Nachruf - RIP Pelé

[elmore]

Pelé, mit bürgerlichem Namen Edson Arrantes do Nascimento, ist im Alter von 82 Jahren gestorben.
Für mich ist Pelé nachwievor der unerreicht beste und kompletteste Fußballspieler aller Zeiten,
der bereits mit 17 Jahren Weltmeister wurde und Brasilien in SWE fast im Alleingang als "Jugendspieler" zum Titel schoß. Und damit Brasilien zum ersten WM-Titel.

Die Beschreibung von Wikipedia bringt seine Fähigkeiten als komplettster Spieler aller Zeiten sehr gut zum Ausdruck:
Pelé galt als ein kompletter Stürmer und Alleskönner. Er verfügte über eine hervorragende Technik, Schnelligkeit und Athletik, nutzte beide Füße gleichermaßen ohne Qualitätseinbußen und war sprung- und kopfballstark. Neben seiner Intuition, zu erkennen, wie und in welche Richtung sich Gegenspieler bewegen würden, um sich so von ihnen freilaufen und Torchancen kreieren zu können, wird Pelés Ausnahmestellung unter anderem damit begründet, dass er neben vielen und wichtigen Toren, die er schoss, auch variabel auf verschiedenen Positionen einsetzbar war. Er erkannte, wenn Lücken in der eigenen Defensive entstanden waren, und stopfte diese, hielt, wenn nötig, den Ballbesitz und das Spiel der eigenen Mannschaft aufrecht, konnte als Ballverteiler Angriffe aus dem Mittelfeld einleiten und behauptete Bälle auch unter Druck im gegnerischen Strafraum.

Gerade die Eigenschaft, die unterstrichen habe, fehlt einem Spieler wie Messi als natürliche, angeborene Eigenschaft. Erst bei der WM 2022 brachte man ihm bei, daß auch defensive Arbeit das Zeichen und die Stärke eines Superstars ausmachen. Pelé musste man sowas nicht beibringen.

Die WM 1966 in England ist mir als kleiner Bub noch in Erinnerung. Auch wenn bei diesem Turnier Uruquay die Schläger- und Tretertruppe Nr. 1
war und anrüchige Fußballgeschichte schrieb, war für mich Portugal die mieseste Tretertruppe und sportlich unfairste Mannschaft. Allen voran Kapitän Carlos Alberto. Sie wollten gegen Pelé nicht fußballspielen, sondern wie es sich für eine ehemaligen Kolonialmacht gehörte, den Nachfahren ihrer Sklaven, Pelé einfach nur kaputttreten.

Als Pelé nur noch mit einem gesunden, unverletzten Bein die Portugiesen immer noch ausspielte, schlugen sie ihm eben auch noch das verbliebene, gesunde, Bein kaputt.
Portugal gewann 3:1 und Brasilien konnte mit einem krankenhausreif getretenen Pelé den WM-Titel natürlich nicht mehr (zum dritten Mal in Folge) verteidigen. Wie die Portugiesen Pelé absichtlich krankenhausreif kaputttraten, ist für mich bis heute eine Riesenschande in der Fußballgeschichte Portugals.

Pelé wurde als einziger Spieler der Welt 3 x Fußballweltmeister. Das letzte Mal 1970 als Dreißigjähriger jener legendären Selecao, die noch heute als beste Brasilianische Nationalmannschaft gilt. Italien hatte im Endspiel Null Chance. Das 1:0 erzielte Pelé mit einem schulbuchmäßigem Kopfballtor.

Neben Gerd Müller, dem besten Mittelstürmer aller Zeiten, niemand erzielte mehr Tore für das Nationalteam in so wenigen Länderspielen (68 Tore in nur 62(!) Länderspielen), nicht einmal Pelé. Aber Pelé ist ohne Frage der kompletteste Offensivspieler aller Zeiten. Die Hand Gottes hatte er übrigens auch nie nötig.

Ruhe in Frieden, Pelé!

[TheManFromDownUnder]

Fuer mich der beste Fussballsoieler und ein guter Mensch!

[sünnerklaas]

Gerade die Eigenschaft, die unterstrichen habe, fehlt einem Spieler wie Messi als natürliche, angeborene Eigenschaft. Erst bei der WM 2022 brachte man ihm bei, daß auch defensive Arbeit das Zeichen und die Stärke eines Superstars ausmachen. Pelé musste man sowas nicht beibringen.

