Mindestlohn und Aufstockung

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Dr. Nötigenfalls

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Dr. Nötigenfalls »

zollagent » Sa 10. Aug 2013, 19:02 hat geschrieben: Das Gegenteil wovon? Hast du denn eine Ahnung von der Wohlstandverteilung in China?
Verdreh nicht wieder alles.
Diese Frage hieß anders,nämlich was ist für die Wirtschaft besser Diktatur oder Demokratie.
Die Wohlstandsverteilung kam nur in deinem Kopf vor.

Aber die interessiert hier ja zunehmend auch keine sau mehr.
Die blöde Roth von den Grünen würde gerne jeden Ausländer hier rein und arbeiten lassen.
Welche Auswirkungen das auf die heimischen Arbeitnehmer hat,scheint ihrem Spatzenhirn dabei völlig wurscht zu sein.
Dr. Nötigenfalls

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Dr. Nötigenfalls »

Atue » Sa 10. Aug 2013, 22:12 hat geschrieben:

Mindestlöhne schaden denen, die nach der Einführung ihren Job verlieren, weil das Arbeitsmodell nicht mehr auf dem Niveau des Mindestlohnes betrieben werden kann. Wenn nach dem Arbeitsplatzverlust Hartz IV niedriger ist, als das, was mit einem niedrigen Einkommen verdient werden konnte, schadet es den Betroffenen.

Generell ist das Problem an Mindestlöhnen, dass sie nur die adressieren, die im Niedriglohnsektor auch nach der Einführung desselben einen Job behalten. Alle, die ihren Job verlieren, schadet der Mindestlohn. Er schadet aber auch noch mehr Menschen: Denn wenn durch die Einhaltung eines Mindestlohnes die Lohnstückkosten eines Exportproduktes steigen, schadet der Mindestlohn auch denen, die deutlich mehr verdienen, deren Job aber vom Export des Produktes abhängig ist. Und schließlich schadet der Mindestlohn auch allen, die externe Hilfe beispielsweise bei der Gartenarbeit oder der Renovierung legal brauchen, sich aber diese nicht mehr leisten können, weil sie die Mindestlöhne nicht bezahlen können. Die DÜRFEN dann keine hilfe mehr in Anspruch nehmen.....wie aber soll der 80-jährige Rentner seine Wohnung nochmals renovieren und streichen, wenn er den Mindestlohn nicht von seiner Rente zahlen kann?

Dass das ganze Mindestlohnkonzept nicht nachhaltig sein kann, kann man sich daran klar machen, dass der 80-jährige Rentner auch ein ehemaliger Mindestlohnempfänger sein könnte....wie soll es möglich sein, dass man auf Niveau eines Einkommens auf Mindestlohn sich eine Rente erarbeitet, mit der man Handwerker bezahlen kann, die Mindestlohnniveau als Einkommen brauchen...das KANN nicht funktionieren!

Wer sich auf den Mindestlohn fokussiert macht etwas sehr ehrenhaftes, und setzt sich für die Menschen ein, die in Arbeit sind. NUR: Er greift zu kurz, weil er die Menschen vergisst, die durch den Mindestlohn die Arbeit verlieren oder nicht bekommen, weil Arbeitslose vergessen werden, und weil die Folgen für Mindestlohnempfänger für deren Situation als Auftraggeber nicht betrachtet werden.

Insgesamt halte ich deshalb das Konzept von Mindestlöhnen für untauglich - es ist nicht nachhaltig, und begünstigt nur einen kleinen Teil der Menschen, benachteiltigt aber gleichzeitig Menschen, die noch schlechter dastehen.

Deshalb spreche ich mich klar gegen Mindestlöhne aus!
Mal langsam,Job über alles kanns ja wohl ned sein.
Vor allem 400 Euro bzw. Niedriglohn Jobs entstehen doch gerade aus diesem Sog des sich immer weiter ausweitenden Niedriglohn heraus.
Die anderen die noch gut und seriös bezahlen werden geradezu dazu genötigt auf diesen Zug zu springen,kapiert ihr das eigentlich nicht ??
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von zollagent »

Dr. Nötigenfalls » So 11. Aug 2013, 11:31 hat geschrieben:
Verdreh nicht wieder alles.
Diese Frage hieß anders,nämlich was ist für die Wirtschaft besser Diktatur oder Demokratie.
Die Wohlstandsverteilung kam nur in deinem Kopf vor.

Aber die interessiert hier ja zunehmend auch keine sau mehr.
Die blöde Roth von den Grünen würde gerne jeden Ausländer hier rein und arbeiten lassen.
Welche Auswirkungen das auf die heimischen Arbeitnehmer hat,scheint ihrem Spatzenhirn dabei völlig wurscht zu sein.
Ich verdrehe nichts, sondern fordere eine Klarstellung. Du schriebst "China macht es vor", ohne zu spezifizieren, was China jetzt vormacht. Wirtschaftliches Bessersein kann es angesichts der Wohlstandsverteilung in China wohl kaum sein.
Zuletzt geändert von zollagent am Sonntag 11. August 2013, 11:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von zollagent »

'Infi » Sa 10. Aug 2013, 23:31 hat geschrieben: Könntest du die systemischen Schwachstellen eines flächendeckenden Mindestlohns mal näher ausführen?
Eigentlich hat er das im Vorbeitrag bereits getan. Vielleicht hattest du deinen Beitrag da aber bereits geschrieben.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von zollagent »

Dr. Nötigenfalls » So 11. Aug 2013, 11:35 hat geschrieben:
Mal langsam,Job über alles kanns ja wohl ned sein.
Vor allem 400 Euro bzw. Niedriglohn Jobs entstehen doch gerade aus diesem Sog des sich immer weiter ausweitenden Niedriglohn heraus.
Die anderen die noch gut und seriös bezahlen werden geradezu dazu genötigt auf diesen Zug zu springen,kapiert ihr das eigentlich nicht ??
Nein, weil das so nicht stimmt. Tätigkeiten, die wirklich gebraucht werden und die nicht durch Ankäufe und Zukäufe ersetzt werden können, unterliegen diesem Sog nämlich nicht.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von 'Infi »

zollagent » So 11. Aug 2013, 11:38 hat geschrieben: Eigentlich hat er das im Vorbeitrag bereits getan. Vielleicht hattest du deinen Beitrag da aber bereits geschrieben.
Achso, Entschuldigung. Bei "systemischen" Schwachstellen bin ich davon ausgegangen, dass er auf eventuelle Umgehungsmöglichkeiten anspielt.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Dr. Nötigenfalls.
Dr. Nötigenfalls hat geschrieben:Verdreh nicht wieder alles.
Diese Frage hieß anders,nämlich was ist für die Wirtschaft besser Diktatur oder Demokratie.
Die Wohlstandsverteilung kam nur in deinem Kopf vor.

Aber die interessiert hier ja zunehmend auch keine sau mehr.
Die blöde Roth von den Grünen würde gerne jeden Ausländer hier rein und arbeiten lassen.
Welche Auswirkungen das auf die heimischen Arbeitnehmer hat,scheint ihrem Spatzenhirn dabei völlig wurscht zu sein.
Ich wollte mich eigentlich nicht mehr äußern.
  • (einige werden mit an Sicherheit grenzender Wahschenlichkeit sagen: "Hätte er sich doch daran gehalten!!!")
Ich wollt mich nicht mehr einmischen, weil mir diese Diskussion etwas aus dem Ruder läuft. Thema war doch, wenn ich mich recht entsinne (wenn nicht, kann durchaus am Alter liegen), Thema war doch:
  • Mindestlohn und Aufstockung
Stattdessen sind wir über Unterstellungen, Marktbereinigung, einer Einführung eines Bürgerlichen Grundeinkommens (was vielleicht noch marginal zum Thema gehört ... gehören könnte) zur chinesischen Wirtschaft gelangt. Nebenbei erwähnst Du nochmal kurz die Wirtschafts- und Flüchtlingspolitik der Grünen:
  • "... die blöde Roth von den Grünen ... ihrem Spatzenhirn dabei völlig wurscht"
Es immer das alte Spiel (ich kritisiere es schon lange), wir diskutieren immer nur Einzelbereich (von Politik), ohne zu versuchen, Auswirkungen zu erwähnen und zu erahnen ... zu bedenken, was diese oder jene Maßnahme auf andere Teile (auf Politik ... auf unserer Gesellschaft insgesammt) hat.

Selbstverständlich hätte eine Maßnahme wie "jeden Ausländer hier rein und arbeiten lassen", dies hätte schon "Auswirkungen ... auf die heimischen Arbeitnehmer" ... auf heimische Arbeitsplätze. Auswirkungen vielleicht auch auf die Löhne. Aber erstens war damit nicht gemeint, "jeden Ausländer hier rein und arbeiten lassen", sondern lediglich die arbeiten lassen, die eh schon hier sind. Daß dadurch - durch eine Aufweichung der Arbeitserlaubnis, daß solcheine Maßnahme weitere "Ausländer" - ich nenne sie lieber Flüchtlinge, daß dadurch eventuell weitere Begehrlichkeiten entstehen, ... geschenkt, das kann durchaus sein.
Dies ließe sich aber durch eine Verschärfung des ...-Gesetzes verhindern. Oder wir erhöhen die Entwicklungshilfe, damit diese Leute erst garnicht in den Versuch kommen ... den Gedanken daran verschwenden müssen, hierher kommen zu müssen.
  • (weil es ihnen in ihrem Land immer noch sehr schlecht geht und eine Auswanderung ihnen immerhin ein Überleben ermöglicht!)
Ich stelle es mir nämlich nicht einfach vor, seine Heimat, alle Freunde und alles, was man liebt, so einfach leichten Herzens zu verlassen - nur um in einem anderen Land zu leben, dessen Bewohner sowieso nicht sehr gut zu sprechen sind (auf "Ausländer", die uns auf der Tasche liegen), dies alles aufzugeben.

Aber zur Verquickung ... zur Auswirkung:
  • Es wird doch immer wieder mal zeitweise erwähnt, daß uns "Einwanderer auf der Tasche liegen", oder, daß etwa Asylsuchende nur hierhin kommen, Geld kassieren, und wenn sie abgelehnt werden, hauen sie ab.
    • ... bis dahin haben sie zumindest abkassiert ... und alles auf unser Kosten.
      • ... ohne auch nur einen Finger krumm gemacht zu haben.
    Daß aber Asylsuchende laut § 10 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) einer (Arbeits-) Sperrfrist unterliegen, scheint man - oder Frau - wohl vergeßen zu haben.
    • Absicht? (bewußte) Stimmungsmache?
    Siehst Du, unter diesem Aspekt kam der Vorschlag zustande - so sollte er auch verstanden und diskutiert werden.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von 'Infi »

Atue » Sa 10. Aug 2013, 23:12 hat geschrieben:

Mindestlöhne schaden denen, die nach der Einführung ihren Job verlieren, weil das Arbeitsmodell nicht mehr auf dem Niveau des Mindestlohnes betrieben werden kann. Wenn nach dem Arbeitsplatzverlust Hartz IV niedriger ist, als das, was mit einem niedrigen Einkommen verdient werden konnte, schadet es den Betroffenen.

Generell ist das Problem an Mindestlöhnen, dass sie nur die adressieren, die im Niedriglohnsektor auch nach der Einführung desselben einen Job behalten. Alle, die ihren Job verlieren, schadet der Mindestlohn. Er schadet aber auch noch mehr Menschen: Denn wenn durch die Einhaltung eines Mindestlohnes die Lohnstückkosten eines Exportproduktes steigen, schadet der Mindestlohn auch denen, die deutlich mehr verdienen, deren Job aber vom Export des Produktes abhängig ist. Und schließlich schadet der Mindestlohn auch allen, die externe Hilfe beispielsweise bei der Gartenarbeit oder der Renovierung legal brauchen, sich aber diese nicht mehr leisten können, weil sie die Mindestlöhne nicht bezahlen können. Die DÜRFEN dann keine hilfe mehr in Anspruch nehmen.....wie aber soll der 80-jährige Rentner seine Wohnung nochmals renovieren und streichen, wenn er den Mindestlohn nicht von seiner Rente zahlen kann?

Dass das ganze Mindestlohnkonzept nicht nachhaltig sein kann, kann man sich daran klar machen, dass der 80-jährige Rentner auch ein ehemaliger Mindestlohnempfänger sein könnte....wie soll es möglich sein, dass man auf Niveau eines Einkommens auf Mindestlohn sich eine Rente erarbeitet, mit der man Handwerker bezahlen kann, die Mindestlohnniveau als Einkommen brauchen...das KANN nicht funktionieren!

Wer sich auf den Mindestlohn fokussiert macht etwas sehr ehrenhaftes, und setzt sich für die Menschen ein, die in Arbeit sind. NUR: Er greift zu kurz, weil er die Menschen vergisst, die durch den Mindestlohn die Arbeit verlieren oder nicht bekommen, weil Arbeitslose vergessen werden, und weil die Folgen für Mindestlohnempfänger für deren Situation als Auftraggeber nicht betrachtet werden.

Insgesamt halte ich deshalb das Konzept von Mindestlöhnen für untauglich - es ist nicht nachhaltig, und begünstigt nur einen kleinen Teil der Menschen, benachteiltigt aber gleichzeitig Menschen, die noch schlechter dastehen.

Deshalb spreche ich mich klar gegen Mindestlöhne aus!
Das ist die, in weiten Teilen korrekte negative Seite eines Mindestlohns. Ideal wären besonders Ausnahmeregelungen für Nebenjobs oder eben wenn besagter Opa den Rasen gemäht bekommt. Nur bieten Ausnahmeregelungen immer wieder Schlupflöcher. Dass Mindestlöhne notwendigerweise Arbeitsplätze vernichten muss nicht der Fall sein. Da spielen viele andere Faktoren rein, nicht nur der Lohn. Die Auswirkungen sind von Land zu Land unterschiedlich. In GB wurden positive oder neutrale Beschäftigungseffekte aber vor allem eine Einkommenssteigerung im unteren Lohnniveau festgestellt, in Frankreich waren die Effekte aufgrund eines viel zu hohen Mindestlohnes negativ, in den meisten der EU-Staaten mit Mindestlohn waren die Effekte neutral bis positiv.

Ein Mindestlohn ist dann wirkungslos wenn er unter oder bei dem niedrigsten gezahlten Lohn liegt. Ein Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze, je höher er über dem bisherigen Lohnniveau liegt. Wobei auch hier das ganze nicht so eindimensional ist. Der Arbeitgeber kann bis zu einem gewissen Grad die Mehraufwendungen entweder aus dem Eigenkapital zahlen oder über Preiserhöhungen ausgleichen. Im Friseurhandwerk (in dem übrigens seit einiger Zeit in Mindestlohn von 8,50€ gilt) wird wohl kaum jemand real weniger zum Friseur gehen, weil er einen Euro mehr zahlen muss und wieviele Friseure wurden nun entlassen? Der Vergleich mit dem Rentner und deinem Maler ist übrigens falsch. Ungelernte Maler verdienen seit diesem Jahr tariflich 9,90€ und gelernte Maler oder Lackierer 12,15€ (http://www.bundesregierung.de/Content/D ... ierer.html). Ein weiteres Argument ist, dass Firmen einfach abwandern würden, müssten sie einen höheren Lohn zahlen. Betroffen auf Deutschland ist das zu weiten Teilen falsch, da die Branchen in denen weniger als 8,50€ gezahlt werden, einfache, lokale Dienstleistungen oder andere Arbeiten sind, die nicht exportabhängig sind. Insbesondere in der Exportbranche werden weitgehend gute Löhne gezahlt.

In Deutschland wird der Mindestlohn von 8,50€ nicht unterhalb des jetzigen Lohnniveaus liegen, also fällt diese Option weg. Man kann wohl davon ausgehen, dass temporär einige Arbeitsplätze wegfallen werden, wie viele, darüber lässt sich nur spekulieren. Es geht aber nicht nur um die kurzfristige ökonomische Seite (vielleicht die nächsten 2-3 Jahre) sondern um die langfristige und auch die gesellschaftspolitische Seite.

Erstmal fallen 4 Milliarden Euro an Staatsausgaben weg, mit denen der Staat Niedriglöhne bisher aufstockte. Viel wichtiger ist dabei aber die Systematik, die beseitigt wird. Nämlich, dass es für einzelne Unternehmen möglich ist, über Niedriglöhne, Mitkonkurrenten, die bereit sind, ihren Mitarbeitern ordentliche Löhne zu zahlen, vom Markt zu verdrängen oder sich so zumindest einen Vorteil zu verschaffen. Außerdem wird durch jetzige Niedriglöhner, die nun nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik auftauchen, nur ein Problem in die Zukunft verschoben. Jetzt Niedriglohn bedeutet eine immense zusätzliche Belastung des Rentensystems heute und und Altersarmut morgen. Eben grade durch einen Mindestlohn würden wieder mehr sozialversicherungspflichtige Jobs entstehen. Auch deshalb ist es wichtig, dass diejenigen die jetzt arbeiten genügend verdienen.
Ökonomisch sinnvoll ist der Mindestlohn natürlich auch wegen deutlicher Kaufkraftsteigerung. Studien sprechen hier ja von bis zu 19 Milliarden Euro.

Hinzu kommt das sich in den vergangenen Jahren vielfach der Eindruck entwickelt hat, es lohne sich nicht mehr arbeiten zu gehen. Wer es drauf anlegt und statt für 6 Euro an der Kasse zu stehen, sich zuhause hinsetzt und HartzIV empfängt, der hat mitunter, Miet- und Energiekostenzuschüsse, Zuschüsse für Klassenfahrten und ähnliches eingerechnet, nicht weniger Mittel zur Verfügung. Durch den Mindestlohn wird der Abstand zwischen Arbeitslosenhilfe und Erwerbsentgelt gesteigert, es gibt wieder vermehrt Anreiz zu arbeiten und die Beziehung von ungelernter Arbeit und Arbeitslosigkeit würde sich wieder zum positiven verändern.

Man kann das Thema Mindestlohn auch vor dem Hintergrund der Lohnniveaus in Europa und der Wettbewerbsfähigkeitsverluste der Südländer in den vergangenen Jahren betrachten und auch da zu dem Schluss kommen, dass ein deutscher Mindestlohn und damit verbunden eine Anhebung des gesamten Lohnniveaus in den unteren Einkommensdezilen, positive Effekte auf die gesamte Währungsunion und deren Handel hätte. Aber das ist wieder ein längeres, anderes Thema.

