Europäische Armee

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Euro Armee?

Ja
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Nein
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Haegar
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Haegar »

HOtte hat geschrieben:(14 Nov 2021, 16:33)

Warum EU-Armee!
...
Damit noch ein weiterer notwendiger Grundstein für die Gründung der Vereinigten Staaten von Europa gelegt wird.
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H2O
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Nun vollzieht Rußland den nächsten Schritt zur Ausdehnung seines Machtbereichs, indem es Teile der Ukraine dem russischen Staatsverband einverleibt. (Da war doch einmal etwas mit Österreich und dem Großdeutschen Reich?) Nein, noch ist das formal nicht geschehen, entspricht aber dem Vorgehen auf der Krim.

Es wird also Zeit, wieder einmal von einer gemeinsamen und zeitgemäßen EU-Armee zu träumen. Das war schon einmal mit etwas mehr Herzenswärme nach dem russischen Zugriff auf die Krim auf der Tagesordnung. Was daraus geworden ist? Na, das Gewusele, das wir heute erleben, in dem jeder EU-Partner seine besonderen Außenbeziehungen und Vorstellungen von der Ausgestaltung der EU hat.

Ein gackernder Hühnerhaufen, der von Rußland aufgescheucht wird; Rußland greift sich eine Beute, wildes Krakeelen, alle auf dem Baum. Und nach einer Weile wieder friedliches Gegackere und Scharren im Sande. Nein, ich weiß, daß die Ukraine kein EU-Partner ist, vielleicht auch nicht werden darf. Aber die Ukraine zerreißt Rußland nun zwischen seinen Zähnen, während der Hühnerhaufen krakeelt.

Rußland kann sich einstweilen über den Liebesentzug der Europäer grämen. In etwa 8 Jahren gibt es vermutlich den nächsten Zugriff, nachdem sich die Vereinigung mit Belarus friedlich vollzogen hat. Wahlen werden nicht nur dort nach Russischem Muster stattfinden. Dann braucht Rußland zum Überleben ganz unbedingt den sicheren Landanschluß an das nördliche Ostpreußen. (Oh ja, kommt mir bekannt vor!) Begünstigt wird dieser Plan durch gelegentliche Schwachköpfe auf der anderen Seite des Atlantiks, wo sich mit den USA ein Gegner solcher Pläne zeitweise auf freundschaftliche Gesten einläßt, während die aus eigenem Entschluß wehrlosen Europäer sich damit ab zu finden haben... wie jetzt eben mit anderen Eroberungen Rußlands in Georgien, der Krim in der Ukraine. L'appétit vient en mangeant!

Auf noch längere Sicht wird Rußland das nördliche Ostpreußen mit dem Großdeutschen Reich wieder verbinden, dann aber als Teil Rußlands, versteht sich. Dann ist erst einmal Einhalt geboten, den dann müßte Putin eine weitere Fremdsprache erwerben. Gute Aussichten also für unsere Rußlandversteher, die solchen Plänen aufgeschlossen gegenüber stehen.

Vielleicht wäre es jetzt doch klüger, sich schleunigst auf eine Europäische Streitmacht zu einigen... spätestens nach dem Anschluß des nördlichen Ostpreußens und des Baltikums an die russische Föderation?

Ja, @Haegar hat schon Recht, das wäre ein belastbarer Grundstein für die Vereinigten Staaten von Europa. Ich meine aber, das ist eher ein bitter notwendiger Schritt, der unverzüglich gemacht werden muß.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

Die Situation ist heute schon grundlegend anders als nach dem Raub der Krim. Damals ging es nur um ein Stück Land. Heute geht es um die gesamte Ordnung in Europa. Das ist jetzt auch allen Beteiligten klar.

Ein Nebeneffekt von Putins Wahnsinnsaktion ist, dass die Nato und die EU jetzt viel enger zusammengerückt sind und dass auch in Deutschland ein Umdenken beginnt. Sehr bemerkenswert fand ich, dass Finanzminister Linder gestern im Interview - zu einem Zeitpunkt, als das Interview schon beendet werden sollte - von sich aus das Thema Bundeswehr angesprochen hat. Er sagte dann, dass die Truppe jetzt vernünftig finanziert und voll einsatzbereit gemacht werden müsse. Ähnliche Aussagen kamen heute aus den Reihen der Grünen und der CDU. Angesichts der Lage wird jetzt auch der Druck der Verbündeten auf Deutschland drastisch steigen.

Putin hat sich mit seinem Krieg keinen Gefallen getan. Er hat das Gegenteil von dem erreicht, was er wollte.
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DevilsNeverCry
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Re: Europäische Armee

Beitrag von DevilsNeverCry »

Kohlhaas hat geschrieben: Fr 25. Feb 2022, 12:12 Die Situation ist heute schon grundlegend anders als nach dem Raub der Krim. Damals ging es nur um ein Stück Land. Heute geht es um die gesamte Ordnung in Europa. Das ist jetzt auch allen Beteiligten klar.

Ein Nebeneffekt von Putins Wahnsinnsaktion ist, dass die Nato und die EU jetzt viel enger zusammengerückt sind und dass auch in Deutschland ein Umdenken beginnt. Sehr bemerkenswert fand ich, dass Finanzminister Linder gestern im Interview - zu einem Zeitpunkt, als das Interview schon beendet werden sollte - von sich aus das Thema Bundeswehr angesprochen hat. Er sagte dann, dass die Truppe jetzt vernünftig finanziert und voll einsatzbereit gemacht werden müsse. Ähnliche Aussagen kamen heute aus den Reihen der Grünen und der CDU. Angesichts der Lage wird jetzt auch der Druck der Verbündeten auf Deutschland drastisch steigen.

