Wahlrecht - aber welches?

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Welches Wahlrecht bevorzugt ihr?

Umfrage endete am Mi 25. Mai 2022, 12:21

Stiktes Mehrheitswahlrecht wie in UK
2
8%
Eingeschränktes Mehrheitswahlrecht wie in Frankreich
0
Keine Stimmen
Verhältniswahlrecht wie in Deutschland
13
54%
Verhältniswahlrecht ohne Erststimme
2
8%
Wahlrecht und Volksabstimmungen wie in der Schweiz
5
21%
Sonstiges Wahlrecht
2
8%
Kein Wahlrecht
0
Keine Stimmen
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 24
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Misterfritz
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Misterfritz »

Wähler hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:18 Selbst, wenn die CSU knapp unter 5% liegen würde, wären es so viele Direktmandate, wie ihr rein rechnerisch gemäß Zweitstimmenergebnis zuständen, unabhängig von der 5%-Hürde - also sicher mehr als 30 Direktmandate zum Beispiel. Es geht schließlich nur um die Zahl der sogenannten Ausgleichsmandate, die künftig abgeschnitten werden.
Nein,
so ist es nicht - resp. so ist das nicht geplant. Es gibt dann nur so viele Direktmandate, wie der Partei laut Prozenten zustehen.
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sünnerklaas
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von sünnerklaas »

Atue001 hat geschrieben: Di 31. Jan 2023, 23:14 Oh - tatsächlich ist der Skandal noch viel größer! Statt 598 Abgeordnete haben wir 736 Abgeordnete - und das nur, damit 35 Abgeordnete, die in ihrem Wahlkreis eine relative Mehrheit bei den relativ unwichtigen Erststimmen bekommen haben, ins Parlament einziehen konnten. Tatsächlich hätten diese 35 Abgeordnete aber auch über die Landeslisten einziehen können - man hätte es nur entsprechend organisieren müssen. So aber zwingt die CSU die Bürger dieses Landes dazu, 138 zusätzliche Abgeordnete finanzieren zu müssen. Dass ausgerechnet diese 35 Abgeordneten ein besonders wichtiger Zugewinn für den Bundestag wären.....ist ehrlich gesagt bis heute eigentlich nicht in der Presse zu vernehmen gewesen. Hat das Land also durch diese zwangsfinanzierten Jobs wirklich einen Zugewinn?
Das Problem ist, dass in der UNION die Sorge umgeht, bei einer Wahlrechtsreform geringere Chancen bei Bundestagswahlen aufs Kanzleramt zu haben. Bei der CSU kommt hinzu: um den Parteifrieden - der in Wahrheit nichts weiter, als ein brüchiger Burgfrieden ist - zu wahren, ist man nicht nur auf die strikte Einhaltung des Regionalproporzes zwingend angewiesen, man braucht auch noch genügend Versorgungsposten, um Leute ruhig zu stellen. Sonst geht der Intrigantenstadl los.
Man hat es ja in der Ära Beckstein/Huber gesehen, zu was man in der Partei fähig ist, wenn da was nicht rund läuft. Der Umgang der Partei mit ihrem damaligen Parteivorsitzenden Erwin Huber war ja allerunterste Schublade.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Wähler »

Misterfritz hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:24 Nein,
so ist es nicht - resp. so ist das nicht geplant. Es gibt dann nur so viele Direktmandate, wie der Partei laut Prozenten zustehen.
Diese Feinheit dürfte aber vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden. Die PDS saß 2002 bei 4% Zweitstimmenergebnis mit 2 Direktmandaten in einem Bundestag mit 603 Abgeordneten. Maximal hätten ihr also 24 Direktmandate nach einer möglichen rechtsfesten Neuregelung des Wahlrechtes zugestanden.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Aurelius88 »

sünnerklaas hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:31 Das Problem ist, dass in der UNION die Sorge umgeht, bei einer Wahlrechtsreform geringere Chancen bei Bundestagswahlen aufs Kanzleramt zu haben. Bei der CSU kommt hinzu: um den Parteifrieden - der in Wahrheit nichts weiter, als ein brüchiger Burgfrieden ist - zu wahren, ist man nicht nur auf die strikte Einhaltung des Regionalproporzes zwingend angewiesen, man braucht auch noch genügend Versorgungsposten, um Leute ruhig zu stellen. Sonst geht der Intrigantenstadl los.
Man hat es ja in der Ära Beckstein/Huber gesehen, zu was man in der Partei fähig ist, wenn da was nicht rund läuft. Der Umgang der Partei mit ihrem damaligen Parteivorsitzenden Erwin Huber war ja allerunterste Schublade.
Sorgen um die Sicherung irgendwelcher "Versorgungsposten" der "Amigos" von der CSU sind aber kein stichhaltiges Argument für den Blähbundestag von über 700 Abgeordneten. Wenn es so weitergeht ist der deutsche Bundestag 2025 oder 2029 größer als der chinesische Volkskongress. Tolle Glanzleistung der Regionalpartei aus Bayern, natürlich auf Steuerzahlerkosten. :rolleyes:
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Misterfritz
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Misterfritz »

Wähler hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:33 Diese Feinheit dürfte aber vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden. Die PDS saß 2002 bei 4% Zweitstimmenergebnis mit 2 Direktmandaten in einem Bundestag mit 603 Abgeordneten. Maximal hätten ihr also 24 Direktmandate nach einer möglichen rechtsfesten Neuregelung des Wahlrechtes zugestanden.
Du kapierst es nicht, oder?
Nehmen wir noch mal die CSU in Bayern.
Bei der BT-Wahl würden sie 40 von 46 Wahlkreisen holen. Gerechnet nach Bundesebene hätten sie aber nur 5% der bundesweiten Sitze. 5% der Sitze wären aber nur so 30 Sitze. Damit fallen 10 Direktmandate weg.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:18 Selbst, wenn die CSU knapp unter 5% liegen würde, wären es so viele Direktmandate, wie ihr rein rechnerisch gemäß Zweitstimmenergebnis zuständen, unabhängig von der 5%-Hürde - also sicher mehr als 30 Direktmandate zum Beispiel. Es geht schließlich nur um die Zahl der sogenannten Ausgleichsmandate, die künftig abgeschnitten werden.
Wähler hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:33 Diese Feinheit dürfte aber vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden. Die PDS saß 2002 bei 4% Zweitstimmenergebnis mit 2 Direktmandaten in einem Bundestag mit 603 Abgeordneten. Maximal hätten ihr also 24 Direktmandate nach einer möglichen rechtsfesten Neuregelung des Wahlrechtes zugestanden.
Misterfritz hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:46 Du kapierst es nicht, oder?
Nehmen wir noch mal die CSU in Bayern.
Bei der BT-Wahl würden sie 40 von 46 Wahlkreisen holen. Gerechnet nach Bundesebene hätten sie aber nur 5% der bundesweiten Sitze. 5% der Sitze wären aber nur so 30 Sitze. Damit fallen 10 Direktmandate weg.
Genau so habe ich es oben auch gemeint, um die 30 Sitze auch bei 4,9% Zweitstimmenergebnis.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Misterfritz »