Natürlich hat der Mindestlohn Nachteile, natürlich können gegebenfalls Arbeitsplätze wegfallen und natürlich tun sich neue Probleme auf. Ganz grundlegende Probleme und nicht zuletzt gesellschaftspolitische negative Einstellungen zum Thema Arbeit könnten sich ändern beziehungswese grundlegend gelöst werden. Es geht hier finde ich nicht in erster Linie um eine kurzfristige Bewertung einer solchen Maßnahme sondern um einen dringend notwendigen Strukturwechsel.
Antisozialist
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

'Infi » So 11. Aug 2013, 14:38 hat geschrieben: Das ist die, in weiten Teilen korrekte negative Seite eines Mindestlohns. Ideal wären besonders Ausnahmeregelungen für Nebenjobs oder eben wenn besagter Opa den Rasen gemäht bekommt. Nur bieten Ausnahmeregelungen immer wieder Schlupflöcher. Dass Mindestlöhne notwendigerweise Arbeitsplätze vernichten muss nicht der Fall sein. Da spielen viele andere Faktoren rein, nicht nur der Lohn. Die Auswirkungen sind von Land zu Land unterschiedlich. In GB wurden positive oder neutrale Beschäftigungseffekte aber vor allem eine Einkommenssteigerung im unteren Lohnniveau festgestellt, in Frankreich waren die Effekte aufgrund eines viel zu hohen Mindestlohnes negativ, in den meisten der EU-Staaten mit Mindestlohn waren die Effekte neutral bis positiv.

Ein Mindestlohn ist dann wirkungslos wenn er unter oder bei dem niedrigsten gezahlten Lohn liegt. Ein Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze, je höher er über dem bisherigen Lohnniveau liegt. Wobei auch hier das ganze nicht so eindimensional ist. Der Arbeitgeber kann bis zu einem gewissen Grad die Mehraufwendungen entweder aus dem Eigenkapital zahlen oder über Preiserhöhungen ausgleichen. Im Friseurhandwerk (in dem übrigens seit einiger Zeit in Mindestlohn von 8,50€ gilt) wird wohl kaum jemand real weniger zum Friseur gehen, weil er einen Euro mehr zahlen muss und wieviele Friseure wurden nun entlassen? Der Vergleich mit dem Rentner und deinem Maler ist übrigens falsch. Ungelernte Maler verdienen seit diesem Jahr tariflich 9,90€ und gelernte Maler oder Lackierer 12,15€ (http://www.bundesregierung.de/Content/D ... ierer.html). Ein weiteres Argument ist, dass Firmen einfach abwandern würden, müssten sie einen höheren Lohn zahlen. Betroffen auf Deutschland ist das zu weiten Teilen falsch, da die Branchen in denen weniger als 8,50€ gezahlt werden, einfache, lokale Dienstleistungen oder andere Arbeiten sind, die nicht exportabhängig sind. Insbesondere in der Exportbranche werden weitgehend gute Löhne gezahlt.

In Deutschland wird der Mindestlohn von 8,50€ nicht unterhalb des jetzigen Lohnniveaus liegen, also fällt diese Option weg. Man kann wohl davon ausgehen, dass temporär einige Arbeitsplätze wegfallen werden, wie viele, darüber lässt sich nur spekulieren. Es geht aber nicht nur um die kurzfristige ökonomische Seite (vielleicht die nächsten 2-3 Jahre) sondern um die langfristige und auch die gesellschaftspolitische Seite.

Erstmal fallen 4 Milliarden Euro an Staatsausgaben weg, mit denen der Staat Niedriglöhne bisher aufstockte. Viel wichtiger ist dabei aber die Systematik, die beseitigt wird. Nämlich, dass es für einzelne Unternehmen möglich ist, über Niedriglöhne, Mitkonkurrenten, die bereit sind, ihren Mitarbeitern ordentliche Löhne zu zahlen, vom Markt zu verdrängen oder sich so zumindest einen Vorteil zu verschaffen. Außerdem wird durch jetzige Niedriglöhner, die nun nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik auftauchen, nur ein Problem in die Zukunft verschoben. Jetzt Niedriglohn bedeutet eine immense zusätzliche Belastung des Rentensystems heute und und Altersarmut morgen. Eben grade durch einen Mindestlohn würden wieder mehr sozialversicherungspflichtige Jobs entstehen. Auch deshalb ist es wichtig, dass diejenigen die jetzt arbeiten genügend verdienen.
Ökonomisch sinnvoll ist der Mindestlohn natürlich auch wegen deutlicher Kaufkraftsteigerung. Studien sprechen hier ja von bis zu 19 Milliarden Euro.

Hinzu kommt das sich in den vergangenen Jahren vielfach der Eindruck entwickelt hat, es lohne sich nicht mehr arbeiten zu gehen. Wer es drauf anlegt und statt für 6 Euro an der Kasse zu stehen, sich zuhause hinsetzt und HartzIV empfängt, der hat mitunter, Miet- und Energiekostenzuschüsse, Zuschüsse für Klassenfahrten und ähnliches eingerechnet, nicht weniger Mittel zur Verfügung. Durch den Mindestlohn wird der Abstand zwischen Arbeitslosenhilfe und Erwerbsentgelt gesteigert, es gibt wieder vermehrt Anreiz zu arbeiten und die Beziehung von ungelernter Arbeit und Arbeitslosigkeit würde sich wieder zum positiven verändern.

Man kann das Thema Mindestlohn auch vor dem Hintergrund der Lohnniveaus in Europa und der Wettbewerbsfähigkeitsverluste der Südländer in den vergangenen Jahren betrachten und auch da zu dem Schluss kommen, dass ein deutscher Mindestlohn und damit verbunden eine Anhebung des gesamten Lohnniveaus in den unteren Einkommensdezilen, positive Effekte auf die gesamte Währungsunion und deren Handel hätte. Aber das ist wieder ein längeres, anderes Thema.

Natürlich hat der Mindestlohn Nachteile, natürlich können gegebenfalls Arbeitsplätze wegfallen und natürlich tun sich neue Probleme auf. Ganz grundlegende Probleme und nicht zuletzt gesellschaftspolitische negative Einstellungen zum Thema Arbeit könnten sich ändern beziehungswese grundlegend gelöst werden. Es geht hier finde ich nicht in erster Linie um eine kurzfristige Bewertung einer solchen Maßnahme sondern um einen dringend notwendigen Strukturwechsel.
Sie vergessen, dass der Staat nach der Mindestlohneinführung zusätzliche Vollalimentationen leisten müsste. Dass die Arbeitgeber bei einseitig steigenden Reallöhnen mehr beschäftigen würden, ist doch eine Wunschvorstellung.
Zuletzt geändert von Antisozialist am Sonntag 11. August 2013, 15:33, insgesamt 1-mal geändert.
Pudding: "Sollte ein Sklavenhalter versuchen bei uns in der Ferttigung Werbung für seine Sklavenhaltung zu machen würde er einen Unfall haben."
Atue
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Atue »

'Infi » Sa 10. Aug 2013, 23:31 hat geschrieben: Könntest du die systemischen Schwachstellen eines flächendeckenden Mindestlohns mal näher ausführen?

Gern!

!) Mindestlöhne bewirken, dass die, die einen Arbeitsplatz haben und dafür den Mindestlohn bekommen, den Arbeitsplatz nicht an diejenigen verlieren, die arbeitslos sind, und auch bereit wären, für ein paar Prozent weniger zu arbeiten. Für die, die den Arbeitsplatz haben, bedeutet dies faktisch einen Vorteil - aber für die entsprechenden Arbeitslosen einen Nachteil, da sie in der Folge mit Hartz IV dauerhaft auskommen müssen.

Mindestlöhne helfen also nur Menschen in Arbeit, nicht aber denen, die nicht in Arbeit sind.

2) Mindestlöhne bedeutet für lokal tätige Unternehmen (beispielsweise Einzelhandel, weite Teile des Dienstleistungssektors u.ä.) dass deren Produkte teurer werden - und damit für die Bevölkerung, die diese Produkte kauft, dass sie einen Kaufkraftverlust hinnehmen müssen. Wenn jetzt die Frisöre beispielsweise teurer werden, bedeutet dies, dass die Menschen, die zum Frisör gehen, jetzt entweder seltener zum Frisör gehen, oder weniger für andere Produkte oder Dienstleistungen ausgeben können, oder weniger sparen können.

Würde ersteres eintreten, würde der Mindestlohn bei den Frisören dazu führen, dass zukünftig weniger Frisöre gebraucht werden - was in der Folge die Arbeitslosigkeit erhöht. Wieder hätte der Mindestlohn einen Vorteil bei den beschäftigten Frisören gebracht - aber einen Nachteil bei den Frisören, die durch den Mindestlohn in die Arbeitslosigkeit und langfristig in Richtung Hartz IV gebracht werden. Selbst in der gleichen Gruppe der Betroffenen profitiert so nur ein Teil vom Mindestlohn.

Tritt Zweiteres ein, gilt dies analog für Beschäftigte in anderen Branchen.

Trifft Drittes zu, sind die Benachteiligten schwierig zu ermitteln, es könnten die Kinder (Erbschaft) sein, oder auch die Beschäftigten in Industrien und Dienstleistungssektoren, die eher mittel und langfristig ersparte Güter herstellen bzw. anbieten.

Gern wird dieser Argumentation entgegen gestellt, dass der höhere Mindestlohn dazu führt, dass die Mindestlohnempfänger eine höhere Konsumfähigkeit erwerben, und dadurch gesamtwirtschaftlich diese Effekte wieder ausgeglichen werden. Nur: da wir das Lohnniveau ja gerade im Niedriglohnsektor anheben, geht die Rechnung nicht auf, da auch für die Frisöse die arbeitszeitintensiv hergestellten Produkte wieder teurer werden.

3) Die tendenziell steigende Arbeitslosigkeit führt auch zu Verschiebungen bei den Sozialhaushalten - Einnahmen und Ausgaben verändern sich, es gibt Gewinner und Verlierer - wesentliche Verlierer aber sind gerade die sozial Schwachen, die den Hauptteil der Last eines höheren Mindestlohnes tragen müssen.

4) Es gibt natürlich auch Exportwirtschaftliche Folgen - die Produktion in Deutschland wird teurer, die Lohnstückkosten steigen. Die Unternehmen werden in der Folge entweder ihre Produktion verlagern, die Produktion stärker automatisieren, oder eine schlechtere Ertragslage hinnehmen.

Die ersten beiden Möglichkeiten haben erneut Arbeitslosigkeit zur Folge, so dass auch so wieder durch den Mindestlohn ein Teil der im Niedriglohnsektor beschäftigen profitiert, aber die Gruppe derer, die arbeitslos ist, finanziell deutlich verliert.
Die dritte Variante ist langfristig aus Sicht von Eigentümern von Unternehmen unattraktiv, weil niedrigere Renditen erwirtschaftet werden. In der Folge wird es für solche Unternehmen schwieriger, Finanziers für innovative Projekte zu finden, die Wettbewerbslage wird sich verschlechtern.

Dieser vierte Punkt ist allerdings nur in geringem Maße relevant, weil die hohen existenten Löhne in Deutschland sowieso in den Exportartikeln meist nur sehr gering zuschlagen.

5) Es gibt einen relevanten Niedriglohnsektor im Umfeld von älteren Menschen, die Dienstleistungen beauftragen. Wenn auch diese zukünftig Mindestlöhne zahlen müssen, damit so etwas wie der Handwerker oder auch nur die Einkaufshilfe u.ä. getätigt werden, werden diese Menschen zukünftig sich solche Dienstleistungen nicht mehr leisten können, oder wenigstens seltener, oder die Schwarzarbeit wird steigen. Denn in dieser Gruppe sind ausreichend viele Menschen, die die höheren Mindestlöhne nicht durch höhere Einkommen und Einnahmen generell kompensieren können. Gerade Rentner mit niedrigen Renten gehören also ebenfalls zu den Verlierern eines Mindestlohnes - wieder trifft es die Schwachen!


Also:
Wenn man die Nachteile des Mindestlohnes durch ergänzende Gesetze ausgleichen wollte, müsste man ergänzend wenigtens Hartz IV und die Renten erhöhen - wahrscheinlich aber beispielsweise auch das Kindergeld (man denke an Mindestlöhne für Tagesmütter...) usw usw.
Hier treffgenau zu sein, und alle relevanten Gruppen zumindest aus dem sozial schwächeren Umfeld nicht zu benachteiligen, ist eine politische Sisyphus-Aufgabe, die trotzdem immer nur näherungsweise treffsicher sein wird.

Insbesondere die deutliche Trennung zwischen denen, die mehr oder weniger das Glück haben, einen (Mindestlohn-) Job zu haben, und denen, die diesen zwar wollen, aber das Pech haben, dass sie statt dessen nur Hartz IV bekommen, halte ich für bedenklich.

Es ist für mich kein Wunder, dass die Forderung nach Mindestlöhnen vor allem von der SPD und den Gewerkschaften kommt, denn deren Klientel sind weit mehr die Menschen, die mit Niedriglöhnen in Arbeitsverhältnisse stehen, als die Arbeitslosen. Letztere wenden sich inzwischen häufig von der Politik insgesamt ab, oder wenden sich radikaleren Parteien zu - und die, die als Arbeitslose im linken Spektrum anzufinden sind, orientieren sich in Richtung Die Linke, die folgerichtig auch mehr Maßnahmen für Arbeitslose im Programm hat und sich dem Grundeinkommensgedanken öffnet.

Die Mindestlohndebatte müsste also mindestens um eine Forderung nach einer Arbeitsplatzgarantie für alle (natürlich auch Mindestlohnniveau) ergänzt werden, um nicht zu sehr auszugrenzen. Dann müsste man eine Mindestrente in ausreichender Höhe ansetzen, um die nicht zu benachteiligen, die in Rente sind - und schließlich muss man dann schauen, dass in der Folge nicht die Last dieser Mehrkosten gerade wieder dazu führt, dass der breite Mittelstand Opfer bringt, während einige Gruppen im Land durch den Mindestlohn keinen oder nur geringe Nachteile haben.



Insofern halte ich das Konzept des Grundeinkommens auch dem Mindestlohnkonzept für überlegen. Insbesondere dann, wenn dieses Grundeinkommen über indirekte Steuern finanziert wird. Jeder Lohn bedeutet in einem solchen Ansatz eine Verbesserung der Konsumfähigkeit - gleichzeitig bliebe es aber jedem frei, menschenunwürdigen Stellen eine klare Absage zu erteilen, weil schon durch das Grundeinkommen die Grundbedürfnisse befriedigt wären.

Das Grundeinkommen hat deshalb die systemische Schwäche des Mindestlohnes nicht, weil ein Grundeinkommen an ALLE bezahlt würde - es also keine Systembrüche zwischen Arbeitslosen und Tätigen durch das Grundeinkommen gibt.
Atue
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Registriert: Freitag 14. Juni 2013, 23:18

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Atue »

'Infi » So 11. Aug 2013, 14:38 hat geschrieben: Das ist die, in weiten Teilen korrekte negative Seite eines Mindestlohns. Ideal wären besonders Ausnahmeregelungen für Nebenjobs oder eben wenn besagter Opa den Rasen gemäht bekommt. Nur bieten Ausnahmeregelungen immer wieder Schlupflöcher. Dass Mindestlöhne notwendigerweise Arbeitsplätze vernichten muss nicht der Fall sein. Da spielen viele andere Faktoren rein, nicht nur der Lohn. Die Auswirkungen sind von Land zu Land unterschiedlich. In GB wurden positive oder neutrale Beschäftigungseffekte aber vor allem eine Einkommenssteigerung im unteren Lohnniveau festgestellt, in Frankreich waren die Effekte aufgrund eines viel zu hohen Mindestlohnes negativ, in den meisten der EU-Staaten mit Mindestlohn waren die Effekte neutral bis positiv.

Ein Mindestlohn ist dann wirkungslos wenn er unter oder bei dem niedrigsten gezahlten Lohn liegt. Ein Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze, je höher er über dem bisherigen Lohnniveau liegt. Wobei auch hier das ganze nicht so eindimensional ist. Der Arbeitgeber kann bis zu einem gewissen Grad die Mehraufwendungen entweder aus dem Eigenkapital zahlen oder über Preiserhöhungen ausgleichen. Im Friseurhandwerk (in dem übrigens seit einiger Zeit in Mindestlohn von 8,50€ gilt) wird wohl kaum jemand real weniger zum Friseur gehen, weil er einen Euro mehr zahlen muss und wieviele Friseure wurden nun entlassen? Der Vergleich mit dem Rentner und deinem Maler ist übrigens falsch. Ungelernte Maler verdienen seit diesem Jahr tariflich 9,90€ und gelernte Maler oder Lackierer 12,15€ (http://www.bundesregierung.de/Content/D ... ierer.html). Ein weiteres Argument ist, dass Firmen einfach abwandern würden, müssten sie einen höheren Lohn zahlen. Betroffen auf Deutschland ist das zu weiten Teilen falsch, da die Branchen in denen weniger als 8,50€ gezahlt werden, einfache, lokale Dienstleistungen oder andere Arbeiten sind, die nicht exportabhängig sind. Insbesondere in der Exportbranche werden weitgehend gute Löhne gezahlt.

In Deutschland wird der Mindestlohn von 8,50€ nicht unterhalb des jetzigen Lohnniveaus liegen, also fällt diese Option weg. Man kann wohl davon ausgehen, dass temporär einige Arbeitsplätze wegfallen werden, wie viele, darüber lässt sich nur spekulieren. Es geht aber nicht nur um die kurzfristige ökonomische Seite (vielleicht die nächsten 2-3 Jahre) sondern um die langfristige und auch die gesellschaftspolitische Seite.

Erstmal fallen 4 Milliarden Euro an Staatsausgaben weg, mit denen der Staat Niedriglöhne bisher aufstockte. Viel wichtiger ist dabei aber die Systematik, die beseitigt wird. Nämlich, dass es für einzelne Unternehmen möglich ist, über Niedriglöhne, Mitkonkurrenten, die bereit sind, ihren Mitarbeitern ordentliche Löhne zu zahlen, vom Markt zu verdrängen oder sich so zumindest einen Vorteil zu verschaffen. Außerdem wird durch jetzige Niedriglöhner, die nun nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik auftauchen, nur ein Problem in die Zukunft verschoben. Jetzt Niedriglohn bedeutet eine immense zusätzliche Belastung des Rentensystems heute und und Altersarmut morgen. Eben grade durch einen Mindestlohn würden wieder mehr sozialversicherungspflichtige Jobs entstehen. Auch deshalb ist es wichtig, dass diejenigen die jetzt arbeiten genügend verdienen.
Ökonomisch sinnvoll ist der Mindestlohn natürlich auch wegen deutlicher Kaufkraftsteigerung. Studien sprechen hier ja von bis zu 19 Milliarden Euro.

Hinzu kommt das sich in den vergangenen Jahren vielfach der Eindruck entwickelt hat, es lohne sich nicht mehr arbeiten zu gehen. Wer es drauf anlegt und statt für 6 Euro an der Kasse zu stehen, sich zuhause hinsetzt und HartzIV empfängt, der hat mitunter, Miet- und Energiekostenzuschüsse, Zuschüsse für Klassenfahrten und ähnliches eingerechnet, nicht weniger Mittel zur Verfügung. Durch den Mindestlohn wird der Abstand zwischen Arbeitslosenhilfe und Erwerbsentgelt gesteigert, es gibt wieder vermehrt Anreiz zu arbeiten und die Beziehung von ungelernter Arbeit und Arbeitslosigkeit würde sich wieder zum positiven verändern.