Putin hat sich mit seinem Krieg keinen Gefallen getan. Er hat das Gegenteil von dem erreicht, was er wollte.
Putin will die Ukraine, alles andere ist ihm so ziemlich egal. Er ist wie der eifersüchtige Ehemann der nicht damit klar kommt das seine Ex-Frau sich von ihm getrennt hat und nun ein eigenes Leben führen möchte. Daher holt er sie sich mit Gewalt. Wenn jemand anderer ihr zu Nahe kommt, dann bringt er sie lieber zuvor um.
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H2O
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

DevilsNeverCry hat geschrieben: Fr 25. Feb 2022, 15:46 Putin will die Ukraine, alles andere ist ihm so ziemlich egal. Er ist wie der eifersüchtige Ehemann der nicht damit klar kommt das seine Ex-Frau sich von ihm getrennt hat und nun ein eigenes Leben führen möchte. Daher holt er sie sich mit Gewalt. Wenn jemand anderer ihr zu Nahe kommt, dann bringt er sie lieber zuvor um.
Wenn man seine Wutrede gehört hat, dann hat Putin die Vision, das zaristische Riesenreich wiederauferstehen lassen. Ganz einfach einmal die dazugehörige Landkarte studieren.
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DevilsNeverCry
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Re: Europäische Armee

Beitrag von DevilsNeverCry »

H2O hat geschrieben: Fr 25. Feb 2022, 18:39 Wenn man seine Wutrede gehört hat, dann hat Putin die Vision, das zaristische Riesenreich wiederauferstehen lassen. Ganz einfach einmal die dazugehörige Landkarte studieren.
Ich kenne mich mit der Geschichte Russlands gut genug aus. Putin geht in aller erster Linie um die Ukraine. Finnland, Polen und das Baltikum sind im Vergleich dazu für ihn zweitrangig.

Lesen Sie sich mal Putins Essay über die Ukraine durch welches er 2021 veröffentlicht hat.
Vor allem wenn Sie die Beziehungen zwischen den beiden Völkern kennen und welche emotionale Verbindung viele Russen zu Städten wie Kiew, Charkow und Odessa haben, dann verstehen Sie was ich meine ;)

Was natürlich nicht heißt das diese Länder (Baltikum etc.) keine Gefahr zu befürchten haben.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

DevilsNeverCry hat geschrieben: Fr 25. Feb 2022, 15:46 Putin will die Ukraine, alles andere ist ihm so ziemlich egal. Er ist wie der eifersüchtige Ehemann der nicht damit klar kommt das seine Ex-Frau sich von ihm getrennt hat und nun ein eigenes Leben führen möchte. Daher holt er sie sich mit Gewalt. Wenn jemand anderer ihr zu Nahe kommt, dann bringt er sie lieber zuvor um.
Umbringen ist seine einzige Option. Besetzen und halten kann er die Ukraine nicht. Nicht mit lumpigen 180.000 Mann. Wenn er das versucht, wird das ein jahrelanges Gemetzel.

Dieser Krieg wird kurz sein. Ein paar Wochen. Putin wird versuchen, so viel militärische Infrastruktur kaputt zu machen wie er kann. Meiner Vermutung nach wird er im Süden einen Landkorridor zur Krim herstellen und die Ukraine vom Schwarzen Meer abschneiden. Danach wird er Ruhe geben. Das darf ihm nicht gelingen. Besser: Wenn er es militärisch schafft, dann muss die Sache ökonomisch so teuer werden, dass er sich wünscht, es nie versucht zu haben.
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H2O
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

So, also doch keine Landverbindung ins nördliche Ostpreussen? Da hatte ich den Burschen doch überschätzt! Der andere sagte jedes Mal erneut: Nun habe ich keine territorialen Forderungen mehr. :eek:
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JJazzGold
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Re: Europäische Armee

Beitrag von JJazzGold »

Wenn diese Situation nicht zur Bildung einer EU Armee führt, dann können wir den Gedanken daran endgültig begraben.
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Tom Bombadil
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Tom Bombadil »

Die EU Armee ist ein ferner Traum, an dem man arbeiten kann, aber keine kurz- bis mittelfristige Lösung, deswegen sollte man darauf jetzt keine Ressourcen verschwenden.
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H2O
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 26. Feb 2022, 09:33 Die EU Armee ist ein ferner Traum, an dem man arbeiten kann, aber keine kurz- bis mittelfristige Lösung, deswegen sollte man darauf jetzt keine Ressourcen verschwenden.
Ich meine, daß das Ziel klar sein sollte: Die Vereinigten Staaten von Europa. Daran kann man Schritt für Schritt arbeiten, kann gemeinschaftlich die Fähigkeiten der Gemeinschaft entwickeln. Vor allem darf man nicht abwarten, bis alle möglichen Partner einig sind, sondern man muß das Machbare umsetzen. Wenn der Wille und die Fähigkeit zu vereintem Handeln fehlen, dann können wir immer noch allein nach bestem Können unsere nationale Verteidigungsfähigkeit entwickeln. Das Können schadet ja nicht, wenn es später auch der Gemeinschaft dient.