Wähler hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:50 Genau so habe ich es oben auch gemeint, um die 30 Sitze auch bei 4,9% Zweitstimmenergebnis.
Nein, bekommt die CSU nur 4.9% bundesweit, dann kommen sie auch nicht mehr in den BT.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Wähler »

Misterfritz hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:54 Nein, bekommt die CSU nur 4.9% bundesweit, dann kommen sie auch nicht mehr in den BT.
Dazu habe ich bereits geschrieben:
Wähler hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:33 Diese Feinheit dürfte aber vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden. Die PDS saß 2002 bei 4% Zweitstimmenergebnis mit 2 Direktmandaten in einem Bundestag mit 603 Abgeordneten. Maximal hätten ihr also 24 Direktmandate nach einer möglichen rechtsfesten Neuregelung des Wahlrechtes zugestanden.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Misterfritz »

Wähler hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:57 Dazu habe ich bereits geschrieben:
Ja, weil Du es falsch interpretierst.
Mit unter 5% hätte der PDS selbst mit Direktmandaten nach neuer Regelung exakt NULL Sitze zugestanden.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Wähler »

Hier der Gesetzesentwurf, über den am Freitag abgestimmt wird. §4 Absatz 2 Satz 2 enthält eine Bedingung von mindestens 3 direkt gewonnenen Wahlkreisen auch bei weniger als 5 Prozent der Hauptstimmen. Wie ist das zu verstehen? Hier besteht meiner Meinung nach noch Klärungsbedarf.
https://www.bundestag.de/dokumente/text ... etz-937896
Gesetzentwurf
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes

Drucksache 20/5370 20. Wahlperiode 24.01.2023
https://dserver.bundestag.de/btd/20/053/2005370.pdf
"(2) Zwischen den Parteien werden die Sitze im Verhältnis der Zahl der Hauptstimmen, die im Wahlgebiet für die Landeslisten der Partei abgegeben wurden, nach § 5 verteilt (Oberverteilung). Nicht berücksichtigt werden dabei
1. die Hauptstimmen derjenigen Wähler, die ihre Wahlkreisstimme für einen Bewerber abgegeben haben, der gemäß § 6 Absatz 2 erfolgreich ist, und
2. Parteien, die weniger als 5 Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Hauptstimmen erhalten haben, wenn sie in weniger als drei Wahlkreisen die meisten Wahlkreisstimmen errungen haben.
Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung auf Listen, die von Parteien nationaler Minderheiten eingereicht wurden."
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von JJazzGold »

Misterfritz hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:54 Nein, bekommt die CSU nur 4.9% bundesweit, dann kommen sie auch nicht mehr in den BT.
Was nicht korrekt sein kann, da die CSU nur in einem Bundesland gewählt werden kann und damit über 5% in einer Bundestagswahl kommen muss.
Entweder wird die CSU wie die dänische Minderheit behandelt, oder kommt über die Kombination mit der CDU auch mit einem Ergebnis unter 5% in den Bundestag.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Bogdan »

Wähler hat geschrieben: Mi 15. Mär 2023, 07:11 Hier der Gesetzesentwurf, über den am Freitag abgestimmt wird. §4 Absatz 2 Satz 2 enthält eine Bedingung von mindestens 3 direkt gewonnenen Wahlkreisen auch bei weniger als 5 Prozent der Hauptstimmen. Wie ist das zu verstehen? Hier besteht meiner Meinung nach noch Klärungsbedarf.
https://www.bundestag.de/dokumente/text ... etz-937896
Gesetzentwurf
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes

Drucksache 20/5370 20. Wahlperiode 24.01.2023
https://dserver.bundestag.de/btd/20/053/2005370.pdf
"(2) Zwischen den Parteien werden die Sitze im Verhältnis der Zahl der Hauptstimmen, die im Wahlgebiet für die Landeslisten der Partei abgegeben wurden, nach § 5 verteilt (Oberverteilung). Nicht berücksichtigt werden dabei
1. die Hauptstimmen derjenigen Wähler, die ihre Wahlkreisstimme für einen Bewerber abgegeben haben, der gemäß § 6 Absatz 2 erfolgreich ist, und
2. Parteien, die weniger als 5 Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Hauptstimmen erhalten haben, wenn sie in weniger als drei Wahlkreisen die meisten Wahlkreisstimmen errungen haben.
Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung auf Listen, die von Parteien nationaler Minderheiten eingereicht wurden."
Danke schön für das einstellen des Gesetzentwurfes. Das erspart das Suchen.
Wem Sachargumente fehlen, geht zu persönlichen Bemerkungen über. :?
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Seidenraupe
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

Misterfritz hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:46 Du kapierst es nicht, oder?
Nehmen wir noch mal die CSU in Bayern.
Bei der BT-Wahl würden sie 40 von 46 Wahlkreisen holen. Gerechnet nach Bundesebene hätten sie aber nur 5% der bundesweiten Sitze. 5% der Sitze wären aber nur so 30 Sitze. Damit fallen 10 Direktmandate weg.
nehmen wir als Beispiel die BTW von 2021:
CSU holt 45 von 46 Direktmandaten und 5,2% der Stimmen.
Wie du richtig schreibst, würden nach der Reform nicht mehr alle Direktkanditaten in den Bundestag einziehen, sondern nur 30 von 45.
Sollte die CSU bei den abgebeben Stimmen einer BTW unter die 5% rutschen würde die von der Ampel geplante Streichung der Grundmandatsklausel bewirken, dass die CSU trotz gewonnener 45 (von 46) Wahlkreise nicht im Bundestag vertreten wäre.
Da kann man schon fragen, ob die geplante Reform der Ampel "gerecht" oder parteipolitisch zugeschnitten ist.
Wer Ironie findet, kann sie behalten. Wer nicht, sein/ihr Problem.

