mut aufbringen werden, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen, um unbestimme Rechtsbegriffe und Verfassungsgrundsätze auszufüllen. Alternativ werden sie umfangreiches Materiel sichten müssen.

Bist du fertig oder kommen da noch weitere Rechtfertigungen für die Agitation der PiS gegen das Recht und die Werte der Europäischen Union? (Wobei von Agitation streng genommen keine Rede mehr sein kann, denn die PiS schafft bereits Fakten.)
Zuletzt geändert von Atheist am Sonntag 3. Januar 2016, 23:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von H2O »

Atheist » 2016-01-03, 23:19 hat geschrieben:
Ich bin zuversichtlich, dass sie den Mut aufbringen werden, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen, um unbestimme Rechtsbegriffe und Verfassungsgrundsätze auszufüllen. Alternativ werden sie umfangreiches Materiel sichten müssen.

Bist du fertig oder kommen da noch weitere Rechtfertigungen für die Agitation der PiS gegen das Recht und die Werte der Europäischen Union?
Arroganskis hatte ich eigentlich mehr auf der
Seite der PiS vermutet.

Nichts wirklich Greifbares in der Hand, und lang
schwammige Texte kopieren... das ist es doch,
was ich ablehne. Die Sache mit dem Verstand,
die traue ich auch der polnischen Seite zu; hier:
Leider!
Fazer
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Fazer »

H2O » So 3. Jan 2016, 23:52 hat geschrieben:

Das finde ich von der Gesinnung her gut
nachvollziehbar; nur fehlt mir der klare
Hinweis, wo unmißverständlich das bin-
dende Verfahren zur Ausgestaltung von
Verfassungsgerichten in Mitgliedsländern
der EU vorgegeben ist. Oder das bindende
Verfahren bei der Besetzung öffentlich-
rechtlicher Medienanstalten.

Ich meine, daß man erst schießen sollte,
wenn das Ziel klar zu erkennen ist.

Verwechseln Sie meine Bedenken nicht
mit irgend einer Zustimmung zu diesen mehr
als hemdsärmelig erzwungenen Veränderun-
gen, allerdings mit deutlicher Stimmenmehrheit
im neu gewählten Parlament. Nur helfen Gesin-
nung und Empörung nicht weiter, wenn man
formal so gut wie nichts in den Händen hält.
Es ging erst mal nicht konkret um das was die PiS derzeit in Polen macht, sondern um das plumpe Argument von Helmut und Co. dass doch alles okay sei, weil von einer Mehrheit im Parlament beschlossen. Und auch Sie scheinen in diese Richtung zu schiessen, wenn Sie auf die "deutliche Stimmenmehrheit" hinweisen. Diese setzt aber eben nicht die EU Verträge ausser Kraft, die Polen unterzeichnet hat.

Inwieweit die EU Kommission gegen die Gesetze etwas ausrichten kann, kann ich mangels Detailkenntnissen nicht genau beurteilen. Aber die EU Kommission scheint da überzeugt zu sein:

" Der Druck auf Polens nationalkonservative Regierung wächst. Der für Medienpolitik zuständige Kommissar Oettinger plädiert dafür, den Rechtsstaatsmechanismus zu aktivieren. Dadurch könnte Polen sein Stimmrecht verlieren.

Die polnische Regierung gerät nach ihren umstrittenen Gesetzesänderungen zunehmend unter Druck aus Brüssel. Nachdem der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, Warschau vor einer Beschränkung der Medienvielfalt gewarnt hat, äußert sich nun erstmals auch der für Medienpolitik zuständige Kommissar Günther Oettinger. „Es spricht viel dafür, dass wir jetzt den Rechtsstaatsmechanismus aktivieren und Warschau unter Aufsicht stellen“, sagte Oettinger der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.). Er werde sich dafür bei der nächsten Sitzung der EU-Kommission am 13. Januar einsetzen.

http://www.faz.net/aktuell/politik/euro ... 94328.html"
Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, weshalb sich die meisten vor ihr fürchten. (George Bernard Shaw)
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Atheist »

H2O » Mo 4. Jan 2016, 00:34 hat geschrieben:
Arroganskis hatte ich eigentlich mehr auf der
Seite der PiS vermutet.

Nichts wirklich Greifbares in der Hand, und lang
schwammige Texte kopieren... das ist es doch,
was ich ablehne. Die Sache mit dem Verstand,
die traue ich auch der polnischen Seite zu; hier:
Leider!
Offensichtlich bin ich nicht der einzige, dem es auffällt. ;) Aber sei's drum, wir wollen ja hier nicht in DDR-Manier Gesinnungsschnüffelei betreiben! Minister, EU-Beamte und alle sonstigen Zuständigen sind keine allwissenden Übermenschen, weshalb auch sie sich behutsam an das Thema herantasten werden. Mögliche Quellen dafür, wie die Begriffe auszufüllen sind, wären da z.B. die Literatur, Urteile des EuGH oder von nationalen (Verfassungs-)gerichten, Gutachten, Aufsätze, rechtsvergleichende Betrachtung der Situation in anderen Mitgliedsländern, Ausführungen der betroffenen Richter, Gesamtschau des politischen Zusammenhanges, in das die einzelne Maßnahmen eingebettet sind etc. - also alles in allem doch etwas, was den Rahmen einer Diskussion in der Freizeit sprengen würde.

Dabei ist das m.M.n. auch gar nicht notwendig, wenn das wohl wichtigste Kontrollorgan in der Verfassung durch Abänderungen der Geschäftsordnung evident in seiner Handslungsfähigkeit beschnitten wird. Denn falls bei jedem (chronologisch abzuarbeitenden!!!) Fall 13 der 15 Richter anwesend sein müssen, um urteilen zu können, dann ist doch schon absehbar, dass bereits schon eine Erkältung zweier Richter zusammen mit einem unglücklichen Sturz eines weiteren Richters den gesamten Spruchkörper lähmen könnte! Verfahrensökonomische Arbeit wird ebenfalls unmöglich gemacht, wenn die Arbeit nicht in Kammern erfolgen kann, sondern von fast allen zugleich erfolgen muss! Das wäre so, als müsste für jedes triviale Gesetz, das in den Ausschüssen erarbeitet und mit einfacher Mehrheit (der anwesenden Abgeordneten!) beschlossen wird, das gesamte Plenum zusammentreten. Und nun sag bloß, dass du daran nichts Kritikwürdiges erkennst!

