Reportagen - Quantität statt Qualität?

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jack000
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Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von jack000 »

Drei Themen ragen heraus. Gäbe es den Fragezeichen-Check für ratlose Zuschauer nach ARD-Verbrauchersendungen, sie wären reif für das Siegertreppchen. So werfen die Markenchecker vom Ersten an einer Stelle die Frage auf, ob Nettos Muttergesellschaft Edeka ihre Discount-Linie als Absatzkanal für leicht angegammeltes Obst und Gemüse missbraucht.

Ein anonymer Netto-Filialleiter wird zitiert: "Bei 40 Prozent der Ware, besonders bei verpackten Trauben und frischen Salaten, kommt es vor, dass Edeka-Ware bei Anlieferung nicht den vorgegebenen Qualitätsstandards genügt." Eine Stimme aus dem Off spricht dann eine schwerwiegende Vermutung aus: "Netto als Resterampe von Edeka?" Doch, siehe da, Sekunden später erfahren wir: Netto sagt, so sei es nicht. Man kaufe immer frische Ware. Klappe, nächstes Thema. Was fehlt, ist die Antwort auf die Frage.

Was denn nun? Stimmt die Vermutung, ist es ein Skandal. Stimmt sie nicht, braucht man darüber kein Wort und erst recht keine zwei Sendeminuten zu verlieren. Die Darstellung im "Markencheck" ist presserechtlich einwandfrei und nicht gegendarstellungsfähig, aber sie ist nicht informativ. Man hätte sie sich sparen können.

Lidl gewinnt Sortiment-Test – doch der ist ohne Wert

Ähnlich allein gelassen wird der Zuschauer beim Kapitel, in dem es um den mehr oder weniger fairen Umgang mit den Mitarbeiterinnen geht (Männer kommen in diesem Zusammenhang natürlich nicht vor). Aldi Nord wird vorgeworfen, sich vor der Bezahlung geleisteter Überstunden zu drücken. Kronzeugin ist eine anonyme Betriebsrätin.

Dokumente werden eingeblendet, aber sie bleiben unleserlich. Bei einer Netto-Mitarbeiterin wiederum treffen sich Kolleginnen auf dem Dachboden – wieso eigentlich auf dem Dachboden? Man erfährt es nicht. Sie beschweren sich über Bezahlung zum Mindest- statt zum Tariflohn. Dann die Information, dass Aldi Nord die Vorwürfe bestreitet und Netto erklärt, man halte sich doch an die Tarifverträge. Was stimmt?

[...]
http://www.welt.de/wirtschaft/article14 ... -Test.html

Ich habe diese Sendung zwar nicht gesehen, aber es ist mir schon öfter aufgefallen dass derartige Reportagen schlampig erstellt werden mit dem vorrangigen Ziel die Sendezeit voll zu bekommen. Da wird irgendein zusammengemixter Mist erzählt ohne das man wirklich ein Ergebnis bekommt.

Was können die Ursachen sein?
Zuletzt geändert von jack000 am Dienstag 15. September 2015, 16:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Teeernte
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von Teeernte »

jack000 » Di 15. Sep 2015, 16:55 hat geschrieben: http://www.welt.de/wirtschaft/article14 ... -Test.html

Ich habe diese Sendung zwar nicht gesehen, aber es ist mir schon öfter aufgefallen dass derartige Reportagen schlampig erstellt werden mit dem vorrangigen Ziel die Sendezeit voll zu bekommen. Da wird irgendein zusammengemixter Mist erzählt ohne das man wirklich ein Ergebnis bekommt.

Was können die Ursachen sein?
Nun - soll man 1000 Rechtsanwälte beschäftigen - damit man 3 Sekunden mehr Beitrag hat ?

Die Info Resterampe NETTO ist hängengeblieben.... reicht - der Bürger informiert.

Dass es bei den vielen netten Häusern keine Gewerkschaft gibt - ist doch nichts neues - Probier MEDIAMARKT oder KIK.

Wo man es sich erlaubt hatte - einen Betriebsrat wählen zu wollen - huch - da mussten (wollten :D :D :D :D ) ganz plötzlich alle den Marktleiter wählen ???

Hier wurde der Finger in die Wunde gelegt....und mangels Rückendeckung und Geld nicht ordentlich aus recherchiert. ....ok.

Da kauft ÖR lieber einen Beitrag aus den Urlaubsgebieten von Brasilien - wo das Hotel , die Sehenswürdigkeiten....den Journalisten schmieren mussten um gesendet zu werden ...??
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Mithrandir
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von Mithrandir »