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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

JJazzGold hat geschrieben: Mi 15. Mär 2023, 08:25 Was nicht korrekt sein kann, da die CSU nur in einem Bundesland gewählt werden kann und damit über 5% in einer Bundestagswahl kommen muss.
Entweder wird die CSU wie die dänische Minderheit behandelt, oder kommt über die Kombination mit der CDU auch mit einem Ergebnis unter 5% in den Bundestag.
Bei Bundestagswahlen dürfen nur Einzelparteien antreten. Eine "Koalition" aus CDU+CSU dürfte keine gemeinsame Liste aufstellen.
Heißt, die CSU könnte, um die 5% abzusichern, bundesweit antreten.
Was aber zur Folge hätte, dass die CDU auch in Bayern antreten und der CSU Mandate entreißen würde.
So oder so geht die Wahlrechtsreform der Ampel eindeutig zu Lasten des Freistaates und der bayerischen CSU.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

Bogdan hat geschrieben: Mi 15. Mär 2023, 08:25 Danke schön für das einstellen des Gesetzentwurfes. Das erspart das Suchen.
Hier der Gesetzesentwurf, über den am Freitag abgestimmt wird. §4 Absatz 2 Satz 2 enthält eine Bedingung von mindestens 3 direkt gewonnenen Wahlkreisen auch bei weniger als 5 Prozent der Hauptstimmen. Wie ist das zu verstehen? Hier besteht meiner Meinung nach noch Klärungsbedarf.
das ist auf den ersten Blick nicht der aktuelle Entwurf, sondern der vom Januar als noch 598 Sitze vorgesehen waren?
Zumindest enthält der Text einen Fehler. Er legt nicht dar, ob der Änderungantrag der Koalition angenommen oder abgelehnt wurde.
soweit ich weiß, soll die Grundmandatsklausel gestrichen werden (dh keine Mandate bei unter 5% Stimmenanteil, egal wieviel Wahlkreise gewonnen wurden)
Ergebnis der Ausschussberatung

Mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP hatte der Innenausschuss zuvor einen Änderungsantrag der Koalition, der neben der Erhöhung der Sollgröße des Bundestags von ursprünglich 598 auf 630 Mandaten auch einen Wegfall der sogenannten Grundmandatsklausel enthält.


Die Klausel sieht vor, dass eine Partei auch dann entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis im Bundestag vertreten ist, wenn sie weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen errungen hat, aber mindestens drei Direktmandate gewinnen konnte.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Wähler »

Hier eine Interpretation vom neuen §4 Abs. 2 des Entwurfes, die die Bedingung dreier direkt gewonner Wahlkreise wie folgt auslegt:
Wortmelder Forschungsblog Uni Erfurt 31. Januar 2023
https://www.uni-erfurt.de/forschung/akt ... hen-wuerde
" Sitze würden zwischen den Parteien nur noch „im Verhältnis der Zahl der Hauptstimmen, die im Wahlgebiet für die Landeslisten der Partei abgegeben wurden, […] verteilt (Oberverteilung). Nicht berücksichtigt werden dabei […] Parteien, die weniger als fünf Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Hauptstimmen erhalten haben, wenn sie in weniger als drei Wahlkreisen die meisten Wahlkreisstimmen errungen haben. […]“ (§ 4 Abs. 2 des Entwurfs). Wenn also eine Partei keinen 5%-Anteil an den Hauptstimmen erreicht, aber ein oder zwei Wahlkreise gewinnt, dann kämen diese beiden erfolgreichen Kandidat:innen – im Unterschied zum geltenden Wahlrecht – nicht mehr in den Bundestag."
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

Wähler hat geschrieben: Mi 15. Mär 2023, 14:46 Hier eine Interpretation vom neuen §4 Abs. 2 des Entwurfes, die die Bedingung dreier direkt gewonner Wahlkreise wie folgt auslegt:
Wortmelder Forschungsblog Uni Erfurt 31. Januar 2023
https://www.uni-erfurt.de/forschung/akt ... hen-wuerde
" Sitze würden zwischen den Parteien nur noch „im Verhältnis der Zahl der Hauptstimmen, die im Wahlgebiet für die Landeslisten der Partei abgegeben wurden, […] verteilt (Oberverteilung). Nicht berücksichtigt werden dabei […] Parteien, die weniger als fünf Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Hauptstimmen erhalten haben, wenn sie in weniger als drei Wahlkreisen die meisten Wahlkreisstimmen errungen haben. […]“ (§ 4 Abs. 2 des Entwurfs). Wenn also eine Partei keinen 5%-Anteil an den Hauptstimmen erreicht, aber ein oder zwei Wahlkreise gewinnt, dann kämen diese beiden erfolgreichen Kandidat:innen – im Unterschied zum geltenden Wahlrecht – nicht mehr in den Bundestag."
Die Darstellung entspricht nicht den Ampelplänen.
Das bedeutet die Grundmandatsklausel, die nach Plänen der Ampel am Freitag fallen soll:
Bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten der Parteien werden auch Parteien berücksichtigt, die nicht die 5-%-Hürde (Sperrklausel) überwunden haben, aber in mindestens drei Wahlkreisen (bei der Bundestagswahl 1953 genügte noch ein Wahlkreis) einen Sitz errungen haben.
https://www.bundeswahlleiter.de/service ... ausel.html

natürlich soll der Widerstand gegen die Wahlrchtsreform klein gehalten werden, weswegen der Wegfall der Grundmandatsklausel aktuell überweigend auf die Partei die Linke bezogen wird.

Sie würde aber ALLE Parteien betreffen, hier perspektivisch vorallem die CSU
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben: Mi 15. Mär 2023, 07:11 Hier der Gesetzesentwurf, über den am Freitag abgestimmt wird. §4 Absatz 2 Satz 2 enthält eine Bedingung von mindestens 3 direkt gewonnenen Wahlkreisen auch bei weniger als 5 Prozent der Hauptstimmen. Wie ist das zu verstehen? Hier besteht meiner Meinung nach noch Klärungsbedarf.
https://www.bundestag.de/dokumente/text ... etz-937896
Gesetzentwurf
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes

Drucksache 20/5370 20. Wahlperiode 24.01.2023
https://dserver.bundestag.de/btd/20/053/2005370.pdf
"(2) Zwischen den Parteien werden die Sitze im Verhältnis der Zahl der Hauptstimmen, die im Wahlgebiet für die Landeslisten der Partei abgegeben wurden, nach § 5 verteilt (Oberverteilung). Nicht berücksichtigt werden dabei
1. die Hauptstimmen derjenigen Wähler, die ihre Wahlkreisstimme für einen Bewerber abgegeben haben, der gemäß § 6 Absatz 2 erfolgreich ist, und
2. Parteien, die weniger als 5 Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Hauptstimmen erhalten haben, wenn sie in weniger als drei Wahlkreisen die meisten Wahlkreisstimmen errungen haben.
Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung auf Listen, die von Parteien nationaler Minderheiten eingereicht wurden."
Wähler hat geschrieben: Mi 15. Mär 2023, 14:46 Hier eine Interpretation vom neuen §4 Abs. 2 des Entwurfes, die die Bedingung dreier direkt gewonner Wahlkreise wie folgt auslegt:
Wortmelder Forschungsblog Uni Erfurt 31. Januar 2023
https://www.uni-erfurt.de/forschung/akt ... hen-wuerde
" Sitze würden zwischen den Parteien nur noch „im Verhältnis der Zahl der Hauptstimmen, die im Wahlgebiet für die Landeslisten der Partei abgegeben wurden, […] verteilt (Oberverteilung). Nicht berücksichtigt werden dabei […] Parteien, die weniger als fünf Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Hauptstimmen erhalten haben, wenn sie in weniger als drei Wahlkreisen die meisten Wahlkreisstimmen errungen haben. […]“ (§ 4 Abs. 2 des Entwurfs). Wenn also eine Partei keinen 5%-Anteil an den Hauptstimmen erreicht, aber ein oder zwei Wahlkreise gewinnt, dann kämen diese beiden erfolgreichen Kandidat:innen – im Unterschied zum geltenden Wahlrecht – nicht mehr in den Bundestag."
Seidenraupe hat geschrieben: Mi 15. Mär 2023, 14:56 Die Darstellung entspricht nicht den Ampelplänen.
Das bedeutet die Grundmandatsklausel, die nach Plänen der Ampel am Freitag fallen soll:
https://www.bundeswahlleiter.de/service ... ausel.html
natürlich soll der Widerstand gegen die Wahlrchtsreform klein gehalten werden, weswegen der Wegfall der Grundmandatsklausel aktuell überweigend auf die Partei die Linke bezogen wird.
Sie würde aber ALLE Parteien betreffen, hier perspektivisch vorallem die CSU
Entweder gibt es für §4 Absatz 2 Satz 2 einen aktuelleren Entwurf als den 24. Januar, oder es ist ein Ausführungsgesetz geplant. Aber in Sachen Logik stimmt hier etwas nicht.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