Man kann das Thema Mindestlohn auch vor dem Hintergrund der Lohnniveaus in Europa und der Wettbewerbsfähigkeitsverluste der Südländer in den vergangenen Jahren betrachten und auch da zu dem Schluss kommen, dass ein deutscher Mindestlohn und damit verbunden eine Anhebung des gesamten Lohnniveaus in den unteren Einkommensdezilen, positive Effekte auf die gesamte Währungsunion und deren Handel hätte. Aber das ist wieder ein längeres, anderes Thema.

Natürlich hat der Mindestlohn Nachteile, natürlich können gegebenfalls Arbeitsplätze wegfallen und natürlich tun sich neue Probleme auf. Ganz grundlegende Probleme und nicht zuletzt gesellschaftspolitische negative Einstellungen zum Thema Arbeit könnten sich ändern beziehungswese grundlegend gelöst werden. Es geht hier finde ich nicht in erster Linie um eine kurzfristige Bewertung einer solchen Maßnahme sondern um einen dringend notwendigen Strukturwechsel.


Ich kann dieser Argumentation gut folgen. Ich sehe durchaus auch ein, dass das Mindestlohnkonzept in einiger Hinsicht gerade auch langfristig viele Problemstellungen von Heute adressiert.

Trotzdem geht es mir auch gerade um die langfristigen Folgen.

Ich bin skeptisch, dass auf dem Niveau von Mindestlöhnen in Höhe von 8,50€ ausreichend Arbeit für Alle gesellschaftlich organisiert werden kann. Gelingt dies aber nicht, bleibt eine Menge an Arbeitslosen übrig. Wer ist dann die Lobby für diese? Und welche gesellschaftliche Teilhabe gestehen wir dieser Gruppe von Menschen langfristig zu?

Die Antwort der Exportwirtschaft auf Mindestlöhne wird Automatisierung und Verlagerung der Produktion sein - keine guten Voraussetzungen, um mehr Menschen als heute in Arbeit zu bringen! In der Folge werden die Arbeitsplätze, die noch zu besetzen sind, weiter höhere Qualifikationsanforderungen haben.

Platt gesprochen verknappt also ein Mindestlohn immer die Menge an Arbeitsplätzen - und solange wir nicht ausreichend Arbeitsplätze für alle haben, trennt der Mindestlohn damit scharfkantig die, die zu den Gewinnern, und die, die zu den Verlierern gehören.
Ich halte deshalb mehr von Maßnahmen, die das knappe Gut an Arbeitsplätzen nicht verringern, sondern ausweiten. Steigende Löhne gibt es genau dann, wenn man niemanden mehr findet, der den Job billiger macht. Denn was bleibt jemandem übrig, der eine Aufgabenstellung hat, die er lösen möchte:

1) Jemanden finden, der die Aufgabe für ihn erledigt, oder
2) selber machen!

Finde ich niemanden, muss ich so lange mehr bieten, bis ich doch jemanden finde - oder eben doch Variante 2) in Betracht ziehen.


Die Problematik und vor allem auch der ausbeuterische Ansatz von Niedrigstlohnarbeit ist mir völlig klar - vor allem auch wenn man dies mal über Deutschland hinaus in Richtung einer globalisierten Welt denkt!
Was also tun, damit man einerseits nicht weiter die Menschen bei uns in Richtung ausgebeutet zu werden bringt, und andererseits aber nicht durch den Globalisierungsdruck in die Schere von abwandernden Arbeitsplätzen zu kommen, oder auch in die Problematik, dass man mehr Arbeitslosigkeit generiert?

- Arbeit muss sich IMMER lohnen
- ob man für einen bestimmten Lohn bereit ist, eine Arbeit zu machen, oder auch nicht, muss in der Freiheit des Einzelnen verbleiben / keine Zwangsarbeit!
- Ohne Arbeit muss man ein menschenwürdiges Auskommen haben

Damit Arbeit sich immer lohnt, darf Einkommen nicht mehr besteuert werden, und auch Sozialabgaben dürfen nicht mehr auf Einkommen erhoben werden. Um Arbeitsplätze zu schaffen, muss diese Forderung auch für den Arbeitgeber gelten.
Die Finanzierung muss also von direkten Steuern und Abgaben umgelegt werden in Richtung indirekter Steuern und Abgaben.
Damit der einzelne frei in seiner Entscheidung bleibt, ob er einen Job beispielsweise für 2€ die Stunde temporär oder dauerhaft annimmt, müssen seine Grundbedürfnisse abgedeckt sein - idealerweise bedingungslos!
Ein menschenwürdiges Auskommen verlangt dann eine konsumfähigkeit auf heutigem Hartz IV Niveau.

All diese Punkte führen weg vom Ansatz des Mindestlohnes, und führen hin zu den Konzepten des Bedingungslosen Grundeinkommens.


Ein weiteres Dilemma entsteht bei Mindestlöhnen - das Rentendilemma! Denn man mache sich klar: Es ist gesellschaftlich nicht attraktiv, wenn jemand der ein Leben lang auf Niveau des Mindestlohnes tätig war, nicht deutlich mehr bekommt als der, der ein Leben lang auf Hartz IV war. Nach heutigen Maßstäben reicht ein Mindestlohn von 8,50€ nur aus, um eine Rente zu bekommen, die knapp oberhalb der Sätze liegt, die man mit Hartz IV bekommt. Hier entsteht also eine deutliche Gerechtigkeitslücke!

Die Ursache der Gerechtigkeitslücke ist wieder eine systemische. Da nicht alle von der Wiege bis zur Bahre vergleichbare staatliche Leistungen bekommen, entstehen bei systemisch unterschiedlichen Ansätzen bei der Gestaltung und der Finanzierung von staatlichen Leistungen systemische Brüche, die zu Schlupflöchern führen.

Auch hier wäre ein durchgängiges BGE-Konzept überlegen, da in diesem solche Gerechtigkeitslücken durchgängig vermieden werden.

Dazu abschließend noch ein Beispiel: Würde den Staat eine Katastrophe welcher Art auch immer treffen, kann man in einer BGE-Gesellschaft diese Katastrophe durch das Absenken des BGEs mit einer gleichartigen Belastung aller gegen finanzieren. In einer Mindestlohngesellschaft ist dies viel schwieriger zu organisieren, da unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen wie Kinder, HARTZ IV-Bezieher, Arbeiter und Angestellte, Unternehmer und Selbstständige, kinderbetreuende Mütter oder Rentner jeweils gänzlich unterschiedlichen Ansätzen der Finanzierung unterliegen. Diese heute übliche Art der Differenzierung führt nur scheinbar zu mehr Gerechtigkeit - tatsächlich führt sie zur Differenzierung, zur Entstehung von Schlupflöchern und unterm Strich zu harten Auseinandersetzungen zwischen diesen Gruppen um die bessere finanzielle Ausstattung ihrer jeweils spezifischen Interessen. Verlierer sind dann in aller Regel die, die die schwächere Lobby vorweisen.
Dr. Nötigenfalls

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Dr. Nötigenfalls »

zollagent » So 11. Aug 2013, 10:36 hat geschrieben: Ich verdrehe nichts, sondern fordere eine Klarstellung. Du schriebst "China macht es vor", ohne zu spezifizieren, was China jetzt vormacht. Wirtschaftliches Bessersein kann es angesichts der Wohlstandsverteilung in China wohl kaum sein.
So sieht man es natürlich richtig,dem stimme ich zu.
Die Verteilung,..also der "Durchsatz quer durch die Bevölkerung" ist auch meiner Meinung nach wichtiger als reines absolutes Zahlenwerk.
So sollte man es auch in Deutschland sehen.
Dr. Nötigenfalls

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Dr. Nötigenfalls »

Der Neandertaler » So 11. Aug 2013, 11:47 hat geschrieben:Hallo Dr. Nötigenfalls.Ich wollte mich eigentlich nicht mehr äußern.
  • (einige werden mit an Sicherheit grenzender Wahschenlichkeit sagen: "Hätte er sich doch daran gehalten!!!")
Ich wollt mich nicht mehr einmischen, weil mir diese Diskussion etwas aus dem Ruder läuft. Thema war doch, wenn ich mich recht entsinne (wenn nicht, kann durchaus am Alter liegen), Thema war doch:
  • Mindestlohn und Aufstockung
Stattdessen sind wir über Unterstellungen, Marktbereinigung, einer Einführung eines Bürgerlichen Grundeinkommens (was vielleicht noch marginal zum Thema gehört ... gehören könnte) zur chinesischen Wirtschaft gelangt. Nebenbei erwähnst Du nochmal kurz die Wirtschafts- und Flüchtlingspolitik der Grünen:
  • "... die blöde Roth von den Grünen ... ihrem Spatzenhirn dabei völlig wurscht"
Es immer das alte Spiel (ich kritisiere es schon lange), wir diskutieren immer nur Einzelbereich (von Politik), ohne zu versuchen, Auswirkungen zu erwähnen und zu erahnen ... zu bedenken, was diese oder jene Maßnahme auf andere Teile (auf Politik ... auf unserer Gesellschaft insgesammt) hat.

Selbstverständlich hätte eine Maßnahme wie "jeden Ausländer hier rein und arbeiten lassen", dies hätte schon "Auswirkungen ... auf die heimischen Arbeitnehmer" ... auf heimische Arbeitsplätze. Auswirkungen vielleicht auch auf die Löhne. Aber erstens war damit nicht gemeint, "jeden Ausländer hier rein und arbeiten lassen", sondern lediglich die arbeiten lassen, die eh schon hier sind. Daß dadurch - durch eine Aufweichung der Arbeitserlaubnis, daß solcheine Maßnahme weitere "Ausländer" - ich nenne sie lieber Flüchtlinge, daß dadurch eventuell weitere Begehrlichkeiten entstehen, ... geschenkt, das kann durchaus sein.
Dies ließe sich aber durch eine Verschärfung des ...-Gesetzes verhindern. Oder wir erhöhen die Entwicklungshilfe, damit diese Leute erst garnicht in den Versuch kommen ... den Gedanken daran verschwenden müssen, hierher kommen zu müssen.
  • (weil es ihnen in ihrem Land immer noch sehr schlecht geht und eine Auswanderung ihnen immerhin ein Überleben ermöglicht!)
Ich stelle es mir nämlich nicht einfach vor, seine Heimat, alle Freunde und alles, was man liebt, so einfach leichten Herzens zu verlassen - nur um in einem anderen Land zu leben, dessen Bewohner sowieso nicht sehr gut zu sprechen sind (auf "Ausländer", die uns auf der Tasche liegen), dies alles aufzugeben.

Aber zur Verquickung ... zur Auswirkung:
  • Es wird doch immer wieder mal zeitweise erwähnt, daß uns "Einwanderer auf der Tasche liegen", oder, daß etwa Asylsuchende nur hierhin kommen, Geld kassieren, und wenn sie abgelehnt werden, hauen sie ab.
    • ... bis dahin haben sie zumindest abkassiert ... und alles auf unser Kosten.
      • ... ohne auch nur einen Finger krumm gemacht zu haben.
    Daß aber Asylsuchende laut § 10 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) einer (Arbeits-) Sperrfrist unterliegen, scheint man - oder Frau - wohl vergeßen zu haben.
    • Absicht? (bewußte) Stimmungsmache?
    Siehst Du, unter diesem Aspekt kam der Vorschlag zustande - so sollte er auch verstanden und diskutiert werden.
Ich sehe nur das die EU Arbeitsmärkte ohne Not zugrunde gerichtet werden.
So wird Krise selbst gemacht.

Passt den Exportheinis,den Multinationalen Unternehmen sicher perfekt ins Konzept.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von zollagent »

Dr. Nötigenfalls » So 11. Aug 2013, 20:10 hat geschrieben: So sieht man es natürlich richtig,dem stimme ich zu.
Die Verteilung,..also der "Durchsatz quer durch die Bevölkerung" ist auch meiner Meinung nach wichtiger als reines absolutes Zahlenwerk.
So sollte man es auch in Deutschland sehen.
Und da sehe ich, offen gesagt, auch keine wirklich großen Probleme hier in Deutschland.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

Dr. Nötigenfalls » So 11. Aug 2013, 20:15 hat geschrieben:
Ich sehe nur das die EU Arbeitsmärkte ohne Not zugrunde gerichtet werden.
So wird Krise selbst gemacht.

Passt den Exportheinis,den Multinationalen Unternehmen sicher perfekt ins Konzept.
Den kleinen Zulieferern und den jeweils zugehörigen Arbeitnehmern gefällt das auch gut.
Pudding: "Sollte ein Sklavenhalter versuchen bei uns in der Ferttigung Werbung für seine Sklavenhaltung zu machen würde er einen Unfall haben."
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Dr. Nötigenfalls.
Dr. Nötigenfalls hat geschrieben:Ich sehe nur das die EU Arbeitsmärkte ohne Not zugrunde gerichtet werden.
So wird Krise selbst gemacht.

Passt den Exportheinis,den Multinationalen Unternehmen sicher perfekt ins Konzept.
Kann man so sehen, aber muß nicht. Aber es einseitig Politik, einzelnen Parteien oder Institutionen, gar einzelnen Personen anzulasten, das halte ich nun doch für etwas ... na ja, ... übertrieben. Besonders unterschwellig den Ausländern die Schuld zuzuweisen, ... ich weiß nicht?
  • Dabei, bei solchen Äußerungen habe ich immer ein Déjà-vu!
Daß Arbeitsplätze verloren gehen ... vernichtet werden , sehe ich auch.
  • (nun redest Du von EU-Arbeitsplätzen' - vorher waren's unsere: 'deutsche')
Aber es ist wie so oft:
  • der Erfolg hat immer mehrere Kinder!
Einerseits dürfte es "den Multinationalen Unternehmen" zum Vorteil gereichen, wenn sie global agierren - also dort produzieren lassen, wo es billige Arbeitskräfte gibt.
  • (da geh ich noch mit!)
Allerdings verlangt der Verbraucher immer billigere Produkte, sodaß diese Unternehmen dementsprechend reagieren müssen.
  • (Verbraucher: auch unsere ... deutsche - "Geiz ist geil")
So, nun laß ich mal weitere Erläuterungen zu diesem Thema weg - ich komme zum "Mindestlohn" zurück:
  • Ich sehe nämlich die Gefahr, daß durch einen Mindestlohn auch hierzulande billige Arbeitskräfte ... Arbeitsplätze entstehen.
    Aufgemerkt:
    • ich bin nicht generell gegen einen Mindestlohn - wohl aber gegen einen, der generell überall gilt.
      • (egal, ob dieser durch Politik oder durch die Tarifpartner festgesetzt. Aber eine Untergrenze muß es geben.)
    Ein genereller Mindestlohn muß immer mehrere Voraussetzungen erfüllen:
    • erstens müßte dieser alle Branchen berücksichtigen.
      • (Verkäufer würden sich vielleicht über einen Mindestlohn von ... sagen wir mal: 8.50€ freuen - der Metallarbeiter findet nur ein müdes Lächeln dafür.)
      zweitens:
      • diese Kommission müßte dann dies regelmäßig berücksichtigen ... diesen neu festsetzen.
        • (die Gefahr der Klientelpolitik wäre bei einem von Politik festgesetzten Mindestlohnes doch wesentlich größer!)
    Langfristig sehe ich die Gefahr, daß durch einen Mindestlohn die jetzt noch 'hochbezahlten' Arbeitsplätze successive weniger werden.
    • ... Löhne entweder sinken, oder Lohnerhöhungen nicht so üppig ausfallen.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo.
Nun sind wir wieder beim Thema!
  • (danke 'Infi und Atue)
Meine Bedenken bezüglich eines Mindestlohnes habe ich ja im vorherigen Beitrag erläutert. Aber grundsätzlich nochmal:
  • ein Mindestlohn, der generell festgesetzt wird und überall gilt, müßte, sollte er positiv wirken, müßte er hoch angesetzt werden. Wird er aber hoch angesetzt, birgt er die Gefahr, daß dadurch Arbeitsplätze vernichtet werden. Arbeitsplätze, die zwar prekär, also unterbezahlt sind, die aber allem Anschein nach unsere Wirtschaft benötigt.
    • ... die unsere Gesellschaft nachfragt.
    Wenn der Mindestlohn so angesetzt wird, daß dadurch keine Arbeitsplätz in Mitleidenschaft gezogen werden sollen, dürfte er nur niedrig bemessen werden - dann würde aber die Wirkung verpuffen.
    • (Ich liebe Symolpolitik! - wäre aber ein gutes Symbol ... vielleicht fällt ja jemand drauf rein - "Wir (Politik) tun was, wir denken an euch!")
Argumentiert wird:
  • gäbe es eine Mindstlohn von ... 8.50€, würde dies soundsoviel Arbeitsplätze schaffen, oder zumindest die, die heute Arbeit haben, hätten dementsprechend mehr.
    • Schön! Freu ich mich - und jeder, der Arbeit hat auch.
Die Frage ist nur:
  • "Hat er diese Arbeitsstelle auch nachher noch? Kann er sich dann auch noch freuen?"
Ich bezweifele beides. Die, die einen Mindestlohn propagieren, begehen meiner Meinung nach einen entscheidenen Fehler, sie nehmen ... sehen den heutigen IST-Zustand und rechnen ihn einfach hoch! Welcher Unternehmer könnte es verkraften, wenn seine Lohnkosten quasi über Nacht steigen, aber die Nachfrage ... der Umsatz letztlich gleich bleibt?
  • ... der Gewinn zuguter Letzt sinkt?
Fazit:
  • entweder oder! Entweder Arbeitsplätze abbauen und von den Übrigen erhöhte Abeitseffektivität verlangen - oder gleich ganz dicht machen!
Zu meiner Zeit gab es noch Arbeitsplätze auch für weniger gut Ausgebildete - die fallen heute nun weg.
  • (die Arbeitsplätze!)
Wir haben zur Zeit 2,32 Mill. Er­werbs­lose (5,5%) - aber 2,914 Mill. Arbeits­lose (6,8%).
  • arbeits­los heißt:
    • garkeine Arbeit - er­werbslos:
      • Arbeit JA!, aber eventuell prekär.
Und das ist das Problem, welches nicht oder kaum berücksichtigt wird:
  • wenn der Mindestlohn kommt, der ja gerade den Arbeitslosen zugute kommen soll ... diese in Arbeit bringen soll, daß unter diesen Er­werbs­losen oder Arbeits­losen ein Großteil derer ist, der unseren heutzutage hochtechnischen Anforderungen am Arbeitsplatz nicht mehr gewachsen ist - sprich: sie sind nicht oder nicht genügend ausgebildet ... haben keine Abschluß, daß diese (nichtqualifizierten) dann arbeitslos würden.
Tut mir leid Atue, aber ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) stünde vor dem gleichen Problem - würde 'zumindest langfristig' größere Probleme schaffen. Auch damit könntest ... würdest Du die Frage der Ausbildung, Weiterbildung, der Überqualifizierung nicht lösen. Eher würdest Du damit ein anderes Problem schaffen. Nämlich dadurch, daß jeder Bürger ein BGE bekommt, sehe ich die Gefahr, daß der potentielle Arbeitgebeber (sich) sagt:
  • weil der Staat ein BGE zahlt, kann ich weniger zahlen.
Das aber wiederum würde nicht nur die individuellen Lohnkosten (Einnahmen) sinken lassen, sondern die Ausgaben für's BGE erhöhen - da die Abgaben (Strom, Gas, etc.) ja steigen.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von 'Infi »

Danke Atue, schön mal jemanden zu sehen, der mehr als nur Zweizeiler schreibt. Inhaltlich sind wir dann aber nicht ganz auf einer Linie (zum Glück :D )
Atue » So 11. Aug 2013, 17:16 hat geschrieben: Die Antwort der Exportwirtschaft auf Mindestlöhne wird Automatisierung und Verlagerung der Produktion sein - keine guten Voraussetzungen, um mehr Menschen als heute in Arbeit zu bringen! In der Folge werden die Arbeitsplätze, die noch zu besetzen sind, weiter höhere Qualifikationsanforderungen haben.
Das ist, wie in meinem vorherigen Beitrag schon erwähnt, falsch. Der Mindestlohn wird keine oder marginale Auswirkungen auf exportabhängige Branchen haben. Dort werden ohnehin bessere Löhne gezahlt. Der Mindestlohn betrifft insbesondere Branchen, die schlicht nicht abwandern können, einfache Dienstleistungen, Paketdienste, S-Bahnmitarbeiter, Fleischer, Bäcker, Friseure (seit kurzem schon mit Tarifvertrag von 8,50€ ausgerüstet) etc., etc.

