In Honduras ist mit Xiamara Castro seit Ende 2011 eine feministische Präsidentin an der Macht, die "demokratischen Sozialismus" als politisches Programm benennt. Und damit eine der langjährigen rechten "Narco-Diktaturen" beendet.
In Koliumbien errang der politisch linke Kandidat Gustavo Petro am letzten WE eine Mehrheit und wird im zweiten Wahlgang am 19. Juni gegen seinen Herausforderer Hernández antreten. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass nach 200 Jahren Kolumbien ("älteste Demokratie Lateinamerikas") zum ersten mal eine (gemäßigt) linke Regierung bekommt. Noch dazu mit einem ehemaligen M19-Guerilla-Kämpfer an der Spitze und erstmalig mit einer Schwarzen Vizepräsidentschaftskandidatin.
Es stellen sich mehrere Fragen. Zuallererst für mich die Rolle der USA bzw. der gegenwärtigen US-Regierung. Der langjährige honduranische Diktator Juan Orlando Hernández wurde im Februar an die USA als Drogenkartellkrimineller ausgeliefert. Zuvor wurde bereits 2018 sein Bruder in den USA zu lebenslänglicher Haft wegen Drogenkriminalität verurteilt. Zur Vereidigung von Xiamara Castro war die gegenwärtige Vizepräsidentin der USA anwesend. (Die Hernandeze in Honduras und in Kolumbien haben meines Wissens nix miteinander zu tun ...)
Aber natürlich auch andere Fragen: Das abschreckende Beispiel Venezuela zum Beispiel. Oder die ganz andere politische Entwicklung in Brasilien in jüngerer Zeit. Die althergebracht große Rolle der katholischen Kirche und die neue wachsende Rolle der Evangelikalen in Lateinamerika. Das Drogengeschäft natürlich. Die Rolle der Pandemie.
Die erste Frage - wenn man sich die sozialen Auseinandersetzungen anschaut - ist für mich immer die nach den enormen und polarisierten Einkommens-, Wohlstands- und Besitztumsunterschieden in der Region. Ich glaube, kaum irgendwo sonst gibt es generell einen so hohen Gini-Einkommensindex wie in Brasilien, Kolumbien und Honduras. Nur Südafrika ist noch krasser.
Kolumbien und Honduras: Lateinamerika im Umbruch?
Moderator: Moderatoren Forum 3
- schokoschendrezki
- Beiträge: 20021
- Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
- user title: wurzelloser Kosmopolit
- Wohnort: Berlin
- Kontaktdaten:
Kolumbien und Honduras: Lateinamerika im Umbruch?
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Re: Kolumbien und Honduras: Lateinamerika im Umbruch?
Da muss man sich erstmal einlesen - hier zum Beispiel: https://amerika21.de/geo/hondurasschokoschendrezki hat geschrieben: ↑Montag 6. Juni 2022, 16:19 Die erste Frage - wenn man sich die sozialen Auseinandersetzungen anschaut - ist für mich immer die nach den enormen und polarisierten Einkommens-, Wohlstands- und Besitztumsunterschieden in der Region. Ich glaube, kaum irgendwo sonst gibt es generell einen so hohen Gini-Einkommensindex wie in Brasilien, Kolumbien und Honduras. Nur Südafrika ist noch krasser.
Und die Nachrichten sind zum Teil sehr schlecht - Todesschwadronen, Deregulierung von Arbeit, Attacke von friedlichen Aktivisten durch die Justiz, Benachteiligung der Indigenen (klingt üblich verdächtig).
Aber: die aktuelle Präsidentin hat einen großen Rückhalt...
https://amerika21.de/2022/07/259133/hon ... imialitaet
https://amerika21.de/2022/08/259672/hon ... aktivisten
https://amerika21.de/2022/07/259115/hon ... eitsrechte
https://amerika21.de/analyse/257040/hon ... ozialismus
Die Zukunft ist Geschichte.
- Tom Bombadil
- Beiträge: 78090
- Registriert: Samstag 31. Mai 2008, 16:27
- user title: Non Soli Cedit
Re: Kolumbien und Honduras: Lateinamerika im Umbruch?
Amerika21... noch linker geht es kaum.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
---
Trolle bitte nicht füttern!
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
---
Trolle bitte nicht füttern!
- schokoschendrezki
- Beiträge: 20021
- Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
- user title: wurzelloser Kosmopolit
- Wohnort: Berlin
- Kontaktdaten:
Re: Kolumbien und Honduras: Lateinamerika im Umbruch?
Naja. Ist das nicht das Umfeld telepolis, heise? Da gibts schon noch wesentlich Linkeres. Aber unabhängig von der politischen Einschätzung: Die geschilderten Fakten sind eigentlich beunruhigend. Sie gehen nur leider in der aktuellen Lage in Europa etwas unter.Tom Bombadil hat geschrieben: ↑Freitag 21. Oktober 2022, 16:10 Amerika21... noch linker geht es kaum.
Demnächst gibts die Stichwahl in Brasilien. Und ich habe, egal wer das Rennen macht, ein ungutes Gefühl. Ich kenne mich in diesem Erdteil wirklich nicht besonders gut aus. Aber ich kenne einige sozusagen links-christliche Enthusiasten. Nicht katholisch. Die katholische Kirche in Südamerika war vielleicht ebenso verdorben wie die Europa. Aber immerhin bemühte sie sich um sozialen Ausgleich und war schon irgendwie armenfreundlich. Die Evangelikalen und Pfingstler dagegen, die in vielen Teilen auf dem Vormarsch sind ... mein Gott! Das sind religiöse Strömungen, die vereinfacht gesagt die Gottesfürchtigkeit am Kontostand messen. Es gibt diesen Begriff "Wohlstandsevangelium".Max Weber lässt grüßen.
Da Silva ist, wenn ich es richtig verstehe, ein Linkspopulist. Die Betonung liegt auf Populist. Und ein Großteil der Bevölkerung Mittel- und Lateinamerikas ist so nationalistisch, geschichtsversessen und identitär wie die Bevölkerung in Ex-Jugoslawien vor den Jugoslawienkriegen.
Es gibt ja so Nationalismus-Länderrankings. Ich find sie grad nicht. Aber die, an die ich mich erinnere ... da war glaub ich Mexiko weltweit an der Spitze. Ebenso wie etwa Venezuela. Das verheißt nix gutes! Und das scheint darauf hinzuweisen, dass das mit politisch links oder rechts wenig zu tun hat.
Wie auch der posthume Personenkult um Ernesto Guevara. Ein Nordkorea-Fan, der die Sowjetunion der 60er Jahre als "abweichlerisch" ansah. Unter anderem weil Chruschtschow in der Kuba-Krise angeblich klein beigegeben habe und einem Ausgleich zustimmte. Und damit die Welt vor einem Atomkrieg bewahrte. Welcher Wahn oder welche Droge hat diese Tausenden von sich als Linke ausgebenden in der Welt eigentlich geritten, diesen potenziellen Weltzerstörer zur Popikone zu machen? Man hat in Bolivien nach seiner Tötung seinen Leichnam ausgestellt, um der Welt zu zeigen, dass es aus mit ihm war. Das ausgestellte Bild wurde quasi zu einer linken Christusgestalt. Meine Güte!
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)