Die bestehenden Mängel der deutschen Streitkräfte sind bekannt, wurden im Strang
https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 7#p5164277
aus unterschiedlichen Richtungen beäugt. Daran könnte man ab sofort mit erhöhtem Einsatz arbeiten. Mit einem Fingerschnipsen ist da ohnehin nichts zu machen.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Atue001 »

Dass sich freie Völker in einer freien demokratischen Welt auch mal uneins sind, und sich streiten - das ist normal. Diskurs kann und wird man dann auf der Ebene der Diplomatie und mit Mitteln der demokratischen Auseinandersetzung austragen.

Dass sich freie Völker aber einig sind, wenn ihre Freiheit durch einen Aggressor bedroht wird - ist ebenso Fakt und immer wieder belegbar.
Freiheit und Demokratie sind kein Garant für eine Einheitsmeinung. Und Demokratie und Meinungsvielfalt ist extrem anstrengend und ermüdend.

ABER: Die Alternative dazu sind Staatsformen, in denen der Einzelne keine große Rolle spielt, sondern in denen Despoten und Machtapparate die Entscheidungen für alle treffen.


Beim Kerngedanken einer europäischen Armee geht es nicht darum, die Streitigkeiten zwischen demokratischen Staaten auch mal mit Waffengewalt zu lösen. Es geht darum, die demokratischen Staaten dieses Kontinents gegen die Ideen von Diktatur und Despotismus zu verteidigen.
Dafür lohnt es sich, Verteidigungskräfte in der EU aufzubauen und zu organisieren - auch und gerade auf der Ebene der EU, und auch unter Einschluss von Staaten, die nicht in der NATO organisiert sind - gerne auch über die Grenzen der bestehenden EU hinaus.

Die meisten Ansätze der verteidigungspolitischen Dimensionen entstammen noch aus den Folgen der Politik im zweiten Weltkrieg - der ist aber dann doch seit 1945 vorbei, und wir haben es 2022 mit einer deutlich veränderten weltpolitischen Gesamtlage zu tun. Es ist an der Zeit, dass die EU sich endlich auch als Machtfaktor auf der militärischen Ebene der internationalen Politik positioniert. Gerne im Verbund mit den USA und der NATO - aber durchaus auch als eigenständige Kraft, die eigene Ziele und Ideen hat.

Die UN, die NATO und viele weitere internationale Organisation entstammen noch aus Zeiten des kalten Krieges. Die Welt hat sich weiter gedreht - eine moderne EU sollte auch einen militärischen starken Arm zur Verteidigung der EU-Interessen haben. Keinen aggressiven Arm, sondern einen, der klar auf die Verteidigung der Werte und Ideen der EU ausgerichtet ist. Unabhängig von der NATO und allen anderen Bündnissen - aber offensichtlich auf der Basis gemeinsamer Werte gemeinsam zusammenarbeitend mit der NATO.

Eine europäische Armee sollte klar als Defensiv-Armee positioniert werden - nicht als Angriffsarmee gegen wen auch immer - aber klar zur Verteidigung der Wertegemeinschaft der EU.
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H2O
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Ja, genau so sehe ich unsere europäische Lage. Wir haben unverdient Glück gehabt, daß derzeit in den USA ein Präsident Biden die Geschäfte führt... knapp genug in seiner Funktion bestätigt und tatsächlich auch gefährdet von "America First"- Chauvinisten.

Von daher ist es sinnvoll, eine sehr europäische Streitmacht auf zu bauen. Wir sind in den allermeisten europäischen Partnerstaaten inzwischen zu Berufsarmeen übergegangen, weil große Feldarmeen infolge der Vernichtungskraft moderner Waffensysteme kaum mehr vorstellbar sind. Die nostalgische Anbindung an das Vaterland wird immer noch gepflegt. Es wird eine Aufgabe der kommenden Jahrzehnte sein, diese Bindung durch die Besinnung auf unsere gemeinsame Geschichte, unsere freiheitlich demokratischen Rechtsstaaten zu ersetzen. Natürlich wird man bei aller Gemeinsamkeit doch noch sehr lange Zeit einen erträglichen Proporz der europäischen Völker in dieser gemeinsamen Streitmacht einhalten müssen... schon um bösen Überraschungen vor zu beugen, die sich ja gelegentlich auch in der EU in Fragen der gemeinsamen Ziele auftun. Eine große bewaffnete Streitmacht ist immer auch ein Machtfaktor nach innen.

Die Gemeinschaft mit den USA und der angelsächsischen Welt kann ja nur auf genau diesen Grundlagen und auf Augenhöhe gepflegt werden, auch bei geopolitisch und wirtschaftspolitisch unterschiedlichen Interessen.
Man stelle sich den imperialen Krieg Rußlands gegen die Ukraine zur Amtszeit des Putinverstehers und US-Präsidenten Trump vor. Und die EU als Versammlung fetter Katzen im Schaufenster... ein lohnendes Ziel für beide aus unterschiedlichsten Gründen.

