Ein zweiter Kalter Krieg?

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Platon
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Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Platon »

Liebe Forengemeinde

Ich denke es kann sehr hilfreich sein eine Vogelperspektive einzunehmen und zu schauen, welche geopolitischen Veränderungen der Ukraine-Krieg in Europa und der Welt ausgelöst hat.
Daher möchte ich In diesem Strang darüber diskutieren, ob bzw. inwiefern es einen neuen kalten Krieg zwischen Russland und dem Westen gibt. Was ist wirklich neu?
Wo und auf welche Weise wird der Konflikt ausgefochten?
Was sind die Ziele der Kontrahenten, Russland auf der einen Seite und der Westen bzw. die NATO auf der anderen Seite.

Ich denke, dass von ganz entscheidender Bedeutung die geopolitische Kehrtwende von Deutschland ist, welche sich besonders beim Fall Steinmeier ablesen lässt, dessen Russlandpolitik gescheitert ist. Darum ist Deutschland nun gezwungen sich der Position, die vor allem von den USA, Großbritannien und den osteuropäischen Staaten seit vielen Jahren vertreten wird, anzuschließen. Denn Deutschland hat zum Beispiel lange die US-Raketenabwehr in Osteuropa verzögert, 2008 den NATO-Beitritt der Ukraine verhindert, man hat sich bei Nord Stream 2 unnachgiebig gezeigt und auch jetzt bremst man bei Sanktionen gegen Russland. Ich bin mir sicher, dass Putin bei seiner Entscheidung zum Krieg in der Ukraine auch daraufgesetzt hat, dass Deutschland bei einem schnellen russischen Sieg Sanktionen gegen Russland fast bis zur Bedeutungslosigkeit abschwächen wird, um die eigene Wirtschaft zu schützen. Der “Zeitenwende” in Deutschland kommt also eine ganz zentrale Rolle zu für die geopolitische Situation gegenüber Russland.

Es gab natürlich Gründe für die deutsche Position, die sich historisch vor allem durch die besondere Rolle Deutschlands im ersten kalten Krieg erklären lässt. Man hatte durch die Situation der innerdeutschen Teilung und der deutschen Verbrechen im Osten während des zweiten Weltkriegs immer eine besondere Perspektive auf Russland bzw. die Sowjetunion. Die Ostpolitik Willy Brandts, die deutsche Wiedervereinigung und günstiges Gas aus Russland sind ja auch Erfolge die Deutschlands versöhnliche Politik gegenüber Russland für sich reklamieren kann. Aber diese Politik wurde in den letzten 20 Jahren unter der Prämisse geführt, dass ein Wandel durch Verflechtung möglich ist. Das es möglich sein wird Russland durch wirtschaftliche Verflechtung einzubinden und damit die zivilgesellschaftliche Öffnung zu fördern und Russland von militärischen Abenteuern abzuhalten. Es lohnt sich durchzulesen, wie Steinmeier im März 2007 seine Politik begründet hat.
Was für die Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik gilt, trifft auch für das Verhältnis der EU zu Russland zu: Im Zeitalter der Globalisierung ist nicht Abgrenzung, sondern die Verflechtung und Vernetzung von Wirtschaft und Gesellschaft ein Erfolgsmodell. Dabei ist klar, dass Zusammenarbeit und Verflechtung keine Einbahnstraße sind, sondern auf Gegenseitigkeit beruhen müssen.

Vielfach werden in der europäischen Öffentlichkeit kritische Fragen nach der künftigen Entwicklung Russlands gestellt. Manche Beobachter befürchten, dass ein wieder erstarktes, selbstbewusstes Russland seinen Weg in Abgrenzung zur EU gehen könnte. Mein Eindruck ist, dass gerade in der Generation, die jetzt, 15 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion, Verantwortung in Russland trägt, viele – nicht nur Präsident Putin – Russland eng an Europa binden wollen. Wir erleben, wie steinig dieser Weg ist. Umwege sind wohl kaum zu vermeiden. Letztlich aber scheint in der russischen Elite die richtige Einschätzung zu dominieren, dass nur eine enge Partnerschaft mit der EU Russland in die Lage versetzt, die Vorteile, die die Globalisierung bietet, zu nutzen. Ziel europäischer Politik muss es daher sein, Russland weiter zur Kooperation zu ermutigen, auf der Grundlage einer nüchternen und realistischen Betrachtung übereinstimmender und divergierender Interessen. Strategien des „containment“, des indifferenten Nebeneinanders oder der nur selektiven Kooperation mit Russland, wie sie mitunter als Rezept für den Umgang mit einem außen-politisch selbstbewussten, manchmal sehr eigenwillig auftretenden Russland empfohlen werden, sind jedenfalls nicht im europäischen Interesse.
[…]
Wir wollen ein Russland, das prosperiert und das – orientiert an den Werten, denen Europa verpflichtet ist, und unter Berücksichtigung seiner eigenen Traditionen – den Wandel zu einer stabilen, rechtsstaatlich verfassten Demokratie erfolgreich bewältigt. Das verlangt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, die weit über Öl und Gas hinausgeht, die unsere Zivilgesellschaften einschließt und die offen ist für den Dialog auch über Fragen, in denen wir nicht immer einer Meinung sind. Deshalb besteht auch zwischen unserem Interesse an einem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen und der Einhaltung rechtsstaatlicher und menschenrechtlicher Standards kein Widerspruch. Gerade wegen unseres Interesses an einem möglichst engen Austausch mit Russland werden wir auf ein offenes Wort unter Partnern nicht verzichten. So wird nach unserer Überzeugung eine Politik der Modernisierung Russlands nur erfolgreich sein können, wenn dabei demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien gestärkt werden. Rechtsstaatlichkeit, eine kritische Öffentlichkeit und eine lebendige Zivilgesellschaft erleichtern erfolgreiches Regieren, wie wir aus eigener Erfahrung wissen. […]

Verflechtung und Integration - Die neue Phase der Ostpolitik der EU

Das war wenige Wochen nach der Brandrede von Putin bei 43. Sicherheitskonferenz im Februar 2007. Und er hat ja ganz wesentlich die deutsche Außenpolitik geprägt. Steinmeier war 1999 bis 2005 Chef des Bundeskanzleramts unter Schröder. Er war 2005-2009 und 2013-2017 unter Merkel Außenminister.