Die Grundmandatsklausel wird im Ampelvorschlag zum Wahlrecht ersatzlos gestrichen.
Wer Ironie findet, kann sie behalten. Wer nicht, sein/ihr Problem.

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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von lili »

Ich finde diese Reform falsch.
Wer einen Beruf ergreift, ist verloren.

Henry David Thoreau
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Misterfritz »

lili hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 10:15 Ich finde diese Reform falsch.
Wie wäre es mit etwas Begründung?
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Herr Gesangsverein »

Ich war gerade begeistert vom Parlamentsfernsehen auf Phoenix.
Da wurde angeführt, dass wenn alle oder fast alle Wahlkreise in Bayern den CSU Kandidaten wählen würden aber die CSU bundesweit an der 5% Hürde scheitert, der SSW (Südschleswiger Wählerverband) mächtiger würde als die CSU.

Abgesehen davon, dass dies eine Milchmädchenrechnung ist und man demjenigen erklärt hat was eine nationale Minderheit ist, sollte damit vollkommen klar sein, dass meine Stimme jetzt erst recht für die Reform sein muss.
lili
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von lili »

Misterfritz hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 10:16 Wie wäre es mit etwas Begründung?
Weil die 5% Hürde dabei nicht angegangen wird. Da habe ich die Befürchtung, dass neue Parteien noch weniger Chancen haben in den Bundestag einzuziehen. Es ist ja jetzt schon schwierig, aber da wäre noch etwas wie 4,9% durch die Direktmandate möglich gewesen. Ich kann verstehen, dass man den Bundestag verkleinern will, aber die Herangehensweise finde ich dann doch wieder fragwürdig.
Wer einen Beruf ergreift, ist verloren.

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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von streicher »

lili hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 11:14 Weil die 5% Hürde dabei nicht angegangen wird. Da habe ich die Befürchtung, dass neue Parteien noch weniger Chancen haben in den Bundestag einzuziehen. Es ist ja jetzt schon schwierig, aber da wäre noch etwas wie 4,9% durch die Direktmandate möglich gewesen. Ich kann verstehen, dass man den Bundestag verkleinern will, aber die Herangehensweise finde ich dann doch wieder fragwürdig.
Kommt auch auf das Ziel an. Wenn nun noch mehr Parteien in den Bundestag einziehen, zerbröselt er. Dann werden es mehr Parteien. Folge könnte sein, dass Koalitionen leichter zerbrechen. Italien hat damit schon Erfahrungen gemacht. Die 5%-Hürde würde ich, ehrlich gesagt, beibehalten.
Die Zukunft ist Geschichte.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Ove Haithabu »

JJazzGold hat geschrieben: Mi 15. Mär 2023, 08:25 Was nicht korrekt sein kann, da die CSU nur in einem Bundesland gewählt werden kann und damit über 5% in einer Bundestagswahl kommen muss.
Entweder wird die CSU wie die dänische Minderheit behandelt, oder kommt über die Kombination mit der CDU auch mit einem Ergebnis unter 5% in den Bundestag.
Das die CSU nur in Bayern gewählt werden kann ist aber deren Sache; Es ist ja nicht so das die CSU woanders verboten ist. Und wenn die bundesweit nicht auf mehr als 5% kommen sollten die auch nicht lauter trommeln als sie wichtig sind.

Die CSU sollte sich nun nicht beschweren denn die hatten lange genug Zeit um an der Gestaltung einer Reform mitzuwirken und sie haben es aus Eigeninteresse nicht getan. Und gerade die CSU sollte auch nicht mit der Wichtigkeit eines direkten Wahlkreisvertreters argumentieren denn die CSU stimmt eh immer nur nach Parteilinie. In anderen Parteien werden Themen viel kontroverser diskutiert. In der CSU wird gemacht was der Chef sagt, daher ist es auch völlig egal wer für die CSU im Bundestag sitzt und abstimmt.
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peterkneter
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von peterkneter »

Ich denke schon, dass es jetzt allerhöchste Zeit für eine Reform ist. Es kann nicht sein, dass der Bundestag immer weiter wächst. Die letzte Regierung konnte sich auch schon wegen der CSU nicht auf einen Kompromiss eignigen. Warum muss es eine Regionalpartei geben, die so einen großen Einfluss auf den Bund hat? Warum kann die CSU nicht zur CDU in Bayern werden, oder CDU und CSU werden eine Partei - die UNion- ?
Sollte der Bundesgerichtshof im Sinne der CSU entscheiden, dann wäre das das Ende einer sinnvollen Reform und wir müssten uns damit abfinden, dass es in Deutschland immer mehr Bundestagsabgeordnete gibt.
Das kann nicht wirklich das Ziel sein. Eine Möglichkeit wäre neue Wahlkreise zu ziehen - z.b. insgesamt nur 100. Allerdings ist das ein langer Prozess und um Gerrymandering zu vermeiden müsste das von unabhängiger Seite passieren.
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peterkneter
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von peterkneter »

Jetzt wurde die Reform erstmal beschlossen. Ich fürchte es gibt aber noch ein Nachspiel vor dem Bundesverfassungsgericht.

https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... e7a7402342
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von lili »

streicher hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 11:25 Kommt auch auf das Ziel an. Wenn nun noch mehr Parteien in den Bundestag einziehen, zerbröselt er. Dann werden es mehr Parteien. Folge könnte sein, dass Koalitionen leichter zerbrechen. Italien hat damit schon Erfahrungen gemacht. Die 5%-Hürde würde ich, ehrlich gesagt, beibehalten.
Ich hoffe ich bin nicht weg vom Thema. Ich neige dazu etwas sprunghaft zu sein.