Ich bin skeptisch, dass auf dem Niveau von Mindestlöhnen in Höhe von 8,50€ ausreichend Arbeit für Alle gesellschaftlich organisiert werden kann. Gelingt dies aber nicht, bleibt eine Menge an Arbeitslosen übrig. Wer ist dann die Lobby für diese? Und welche gesellschaftliche Teilhabe gestehen wir dieser Gruppe von Menschen langfristig zu?
(...)
Platt gesprochen verknappt also ein Mindestlohn immer die Menge an Arbeitsplätzen - und solange wir nicht ausreichend Arbeitsplätze für alle haben, trennt der Mindestlohn damit scharfkantig die, die zu den Gewinnern, und die, die zu den Verlierern gehören.
Ich halte deshalb mehr von Maßnahmen, die das knappe Gut an Arbeitsplätzen nicht verringern, sondern ausweiten. Steigende Löhne gibt es genau dann, wenn man niemanden mehr findet, der den Job billiger macht. Denn was bleibt jemandem übrig, der eine Aufgabenstellung hat, die er lösen möchte:
Korrekt, ich hatte ja eingangs schon zugeben, dass ein Mindestlohn, der - wie es in Deutschland der Fall ist - über dem niedrigsten, gezahlten Lohn liegt, bis zu einem gewissen Grad Arbeitsplätze vernichten kann, vor allem temporär. Wie man das Ganze abfedern kann (moderate Preissteigerungen oder Bezahlung aus Eigenkapital) hatte ich schon beschrieben. Ökonomisch ist es längst nicht bewiesen, dass ein höherer Lohn notwendigerweise weniger Arbeitsplätze bedeutet. Sollte das so sein muss die rein ökonomische Bilanz dennoch nicht negativ aussehen. Denen die nun nicht mehr vom Amt aufgestockt werden müssen, wird gegebenfalls eine neue Menge Menschen die volles ALG beziehen gegenüberstehen. Ob das ein Nullsummenspiel ist oder mehr kostet, darüber können wir beide nur mutmaßen.

Insbesondere wichtig ist aber die gesellschaftliche Komponente. Zum einen kann und darf es eben nicht sein, dass ehrliche Unternehmer vom Markt konkurriert werden zum anderen muss ein Vollzeitjob zur eigenen Ernährung genügen. Problematisch ist vor allem die Abstandswahrung zwischen ALG und Erwerbstätigkeitsentgelt. Ist diese zu niedrig, gefährdet das den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft, denn schon jetzt macht sich ja diese Einsicht "arbeiten lohnt sich nicht mehr" immer mehr breit. Dem muss dringend entgegengewirkt werden.

Interessant fand ich als du gegenübergestellt hast: Entweder man setzt den Lohn so, dass alle Arbeit haben oder man setzt den Lohn so, dass nicht jeder Arbeit hat, aber derjenige der arbeitet genügend verdient. In letzter Konsequenz bedeutet das, dass zwar alle in Arbeit sind aber niemand seinen Lebensunterhalt vernünftig bestreiten kann. Man kann meiner Meinung nach besser diejenigen die Arbeit haben, ordentlich entlohnen und denjenigen, die eben momentan keine Arbeit haben, eine vernünftige Lebensgrundlage (insbesondere aber Weiterbildungsmöglichkeiten etc.) finanzieren. Vor allem aber wird durch den gestiegenen Abstand von ALG zu Erwerbstätigkeit wieder vermehrt ein Anreiz zum Arbeiten angeboten.
Damit Arbeit sich immer lohnt, darf Einkommen nicht mehr besteuert werden, und auch Sozialabgaben dürfen nicht mehr auf Einkommen erhoben werden. Um Arbeitsplätze zu schaffen, muss diese Forderung auch für den Arbeitgeber gelten.
Die Finanzierung muss also von direkten Steuern und Abgaben umgelegt werden in Richtung indirekter Steuern und Abgaben.
Damit der einzelne frei in seiner Entscheidung bleibt, ob er einen Job beispielsweise für 2€ die Stunde temporär oder dauerhaft annimmt, müssen seine Grundbedürfnisse abgedeckt sein - idealerweise bedingungslos!
Ein menschenwürdiges Auskommen verlangt dann eine konsumfähigkeit auf heutigem Hartz IV Niveau.

All diese Punkte führen weg vom Ansatz des Mindestlohnes, und führen hin zu den Konzepten des Bedingungslosen Grundeinkommens.
Das halte ich für ziemlichen Quatsch. Ein Staat hat nunmal einen bestimmten Bedarf für ein bestimmtes Haushaltsvolumen, ob man da dann außen direkte oder indirekte Steuer draufschreibt, der Betrag muss irgendwie eingetrieben werden. Vor allem eine Diskussion über ein BGE möchte ich hier eigentlich nicht führen; halte auch überhaupt nichts davon.
Ein weiteres Dilemma entsteht bei Mindestlöhnen - das Rentendilemma! Denn man mache sich klar: Es ist gesellschaftlich nicht attraktiv, wenn jemand der ein Leben lang auf Niveau des Mindestlohnes tätig war, nicht deutlich mehr bekommt als der, der ein Leben lang auf Hartz IV war. Nach heutigen Maßstäben reicht ein Mindestlohn von 8,50€ nur aus, um eine Rente zu bekommen, die knapp oberhalb der Sätze liegt, die man mit Hartz IV bekommt. Hier entsteht also eine deutliche Gerechtigkeitslücke!
Die wirkliche Gerechtigkeitslücke wäre erst da, wenn das Rentenniveau unterhalb von HartzIV läge. Aber jetzt argumentierst du ja quasi in die andere Richtung. Grade war dir der Mindestlohn noch zu hoch, da Arbeitsplätze vernichtet würden, jetzt ist er zu niedrig, da das Rentenniveau sinkt.

Ich hatte im ersten Beitrag ja schon angemerkt, dass ein Mindestlohn auch deshalb nötig ist, da ohne nur ein Problem in die Zukunft geschoben wird, nämlich Altersarmut. Aber grade weil man ja nicht möchte, dass Arbeitsplätze verloren gehen, setzt man den Mindestlohn (ich gehe immer von 8,50 aus) ja erstmal vergleichsweise niedrig an. Das kann natürlich nur ein erster Schritt sein.
Zum letzten Absatz: (...)Verlierer sind dann in aller Regel die, die die schwächere Lobby vorweisen
Das würde ich beim Thema Steuerpolitik nicht zwingend sagen. Die "Reichen" haben doch sicherlich eine sehr große Lobby, in Krisenzeiten wird dennoch immer wieder nach Erhöhunge der Spitzensteuersätze gerufen, niemand möchte unten mehr belasten, auch eine Kürzung der Sozialleistungen ist nicht in Sicht.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von 'Infi »

Der Neandertaler » Mo 12. Aug 2013, 09:29 hat geschrieben:Hallo.
Nun sind wir wieder beim Thema!
  • (danke 'Infi und Atue)
Meine Bedenken bezüglich eines Mindestlohnes habe ich ja im vorherigen Beitrag erläutert. Aber grundsätzlich nochmal:
  • ein Mindestlohn, der generell festgesetzt wird und überall gilt, müßte, sollte er positiv wirken, müßte er hoch angesetzt werden. Wird er aber hoch angesetzt, birgt er die Gefahr, daß dadurch Arbeitsplätze vernichtet werden. Arbeitsplätze, die zwar prekär, also unterbezahlt sind, die aber allem Anschein nach unsere Wirtschaft benötigt.
    • ... die unsere Gesellschaft nachfragt.
    Wenn der Mindestlohn so angesetzt wird, daß dadurch keine Arbeitsplätz in Mitleidenschaft gezogen werden sollen, dürfte er nur niedrig bemessen werden - dann würde aber die Wirkung verpuffen.
    • (Ich liebe Symolpolitik! - wäre aber ein gutes Symbol ... vielleicht fällt ja jemand drauf rein - "Wir (Politik) tun was, wir denken an euch!")
Argumentiert wird:
  • gäbe es eine Mindstlohn von ... 8.50€, würde dies soundsoviel Arbeitsplätze schaffen, oder zumindest die, die heute Arbeit haben, hätten dementsprechend mehr.
    • Schön! Freu ich mich - und jeder, der Arbeit hat auch.
Die Frage ist nur:
  • "Hat er diese Arbeitsstelle auch nachher noch? Kann er sich dann auch noch freuen?"
Ich bezweifele beides. Die, die einen Mindestlohn propagieren, begehen meiner Meinung nach einen entscheidenen Fehler, sie nehmen ... sehen den heutigen IST-Zustand und rechnen ihn einfach hoch! Welcher Unternehmer könnte es verkraften, wenn seine Lohnkosten quasi über Nacht steigen, aber die Nachfrage ... der Umsatz letztlich gleich bleibt?
  • ... der Gewinn zuguter Letzt sinkt?
Fazit:
  • entweder oder! Entweder Arbeitsplätze abbauen und von den Übrigen erhöhte Abeitseffektivität verlangen - oder gleich ganz dicht machen!
Zu meiner Zeit gab es noch Arbeitsplätze auch für weniger gut Ausgebildete - die fallen heute nun weg.
  • (die Arbeitsplätze!)
Wir haben zur Zeit 2,32 Mill. Er­werbs­lose (5,5%) - aber 2,914 Mill. Arbeits­lose (6,8%).
  • arbeits­los heißt:
    • garkeine Arbeit - er­werbslos:
      • Arbeit JA!, aber eventuell prekär.
Und das ist das Problem, welches nicht oder kaum berücksichtigt wird:
  • wenn der Mindestlohn kommt, der ja gerade den Arbeitslosen zugute kommen soll ... diese in Arbeit bringen soll, daß unter diesen Er­werbs­losen oder Arbeits­losen ein Großteil derer ist, der unseren heutzutage hochtechnischen Anforderungen am Arbeitsplatz nicht mehr gewachsen ist - sprich: sie sind nicht oder nicht genügend ausgebildet ... haben keine Abschluß, daß diese (nichtqualifizierten) dann arbeitslos würden.
Tut mir leid Atue, aber ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) stünde vor dem gleichen Problem - würde 'zumindest langfristig' größere Probleme schaffen. Auch damit könntest ... würdest Du die Frage der Ausbildung, Weiterbildung, der Überqualifizierung nicht lösen. Eher würdest Du damit ein anderes Problem schaffen. Nämlich dadurch, daß jeder Bürger ein BGE bekommt, sehe ich die Gefahr, daß der potentielle Arbeitgebeber (sich) sagt:
  • weil der Staat ein BGE zahlt, kann ich weniger zahlen.
Das aber wiederum würde nicht nur die individuellen Lohnkosten (Einnahmen) sinken lassen, sondern die Ausgaben für's BGE erhöhen - da die Abgaben (Strom, Gas, etc.) ja steigen.
Danke auch für den detaillierteren Beitrag. Allerdings ist da nichts bei wo ich neu antworten müsste. Also einfach der Verweis auf meine Antwort an Atue. Die Argumente sind ja im Grunde immer ähnlich.
pudding

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von pudding »

Antisozialist » So 11. Aug 2013, 22:43 hat geschrieben:
Den kleinen Zulieferern und den jeweils zugehörigen Arbeitnehmern gefällt das auch gut.
Das ist falsch.
Atue
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Atue »

'Infi » Mo 12. Aug 2013, 17:39 hat geschrieben: Korrekt, ich hatte ja eingangs schon zugeben, dass ein Mindestlohn, der - wie es in Deutschland der Fall ist - über dem niedrigsten, gezahlten Lohn liegt, bis zu einem gewissen Grad Arbeitsplätze vernichten kann, vor allem temporär. Wie man das Ganze abfedern kann (moderate Preissteigerungen oder Bezahlung aus Eigenkapital) hatte ich schon beschrieben. Ökonomisch ist es längst nicht bewiesen, dass ein höherer Lohn notwendigerweise weniger Arbeitsplätze bedeutet. Sollte das so sein muss die rein ökonomische Bilanz dennoch nicht negativ aussehen. Denen die nun nicht mehr vom Amt aufgestockt werden müssen, wird gegebenfalls eine neue Menge Menschen die volles ALG beziehen gegenüberstehen. Ob das ein Nullsummenspiel ist oder mehr kostet, darüber können wir beide nur mutmaßen.

Insbesondere wichtig ist aber die gesellschaftliche Komponente. Zum einen kann und darf es eben nicht sein, dass ehrliche Unternehmer vom Markt konkurriert werden zum anderen muss ein Vollzeitjob zur eigenen Ernährung genügen. Problematisch ist vor allem die Abstandswahrung zwischen ALG und Erwerbstätigkeitsentgelt. Ist diese zu niedrig, gefährdet das den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft, denn schon jetzt macht sich ja diese Einsicht "arbeiten lohnt sich nicht mehr" immer mehr breit. Dem muss dringend entgegengewirkt werden.
Es reicht nicht, wenn ein Vollzeitjob zur eigenen Ernährung genügt. Tatsächlich wäre dann noch immer kein Abstand zu Hartz IV gegeben! Denn auch die Grundsicherung muss zur eigenen Ernährung genügen.
Mit einem Vollzeitjob muss eigentlich ein gewisser Vermögensaufbau möglich sein - sonst ist der Abstand zu Hartz IV zu gering.

Bei 8,50€ ist das prinzipiell möglich. Wenn man bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Trotzdem zeigt sich auch hier die systematische Schwäche - beispielsweise wenn man eine Familie mit 3 Kindern betrachtet, bei der es einen Alleinverdiener auf Mindestlohn gibt - und den in Vergleich setzt zu einer Familie mit 3 Kindern ohne Einkommen, also voll auf Hartz IV.

Das systemische Problem ist, dass wir bei der Betrachtung des Einkommens einmal von einem Familieneinkommen, und einmal vom individuellen Einkommen desjenigen ausgehen, der arbeitet. Und dann wird steuerlich mal so betrachtet, und bei den Sozialleistungen mal anders.
Gerade auch das Bedürftigkeitsprinzip bringt regelmäßig in solche Punkten systemische Unwucht hinein. Ganz gleich wie - immer wird davon ausgegangen, dass der, der arbeitet, weniger Zuschüsse durch den Staat bekommt, als der, der nicht arbeitet. Dies auch deshalb, weil die Idee besteht, dass der, der arbeitet, letzten Endes über seine Wertschöpfung Steuern zahlen kann und soll - und damit auch den mitfinanziert, der eben nicht arbeitet.
Es gelingt nahezu immer, konkrete gesellschaftliche Konstellationen zu benennen und zu auch faktisch zu belegen, bei denen sich das Arbeiten nicht lohnt! An dieser Konstellation ändert auch ein Mindestlohn nicht - jedenfalls nicht ein Mindestlohn bei 8,50€. Um hier wirklich scharf zu trennen, müsste man in andere Bereiche reingehen - also beispielsweise 12€ und mehr - und wie du richtig geschrieben hast, würde dann aber der Spaß aufhören, und der Arbeitsplatzverlust ausreichend häufig real werden, so dass es richtig weh tut.

Wenn man dies ändern möchte, darf man soziale Leistungen nicht mehr vor allem an der persönlichen Lebenssituation ausrichten, sondern muss statt dessen die sozialen Leistungen in der Breite so gestalten, dass sie jeder bekommt.

Ein konkretes Beispiel:
Wenn du Hartz IV bekommst, und du einen Lebenspartner hast, der auch Hartz IV bekommt - und sonst keine Leistungen (ich blende mal Wohnung etc. aus) - dann hast du Anspruch auf jeweils 345€ Regelleistung, der Gesamtanspruch ist 690€.
Wenn nun einer der beiden für 8,50 Euro arbeiten geht (ca. 1377€ Monatsbrutto), verdient der 1096€ Netto, der Hartz IV Anspruch des Partners geht damit auf 0€. Effektiv geht damit der Partner aber nicht für 1096€ Netto arbeiten, sondern lediglich effektiv für 406€ - was einem Nettolohn von 2,50€ entspricht. Aus Sicht der Betroffenen ist nämlich nicht die 8,50 wirklich relevant, sondern das Gesamtbudget was zur Verfügung steht, um Konsum ausüben zu können.

DIES muten wir derzeit auch bei einem Mindestlohn faktisch Menschen zu, die in einer Partnerschaft leben, bei der nur einer arbeiten geht. Die 8,50€ Brutto sind da Augenwischerei!

GLEICHZEITIG aber UNTERSAGEN wir über den Mindestlohn anderen Menschen, dass sie ihre Arbeitskraft für 2,50€ Netto anbieten DÜRFEN.


Nun kann man zurecht sagen, dass diese Problematik keine originäre Fragestellung des Mindestlohnes ist - aber es sollte klar werden, dass der Mindestlohn eben keine konsistente Antwort auf die soziale Problematik von Niedrigeinkommen sein kann, wenn wir nicht deutlich andere Reformen vorantreiben.

Anders sähe es aus, wenn man den Hartz IV Satz für den Partner auch dann zahlen würde, wenn nur einer der beiden in Lohn steht. Dann würden konsequent auch zu den 1096€ Netto noch die 345€ Hartz IV für den Partner hinzukommen. Die Konsumfähigkeit würde dann tatsächlich entsprechend dem Einkommen angemessen zunehmen.