Man kann nur hoffen und beten, daß wir Europäer angesichts der augenblicklichen Bedrohungslage diese uralte Einsicht aus dem Anfang der 50er Jahre (EVG) und der unverkennbaren Entfremdung von den USA und Großbritannien wiederbeleben und hartnäckig verfolgen. Widerborstigkeiten gibt es hinreichend viele... und fast müßte man sich wünschen, daß die Bedrohungslage noch längere Zeit anhält... natürlich ein bösartiger Wunsch, weil dabei ja Menschen sterben, die so gern in unserer Gemeinschaft mitarbeiten würden... wenn sie denn dürften. Nun ja, vielleicht kommt diese Einsicht auch ohne erweiterte Bedrohungslage!
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

Es ist sinnlos, jetzt über eine europäische Armee nachzudenken. Entscheidend ist es erstmal, eine deutsche Armee handlungsfähig zu machen. Bevor das nicht passiert ist, müssen wir über europäische Lösungen gar nicht schwadronieren.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben: Mi 2. Mär 2022, 19:17 Es ist sinnlos, jetzt über eine europäische Armee nachzudenken. Entscheidend ist es erstmal, eine deutsche Armee handlungsfähig zu machen. Bevor das nicht passiert ist, müssen wir über europäische Lösungen gar nicht schwadronieren.
Ich bin dafür, das Naheliegende zu tun: Die Wehrhaftigkeit unserer Streitkräfte erhöhen und in der EU enger zusammen rücken, damit überhaupt eine Europäische Armee eine Grundlage hat.

Ich halte es aber für selbstverständlich, daß wir uns schon im Vorfeld einer solchen Entwicklung Gedanken machen, welche Voraussetzungen dazu höchstwahrscheinlich erfüllt sein müssen. Wollen Sie diese Entwicklung dem Zufall überlassen?
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 14:00 Ich bin dafür, das Naheliegende zu tun: Die Wehrhaftigkeit unserer Streitkräfte erhöhen und in der EU enger zusammen rücken, damit überhaupt eine Europäische Armee eine Grundlage hat.

Ich halte es aber für selbstverständlich, daß wir uns schon im Vorfeld einer solchen Entwicklung Gedanken machen, welche Voraussetzungen dazu höchstwahrscheinlich erfüllt sein müssen. Wollen Sie diese Entwicklung dem Zufall überlassen?
Nö. Natürlich soll das nicht dem Zufall überlassen bleiben. Wir müssen nur erstmal unsere Hausaufgaben machen, ehe wir besser aufgestellten Nachbarländern irgendwelche "Ratschläge" zu geben versuchen. Deutschland ist der große Zauderer und Bremser in der EU und der Nato. Deutschland hat in untragbarer Weise seine Pflichten missachtet. Lass uns erstmal dieses hausgemachte Problem lösen. Danach kann Deutschland dann gern anderen Nationen ans Bein pinkeln, die ihre Pflichten nicht erfüllen.

Wenn ein Bundeskanzler Scholz öffentlich verkündet, dass Deutschland in einem Jahr 100 Milliarden Euro ausgeben muss, um die Bundeswehr wieder handlungsfähig zu machen, dann ist das unmissverständlich. Wir haben 30 Jahre lang in feuchten Träumen gepennt. Damit ist jetzt Schluss. Das haben die Verbündeten Deutschland offensichtlich sehr deutlich zu verstehen gegeben.

Was Du für "selbstverständlich" hältst, hat Deutschland in den vergangenen 30 Jahren sträflich und vorsätzlich ignoriert. Wir müssen jetzt erstmal im eigenen Haus Ordnung schaffen. Danach können wir über "europäische Armee" reden.
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Cobra9
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Cobra9 »

H2O hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 14:00 Ich bin dafür, das Naheliegende zu tun: Die Wehrhaftigkeit unserer Streitkräfte erhöhen und in der EU enger zusammen rücken, damit überhaupt eine Europäische Armee eine Grundlage hat.

Ich halte es aber für selbstverständlich, daß wir uns schon im Vorfeld einer solchen Entwicklung Gedanken machen, welche Voraussetzungen dazu höchstwahrscheinlich erfüllt sein müssen. Wollen Sie diese Entwicklung dem Zufall überlassen?
Ahmm Wir haben bis heute keine Linie in der Außen und Sicherheitspolitik. Wie willst Du da eine Armee schaffen
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H2O
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Cobra9 hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 16:22 Ahmm Wir haben bis heute keine Linie in der Außen und Sicherheitspolitik. Wie willst Du da eine Armee schaffen
Aha, also ist hier ein Mangel zu sehen, der erst einmal ab zu arbeiten ist. Wozu ist dann aber die Bundeswehr aufgestellt worden? In diesem Augenblick ist uns die von Rußland ausgehende Bedrohungslage ja klar... auf alle Fälle aber keine Bundeswehr gegen unsere Partner in der EU. Nach dem allseits erklärten Ende des Kalten Krieges auch nicht gegen unsere Partner, die heute in der NATO und EU mitarbeiten. Also dieser Teil einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist vorhanden.

Eine Bundeswehr, um Rußland und Nachfolgestaaten in Schach zu halten, die heute noch in engerer Gemeinschaft mit Rußland existieren? Politisch viele Jahre undenkbar, jedenfalls für mich. Leider ein Irrtum. Seit wann ein erkennbarer Irrtum?

Seit der jugoslawischen Katastrophe? Und das gegen den ausdrücklichen politischen Wunsch, sich an derartigen Kampfhandlungen in Europa nicht mehr zu beteiligen? Am Ende ging es nicht mehr anders, wie unser damaliger Außenminister erkannte. Die Bundeswehr hat sich beteiligt im Rahmen der NATO, um dort dem irrwitzigen Morden ein Ende zu machen. Auf jeden Fall aber keine Führungsrolle für die Bundeswehr. Was sie tun sollte, das hat die Bundeswehr geleistet; nicht mehr und nicht weniger.