Jetzt im Jahre 2022 musste Steinmeier das Scheitern eingestehen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erstmals Fehler in seiner Russlandpolitik eingestanden. Mehrere Medien berichten dies übereinstimmend. In seinem Amtssitz Schloss Bellevue erklärte er demnach: „Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler.“

„Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben“, erklärte Steinmeier gegenüber Journalisten. „Meine Einschätzung war, dass Wladimir Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen würde. Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt.“ Er sprach von einer „bitteren Bilanz“ der Russlandpolitik. „Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden.“

https://www.rnd.de/politik/frank-walter ... 3LM3M.html
[…]
Wir müssen unterscheiden zwischen dem Putin, der 2001 im Deutschen Bundestag geredet hat, der den Eindruck erweckt hat, es gäbe hier die Chance für einen gemeinsamen Weg zu Demokratie, Freiheit und zur Beachtung von Menschenrechten, und dem eingebunkerten Kriegstreiber Putin des Jahres 2022. Auf der Strecke in diesen zwanzig Jahren ist etwas passiert, worüber wir länger nachdenken müssen. Das wirklich Traurige ist, dass wir in vielen Punkten gescheitert sind. Wir sind gescheitert mit dem Bemühen der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses – die große Vision von Gorbatschow –, wir sind gescheitert mit dem Bemühen, Russland einzubinden in eine europäische Sicherheitsarchitektur, wir sind gescheitert mit dem Bemühen der Charta von Paris, auch Russland mitzunehmen auf dem Weg Richtung Demokratie und Menschenrechte. Das ist eine bittere Bilanz, vor der wir stehen, und zu dieser bitteren Bilanz gehört auch die Fehleinschätzung, dass wir – und auch ich – gedacht haben, dass auch ein Putin des Jahres 2022 am Ende nicht den totalen politischen, wirtschaftlichen, moralischen Ruin des Landes hinnehmen würde für seine imperialen Träume oder seinen imperialen Wahn. […]

https://www.bundespraesident.de/SharedD ... r-ort.html

Was ich damit sagen will ist, dass der zweite kalte Krieg nicht etwas ist, was jetzt plötzlich durch den Ukraine-Krieg über uns gekommen ist. Russlands Ambitionen und Vorgehensweise haben sich nicht geändert, der geopolitische Konflikt besteht schon länger. Die eigentliche Zeitenwende besteht darin, dass sich von zwei Paradigmen über den Umgang mit Russland eines durchgesetzt hat und nun das kollektive Handeln ausschließlich bestimmt. Der Versuch Sicherheit mit Russland zu erreichen ist fürs Erste gescheitert. Jetzt gibt es nur noch Sicherheit gegen und vor Russland. Es werden keine Brücken mehr gebaut, sondern Sanktionen verhängt, Waffen geliefert und Truppen stationiert.


Diese neue Haltung hat ihren ersten Ausdruck gefunden in den Sanktionen gegen Russland und der militärischen und finanziellen Unterstützung für die Ukrainer. Dazu gibt es aber zahlreiche Weichenstellungen, die weit über den Krieg hinausgehen und die die geopolitische Situation grundsätzlich verändern. Eine solche Weichenstellung war eine gemeinsame Erklärung der Staats- und Regierungschefs der EU in Versailles am 11. März.
https://www.consilium.europa.eu/media/5 ... ion-de.pdf

Das sind zwar keine konkreten Beschlüsse, aber hier wurde deutlich gemacht, dass man die EU weiter in Richtung Russland ausweiten wird und dass die eigene Energieversorgung so schnell wie möglich von Russland unabhängig werden soll. Das wurde später konkretisiert. Man will bis Ende des Jahres 2/3 der russischen Gasimporte zurückfahren und bis weit vor 2030 die Importe komplett einstellen. Nachdem man nun die Erfahrung gemacht hat, wird hier also eine komplette Neuausrichtung der europäischen Versorgung angestrebt. Letztes Jahr hat Deutschland noch erbittert Nord Stream 2 verteidigt. Obwohl die USA und die Osteuropäer gewarnt haben, dass hier für Russland geopolitische Gründe zum Nachteil der Ukraine eine zentrale Rolle spielen. Nun ist Nord Stream 2 nicht nur stillgelegt, sondern es wird angestrebt in wenigen Jahren die komplette Gasversorgung durch Russland einzustellen. Die wirtschaftliche Verflechtung von der Steinmeier gesprochen hat, die wird jetzt ganz bewusst durch diesen Schritt und natürlich auch die Sanktionen ad acta gelegt. Damit ist es auf absehbarer Zeit vorbei.


Sicherheitspolitisch sieht man in Europa die Welt grundsätzlich verändert. Russland wird jetzt als eine unmittelbare Gefahr für den Frieden in Europa gesehen und Aufrüstung und Abschreckung sind jetzt das Gebot der Stunde. Es ist abzusehen, dass bisherige Rücksichtnahme auf Russland, was die Truppenstärke in der Nähe zur russischen Grenze angeht, aufgegeben werden könnte. Es herrscht jetzt die Ansicht vor, dass ein konventioneller Krieg gegen Russland eine unmittelbare und realistische Gefahr für die Mitglieder von EU und NATO ist. Es ist davon auszugehen, dass es zu langfristigen und grundlegenden Änderungen der NATO-Präsenz in Osteuropa kommt und zu zunehmenden militärischen Spannungen zwischen der NATO und Russland, die sich vor allem in und rund um das baltische Meer abspielen werden.

Die EU schätzt in seinem strategischen Kompass die Gefahr, die von Russland ausgeht, folgendermaßen ein:
Through the unprovoked and unjustified military aggression against Ukraine, Russia is grossly violating international law and the principles of the UN Charter and undermining European and global security and stability. This follows the military aggression in Georgia in 2008, as well as the illegal annexation of Crimea and the military intervention in Eastern Ukraine in 2014. Through this armed interference in Georgia and Ukraine, the de facto control over Belarus, as well as the continued presence of Russian troops in protracted conflicts, including in the Republic of Moldova, the Russian government is actively aiming to establish so-called spheres of influence. The armed aggression against Ukraine is showing the readiness to use the highest level of military force, regardless of legal or humanitarian considerations, combined with hybrid tactics, cyberattacks and foreign information manipulation and interference, economic and energy coercion and an aggressive nuclear rhetoric. These aggressive and revisionist actions for which the Russian government, together with its accomplice Belarus, is entirely responsible, severely and directly threaten the European security order and the security of European citizens. […]

https://data.consilium.europa.eu/doc/do ... NIT/en/pdf (S.7)

Die größte konventionelle Gefahr für NATO und EU geht von Russland im Baltikum aus. 2014 hatte man bei der NATO gemerkt, dass die baltischen Länder zwar 2004 der NATO beigetreten, aber eigentlich nicht zu verteidigen sind. Wenn Russland versucht die baltischen Länder zu erobern, dann können sie das theoretisch innerhalb weniger Tage schaffen. Daher hat man dann 2016 die NATO Enhanced Forward Presence beschlossen und aktuell im Februar 2022 sind in jeweils einer Basis in Estland, Lettland, Litauen und Polen in strategisch günstigen Positionen jeweils gut 1000 Soldaten stationiert, insgesamt knapp 5000. Diese Soldaten haben keine Aussicht darauf zusammen mit den Armeen der baltischen Staaten einen ernsthaften Angriff der Russen abzuwehren. Das ist an sich schon ein Offenbarungseid, dass die NATO einen Krieg gegen Russland um das Baltikum ziemlich sicher verlieren wird. Die Idee ist, dass Russland durch die Präsenz von internationalen Truppen von einem Angriff abgeschreckt werden soll. Die Rede ist von einer “Tripwire Force”. Die Präsenz einer kleinen Armee vor Ort soll die eigene Verpflichtung der Verteidigung signalisieren, ohne aber die Gegenseite zur weiteren Aufrüstung zu veranlassen, weil jetzt plötzlich eine fremde Armee vor der Haustür steht.
NATO: Reinforcing its eastern flank