Dazu auch noch die verfassungswidrige Nichternennung von 5 Richtern in Verbindung mit einer verfassungswidrigen Bestellung und Ernennung von der PiS genehmen 5 Richtern... H2O, erkennst du wenigstens hieran etwas Handfestes? Oder ist das alles prima, demokratisch und rechtsstaatlich, weil "the loser has to fall", ganz gleich, was das Verfassungsgericht (in seiner alten Zusammensetzung) dazu urteilt?
Zuletzt geändert von Atheist am Montag 4. Januar 2016, 01:04, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Excellero »

Ich wette wenn irgendwelche Sozialisten das machen würden, würde kein Hahn danach krähen. Genauso wenig wie diese Ganoven, die in der Ukraine die Regierung stellen. Die sind "nützlich" also sind sie gut! Denn die sind alles andere als legal an die Macht gekommen.

Aber so ist das eben heute, die rechte wird bekämpft wo es nur geht, und die linken machen sich zum Erfüllungsgehilfen von Onkel Sam, und merken das geblendet von kurzzeitigem ""Erfolg"" nichtmal.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Alexyessin »

Excellero » Mo 4. Jan 2016, 08:55 hat geschrieben:Ich wette wenn irgendwelche Sozialisten das machen würden, würde kein Hahn danach krähen. Genauso wenig wie diese Ganoven, die in der Ukraine die Regierung stellen. Die sind "nützlich" also sind sie gut! Denn die sind alles andere als legal an die Macht gekommen.

Aber so ist das eben heute, die rechte wird bekämpft wo es nur geht, und die linken machen sich zum Erfüllungsgehilfen von Onkel Sam, und merken das geblendet von kurzzeitigem ""Erfolg"" nichtmal.
Das ist zu blauäugig gedacht und das weißt du auch. Demokratieeinschnitte, wie eben das Beschneiden eines Verfassungsgericht sind nunmal nicht mit den Grundwerten der EU vereinbar - egal ob links rechts mitte oder hintenrum.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von schokoschendrezki »

Alexyessin » Mo 4. Jan 2016, 10:22 hat geschrieben:
Das ist zu blauäugig gedacht und das weißt du auch. Demokratieeinschnitte, wie eben das Beschneiden eines Verfassungsgericht sind nunmal nicht mit den Grundwerten der EU vereinbar - egal ob links rechts mitte oder hintenrum.
Wir sind ja hier auch gleichzeitig in einem Strang zum Thema Ungarn. Selbst als im Frühjahr dieses Jahres Orbán laut über die Wiedereinführung der Todesstrafe nachdachte und damit in großen Teilen des EU-Parlaments "Entsetzen" hervorrief, hieß es gleichzeitig aus der Führung der EVP-Fraktion, es gebe "keinen Anlass, über einen Ausschluss von Orbáns Fidesz nachzudenken". Die Berufung auf die berühmten "Werte" ist von Seiten der konservativen europäischen Parteien absolute Heuchelei. Als dann noch Orbán im Herbst seine großen Auftritte bei der CSU hatte, habe ich mir manchmal gedacht, auch wenn ichs nicht belegen kann: Den Mann lassen sie doch als Versuchsballon agieren. Nach dem Motto: "Mal sehen, wie weit man gehen kann. Erst mal mit dem kleinen Ungarn am östlichen Rand probieren"
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von H2O »

Atheist » 2016-01-04, 00:56 hat geschrieben:
Offensichtlich bin ich nicht der einzige, dem es auffällt. ;) Aber sei's drum, wir wollen ja hier nicht in DDR-Manier Gesinnungsschnüffelei betreiben! Minister, EU-Beamte und alle sonstigen Zuständigen sind keine allwissenden Übermenschen, weshalb auch sie sich behutsam an das Thema herantasten werden. Mögliche Quellen dafür, wie die Begriffe auszufüllen sind, wären da z.B. die Literatur, Urteile des EuGH oder von nationalen (Verfassungs-)gerichten, Gutachten, Aufsätze, rechtsvergleichende Betrachtung der Situation in anderen Mitgliedsländern, Ausführungen der betroffenen Richter, Gesamtschau des politischen Zusammenhanges, in das die einzelne Maßnahmen eingebettet sind etc. - also alles in allem doch etwas, was den Rahmen einer Diskussion in der Freizeit sprengen würde.

Dabei ist das m.M.n. auch gar nicht notwendig, wenn das wohl wichtigste Kontrollorgan in der Verfassung durch Abänderungen der Geschäftsordnung evident in seiner Handslungsfähigkeit beschnitten wird. Denn falls bei jedem (chronologisch abzuarbeitenden!!!) Fall 13 der 15 Richter anwesend sein müssen, um urteilen zu können, dann ist doch schon absehbar, dass bereits schon eine Erkältung zweier Richter zusammen mit einem unglücklichen Sturz eines weiteren Richters den gesamten Spruchkörper lähmen könnte! Verfahrensökonomische Arbeit wird ebenfalls unmöglich gemacht, wenn die Arbeit nicht in Kammern erfolgen kann, sondern von fast allen zugleich erfolgen muss! Das wäre so, als müsste für jedes triviale Gesetz, das in den Ausschüssen erarbeitet und mit einfacher Mehrheit (der anwesenden Abgeordneten!) beschlossen wird, das gesamte Plenum zusammentreten. Und nun sag bloß, dass du daran nichts Kritikwürdiges erkennst!

Dazu auch noch die verfassungswidrige Nichternennung von 5 Richtern in Verbindung mit einer verfassungswidrigen Bestellung und Ernennung von der PiS genehmen 5 Richtern... H2O, erkennst du wenigstens hieran etwas Handfestes? Oder ist das alles prima, demokratisch und rechtsstaatlich, weil "the loser has to fall", ganz gleich, was das Verfassungsgericht (in seiner alten Zusammensetzung) dazu urteilt?
Wo habe ich jemals gesagt, daß ich die hemdsärmelige
Vorgehensweise der PiS billigte oder ihr in irgend einer
Weise etwas abgewänne? Diese Empfindung entwickelt sich
bei Ihnen offenbar dann, wenn Ihnen jemand nicht begeistert
zustimmt. Erneut und klar wie zuvor: Das PiS-Vorgehen ist
auch gegenüber der Gemeinschaft rücksichtslos, weil ohne
Rückversicherung in Gang gesetzt. So etwas macht man
doch nicht in einer Wertegemeinschaft... bildet auch keine
Visegrad-Gruppe, um gemeinsam der EU gegenüber einen
erkennbar anderen Willen durch zu setzen. Sehr ärgerlich!

Witzigerweise bittet Polens Außenminister Waszczykowski
um deutsche Solidarität gegenüber der EU, die ein Verfahren
gegen Polen überlegt. Tja, da war doch schon einmal jemand,
der um die Solidarität der Gemeinschaft gebeten hatte, schon
wegen der Wertegemeinschaft... Aus meiner Sicht ist Zurück-
haltung deutscher Politiker angezeigt, wie so oft schon hier
angemerkt... die Jauchekübel gegen deutsche Einreden hat die
PiS schon aufgestellt. Da kochen Gefühlsaufwallungen hoch,
die auch einigermaßen sachliche Polen mitreißen werden.