Doch - die Dramatik eines solchen Ansatzes ist natürlich sozialer Sprengstoff - denn wir müssten dann sehr vielen Menschen plötzlich Hartz IV zahlen, beispielsweise auch allen Frauen, die noch immer häufig in Familiensituationen zu Hause bleiben. Der Steuervorteil von Steuerklasse 3 gegenüber Steuerklasse 1 bei einem Paar, bei welchem einer zu Hause bleibt ist nämlich in aller Regel niedriger als der Hartz IV-Satz! DAS sollte man sich klar machen.

Der gesellschaftliche Ansatz heute ist, dass bei Familien mit wenigstens einem Lohnempfänger es Luxus ist, wenn der Partner beispielsweise zur Erziehung der Kinder zu Hause bleibt. Das ist deren Privatvergnügen, und wird gesellschaftlich nicht honoriert. Trennen sich die beiden hingegen, bekommt mittelfristig der eine staatliche Unterstützung, und der andere sein Einkommen mit einer moderat höheren Steuer. FINANZIELL lohnt sich damit die Trennung!


Will man dieses Problem an der Wurzel fassen, müssen wir die SOZIALEN Leistungen anders berechnen. Wenn wir sagen, dass bei unserer Gesellschaft 345€ an die ausgezahlt werden, die nichts mehr haben - weil man mit 345€ ein minimalistisches Leben führen kann, dann müssen wir diese 345€ JEDEM zugute kommen lassen, um den systemischen Fehler zu bereinigen. Die Organisation über den Steuerfreibetrag reicht nicht - weil nicht sichergestellt werden kann, dass in jedem Fall der Steuerfreibetrag größer ist als diese 345€.


Nun bin ich von der Problematik der sozialen Leistungen her gekommen - und man kann zurecht fragen, was dies mit der Mindestlohndebatte zu tun hat.

SEHR VIEL!

Denn: Regelmäßig wird so getan, als müssten wir einen Mindestlohn zahlen, um SOZIALE GERECHTIGKEIT herzustellen. Das aber ist ein Scheinargument! Richtig ist vielmehr, dass wir ZUERST soziale Gerechtigkeit herstellen müssen - und dann sollten wir nochmals draufschauen, ob und wo und wie die Mindestlohndebatte relevant ist.


Die Mindestlohndebatte wird stets so geführt, als ob die niedrigen Löhne ein Problem für die Gesellschaft sind. Tatsächlich sind sie das aber nicht. Ein Problem ist vielmehr, dass die ausreichende Teilhabe an der Gesellschaft für Alle nicht gewährleistet ist. WÄRE sie das, könnte man auch Löhne von 1€ die Stunde locker akzeptieren - denn die Menschen wären frei zu entscheiden, ob sie ihre Konsumfähigkeit für 1€ die Stunde erhöhen wollen, oder auch nicht.

Ich bin sehr dafür, die Freiheit des Einzelnen zu erhöhen!
Interessant fand ich als du gegenübergestellt hast: Entweder man setzt den Lohn so, dass alle Arbeit haben oder man setzt den Lohn so, dass nicht jeder Arbeit hat, aber derjenige der arbeitet genügend verdient. In letzter Konsequenz bedeutet das, dass zwar alle in Arbeit sind aber niemand seinen Lebensunterhalt vernünftig bestreiten kann. Man kann meiner Meinung nach besser diejenigen die Arbeit haben, ordentlich entlohnen und denjenigen, die eben momentan keine Arbeit haben, eine vernünftige Lebensgrundlage (insbesondere aber Weiterbildungsmöglichkeiten etc.) finanzieren. Vor allem aber wird durch den gestiegenen Abstand von ALG zu Erwerbstätigkeit wieder vermehrt ein Anreiz zum Arbeiten angeboten.
Ich habe ja mit Beispielen belegt, dass dies nicht wirklich gelingt. Die Inkonsistente Gesetzgebung bei sozialen Leistungen einerseits und der Besteuerung andererseits führt regelmäßig dazu, dass es zu komischen Schiefstellungen kommt, die rational nicht wirklich akzeptabel sind. Ob es einen Anreiz zum Arbeiten gibt, das hängt auch bei einem Mindestlohn von 8,50€ tatsächlich von der konkreten Lebenssituation ab. Letzen Endes ist auch nicht der Bruttolohn entscheidend - sondern am Ende ist in einer Familie entscheidend, um welchen Nettobetrag sich durch die Aufnahme eines Jobs die Konsumfähigkeit dieser Familie erhöht. Und da sind leider auch bei 8,50€ Brutto regelmäßig 2,50€ Netto Verbesserung der Konsumfähigkeit völlig normal.

Das Dilemma ist mit dem Mindestlohn nicht lösbar! Es ist ein Problem, mit welcher Systematik wir unsere Sozialleistungen bezahlen.
ABER: Umgekehrt gilt: Lösen wir die Problematik bei der Zahlung der sozialen Leistungen, löst sich die scheinbare Problematik der Mindestlöhne eigentlich in Luft auf.

Das halte ich für ziemlichen Quatsch. Ein Staat hat nunmal einen bestimmten Bedarf für ein bestimmtes Haushaltsvolumen, ob man da dann außen direkte oder indirekte Steuer draufschreibt, der Betrag muss irgendwie eingetrieben werden. Vor allem eine Diskussion über ein BGE möchte ich hier eigentlich nicht führen; halte auch überhaupt nichts davon.
Dass du HIER die Diskussion zum BGE nicht führen willst, halte ich für nachvollziehbar - und wir sollten diesen Thread auch nicht dafür missbrauchen. Es geht hier um ein anderes Thema - und prinzipiell kann man die Problematik auch ohne BGE lösen.

Die Problematik der Wirkung von direkten und indirekten Steuern (und Abgaben) sollten wir aber nochmals aufgreifen.
Aus Sicht des Staates macht es keinen relevanten Unterschied, ob Steuern und Abgaben direkt oder indirekt erhoben werden. Man könnte nun annehmen, dass es also volkswirtschaftlich neutral wäre.

Allerdings gibt es auch einen betriebswirtschaftlichen Aspekt - und da gibt es einen fundamentalen Unterschied zwischen direkten und indirekten Steuern. Während die direkten Steuern und Abgaben auf Einkommen die Lohnstückkosten in die Höhe treiben, sind die indirekten Steuern diesem Punkt gegenüber neutral.

Wird also die Produktion in Bielefeld mit der in einer Stadt in Afrika verglichen, dann ist es sehr relevant, ob die Besteuerung innerhalb des Produktionsprozesses (der Wertschöpfungskette) stattfindet, oder an deren Ende.

Nehmen wir mal als Beispiel die IT-Branche. 25€ Stundenlohn sind da durchaus normal. Wobei: Der Arbeitnehmer bekommt davon NETTO regelmäßig nur 14,50€ - der Rest geht drauf für Steuern und Sozialversicherungen. Aus Arbeitgebersicht sieht das noch dramatischer aus - denn da kostet der Arbeitnehmer regelmäßig 28€-30€ und mehr die Stunde.

Möchte der Arbeitgeber also die Arbeitskraft verkaufen, dann muss er 30€ die Stunde verlangen - obwohl aus Arbeitnehmersicht der Betroffene nur weniger als 15€ bekommt.
Macht man das Geschäft im Inland, zahlt also der Kunde diese 30€ plus Gewinnaufschlag - macht man das Geschäft mit einem vergleichbaren Unternehmen im Ausland, kommt man mit 7-10€ plus Gewinnaufschlag aus. Die Ursache sind nicht zuerst die niedrigen Löhne, sondern zuerst die niedrigen Lohnnehbenkosten und Aufschläge für indirekte Steuern und Abgaben.

Offshore Modelle rechnen sich so - obwohl es sich hier um hochqualifizierte Jobs handelt, die auch ausreichend hoch bezüglich des Zielgehaltes im jeweiligen Land bewertet sind.
Wie will man damit umgehen?

Schwenkt man hingegen von direkten auf indirekte Steuern, stellen sich die Szenarien völlig anders dar! LOKAL wären die Preise gleich - Global aber würde sich der Import verteuern, die lokale Produktion hingegen günstiger darstellen.

Oder anders: Durch die Verlagerung der Kosten von direkten Steuern und Abgaben hin zu indirekten Steuern und Abgaben wird die lokale Wirtschaft gestärkt, die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber internationalen Ansätzen nimmt zu.

Die wirkliche Gerechtigkeitslücke wäre erst da, wenn das Rentenniveau unterhalb von HartzIV läge. Aber jetzt argumentierst du ja quasi in die andere Richtung. Grade war dir der Mindestlohn noch zu hoch, da Arbeitsplätze vernichtet würden, jetzt ist er zu niedrig, da das Rentenniveau sinkt.

Ich hatte im ersten Beitrag ja schon angemerkt, dass ein Mindestlohn auch deshalb nötig ist, da ohne nur ein Problem in die Zukunft geschoben wird, nämlich Altersarmut. Aber grade weil man ja nicht möchte, dass Arbeitsplätze verloren gehen, setzt man den Mindestlohn (ich gehe immer von 8,50 aus) ja erstmal vergleichsweise niedrig an. Das kann natürlich nur ein erster Schritt sein.
Dies liegt daran, dass die Gerechtigkeitslücke Systemimmanent ist. Man kann die Forderung nach einem Mindestlohn nicht sinnvoll besprechen, ohne über soziale Fragestellungen ins Gespräch zu kommen. Was auf der einen Seite erstrebenswert erscheint, ist bei einem systemisch unrunden System auf der anderen Seite kontraproduktiv.

Durch die Adressierung eines Mindestlohnes bekommt man das ein oder andere Randthema ein wenig in der Griff - man ändert aber nichts an den grundsätzlichen Schwachpunkten in der Systematik. Wieder spielt man die aus, die in Beschäftigung sind, gegen die, die ohne Beschäftigung sind. DAS ist das PROBLEM der Mindestlohnbefürworter. Es ist ein systemisches Problem und lässt sich ohne weiterführende Änderungen nicht wirklich lösen.


Erst wenn man die Einheit zwischen Entlohnung einerseits und Steuern und Abgaben darauf andererseits ganzheitlich in den Blick nimmt, wird klar, wer durch welche Reformen tatsächlich profitiert oder auch nicht.
pudding

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von pudding »

Den deutschen Arbeitnehmern weiterhin Mindestlöhne zu verweigern bedeutet der Abwärtsspirale der Löhne in Deutschland Vorschub zu gewähren. Die deutsche Arbeitnehmerschaft soll vom Lohnniveau her zu Gunsten eine kleinen vermeintlichen Elite die ihre Habgier über alles stellt, auf das Niveau von Lohnempfängern in bestenfalls Schwellenländern gestellt werden. Ein ständiges Unterbieten von Antrittslöhnen fördert nur eine Ausbreitung einer immer mehr verarmenden Unterschicht, "working poor", wie in den USA, mit allen Nebenwirkungen wie Altersarmut und den Zwang bis ins Hohe Alter arbeiten zu müssen. Die gesellschaftliche Spaltung wird so mit äusserster Vehemenz vorangetrieben. Hoffentlich ist denen die hier mit aller Macht und vorstellbaren und unvorstellbaren Folgen gegen Mindestlöhne plädieren und versuchen zu argumentieren vollkommen bewusst dass sie selber in keiner Weise davon profitieren werden Mindestlöhne weiterhin abzulehnen, das tun andere.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

pudding » Mi 14. Aug 2013, 06:30 hat geschrieben:Den deutschen Arbeitnehmern weiterhin Mindestlöhne zu verweigern bedeutet der Abwärtsspirale der Löhne in Deutschland Vorschub zu gewähren. Die deutsche Arbeitnehmerschaft soll vom Lohnniveau her zu Gunsten eine kleinen vermeintlichen Elite die ihre Habgier über alles stellt, auf das Niveau von Lohnempfängern in bestenfalls Schwellenländern gestellt werden. Ein ständiges Unterbieten von Antrittslöhnen fördert nur eine Ausbreitung einer immer mehr verarmenden Unterschicht, "working poor", wie in den USA, mit allen Nebenwirkungen wie Altersarmut und den Zwang bis ins Hohe Alter arbeiten zu müssen. Die gesellschaftliche Spaltung wird so mit äusserster Vehemenz vorangetrieben. Hoffentlich ist denen die hier mit aller Macht und vorstellbaren und unvorstellbaren Folgen gegen Mindestlöhne plädieren und versuchen zu argumentieren vollkommen bewusst dass sie selber in keiner Weise davon profitieren werden Mindestlöhne weiterhin abzulehnen, das tun andere.
Niedriglöhne kommen dadurch zustande, dass bestimmte Berufe völlig überlaufen sind. Eine gesetzlich verordnete Lohnerhöhung würde aber die Nachfrageseite verkleinern, was ohne zusätzliche Umschulungen und Kleinselbständigkeiten zu mehr Arbeitslosen führte.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von zollagent »

pudding » Mi 14. Aug 2013, 06:30 hat geschrieben:Den deutschen Arbeitnehmern weiterhin Mindestlöhne zu verweigern bedeutet der Abwärtsspirale der Löhne in Deutschland Vorschub zu gewähren. Die deutsche Arbeitnehmerschaft soll vom Lohnniveau her zu Gunsten eine kleinen vermeintlichen Elite die ihre Habgier über alles stellt, auf das Niveau von Lohnempfängern in bestenfalls Schwellenländern gestellt werden. Ein ständiges Unterbieten von Antrittslöhnen fördert nur eine Ausbreitung einer immer mehr verarmenden Unterschicht, "working poor", wie in den USA, mit allen Nebenwirkungen wie Altersarmut und den Zwang bis ins Hohe Alter arbeiten zu müssen. Die gesellschaftliche Spaltung wird so mit äusserster Vehemenz vorangetrieben. Hoffentlich ist denen die hier mit aller Macht und vorstellbaren und unvorstellbaren Folgen gegen Mindestlöhne plädieren und versuchen zu argumentieren vollkommen bewusst dass sie selber in keiner Weise davon profitieren werden Mindestlöhne weiterhin abzulehnen, das tun andere.
Wir haben eine Tarifautonomie, deren Nutzung solche Minimallöhne verhindert. So lange aber die eigenen Möglichkeiten, sprich die Organisation der Arbeitnehmer, nicht genutzt werden, ist das Rufen nach dem "großen Bruder" einfach nur Ausdruck des Versagens. Man sehe sich die Branchen an. Wo gibt es sie denn, diese kleinen Löhne? Doch nur dort, wo zwei Dinge aufeinandertreffen, nämlich ein Überangebot an Arbeitskräften und eine fehlende Organisierung der Beschäftigten.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Atue »

pudding » Mi 14. Aug 2013, 06:30 hat geschrieben:Den deutschen Arbeitnehmern weiterhin Mindestlöhne zu verweigern bedeutet der Abwärtsspirale der Löhne in Deutschland Vorschub zu gewähren. Die deutsche Arbeitnehmerschaft soll vom Lohnniveau her zu Gunsten eine kleinen vermeintlichen Elite die ihre Habgier über alles stellt, auf das Niveau von Lohnempfängern in bestenfalls Schwellenländern gestellt werden. Ein ständiges Unterbieten von Antrittslöhnen fördert nur eine Ausbreitung einer immer mehr verarmenden Unterschicht, "working poor", wie in den USA, mit allen Nebenwirkungen wie Altersarmut und den Zwang bis ins Hohe Alter arbeiten zu müssen. Die gesellschaftliche Spaltung wird so mit äusserster Vehemenz vorangetrieben. Hoffentlich ist denen die hier mit aller Macht und vorstellbaren und unvorstellbaren Folgen gegen Mindestlöhne plädieren und versuchen zu argumentieren vollkommen bewusst dass sie selber in keiner Weise davon profitieren werden Mindestlöhne weiterhin abzulehnen, das tun andere.
In dieser Pauschalität ist das natürlich Quatsch! Du musst mindestens sagen, wie hoch der Mindestlohn ist, den du nicht verweigern willst. Einen Mindestlohn von 1€ bringt uns ganz gewiss nicht weiter.

Ein Mindestlohn von 8,50€ würde die von dir genannte Abwärtsspirale der Löhne wohl in deinem Sinne beschränken - allerdings schreibst du richtig, dass du hier den Arbeitnehmern einen Wohltat tust. Die Mehrzahl der Deutschen ist aber kein Arbeitnehmer, der auf Mindestlohnniveau arbeitet, sondern dieser Gruppe stehen viele andere gesellschaftliche Gruppen gegenüber. Und zwar nicht nur die, denen es Besser geht - sondern auch die, denen es schlechter geht. Dazu zählt beispielsweise die Gruppe der Hartz IV-Empfänger. Deine Wohltat für die Niedriglöhner führt zur weiteren Differnzierung zwischen denen, denen es schlecht geht, und denen, denen es ganz schlecht geht.

Betrachtet man neben dem Brutto-Einkommen mal auch ganz realistisch das Netto-Einkommen, dann stellt sich heraus, dass je nach persönlicher Lebenssituation der eine durch den Mindestlohn nur 2,50€ Konsumfähigkeit gewinnt, der andere hingegen 4,50€. (jeweils gegenüber dem Zustand nicht arbeiten zu gehen und Hartz IV zu bekommen).
Und nun kommt die Krux des schönen Mindestlohns: In anderer Lebenssituation braucht es nur einen Mindestlohn von unter 6€, um die Konsumfähigkeit netto um 2,50€ zu erhöhen. Allerdings nehmen wir denen, die das gerne tun würden, diese Möglichkeit weg - sie DÜRFEN sich nicht mehr durch einen niedrigeren Lohn diese Konsumfähigkeit leisten!

Mindestlöhne sind in diesem Sinne nichts anderes als die Bestrafung derer, die auch bereit wären, für weniger Geld arbeiten zu gehen!

Damit unser Sozialstaat aber bei einem Ansatz ohne Mindestlohn auch ein Sozialstaat bleibt, brauchen wir andere Reformen - beispielsweise die einer allgemeinen Grundsicherung. Die sichert alle ab - und geben den Menschen wieder die Freiheit, selbst entscheiden zu dürfen, ob sie sich durch Arbeit eine höhere Konsumfähigkeit erwerben wollen, oder eben auch nicht.

Mindestlöhne sind insofern eine reine Klientelpolitik - und keine Politik für alle Menschen. Diese Klientelpolitik unterschlägt die Probleme von Menschen, die nicht am Arbeitsmarkt teilnehmen können und ist damit für mich untauglich zur Bewältigung der vorhandenen sozialen Probleme.

Wir brauchen keine Politik, die den Menschen vorschreibt, für welchen Mindestlohn sie arbeiten gehen dürfen - wir brauchen eine Sozialpolitik die sicher stellt, dass ALLE Menschen im Staat eine ausreichende Grundsicherung haben.
pudding

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von pudding »

Atue » Mi 14. Aug 2013, 19:08 hat geschrieben:
In dieser Pauschalität ist das natürlich Quatsch! Du musst mindestens sagen, wie hoch der Mindestlohn ist, den du nicht verweigern willst. Einen Mindestlohn von 1€ bringt uns ganz gewiss nicht weiter.