Das Russland einen solchen Angriff irgendwann wagen könnte ist aber realistisch geworden, weil ein Blitzkrieg zur Hauptstadt mit anschließender nuklearer Abschreckung, um eine groß angelegte Intervention zu verhindern, exakt das Drehbuch war, welches in der Ukraine ablaufen sollte. Man wollte innerhalb von 3 Tagen Kiew erobern und man hatte nur wenige Tage vorher eine Übung mit ballistischen Raketen/Atombombenträgerraketen durchgeführt, welche die Einsatzfähigkeit des russischen Atomarsenals zeigen sollte. Wäre im Ukraine-Krieg für Russland alles nach Plan gelaufen, dann wäre das eine Blaupause gewesen, wie eine Eroberung des Baltikums ablaufen würde. Die Fahrt von der russischen Grenze nach Kiew sind 160km, die Fahrt von der russ. Grenze nach Riga sind 210km. Die allgemeine und nun veränderte Einschätzung ist die, dass Russland wirklich angreifen wird, wenn es eine Chance wittert. Daher muss man vorbereitet sein.

Es deutet sich daher nun an, dass man diesen “Tripwire”-Ansatz aufgibt und die Verteidigung des Baltikums stärkt, um die Abschreckung zu stärken. Es wurden bereits die Truppen auch im Baltikum aufgestockt, aber noch nichts was wirklich ernsthaft einen russischen Angriff aufhalten könnte. Die meisten NATO-Truppen sind immer noch in Polen, Rumänien, der Slowakei, Ungarn und Bulgarien. Dazu natürlich noch die Marinestreitkräfte im Mittelmeer, der Nordsee und im baltischen Meer, darunter mehrere Flugzeugträgerverbände.
NATO’s Eastern Flank: Stronger Defence and Deterrence.
https://en.wikipedia.org/wiki/NATO_Resp ... of_Ukraine

Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Luftraumüberwachung im baltischen Meer. Hier findet seit 2014 verstärkt eine Air Policing Mission der NATO statt, an der sich auch die Bundeswehr beteiligt. Es kommt in diesem Gebiet auch immer wieder zu Provokation der Russen, wenn diese unbefugt in den Luftraum der dortigen Staaten eindringen.

Am 29. und 30. Juni findet in Madrid nun ein Treffen der Staatschefs der NATO statt und es deutet sich an, dass dort die Zeitenwende der NATO beschlossen wird. Die Rede ist davon, dass die Truppenstärke der NATO in Osteuropa und den baltischen Staaten erhöht und neue Basen errichtet werden. Dazu ist es möglich, dass Finnland und vielleicht auch Schweden bis dahin ihre Mitgliedsanträge eingereicht und der NATO beitreten könnten. Beide Länder könnten eine Schlüsselrolle bei der Neuausrichtung spielen.
In an interview for The Telegraph, NATO Secretary-General Jens Stoltenberg revealed that the organization will strengthen its military troops on its eastern flank as part of a fundamental reset.

NATO is "in the midst of a very fundamental transformation," according to Stoltenberg, and this big "reset" will include the replacement of the relatively tiny "tripwire" presence on the alliance's eastern flank with larger forces.

According to The Telegraph, NATO military leaders are studying reset alternatives, and the alliance's military presence in countries such as Estonia, Latvia, Lithuania, and Poland is anticipated to be converted into a "major force".

"What we see now is a new reality, a new normal for European security," Stoltenberg told the publication, adding that NATO leaders are expected to make decisions on "what we call a reset, a longer-term adaptation of NATO" at the Madrid summit in June.

[…]

https://english.almayadeen.net/news/pol ... tern-flank

Öffentlich hat sich vor allem die Premierministerin von Estland für ein Ende des Tripwire-Ansatzes ausgesprochen:
Nato needs permanent force in eastern Europe to deter Russia, says Estonia

Was ist das Ziel der NATO bei diesem Konflikt?
Als erstes natürlich die Abschreckung Russlands, die Verteidigung vor militärischen Drohgebärden und die Wahrung der Unabhängigkeit seiner alten und neuen Mitglieder. Das Endziel ist der EU-Beitritt einer unabhängigen und wohlhabenden Ukraine.

Ein weiteres Ziel ist ein Paradigmenwechsel auf Seiten Russlands. Das man dort einsehen muss, dass man die gesetzten politischen Ziele eine Einflusssphäre zu erobern nicht erreichen kann. Ich denke das Ziel, welches Steinmeier formuliert hat – ein Russland welches politisch und wirtschaftlich in die europäischen Strukturen eingebunden und mit ihnen eng verflochten ist – durchaus richtig ist. Aber der Weg dorthin kann man nicht mit Putin und dem System um ihn herum gehen.

Russland muss also dazu gezwungen werden sein Verhalten gegenüber seinen Nachbarländern zu ändern, weil es einsehen muss, dass es sich damit nur schadet und seine selbst gesetzten Ziele nicht erreichen kann.

Denn Russlands Ziel ist offenbar seinen Einfluss in Osteuropa wieder auszudehnen. Sei es, weil man eine eurasische Supermacht von Lissabon bis Wladiwostok sein will. Sei es, weil man die drei russischen Länder Russland, Weißrussland und die Ukraine wieder vereinigen will. Sei es, weil man sich aufgrund “legitimer Sicherheitsinteressen” dazu gezwungen sieht die osteuropäische Tiefebene zu kontrollieren.

Daher meine Vermutung, dass dieser Konflikt jetzt sehr lange weitergehen wird, weil man weiterhin Sicherheit gegen Russland garantieren wird und sich dies erst ändern wird, wenn sich in Russland grundlegende Änderungen ergeben, die dort ein neues Paradigma mit Osteuropa umzugehen etablieren. Es darf keine Deals über die Köpfe der Osteuropäer hinweg und keine abgegrenzte Einflusssphären geben. Und wenn Russland es doch versucht, müssen sie militärisch gestoppt werden. Sei es durch NATO-Truppen unter Artikel 5 oder mit Waffenlieferungen an Nicht-NATO-Mitglieder.


Meine Einschätzung ist also, dass Russland durch den Ukraine-Krieg eine grundlegende Neuausrichtung im Westen ausgelöst hat, weil es nun einen neuen Konsens gibt, dass man mit Russland nicht zusammenarbeiten kann, sondern man russischen Einfluss militärisch eindämmen und jegliche Abhängigkeiten beenden muss. Dazu hat sich die Erwartungshaltung, was Russland bereit ist zu tun, um seine Ziele umzusetzen geändert. Russland schreckt auch vor einem großen Krieg nicht zurück. Die Front befindet sich dabei sowohl in der Ukraine, als auch im Baltikum und irgendwann vielleicht wieder im Kaukasus. Dazu natürlich die ganze hybride Kriegsführung, auf die ich hier jetzt noch nicht eingegangen bin. Das Ziel muss dabei sein eine Rückkehr russischen Einflusses in Osteuropa zu verhindern, weitere Kriege durch Abschreckung zu verhindern und langfristig Russland dazu zu zwingen die eigenen Ambitionen in Osteuropa aufzugeben.