Aber immmerhin meinen Sie ja nun auch, daß ziemlich
sicher ein Berg Arbeit vor der EU liegt, um aus dem ärger-
lichen Erscheinungsbild des PiS-Regierungshandelns
etwas Belastbares zur Abmahnung und Rückänderung
ab zu leiten. Schlimm ist auch, daß nun in Polen aller Voraus-
sicht nach viel Gehirnschmalz verkocht werden dürfte, den
bekannt werdenden Vorhaltungen der EU etwas entgegen
zu setzen. Leerlauf auf ganzhoher Drehzahl! Das Ergebnis
warten wir dann erst einmal gespannt ab, denn ohne wirklich
Handfestes läuft da gar nichts, außer daß viel heiße Luft verströmt
wird.

Wir haben in der EU mit dem PiS-Regierungshandeln ein
politisches Problem, das sich auch nur politisch auflösen
lässt.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Nomen Nescio »

folgt polen das beispiel maggie thatchers? die legte in prinzip viel beschlüsse lahm.

polen bekommt jetzt ungefähr 10 milliarden euro/jährlich. sowieso steht schon fest, daß dieser betrag bei der nächsten revision erheblich kleiner wird. ich konnte es nicht finden, aber irgendwo blieb bei mir was hängen über den EU-haushalt. falls es keine übereinstimmung gibt, wird er ungefähr eingefroren. das würde bedeuten, daß polen also doch die 10 milliarden bekommt.

daneben noch was zur überdenkung: zwar hat PiS mehr als 50% der sitze, aber ungefähr 40% der wähler hat PiS als partei angekreuzt.
ich habe korrespondenten aus mehrere länder anläßlich des neuen jahres gehört. alle sind sich einig: die polnische regierung nimmt kurs auf einen »clash/crash« sowohl mit der EU wie mit den polen. wer in polen der gewinner sein wird, ähnelt wahrsagen. beides ist möglich. die regierung ändert die regeln in einen wahnsinnigen tempo. ein protest von um die 50.000 menschen ist dagegen (mit EU-fahne) auch unpolnisch. und das schon so schnell, denn diese regierung gibt es erst kurze zeit.

vermutlich wird die wichtigste frage sein ob die polnische wirtschaft sich gut entwickelt. außerdem ist es eine gute idee mal nachzusuchen, wie kaczynski sich damals als premier benahm.
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
blues über mich: »du bist ein klassischer Liberaler und das ist auch gut so.«
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von schokoschendrezki »

Nomen Nescio » Mo 4. Jan 2016, 10:54 hat geschrieben:folgt polen das beispiel maggie thatchers? die legte in prinzip viel beschlüsse lahm.

polen bekommt jetzt ungefähr 10 milliarden euro/jährlich. sowieso steht schon fest, daß dieser betrag bei der nächsten revision erheblich kleiner wird. ich konnte es nicht finden, aber irgendwo blieb bei mir was hängen über den EU-haushalt. falls es keine übereinstimmung gibt, wird er ungefähr eingefroren. das würde bedeuten, daß polen also doch die 10 milliarden bekommt.
Immerhin nennst Du die ungefähren Netto-Beträge, die Polen bekommt und nicht einfach nur die (ohne Polens eigene Einzahlungen in den EU-Haushalt verrechneten) Brutto-Beträge. Aber auch diese Netto-Beträge von ca. 10 Milliarden Euro muss man ins Verhältnis setzen zum Nettoinlandsprodukt (für Polen in der Größenordnung 400 Millarden Euro). Die EU-Zahlungen spielen nicht etwa gar keine Rolle, aber lange nicht die Rolle, die ihnen in polemischen Diskussionen oft zugeordnet werden. Ähnliches gilt für EU-Nettoeinzahler (wie die Bundesrepublik).
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Alexyessin »

schokoschendrezki » Mo 4. Jan 2016, 09:44 hat geschrieben:
Wir sind ja hier auch gleichzeitig in einem Strang zum Thema Ungarn. Selbst als im Frühjahr dieses Jahres Orbán laut über die Wiedereinführung der Todesstrafe nachdachte und damit in großen Teilen des EU-Parlaments "Entsetzen" hervorrief, hieß es gleichzeitig aus der Führung der EVP-Fraktion, es gebe "keinen Anlass, über einen Ausschluss von Orbáns Fidesz nachzudenken". Die Berufung auf die berühmten "Werte" ist von Seiten der konservativen europäischen Parteien absolute Heuchelei. Als dann noch Orbán im Herbst seine großen Auftritte bei der CSU hatte, habe ich mir manchmal gedacht, auch wenn ichs nicht belegen kann: Den Mann lassen sie doch als Versuchsballon agieren. Nach dem Motto: "Mal sehen, wie weit man gehen kann. Erst mal mit dem kleinen Ungarn am östlichen Rand probieren"
Vielleicht hätte ich Grundwerte der Demokratie sagen sollen. Was die EVP mit Orban vorhat, weiß ich nicht. Vielleicht mit dem Gedanken, das einbinden immer noch besser ist als ausschließen.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O » Mo 4. Jan 2016, 10:45 hat geschrieben: Das PiS-Vorgehen ist
auch gegenüber der Gemeinschaft rücksichtslos, weil ohne
Rückversicherung in Gang gesetzt. So etwas macht man
doch nicht in einer Wertegemeinschaft... bildet auch keine
Visegrad-Gruppe, um gemeinsam der EU gegenüber einen
erkennbar anderen Willen durch zu setzen. Sehr ärgerlich!
Wobei man hier sagen muss: Die Bildung der informellen Visegrád-Gruppe 1991 (Polen, Ungarn, (damals noch) Tschechoslowakei) erfolgte lange lange vor dem EU-Beitritt der Mitgliedsländer. Die in jügerer Zeit erfolgte Reaktivierung, hat wohl eher mit der Nähe zu Russland und mit der gemeinsamen engen Bindung an die NATO zu tun.