Da hat er Spieler und Trainer nachhaltig beeinflusst. Gerd Müller oder Miroslav Klose waren durchaus auch überall auf dem Platz zu finden.

Otto Rehagel hat in seinen Mannschaften auf solche Leute gesetzt, die wie Pele mannschaftsdienlich und eigenverantwortlich spielten. Also situativ Lücken beim Gegner, aber eben auch bei der eigenen Mannschaft entdeckten und entweder nutzten oder schlossen.

[yogi61]

Ja, ein ganz Großer. Allerdings scheue ich die Vergleiche wer jetzt der Größte war.
Wie sagte uns Rude doch zu Netzer.

„Der Günter, was die früher für einen Scheiß gespielt haben, da konntest du doch früher überhaupt nicht hingehen, die haben doch Standfußball gespielt“

[elmore]

Da ja heutzutage über jeden Scheiss eine Statistik geführt wird, kann man die Frage auch darauf reduzieren:
Weder Messi, noch Ronaldo oder Maradona wurden als Spieler 3 x Weltmeister. Nur Pelé innerhalb von 12 Jahren.
Und alle drei hatten über ihre gesamte Karriere hinweg durchaus sehr spielstarke Nationalmannschaften hinter sich bzw. "zur Verfügung".

Keiner der drei Genannten war mit 17 Jahren so gut und siegentscheidend bei einer WM wie Pelé 1958 in SWE,
als er Brasiliens tief verwundete Fußballseele mit dem ersten WM-Titel wieder heilte. Nach dem Albtraum von Maracana 1950, als man das WM Finale gegen die Urus "daheim" 0:1 verlor.

Und sicher war das Tempo mit der heutigen Dynamik nicht vergleichbar. Dafür waren Stürmer aber auch so gut wie schutzlos dem gezieltem Umtreten, um nicht zu sagen, auch absichtlicher, schwerer Körperverletzung, ausgesetzt. Auch und besonders Pelé.

Bei einem Spieler wie der "Schlange" Musiala schimmert einiges von dem durch, was den damals 17.jährigen Pelé so unvergleichlich machte.
Und was wir, käme er heute als 17-jähriges, hochtrainiertes Jahrtausendtalent ins Stadion, von einem Pelé 2022 -staunend - zu sehen bekämen.
Und Messi oder Ronaldo graue Haare...

[sünnerklaas]

Ja, ein ganz Großer. Allerdings scheue ich die Vergleiche wer jetzt der Größte war.
Wie sagte uns Rude doch zu Netzer.

Gibt einige Äußerungen von Franz Beckenbauer über die gemeinsame Zeit mit Pele bei Cosmos New York, bei denen sich Beckenbauer ungewollt gar kein gutes Zeugnis ausstellt, wo die eigentliche Person sichtbar wird. Vor allem über das Verhältnis zu den eigenen Fans. Da gab es wohl extrem unterschiedliche Auffassungen.

[sünnerklaas]

Bei einem Spieler wie der "Schlange" Musiala schimmert einiges von dem durch, was den damals 17.jährigen Pelé so unvergleichlich machte.
Und was wir, käme er heute als 17-jähriges, hochtrainiertes Jahrtausendtalent ins Stadion, von einem Pelé 2022 -staunend - zu sehen bekämen.
Und Messi oder Ronaldo graue Haare...

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch heute noch Leute vom Schlage eines Pele oder Gerd Müller oder Maradona gibt. Aber eben in den Niederungen des Amateurfußballs. Und die Verbindung zwischen Amateur- und Profifußball ist ja leider derzeit de facto abgerissen.
Pele ist übrigens 1962, bei der Titelverteidigung nicht dabei gewesen. Die WM in Chile ist auch ansonsten inzwischen fast vergessen. Wohl auch deswegen, weil es da nur biedere Hausmannskost und nix spektakuläres, wie bei den WMs von 1958 und 1970 zu sehen gab.

[elmore]

...
Pele ist übrigens 1962, bei der Titelverteidigung nicht dabei gewesen...

DAS stimmt nicht. Pelé schoß im ersten Gruppenspiel (2:0) gegen Mexiko das zweite Tor. Im nächsten Gruppenspiel gegen die Tschechoslowakei verletzte er sich allerdings so schwer, daß er im weiteren Turnierverlauf nur noch zusehen konnte. Aber dabei war er definitiv und solange er spielen konnte, war er auch Torschütze für die Selecao.

Aber ich sehe schon, hier sucht einer zu finden, um Pelé auf Normalmaß als Fußballer einzudampfen. Bitte sehr!