Handelt es sich dabei aber wirklich um einen neuen kalten Krieg?
Die Antwort darauf ist meines Erachtens nein. Das liegt daran, dass der Konflikt letztlich auf Osteuropa und vielleicht irgendwann noch den Kaukasus begrenzt ist. Das hat viel damit zu tun, dass die Möglichkeit Russlands weltweit Macht zu projizieren weit hinter den entsprechenden Möglichkeiten der Sowjetunion hinterherhinkt. Russland ist nicht die Sowjetunion, sie sind jetzt viel schwächer.

Dennoch erinnert die Rhetorik im Moment sehr stark an den kalten Krieg, allerdings hat man nicht allein Russland zum Feind der freien Welt erklärt, sondern grundsätzlich den Autokratien/Autokraten, die die “regelbasierte Weltordnung” untergraben wollen. Besonders mit der Präsidentschaft von Joe Biden hat diese Rhetorik an Bedeutung gewonnen und es ist diese regelbasierte Weltordnung, welche die westlichen Staatschefs und Außenminister in ihren Reden verteidigen wollen, und die Populisten, Russland und natürlich China zu untergraben trachten. Ich denke es lohnt sich auch darüber mal zu unterhalten, was damit eigentlich gemeint ist und wie viel Sinn diese Rhetorik hat.
Strategic context: The rules-based international system
Rules-based order: What’s in a name?
But what does “rules-based order” mean?
https://en.wikipedia.org/wiki/Liberal_i ... onal_order
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Wähler
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Wähler »

Auch wenn sich der Krieg in der Ukraine noch lange hinziehen kann, sollte jetzt das Nachdenken über den Wiederaufbau einer Friedens- und Sicherheitsarchitektur in Europa beginnen:
Die europäische Friedensstrategie muss neu aufgestellt werden TAZ 26. 3. 2022
https://taz.de/Friedenspolitik-in-Krieg ... /!5841209/
"Die europäische Friedens- und Sicherheitsarchitektur, wie sie in den letzten dreißig Jahren aufgebaut wurde, liegt in Trümmern, und auch die internationale regelbasierte Ordnung ist stark in Mitleidenschaft gezogen...
Diese Ordnung war im Kalten Krieg entstanden, in der Schlussakte von Helsinki 1975 niedergelegt, mit der Charta von Paris 1990 weiterentwickelt und im Rahmen der OSZE und dem Europarat in ein bindendes Vertragssystem überführt worden...
Gegenwärtig zeichnet sich ein Rückbau der Beziehungen zu Russland und möglicherweise auch zu China ab, und zwar politisch, wirtschaftlich und kulturell...
Die Gefahr ist, dass bei einem unkontrollierten Rückbau und dem Versuch, einseitige Abhängigkeiten und die daraus resultierenden Verwundbarkeiten zu reduzieren, Beziehungen zerstört werden könnten, die für beide Seiten weiterhin wichtig sind."
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Europa2050 »

Ich denke, es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Politiker, aus dem aktuellen heißen Krieg einen kalten zu machen.
Einen Adenauer (Frankreich) oder Brandt (Mittel- und Osteuropa) sehe ich aktuell auf russischer Seite nicht.

Und schließlich wäre es an der russischen Seite, so ziemlich allen Nachbarn die Hand zur Versöhnung zu reichen, wie damals Deutschland.

Aber erstmal wären die Verhältnisse 1945-1989 am eisernen Vorhang für die russisch-ukrainische Grenze besser als das, was jetzt ist.
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Panarin
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Panarin »

Europa2050 hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 09:05 Ich denke, es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Politiker, aus dem aktuellen heißen Krieg einen kalten zu machen.
Einen Adenauer (Frankreich) oder Brandt (Mittel- und Osteuropa) sehe ich aktuell auf russischer Seite nicht.

Und schließlich wäre es an der russischen Seite, so ziemlich allen Nachbarn die Hand zur Versöhnung zu reichen, wie damals Deutschland.

Aber erstmal wären die Verhältnisse 1945-1989 am eisernen Vorhang für die russisch-ukrainische Grenze besser als das, was jetzt ist.
Die russischen Adenauers und Brandts sind im Gefängnis, im Exil oder unter der Erde. Schlimmstenfalls sind sie noch nicht geboren.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Fuer Putin war der Irrglaube des Westens, der 1, kalte Krieg waere beendet eine gute Gelegenheit aufzuruesten. Das hat er auch gemacht und jetzt stehen wir nicht vor einen 2 kalten Krieg sinder vor dem 3. Weltkrieg.
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Tom Bombadil
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Platon hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 05:13Diese Soldaten haben keine Aussicht darauf zusammen mit den Armeen der baltischen Staaten einen ernsthaften Angriff der Russen abzuwehren. Das ist an sich schon ein Offenbarungseid, dass die NATO einen Krieg gegen Russland um das Baltikum ziemlich sicher verlieren wird.
Also wenn man sich die Performance der russ. Armee ansieht, dann teile ich diese Ansicht nicht. Die Suwalki-Lücke wird sicherlich schon jetzt stark befestigt - und damit meine ich nicht so etwas wie die Maginotlinie - aber sowas wie Minenfelder, Sprengfallen, Sprengladungen an strat. wichtigen Brücken, Weichen und Umstellwerken, "mobile" Panzersperren auf den wichtigsten Straßen usw. usf. um den Vormarsch zu verlangsamen. Und wenn so eine Panzersäule erstmal steht, ist sie ein gefundenes Fressen für die NATO Luftwaffe.

Wilna ist die am stärksten gefährdete Hauptstadt im Baltikum, die Litauer sollten mMn. Ersatzinfrastruktur in Klaipeda aufbauen. Aber auch dass diese Stadt von den Russen eingenommen wird ist keinesfalls sicher. Kharkiv liegt ähnlich nahe an der russ. Grenze und ist bis heute nicht eingenommen, die Russen konnten die Stadt noch nichtmal einkesseln, sie können die Stadt nur mit einem Terrorangriff nach dem anderen belegen. Das ist furchtbar für die Menschen dort, militärisch ist das eine Bankrotterklärung.