Aber auf Polen bezogen ist die mit dem jüngsten Regierungswechsel absehbare Abwendung von der informellen Gruppe "Weimarer Dreieck" hin zu einmal "Visegrád" und zum anderen der Brücke zu UK (per EU-Parlamentsfraktion PiS+britische Konservative) schon bedeutsam. Nicht, dass sich die EU damit quasi schon "in Auflösung" befindet. Aber die Dezentralisierungstendenzen nehmen deutlich an Fahrt auf.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

schokoschendrezki » Mo 4. Jan 2016, 11:20 hat geschrieben: Wobei man hier sagen muss: Die Bildung der informellen Visegrád-Gruppe 1991 (Polen, Ungarn, (damals noch) Tschechoslowakei) erfolgte lange lange vor dem EU-Beitritt der Mitgliedsländer. Die in jügerer Zeit erfolgte Reaktivierung, hat wohl eher mit der Nähe zu Russland und mit der gemeinsamen engen Bindung an die NATO zu tun.

Aber auf Polen bezogen ist die mit dem jüngsten Regierungswechsel absehbare Abwendung von der informellen Gruppe "Weimarer Dreieck" hin zu einmal "Visegrád" und zum anderen der Brücke zu UK (per EU-Parlamentsfraktion PiS+britische Konservative) schon bedeutsam. Nicht, dass sich die EU damit quasi schon "in Auflösung" befindet. Aber die Dezentralisierungstendenzen nehmen deutlich an Fahrt auf.
ehrlich gesagt ist die offene ablehnung der/des kazinskys gegenüber der EU und der modernen rechtssprechung des EuGH doch schon lange bekannt.
warum macht die PiS dann nicht den konsequenten schritt, und tritt aus der EU aus ?

weil sie eben die offenen grenzen und subventionen haben wollen ...
für mich ist das ein abgefucktes spiel von doppelmoral ... verlogen bis zum anschlag.

schweine im weltall ...

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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von jan2009 »

schokoschendrezki » Mo 4. Jan 2016, 10:09 hat geschrieben: Immerhin nennst Du die ungefähren Netto-Beträge, die Polen bekommt und nicht einfach nur die (ohne Polens eigene Einzahlungen in den EU-Haushalt verrechneten) Brutto-Beträge. Aber auch diese Netto-Beträge von ca. 10 Milliarden Euro muss man ins Verhältnis setzen zum Nettoinlandsprodukt (für Polen in der Größenordnung 400 Millarden Euro). Die EU-Zahlungen spielen nicht etwa gar keine Rolle, aber lange nicht die Rolle, die ihnen in polemischen Diskussionen oft zugeordnet werden. Ähnliches gilt für EU-Nettoeinzahler (wie die Bundesrepublik).
Vollkommen richtig.
Außerdem gibt es mehrere Länder die als Nettoempfänger pro Kopf mehr als Polen zum Strukturausgleich bekommen.

Hier ein paar Binsenwahrheiten, um die evtl. wirtschaftliche Unverständnis auszuräumen:
- " Bei diesen Rankings ist allerdings zu beachten, dass es sich um eine rein buchhalterische Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben bezogen auf den EU-Haushalt handelt. Die Frage, ob sich mit der EU-Mitgliedschaft für einen Staat mehr Vorteile oder mehr Nachteile verbinden, lässt sich nicht mit einer ausschließlichen Betrachtung des jeweiligen Saldos beantworten, da dieser zahlreiche Faktoren ausblendet. So zum Beispiel die Vorteile, die durch die politische Stabilität und Sicherheit, den freien Personenverkehr, den Binnenmarkt oder den Euro als Leitwährung entstehen."

und hier etwas Wichtiges:
-"Abseits dieser vertraglichen Verankerung des Ausgleichs zwischen den EU-Mitgliedern ist auch dessen Wirkung nicht auf nationale Grenzen beschränkt: So fließt beispielsweise ein Teil der geschaffenen Nachfrage – direkt oder mittelfristig – zurück in die Nettozahlerländer oder die dortigen Verbraucher profitieren von Zahlungen im Agrarbereich. "
http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-u ... empfaenger

Die polnische PIS spricht von 80% des Rückflusses in die Geberländer, die Experten außerhalb des gegenwärtigen Regierungslagers in Polen beziffern ihn mit ca. 60%
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

H2O » Mo 4. Jan 2016, 10:45 hat geschrieben:
Aus meiner Sicht ist Zurück-
haltung deutscher Politiker angezeigt, wie so oft schon hier
angemerkt... die Jauchekübel gegen deutsche Einreden hat die
PiS schon aufgestellt. Da kochen Gefühlsaufwallungen hoch,
die auch einigermaßen sachliche Polen mitreißen werden.
von wegen ... nix da mit zurückhaltung.
als größter nettozahler in der EU, und als unmittelbarer nachbar polens, sollte berlin mit warschau mal klartext reden.
wenn wir die grenzen nach polen dichtmachen, dann können die polnischen spediteure und wanderarbeiter mal sehen wo sie bleiben.
von wegen nazi-schmerzen bei der PiS ... ich lach mich tot.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von jan2009 »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 10:46 hat geschrieben: ehrlich gesagt ist die offene ablehnung der/des kazinskys gegenüber der EU und der modernen rechtssprechung des EuGH doch schon lange bekannt.
warum macht die PiS dann nicht den konsequenten schritt, und tritt aus der EU aus ?

weil sie eben die offenen grenzen und subventionen haben wollen ...
für mich ist das ein abgefucktes spiel von doppelmoral ... verlogen bis zum anschlag.

schweine im weltall ...

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Das ist leider auch ein wesentlicher Ausdruck der Unkenntnis der politischen Vorgänge in Polen.... :(

Kaczynski und sein Lager sind keinesfalls gegen Europa.
Sie sehen Polen darin unterbuttert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von schokoschendrezki »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 11:51 hat geschrieben: von wegen ... nix da mit zurückhaltung.
als größter nettozahler in der EU, und als unmittelbarer nachbar polens, sollte berlin mit warschau mal klartext reden.
wenn wir die grenzen nach polen dichtmachen, dann können die polnischen spediteure und wanderarbeiter mal sehen wo sie bleiben.
von wegen nazi-schmerzen bei der PiS ... ich lach mich tot.
no comment ...
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

jan2009 » Mo 4. Jan 2016, 11:52 hat geschrieben: Das ist leider auch ein wesentlicher Ausdruck der Unkenntnis der politischen Vorgänge in Polen.... :(

Kaczynski und sein Lager sind keinesfalls gegen Europa.
Sie sehen Polen darin unterbuttert.
also bitte ...
kaum ein anderes land des ehemaligen ostblocks profitiert von der freizügigkeit und offenen grenzen, von den subventionen der landwirtschaft, so wie polen.
das sind phantomschmerzen.
das gejammer kann man nicht ernstnehmen ...

und ich glaube auch nicht dass es darum wirklich geht.
es geht um die homoehe, um streng katholische werte, abtreibung und phöse langhaarige hippies.
da findet ein kulturkampf statt, ähnlich dem was wir mit den 68ern benennen würden.