»Infotainment« in diesem Stil läuft doch schon seit längerem recht erfolgreich auf den privaten Sendern. Die öffentlich rechtlichen Sender bzw. die Produzenten solcher Sendungen sehen vermutlich in der Nachahmung dieses Stils eine Chance, gute Quoten zu erzielen und gleichzeitig die Sendezeit unter Erfüllung des Informationsauftrags zu verbuchen.
Möglicherweise ist auch eine ganze Generation von Fernsehleuten bereits durch ihre Ausbildung in entsprechender Weise verdorben.
Der Markencheck ist ein besonders deutliches Beispiel für die Annäherung ans Niveau des Privatfernsehens, aber auch sonst sind gute Reportagen selten.
Statt Fakten werden oft genug einfach irgendwie involvierte Personen vor die Kamera gestellt und dürfen ihre Meinung verbreiten, ohne dass diese reflektiert oder hinterfragt würde. Das Fernsehen als Medium eignet sich eher für solche Geschichten als für die kritische Auseinandersetzung mit Themen oder Positionen, was den Redakteuren auch erheblich mehr und schwierigere Arbeit abverlangen würde - und wozu? Für irgendwelche trockenen Inhalte, die kaum jemand sehen (oder von Senderseite einkaufen) will.
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jack000
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von jack000 »

Mithrandir » Di 15. Sep 2015, 23:36 hat geschrieben: Statt Fakten werden oft genug einfach irgendwie involvierte Personen vor die Kamera gestellt und dürfen ihre Meinung verbreiten, ohne dass diese reflektiert oder hinterfragt würde. Das Fernsehen als Medium eignet sich eher für solche Geschichten als für die kritische Auseinandersetzung mit Themen oder Positionen, was den Redakteuren auch erheblich mehr und schwierigere Arbeit abverlangen würde - und wozu? Für irgendwelche trockenen Inhalte, die kaum jemand sehen (oder von Senderseite einkaufen) will.
Es ist einfach nur eine Katastrophe! Als ehemaliger 100%-Anhänger des ÖR und der GEZ distanziere ich mich da nun ganz deutlich!
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von HugoBettauer »

jack000 » Di 15. Sep 2015, 15:55 hat geschrieben:Ich habe diese Sendung zwar nicht gesehen, aber es ist mir schon öfter aufgefallen dass derartige Reportagen schlampig erstellt werden mit dem vorrangigen Ziel die Sendezeit voll zu bekommen. Da wird irgendein zusammengemixter Mist erzählt ohne das man wirklich ein Ergebnis bekommt.

Was können die Ursachen sein?
Die externe Vergabe solcher Reportagen an eigenständige Produktionsfirmen oder Selbständige ist beim ÖR-Funk, besonders bei den kleineren Anstalten, weit verbreitet. Dem Hersteller geht es dabei um den Gewinn, sodass mit möglichst großer Mitnahme von verrechenbaren Teilen und Minimierung von Fremdkosten ein Beitrag entsteht, der den formalen Vergabekriterien wie Länge, Thema, Compliance usw genügt. Der darf dann nur nicht deutlich mehr Zuschauer als allgemein üblich zum Ab- und Umschalten bewegen, damit das Geschäft weitergeht.
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nichtkorrekt
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von nichtkorrekt »

jack000 » Di 15. Sep 2015, 15:55 hat geschrieben: http://www.welt.de/wirtschaft/article14 ... -Test.html

Ich habe diese Sendung zwar nicht gesehen, aber es ist mir schon öfter aufgefallen dass derartige Reportagen schlampig erstellt werden mit dem vorrangigen Ziel die Sendezeit voll zu bekommen. Da wird irgendein zusammengemixter Mist erzählt ohne das man wirklich ein Ergebnis bekommt.

Was können die Ursachen sein?
Warum wäre es ein Skandal wenn Netto die Resterampe von Edeka wäre, solange man die Ware noch essen kann und sie günstiger ist, ist es doch ok. Wenn Essen weggeworfen wird, ist das Geschrei auch groß, was jetzt?
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bakunicus
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von bakunicus »

Mithrandir » Di 15. Sep 2015, 23:36 hat geschrieben:
»Infotainment« in diesem Stil läuft doch schon seit längerem recht erfolgreich auf den privaten Sendern. Die öffentlich rechtlichen Sender bzw. die Produzenten solcher Sendungen sehen vermutlich in der Nachahmung dieses Stils eine Chance, gute Quoten zu erzielen und gleichzeitig die Sendezeit unter Erfüllung des Informationsauftrags zu verbuchen.
Möglicherweise ist auch eine ganze Generation von Fernsehleuten bereits durch ihre Ausbildung in entsprechender Weise verdorben.
Der Markencheck ist ein besonders deutliches Beispiel für die Annäherung ans Niveau des Privatfernsehens, aber auch sonst sind gute Reportagen selten.
Statt Fakten werden oft genug einfach irgendwie involvierte Personen vor die Kamera gestellt und dürfen ihre Meinung verbreiten, ohne dass diese reflektiert oder hinterfragt würde. Das Fernsehen als Medium eignet sich eher für solche Geschichten als für die kritische Auseinandersetzung mit Themen oder Positionen, was den Redakteuren auch erheblich mehr und schwierigere Arbeit abverlangen würde - und wozu? Für irgendwelche trockenen Inhalte, die kaum jemand sehen (oder von Senderseite einkaufen) will.
genau so ist es ...

und diese frage ist ziemlich alt.
schon adorno aus der guten alten frankfurter schule hat die frage gestellt, ob die medien das publikum gestalten, oder das publikum einfach nur von den medien bedient wird (sinngemäß) ... ?