Die russ. Marine wird in der "Badewanne" Ostsee nicht wirklich agieren können, da liegen die Schiffe auf dem Präsentierteller, besonders falls Finnland und Schweden der NATO beitreten. Von daher sehe ich amphibische Landeoperationen als unwahrscheinlich an, das gäbe ein nettes Tontaubenschießen.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

Zu den Problemen einer Neuausrichtung der NATO-Strategie zählt der Umstand, dass Deutschland sich bei der Wiedervereinigung selbst kastriert hat, weil es sich nicht atomar bewaffnen darf. Demgemäß braucht es für die nukleare Abschreckung eine europäische Lösung. Die wird nur dann kommen, wenn Madame nicht Präsidentin Frankreichs wird. In diesem Fall hätte Russland gewonnen, denn ein nicht souveränes Deutschland und ein antideutsches und antieuropäisches Frankreich nebst einem europaabgewandten UK würde Europa blank dastehen lassen. Und die Welt wird ohnehin angefressen auf die verdammten Europäer blicken, die nun zum dritten Mal vor einem großen Krieg stehen.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Meruem »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 09:35 Also wenn man sich die Performance der russ. Armee ansieht, dann teile ich diese Ansicht nicht. Die Suwalki-Lücke wird sicherlich schon jetzt stark befestigt - und damit meine ich nicht so etwas wie die Maginotlinie - aber sowas wie Minenfelder, Sprengfallen, Sprengladungen an strat. wichtigen Brücken, Weichen und Umstellwerken, "mobile" Panzersperren auf den wichtigsten Straßen usw. usf. um den Vormarsch zu verlangsamen. Und wenn so eine Panzersäule erstmal steht, ist sie ein gefundenes Fressen für die NATO Luftwaffe.

Wilna ist die am stärksten gefährdete Hauptstadt im Baltikum, die Litauer sollten mMn. Ersatzinfrastruktur in Klaipeda aufbauen. Aber auch dass diese Stadt von den Russen eingenommen wird ist keinesfalls sicher. Kharkiv liegt ähnlich nahe an der russ. Grenze und ist bis heute nicht eingenommen, die Russen konnten die Stadt noch nichtmal einkesseln, sie können die Stadt nur mit einem Terrorangriff nach dem anderen belegen. Das ist furchtbar für die Menschen dort, militärisch ist das eine Bankrotterklärung.

Die russ. Marine wird in der "Badewanne" Ostsee nicht wirklich agieren können, da liegen die Schiffe auf dem Präsentierteller, besonders falls Finnland und Schweden der NATO beitreten. Von daher sehe ich amphibische Landeoperationen als unwahrscheinlich an, das gäbe ein nettes Tontaubenschießen.

Mag alles so sein, es dürfte aber dennoch schwierig werden die baltischen Länder wenn Russland wirklich ernst machen sollte zu verteidigen, das Baltikum ist nicht die Ukraine. Auch liegen Lettland, Estland und Litauen geographisch ziemlich ungünstig, eingezwängt zwischen Russland, der Enklave Kaliningrad und der Ostsee, ich zweifel doch arg das die NATO das Baltikum wird lange halte können, zumal wenn Putin das Baltikum vom Land her von den westlichen NATO Ländern komplett abschneiden würde.
Zuletzt geändert von Meruem am Sa 16. Apr 2022, 10:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Erasmus hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 09:51 ...ein nicht souveränes Deutschland...
OMG, diese Verschwörungstheorien von rechtsdraußen werden wohl auch nie aufhören :dead: Oder sind alle Unterzeichnerstaaten des NPT, die auf Kernwaffen verzichten, nicht souverän?
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Meruem hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 09:51Mag alles so sein, es dürfte aber dennoch schwierig werden die baltischen Länder wenn Russland wirklich ernst machen sollte zu verteidigen, das Baltikum ist nicht die Ukraine.
Dann will Russland in der Ukraine nicht ernst machen wollen? Das Baltikum ist dichter bewaldet, besonders als der Süden der Ukraine, es gibt viele Sumpfgebiete und nur wenige größere Straßen von Ost nach West. Dass die Verteidigung des Baltikums einfach würde, habe ich auch nicht behauptet.
Auch liegen Lettland, Estland und Litauen geographisch ziemlich ungünstig, eingezwängt zwischen Russland, der Enklave Kaliningrad und der Ostsee...
Die NATO wird sehr schnell die absolute Lufthoheit erringen und demzufolge auch die Ostsee beherrschen, das heißt, das Baltikum kann auch ungestört auf dem Seeweg versorgt werden, während in Kaliningrad keinerlei Nachschub mehr ankommt.
...ich zweifel doch Arg das die NATO das Baltikum wird lange halte können...
Wie gesagt, angesichts der russ. Performance in ihrem verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wage ich zu bezweifeln, dass die russ. Armee das Baltikum erobern können wird, zumal man jetzt - anders als die Ukrainer - jederzeit mit einem russ. Angriff rechnen wird, jedes russ. Manöver in Belarus wird entsprechende Truppenkonzentrationen der NATO zur Folge haben, ein Überraschungsangriff ist ausgeschlossen.
...zumal wenn Putin das Baktikum vom Land her von den westlichen NATO Ländern komplett abschneiden würde...
Wird Putin mMn. nicht schaffen, diese Gefahr ist erkannt. Aber selbst wenn Putin die Suwalki-Lücke schließen könnte, wird die NATO wie schon geschrieben die Lufthoheit und Herrschaft über die Ostsee haben und das Baltikum von See versorgen können.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:00 OMG, diese Verschwörungstheorien von rechtsdraußen werden wohl auch nie aufhören :dead: Oder sind alle Unterzeichnerstaaten des NPT, die auf Kernwaffen verzichten, nicht souverän?
Wer freiwillig verzichtet, verzichtet freiwillig. Deutschland hat sich aus verständlichen Gründen im Zweiplusviervertrag verpflichtet, also seine Souveränität noch einmal eingeschränkt. Das ist eine rein deskriptive Feststellung, die die anderen Länder berücksichtigen müssen. Mich kotzt dabei an, dass das Deskriptive dann wieder als politisch Rechtsaußen diffamiert wird. Tatsachen sind einfach dazu da, berücksichtigt zu werden. Und du kannst ja mal eine resteuropäische, nicht-deutsche Mütze aufsetzen und dir überlegen, dass die anderen im Prinzip dadurch auf das größte und wirtschaftlich stärkste Land in atomarer Hinsicht, falls man seine Strategie dahingehend ändern möchte, verzichten müsste. Deine entsprechenden gesäßgeographischen Diffamierungen kannst du dir also sparen, sofern du Tatsachen von Theorien unterscheiden kannst. Einfach mal die Schubladen im Kopf aufziehen und durchlüften und raus aus dem reduktionistischen Twittermodus.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Erasmus hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:16Mich kotzt dabei an, dass das Deskriptive dann wieder als politisch Rechtsaußen diffamiert wird.
Nix, "das Deskriptive: Deutschland hat den 2+4 Vertrag freiwillig unterschrieben, man wurde nicht dazu gezwungen. Deutschland IST souverän, daran ändern weder das Narrativ von Rechtsdraußen, Deutschland wäre nicht souverän, noch deine schwatzhaften, aber letzten Endes erfolglosen, Beleidigungsversuche, rein gar nichts.
Auch das "Resteuropa" hat - wie Deutschland - ganz freiwillig den NPT unterschrieben und verzichtet auf Kernwaffen. Das ist angesichts eines feindlich gesinnten Putins sicherlich ein Problem, muss aber in erster Linie durch die verbliebenen westlichen Kernwaffenmächte USA, GB und F aufgefangen werden. Den NPT zu kündigen hätte allerdings eine gefährliche Signalwirkung für andere Länder wie zB. den Iran.
Im übrigen schränkt JEDER internationale Vertrag die Souveränität ein, das ist nichts, was exclusiv Deutschland zuträfe.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Platon »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 09:35 Also wenn man sich die Performance der russ. Armee ansieht, dann teile ich diese Ansicht nicht. [...]
Allerdings werden die Russen in so einem Krieg viele Fehler nicht machen, die sie gegen die Ukraine in den ersten Wochen gemacht haben. Sie haben die ukrainische Armee unterschätzt, aber das wird ihnen bei der NATO nicht passieren. Die russische Armee - von wem auch immer in 5 oder 10 Jahren kommandiert - wird seine Lehren aus diesem Krieg ziehen und es wird zu entsprechenden Reformen und Aufrüstungsprogrammen kommen. Es hat ja bereits jetzt die ersten Säuberungen gegeben bei den Leuten, welche wesentlich dieses Fiasko zu verantworten haben, der Verteidigungsminister ist ja nur der Prominenteste davon. Und man hat ja auch für die Ukraine die Strategie gewechselt. Viele der anderen Probleme sind dazu in ein paar Jahren lösbar mit einer besseren Ausbildung zum Beispiel. Man darf erwarten, dass die russische Armee sich beim nächsten Krieg deutlich geschickter anstellen wird, als jetzt in der Ukraine.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Misterfritz »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:15 Wie gesagt, angesichts der russ. Performance in ihrem verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wage ich zu bezweifeln, dass die russ. Armee das Baltikum erobern können wird, zumal man jetzt - anders als die Ukrainer - jederzeit mit einem russ. Angriff rechnen wird, jedes russ. Manöver in Belarus wird entsprechende Truppenkonzentrationen der NATO zur Folge haben, ein Überraschungsangriff ist ausgeschlossen.
Vor Allem: Russland kämpft jetzt "nur" gegen die Ukraine und ist dabei nicht sonderlich erfolgreich. Gegen die NATO dürfte Russland schnell auf verlorenem Posten stehen.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