Ich habe nur die Befürchtung dass neue Parteien nie in den Bundestag einziehen werden. Da die Chancen so niedrig sind. Ganz früher die Grünen, dann kamen irgendwann die Linken und 2015 ist die AFD in den Bundestag eingezogen.

Bei der besagten EU Wahl finde ich das z.B. besser.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Misterfritz »

lili hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 11:45 Ich hoffe ich bin nicht weg vom Thema. Ich neige dazu etwas sprunghaft zu sein.

Ich habe nur die Befürchtung dass neue Parteien nie in den Bundestag einziehen werden. Da die Chancen so niedrig sind. Ganz früher die Grünen, dann kamen irgendwann die Linken und 2015 ist die AFD in den Bundestag eingezogen.

Bei der besagten EU Wahl finde ich das z.B. besser.
Aha, also haben neue Parteien doch Chancen, in den BT zu kommen - wenn sie denn mit ihren Themen genügend Wähler überzeugen.

Und bei dem EU-Parlament sollte man nicht vergessen: Die müssen keine Regierung bilden, da fallen kleinere Fraktionen nicht so ins Gewicht.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von lili »

Misterfritz hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 11:50 Aha, also haben neue Parteien doch Chancen, in den BT zu kommen - wenn sie denn mit ihren Themen genügend Wähler überzeugen.

Und bei dem EU-Parlament sollte man nicht vergessen: Die müssen keine Regierung bilden, da fallen kleinere Fraktionen nicht so ins Gewicht.
Du hast Recht bezüglich dem EU-Parlament. Mir ging es eher um die Durchlässigkeit. Der Punkt ist nur, das viele Wähler aufgrund der 5% Hürde diese Parteien ja nicht wählen. Die sind davon eher abgeschreckt und wählen mit Bauchschmerzen eine Partei die im Bundestag ist.

Das sind aber nicht viele Parteien. Von den 80ern - 2023 waren es nur drei Neuzugänge. Ich finde es extrem wenig.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von JJazzGold »

Ove Haithabu hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 11:28 Das die CSU nur in Bayern gewählt werden kann ist aber deren Sache; Es ist ja nicht so das die CSU woanders verboten ist. Und wenn die bundesweit nicht auf mehr als 5% kommen sollten die auch nicht lauter trommeln als sie wichtig sind.

Die CSU sollte sich nun nicht beschweren denn die hatten lange genug Zeit um an der Gestaltung einer Reform mitzuwirken und sie haben es aus Eigeninteresse nicht getan. Und gerade die CSU sollte auch nicht mit der Wichtigkeit eines direkten Wahlkreisvertreters argumentieren denn die CSU stimmt eh immer nur nach Parteilinie. In anderen Parteien werden Themen viel kontroverser diskutiert. In der CSU wird gemacht was der Chef sagt, daher ist es auch völlig egal wer für die CSU im Bundestag sitzt und abstimmt.
Ich wette mit Ihnen, dass die CSU vor den BundesverfassungsgerichtGericht mit ihrer Klage aufgrund der jahrzehntelang.akzeptierten Konstellation, Bayern-CSU, Restdeutschland-CDU, Recht bekommt.
Insofern wäre es klug, bereits jetzt eine Ausnahmeregelung vorrätig zuhaben. Das

Was Sie an der CSU ansonsten zu bemängeln haben, das werden Sie bitte bei der CSU los.
Ich bin nicht die CSU und mich interessiert nur die Reform des Wahlrechts durch die Ampel und deren Auswirkungen.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

peterkneter hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 11:36 . Warum muss es eine Regionalpartei geben, die so einen großen Einfluss auf den Bund hat? Warum kann die CSU nicht zur CDU in Bayern werden, oder CDU und CSU werden eine Partei - die UNion- ?
Sollte der Bundesgerichtshof im Sinne der CSU entscheiden, dann wäre das das Ende einer sinnvollen Reform und wir müssten uns damit abfinden, dass es in Deutschland immer mehr Bundestagsabgeordnete gibt.
Das kann nicht wirklich das Ziel sein. Eine Möglichkeit wäre neue Wahlkreise zu ziehen - z.b. insgesamt nur 100. Allerdings ist das ein langer Prozess und um Gerrymandering zu vermeiden müsste das von unabhängiger Seite passieren.
Richtig, es ist allerhöchste Zeit für eine Reform gewesen. Der Deutsche Bundestag darf nicht immer weiter wachsen.
Allerdings sollte das auch gleich für die Bundesregierung mit gelten -- die wächst durch immer mehr neue Staatssekretäre und hohe Beamte gerade überproportional an und benötigt einen 777 Mio teuren Neubau (Kanzleramt) -- was schon seltsam anmutet.
Das Parlament, auf dessen Zusammensetzung der Wähler Einfluss nehmen kann, wird verkleinert. Der Regierungsapparat, auf den der Wähler KEINEN Einfluss nehmen kann wird hingegen aufgebläht.

Zur heutigen Entscheidung:
Dass die Entscheidung gegen den (nahezu sicheren) Einzug von direkt gewählten Kanditaten gefällt wurde, war nur eine Möglichkeit gewesen, wie eine Reform gestaltet werden konnte. Sie wurde gegen die regional verankerten (und idR. bekannten oder far beliebten) Direktkanditaten gefällt.
Weil der Ampel die Problematik verweister Wahlkreise bekannt war, hat sie die festgeschriebene Größe des Deutschen Bundestages um 32 Sitze auf 630 vergrößert.
Der komplette Wegfall der Grundmandatsklausel wurde erst in den letzten Tagen ins Gesetz geschrieben, wenn ich (allerdings unaufmerksam) die Debatte im DBT richtig verfolgt habe (Einlassung F. Merz)

Auch hier im thread schien der Wegfall der Grundmandatsklausel unbekannt zu sein -- ein Zeichen dafür , dass er in der öffentlichen Debatte wenig bis keine Rolle Debatte spielte (spielen sollte).

Die CSU als länderspezifische Partei MUSS es nicht geben, es DARF sie aber geben. Das leitet sich direkt aus der föderalen Konstitution der Bundesrepublik mit 16 (gegenüber dem Bund) eigenständigen Bundesländern ab.

Es gibt 299 Wahlkreise die ihre direktgewählten Kanditaten in den Deutschen Bundestag entsenden.
Leider muss man nun sagen: Es gab bislang die Möglichkeit, 299 Kanditaten direkt zu wählen.
Das ist nun vorbei.

Schaut man sich die Ergebnisse der letzten Bundestagswahl an, so haben nur 3 Parteien viele Direktmandate gewonnen.
Aus der Ampelkoalition trifft dies nur auf die SPD (121 Direktmandate aus gewonnenen Wahlkreisen) zu.
AfD und B90/Grünen haben jeweils nur 16 Wahlkreise gewonnen - und damit 16 direkt gewählte Abgeordnete in den Dt Bundestag entsendet. Alle anderen sind über die jeweiligen Parteilisten in den DBT eingezogen.
Wegen der Vollständigkeit: Die bundesweit antretende FDP errang 0 und die Linke 3 Direktmandate.