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Es gab durchaus Sehenswertes bei der WM 62 in Chile:
Zum Beispiel einen anderen Brasilianer, der in seinem Land als einer der besten Fußballspieler ever hochverehrt wird: Garrincha.

Manuel Francisco dos Santos wurde 1933 in dem Ort Pau Grande in Magé, einer Gemeinde im Nordosten des Großraumes Rio de Janeiro, geboren. Von Geburt an war sein Rückgrat deformiert, und sein linkes Bein war 6 cm kürzer als sein rechtes.Durch zahlreiche Operationen wurde ihre Beweglichkeit zwar so weit hergestellt, dass er damit laufen konnte, sein linkes Bein blieb jedoch ein O- und sein rechtes ein X-Bein. Dies brachte ihm den Namen „Garrincha“ ein, nach einem brasilianischen Urwaldvogel (Oreophylax moreirae, einer Unterart des Zaunkönigs). Andere Spitznamen waren „Mané“ (Kurzform von Manuel, die in Brasilien auch für geistig Behinderte verwendet wird) oder „Alegria do Povo“ (Freude des Volkes).

Um seine Beine zu kräftigen, begann er, Fußball zu spielen, und entwickelte dabei schon im Kindesalter erstaunliche Fähigkeiten. Von kleiner Statur, lag sein Körperschwerpunkt besonders tief, was ihm schnelle Drehungen und Bewegungen ermöglichte. Diese Fähigkeiten nutzte er perfekt für Tempodribblings am rechten Flügel, wo er oft durchbrach, um dann den Ball einem besser postierten Mitspieler abzugeben. Parallel dazu war er ein gefürchteter Stürmer, der den schnellen Abschluss suchte.

Er trug entscheidend zum WM-Gewinn bei, als Pelé durch Verletzung ausfiel. die Dribbelkünste von Garrincha waren legendär.
Die "Garrincha-Schere" ist nach ihm, seinem Erfinder, bis heute so benannt und bekannt.

Aber ich nehme an, du bist auch altersmäßig eher ein "Kind" der Messi und Ronaldp-Ära.

[Tom Bombadil]

„Der Günter, was die früher für einen Scheiß gespielt haben, da konntest du doch früher überhaupt nicht hingehen, die haben doch Standfußball gespielt“

Man muss sowas aber auch im zeitlichen Kontext sehen. Mit den heutigen Trainings- und Fitnessmethoden wären die damaligen Stars heutzutage natürlich auch deutlich fitter und schneller gewesen, der entscheidende Unterschied ist aber die "fußballerische Intelligenz"*), bei manchen Spielern ist sie hervorragend angeboren, andere Spieler verbessern sie mit zunehmender Erfahrung, bei vielen Spielern bleibt sie unterentwickelt und das unterscheidet dann die Stars von normalen Kickern.

Und hier war Pele selbstverständlich ganz weit vorne mit dabei, ob er der beste Fußballer aller Zeiten war, kann man imho nicht beurteilen, eben weil sich der Fußball im Zeitverlauf so gravierend verändert hat.

Aber warum muss es es Offensivspieler sein, es heißt ja auch nicht umsonst "Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Meisterschaften."

*) Meine Definition: eine Kombination aus Talent, Trainingswille- und fleiß, taktisches Verständnis, Raumgefühl, Stellungsspiel, Reaktionsschnelligkeit und Instinkt/Bauchgefühl.

[Astrocreep2000]

Aber Pelé ist ohne Frage der kompletteste Offensivspieler aller Zeiten. Die Hand Gottes hatte er übrigens auch nicht nötig.

... wie er auch sonst keine Skandale produzierte und auch nach der Kariere etwas sinnvolles mit seinem Leben anzufangen wusste, was nicht nur in Brasilien Millionen inspiriert hat.

Ich stimme Deiner Einschätzung absolut zu. Ich wuchs in den 70ern auf und habe Pelé nicht als Zeitgenosse spielen sehen, aber natürlich kannte in den 70ern jeder in Deutschland Fußball spielende Bub Pelé - als Legende, als denjenigen, der über allem stand. Egal. wo Pelé nach seiner aktiven Zeit auftrat, flog ihm die Zuneigung aller Menschen zu.

Pelé war als Mensch noch viel mehr als "lediglich" der beste Fußballer aller Zeiten.

(...) Sie wollten gegen Pelé nicht fußballspielen, sondern wie es sich für eine ehemaligen Kolonialmacht gehörte, den Nachfahren ihrer Sklaven, Pelé einfach nur kaputttreten.