Meruem hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 09:51 Mag alles so sein, es dürfte aber dennoch schwierig werden die baltischen Länder wenn Russland wirklich ernst machen sollte zu verteidigen, das Baltikum ist nicht die Ukraine. Auch liegen Lettland, Estland und Litauen geographisch ziemlich ungünstig, eingezwängt zwischen Russland, der Enklave Kaliningrad und der Ostsee, ich zweifel doch arg das die NATO das Baltikum wird lange halte können, zumal wenn Putin das Baltikum vom Land her von den westlichen NATO Ländern komplett abschneiden würde.
Das wäre ja dann der Punkt nachzudenken, welches Szenario man umgekehrt androht. Wenn Finnland und Schweden in die NATO kämen, wäre im Zweifelsfall die Ostsee ziemlich dicht für Russland, und Sankt Petersburg liegt dann ziemlich nah.

Wie immer die neue Ordnung aussieht. Fällt Frankreich an die Rechten, wird’s für Europa eng. Auch für die Balten. Daher bleibt nur die Hoffnung, dass einerseits die ganzen autoritären Putintrollparteien zurückgedrängt werden und Europa jetzt zweitens auf eine gemeinsame Politik der Stärke setzt, ohne dass Militarismus und das Autoritäre dabei die Oberhand gewinnen. Aber mehr Autarkie und Robustheit täten der Sache gut.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Adam Smith »

Platon hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:31 Man darf erwarten, dass die russische Armee sich beim nächsten Krieg deutlich geschickter anstellen wird, als jetzt in der Ukraine.
Der Krieg gegen die Ukraine ist noch lange nicht vorbei. Wobei sich Russland in Bezug auf den Krieg gegen die Ukraine nun geschickter anstellen könnte.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:29 Nix, "das Deskriptive: Deutschland hat den 2+4 Vertrag freiwillig unterschrieben, man wurde nicht dazu gezwungen. Deutschland IST souverän, daran ändern weder das Narrativ von Rechtsdraußen, Deutschland wäre nicht souverän, noch deine schwatzhaften, aber letzten Endes erfolglosen, Beleidigungsversuche, rein gar nichts.
Auch das "Resteuropa" hat - wie Deutschland - ganz freiwillig den NPT unterschrieben und verzichtet auf Kernwaffen. Das ist angesichts eines feindlich gesinnten Putins sicherlich ein Problem, muss aber in erster Linie durch die verbliebenen westlichen Kernwaffenmächte USA, GB und F aufgefangen werden. Den NPT zu kündigen hätte allerdings eine gefährliche Signalwirkung für andere Länder wie zB. den Iran.
Im übrigen schränkt JEDER internationale Vertrag die Souveränität ein, das ist nichts, was exclusiv Deutschland zuträfe.
Wenn Frankreich an die Rechte fällt und die USA an Trump, bricht dein Szenario zusammen.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Europa2050 »

Adam Smith hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:39 Der Krieg gegen die Ukraine ist noch lange nicht vorbei. Wobei sich Russland in Bezug auf den Krieg gegen die Ukraine nun geschickter anstellen könnte.
… was man an der Moskwa ja eindrucksvoll sehen konnte …
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Platon hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:31 Man darf erwarten, dass die russische Armee sich beim nächsten Krieg deutlich geschickter anstellen wird, als jetzt in der Ukraine.
Möglich, aber man darf auch nicht vergessen, dass die NATO deutlich besser ausgerüstet und ausgebildet ist als die ukr. Armee. Dazu kommt dann die totale Lufthoheit, die jegliche russ. Panzertruppen in einen Haufen Altmetall verwandelt.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Erasmus hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:41 Wenn Frankreich an die Rechte fällt und die USA an Trump...
Warten wir es ab, im Moment liegt Macron vor Le Pen und ob Trump überhaupt antritt, steht auch noch in den Sternen.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:51 Warten wir es ab, im Moment liegt Macron vor Le Pen und ob Trump überhaupt antritt, steht auch noch in den Sternen.
Das muss nicht Trump selbst sein, jeder Republikaner wird derzeit aus dieser Richtung kommen.
Und die Europäer müssen eine Strategie finden, sich eigenständig zu machen. Und derzeit sähe es ohne Frankreich und die USA verheerend aus. Nicht nur nuklear, auch konventionell und vermutlich auch im Cyberbereich. In allen drei Bereichen ist Deutschland momentan Entwicklungsland.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Erasmus hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:58Das muss nicht Trump selbst sein, jeder Republikaner wird derzeit aus dieser Richtung kommen.
Abwarten.
In allen drei Bereichen ist Deutschland momentan Entwicklungsland.
Zustimmung, aber Deutschland und auch Resteuropa werden sich nicht nuklear bewaffnen, weil dann der NPT den Bach runtergeht und das Risiko der Proliferation solcher Waffen stark ansteigt.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Meruem »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 11:04 Abwarten.


Zustimmung, aber Deutschland und auch Resteuropa werden sich nicht nuklear bewaffnen, weil dann der NPT den Bach runtergeht und das Risiko der Proliferation solcher Waffen stark ansteigt.