Ein Mindestlohn von 8,50€ würde die von dir genannte Abwärtsspirale der Löhne wohl in deinem Sinne beschränken - allerdings schreibst du richtig, dass du hier den Arbeitnehmern einen Wohltat tust. Die Mehrzahl der Deutschen ist aber kein Arbeitnehmer, der auf Mindestlohnniveau arbeitet, sondern dieser Gruppe stehen viele andere gesellschaftliche Gruppen gegenüber. Und zwar nicht nur die, denen es Besser geht - sondern auch die, denen es schlechter geht. Dazu zählt beispielsweise die Gruppe der Hartz IV-Empfänger. Deine Wohltat für die Niedriglöhner führt zur weiteren Differnzierung zwischen denen, denen es schlecht geht, und denen, denen es ganz schlecht geht.

Betrachtet man neben dem Brutto-Einkommen mal auch ganz realistisch das Netto-Einkommen, dann stellt sich heraus, dass je nach persönlicher Lebenssituation der eine durch den Mindestlohn nur 2,50€ Konsumfähigkeit gewinnt, der andere hingegen 4,50€. (jeweils gegenüber dem Zustand nicht arbeiten zu gehen und Hartz IV zu bekommen).
Und nun kommt die Krux des schönen Mindestlohns: In anderer Lebenssituation braucht es nur einen Mindestlohn von unter 6€, um die Konsumfähigkeit netto um 2,50€ zu erhöhen. Allerdings nehmen wir denen, die das gerne tun würden, diese Möglichkeit weg - sie DÜRFEN sich nicht mehr durch einen niedrigeren Lohn diese Konsumfähigkeit leisten!

Mindestlöhne sind in diesem Sinne nichts anderes als die Bestrafung derer, die auch bereit wären, für weniger Geld arbeiten zu gehen!

Damit unser Sozialstaat aber bei einem Ansatz ohne Mindestlohn auch ein Sozialstaat bleibt, brauchen wir andere Reformen - beispielsweise die einer allgemeinen Grundsicherung. Die sichert alle ab - und geben den Menschen wieder die Freiheit, selbst entscheiden zu dürfen, ob sie sich durch Arbeit eine höhere Konsumfähigkeit erwerben wollen, oder eben auch nicht.

Mindestlöhne sind insofern eine reine Klientelpolitik - und keine Politik für alle Menschen. Diese Klientelpolitik unterschlägt die Probleme von Menschen, die nicht am Arbeitsmarkt teilnehmen können und ist damit für mich untauglich zur Bewältigung der vorhandenen sozialen Probleme.

Wir brauchen keine Politik, die den Menschen vorschreibt, für welchen Mindestlohn sie arbeiten gehen dürfen - wir brauchen eine Sozialpolitik die sicher stellt, dass ALLE Menschen im Staat eine ausreichende Grundsicherung haben.
Genau das ist deine und die Intention der Mindestlohngegner, es könnte ja jemand da sein der für weniger arbeitet! Menschenverachtender könnte man sein Verhältnis zur Ware Mensch gar nicht kund tun. Die soziale Kluft soll um jeden Preis vergrössert werden.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Angrboda »

pudding » Mi 14. Aug 2013, 20:23 hat geschrieben: Genau das ist deine und die Intention der Mindestlohngegner, es könnte ja jemand da sein der für weniger arbeitet! Menschenverachtender könnte man sein Verhältnis zur Ware Mensch gar nicht kund tun. Die soziale Kluft soll um jeden Preis vergrössert werden.
Nicht unbedingt. Atue tritt ja für ein BGE statt Mindestlohn ein. So falsch ist der Gedanke nicht. Denn wenn sich keiner für 5€/Std verkaufen muss, wird er es auch nicht tun.

Allerdings aber muss man dann gleichzeitig den Riegel vorschieben, billige ausländische Kräfte einzusetzen, sondern nur Personen, die ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland haben. Wohnsitz im Sinne eines eigenen Haushalts, nicht Containerbetten.

Davon ist dieses Land aber weiter entfernt, als die Erde zur Sonne.
We're Humans. Each an individual, but all equal. That moment of realization will be the start of our freedom and evolution.

“The nuclear arms race is like two sworn enemies standing waist deep in gasoline, one with three matches, the other with five.” Carl Sagan
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

Beteigeuze » Mi 14. Aug 2013, 21:13 hat geschrieben:
Nicht unbedingt. Atue tritt ja für ein BGE statt Mindestlohn ein. So falsch ist der Gedanke nicht. Denn wenn sich keiner für 5€/Std verkaufen muss, wird er es auch nicht tun.

Allerdings aber muss man dann gleichzeitig den Riegel vorschieben, billige ausländische Kräfte einzusetzen, sondern nur Personen, die ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland haben. Wohnsitz im Sinne eines eigenen Haushalts, nicht Containerbetten.

Davon ist dieses Land aber weiter entfernt, als die Erde zur Sonne.
Die Arbeitsimmigration aus Osteuropa nach Deutschland kommt erst zum Stillstand, wenn sich die Nettolöhne angeglichen haben. Tolle Idee, einen arbeitsplatzvernichtenden Mindestlohn einführen zu wollen. :p
Pudding: "Sollte ein Sklavenhalter versuchen bei uns in der Ferttigung Werbung für seine Sklavenhaltung zu machen würde er einen Unfall haben."
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Atue »

pudding » Mi 14. Aug 2013, 20:23 hat geschrieben: Genau das ist deine und die Intention der Mindestlohngegner, es könnte ja jemand da sein der für weniger arbeitet! Menschenverachtender könnte man sein Verhältnis zur Ware Mensch gar nicht kund tun. Die soziale Kluft soll um jeden Preis vergrössert werden.

Werter pudding - menschenverachtend finde ich, dass du Menschen zwingen willst, für 2,50€ Netto arbeiten gehen zu müssen, und gleichzeitig anderen verbieten willst, für 4€ Netto arbeiten gehen zu dürfen. Das ist ein menschenverachtender Eingriff in die Freiheit!

Ich will dir mal einen etwas anderen Ansatz dem Mindestlohn gegenüber stellen:
Gib JEDEM Menschen die Grundsicherung - also sagen wir mal 677,50€. Sag dem Arbeitgeber, wenn du jemanden Vollzeit einstellst, dann muss ER DIESE 677,50€ für den Arbeitnehmer zahlen. Die sind dann auch unversteuert - und tauchen als Grundsicherung auf dem Lohnzettel auf.
Als Stundenlohn zahlst du nur noch das aus, was oberhalb der 677,50€ zu zahlen ist - das wird aber ab dem ersten Euro versteuert.

Du solltest dir klar machen, dass genau DIES im Grunde genommen heute schon passiert - 677,50€ ist der monatliche Betrag, den du als Arbeitnehmer steuerfrei bekommst. Es ist der Grundfreibetrag - der nichts anderes ist, als das, was jedem (arbeitenden) Menschen als Einkommen zusteht, auf das der Staat nicht zugreift.

Trotzdem macht es einen großen Unterschied, ob du diesen Betrag auf deinem Lohnzettel als Einkommen siehst, oder ob auf deinem Lohnzettel steht, dass du diesen Grundfreibetrag vom Staat bekommen hast, auch wenn der Arbeitgeber diesen Betrag an den Staat dafür abgeben musste, dass der Staat dich als Arbeitnehmer für den Unternehmer zur Verfügung gestellt hat.

Mach dir mal klar, dass der übliche Hartz IV-Satz inklusive Wohngeld und Sachzuschüsse relativ genau auch bei diesem Betrag liegt.

Mach dir klar, dass heute der Staat für Kinder zwar ein Kindergeld in unterschiedlicher Höhe zahlt - aber tatsächlich die Kombination aus Kindergeld und Grundfreibetrag nichts anderes ist als ein Kindergeld von 364€ - was aber in Deutschland nicht jedes Kind bekommt! Denn wenn die Eltern zu wenig verdienen, bekommt man nur das Kindergeld, aber nicht den steuerlichen Vorteil. Und das ist niedriger.....
Eine Familie mit 3 Kindern auf Basis Hartz IV bekommt, wenn sie in einer Wohnung mit ca. 800€ Mietkosten und 250€ Nebenkosten wohnt, in Summe ca. 1916€ ausgezahlt. Nun rechne mal für die 3 Kinder die 3*364€ ab. Bleiben 1092€. Für die beiden Erwachsenen rechnest du jetzt noch einmal die 677,50€ ab - und dann noch 345€ Hartz IV für die zweite Person. Die Wohnkosten teilen die zwei sich ja. Ganz gleich wie - du kannst beliebig hin und her rechnen - es sind mal 100-200€ mehr, mal weniger - es kommt aber in Summe immer auf ähnliche Beträge. DAS IST KEIN ZUFALL!

Substantiell zahlt heute schon der Staat im Prinzip so etwas wie eine Grundsicherung für alle - allerdings macht der Staat ein unglaubliches Tohuwabohu darum - verlangt viele Formulare, Nachweise, Gänge zum Amt, etc. etc. etc......

Und um das ganze zu verwalten, gibt der Staat nochmals viel Geld aus!

Tatsächlich entsteht bei all diesem Rahmenwerk ein Geflecht an staatlichen Zuschüssen und ineffektiven Bürokratien, was man leicht deutlich radikal ersetzen könnte durch eine staatlich garantierte Grundsicherung - ohne Mehrkosten, ganz im Gegenteil - es wäre billiger!

Allerdings würde ein solcher Zugang auch gnadenlos aufzeigen, an welchen Stellen unser Sozialstaat heute versagt! Wir benachteiligen in unserem Sozialstaat heute gnadenlose folgende Gruppen:

Geringverdiener
Familien mit mehr als einem Kind
Familien, bei denen ein Partner nicht (Vollzeit) arbeiten geht
....



Und: Menschen, die in unterschiedlichsten Varianten Lebenspartnerschaften haben, gleichzeitig aber wenigstens einer dieser Beteiligten auf Hartz IV angewiesen ist.

Von all diesen sozial relativ schwachen Gruppen holt sich derzeit der Staat in der Regel mehr, als von denen, die (finanziell) Leistungsfähig sind.

Der Mindestlohn ändert an diesen sozialen Schiefständen mal genau fast gar nichts! Es wird eine soziale Scheinteilhabe organisiert - die den Interessen der Gewerkschaften und der Zielgruppe der SPD entspricht. Reine Klientelpolitik - keine grundsätzliche Änderung der Sozialpolitik! Eine Gruppe der finanziell Schwachen bekommt ein paar Brosamen - auf niedrigstem Niveau! Alle anderen schauen in die Röhre - zahlen sogar in Teilen drauf.

Und DAS ist DAS, was DU BEFÜRWORTEST.!!! ???

Ich finde das ziemlich unsozial!

Ich finde es auch extrem unsozial, dass der Staat auch bei Normalverdienern typische Familienverhältnisse bei denen ein Partner ganz oder in Teilen seinen Job darin sieht, dass er sich um die Familie kümmert, deutlich und dramatisch benachteiligt. DAS muss geändert werden!

WENN aber diese Dinge geändert sind, dann braucht man keinen Mindestlohn mehr - denn dieser Mindestlohn entstammt der Idee der sozialen Abfederung der Zwangsarbeit. JEDER soll arbeiten gehen - aber dann gönnen wir ihm mal großzügig BRUTTO auch so was wie den Mindestlohn. DIESE Idee finde ich befremdlich! Ich lehne Zwangsarbeit generell ab! Ich finde Zwangsarbeit ist menschenverachtend!

Die meisten Befürworter von Mindestlöhnen sind sich gar nicht bewußt, dass sie noch immer implizit den Gedanken in sich tragen, dass ALLE ARBEITEN MÜSSEN! Man trennt Arbeitslose (die sind ja gar keine richtigen Menschen, weil die nicht arbeiten.....) von denen, die Arbeit haben (die müssen anständig entlohnt werden, damit man sie von den "Faulen" auch unterscheiden kann.....) und vergisst die gesellschaftlichen Zusammenhänge, die zu Arbeitslosigkeit führen. Man hängt platt gesprochen einem Bild vom Menschen und von der Arbeit nach, was ziemlich alt ist, antiquiert, was in die Irre führt, und der heutigen Realität nicht mehr gerecht wird.

Und dann versucht man, den Mindestlohn als DIE SOZIALE ERRUNGENSCHAFT schlechthin darzustellen!

Das ist er aber mitnichten! Menschenverachtend - das gilt weit mehr für den Mindestlohn, als für die weitaus bessere und vernünftigere Alternative - ein Grundeinkommen.

Wenn du mich in die Ecke derer schieben willst, die allein dafür unterwegs sind, von Unten nach Oben umzuverteilen, bist du auf dem falschen Dampfer! Aber nur weil du sozialpolitisch in den 80ern feststeckst, und die klassischen SPD- und Gewerkschaftsparolen runterbetest, wird Falsches ja nicht richtig!

Gerade weil das Bundesverfassungsgericht in vielen vielen Urteilen wieder und wieder festgestellt hat, dass jedem Menschen eine sichere Existenz zusteht - gerade deshalb haben wir heute schon faktisch eine Art Grundeinkommen für alle - allerdings total widersprüchlich organisiert, aufwendig organisiert, in vielen Details unterschiedlich organisiert - wir brauchen viel Bürokratie, und werden vielen konkreten gesellschaftlichen Anforderungen in keiner Weise gerecht!

WEG DAMIT!

Was dann bleibt, ist ein Grundeinkommen für alle! Stand heute schon könnten wir ein Grundeinkommen für alle in Höhe von 677,50€ (Erwachsene) und 364€ für Kinder rechtfertigen. Nimmt man Beträge für die Krankenversicherung und die Pflegeversicherung in diese Beträge mit rein, erhöht sich dies um weitere 100-150€. Würde man den Besuch von Kindergärten, Schulen und Universitäten mit passenden Gebühren belegen, könnte man auch gleich ein einheitliches Grundeinkommen von ca. 800€ rechtfertigen! Und müsste noch nicht mal all zu viel gegenfinanzieren - nur die Regeln im Staat mal einheitlich gestalten, und nicht immer wieder an allen Ecken und Enden über viele Trickserei mal die eine mal die andere gesellschaftliche Gruppe bevorteilen.

Statt Klientelpolitik, wie du sie forderst, wären wir damit bei einem gesellschaftlichen Ansatz, der die Frage der gesellschaftlichen Teilhabe auch grundsätzlich klärt. Und zwar durchaus ohne größere Widersprüche - denn solche sind im Konzept des Mindestlohnes eine ganze Menge enthalten.

Entsprechende Konzepte liegen auf dem Tisch, wurden auch schon durchgerechnet - sind bezahlbar und finanzierbar, ohne dass die Gesellschaft zusammenbricht. DAS ist Sozialpolitik!

WENN ich aber genau eine solche Gesellschaft habe, brauche ich dann noch Mindestlöhne?

Wozu?

Wenn man aus dem normalen Gehalt die soziale Mindestabsicherung herausrechnet, reduziert sich das normale Gehalt um ca. 5€. Reden wir über das üblich genannte Mindestlohnniveau von 8,50€ - dann reden wir eigentlich darüber, dass wir festlegen wollen, dass bei einer Beschäftigung über die Mindestabsicherung hinaus noch 3,50€ gezahlt werden. DIE aber werden auch noch versteuert - so dass 20% davon für den Arbeitnehmer nicht sichtbar bleiben. So verbleiben 2,50€ die wir tatsächlich ungefähr garantieren wollen....

Und hier sag ich: Leute, lasst die Kirche im Dorf! WENN jemand für diese 2,50€ NETTO mehr bereit ist, arbeiten zu gehen - dann lasst ihn. Wenn sich jemand findet, der für 75 Cent das machen will - lasst ihn. NIEMAND wird gezwungen, jeder darf frei entscheiden, ob er bereit ist für maximal 2,50€ je Stunde Konsumzuwachs arbeiten zu gehen. Ich muss das nicht staatlich regeln!


Im direkten Vergleich finde ich, dass DEINE Mindestlohnansätze relativ wenig auf die wirklichen Bedürfnisse der Menschen eingehen - nur Minderheiten adressieren, und dann noch in der konkreten Ausprägung unsozial gegenüber gerade gesellschaftlich schwachen Menschen sind! DAS halte ICH für menschenverachtend - deshalb bin ich auch dann nicht bereit, mich als Befürworter eines Mindestlohnes zu outen, wenn wenn ich damit einer kleinen Minderheit mal ein wenig helfen könnte. Ich würde jedem den Mindestlohn gönnen - aber unsere sozialen Probleme werden damit nicht gelöst, sondern verschärfen sich im Gegenteil.

Nun darfst du dich gerne weiter für den Spaltpilz Mindesteinkommen einsetzen - und dafür sorgen, dass eine kleine Minderheit der sozial schwächeren für richtig harte Arbeit ein paar Brosamen hingeworfen bekommt, die dann noch begleitet werden von Gesetzen, die davon ausgehen, dass jeder ARBEITEN MUSS!

Ich sage dir jetzt schon voraus - wenn das Mindesteinkommen kommt (und davon gehe ich inzwischen aus) löst sich genau gar nichts unserer sozialen Probleme - auch nicht die Problematik der Rentenpolitik und vieler weiterer Problemfelder. Statt einer Lösung aus einem Guß, die alle (zumindest mal die meisten) sozial Benachteiligten ausreichend und vernünftig adressiert, erreichst du mit der Lösung des Mindestlohnes nur, dass die notwendige Debatte zur Reform unseres Sozialstaates auf Jahre verzögert wird.

Mindestlöhne sind kein sozialer Fortschritt - sondern im Gegenteil die Zementierung sozialer Widersprüchlichkeiten, die Verdrängung der Problemursachen aus dem Bewußtsein - und damit in Gänze ein gescheiterter soziale Ansatz.

Vielleicht könnte es dich nachdenklich machen, dass inzwischen auch in Teilen der CDU/CSU massiv über Mindestlöhne nachgedacht wird.....sie werden kommen. Aber um welchen Preis! Man wird damit genau die Menschen mit Ansichten wie du sie vertrittst ködern - und ihr werdet anbeißen. Und dann - wurde wirklich was für sozial Schwächere erreicht?

Nein! Wenn man die Mindestlöhne nicht wenigstens jährlich um die IN DIESER GRUPPE relevante Inflationsrate bereinigt, wird der Mindestlohn ein gutes Argument liefern, dass man ausreichend viel für die passende Klientel scheinbar tut......

Du willst Menschen helfen - und forderst einen Mindestlohn.

Du verstehst offensichtlich aber die gesellschaftlichen Zusammenhänge zu wenig - denn sonst wäre dir klar, dass du mit dieser Forderung, der man bald entsprechen wird, genau gar nichts erreichst, sondern im Gegenteil nur die Ungerechtigkeiten zementierst, die heute im gesetzlichen Gesamtregelwerk enthalten sind.

Mach dir klar, dass ich dich argumentativ in den nächsten Jahren immer wieder auf diesen Zusammenhang hinweisen werde - und geh mal locker davon aus, dass dein Mindestlohn kommt, und gleichzeitig meine Kritik daran genau so eintritt!