Die CDU errang 98, die CSU (mit 5,2% Gesamtstimmanteil) 45 Direktmandate über gewonnene Wahlkreise. Zusammen als Unionsfraktion sind das 143 Direktmandate und damit mehr als die regierenden SPD + B90/Grüne zusammen.

Der Bundestag hat heute eine richtungsweisende Entscheidung getroffen:
1. Bundestag im Vergleich zu vergangenen Legislaturen verkleinern
2. Bundestag über die festgelegte Größe von 598 Abgeordneten DAUERHAFT auf 630 zu vergößern
3. Die Anzahl der Wahlkreise beigehalten (299)
4. Die Möglichkeit, als direkter Abgeordneter und damit regionaler Vertreter in den DBZ einzuziehen, verringert bis unmöglich gemacht (Wegfall Grundmandatsklausel)

Dass sich vorallem Parteien, die wenig bis keine Direktmandate erringen könne, für dieses Gesetz besonders hervorgetan haben, kann kaum verwundern

Übersicht zur Anzahl Direktmandate/Partei seit Bestehen der Bundesrepublik hier
https://de.wikipedia.org/wiki/Direktmandat
Zuletzt geändert von Seidenraupe am Fr 17. Mär 2023, 12:33, insgesamt 5-mal geändert.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Bogdan »

lili hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 11:14 Weil die 5% Hürde dabei nicht angegangen wird. Da habe ich die Befürchtung, dass neue Parteien noch weniger Chancen haben in den Bundestag einzuziehen. Es ist ja jetzt schon schwierig, aber da wäre noch etwas wie 4,9% durch die Direktmandate möglich gewesen. Ich kann verstehen, dass man den Bundestag verkleinern will, aber die Herangehensweise finde ich dann doch wieder fragwürdig.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte 1990 die Fünf-Prozent-Sperrklausel auf Bundesebene in seiner bisherigen Rechtsprechung grundsätzlich für verfassungsgemäß, da es ein funktionsfähiges Parlament als ein höheres Gut ansah als die exakte Widerspiegelung des politischen Willens der Wähler.

https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCnf ... sprechung
Leider ist das so. Der konkrete Wille des Wählers ist weniger wert, wie ein funktionsfähiges Parlament.
Ein funktionsfähiges Parlament ist genau was. Warum funktioniert ein Parlament nicht mehr, wenn es eine
Sperrklausel von hat. Andere Demokratien haben eine geringer % Hürde und die Demokratien funktionieren auch.
Wem Sachargumente fehlen, geht zu persönlichen Bemerkungen über. :?
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von lili »

Bogdan hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 12:08 Leider ist das so. Der konkrete Wille des Wählers ist weniger wert, wie ein funktionsfähiges Parlament.
Ein funktionsfähiges Parlament ist genau was. Warum funktioniert ein Parlament nicht mehr, wenn es eine
Sperrklausel von hat. Andere Demokratien haben eine geringer % Hürde und die Demokratien funktionieren auch.
Sehe ich auch so.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von peterkneter »

Bogdan hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 12:08 Leider ist das so. Der konkrete Wille des Wählers ist weniger wert, wie ein funktionsfähiges Parlament.
Ein funktionsfähiges Parlament ist genau was. Warum funktioniert ein Parlament nicht mehr, wenn es eine
Sperrklausel von hat. Andere Demokratien haben eine geringer % Hürde und die Demokratien funktionieren auch.
Ja, funktioniern - aber teilweise sehr kritisch - man siehe Belgien und Niederlande oder Italien. Zersplittertes Parlament und schwierig Koalitionen zu halten.
In Italien gibt es im Durchschnitt deswegen jedes Jahr eine Parlamentswahl. Solche Zustände wünsche ich mir nicht!
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von peterkneter »

Seidenraupe hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 12:04 (...)

Der Bundestag hat heute eine richtungsweisende Entscheidung getroffen:
1. Bundestag im Vergleich zu vergangenen Legislaturen verkleinern
2. Bundestag über die festgelegte Größe von 598 Abgeordneten DAUERHAFT auf 630 zu vergößern
3. Die Anzahl der Wahlkreise beigehalten (299)
4. Die Möglichkeit, als direkter Abgeordneter und damit regionaler Vertreter in den DBZ einzuziehen, verringert bis unmöglich gemacht (Wegfall Grundmandatsklausel)

Dass sich vorallem Parteien, die wenig bis keine Direktmandate erringen könne, für dieses Gesetz besonders hervorgetan haben, kann kaum verwundern
Wie war eigentlich die Situation vor 2013, warum ist da der Bundestag nicht ausgeufert?
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von streicher »

lili hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 11:45 Ich habe nur die Befürchtung dass neue Parteien nie in den Bundestag einziehen werden. Da die Chancen so niedrig sind. Ganz früher die Grünen, dann kamen irgendwann die Linken und 2015 ist die AFD in den Bundestag eingezogen.
Dann bleiben wir für den Augenblick beim Bundestag. Ich finde drei Parteien in den letzten Jahrzehnten sogar ziemlich viel. In der Zahl und auf die Jahre wirken sie wenig, aber es braucht dafür auch die großen Konfliktlinien, den Bruch (Parteienzersplitterung) oder grundlegende Themen und Probleme, so dass eine Partei diesen Auftrieb bekommt. Zu bedenken gebe ich auch, dass diese Parteien geblieben sind. Keine Partei ist gegangen. Und das ist noch der Effekt das dahinterliegenden Wahlrechts, des Verhältniswahlrechts, dem man mit der Hürde eine Bremse eingebaut hat.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von streicher »

Bogdan hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 12:08 Warum funktioniert ein Parlament nicht mehr, wenn es eine
Sperrklausel von hat. Andere Demokratien haben eine geringer % Hürde und die Demokratien funktionieren auch.
Welche Länderbeispiele hast du in der Hinsicht im Auge?
Die Zukunft ist Geschichte.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Herr Gesangsverein »

Es ist eine hübsche Nebenwirkung, dass jetzt der CDU/CSU plötzlich die Idee kommt die 5% Hürde könnte undemokratisch sein.

Wenn es eine derartige Hürde überhaupt geben muss ist sie viel zu hoch angesetzt. Parteilose Abgeordnete haben auch keine depressiven Schübe wegen Vereinsamung. Oder mir ist jedenfalls keine Studie dazu bekannt.

