Ich denke es kann sehr hilfreich sein eine Vogelperspektive einzunehmen und zu schauen, welche geopolitischen Veränderungen der Ukraine-Krieg in Europa und der Welt ausgelöst hat.
Daher möchte ich In diesem Strang darüber diskutieren, ob bzw. inwiefern es einen neuen kalten Krieg zwischen Russland und dem Westen gibt. Was ist wirklich neu?
Wo und auf welche Weise wird der Konflikt ausgefochten?
Was sind die Ziele der Kontrahenten, Russland auf der einen Seite und der Westen bzw. die NATO auf der anderen Seite.
Ich denke, dass von ganz entscheidender Bedeutung die geopolitische Kehrtwende von Deutschland ist, welche sich besonders beim Fall Steinmeier ablesen lässt, dessen Russlandpolitik gescheitert ist. Darum ist Deutschland nun gezwungen sich der Position, die vor allem von den USA, Großbritannien und den osteuropäischen Staaten seit vielen Jahren vertreten wird, anzuschließen. Denn Deutschland hat zum Beispiel lange die US-Raketenabwehr in Osteuropa verzögert, 2008 den NATO-Beitritt der Ukraine verhindert, man hat sich bei Nord Stream 2 unnachgiebig gezeigt und auch jetzt bremst man bei Sanktionen gegen Russland. Ich bin mir sicher, dass Putin bei seiner Entscheidung zum Krieg in der Ukraine auch daraufgesetzt hat, dass Deutschland bei einem schnellen russischen Sieg Sanktionen gegen Russland fast bis zur Bedeutungslosigkeit abschwächen wird, um die eigene Wirtschaft zu schützen. Der “Zeitenwende” in Deutschland kommt also eine ganz zentrale Rolle zu für die geopolitische Situation gegenüber Russland.
Es gab natürlich Gründe für die deutsche Position, die sich historisch vor allem durch die besondere Rolle Deutschlands im ersten kalten Krieg erklären lässt. Man hatte durch die Situation der innerdeutschen Teilung und der deutschen Verbrechen im Osten während des zweiten Weltkriegs immer eine besondere Perspektive auf Russland bzw. die Sowjetunion. Die Ostpolitik Willy Brandts, die deutsche Wiedervereinigung und günstiges Gas aus Russland sind ja auch Erfolge die Deutschlands versöhnliche Politik gegenüber Russland für sich reklamieren kann. Aber diese Politik wurde in den letzten 20 Jahren unter der Prämisse geführt, dass ein Wandel durch Verflechtung möglich ist. Das es möglich sein wird Russland durch wirtschaftliche Verflechtung einzubinden und damit die zivilgesellschaftliche Öffnung zu fördern und Russland von militärischen Abenteuern abzuhalten. Es lohnt sich durchzulesen, wie Steinmeier im März 2007 seine Politik begründet hat.
Was für die Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik gilt, trifft auch für das Verhältnis der EU zu Russland zu: Im Zeitalter der Globalisierung ist nicht Abgrenzung, sondern die Verflechtung und Vernetzung von Wirtschaft und Gesellschaft ein Erfolgsmodell. Dabei ist klar, dass Zusammenarbeit und Verflechtung keine Einbahnstraße sind, sondern auf Gegenseitigkeit beruhen müssen.
Vielfach werden in der europäischen Öffentlichkeit kritische Fragen nach der künftigen Entwicklung Russlands gestellt. Manche Beobachter befürchten, dass ein wieder erstarktes, selbstbewusstes Russland seinen Weg in Abgrenzung zur EU gehen könnte. Mein Eindruck ist, dass gerade in der Generation, die jetzt, 15 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion, Verantwortung in Russland trägt, viele – nicht nur Präsident Putin – Russland eng an Europa binden wollen. Wir erleben, wie steinig dieser Weg ist. Umwege sind wohl kaum zu vermeiden. Letztlich aber scheint in der russischen Elite die richtige Einschätzung zu dominieren, dass nur eine enge Partnerschaft mit der EU Russland in die Lage versetzt, die Vorteile, die die Globalisierung bietet, zu nutzen. Ziel europäischer Politik muss es daher sein, Russland weiter zur Kooperation zu ermutigen, auf der Grundlage einer nüchternen und realistischen Betrachtung übereinstimmender und divergierender Interessen. Strategien des „containment“, des indifferenten Nebeneinanders oder der nur selektiven Kooperation mit Russland, wie sie mitunter als Rezept für den Umgang mit einem außen-politisch selbstbewussten, manchmal sehr eigenwillig auftretenden Russland empfohlen werden, sind jedenfalls nicht im europäischen Interesse.