Eine Bundeswehr, um unsere türkischen Verbündeten gegen syrische Übergriffigkeiten zu unterstützen? Die Türkei hat unseren Streitkräften unmißverständlich heim geleuchtet. Da ist also keine Bundeswehr gefragt. Eine Bundeswehr gegen türkische Übergriffigkeiten gegen Nachbarn in der EU, die sich seit Jahrhunderten nicht grün sind? Tja, wer sind wir denn?

Es gab erregte Debatten, ob die Bundeswehr überhaupt noch zur Landesverteidigung gebraucht werde. Ja, eigentlich nicht; sie werde eher als "Einsatzarmee im Rahmen von UNO-Missionen" gebraucht. Große Begeisterung allerseits. In Afghanistan, so weit klar, um weitere Angriffe von Al Kaida aus sicheren Rückzugsgebieten auf USA und Europa zu verhindern. Das hat die Bundeswehr geleistet, bis zum vorletzten Tag des gemeinsamen Rückzugs mit den USA. Ergebnis? Schuld der Bundeswehr am Scheitern dieses Einsatzes? Sehe ich nicht!

Für wessen Interessen hätte die Bundeswehr in Somalia, in Libyen, in Syrien und im Irak, im westlichen Nordafrika zu streiten? Oder gab es diese Fragen gar nicht?

Die Seewege frei für Warenaustausch mit fernen Ländern halten. Das hat die Bundeswehr doch geleistet im Verbund mit unseren NATO-Partnern... oder etwa nicht?

Eine Bundeswehr einfach nur aus Freude an der schirmenden Wehr? Sollte sich mit Wilhelm Zwo und der Zerschlagung des Deutschen Reiches und Preußens erledigt haben. Ziemlich gründlich sogar!

Die einzige unübersehbare Bedrohung Mitteleuropas ging von den Mullahs im Iran aus. Die haben tatsächlich Raketen beschafft, mit denen auch Mitteleuropa bedroht werden kann. Und ließen diese Möglichkeit auch durchblicken und ließen erkennen, daß sie mit Atomwaffen liebäugelten. Aber doch keine Aufgabe allein für die Bundeswehr... und was fahren unsere Partner dagegen auf? Nun ja, Iran wurde weitgehend eingehegt... ganz ohne Bundeswehr.

Aus der Rückschau sehe ich keine tadelnswerte Vernachlässigung der Bundeswehr. Und eine Führungsrolle der Bundeswehr in Europa sollte die deutsche Politik standhaft ablehnen. Jeder Partner sollte an der Führungsrolle teilhaben im Rahmen seiner Möglichkeiten, versteht sich. Und da sehe ich nur die Europäische Armee und auf keinen Fall die Bundeswehr. Diese Rolle wird Deutschland und der Bundeswehr aufgenötigt, weil es die Wirtschaftskraft hat, sich entsprechend auf zu stellen.

Auf mittlere Sicht sehe ich unser Land unter solchen Bedingungen wieder als Haßfigur, an der sich unsere heutigen Partner abarbeiten. Ich sehe auch, daß unsere Möglichkeiten mißbraucht werden, um Ziele zu verfolgen, die kaum als deutsche Ziele zu erkennen sind. Unser Ziel ist doch wohl, in Frieden und erträglichem Umgang mit unseren Nachbarn leben zu können. Aber keine deutsche Drohkulisse in Europa auf zu bauen oder eine stets verfügbare Prügeltruppe auf Abruf Dritter bereit zu stellen. Davor schützt uns eine Europäische Armee in der Verantwortung aller Partner. Die richtet sich niemals gegen einen oder mehrere Partner in der EU und auch nicht gegen uns selbst.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Cobra9 »

H2O hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 20:13 Aha, also ist hier ein Mangel zu sehen, der erst einmal ab zu arbeiten ist. Wozu ist dann aber die Bundeswehr aufgestellt worden?. Also dieser Teil einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist vorhanden
Ahmm das ist nicht Teil der Aufgabe friedlich zu sein sondern Politik. Streitkräfte haben einen klaren Auftrag zu haben. Daraus ergibt sich ihr Konzept und danach Bedarf.

Waffen, Ausrüstung und Manpower. Sorry aber es war eigentlich die Nato wo dafür gesorgt hat zumindest eine Defensiv Politik zu haben.

Die EU hat dazu noch nicht wirklich beigetragen. Die Nato hat klare Regeln, Verhalten ist festgelegt. Ist effektiv. Das ist alles bei der EU nicht geklärt.

Was die Nato in Jahrzehnten erarbeitet hat fehlt der EU. Wir haben einzelne Staaten die im Prinzip eher ein Verbund bei der Wirtschaft sind.

Natürlich entwickelt sich die EU. Aber man braucht nicht über Frieden reden dank der EU, wenn eigentlich die Nato die Vorarbeit geleistet hat und effektiv ist.

Die EU braucht noch mindestens zwei Jahrzehnte. Sie muss aufhören als einzelne Staaten zu arbeiten und gründlich ihre Hausaufgaben machen.

Du musst mit jedem Staat in der EU eine Leitlinie entwickeln für alle Bereiche. Dann muss man gemeinsam eine Rüstungsindustrie aufstellen. Es muss geklärt werden wer was wie zu tun hat. Hirachien inklusive.

Eine Bundeswehr, um Rußland und Nachfolgestaaten in Schach zu halten, die heute noch in engerer Gemeinschaft mit Rußland existieren? Politisch viele Jahre undenkbar, jedenfalls für mich. Leider ein Irrtum. Seit wann ein erkennbarer Irrtum?