der christlich konservative teil polens ist kulturell locker 40 jahre zurück und unterentwickelt.
das sind ganz bösartige spießer ...
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von jan2009 »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 10:51 hat geschrieben:
von wegen ... nix da mit zurückhaltung.
als größter nettozahler in der EU, und als unmittelbarer nachbar polens, sollte berlin mit warschau mal klartext reden.
wenn wir die grenzen nach polen dichtmachen, dann können die polnischen spediteure und wanderarbeiter mal sehen wo sie bleiben.
von wegen nazi-schmerzen bei der PiS ... ich lach mich tot.
Lachen befreit nicht von der Unkenntnis:
-"Bei den ausländischen Direktinvestitionen in Polen stehen deutsche Unternehmen sowohl nach der Anzahl als auch nach der Investitionssumme an erster Stelle. So beliefen sich die deutschen Direktinvestitionen allein im Jahr 2012 auf 3,5 Milliarden Euro; seit dem Systemwechsel 1989/1990 betragen sie kumuliert 27 Milliarden Euro."
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Ausse ... _node.html

Außerdem laut vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes hat der deutsch-polnische Handel 2014 mit einem Volumen von rund 87 Milliarden Euro einen neuen Rekord erreicht..... :s

Hier geht es nicht um Gejammer sondern um ernsthafte und sachliche Auseinandersetzung mit Fakten.
Die national seit Jahrzehnten/-hunderten nicht nur in Polen geprägte Ausrichtung der Politik in Europa lässt grüßen.
Außerdem lassen sich die gesellschaftlichen Gegebenheiten auch in der Kultur und Religion nicht von 1:1 auf andere übertragen.Ohne den polnischen Katolizissmus hätte es Polen nicht mehr auf der Karte gegeben- wage ich zu behaupten.
Polen ist erst 1989 nach Europa mit erheblichen Schmerzen und Verlusten zurückgekehrt und erst seit 2004 EU-Mitglied.
Zuletzt geändert von jan2009 am Montag 4. Januar 2016, 11:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

jan2009 » Mo 4. Jan 2016, 12:00 hat geschrieben:
Lachen befreit nicht von der Unkenntnis:
-"Bei den ausländischen Direktinvestitionen in Polen stehen deutsche Unternehmen sowohl nach der Anzahl als auch nach der Investitionssumme an erster Stelle. So beliefen sich die deutschen Direktinvestitionen allein im Jahr 2012 auf 3,5 Milliarden Euro; seit dem Systemwechsel 1989/1990 betragen sie kumuliert 27 Milliarden Euro."

Außerdem laut vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes hat der deutsch-polnische Handel 2014 mit einem Volumen von rund 87 Milliarden Euro einen neuen Rekord erreicht..... :s
und was sagt denn das ?
deutsche unternehmen investieren in polen in beträchtlichem umfang.
na und ?
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von schokoschendrezki »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 11:46 hat geschrieben: ehrlich gesagt ist die offene ablehnung der/des kazinskys gegenüber der EU und der modernen rechtssprechung des EuGH doch schon lange bekannt.
warum macht die PiS dann nicht den konsequenten schritt, und tritt aus der EU aus ?
Aus einem einfachen Grund: Weil nicht die PiS Mitglied der EU ist sondern das Land Polen. Beides wäre vom politischen Willen her dann identisch, wenn die PiS uneingeschränkte und absolute diktatorische Macht im Land hätte. Nicht etwa in Richtung Polen "Dann tretet doch aus!" ist die Aufgabe eines demokratischen und nationalismuskritischen Europäers, sondern sich gegen eine solche Tendenz einzusetzen und sich dafür mit den zahlreichen progressiv und fortschrittlich denkenden Bürgern in Polen zusammenzutun. Zum Beispiel mit denen, die in jüngster Zeit in Warschau Massenproteste gegen die PiS veranstalteten. Eine EU ohne Polen wäre für mich persönlich eine Katastrophe.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von H2O »

Ja, die Visegrad-Gruppe hatte sich wirklich sehr früh gebildet;
schon vor dem EU-Beitritt, wenn ich mich richtig erinnere. Sie
sollte wohl auch mehr eine Art Schutzgemeinschaft gegen
befürchtetes Wiederaufleben des russischen Reichsgedankens
bilden. Dieses Schutzbündnis hätte sich mit dem Beitritt dieser
Länder zur NATO erledigen müssen.

Polen hat sich aber als sicher leistungsfähigster Staat dieser
Gruppe zu einer Wiederbelebung innerhalb der EU entschlossen,
um seine Vorstellungen in der EU mit mehr Nachdruck vertreten
zu können. Nach etwa 10 Jahren einer Mitgliedschaft in der EU
halte ich solche Gruppenbildung für gemeinschaftsschädlich.
Denn zur Landesentwicklung in wirtschaftlicher Hinsicht trägt
dieser Bund sicher nichts bei... dann wäre er ja insgesamt eine
gute Sache, So ist das aber mehr eine Art nationalstaatlicher
Interessenverband gegen die Gemeinschaft der ansonsten
Gleichen, die in Brüssel am großen runden Tisch um einen
gemeinsamen Weg ringen.

So etwas war schon einmal angedacht mit einer Mittelmeerunion
unter Federführung Frankreichs, mit der Melkkuh Deutschland.
Der Plan verschwand aber ganz schnell in der Versenkung, als da
Klartext gesprochen wurde. Im Fall anderer "Bündnisse" gegen die
Interessen der Gemeinschaft ist das wohl auch notwendig.

Noch eine Anmerkung zum "Nettogewinn" Polens aus den Zahlungs-
strömen der EU. 12 oder 10 Milliarden Euro mögen nicht viel erscheinen
bei einem BIP von 400 Milliarden. Diese Beträge aber für Investitionen
erwirtschaften, das dürfte schon schwer fallen. Die Mittel müsste der
polnische Staat ja irgend jemandem wegnehmen. Die Jammerrufe dürften
bis tief in die EU erschallen; aber was soll's, damit sollte man gedanklich
nur spielen, wenn die Scheidung im Grunde eine beschlossene Sache ist.
Wir wollten doch eigentlich aus der EU etwas machen, und uns nicht
gegenseitig Beine stellen!
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

schokoschendrezki » Mo 4. Jan 2016, 12:04 hat geschrieben: Aus einem einfachen Grund: Weil nicht die PiS Mitglied der EU ist sondern das Land Polen. Beides wäre vom politischen Willen her dann identisch, wenn die PiS uneingeschränkte und absolute diktatorische Macht im Land hätte. Nicht etwa in Richtung Polen "Dann tretet doch aus!" ist die Aufgabe eines demokratischen und nationalismuskritischen Europäers, sondern sich gegen eine solche Tendenz einzusetzen und sich dafür mit den zahlreichen progressiv und fortschrittlich denkenden Bürgern in Polen zusammenzutun. Zum Beispiel mit denen, die in jüngster Zeit in Warschau Massenproteste gegen die PiS veranstalteten. Eine EU ohne Polen wäre für mich persönlich eine Katastrophe.
hey buddie ...
ich bin der letzte der polen aus der EU haben will.
aber wenn eine absolute mehrheit diese PiS gewählt hat, dann sollen sie ihre eigene medizin doch mal schmecken.
dann findet sich hoffentlich bei der nächsten wahl eine andere mehrheit, und dann wäre ich der letzte der die polen nicht wieder aufnehmen würde ...