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Wir wollen ein Russland, das prosperiert und das – orientiert an den Werten, denen Europa verpflichtet ist, und unter Berücksichtigung seiner eigenen Traditionen – den Wandel zu einer stabilen, rechtsstaatlich verfassten Demokratie erfolgreich bewältigt. Das verlangt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, die weit über Öl und Gas hinausgeht, die unsere Zivilgesellschaften einschließt und die offen ist für den Dialog auch über Fragen, in denen wir nicht immer einer Meinung sind. Deshalb besteht auch zwischen unserem Interesse an einem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen und der Einhaltung rechtsstaatlicher und menschenrechtlicher Standards kein Widerspruch. Gerade wegen unseres Interesses an einem möglichst engen Austausch mit Russland werden wir auf ein offenes Wort unter Partnern nicht verzichten. So wird nach unserer Überzeugung eine Politik der Modernisierung Russlands nur erfolgreich sein können, wenn dabei demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien gestärkt werden. Rechtsstaatlichkeit, eine kritische Öffentlichkeit und eine lebendige Zivilgesellschaft erleichtern erfolgreiches Regieren, wie wir aus eigener Erfahrung wissen. […]
Verflechtung und Integration - Die neue Phase der Ostpolitik der EU
Das war wenige Wochen nach der Brandrede von Putin bei 43. Sicherheitskonferenz im Februar 2007. Und er hat ja ganz wesentlich die deutsche Außenpolitik geprägt. Steinmeier war 1999 bis 2005 Chef des Bundeskanzleramts unter Schröder. Er war 2005-2009 und 2013-2017 unter Merkel Außenminister.
Jetzt im Jahre 2022 musste Steinmeier das Scheitern eingestehen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erstmals Fehler in seiner Russlandpolitik eingestanden. Mehrere Medien berichten dies übereinstimmend. In seinem Amtssitz Schloss Bellevue erklärte er demnach: „Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler.“
„Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben“, erklärte Steinmeier gegenüber Journalisten. „Meine Einschätzung war, dass Wladimir Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen würde. Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt.“ Er sprach von einer „bitteren Bilanz“ der Russlandpolitik. „Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden.“
https://www.rnd.de/politik/frank-walter ... 3LM3M.html
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Wir müssen unterscheiden zwischen dem Putin, der 2001 im Deutschen Bundestag geredet hat, der den Eindruck erweckt hat, es gäbe hier die Chance für einen gemeinsamen Weg zu Demokratie, Freiheit und zur Beachtung von Menschenrechten, und dem eingebunkerten Kriegstreiber Putin des Jahres 2022. Auf der Strecke in diesen zwanzig Jahren ist etwas passiert, worüber wir länger nachdenken müssen. Das wirklich Traurige ist, dass wir in vielen Punkten gescheitert sind. Wir sind gescheitert mit dem Bemühen der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses – die große Vision von Gorbatschow –, wir sind gescheitert mit dem Bemühen, Russland einzubinden in eine europäische Sicherheitsarchitektur, wir sind gescheitert mit dem Bemühen der Charta von Paris, auch Russland mitzunehmen auf dem Weg Richtung Demokratie und Menschenrechte. Das ist eine bittere Bilanz, vor der wir stehen, und zu dieser bitteren Bilanz gehört auch die Fehleinschätzung, dass wir – und auch ich – gedacht haben, dass auch ein Putin des Jahres 2022 am Ende nicht den totalen politischen, wirtschaftlichen, moralischen Ruin des Landes hinnehmen würde für seine imperialen Träume oder seinen imperialen Wahn. […]
https://www.bundespraesident.de/SharedD ... r-ort.html
Was ich damit sagen will ist, dass der zweite kalte Krieg nicht etwas ist, was jetzt plötzlich durch den Ukraine-Krieg über uns gekommen ist. Russlands Ambitionen und Vorgehensweise haben sich nicht geändert, der geopolitische Konflikt besteht schon länger. Die eigentliche Zeitenwende besteht darin, dass sich von zwei Paradigmen über den Umgang mit Russland eines durchgesetzt hat und nun das kollektive Handeln ausschließlich bestimmt. Der Versuch Sicherheit mit Russland zu erreichen ist fürs Erste gescheitert. Jetzt gibt es nur noch Sicherheit gegen und vor Russland. Es werden keine Brücken mehr gebaut, sondern Sanktionen verhängt, Waffen geliefert und Truppen stationiert.