?
Das seh Ich anders. Der Balkan Einsatz hat was gebracht und die Türkei ist ein politisches Problem. Bis zu dem Tag wo es zu einem Konflikt eventuell mit der Türkei kommt.

Eine gut aufgestellte Bundeswehr zusammen mit anderen Streitkräften leistet im Nato Verbund genau was Sie soll. Verteidigung des Landes & Nato Partnern.

Dazu gehört auch derzeit die Türkei. Ergo muss man das Problem Türkei politisch lösen.

Es gab erregte Debatten, ob die Bundeswehr überhaupt noch zur Landesverteidigung gebraucht werde. Ja, eigentlich nicht; sie werde eher als "Einsatzarmee im Rahmen von UNO-Missionen" gebraucht. Große Begeisterung allerseits.

Jeder mit 5 Cent an Hirn wusste das ist naiv und Dummheit. Aber wenn die Bevölkerung samt Politik das will bitte.

Was soll sich bitte ändern zwischen EU Streitkräfte und Nationalen? Nix. Weil die Politiker*inen erst immer klug werden wenn es brennt.

Wenn man die Denkweise nicht ändert kann man sich tot Reformen sparen.


In Afghanistan, so weit klar, um weitere Angriffe von Al Kaida aus sicheren Rückzugsgebieten auf USA und Europa zu verhindern. Das hat die Bundeswehr geleistet, bis zum vorletzten Tag des gemeinsamen Rückzugs mit den USA. Ergebnis? Schuld der Bundeswehr am Scheitern dieses Einsatzes? Sehe ich nicht!

Für wessen Interessen hätte die Bundeswehr in Somalia, in Libyen, in Syrien und im Irak, im westlichen Nordafrika zu streiten? Oder gab es diese Fragen gar nicht?

Das kommt drauf an welche Person Du fragst. Als Profi Soldat hab Ich gewisse Dinge akzeptiert freiwillig.

Solange ein Einsatz nicht klar gegen Gesetze ect. verstößt, dann hat man die Pflicht zu tun. Ich habe eine andere Meinung zu den Themen wie die Bevölkerung allgemein und Politik.

Wieso der Bundestag die Einsätze beschlossen hat kann ich nicht nachvollziehen teilweise.
Die Seewege frei für Warenaustausch mit fernen Ländern halten. Das hat die Bundeswehr doch geleistet im Verbund mit unseren NATO-Partnern... oder etwa nicht?
Jnein. Man tut was möglich ist angesichts dünner Kräfte.
Ich sage es mal so. Man tut das Bestmögliche.
Eine Bundeswehr einfach nur aus Freude an der schirmenden Wehr? Sollte sich mit Wilhelm Zwo und der Zerschlagung des Deutschen Reiches und Preußens erledigt haben. Ziemlich gründlich sogar!

Die einzige unübersehbare Bedrohung Mitteleuropas ging von den Mullahs im Iran aus. Die haben tatsächlich Raketen beschafft, mit denen auch Mitteleuropa bedroht werden kann. Und ließen diese Möglichkeit auch durchblicken und ließen erkennen, daß sie mit Atomwaffen liebäugelten. Aber doch keine Aufgabe allein für die Bundeswehr... und was fahren unsere Partner dagegen auf? Nun ja, Iran wurde weitgehend eingehegt... ganz ohne Bundeswehr.

Weil sich die USA und andere drum kümmern. Aber die Bundeswehr gegen Russland war seit 2008 eigentlich gebraucht.

Aus der Rückschau sehe ich keine tadelnswerte Vernachlässigung der Bundeswehr
Ab hier beende Ich das Gespräch mit dem Vermerk glaub was Du möchtest. Wir haben hier absolut keinen Nenner mehr.

Ich sage für Mich liegst Du falsch und es ist eine naive Sichtweise. Aber ich lass dir deine Meinung.

Nur denk dran. Auch für dich halten wir den Kopf hin. Und ohne gute Ausrüstung geht's nicht.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Nein, das ist mir wirklich zu schlicht aufgebaut! Mir machen, und das Denken überlassen wir den Pferden, weil die den größeren Kopf haben. Ich bleibe tatsächlich dabei, daß wir alle nachdenken müssen (und ganz dringend sollten) wohin unsere europäische Reise gehen soll. Das müssen WIR EUROPÄER tun und sonst niemand. Insofern hat @JJazzGold schon den richtigen Anstoß gegeben.

Auf keinen Fall darf es zurück gehen ins 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein dicker Brocken Deutschland und ringsherum die lärmende Krabbelgruppe. Und genau das kommt dabei heraus, wenn Deutschland seine Wirtschaftskraft einsetzt, um eine tadellose Bundeswehr auf zu bieten.

Das Thema gab es schon bei der Gründung der Bundeswehr in den 50 er Jahren: Sie sollte "die Sowjets in Schach halten", aber nicht stärker sein als die Paradearmee von Monaco. Die USA als wohlwollende Schutzmacht Europas... das ist ein Stück weit Vergangenheit. Das müssen wir Europäer selbst hinbekommen.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Cobra9 »

Eu Armee ist und bleibt erstmal Wunschdenken. Ich habe es oft genug gesagt. Ohne klare Einheit in Politik und Diplomatie ist das nicht machbar.

Was der EU Armee blüht zeigt doch die Realität. Die weniger ambitionierten «EU-Battlegroups» erblickten das Licht der Welt. Sie sollten das Aushängeschild der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU werden. Der große Beginn. Was passiert den in der Realität . Doch zum humanitären beziehungsweise zum Friedenseinsatz kamen die zwei Kampfgruppen mit jeweils 1500 Soldaten mangels politischen Willens und gemeinsamer Strategie nie. An Krisenherden hatte es sicher nicht gefehlt.