Viel Spaß!
pudding

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von pudding »

Atue » Do 15. Aug 2013, 00:23 hat geschrieben:

Werter pudding - menschenverachtend finde ich, dass du Menschen zwingen willst, für 2,50€ Netto arbeiten gehen zu müssen, und gleichzeitig anderen verbieten willst, für 4€ Netto arbeiten gehen zu dürfen. Das ist ein menschenverachtender Eingriff in die Freiheit!

Ich will dir mal einen etwas anderen Ansatz dem Mindestlohn gegenüber stellen:
Gib JEDEM Menschen die Grundsicherung - also sagen wir mal 677,50€. Sag dem Arbeitgeber, wenn du jemanden Vollzeit einstellst, dann muss ER DIESE 677,50€ für den Arbeitnehmer zahlen. Die sind dann auch unversteuert - und tauchen als Grundsicherung auf dem Lohnzettel auf.
Als Stundenlohn zahlst du nur noch das aus, was oberhalb der 677,50€ zu zahlen ist - das wird aber ab dem ersten Euro versteuert.

Du solltest dir klar machen, dass genau DIES im Grunde genommen heute schon passiert - 677,50€ ist der monatliche Betrag, den du als Arbeitnehmer steuerfrei bekommst. Es ist der Grundfreibetrag - der nichts anderes ist, als das, was jedem (arbeitenden) Menschen als Einkommen zusteht, auf das der Staat nicht zugreift.

Trotzdem macht es einen großen Unterschied, ob du diesen Betrag auf deinem Lohnzettel als Einkommen siehst, oder ob auf deinem Lohnzettel steht, dass du diesen Grundfreibetrag vom Staat bekommen hast, auch wenn der Arbeitgeber diesen Betrag an den Staat dafür abgeben musste, dass der Staat dich als Arbeitnehmer für den Unternehmer zur Verfügung gestellt hat.

Mach dir mal klar, dass der übliche Hartz IV-Satz inklusive Wohngeld und Sachzuschüsse relativ genau auch bei diesem Betrag liegt.

Mach dir klar, dass heute der Staat für Kinder zwar ein Kindergeld in unterschiedlicher Höhe zahlt - aber tatsächlich die Kombination aus Kindergeld und Grundfreibetrag nichts anderes ist als ein Kindergeld von 364€ - was aber in Deutschland nicht jedes Kind bekommt! Denn wenn die Eltern zu wenig verdienen, bekommt man nur das Kindergeld, aber nicht den steuerlichen Vorteil. Und das ist niedriger.....
Eine Familie mit 3 Kindern auf Basis Hartz IV bekommt, wenn sie in einer Wohnung mit ca. 800€ Mietkosten und 250€ Nebenkosten wohnt, in Summe ca. 1916€ ausgezahlt. Nun rechne mal für die 3 Kinder die 3*364€ ab. Bleiben 1092€. Für die beiden Erwachsenen rechnest du jetzt noch einmal die 677,50€ ab - und dann noch 345€ Hartz IV für die zweite Person. Die Wohnkosten teilen die zwei sich ja. Ganz gleich wie - du kannst beliebig hin und her rechnen - es sind mal 100-200€ mehr, mal weniger - es kommt aber in Summe immer auf ähnliche Beträge. DAS IST KEIN ZUFALL!

Substantiell zahlt heute schon der Staat im Prinzip so etwas wie eine Grundsicherung für alle - allerdings macht der Staat ein unglaubliches Tohuwabohu darum - verlangt viele Formulare, Nachweise, Gänge zum Amt, etc. etc. etc......

Und um das ganze zu verwalten, gibt der Staat nochmals viel Geld aus!

Tatsächlich entsteht bei all diesem Rahmenwerk ein Geflecht an staatlichen Zuschüssen und ineffektiven Bürokratien, was man leicht deutlich radikal ersetzen könnte durch eine staatlich garantierte Grundsicherung - ohne Mehrkosten, ganz im Gegenteil - es wäre billiger!

Allerdings würde ein solcher Zugang auch gnadenlos aufzeigen, an welchen Stellen unser Sozialstaat heute versagt! Wir benachteiligen in unserem Sozialstaat heute gnadenlose folgende Gruppen:

Geringverdiener
Familien mit mehr als einem Kind
Familien, bei denen ein Partner nicht (Vollzeit) arbeiten geht
....



Und: Menschen, die in unterschiedlichsten Varianten Lebenspartnerschaften haben, gleichzeitig aber wenigstens einer dieser Beteiligten auf Hartz IV angewiesen ist.

Von all diesen sozial relativ schwachen Gruppen holt sich derzeit der Staat in der Regel mehr, als von denen, die (finanziell) Leistungsfähig sind.

Der Mindestlohn ändert an diesen sozialen Schiefständen mal genau fast gar nichts! Es wird eine soziale Scheinteilhabe organisiert - die den Interessen der Gewerkschaften und der Zielgruppe der SPD entspricht. Reine Klientelpolitik - keine grundsätzliche Änderung der Sozialpolitik! Eine Gruppe der finanziell Schwachen bekommt ein paar Brosamen - auf niedrigstem Niveau! Alle anderen schauen in die Röhre - zahlen sogar in Teilen drauf.

Und DAS ist DAS, was DU BEFÜRWORTEST.!!! ???

Ich finde das ziemlich unsozial!

Ich finde es auch extrem unsozial, dass der Staat auch bei Normalverdienern typische Familienverhältnisse bei denen ein Partner ganz oder in Teilen seinen Job darin sieht, dass er sich um die Familie kümmert, deutlich und dramatisch benachteiligt. DAS muss geändert werden!

WENN aber diese Dinge geändert sind, dann braucht man keinen Mindestlohn mehr - denn dieser Mindestlohn entstammt der Idee der sozialen Abfederung der Zwangsarbeit. JEDER soll arbeiten gehen - aber dann gönnen wir ihm mal großzügig BRUTTO auch so was wie den Mindestlohn. DIESE Idee finde ich befremdlich! Ich lehne Zwangsarbeit generell ab! Ich finde Zwangsarbeit ist menschenverachtend!

Die meisten Befürworter von Mindestlöhnen sind sich gar nicht bewußt, dass sie noch immer implizit den Gedanken in sich tragen, dass ALLE ARBEITEN MÜSSEN! Man trennt Arbeitslose (die sind ja gar keine richtigen Menschen, weil die nicht arbeiten.....) von denen, die Arbeit haben (die müssen anständig entlohnt werden, damit man sie von den "Faulen" auch unterscheiden kann.....) und vergisst die gesellschaftlichen Zusammenhänge, die zu Arbeitslosigkeit führen. Man hängt platt gesprochen einem Bild vom Menschen und von der Arbeit nach, was ziemlich alt ist, antiquiert, was in die Irre führt, und der heutigen Realität nicht mehr gerecht wird.

Und dann versucht man, den Mindestlohn als DIE SOZIALE ERRUNGENSCHAFT schlechthin darzustellen!

Das ist er aber mitnichten! Menschenverachtend - das gilt weit mehr für den Mindestlohn, als für die weitaus bessere und vernünftigere Alternative - ein Grundeinkommen.

Wenn du mich in die Ecke derer schieben willst, die allein dafür unterwegs sind, von Unten nach Oben umzuverteilen, bist du auf dem falschen Dampfer! Aber nur weil du sozialpolitisch in den 80ern feststeckst, und die klassischen SPD- und Gewerkschaftsparolen runterbetest, wird Falsches ja nicht richtig!

Gerade weil das Bundesverfassungsgericht in vielen vielen Urteilen wieder und wieder festgestellt hat, dass jedem Menschen eine sichere Existenz zusteht - gerade deshalb haben wir heute schon faktisch eine Art Grundeinkommen für alle - allerdings total widersprüchlich organisiert, aufwendig organisiert, in vielen Details unterschiedlich organisiert - wir brauchen viel Bürokratie, und werden vielen konkreten gesellschaftlichen Anforderungen in keiner Weise gerecht!

WEG DAMIT!

Was dann bleibt, ist ein Grundeinkommen für alle! Stand heute schon könnten wir ein Grundeinkommen für alle in Höhe von 677,50€ (Erwachsene) und 364€ für Kinder rechtfertigen. Nimmt man Beträge für die Krankenversicherung und die Pflegeversicherung in diese Beträge mit rein, erhöht sich dies um weitere 100-150€. Würde man den Besuch von Kindergärten, Schulen und Universitäten mit passenden Gebühren belegen, könnte man auch gleich ein einheitliches Grundeinkommen von ca. 800€ rechtfertigen! Und müsste noch nicht mal all zu viel gegenfinanzieren - nur die Regeln im Staat mal einheitlich gestalten, und nicht immer wieder an allen Ecken und Enden über viele Trickserei mal die eine mal die andere gesellschaftliche Gruppe bevorteilen.

Statt Klientelpolitik, wie du sie forderst, wären wir damit bei einem gesellschaftlichen Ansatz, der die Frage der gesellschaftlichen Teilhabe auch grundsätzlich klärt. Und zwar durchaus ohne größere Widersprüche - denn solche sind im Konzept des Mindestlohnes eine ganze Menge enthalten.

Entsprechende Konzepte liegen auf dem Tisch, wurden auch schon durchgerechnet - sind bezahlbar und finanzierbar, ohne dass die Gesellschaft zusammenbricht. DAS ist Sozialpolitik!

WENN ich aber genau eine solche Gesellschaft habe, brauche ich dann noch Mindestlöhne?

Wozu?

Wenn man aus dem normalen Gehalt die soziale Mindestabsicherung herausrechnet, reduziert sich das normale Gehalt um ca. 5€. Reden wir über das üblich genannte Mindestlohnniveau von 8,50€ - dann reden wir eigentlich darüber, dass wir festlegen wollen, dass bei einer Beschäftigung über die Mindestabsicherung hinaus noch 3,50€ gezahlt werden. DIE aber werden auch noch versteuert - so dass 20% davon für den Arbeitnehmer nicht sichtbar bleiben. So verbleiben 2,50€ die wir tatsächlich ungefähr garantieren wollen....

Und hier sag ich: Leute, lasst die Kirche im Dorf! WENN jemand für diese 2,50€ NETTO mehr bereit ist, arbeiten zu gehen - dann lasst ihn. Wenn sich jemand findet, der für 75 Cent das machen will - lasst ihn. NIEMAND wird gezwungen, jeder darf frei entscheiden, ob er bereit ist für maximal 2,50€ je Stunde Konsumzuwachs arbeiten zu gehen. Ich muss das nicht staatlich regeln!


Im direkten Vergleich finde ich, dass DEINE Mindestlohnansätze relativ wenig auf die wirklichen Bedürfnisse der Menschen eingehen - nur Minderheiten adressieren, und dann noch in der konkreten Ausprägung unsozial gegenüber gerade gesellschaftlich schwachen Menschen sind! DAS halte ICH für menschenverachtend - deshalb bin ich auch dann nicht bereit, mich als Befürworter eines Mindestlohnes zu outen, wenn wenn ich damit einer kleinen Minderheit mal ein wenig helfen könnte. Ich würde jedem den Mindestlohn gönnen - aber unsere sozialen Probleme werden damit nicht gelöst, sondern verschärfen sich im Gegenteil.

Nun darfst du dich gerne weiter für den Spaltpilz Mindesteinkommen einsetzen - und dafür sorgen, dass eine kleine Minderheit der sozial schwächeren für richtig harte Arbeit ein paar Brosamen hingeworfen bekommt, die dann noch begleitet werden von Gesetzen, die davon ausgehen, dass jeder ARBEITEN MUSS!

Ich sage dir jetzt schon voraus - wenn das Mindesteinkommen kommt (und davon gehe ich inzwischen aus) löst sich genau gar nichts unserer sozialen Probleme - auch nicht die Problematik der Rentenpolitik und vieler weiterer Problemfelder. Statt einer Lösung aus einem Guß, die alle (zumindest mal die meisten) sozial Benachteiligten ausreichend und vernünftig adressiert, erreichst du mit der Lösung des Mindestlohnes nur, dass die notwendige Debatte zur Reform unseres Sozialstaates auf Jahre verzögert wird.

Mindestlöhne sind kein sozialer Fortschritt - sondern im Gegenteil die Zementierung sozialer Widersprüchlichkeiten, die Verdrängung der Problemursachen aus dem Bewußtsein - und damit in Gänze ein gescheiterter soziale Ansatz.

Vielleicht könnte es dich nachdenklich machen, dass inzwischen auch in Teilen der CDU/CSU massiv über Mindestlöhne nachgedacht wird.....sie werden kommen. Aber um welchen Preis! Man wird damit genau die Menschen mit Ansichten wie du sie vertrittst ködern - und ihr werdet anbeißen. Und dann - wurde wirklich was für sozial Schwächere erreicht?

Nein! Wenn man die Mindestlöhne nicht wenigstens jährlich um die IN DIESER GRUPPE relevante Inflationsrate bereinigt, wird der Mindestlohn ein gutes Argument liefern, dass man ausreichend viel für die passende Klientel scheinbar tut......

Du willst Menschen helfen - und forderst einen Mindestlohn.

Du verstehst offensichtlich aber die gesellschaftlichen Zusammenhänge zu wenig - denn sonst wäre dir klar, dass du mit dieser Forderung, der man bald entsprechen wird, genau gar nichts erreichst, sondern im Gegenteil nur die Ungerechtigkeiten zementierst, die heute im gesetzlichen Gesamtregelwerk enthalten sind.

Mach dir klar, dass ich dich argumentativ in den nächsten Jahren immer wieder auf diesen Zusammenhang hinweisen werde - und geh mal locker davon aus, dass dein Mindestlohn kommt, und gleichzeitig meine Kritik daran genau so eintritt!

Viel Spaß!
Du kannst deine Bedenken gegen einen Mindestlohn gerne wieder vorbringen wenn es die vorgeschlagene Grundsicherung gibt. So far.
Mir genügt es zu wissen dass ein Mindestlohn gut für die Arbeiter ist so lange dir FDP dagegen ist. :)
Zuletzt geändert von pudding am Donnerstag 15. August 2013, 09:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von ryu1850 »

Antisozialist » Mi 14. Aug 2013, 21:29 hat geschrieben:
Die Arbeitsimmigration aus Osteuropa nach Deutschland kommt erst zum Stillstand, wenn sich die Nettolöhne angeglichen haben. Tolle Idee, einen arbeitsplatzvernichtenden Mindestlohn einführen zu wollen. :p
Der Mindestlohn vernichtet nur Arbeitsplätze von denen man eh nicht leben kann.
Ein Geschäftsmodell das darauf aufbaut nur 4€ Stundenlohn an die Angestellten zu zahlen sollte auch vernichtet werden.
Wenn jemand keine 8.50€ an seine Angestellten zahlen kann war sein Geschäftsmodell einfach schlecht.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von zollagent »

ryu1850 » Do 15. Aug 2013, 14:26 hat geschrieben:
Der Mindestlohn vernichtet nur Arbeitsplätze von denen man eh nicht leben kann.
Ein Geschäftsmodell das darauf aufbaut nur 4€ Stundenlohn an die Angestellten zu zahlen sollte auch vernichtet werden.
Wenn jemand keine 8.50€ an seine Angestellten zahlen kann war sein Geschäftsmodell einfach schlecht.
Tatsächlich? Arbeitslohn korreliert immer mit dem Wert, der geschaffen wird. Hilfskräfte und Zureicher schaffen nicht viel wert. Wenn du Bezahlung nach Bedarf willst, beantrage Sozialhilfe.
Wer an Absurditäten glaubt, wird Abscheulichkeiten begehen. (Voltaire)
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von ryu1850 »

zollagent » Do 15. Aug 2013, 13:31 hat geschrieben: Tatsächlich? Arbeitslohn korreliert immer mit dem Wert, der geschaffen wird. Hilfskräfte und Zureicher schaffen nicht viel wert. Wenn du Bezahlung nach Bedarf willst, beantrage Sozialhilfe.
Eine Stunde Arbeit eines Menschen schafft mindestens einen Mehrwert von 8.50€, bzw der Arbeit eines Menschen wird der Wert von mindestens 8,50€ zugeschrieben.

Wer sein Geschäft nur mit Niedriglöhnen über Wasser halten kann, und seinen Angestellten nicht vernünftig Entlohnen kann der sollte auch zugunsten eines anderen Geschäftsmodells untergehen.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von 'Infi »

zollagent » Do 15. Aug 2013, 14:31 hat geschrieben: Tatsächlich? Arbeitslohn korreliert immer mit dem Wert, der geschaffen wird. Hilfskräfte und Zureicher schaffen nicht viel wert. Wenn du Bezahlung nach Bedarf willst, beantrage Sozialhilfe.
Richtig, aber ganz so einfach ist das auch wieder nicht. Wie wird denn der Wert einer geschaffenen Ware bewertet aus der sich dann unter anderem auch der Lohn ergibt? Und wenn ein Wettbieten im Bezug auf Preistreiberei (nach unten) stattfindet, dann müssen eben die Lohnkosten des Betriebes gesenkt werden. Und eben das führt dann zu solchen Niedriglöhnen.
pudding

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von pudding »

'Infi » Do 15. Aug 2013, 14:46 hat geschrieben: Richtig, aber ganz so einfach ist das auch wieder nicht. Wie wird denn der Wert einer geschaffenen Ware bewertet aus der sich dann unter anderem auch der Lohn ergibt? Und wenn ein Wettbieten im Bezug auf Preistreiberei (nach unten) stattfindet, dann müssen eben die Lohnkosten des Betriebes gesenkt werden. Und eben das führt dann zu solchen Niedriglöhnen.
Richtig, passt allerdings nicht ins Bild mancher Foristen. Die suchen die Ursachen für den Wert einer Arbeit lieber bei denen die diese vollbringen.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo.
Meine Tochter arbeitete seinerzeit bei der hiesigen Zeitung - diese gehört zum WAZ-Konzern, heute FUNKE-MEDIEN. Die WAZ-Gruppe versuchte zusammen mit Bertelsmann und noch einigen anderen Partnern der Gelben Post einige Marktanteile abzuknöpfen, sprich:
  • als successive das Post-Monopol auf die Briefbeförderung bröckelte, machten diese eine eigene Briefbeförderungsmaschinerie auf: PIN-MAIL - ähnlich heute: TNT.
Die Briefe wurden gemeinsam mit der Morgenzeitung verteilt, gleichzeitig wurden aber, für Bezirke, die nicht zufuß erreichbar waren, weil die Kunden recht abseits des Weges lagen, oder weil etwa die Zeitung durch die Post verteilt wurde, wurden Fahrrad-Depotsaufgebaut. Ich hatte mal das Vergnügen mit einigen dieser Damenbelegschaft zu sprechen.
  • (ich unterhalte mich gerne mit Damen, sie sind weniger aufschneiderisch ... zum Teil ehrlicher)
Sie erzählten mir, daß sie durchschnittlich und hochgerechnet etwa knapp 8,50€ pro Stunde bekämen.
  • (wenn man die Touren anschaut, die sie mit dem Fahrrad zurücklegen (müssen), ist dies verständlich)
Sie ließen aber auch durchblicken (Einige äußerten dies ganz offen), daß sie lieber für diesen mikrigen Lohn arbeiten würden, nicht, weil etwa der Ehremann schon verdient , wie man durchaus vermuten kann (dies also lediglich gut verdientes Taschengeld wäre - mehr nicht ... wie soll man sonst die Tageszeit totschlagen? Einige waren Single oder auch alleinerziehend), sondern, diese Arbeit ist, so schlecht sie auch entlohnt wird, es ist besser, als zuhause rumzuhängen und nichts tun zu dürfen.
Aus deren Sicht war natürlich der dann erfolgte Mindestlohn von 9,80€ (der ja die Post mit der jeweiligen Gewerkschaft ausgehandelt hat), war dieser Mindestlohn selbstverständlich eine Wohltat. Daraufhin wurde den Leuten dieser Mindestlohn gezahlt. Man beklagte das Zustandekommen dieses Lohnes, be- und verklagte ... gerichtlich, und mußte doch schließendlich diesen Bertrieb einstellen.
Zuspät! Also waren es für die, die vorher schlecht bezahlt wurden - aber Arbeit hatten, für die war es nur eine kurze Wohltat. Ein Mindestlohn - eine Frechheit aus deren Sicht.