Diese neue Haltung hat ihren ersten Ausdruck gefunden in den Sanktionen gegen Russland und der militärischen und finanziellen Unterstützung für die Ukrainer. Dazu gibt es aber zahlreiche Weichenstellungen, die weit über den Krieg hinausgehen und die die geopolitische Situation grundsätzlich verändern. Eine solche Weichenstellung war eine gemeinsame Erklärung der Staats- und Regierungschefs der EU in Versailles am 11. März.
https://www.consilium.europa.eu/media/5 ... ion-de.pdf
Das sind zwar keine konkreten Beschlüsse, aber hier wurde deutlich gemacht, dass man die EU weiter in Richtung Russland ausweiten wird und dass die eigene Energieversorgung so schnell wie möglich von Russland unabhängig werden soll. Das wurde später konkretisiert. Man will bis Ende des Jahres 2/3 der russischen Gasimporte zurückfahren und bis weit vor 2030 die Importe komplett einstellen. Nachdem man nun die Erfahrung gemacht hat, wird hier also eine komplette Neuausrichtung der europäischen Versorgung angestrebt. Letztes Jahr hat Deutschland noch erbittert Nord Stream 2 verteidigt. Obwohl die USA und die Osteuropäer gewarnt haben, dass hier für Russland geopolitische Gründe zum Nachteil der Ukraine eine zentrale Rolle spielen. Nun ist Nord Stream 2 nicht nur stillgelegt, sondern es wird angestrebt in wenigen Jahren die komplette Gasversorgung durch Russland einzustellen. Die wirtschaftliche Verflechtung von der Steinmeier gesprochen hat, die wird jetzt ganz bewusst durch diesen Schritt und natürlich auch die Sanktionen ad acta gelegt. Damit ist es auf absehbarer Zeit vorbei.
Sicherheitspolitisch sieht man in Europa die Welt grundsätzlich verändert. Russland wird jetzt als eine unmittelbare Gefahr für den Frieden in Europa gesehen und Aufrüstung und Abschreckung sind jetzt das Gebot der Stunde. Es ist abzusehen, dass bisherige Rücksichtnahme auf Russland, was die Truppenstärke in der Nähe zur russischen Grenze angeht, aufgegeben werden könnte. Es herrscht jetzt die Ansicht vor, dass ein konventioneller Krieg gegen Russland eine unmittelbare und realistische Gefahr für die Mitglieder von EU und NATO ist. Es ist davon auszugehen, dass es zu langfristigen und grundlegenden Änderungen der NATO-Präsenz in Osteuropa kommt und zu zunehmenden militärischen Spannungen zwischen der NATO und Russland, die sich vor allem in und rund um das baltische Meer abspielen werden.
Die EU schätzt in seinem strategischen Kompass die Gefahr, die von Russland ausgeht, folgendermaßen ein:
Through the unprovoked and unjustified military aggression against Ukraine, Russia is grossly violating international law and the principles of the UN Charter and undermining European and global security and stability. This follows the military aggression in Georgia in 2008, as well as the illegal annexation of Crimea and the military intervention in Eastern Ukraine in 2014. Through this armed interference in Georgia and Ukraine, the de facto control over Belarus, as well as the continued presence of Russian troops in protracted conflicts, including in the Republic of Moldova, the Russian government is actively aiming to establish so-called spheres of influence. The armed aggression against Ukraine is showing the readiness to use the highest level of military force, regardless of legal or humanitarian considerations, combined with hybrid tactics, cyberattacks and foreign information manipulation and interference, economic and energy coercion and an aggressive nuclear rhetoric. These aggressive and revisionist actions for which the Russian government, together with its accomplice Belarus, is entirely responsible, severely and directly threaten the European security order and the security of European citizens. […]
https://data.consilium.europa.eu/doc/do ... NIT/en/pdf (S.7)
Die größte konventionelle Gefahr für NATO und EU geht von Russland im Baltikum aus. 2014 hatte man bei der NATO gemerkt, dass die baltischen Länder zwar 2004 der NATO beigetreten, aber eigentlich nicht zu verteidigen sind. Wenn Russland versucht die baltischen Länder zu erobern, dann können sie das theoretisch innerhalb weniger Tage schaffen. Daher hat man dann 2016 die NATO Enhanced Forward Presence beschlossen und aktuell im Februar 2022 sind in jeweils einer Basis in Estland, Lettland, Litauen und Polen in strategisch günstigen Positionen jeweils gut 1000 Soldaten stationiert, insgesamt knapp 5000. Diese Soldaten haben keine Aussicht darauf zusammen mit den Armeen der baltischen Staaten einen ernsthaften Angriff der Russen abzuwehren. Das ist an sich schon ein Offenbarungseid, dass die NATO einen Krieg gegen Russland um das Baltikum ziemlich sicher verlieren wird. Die Idee ist, dass Russland durch die Präsenz von internationalen Truppen von einem Angriff abgeschreckt werden soll. Die Rede ist von einer “Tripwire Force”. Die Präsenz einer kleinen Armee vor Ort soll die eigene Verpflichtung der Verteidigung signalisieren, ohne aber die Gegenseite zur weiteren Aufrüstung zu veranlassen, weil jetzt plötzlich eine fremde Armee vor der Haustür steht.