Man ist immer gescheitert Sie in den Einsatz zu bringen. Weil die Politik es nicht wollte oder eine gemeinsame Linie fand.

Aber Reden das kann die Politik. 2018 machte sich der französische Präsident Emmanuel Macron mal wieder zum Befürworter einer echten Europa-Armee.

Nur natürlich möchte Frankreich hier und da die Führung, Veto und seine Interessen gewährt haben. Merkel, Scholz ähnlich. Und das funktioniert bei fast allen Staaten so.

Man kann verstehen warum Macron es gefordert hat 2018. Unter anderem mit der aussenpolitischen Unzuverlässigkeit der USA unter Präsident Trump.

Und was ist passiert seither. Wir reden und reden...... Eine EU-Armee wäre sicher dem europäischen Gemeinsinn in allen Mitgliedstaaten förderlich. Aber es wird nicht passieren.

Bevor Ich eine Armee fordere und Aufbauen will sollte man seine Hausaufgaben machen. Aber gut Dilettanten in der EU sind ja normal.

Wir haben nicht mal die Basics geklärt.

Angenommen die Europa-Armee besteht zu Anfang aus nationalen Streitkräften , die einem gemeinsamen Kommando verpflichtet sind quasi. Wer hat das Sagen ?


Müssten die Staaten also auf einen Teil ihrer Souveränität verzichten als Beispiel. Werden die Soldaten von einem Organ der EU – beispielsweise der Kommission – aufgestellt. Oder wem unterstellt ?

Sollte die Formation zusätzlich zu den 27 nationalen Armeen aufgestellt werden oder was genau.

Besteht das Ziel einer europäischen Armee gleichbedeutend mit der Auflösung aller nationalen Streitkräfte. Und wie will man das bitte rechtlich machen.

Wer würde schliesslich über ihren Einsatz entscheiden dieser Phantasie Truppe. Während in Deutschland die Abgeordneten über die Einsätze der Streitkräfte abstimmen, der Bundestag also über einen Parlamentsvorbehalt verfügt ist das in Frankreich anders. Dort entscheidet im französischen Präsidialsystem noch immer das Staatsoberhaupt über Militäreinsätze.

Jeder darf sich mal überlegen wie das funktionieren soll ohne Nachgeben. Und gibt noch andere Länder.

Es sind in Wahrheit zu viele offene Fragen, es gibt zu viele politische Differenzen, die einer länderübergreifenden Armee im Weg stehen. Daran hat sich gar nichts geändert und einfach Scheuklappen aufziehen um Recht zu haben ist für Mich nicht akzeptabel.

Ich kann viel Planungen machen. Reden schwingen. Aber schon die Hinweise die Ich umrissen habe kurz sollten man mal überlegen.

Dann kommt man zum Problem teilweise. Und dann meine übliche Meinung. Eventuell muss ich das mal anders wie üblich formulieren.


Das wohl grösste Problem an der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist, dass ihr in der Regel das Gemeinsame fehlt in der EU.



Die Entscheidungen des Europäischen Rates in internationalen Fragen werden einstimmig gefällt und wie das nicht oft funktioniert sieht man . Entsprechend beschreiben die Erklärungen zu Entscheidungen der 27 oft nicht mehr als den kleinsten gemeinsamen Nenner der Mitgliedstaaten der EU . Aber wie kann eine Union, die nicht einmal bei Fragen des Grenzschutzes einer Meinung ist, Soldaten ihrer Mitgliedstaaten im Zweifel für die Interessen anderer in den Tod schicken ?

Das bitte überlegen. Oder weiter an einer Phantasie festhalten erstmal. Ohne die Nato wird es nicht gehen die nächsten Jahrzehnte.

Wer erkennt, dass die Europa-Armee einen Grad der Integration voraussetzt plus Aufgabe vieler Rechte & Macht, den die meisten Mitgliedstaaten nicht akzeptieren wollen , muss sich an die offensichtliche Alternative halten wo es gibt. Wo funktioniert. Die Nato.

Trotz aller Debakel. Oder ob es den Europäern gefällt oder nicht, bleibt Sie vorerst der einzige Sicherheitsgarant auf dem Kontinent.

Träumen darf man. Auch eine Vision haben. Die Realität passiert trotzdem. Siehe Ukraine.

Sinnvoller als von einer europäischen Armee zu träumen, ist es jetzt mal europäischen Pfeiler im westlichen Verteidigungsbündnis zu stärken massiv.


Heute sind die Streitkräfte der meisten Nato-Staaten ausgezehrt und ineffizient, viele ihrer Waffensysteme veraltet. Das ist Schuld der politischen Führung. Wollen die Europäer den Kurs der Allianz mitbestimmen, kommen sie nicht umhin, sich finanziell und ideell deutlich stärker zu engagieren.

Für Europa ist es allemal nutzbringender, hier souveräner zu werden. Aber bitte ruhig weiter von Luftschlössern träumen.

Die EU Armee kann in Jahrzehnten mal Thema werden. Heute und mittelfristig nicht. Das zeigt die Logik. In Wahrheit sind sich die Staaten der EU nicht einmal bei Fragen des Grenzschutzes einig oder der Rüstungsindustrie.