Das war aber auch nicht nur in dem Spiel so, sondern begabten Offensiv-Fußballer ging es eigentlich immer auf die Knochen. In Abwesenheit von TV-Kameras und Zeitlupen langten viele Verteidiger hin, sobald ihnen der Schiedsrichter den Rücken zudrehte.

Das war teilweise unfaßbar brutal zu der Zeit - etwas, was man bei der Bewertung von Pelés (oder auch Maradonas) noch zusätzlich bedenken muss.

[elmore]

... wie er auch sonst keine Skandale produzierte und auch nach der Kariere etwas sinnvolles mit seinem Leben anzufangen wusste,
...Pelé war als Mensch noch viel mehr als "lediglich" der beste Fußballer aller Zeiten.

Bei der Beurteilung des Menschen Pelé tue ich mich erheblich schwerer. Wollte mich daher in meinem Nachruf mehr oder nur auf den Ausnahmefußballer
beschränken, seine unstrittig überragenden sportlichen Qualitäten in Sachen Fußball, die für mich bis heute die Meßlatte für jeden sind, der sich als Superstar fühlt oder von den Medien zu einem solchen hochgeschrieben wird.

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Das war aber auch nicht nur in dem Spiel so, sondern begabten Offensiv-Fußballer ging es eigentlich immer auf die Knochen. In Abwesenheit von TV-Kameras und Zeitlupen langten viele Verteidiger hin, sobald ihnen der Schiedsrichter den Rücken zudrehte.

Das war teilweise unfaßbar brutal zu der Zeit - etwas, was man bei der Bewertung von Pelés (oder auch Maradonas) noch zusätzlich bedenken muss.

Ja, es war teils unfaßbar brutal, leider nicht nur hinter dem Rücken der Schiedsrichter oder nicht von TV-Kameras erfasst. Die brutalen Fouls der Portugiesen bei der WM '66 gegen Pelé geschahen vor den Augen des Schiedsrichters, der einfach nur ein Foul pfiff, ohne weitere Konsequenzen zu tätigen. Man konnte das auch sehr gut sehen, was ich alleine schon deswegen nicht aus dem Kopf bekommen werde, weil ich es damals als junger und fußballbegeisterter Bub schon damals am TV klar erkennbar verfolgen konnte. Pelè hatte im übrigen bereits im Vorfeld mehr Schutz für die Spieler von der FIFA gefordert, aber wie fast schon einem wiederkehrendem Ritual folgend, scherte sich die FIFA um berechtigte Proteste - auch damals schon - einen feuchten Kehricht und unternahm nichts. Im Gegenteil, man ermunterte eher zu körperlicher Brutalität, indem man den Schiris mindestens freistellte, nicht zu sehr -oder gar nicht - in kampfbetonte Situationen "reinzugrätschen". Fußball bedeutete Brot und Spiele und Nahkampf harter Jungs um den Ball.

Pelé erklärte in einer Art Konsequenz und Protest daraus, nie wieder in einem FIFA-Wettbewerb antreten zu wollen. Aber er hatte damit keine Chance auf Veränderung und kam zumindest bis zur nächsten WM in Mexiko wieder auf dem Boden der harten Realitäten an und stellte sich diesen.
Auch, indem er lernte, nicht mehr nur einzustecken, sondern sich auch zu wehren oder seine Gesundheit zu schützen und selbst - falls unvermeidlich - auszuteilen. Am Ende bedeutete das den 3. WM-Titel als Spieler, etwas, das vor und nach ihm keiner schffte, wie ich schon beschrieb.
Und vor allem Pelé auch bei seinem dritten WM-Titel sehr wesentlich dazu beitrug, Brasilien als kommenden Rekordweltmeister zu etablieren, der im Vertrauen auf das eigene fußballerische Können die Fußballnation Brasilien zurecht stolz macht.

[Haegar]

Ich war ein Spätgeborener (erste bewusste WM war 1978 in Argentinien) was Pele betrifft. Ich habe nur die Erzählungen meines Vaters und seiner Altersgenossen über Pele im Erinnerung. Wenn ich mir auf youtoube zB. seine Tore anschaue, erinnert er mich wie beschrieben an einen kompletten Spieler. Wie er als Mitmensch war, habe ich nicht bewußt verfolgt, aber aus den Berichten her scheint er durchaus ein angenehmer Mensch gewesen zu sein.
Auf viele weitere schöne Tore von ihm, nun gegen Petrus.