Richtig und dann dauert es nicht lange dass weitere Staaten auch Nuklearwaffen sich besorgen oder entwickeln z.b..Japan, Ägypten, Brasilien usw. eine Welt voller Atomwaffen.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Erasmus hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 09:51 Zu den Problemen einer Neuausrichtung der NATO-Strategie zählt der Umstand, dass Deutschland sich bei der Wiedervereinigung selbst kastriert hat, weil es sich nicht atomar bewaffnen darf. Demgemäß braucht es für die nukleare Abschreckung eine europäische Lösung. Die wird nur dann kommen, wenn Madame nicht Präsidentin Frankreichs wird. In diesem Fall hätte Russland gewonnen, denn ein nicht souveränes Deutschland und ein antideutsches und antieuropäisches Frankreich nebst einem europaabgewandten UK würde Europa blank dastehen lassen. Und die Welt wird ohnehin angefressen auf die verdammten Europäer blicken, die nun zum dritten Mal vor einem großen Krieg stehen.
Touche Monsieur. Wenn Cette Putain fasciste die Wahlen in Frankreich gewinnen sollte, dann ist die EU am Ende, die Nato auch und Mme Putain Le Pen und ihr russischer Foerderer haben leichtes Spiel.

Am 24/04/2022 wird sich unsere Zukunft entscheiden. Nicht nur fuer Europa sondern die Welt. La Putain Le Pen muss gestoppt werden. Und bitte nicht meine Ausdrucksweise kritisieren. Wir in Australien call a spade a spade.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:51 Warten wir es ab, im Moment liegt Macron vor Le Pen und ob Trump überhaupt antritt, steht auch noch in den Sternen.
Mme Le Pen darf nicht gewinnen , unter keinen Umstaenden! Es waere das Ende der EU, das Ende der Nato und Putler's wet dreams wuerden Realitaet!
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

@Platon

Russland mag heute schwächer sein als die Sowjetunion. Aber dafür ist das Land skrupelloser, weniger rational und unberechenbarer. Das ist letztlich gefährlicher. Dazu kommt, dass die autoritären Pro-Putin-Parteien heute wesentlich stärker sind als die damaligen Pro-Sowjetunion-Parteien.

Für mich zählt bei der Neuorientierung neben den spezifischen militärischen Fragen vor allem, ob Europa sich in allen Bereichen wirtschaftlich größtmöglich diversifizieren und/oder autark machen kann. Es nützt nichts, militärisch stark zu sein, wenn man wirtschaftlich so verwundbar ist wie derzeit. Es gibt Grenzen der Globalisierung.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von H2O »

@ Erasmus:
Es nützt nichts, militärisch stark zu sein, wenn man wirtschaftlich so verwundbar ist wie derzeit. Es gibt Grenzen der Globalisierung.
Natürlich erleben wir derzeit Grenzen der Globalisierung! Schon die Auswirkungen der Pandemie haben gezeigt, daß gewohnte Lieferketten zerbrachen, daß plötzlich Halbleiterchips für alle möglichen Anwendungen nicht mehr zu haben waren... Stillstand der bestens durchorganisierten Produktion.

Daraus wird die deutsche Wirtschaftspolitik lernen, so wie die deutsche Verteidigungspolitik ihre Lektion gelernt haben sollte. Wenn wir in Zeiträumen von 10 Jahren denken müssen, dann sollte sich unsere mißliche Gesamtlage zu unserem Vorteil verändern... national und hoffentlich auch als EU.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 12:38 @ Erasmus:

Natürlich erleben wir derzeit Grenzen der Globalisierung! Schon die Auswirkungen der Pandemie haben gezeigt, daß gewohnte Lieferketten zerbrachen, daß plötzlich Halbleiterchips für alle möglichen Anwendungen nicht mehr zu haben waren... Stillstand der bestens durchorganisierten Produktion.

Daraus wird die deutsche Wirtschaftspolitik lernen, so wie die deutsche Verteidigungspolitik ihre Lektion gelernt haben sollte. Wenn wir in Zeiträumen von 10 Jahren denken müssen, dann sollte sich unsere mißliche Gesamtlage zu unserem Vorteil verändern... national und hoffentlich auch als EU.
Der Denkfehler der Globalisierung war: man ging davon aus, dass bestehende Lieferketten stets funktionieren, dass es stets genügend freie Arbeitskräfte auf der Welt gibt, die zu geringen Lohnkosten arbeiten. Transportkosten, so die Versprechen der Wirtschaftswissenschaftler, würden bei der Preisbildung nie eine Rolle spielen. Erschwerend kommt hinzu: in der Globalisierung wurde in der Regel nicht langfristig gedacht und gaplant, man hangelte sich vielmehr von Quartalsbericht zu Quartalsbericht, von Bekanntgabe der Wirtschaftsdaten zur nächsten Bekanntgabe der Wirtschaftsdaten. Kurzum: selbst in wirtschaftlich guten Zeiten wurde nur auf Sicht gefahren. Langfristige Strategien oder gar Krisenszenarios gab es nicht, weil die, gemäß der Auffassung der Wirtschaftswissenschaftler, niemals eintreten würden. Schon bei der Subprime-Krise und unmittelbar nach Zusammenbruch von Lehman Bros. war man ja sehr erstaunt und überrascht, was das für Folgen hatte. Hatte man niemals sehen wollen, würde niemals-niemals eintreten, so hieß das zuvor. Ein Trugschluss, eine Lebenslüge - wie man heute weiß.
Tatsache ist: das Globalisierungsmodell war ein reines Schön-Wetter-Modell. Man hatte vieles nicht bedacht, hatte Scheuklappen auf.
Und ich erinnere nur daran, wie Leute, wie Hans-Werner Sinn seinerzeit verehrt wurden: die wurden zu Päpsten, ja zu Göttern erklärt: wenn so ein Professor was sagte, dann müsse es ja stimmen, sonst wäre er ja nicht Professor! ;)
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

sünnerklaas hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 13:31Transportkosten, so die Versprechen der Wirtschaftswissenschaftler, würden bei der Preisbildung nie eine Rolle spielen
Welche Wirtschaftswissenschaftler haben das versprochen? Selbstverständlich spielen Transportkosten bei der Preisbilung eine - wenn auch, gerade bei Massentransporten wie zB. mit Containerschiffen, untergeordnete - Rolle.
Langfristige Strategien oder gar Krisenszenarios gab es nicht, weil die, gemäß der Auffassung der Wirtschaftswissenschaftler, niemals eintreten würden.
Auf welche Wirtschaftswissenschaftler beziehst du dich?
Man hatte vieles nicht bedacht, hatte Scheuklappen auf.
Im Nachhinein ist man immer klüger.
Und ich erinnere nur daran, wie Leute, wie Hans-Werner Sinn seinerzeit verehrt wurden: die wurden zu Päpsten, ja zu Göttern erklärt: wenn so ein Professor was sagte, dann müsse es ja stimmen, sonst wäre er ja nicht Professor!
Wer hat Leute wie Sinn "zu Päpsten, ja zu Göttern erklärt"?
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von apartofme »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 10:29 Auch das "Resteuropa" hat - wie Deutschland - ganz freiwillig den NPT unterschrieben und verzichtet auf Kernwaffen. Das ist angesichts eines feindlich gesinnten Putins sicherlich ein Problem, muss aber in erster Linie durch die verbliebenen westlichen Kernwaffenmächte USA, GB und F aufgefangen werden.
Das ist vor allen Dingen angesichts der extrem aggressiven und leider nicht ganz erfolglosen Versuche Russlands, in den USA und in Frankreich und dem Vereinigten Königreich einen Bürgerkrieg anzuzetteln, ein riesiges Problem.