Daraus, aus dieser wohl uninteressanten Schilderung, ergeben sich nun mehre Aspekte.
Erstens scheint es in der Tat Firmen zugeben, die sich lediglich dadurch am Markt behaupten können, die nur dadurch konkurrenzfähig sind, weil sie Personalkosten sparen, weil sie ihre Angestellte prekär bezahlen. Daß etwa "ein Geschäftsmodell das darauf aufbaut nur 4€ Stundenlohn an die Angestellten zu zahlen sollte auch vernichtet werden"
  • ... kann man durchaus so sehen, sehe ich auch so.
  • "der Mindestlohn vernichtet nur Arbeitsplätze von denen man eh nicht leben kann."
    • (beides: ryu1850)
    ... vollkommen richtig, aber ich erinnere an obige Aussagen der Mitarbeiter, wonach es immer noch besser sei, als Nichtstun. Der heutige Mensch definiert sich nunmal über Arbeit - er möchte etwas tun.
    • ... er möchte gefragt sein.
Allerdings kann man eine Forderung nach einem Mindestlohn trotzdem gut nachvollziehen. Die Frage ist aber, ob - wie in diesem Fall - dies Forderung letzlich den Leuten hilft? Oder - um bei diesem Beispiel zu bleiben, ob eine Forderung und eine nachfolgende Einigung der Tarifpartner, ob damit lediglich lästige Konkurrenz vom Halse - sprich: Markt - ferngehalten werden soll?
Es zeigt aber auch, daß es immerrhin Leute gibt, denen eine schlecht bezahlte Arbeit lieber ist, als garkeine.

Aber von einem "Lohnniveau her zu Gunsten eine kleinen vermeintlichen Elite" und einer über alles gestellten Habgier, gar von "Menschenverachtung" (beides: Pudding) zu reden, nur weil man dies berücksichtigt und einen Mindestlohn ablehnt, halte ich wiederum für menschenverachtend.
Pudding, dies, was Du hier schilderst - Niveau von Lohnempfängern in bestenfalls Schwellenländern ... "working poor" - sind besten Fall Tatsachen, aber keine Argumente, die dazu angetan sind, für eine Einführung eines Mindestlohnes zu sprechen. Denn wenn Du angeblich das Wohl der Menschen im Auge hast, müßtest Du zumindest deren Wünsche berücksichtigen. Aber nicht nur derer, die Arbeit wollen - egal zu welchgem Preis. Sondern auch das Wohl der Gesellschaft dürfte Dir nicht vollkommen egal sein.
Pudding hat geschrieben:Hoffentlich ist denen die hier mit aller Macht und vorstellbaren und unvorstellbaren Folgen gegen Mindestlöhne plädieren und versuchen zu argumentieren vollkommen bewusst dass sie selber in keiner Weise davon profitieren werden Mindestlöhne weiterhin abzulehnen, das tun andere.
Lieber Pudding, profitieren tun wir alle, jeden Tag. Preise fallen auch aufgrund dieses prekären Konkurrenzverhaltens. So zynisch sich das anhört:
  • Wir benötigen Armut, damit wir gut leben können. Dumm ist nur, wenn diese Armut sichtbart wird ... wenn sie hierzulande sichtbar wird, weil sie auch oder gerade hierzulande vorkommt.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

'Infi » Do 15. Aug 2013, 14:46 hat geschrieben: Richtig, aber ganz so einfach ist das auch wieder nicht. Wie wird denn der Wert einer geschaffenen Ware bewertet aus der sich dann unter anderem auch der Lohn ergibt? Und wenn ein Wettbieten im Bezug auf Preistreiberei (nach unten) stattfindet, dann müssen eben die Lohnkosten des Betriebes gesenkt werden. Und eben das führt dann zu solchen Niedriglöhnen.
Die Unternehmen gehen doch nur dann in Preiswettbewerb zueinander und senken gleichzeitig ihre Lohngebote, wenn ein Güter- und Arbeitskräfteüberschuss in der Branche besteht. Ansonsten würden ja Erlösmöglichkeiten aufgegeben und Personal zur Konkurrenz getrieben.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von 'Infi »

Antisozialist » Do 15. Aug 2013, 17:07 hat geschrieben:
Die Unternehmen gehen doch nur dann in Preiswettbewerb zueinander und senken gleichzeitig ihre Lohngebote, wenn ein Güter- und Arbeitskräfteüberschuss in der Branche besteht. Ansonsten würden ja Erlösmöglichkeiten aufgegeben und Personal zur Konkurrenz getrieben.
Das kann ein Grund sein, muss aber nicht pauschal zutreffen. Natürlich kann man auch aus reinem Profitstreben den Preis drücken - und zwar in dem man die Lohnkosten so tief wie möglich senkt.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

pudding » Do 15. Aug 2013, 15:59 hat geschrieben: Richtig, passt allerdings nicht ins Bild mancher Foristen. Die suchen die Ursachen für den Wert einer Arbeit lieber bei denen die diese vollbringen.
Unternehmer sind aus Eigeninteresse darum bemüht, ihr Personal möglichst produktiv einzusetzen. Die Preise werden auch nur dann gesenkt, wenn dadurch ausreichend große Mengeneffekte erwartet werden. Dass Sie niemand für 8,50 € die Stunde oder mehr beschäftigen will, liegt an Ihrer niedrigen Arbeitsproduktivität.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

'Infi » Do 15. Aug 2013, 17:14 hat geschrieben: Das kann ein Grund sein, muss aber nicht pauschal zutreffen. Natürlich kann man auch aus reinem Profitstreben den Preis drücken - und zwar in dem man die Lohnkosten so tief wie möglich senkt.
Man kann als Unternehmer die Lohnkosten nicht einfach so senken. Erst einmal haben Bestandsarbeitnehmer gewisse Rechte und zweitens lassen sich mit Erdnüssen nur Affen anlocken (Ausnahme: überlaufende Berufe).
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Fadamo »

zollagent » Do 15. Aug 2013, 13:31 hat geschrieben: Tatsächlich? Arbeitslohn korreliert immer mit dem Wert, der geschaffen wird. Hilfskräfte und Zureicher schaffen nicht viel wert. .
Schleppe mal den ganzen tag möbeln in die 5 etage für 8 euronen. Du großmaul. :mad2:
Politik ist wie eine Hure,die kann man nehmen wie man will
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

ryu1850 » Do 15. Aug 2013, 14:42 hat geschrieben:
Eine Stunde Arbeit eines Menschen schafft mindestens einen Mehrwert von 8.50€, bzw der Arbeit eines Menschen wird der Wert von mindestens 8,50€ zugeschrieben.

Wer sein Geschäft nur mit Niedriglöhnen über Wasser halten kann, und seinen Angestellten nicht vernünftig Entlohnen kann der sollte auch zugunsten eines anderen Geschäftsmodells untergehen.
Nein. Es gibt sogar Menschen, die negative Werte schaffen. Dazu gehören auch gewisse Pleitebanker.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

Fadamo » Do 15. Aug 2013, 17:22 hat geschrieben: Schleppe mal den ganzen tag möbeln in die 5 etage für 8 euronen. Du großmaul. :mad2:
Gestalten mit viel Muskeln, aber wenig Hirn und kaum Deutschkenntnissen gibt es reichlich auf dem Arbeitsmarkt. Daher die niedrigen Löhne.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von 'Infi »

Antisozialist » Do 15. Aug 2013, 17:20 hat geschrieben:
Man kann als Unternehmer die Lohnkosten nicht einfach so senken. Erst einmal haben Bestandsarbeitnehmer gewisse Rechte und zweitens lassen sich mit Erdnüssen nur Affen anlocken (Ausnahme: überlaufende Berufe).
Natürlich nicht, das habe ich auch nirgends behauptet und das ist mir auch klar. Deshalb gibt es ja auch Mittel wie Leiharbeit und Werkverträge (wobei ich vor allem Leiharbeit natürlich grundsätzlich für sinnvoll halte, aber eben nicht wie sie de facto benutzt wird).
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Antisozialist »

'Infi » Do 15. Aug 2013, 17:45 hat geschrieben: Natürlich nicht, das habe ich auch nirgends behauptet und das ist mir auch klar. Deshalb gibt es ja auch Mittel wie Leiharbeit und Werkverträge (wobei ich vor allem Leiharbeit natürlich grundsätzlich für sinnvoll halte, aber eben nicht wie sie de facto benutzt wird).
Und warum sollte jemand einfach so einen mies vergütenden Werkvertrag akzeptieren?
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von 'Infi »

Antisozialist » Do 15. Aug 2013, 17:47 hat geschrieben:
Und warum sollte jemand einfach so einen mies vergütenden Werkvertrag akzeptieren?
Weil er keine andere Wahl hat, aufgrund von Qualifikation, sonstigen Voraussetzungen und alternativen Arbeitsangeboten. Und vor allem weil er lieber arbeiten geht als der Gesellschaft auf der Tasche zu liegen. Erzähl nicht wieder die Mär vom gänzlich freien Markt in der Handel - oder eben wie hier der Arbeitsvertrag - einen Vertragsabschluss darstellt der notwendigerweise für beide Seiten positiv sei.
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von sportsgeist »

'Infi » Do 15. Aug 2013, 17:50 hat geschrieben: Weil er keine andere Wahl hat, aufgrund von Qualifikation, sonstigen Voraussetzungen und alternativen Arbeitsangeboten. Und vor allem weil er lieber arbeiten geht als der Gesellschaft auf der Tasche zu liegen. Erzähl nicht wieder die Mär vom gänzlich freien Markt in der Handel - oder eben wie hier der Arbeitsvertrag - einen Vertragsabschluss darstellt der notwendigerweise für beide Seiten positiv sei.
frueher war das mal so, mit dem win : win

aber da war ja noch keine windige wirtschaftsjuristengeneration am werkeln, die durch ausnutzen vertragswinkeliger grauzonenklauseln die letzten renditeadern erschliessen wollten ...

der rechtsstaat schlaegt sich mit seiner unbedingten rechtstreue als oberste maxime eben manchmal selber ...
Zitat: Stehen Intelligenz und Schulnoten in irgendeinem direkten proportionalen Zusammenhang ... Nein ... Warum? ... Ich bin das lebende Gegenbeispiel
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von Fadamo »

Antisozialist » Do 15. Aug 2013, 16:28 hat geschrieben: Gestalten mit viel Muskeln, aber wenig Hirn und kaum Deutschkenntnissen gibt es reichlich auf dem Arbeitsmarkt. Daher die niedrigen Löhne.
Deine gestalten mit viel muskeln und wenig hirn, müssen aber für die superhirne die möbeln zusammenbauen,weil beim superhirn die intelligenz fehle. :D
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Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von pudding »

Der Neandertaler » Do 15. Aug 2013, 16:22 hat geschrieben:Hallo.
Meine Tochter arbeitete seinerzeit bei der hiesigen Zeitung - diese gehört zum WAZ-Konzern, heute FUNKE-MEDIEN. Die WAZ-Gruppe versuchte zusammen mit Bertelsmann und noch einigen anderen Partnern der Gelben Post einige Marktanteile abzuknöpfen, sprich:
  • als successive das Post-Monopol auf die Briefbeförderung bröckelte, machten diese eine eigene Briefbeförderungsmaschinerie auf: PIN-MAIL - ähnlich heute: TNT.
Die Briefe wurden gemeinsam mit der Morgenzeitung verteilt, gleichzeitig wurden aber, für Bezirke, die nicht zufuß erreichbar waren, weil die Kunden recht abseits des Weges lagen, oder weil etwa die Zeitung durch die Post verteilt wurde, wurden Fahrrad-Depotsaufgebaut. Ich hatte mal das Vergnügen mit einigen dieser Damenbelegschaft zu sprechen.
  • (ich unterhalte mich gerne mit Damen, sie sind weniger aufschneiderisch ... zum Teil ehrlicher)
Sie erzählten mir, daß sie durchschnittlich und hochgerechnet etwa knapp 8,50€ pro Stunde bekämen.
  • (wenn man die Touren anschaut, die sie mit dem Fahrrad zurücklegen (müssen), ist dies verständlich)
Sie ließen aber auch durchblicken (Einige äußerten dies ganz offen), daß sie lieber für diesen mikrigen Lohn arbeiten würden, nicht, weil etwa der Ehremann schon verdient , wie man durchaus vermuten kann (dies also lediglich gut verdientes Taschengeld wäre - mehr nicht ... wie soll man sonst die Tageszeit totschlagen? Einige waren Single oder auch alleinerziehend), sondern, diese Arbeit ist, so schlecht sie auch entlohnt wird, es ist besser, als zuhause rumzuhängen und nichts tun zu dürfen.
Aus deren Sicht war natürlich der dann erfolgte Mindestlohn von 9,80€ (der ja die Post mit der jeweiligen Gewerkschaft ausgehandelt hat), war dieser Mindestlohn selbstverständlich eine Wohltat. Daraufhin wurde den Leuten dieser Mindestlohn gezahlt. Man beklagte das Zustandekommen dieses Lohnes, be- und verklagte ... gerichtlich, und mußte doch schließendlich diesen Bertrieb einstellen.
Zuspät! Also waren es für die, die vorher schlecht bezahlt wurden - aber Arbeit hatten, für die war es nur eine kurze Wohltat. Ein Mindestlohn - eine Frechheit aus deren Sicht.

Daraus, aus dieser wohl uninteressanten Schilderung, ergeben sich nun mehre Aspekte.
Erstens scheint es in der Tat Firmen zugeben, die sich lediglich dadurch am Markt behaupten können, die nur dadurch konkurrenzfähig sind, weil sie Personalkosten sparen, weil sie ihre Angestellte prekär bezahlen. Daß etwa "ein Geschäftsmodell das darauf aufbaut nur 4€ Stundenlohn an die Angestellten zu zahlen sollte auch vernichtet werden"
  • ... kann man durchaus so sehen, sehe ich auch so.
  • "der Mindestlohn vernichtet nur Arbeitsplätze von denen man eh nicht leben kann."
    • (beides: ryu1850)
    ... vollkommen richtig, aber ich erinnere an obige Aussagen der Mitarbeiter, wonach es immer noch besser sei, als Nichtstun. Der heutige Mensch definiert sich nunmal über Arbeit - er möchte etwas tun.
    • ... er möchte gefragt sein.
Allerdings kann man eine Forderung nach einem Mindestlohn trotzdem gut nachvollziehen. Die Frage ist aber, ob - wie in diesem Fall - dies Forderung letzlich den Leuten hilft? Oder - um bei diesem Beispiel zu bleiben, ob eine Forderung und eine nachfolgende Einigung der Tarifpartner, ob damit lediglich lästige Konkurrenz vom Halse - sprich: Markt - ferngehalten werden soll?
Es zeigt aber auch, daß es immerrhin Leute gibt, denen eine schlecht bezahlte Arbeit lieber ist, als garkeine.

Aber von einem "Lohnniveau her zu Gunsten eine kleinen vermeintlichen Elite" und einer über alles gestellten Habgier, gar von "Menschenverachtung" (beides: Pudding) zu reden, nur weil man dies berücksichtigt und einen Mindestlohn ablehnt, halte ich wiederum für menschenverachtend.
Pudding, dies, was Du hier schilderst - Niveau von Lohnempfängern in bestenfalls Schwellenländern ... "working poor" - sind besten Fall Tatsachen, aber keine Argumente, die dazu angetan sind, für eine Einführung eines Mindestlohnes zu sprechen. Denn wenn Du angeblich das Wohl der Menschen im Auge hast, müßtest Du zumindest deren Wünsche berücksichtigen. Aber nicht nur derer, die Arbeit wollen - egal zu welchgem Preis. Sondern auch das Wohl der Gesellschaft dürfte Dir nicht vollkommen egal sein.Lieber Pudding, profitieren tun wir alle, jeden Tag. Preise fallen auch aufgrund dieses prekären Konkurrenzverhaltens. So zynisch sich das anhört:
  • Wir benötigen Armut, damit wir gut leben können. Dumm ist nur, wenn diese Armut sichtbart wird ... wenn sie hierzulande sichtbar wird, weil sie auch oder gerade hierzulande vorkommt.
Sorry, aber wie viel zahlt dir das IW in Köln oder die INSM für solche heuchlerischen Beiträge?
Nein, der Mensch definiert sich nicht durch Arbeit jeglicher Art und zu welchem Preis auch immer. Wer aufstocken muss hat sicherlich kein gesteigertes Selbstwertgefühl, wohl eher das Gegenteil und wer annimt der Mindestlohn beträfe nur Tussies denen der Tag zu lang wird während der Alte die Kohle für den Roadster ranschafft lebt fern jeglicher Realität. Am Schluss outest du dich noch als Anbeter des Kapitalismus, diesmal zu welchem Preis auch immer.
Sorry mit Leuten wie dir diskutiere ich nicht. Wer Löhne auf Schwellenlländerhöhe als "bestenfalls Tatsachen aber keine Argumente" abtut hat den Schlag offensichtlich nicht gehört. Und nebenbei gesagt bin ich sicherlich nicht dein "lieber" Pudding! Dieses kumpelhafte, von oben herab Getue fällt immer wieder bei eiskalten Neoliberalen deiner Facon auf. Damit kannst du bei mir allerdings weder einen Blumentopf gewinnen noch Eindruck schinden. Für Leute wie dich bleibt nur Verachtung.
Zuletzt geändert von pudding am Donnerstag 15. August 2013, 18:35, insgesamt 1-mal geändert.
pudding

Re: Mindestlohn und Aufstockung

Beitrag von pudding »

Antisozialist » Do 15. Aug 2013, 17:20 hat geschrieben:
Man kann als Unternehmer die Lohnkosten nicht einfach so senken. Erst einmal haben Bestandsarbeitnehmer gewisse Rechte und zweitens lassen sich mit Erdnüssen nur Affen anlocken (Ausnahme: überlaufende Berufe).
Ach deswegen hast du nur 1500 netto, alles klar. :D
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