der trend zu reportagen/beiträgen die nur an der oberfläche kratzen, der ist seit einführung des privatfernsehens deutlich zu erkennen.
und wenn man will, dann gehört der artikel von welt-online (http://www.welt.de/wirtschaft/article14 ... -Test.html) aus dem eingangsbeitrag genau so dazu !
es werden zwar gute und respektable fragen gestellt, aber nirgendwo wird an mindestens einem konkreten beispiel belegt, dass die kritisierten aussagen in den ARD-magazinen nicht der wirklichkeit entsprechen, also ein konkreter anlass geliefert dass diese sendungen die unwahrheit erzählen.
alles was man macht ist die glaubwürdigkeit der protagonisten in zweifel zu ziehen.

so macht welt-online einfach nur das was der ARD in diesem fall vorgeworfen wird, nur andersrum ...
mit dem fazit :
Einen "Markencheck", der viel mehr Fragen aufwirft, als er Antworten gibt, braucht kein Verbraucher. Wenigstens das ist nach dieser Sendung klar.
dem kann man nur entgegnen :

"medien, die selbst ein dringendes wirtschaftliches interesse haben sich die konkurrenz der öffentlich rechtlichen vom hals zu schaffen, und derart tendenziös und oberflächlich berichten, die braucht kein mensch".

gruß baku
Zuletzt geändert von bakunicus am Montag 21. September 2015, 17:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von bakunicus »

nachtrag ...
ich muß mich inhaltlich korrigieren.

welt-online ist sogar noch schlimmer.
denn während die ARD diese themen erarbeitet hat, kritische sachverhalte eruiert und zeugen gefunden hat, da hat die welt-online redaktion gar nichts gemacht, außer höhnisch zu kommentieren.

den artikel in der welt, den kann man in 20 min. schreiben.
das was die ARD zusammenträgt, dafür muß ein team 20 tage investigativ recherchieren ...
Zuletzt geändert von bakunicus am Montag 21. September 2015, 17:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von bakunicus »

nichtkorrekt » Mo 21. Sep 2015, 16:57 hat geschrieben:
Warum wäre es ein Skandal wenn Netto die Resterampe von Edeka wäre, solange man die Ware noch essen kann und sie günstiger ist, ist es doch ok. Wenn Essen weggeworfen wird, ist das Geschrei auch groß, was jetzt?
mhh ...

was würde wohl passieren wenn netto statt mit "echte frische bekommen sie bei uns" mit "bei uns bekommen sie noch gutes günstiger" werbung macht ?

was denkst du hat das für folgen auf den umsatz an der netto-gemüsetheke ?
gar nicht erst zu reden davon, welche assoziationen die netto-kunden dann beim kauf von hackfleisch haben werden.
Zuletzt geändert von bakunicus am Montag 21. September 2015, 18:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von jack000 »

bakunicus » Mo 21. Sep 2015, 17:56 hat geschrieben:welt-online ist sogar noch schlimmer.
denn während die ARD diese themen erarbeitet hat, kritische sachverhalte eruiert und zeugen gefunden hat, da hat die welt-online redaktion gar nichts gemacht, außer höhnisch zu kommentieren.

den artikel in der welt, den kann man in 20 min. schreiben.
das was die ARD zusammenträgt, dafür muß ein team 20 tage investigativ recherchieren ...
Natürlich hat die ARD mehr Arbeit in die Sache gesteckt, aber es bringt doch nichts wenn es letztendlich kein Ergebnis gibt, bzw. Fragen offen bleiben.
Beim BER haben auch viele Leute unglaublich viele Stunden gearbeitet, es bringt aber nichts solange da keine Flugzeuge starten und landen.
=> Kritik am BER ist auch ruckzuck geschrieben ...
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bakunicus
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von bakunicus »

jack000 » Mo 21. Sep 2015, 18:32 hat geschrieben: Natürlich hat die ARD mehr Arbeit in die Sache gesteckt, aber es bringt doch nichts wenn es letztendlich kein Ergebnis gibt, bzw. Fragen offen bleiben.
Beim BER haben auch viele Leute unglaublich viele Stunden gearbeitet, es bringt aber nichts solange da keine Flugzeuge starten und landen.
=> Kritik am BER ist auch ruckzuck geschrieben ...
was kann denn hier als "letztendliches ergebnis" gelten jack ?
ein rechtskräftiges urteil, in dem festgestellt wird dass netto wirklich das nicht mehr ganz so frische gemüse von edeka verkauft ?
und solange es das nicht gibt darf das nicht thematisiert werden (tomatisiert werden :D )

ich weiß ehrlich gesagt nicht worum es dir hierbei geht.
welche qualitätsstandards du stellst ...
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Rosmarin
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Re: Reportagen - Quantität statt Qualität?

Beitrag von Rosmarin »

Das kommt darauf an wer die Reportagen erstellt. Letztendlich gilt auch, dass jeder selbst entscheidet welche Reportage er schaut.
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