Realist2014 hat geschrieben: ↑Do 6. Okt 2022, 15:08
Im Strang Mindestlohn wurde folgende These aufgestellt:
Fakt ist nun aber , dass die Existenzsicherung mittels Grundsicherung im Alter, ALG II und auch zukünftig beim Bürgergeld keinesfalls ein einheitlicher Betrag ist , sondern je nach Wohnkosten unterschiedliche Beträge darstellen. ( Individueller Bedarf bezüglich der Warmmiete)
Ich habe auch nicht davon geschrieben, dass diese Angleichung zwischen Steuer- und Sozialrecht abgeschlossen ist, oder kurz davor steht. Es fehlen noch eine Reihe an Reformen - insbesondere die Wohnraumthematik, aber auch noch Angleichungen beim Umgang mit Krankenversicherungsbeiträgen. Eine der letzten Anpassungen hat beispielsweise dazu geführt, dass die Beiträge für die KV für bestimmte Fälle von Hartz IV angehoben wurden - was damit wieder ein kleines Stückchen näher an die eigentlichen Erfordernisse für eine vollständige Angleichung geht. Es geht langsam - aber es geht voran.
Bei der Behandlung des Wohnraums ist vor allem die derzeitige Regelung im Sozialrecht ein Störfaktor - den man meiner Ansicht nach auch beseitigen sollte. Hier werden Wohnungsgrößen im Rahmen der Existenzsicherung finanziert, die nicht durch die Existenzsicherung begründbar sind. Man kann aus sozialen Gründen oder auch in begründeten Einzelfällen die heutigen Regelungen beibehalten - doch diese vergleichbar im Steuerrecht abzubilden, würde mehr Komplexität schaffen als notwendig ist.
Eine mögliche Änderung im Sozialrecht könnte deshalb sein, lediglich je Person aber dafür einheitlich 23qm Wohnraum zu akzeptieren. Dies ist heute anders - da wird Wohnraum von bis zu 50qm für die erste Person akzeptiert, bei 2 Personen geht man von bis zu 60qm aus, 3 Personen gönnt man 75qm, 4 Personen 85qm und jeder weiteren Person nochmals 12qm. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe an Sonderregelungen was noch alles akzeptiert werden kann - mit dem tatsächlichen Existenzminimum haben diese Sonderregelungen im Allgemeinen aber wenig zu tun.
In der Folge haben wir heute im Sozialrecht die Problematik, dass Bedarfsgemeinschaften geprüft werden müssen - wären die Regelungen jedoch einheitlich und das sowohl im Steuer- als auch im Sozialrecht, könnten diese als staatliche Kontrolle missverständlichen Prüfungen weitestgehend entfallen.
Solange wir es bei zumeist erwachsenen Studenten als völlig zumutbar empfinden, dass sich diese mit typischen Studentenzimmern, WGs u.ä. einrichten müssen, weil ihnen finanziell keine andere Möglichkeit besteht, halte ich es für gerechtfertigt, dass man diesen Maßstab auch für das allgemeine Existenzminimum zugrunde legt. 23qm sind da ein guter Kompromiss.
Würde man eine Anpassung in diese Richtung im Sozialrecht vornehmen, wäre eine entscheidende Hürde genommen, um die Existenzsicherung im Sozialrecht und im Steuerrecht nachhaltig einheitlich behandeln zu können.
Natürlich gibt es weitere Themen - wie beispielsweise den Fakt, dass Wohnraum im Sozialrecht meist durch Übernahme der Miete geregelt wird - im Steuerrecht hingegen wird eine Pauschale angenommen.
Im Sozialrecht wird abgebildet, dass Wohnraum in bestimmten Gegenden teuer ist, in anderen weniger teuer - im Steuerrecht hingegen wird dies nicht abgebildet (was meiner Ansicht nach nur einer ernsthaften Klage eines entsprechenden Steuerzahlers beispielsweise in München bedarf, damit das eine höchstrichterliche Instanz final kippt).
Doch all diese scheinbaren Hürden lassen sich auflösen - und sollten aufgelöst werden. Denn eine wirklich einheitliche Behandlung von Wohnraum im Steuer- und Sozialrecht bezüglich des Existenzminimum ist eigentlich längst überfällig. Es ist durchaus auch unangemessen, dass im Steuerrecht sich reale Fälle konstruieren lassen, bei denen die Pauschale faktisch und nachweisbar das Existenzminimum nicht abdeckt - obwohl es klare höchstrichterliche Aussagen gibt, dass das Existenzminimum nicht besteuert werden darf.
Es ist eine fundamentale Gerechtigkeitsfrage, die Existenzsicherung sowohl im Steuerrecht als auch im Sozialrecht einheitlich zu regeln. (Einheitliche Regelungen bedeutet nicht, dass alle notwendigerweise das Gleiche bekommen.....)
Dies deshalb, weil im Steuerrecht bevorteilte Einzelfälle lediglich dazu führen, dass andere die fehlenden Einnahmen durch diese Fälle ausgleichen müssen - was ungerecht ist. Dies aber auch deshalb, weil wir heute im Sozialrecht vom Existenzminimum reden - aber bezüglich Wohnraum teils recht großzügige Regelungen getroffen sind. Diese zahlt der Steuerzahler - ohne selbst auf vergleichbare Großzügigkeit hoffen zu können.
Deshalb sollte das allgemeine Prinzip sein: Wenn wir aus sozialen Gründen einem Bedürftigen eine soziale Wohltat gönnen - dann sollte der vergleichbare Fall im Steuerrecht diese soziale Wohltat durch die entsprechende Regelung im Steuerrecht auch bekommen und entsprechend einen Freibetrag haben. Dass Steuerzahler bei den Freibeträgen hinter den Sozialhilfeempfängern zurückstehen müssen, ist definitiv nicht gerecht.
Wenn überhaupt, dann darf man aus Vereinfachungsgründen beim Steuerzahler etwas stärker pauschalieren - aber diese Pauschalierung darf in keinem Einzelfall dazu führen, dass der vergleichbare Sozialhilfeempfänger besser gestellt ist, als der Steuerzahler bezüglich der ihm gewährten Freibeträge. Denn letzterer zahlt Steuern - und finanziert über diese den Sozialhilfeempfänger schließlich mit.