H2O hat geschrieben: ↑Donnerstag 1. Juni 2023, 16:39
Ist Ihnen nicht bewußt, daß eine Armee mit dienstverpflichteten Soldaten keine freiwillige Veranstaltung einer auf fette Beute gerichteten Verbrecherbande ist?
Du betrachtest Krieg als eine Situation, in der dienstverpflichtete Soldaten ihr Leben riskieren, wenn sie nicht unverzüglich alles tun, was ihnen befohlen wird. So ist das aber nicht. Selbst in den russischen Streitkräften ist das nicht so. Als Soldat wirst Du verpflichtet, irgendwo hin zu gehen. Unausgesprochen mag dahinter sogar der Gedanke stecken, dass Du auf Anweisung den Abzug drücken musst. In der Realität ist aber auch das nicht der Fall. Das kann im Gefecht nichtmal jemand kontrollieren!
Nur ein Beispiel: Im Vietnam-Krieg haben die USA feststellen müssen, dass ein sehr hoher Anteil von Soldaten selbst im direkten Gefecht nie ihre Waffe abgefeuert haben. Es wurde nie jemand persönlich dafür belangt, wenn er nicht geschossen hat. Sowas geht in Gefechtssituationen überhaupt nicht! Es gab zahlreiche Versuche, die Nicht-Schießer zum Schießen zu bewegen und die Schießer von übermäßigem Schießen abzuhalten. In letzter Konsequenz führte das zur Umstellung des Nato-Kalibers der Handfeuerwaffen vom Standard 7,62x51 auf die heute üblichen 5.56x45. Viel weniger Gewicht und viel mehr Munition für jeden einzelnen Soldaten!
Lös Dich von der Vorstellung, dass Kriegsverbrechen auf Befehl begangen werden. Sie werden von den Menschen begangen, die am Ende den Abzug drücken. Der Tat mögen Befehle vorausgegangen sein. Aber die Tat wird immer noch von Menschen begangen.
In der Bundeswehr gilt folgender Grundsatz für die Kommandeure: Erteile nie einen Befehl, wenn Du nicht sicher bist, dass er auch befolgt wird.
Erteilst Du einmal einen Befehl, der dann starrsinnig nicht befolgt wird, hast Du jegliche Autorität verloren. Dann bist Du in den Augen Deiner Soldaten nur noch ein lächerlicher Hanswurst. Wenn Du zum lächerlichen Hanswurst geworden bist und in einer Gefechtssituation mit Gewaltandrohung einen Befehl durchzusetzen versuchst, solltest Du Dir bewusst sein, dass Du Menschen zu befehligen versuchst, die bewaffnet sind. Das ganze System funktioniert nur dann, wenn es in der Truppe eine innere Bereitschaft zur Erfüllung der gesetzten Ziele gibt. In einem Wort zusammengefasst: Moral!
Die Vorstellung, dass Kriegsverbrechen von "dienstverpflichteten Soldaten" nur unter persönlicher Todesgefahr verweigert werden könnten, ist komplett unrealistisch! Dumm ist nur, dass nach einem Gefecht nicht mehr rekonstruiert werden kann, ob jeder Schuss berechtigt abgefeuert wurde oder nicht. Am Ende kann man nur feststellen, ob Kriegsverbrechen von der Führung angeordnet oder begünstigt worden sind.
Selbst in der russischen Armee gibt es keine Kriegsverbrechen, die auf Befehl und unter Androhung von Standrecht verübt werden müssen.