aber für einen schmusekurs gegenüber solchen ... ich finde gar keine worte dafür ... bin ich nicht zu haben, auch und sogar weil der mädchenname meiner mutter rokasky ist.
Zuletzt geändert von bakunicus am Montag 4. Januar 2016, 11:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von jan2009 »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 11:03 hat geschrieben:
und was sagt denn das ?

deutsche unternehmen investieren in polen in beträchtlichem umfang.
na und ?
Dass es eine politische und wirtschaftliche Idiotie wäre, seitens Deutschlands die Grenzen zu Polen zu schließen.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

jan2009 » Mo 4. Jan 2016, 12:10 hat geschrieben: Dass es eine politische und wirtschaftliche Idiotie wäre, seitens Deutschlands die Grenzen zu Polen zu schließen.
wer legt denn hier das feuer an die lunte ?
berlin ist es jedenfalls nicht.

nachtrag :
und 27 milliarden sind für die deutsche wirtschaft nicht mal peanuts ...
Zuletzt geändert von bakunicus am Montag 4. Januar 2016, 11:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von H2O »

jan2009 » 2016-01-04, 10:47 hat geschrieben: ...
... Die polnische PIS spricht von 80% des Rückflusses in die
Geberländer, die Experten außerhalb des gegenwärtigen
Regierungslagers in Polen beziffern ihn mit ca. 60%
Diese kleinkarierte Schacherei ähnelt doch ziemlich
verteufelt dem mißgünstigen Ossi-Wessi-Gehabe, wo
der eine dem anderen vorrechnet, daß er selbst den
größten Vorteil von seinen erbrachten Leistungen hätte.

Den Weg könnte man dann aber abkürzen... :s

Aus meiner Sicht ist es doch allein wichtig, daß aus solchen
Mitteln etwas zum allseitigen Nutzen entsteht, also eine
gute Infrastruktur als Voraussetzung für weitergehende private
Unternehmungen und vor allem: sinnvolle Beschäftigung.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von frems »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 11:11 hat geschrieben:
wer legt denn hier das feuer an die lunte ?
berlin ist es jedenfalls nicht.
Wobei viele Osteuropäer momentan recht angefressen sind wegen NordStream 2 (Südeuropäer wie Italiener natürlich auch). Ist natürlich keine Legitimation für die Vorgänge in Polen, aber machen die Sache auch nicht leichter, wenn da wieder Intermarium-Phantasien gegen Deutschland und Rußland auftauchen. Der polnische Präsident Duda soll das ja schon vor einer Weile angekündigt haben: http://visegradplus.org/opinion/the-rev ... termarium/

Mit dem Gas-Deal spielt man denen in die Hände.
Labskaus!

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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Quatschki »

bakunicus » 4. Jan 2016, 12:03 hat geschrieben:
und was sagt denn das ?
deutsche unternehmen investieren in polen in beträchtlichem umfang.
na und ?
Warst Du schon mal in Polen?
Entlang der Autobahnen nach Breslau, Posen und Stettin produzieren unzählige riesige Gewerbegebiete nur für Deutschlands Konzerne.
Bei Schließung der Oder-Neiße-Grenze (so wie zwischen Rußland und der Ukraine) würden hierzulande die ganzen Wertschöpfungsketten zusammenbrechen.
Die wechselseitige Abhängigkeit ist viel größer als manche von ihrem hohen Roß herab wahrhaben wollen.
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

Quatschki » Mo 4. Jan 2016, 12:17 hat geschrieben: Warst Du schon mal in Polen?
aber sicher war ich das ...
1992 mit dem fahrrad die ganze ostseeküste lang.
da kann ich dir was von erzählen
Zuletzt geändert von bakunicus am Montag 4. Januar 2016, 11:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von jan2009 »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 11:11 hat geschrieben:
wer legt denn hier das feuer an die lunte ?
berlin ist es jedenfalls nicht.

nachtrag :
und 27 milliarden sind für die deutsche wirtschaft nicht mal peanuts ...
Alles relativ zu sehen, wenn man aufeinander nicht zugeht und sich stattdessen nur anbellt.
D und PL sind noch lange nicht Saudis vis Iran.

PIS gewann die Stimmen in Polen (50% bei Wahlbeteiligung um ca. 40%) auch mit Hervorheben der Parolen, die auf Mangelnde Solidarität der EU hindeuteten.
Vielleicht ist es wichtiger, sich damit sachlich auseinander zu setzen, um den Populismus von der Wahrheit zu trennen und somit auch diese zu stärken,
die die EU als Zusammenspiel und nicht als Dissonanz verstehen.
Sachlichkeit und Fakten sind im Zeitalter von Internet und Globalisierung viel wirksamer, als von der Oberfläche her nur bockig bis arrogant zu sein.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von schokoschendrezki »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 12:08 hat geschrieben:
hey buddie ...
ich bin der letzte der polen aus der EU haben will.
aber wenn eine absolute mehrheit diese PiS gewählt hat, dann sollen sie ihre eigene medizin doch mal schmecken.
dann findet sich hoffentlich bei der nächsten wahl eine andere mehrheit, und dann wäre ich der letzte der die polen nicht wieder aufnehmen würde ...

aber für einen schmusekurs gegenüber solchen ... ich finde gar keine worte dafür ... bin ich nicht zu haben, auch und sogar weil der mädchenname meiner mutter rokasky ist.
Auch da muss ich erstmal formal widersprechen. Erstens wurde die PiS nicht "von einer absoluten Mehheit gewählt" sondern verfügt (mit 235 von 460 Sitzen) über "eine absolute Mehrheit der Sitze im Sejm". Sie brauchte dafür aufgrund des Wahlsystems lediglich 37,6% Prozent der Stimmen. Man sollte nicht durch Nuancen in der Formulierung suggerieren (oder sich suggerieren lassen), mehr als die Hälfte aller Polen stünde hinter dieser Partei. Tatsächlich handelt es sich um ungefähr ein Drittel der polnischen Wähler.