Woher wohl kommt der Umstand, dass in Frankreich insbesondere die ganz jungen Leute Le Pen den Vorzug geben? Warum werden Universitäten besetzt, um die Wahl von Macron zu boykottieren. Hier gibt es einen strategischen Plan, durch massenhafte Online-Propaganda die nuklearen Fähigkeiten der NATO lahm zu legen. Sollten Le Pen und Trump gewinnen, wird Phase II gezündet.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

apartofme hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 08:21 Das ist vor allen Dingen angesichts der extrem aggressiven und leider nicht ganz erfolglosen Versuche Russlands, in den USA und in Frankreich und dem Vereinigten Königreich einen Bürgerkrieg anzuzetteln, ein riesiges Problem.

Woher wohl kommt der Umstand, dass in Frankreich insbesondere die ganz jungen Leute Le Pen den Vorzug geben? Warum werden Universitäten besetzt, um die Wahl von Macron zu boykottieren. Hier gibt es einen strategischen Plan, durch massenhafte Online-Propaganda die nuklearen Fähigkeiten der NATO lahm zu legen. Sollten Le Pen und Trump gewinnen, wird Phase II gezündet.
Exakt das wird dann als rechtsaußen hingestellt, wenn man beschreibt, was daraus folgen würde. Nämlich dass Resteuropa ohne Deutschland sich nuklear schützen müsste, wenn es nicht blank dastehen möchte. Denn theoretisch wären die anderen frei, das zu tun, Deutschland aber nicht. Die größte Nation fiele nicht nur aus, sondern müsste auch noch geschützt werden. Das ist nun wenig befriedigend, wenn man mal eine portugiesische oder niederländische Brille aufsetzt.

Dass Madame gewinnt in Frankreich, glaube ich nicht. Aber dass es keinen Plan B für das Unwahrscheinliche gibt, ist nach Putins Überfall nicht gerade ein erfrischender Gedanke. Über den Zweiplusviervertrag bestimmt Russland mindestens indirekt, wie Europa sich verteidigen kann, wenn Frankreich und die USA an die autoritäre Rechte fallen. So ist Europa als Ganzes nur eingeschränkt Herr seiner nuklearen Verteidigung und hängt vollständig an den beiden prekären Fäden.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

apartofme hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 08:21...wird Phase II gezündet.
Die da wäre?
Erasmus hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 09:19Exakt das wird dann als rechtsaußen hingestellt, wenn man beschreibt, was daraus folgen würde.
Wo? Es wird lediglich die Verschwörungstheorie, Deutschland wäre nicht souverän, als rechtsdraußen hingestellt - zumindest von mir - und das ist faktisch richtig.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

Tom Bombadil hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 09:31 Die da wäre?


Wo? Es wird lediglich die Verschwörungstheorie, Deutschland wäre nicht souverän, als rechtsdraußen hingestellt - zumindest von mir - und das ist faktisch richtig.
Aha. Dann solltest du dir mal über den Begriff des Faktums einerseits und über die nuklearen Möglichkeiten Europas bei Ausfall der USA und Frankreichs andererseits Gedanken machen.

Stell doch mal dar, welche Möglichkeiten dann offen wären und für wen und für wen nicht. Oder darf man das erst denken, wenn das der Fall ist? Also mal in der Sache und nicht bloß mit wohlfeilen Urteilen über User.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Erasmus hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 09:40Aha.
Dann sind also nur Staaten mit Kernwaffen souverän?
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

Tom Bombadil hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 10:08 Dann sind also nur Staaten mit Kernwaffen souverän?
Nein, das wäre so ein Fehlschluss.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von apartofme »

Tom Bombadil hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 09:31 Die da wäre?
Die Linken werden gegen den autoritären Staat mobilisiert.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Erasmus hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 10:14 Nein, das wäre so ein Fehlschluss.
Nein, das ist die Konsequenz aus deinen Beiträgen: Deutschland ist nicht souverän, weil man keine Nuklearwaffen hat und sich nicht nuklear verteidigen kann, wenn die USA und Frankreich als nukleare Schutzmacht gleichzeitig ausfallen.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

apartofme hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 10:16 Die Linken werden gegen den autoritären Staat mobilisiert.
Die Linken in den USA und Frankreich? Und was passiert dann, Bürgerkrieg?
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

Tom Bombadil hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 10:22 Nein, das ist die Konsequenz aus deinen Beiträgen: Deutschland ist nicht souverän, weil man keine Nuklearwaffen hat und sich nicht nuklear verteidigen kann, wenn die USA und Frankreich als nukleare Schutzmacht gleichzeitig ausfallen.
Nein, das ist falsch wiedergegeben. Ich sage nirgends, dass Deutschland nicht souverän ist, weil es keine Atomwaffen hat.

Ich warte noch auf dein Szenario eines Europas ohne nuklearen Schutz durch Frankreich und die USA, wenn dort die Rechte übernimmt.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Tom Bombadil »

Erasmus hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 10:28Ich sage nirgends, dass Deutschland nicht souverän ist, weil es keine Atomwaffen hat.
Erasmus hat geschrieben: Sa 16. Apr 2022, 09:51Demgemäß braucht es für die nukleare Abschreckung eine europäische Lösung. Die wird nur dann kommen, wenn Madame nicht Präsidentin Frankreichs wird. In diesem Fall hätte Russland gewonnen, denn ein nicht souveränes Deutschland und ein antideutsches und antieuropäisches Frankreich nebst einem europaabgewandten UK würde Europa blank dastehen lassen.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von apartofme »

Tom Bombadil hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 10:23 Die Linken in den USA und Frankreich? Und was passiert dann, Bürgerkrieg?
Das ist der Plan. Einen Vorgeschmack davon haben wir ja bereits 2020 gesehen.

https://www.nytimes.com/2020/03/10/us/p ... -race.html
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

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apartofme hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 10:38Das ist der Plan.
Warten wir es ab.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

Beitrag von Erasmus »

Tom Bombadil hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 10:35
?

Und? Steht da jetzt, Deutschland sei nicht souverän, weil es keine Atomwaffen hat?

Wo bleibt dein Szenario? Keine Idee? Dann würdest du die Antwort finden, warum Putin indirekt mitentscheidet, was Europa kann und was nicht.
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Re: Ein zweiter Kalter Krieg?

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Erasmus hat geschrieben: So 17. Apr 2022, 11:02Steht da jetzt, Deutschland sei nicht souverän, weil es keine Atomwaffen hat?
Yeo, implizit steht das da und auch im Kontext mit deinen anderen Beiträgen, auch wenn du das natürlich vehement abstreiten wirst :cool:
Wo bleibt dein Szenario?
Wo habe ich dir irgendein Szenario versprochen?
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