NATO: Reinforcing its eastern flank
Das Russland einen solchen Angriff irgendwann wagen könnte ist aber realistisch geworden, weil ein Blitzkrieg zur Hauptstadt mit anschließender nuklearer Abschreckung, um eine groß angelegte Intervention zu verhindern, exakt das Drehbuch war, welches in der Ukraine ablaufen sollte. Man wollte innerhalb von 3 Tagen Kiew erobern und man hatte nur wenige Tage vorher eine Übung mit ballistischen Raketen/Atombombenträgerraketen durchgeführt, welche die Einsatzfähigkeit des russischen Atomarsenals zeigen sollte. Wäre im Ukraine-Krieg für Russland alles nach Plan gelaufen, dann wäre das eine Blaupause gewesen, wie eine Eroberung des Baltikums ablaufen würde. Die Fahrt von der russischen Grenze nach Kiew sind 160km, die Fahrt von der russ. Grenze nach Riga sind 210km. Die allgemeine und nun veränderte Einschätzung ist die, dass Russland wirklich angreifen wird, wenn es eine Chance wittert. Daher muss man vorbereitet sein.
Es deutet sich daher nun an, dass man diesen “Tripwire”-Ansatz aufgibt und die Verteidigung des Baltikums stärkt, um die Abschreckung zu stärken. Es wurden bereits die Truppen auch im Baltikum aufgestockt, aber noch nichts was wirklich ernsthaft einen russischen Angriff aufhalten könnte. Die meisten NATO-Truppen sind immer noch in Polen, Rumänien, der Slowakei, Ungarn und Bulgarien. Dazu natürlich noch die Marinestreitkräfte im Mittelmeer, der Nordsee und im baltischen Meer, darunter mehrere Flugzeugträgerverbände.
NATO’s Eastern Flank: Stronger Defence and Deterrence.
https://en.wikipedia.org/wiki/NATO_Resp ... of_Ukraine
Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Luftraumüberwachung im baltischen Meer. Hier findet seit 2014 verstärkt eine Air Policing Mission der NATO statt, an der sich auch die Bundeswehr beteiligt. Es kommt in diesem Gebiet auch immer wieder zu Provokation der Russen, wenn diese unbefugt in den Luftraum der dortigen Staaten eindringen.
Am 29. und 30. Juni findet in Madrid nun ein Treffen der Staatschefs der NATO statt und es deutet sich an, dass dort die Zeitenwende der NATO beschlossen wird. Die Rede ist davon, dass die Truppenstärke der NATO in Osteuropa und den baltischen Staaten erhöht und neue Basen errichtet werden. Dazu ist es möglich, dass Finnland und vielleicht auch Schweden bis dahin ihre Mitgliedsanträge eingereicht und der NATO beitreten könnten. Beide Länder könnten eine Schlüsselrolle bei der Neuausrichtung spielen.
In an interview for The Telegraph, NATO Secretary-General Jens Stoltenberg revealed that the organization will strengthen its military troops on its eastern flank as part of a fundamental reset.
NATO is "in the midst of a very fundamental transformation," according to Stoltenberg, and this big "reset" will include the replacement of the relatively tiny "tripwire" presence on the alliance's eastern flank with larger forces.
According to The Telegraph, NATO military leaders are studying reset alternatives, and the alliance's military presence in countries such as Estonia, Latvia, Lithuania, and Poland is anticipated to be converted into a "major force".
"What we see now is a new reality, a new normal for European security," Stoltenberg told the publication, adding that NATO leaders are expected to make decisions on "what we call a reset, a longer-term adaptation of NATO" at the Madrid summit in June.
[…]
https://english.almayadeen.net/news/pol ... tern-flank
Öffentlich hat sich vor allem die Premierministerin von Estland für ein Ende des Tripwire-Ansatzes ausgesprochen:
Nato needs permanent force in eastern Europe to deter Russia, says Estonia
Was ist das Ziel der NATO bei diesem Konflikt?
Als erstes natürlich die Abschreckung Russlands, die Verteidigung vor militärischen Drohgebärden und die Wahrung der Unabhängigkeit seiner alten und neuen Mitglieder. Das Endziel ist der EU-Beitritt einer unabhängigen und wohlhabenden Ukraine.