Und dann brauchen wir auch nicht per EU-Austritt warten, bis die Polen "ihre Lehren aus dem Fehltritt" gezogen haben. Die Zustimmung zur PiS ist bereits wenige Wochen nach der Wahl um zirka 15 Prozent zurückgegangen. Alle wahlsoziologischen Analysen zur Wahl im Herbst belegen, dass nicht etwa ältere, superkatholische, bildungsferne Landmenschen den Erfolg brachten, sondern im Gegenteil junge Wähler, Stadtmenschen, Erstwähler. Wie immer das zu erklären ist: Das Stereotyp von den verstockten Katholiken greift jedenfalls nicht.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von jan2009 »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 11:21 hat geschrieben:
aber sicher war ich das ...
1992 mit dem fahrrad die ganze ostseeküste lang.
da kann ich dir was von erzählen
Versuche mal die letzten 23 nachzuholen, bevor du das richtige Bild auch malst, ok..?
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

Quatschki » Mo 4. Jan 2016, 12:17 hat geschrieben:
Entlang der Autobahnen nach Breslau, Posen und Stettin produzieren unzählige riesige Gewerbegebiete nur für Deutschlands Konzerne.
Bei Schließung der Oder-Neiße-Grenze (so wie zwischen Rußland und der Ukraine) würden hierzulande die ganzen Wertschöpfungsketten zusammenbrechen.
Die wechselseitige Abhängigkeit ist viel größer als manche von ihrem hohen Roß herab wahrhaben wollen.
tja nun ... polen war die schlüßelfunktion beim sturz der UDSSR ...
ohne solidarnosz hätte es kaum einen gorbatschow gegeben, und die ganze geschichte ist eng verknüpft mit karol wojtyla ...
das ist die freie welt, der globale kapitalismus.
bei uns bricht da gar nichts zusammen, aber in polen eine menge.

und es ist ja auch nicht so dass polen die nähe zur europäischen sozialdemokratie sucht, um eine soziale marktwirtschaft zu finden.
ganz im gegenteil, man sucht die nähe zu den hardcore-calvinisten in den USA ... die da gar keine gnade kennen ...
Zuletzt geändert von bakunicus am Montag 4. Januar 2016, 11:34, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von H2O »

bakunicus » 2016-01-04, 11:08 hat geschrieben: ...
... aber für einen schmusekurs gegenüber solchen ...
ich finde gar keine worte dafür ... bin ich nicht zu haben,
auch und sogar weil der mädchenname meiner mutter
rokasky ist.
Das "y" im Mädchennamen Ihrer Mutter ist nicht besonders
polnisch... aber das ist mehr scherzhaft gemeint!

Nein, ein Schmusekurs ist wirklich nicht angebracht, das ist
ja wohl klar. Nur warne ich vor politischer Kraftmeierei gegen-
über diesem Nachbarn. Der versteht das mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit als einen deutschen Herrschafts-
versuch, und da werden Kräfte geweckt, die auch vor erheblicher
Selbstbeschädigung nicht zurück schrecken.

Warum lassen wir denn nicht unseren übrigen 26 EU-Genossen
den Vortritt? Fürchten wir denn, daß die immerzu nur auf deutsche
Veranlassung tätig werden?

Damit ist nicht gemeint, daß wir uns im öffentlichen Raum zurück-
halten sollen... im Gegenteil; das Unbehagen muß ja ausgedrückt
werden, was denn sonst! Nur auf Regierungsebene ist Zurück-
haltung angezeigt; man kann aber sehr schön erkennen lassen,
daß man sich überhaupt nicht wohl dabei fühlt, und auch, warum
man sich hier zurückhält...
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

schokoschendrezki » Mo 4. Jan 2016, 12:26 hat geschrieben:
Auch da muss ich erstmal formal widersprechen. Erstens wurde die PiS nicht "von einer absoluten Mehheit gewählt" sondern verfügt (mit 235 von 460 Sitzen) über "eine absolute Mehrheit der Sitze im Sejm". Sie brauchte dafür aufgrund des Wahlsystems lediglich 37,6% Prozent der Stimmen. Man sollte nicht durch Nuancen in der Formulierung suggerieren (oder sich suggerieren lassen), mehr als die Hälfte aller Polen stünde hinter dieser Partei. Tatsächlich handelt es sich um ungefähr ein Drittel der polnischen Wähler.

Und dann brauchen wir auch nicht per EU-Austritt warten, bis die Polen "ihre Lehren aus dem Fehltritt" gezogen haben. Die Zustimmung zur PiS ist bereits wenige Wochen nach der Wahl um zirka 15 Prozent zurückgegangen. Alle wahlsoziologischen Analysen zur Wahl im Herbst belegen, dass nicht etwa ältere, superkatholische, bildungsferne Landmenschen den Erfolg brachten, sondern im Gegenteil junge Wähler, Stadtmenschen, Erstwähler. Wie immer das zu erklären ist: Das Stereotyp von den verstockten Katholiken greift jedenfalls nicht.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von Alexyessin »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 11:29 hat geschrieben:
tja nun ... polen war die schlüßelfunktion beim sturz der UDSSR ...
ohne solidarnosz hätte es kaum einen gorbatschow gegeben, und die ganze geschichte ist eng verknüpft mit karol wojtyla ...
das ist die freie welt, der globale kapitalismus.
bei uns bricht da gar nichts zusammen, aber in polen eine menge.

und es ist ja auch nicht so dass polen die nähe zur europäischen sozialdemokratie sucht, um eine soziale marktwirtschaft zu finden.
ganz im gegenteil, man sucht die nähe zu den hardcore-calvinisten in den USA ... die da gar keine gnade kennen ...
Wie bitte? Laß mal die Kirch im Dorf. Ja, die US-Anbindung der PiS ist bekannt - mehr aber auch nicht.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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jan2009
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von jan2009 »

schokoschendrezki » Mo 4. Jan 2016, 11:26 hat geschrieben:
Auch da muss ich erstmal formal widersprechen. Erstens wurde die PiS nicht "von einer absoluten Mehheit gewählt" sondern verfügt (mit 235 von 460 Sitzen) über "eine absolute Mehrheit der Sitze im Sejm". Sie brauchte dafür aufgrund des Wahlsystems lediglich 37,6% Prozent der Stimmen. Man sollte nicht durch Nuancen in der Formulierung suggerieren (oder sich suggerieren lassen), mehr als die Hälfte aller Polen stünde hinter dieser Partei. Tatsächlich handelt es sich um ungefähr ein Drittel der polnischen Wähler.