Wenn also überhaupt erscheinen mir etwa 2% vertretbar. Bei 598 Sitzen sollte das gerundet 13 Abgeordnete als Minimum einer Fraktion im Bundestag ergeben. Das halte ich für ausreichend, wenn man nicht abergläubisch ist. Wir sind doch ein christlich geprägtes Land, ob wir wollen oder nicht. Was vor 2000 Jahren für den Protohippie am Abend bevor er an einem Holzgestell befestigt wurde gut war kann doch heute für uns nicht schlecht sein.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von sünnerklaas »

peterkneter hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 11:36 Warum kann die CSU nicht zur CDU in Bayern werden, oder CDU und CSU werden eine Partei - die UNion- ?
Das würde das bayerische CSU-Ego massiv schwächen. Man wäre keine eigenständige Partei mehr, man wäre vom Wohl und Wehe des Bundespräsidiums abhängig, dass dann auch de facto Durchgriff in die Münchner Staatskanzlei hätte.
Strauß hat ja seinerzeit die Kreuther Beschlüsse wieder einkassiert. Aus der Sorge, dass die CDU nach Bayern einmarschiert und ihm dann Kohl einen Aufpasser an den Kabinettstisch schickt, der dem Dicken aus Oggersheim über alles Bericht erstattet.
Die Frage wird natürlich sein: wie bewertet das BVerfG die jetzige Reform. Dabei muss man den Blick darauf werfen, dass die CSU eben eine Regionalpartei ist. Ich kann mir vorstellen, dass Karlsruhe da einiges an Nachbesserungen bei der Reform einfordern wird.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von JJazzGold »

Bogdan hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 12:08 Leider ist das so. Der konkrete Wille des Wählers ist weniger wert, wie ein funktionsfähiges Parlament.
Ein funktionsfähiges Parlament ist genau was. Warum funktioniert ein Parlament nicht mehr, wenn es eine
Sperrklausel von hat. Andere Demokratien haben eine geringer % Hürde und die Demokratien funktionieren auch.
z.B. Israel?
2%Sperrklausel
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

peterkneter hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 12:27 Wie war eigentlich die Situation vor 2013, warum ist da der Bundestag nicht ausgeufert?
dazu kurz skizziert
Bei den Bundestagswahlen von 1949 bis 2009 gab es keine Ausgleichsmandate, daher (und aufgrund der Sperrklausel) entsprach die Sitzverteilung im Bundestag nicht zwangsläufig der prozentualen Zweitstimmenverteilung.[2]

Seit Dezember 2011 galt ein modifiziertes Verfahren der Sitzverteilung für den Bundestag. Im Juli 2012 erklärte das Bundesverfassungsgericht dieses Verfahren für unwirksam. Der Zweite Senat gab mit seiner Entscheidung Verfassungsklagen der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen sowie von mehr als 3000 Bürgern statt.[3][4]

Im Oktober 2012 einigten sich schließlich die Regierung (CDU, CSU und FDP) und Teile der Opposition (SPD und Grüne) im Bundestag darauf, ab der Bundestagswahl 2013 Ausgleichsmandate für den Bundestag einzuführen.[5] Die Wahlrechtsreform wurde am 21. Februar 2013 im Bundestag beschlossen[6] und durch Anpassung des § 6 des Bundeswahlgesetzes umgesetzt.

Die Wahl 2013 ergab schließlich vier Überhangmandate für die CDU.[7] Durch die Verteilung nach Landeslisten in der 1. Stufe bestimmten jedoch in der 2. Stufe die 56 Mindestmandate der CSU die Gesamtgröße, sodass es insgesamt 29 Ausgleichsmandate gab.[8]
Die Regelung des Ausgleichs – nicht der Ausgleich an sich – und die damit verbundene Gefahr einer starken Aufblähung der Sitzzahl wurde bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens kritisiert.[9]
Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Direktkanditaten (Erststimme) über gewonnene Wahlkreise in den DBT entsenden kann als ihr rechnerisch nach Zweitstimmenergebnis (prozentualer Stimmanteil der PARTEIEN am Zweitstimmenergebnis) zustehen würden.
Problem ist das personalisierte Verhältniswahlrecht (Direktkanditetenwahl UND Parteienwahl mittels zwei Stimmen)
Diese Überhangmandate genannte Sitzverteilung wird durch Ausgleichsmandate ausgeglichen
Entwicklung der Ausgleichsmandate:
2013: 29
2017: 65
2021: 104
Quelle
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsmandat

Im Ampel-Entwurf vom Januar war die Streichung der Grundmandatsklausel noch nicht enthalten, sie wurde erst im letzten Moment in den Entwurf eingepasst.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

streicher hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 12:29 Dann bleiben wir für den Augenblick beim Bundestag. Ich finde drei Parteien in den letzten Jahrzehnten sogar ziemlich viel. In der Zahl und auf die Jahre wirken sie wenig, aber es braucht dafür auch die großen Konfliktlinien, den Bruch (Parteienzersplitterung) oder grundlegende Themen und Probleme, so dass eine Partei diesen Auftrieb bekommt. Zu bedenken gebe ich auch, dass diese Parteien geblieben sind. Keine Partei ist gegangen. Und das ist noch der Effekt das dahinterliegenden Wahlrechts, des Verhältniswahlrechts, dem man mit der Hürde eine Bremse eingebaut hat.
ich sehe mit dem neuen Gesetz das Verhältniswahlrecht gestärkt - die Gewichtung verschiebt sich zu Gunsten der Zweitstimme. Bei der Zweitstimme setzt auch die Grundmandatsstreichung an - Keine Entsendung von direkt (personalisiert) gewählten Kanditaten mehr, wenn die Partei im Zweitstimmenergebnis nicht über die 5% Hürde kommt.


Erststimme ist Kanditatenstimme.
Zweitstimme ist Parteistimme.


Die 5%-Klausel soll verhindern, dass Kleinstparteien in den DBT einziehen
Die Grundmandatsklausel, die es wohl seit Bestehen der Bundesrepoblik gab, zumindest wurde sie 1953 zum ersten Mal angewendet, sollte sicherstellen, dass eine Partei auch dann ihren direktgewähten Kanditaten in den DBT entsenden kann, wenn die Partei an der 5%Hürde scheitert.

genauer hier
https://www.bundeswahlleiter.de/service ... ausel.html
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

Wähler hat geschrieben: Mi 15. Mär 2023, 15:03 Entweder gibt es für §4 Absatz 2 Satz 2 einen aktuelleren Entwurf als den 24. Januar, oder es ist ein Ausführungsgesetz geplant. Aber in Sachen Logik stimmt hier etwas nicht.
wie ich dir schon erwiderte:
Das war der Vorschlag vom Januar.
Die Grundmandatsklausel wurde erst vor wenigen Tagen ersatzlos gestrichen und sie ist daher im neuen Gesetz nicht mehr enthalten.
Meine Annahme, dass man eine öffentliche Dabatte über die absehbare Auswirkung verhindern wollte, darf als sehr wahrscheinlich angenommen werden.
Gelenkt wurde die aufmerksamkeit allenfalls darauf, dass DIE LINKE aktuell als einzige im DBT vertretene Partei Nutznießerin der Grundmandatsklausel ist (so wie es auch ihre Rechtsvorgängerin PDS schon war)

Worum es kaum ging war tatsächlich die Besonderheit CSU, die 2021 bei einem 5,2% Stimmanteil deutschlandweit (Zweitstimmer) abschnitt aber 45 von 46 Wahlkreisen über die Erststimme gewonnen hat.
Würde sie die 5% Hürde bei den Zweitstimmen unterschreiten, säße trotzdem kein einziger Gewinner der Wahlkreise im DBT.