Ein weiteres Ziel ist ein Paradigmenwechsel auf Seiten Russlands. Das man dort einsehen muss, dass man die gesetzten politischen Ziele eine Einflusssphäre zu erobern nicht erreichen kann. Ich denke das Ziel, welches Steinmeier formuliert hat – ein Russland welches politisch und wirtschaftlich in die europäischen Strukturen eingebunden und mit ihnen eng verflochten ist – durchaus richtig ist. Aber der Weg dorthin kann man nicht mit Putin und dem System um ihn herum gehen.
Russland muss also dazu gezwungen werden sein Verhalten gegenüber seinen Nachbarländern zu ändern, weil es einsehen muss, dass es sich damit nur schadet und seine selbst gesetzten Ziele nicht erreichen kann.
Denn Russlands Ziel ist offenbar seinen Einfluss in Osteuropa wieder auszudehnen. Sei es, weil man eine eurasische Supermacht von Lissabon bis Wladiwostok sein will. Sei es, weil man die drei russischen Länder Russland, Weißrussland und die Ukraine wieder vereinigen will. Sei es, weil man sich aufgrund “legitimer Sicherheitsinteressen” dazu gezwungen sieht die osteuropäische Tiefebene zu kontrollieren.
Daher meine Vermutung, dass dieser Konflikt jetzt sehr lange weitergehen wird, weil man weiterhin Sicherheit gegen Russland garantieren wird und sich dies erst ändern wird, wenn sich in Russland grundlegende Änderungen ergeben, die dort ein neues Paradigma mit Osteuropa umzugehen etablieren. Es darf keine Deals über die Köpfe der Osteuropäer hinweg und keine abgegrenzte Einflusssphären geben. Und wenn Russland es doch versucht, müssen sie militärisch gestoppt werden. Sei es durch NATO-Truppen unter Artikel 5 oder mit Waffenlieferungen an Nicht-NATO-Mitglieder.
Meine Einschätzung ist also, dass Russland durch den Ukraine-Krieg eine grundlegende Neuausrichtung im Westen ausgelöst hat, weil es nun einen neuen Konsens gibt, dass man mit Russland nicht zusammenarbeiten kann, sondern man russischen Einfluss militärisch eindämmen und jegliche Abhängigkeiten beenden muss. Dazu hat sich die Erwartungshaltung, was Russland bereit ist zu tun, um seine Ziele umzusetzen geändert. Russland schreckt auch vor einem großen Krieg nicht zurück. Die Front befindet sich dabei sowohl in der Ukraine, als auch im Baltikum und irgendwann vielleicht wieder im Kaukasus. Dazu natürlich die ganze hybride Kriegsführung, auf die ich hier jetzt noch nicht eingegangen bin. Das Ziel muss dabei sein eine Rückkehr russischen Einflusses in Osteuropa zu verhindern, weitere Kriege durch Abschreckung zu verhindern und langfristig Russland dazu zu zwingen die eigenen Ambitionen in Osteuropa aufzugeben.
Handelt es sich dabei aber wirklich um einen neuen kalten Krieg?
Die Antwort darauf ist meines Erachtens nein. Das liegt daran, dass der Konflikt letztlich auf Osteuropa und vielleicht irgendwann noch den Kaukasus begrenzt ist. Das hat viel damit zu tun, dass die Möglichkeit Russlands weltweit Macht zu projizieren weit hinter den entsprechenden Möglichkeiten der Sowjetunion hinterherhinkt. Russland ist nicht die Sowjetunion, sie sind jetzt viel schwächer.
Dennoch erinnert die Rhetorik im Moment sehr stark an den kalten Krieg, allerdings hat man nicht allein Russland zum Feind der freien Welt erklärt, sondern grundsätzlich den Autokratien/Autokraten, die die “regelbasierte Weltordnung” untergraben wollen. Besonders mit der Präsidentschaft von Joe Biden hat diese Rhetorik an Bedeutung gewonnen und es ist diese regelbasierte Weltordnung, welche die westlichen Staatschefs und Außenminister in ihren Reden verteidigen wollen, und die Populisten, Russland und natürlich China zu untergraben trachten. Ich denke es lohnt sich auch darüber mal zu unterhalten, was damit eigentlich gemeint ist und wie viel Sinn diese Rhetorik hat.
Strategic context: The rules-based international system
Rules-based order: What’s in a name?
But what does “rules-based order” mean?
https://en.wikipedia.org/wiki/Liberal_i ... onal_order