Und dann brauchen wir auch nicht per EU-Austritt warten, bis die Polen "ihre Lehren aus dem Fehltritt" gezogen haben. Die Zustimmung zur PiS ist bereits wenige Wochen nach der Wahl um zirka 15 Prozent zurückgegangen. Alle wahlsoziologischen Analysen zur Wahl im Herbst belegen, dass nicht etwa ältere, superkatholische, bildungsferne Landmenschen den Erfolg brachten, sondern im Gegenteil junge Wähler, Stadtmenschen, Erstwähler. Wie immer das zu erklären ist: Das Stereotyp von den verstockten Katholiken greift jedenfalls nicht.
Die jungen Meschen waren eben das Zünglein an der Waage bei der letzten Wahl in Polen.

Trotzt der Versprechen hat sich insbesondere in der zweiten Wahlperiode der abgewählten Regierung gerade die Lage der jungen Polen nicht gebessert.
Hohe Arbeitslosigkeit, miserables bis beschämendes Arbeitsrecht und Perspektivlosigkeit trotzt der steigenden Makro-Wirtschaftszahlen flossen die Gelder nicht so erfolgreich in die sozialen Systeme, wie in die anderen Kassen auch außerhalb des Landes.
Das sollte man auch wissen und erst dann überlegen, bevor die "klugen" Vorschläge nur die alten Vorurteile verdecken.

Die Jungen Menschen in Polen sind keinesfalls gegen Europa....
Zuletzt geändert von jan2009 am Montag 4. Januar 2016, 11:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

jan2009 » Mo 4. Jan 2016, 12:39 hat geschrieben: Die jungen Meschen waren eben das Zünglein an der Waage bei der letzten Wahl in Polen.

Trotzt der Versprechen hat sich insbesondere in der zweiten Wahlperiode der abgewählten Regierung gerade die Lage der jungen Polen nicht gebessert.
Hohe Arbeitslosigkeit, miserables bis beschämendes Arbeitsrecht und Perspektivlosigkeit trotzt der steigenden Makro-Wirtschaftszahlen flossen die Gelder nicht so erfolgreich in die sozialen Systeme, wie in die anderen Kassen auch außerhalb des Landes.
Das sollte man auch wissen und erst dann überlegen, bevor die "klugen" Vorschläge nur die alten Vorurteile verdecken.

Die Jungen Menschen in Polen sind keinesfalls gegen Europa....
dann schaun' mer mal was die PiS kann ...
mit dem kurs wird sie kaum was zum positiven für die polnische wirtschaft bewegen, nicht so ...
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von schokoschendrezki »

bakunicus » Mo 4. Jan 2016, 12:29 hat geschrieben:
tja nun ... polen war die schlüßelfunktion beim sturz der UDSSR ...
ohne solidarnosz hätte es kaum einen gorbatschow gegeben, und die ganze geschichte ist eng verknüpft mit karol wojtyla ...
das ist die freie welt, der globale kapitalismus.
bei uns bricht da gar nichts zusammen, aber in polen eine menge.

und es ist ja auch nicht so dass polen die nähe zur europäischen sozialdemokratie sucht, um eine europäische soziale marktwirtschaft zu finden.
ganz im gegenteil, man sucht die nähe zu den hardcore-calvinisten in den USA ... die da gar keine gnade kennen ...
Ich habe für die PiS nicht die mindeste und für Donald Tusks "Bürgerplattform" nur sehr wenig Sympathie ... aber noch vor kurzem stand letztere Partei (übrigens die einzige im Nach-1989-Polen, die zweimal hintereinander Parlamentswahlen gewann) und ihr Chef in absolut vertraulichem Verhältnis zu Merkels CDU und Frankreichs Sozialisten. Man erinnere sich nur einmal an Merkels Laudatio anlässlich der Karlspreis-Verleihung. Alles deutete darauf hin, dass Polen, Deutschland und Frankreich mit dem "Weimarer Dreieck" den Kern einer modernen, erneuerten EU bilden werden (in Kontrast zu UK zum Beispiel). Das war fast eine Dekade lang der polnische Mainstream. Parallel dazu war Polen zu Zeiten der Eurokrise und darüber hinaus das einzige europäische Land mit realem Wirtschaftswachstum (und zwar völlig unabhängig von EU-Zahlungen). Und auf kulturellem Gebiet gab es in dieser Zeit eine schonungslos-selbstkritische Aufarbeitung des polnischen Antisemitismus im letzten Jahrhundert.

Mit dem Bild von Polen 1992 über das heutige Polen diskutieren ist in etwa so, als wollte ein aus dieser Zeit ins heute gebeamter Mensch sich über die Probleme von Internet 4.0 unterhalten.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von bakunicus »

Alexyessin » Mo 4. Jan 2016, 12:39 hat geschrieben:

Wie bitte? Laß mal die Kirch im Dorf. Ja, die US-Anbindung der PiS ist bekannt - mehr aber auch nicht.
ach komm alex ...
es gibt das eine nicht ohne das andere.
nähe zu washington bedeutet nähe zur radikalsten form der neoliberalen marktwirtschaft.

und dann muß man auch damit leben, dass ausländische investoren groß investieren, und große kasse machen.

oder ?
Zuletzt geändert von bakunicus am Montag 4. Januar 2016, 11:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ungarisierung Polens schreitet voran: PiS entmachtet Ver

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki » 2016-01-04, 11:26 hat geschrieben: ...
... Die Zustimmung zur PiS ist bereits wenige Wochen
nach der Wahl um zirka 15 Prozent zurückgegangen.
...
... Das Stereotyp von den verstockten Katholiken greift
jedenfalls nicht.
Genau diesen Stimmungswandel gilt es
doch zu fördern!

Eine Theorie zum Wahlerfolg der PiS lautete,
daß junge gebildete Leute mit großen Erwar-
tungen und guter Ausbildung keine auskömm-
liche Beschäftigung im gewählten Beruf finden,
und daß die PiS auf diese Empfindung einge-
gangen ist... und diese Leute für sich gewann.

Natürlich kann auch die PiS nicht zaubern, und
die ersehnten gut bezahlten Arbeitsplätze bereit
stellen. Im Gegenteil ist zu fürchten, daß sie ausländische
Investoren mit nationalistischem Gehabe verprellt.
Dumme Redensarten der PiS gab es dazu hinreichend
viele.

Dann entstehen neue Arbeitsplätze eben an anderer
Stelle, wo solche Zickereien nicht an zu treffen sind.
Hinzu mag auch die Furcht vor plötzlichen Ände-
rungen der Rahmenbedingungen kommen, nachdem
die PiS so hemdsärmelig am Rechtsstaat herum fuhr-
werken musste.

Die Ernüchterung hat offenbar schon begonnen.
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