Ein ähnliches Problem (aber ohne Grundmandatsrelevanz) stellt sich in Baden-Württemberg wo die CDU sehr viele Wahlkreise über die Erststimme gewinnt aber durch den nicht ganz so hohen Anteil Zweitstimmen für die CDU nicht entsenden kann (verwaiste Wahkkreise)
Dagegen wurde mit der Aufstockung um 32 Mandate im DBT etwas Abhilfe geschaffen. (Kann auch der SPD nutzen)
Deswegen ist der Gang nach Karlsruhe vorprogrammiert.

Da es bei der Bundestagswahl KEINE Listenzusammenschlüsse geben darf (nach aktuellem Wahlrecht) sieht es für die CSU tatsächlich mau aus.

Abhilfe wäre bedingt möglich, wenn sich Parteien zu Listen zusammenschließen dürften.
Das würde dann aber auch für alle Parteien gelten, die an der 5%Hürde scheitern. Auch sie könnten sich dann untereinander zusammenschließen oder an eine bereits im DBT vorhandene Partei anbinden (zB Die Republikaner an die AfD).
Vorteil: Damit wären weniger Wählerstimmen wertlos
Nachteil: die 5% Hüde wäre wirksam zu umgehen
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Ove Haithabu »

JJazzGold hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 12:01 Ich wette mit Ihnen, dass die CSU vor den BundesverfassungsgerichtGericht mit ihrer Klage aufgrund der jahrzehntelang.akzeptierten Konstellation, Bayern-CSU, Restdeutschland-CDU, Recht bekommt.
Insofern wäre es klug, bereits jetzt eine Ausnahmeregelung vorrätig zuhaben. Das

Was Sie an der CSU ansonsten zu bemängeln haben, das werden Sie bitte bei der CSU los.
Ich bin nicht die CSU und mich interessiert nur die Reform des Wahlrechts durch die Ampel und deren Auswirkungen.
Wenn Sie argumentieren, das man für die CSU eine Ausnahmeregelung vorrätig haben soll, so bin ich befugt Ihnen zu antworten warum ich davon nichts halte.
Ob die Recht bekommen werden wir dann sehen. Das die klagen werden ist klar. Das die das nur aus Eigennutz tun auch.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Bogdan »

Seidenraupe hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 13:25

Da es bei der Bundestagswahl KEINE Listenzusammenschlüsse geben darf (nach aktuellem Wahlrecht) sieht es für die CSU tatsächlich mau aus.
Das lässt sich aber wohl ganz leicht umgehen. Siehe das Beispiel von PDS und WSAG zur Bundestagswahl 2005.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

Bogdan hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 14:00 Das lässt sich aber wohl ganz leicht umgehen. Siehe das Beispiel von PDS und WSAG zur Bundestagswahl 2005.
Das Modell "Offene Liste" funktioniert nicht bei einer Partei die nur in einem Bundesland und dessen "Schwester/Bruderpartei" in diesem BL nicht antritt.
Es kann sich ja kein bayerischer CSU Kandiat auf die bayerische CDU Liste setzen lassen ;)

Welche Möglichkeiten das Wahlrecht noch bietet, weiß ich nicht.
Es wird auf Karlsruhe ankommen ob das heute beschlossene Wahlrecht Bestand hat.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Ove Haithabu »

Seidenraupe hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 12:04 Es gibt 299 Wahlkreise die ihre direktgewählten Kanditaten in den Deutschen Bundestag entsenden.
Leider muss man nun sagen: Es gab bislang die Möglichkeit, 299 Kanditaten direkt zu wählen.
Das ist nun vorbei.
Im Prinzip stimmt das Argument. Auf dem Papier ist erst einmal toll wenn ich jemanden wählen kann weil ich davon überzeugt ist das der/diejenige dann für meine Belange im Bundestag abstimmt. Wenn das wegfällt ist es erst einmal schade.

Leider ist es in Deutschland aber eh unüblich, dass ein Abgeordneter bei wichtigen Abstimmungen anders abstimmt als die Partei es vorgibt. In anderen Ländern ist das anders. In Großbritannien ist der Abgeordnete einer Constituency freier, dort muss eine Regierungspartei oft in den eigenen Reihen nach Mehrheiten für eine Abstimmung suchen. Das ist zwar auch ab und zu doof, aber immerhim ist der gewählte Kandidat mehr auf die belange zu Hause fokussiert.

Und die meisten Erststimmen werden sowieso nach Parteizugehörigkeit vergeben. Und der größte Teil der Erststimmen, wo die Partei des Kandidaten nicht mit der Zweitstimme übereinstimmt, sind taktische Stimmen (z.B. der FDP Wähler stimmt für den Unionspolitiker weil der FDP Kandidat eh keine Chance hat).

Wenn man das betrachtet so ist der Verlust der Grundmandatsklausel nicht ganz so bitter wie es erscheint. Und die Abgeordneten kommen ja weiterhin von der Landesliste, also zumindest aus dem eigenen Bundesland.
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von streicher »

Seidenraupe hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 13:04 ich sehe mit dem neuen Gesetz das Verhältniswahlrecht gestärkt - die Gewichtung verschiebt sich zu Gunsten der Zweitstimme. Bei der Zweitstimme setzt auch die Grundmandatsstreichung an - Keine Entsendung von direkt (personalisiert) gewählten Kanditaten mehr, wenn die Partei im Zweitstimmenergebnis nicht über die 5% Hürde kommt.
Es gäbe nur noch Fraktionen, jedoch keine Gruppen mehr im Bundestag, allerdings.
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JJazzGold
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Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von JJazzGold »

Ove Haithabu hat geschrieben: Fr 17. Mär 2023, 13:54 Wenn Sie argumentieren, das man für die CSU eine Ausnahmeregelung vorrätig haben soll, so bin ich befugt Ihnen zu antworten warum ich davon nichts halte.
Ob die Recht bekommen werden wir dann sehen. Das die klagen werden ist klar. Das die das nur aus Eigennutz tun auch.
Das haben Sie ja auch. Wobei es unerheblich ist, was Sie oder ich davon halten.

An Stelle der CSU würde ich auch klagen, da es mir unzumutbar erscheint bei einer Bundestagswahl in nur einem Bundesland die 5% Hürde nehmen zu müssen, während die CDU dies in insgesamt 15 Bundesländern erreichen kann und alle anderen Parteien, Grüne, SPD, Die Linke, FDP, etc in allen 16 Bundesländern.
Um dieses Ungleichgewicht zu erkennen, dazu muss ich weder CSU, noch CSU Wähler sein.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt
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