Aber von Armeen reden :D




Jahrzehntelang war es für die Europäer bequem, auf eigene militärische Unzulänglichkeiten zu verweisen und im Zweifel die Hände in den Schoß zu legen. Es gab ja die Amerikaner. Doch deren Lust zu Einsätzen in Übersee hat nachgelassen, schon unter Präsident Barack Obama.

Ja Biden ist anders. Tut mehr. Aber erstmal muss Europa seine Basics erfüllen lernen und irgendwann kann man an den Profi level denken.

Wo ist die EU den erfolgreich in Außen und Sicherheitsstruktur.

Eine solche wirklich zupackende europäische Politik würde zwei zen­tra­le Dinge erfordern. Erstens die nötigen militärischen Fähigkeiten, zweitens den politischen Willen. C plus C heißt die Formel in den internationalen Denkfabriken: capabilities plus commitment.

Das Problem der Europäer ist bekannt. Beides ist bei ihnen Mangelware, seit Jahrzehnten.

Reden schwingen. Planen. Top das kann man. Aber der Rest fehlt. Und wenn man eigene Streitkräfte national nicht gut hinbekommen kann noch von EU Streitkräften träumen.

Comedy 2022. Wir Europäer sollten Uns erst einmal auf die NATO konzentrieren, da haben Wir genug zu tun.

Ja aber die EU und Blubb Blubb. Mal ganz knallhart. Immer noch nicht aufgewacht ? Noch immer im Traum ?

Mal ganz klar. Europa ist nicht alleine fähig zu Überleben im Krieg oder Einsatz wie Afghanistan.


Das wundert Mich auch auch nicht weiter, weil nur die US-Armee in der Lage ist, eine Operation dieser Größenordnung über diese räumliche Distanz überhaupt zu organisieren.


Das militärische Problem in Afghanistan ist dadurch entstanden, dass die USA und die NATO - auch ihre europäischen Mitglieder - im März 2021 entschieden haben, zu einem festen Zeitpunkt ohne Bedingungen abzuziehen, offenbar ohne Rücksicht auf die Lage vor Ort.

Ja ein Fehler. Aber wer hier noch nicht erkennt wir haben kaum Fähigkeiten sowas zu stemmen oder allein zu operieren ist im falschen film.


Mein Rat. Kommt alle in die Realität 2022. Jede Diskussion über eine EU-Armee ist sinnlos die nächsten Jahrzehnte.

Die EU, Politik usw. kann weiter von einer Armee träumen, die es so aber gewiss nie geben wird die nächsten Jahrzehnte.



Wichtiger wäre es, den europäischen Pfeiler in der NATO zu stärken und dabei bleibe Ich. Ich bin definitiv nicht gegen Zusammenarbeit auf EU Ebene.


Aber in der Realität sollten europäischen Staaten in der NATO sich enger auf gemeinsame Ausrüstung, Ausbildung und Führung verständigen und in Standards festlegen. Bis heute sind die Armeen in den europäischen NATO-Staaten zu ineffizient, zu teuer, zu bürokratisch und arbeiten parallel vor sich hin.

Das ist nicht gerade klug. Auf lange Sicht müssen sich auch die Europäer in der NATO bessere Aufklärung, Drohnenbewaffnung, Lufttransportkapazitäten und vieles andere mehr zulegen. Ich sage Fähigkeiten erlangen.



Von der militärischen Supermacht USA werden sie sich trotzdem nicht abkoppeln können. Volle militärische Souveränität Europas ist ein weder erreichbares noch erstrebenswertes Ziel. China und Russland sind zu mächtig.

Die deutsche Verteidigungsministerin Akk hat, betroffen vom Debakel in Afghanistan, gefordert, die Diskussionen müssten von einer Meta-Ebene nun endlich zu konkretem Handeln führen.

Wie wahr! War schon damals meine Meinung Die nächste Chance ist ja der "strategischer Kompass", den sich die EU gerade zulegt.

Darin sollen die unterschiedlichen militärischen Interessen und außenpolitischen Ziele zusammengeführt werden. Das wird auch langsam Zeit nach nominell 30 Jahren gemeinsamer Außenpolitik !

Aber eine EU Armee wird erst dann eine Chance haben wenn alles passiert was ich schreibe und mehr. Mahlzeit
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Do 3. Mär 2022, 20:13 Aha, also ist hier ein Mangel zu sehen, der erst einmal ab zu arbeiten ist. Wozu ist dann aber die Bundeswehr aufgestellt worden? In diesem Augenblick ist uns die von Rußland ausgehende Bedrohungslage ja klar... auf alle Fälle aber keine Bundeswehr gegen unsere Partner in der EU. Nach dem allseits erklärten Ende des Kalten Krieges auch nicht gegen unsere Partner, die heute in der NATO und EU mitarbeiten. Also dieser Teil einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist vorhanden.
Selbstverständlich nicht gegen unsere Partner in EU und Nato. Diesen Teil unserer deutschen Geschichte haben wir zum Glück nachhaltig überwunden.
Eine Bundeswehr, um Rußland und Nachfolgestaaten in Schach zu halten, die heute noch in engerer Gemeinschaft mit Rußland existieren? Politisch viele Jahre undenkbar, jedenfalls für mich. Leider ein Irrtum. Seit wann ein erkennbarer Irrtum?
Erkennbar war der Irrtum spätestens seit 2014. Damals wurde in der deutschen Politik offen diskutiert, dass Landes- und Bündnisverteidigung wieder stärker in den Vordergrund gerückt werden müsse. Es ist bloß nichts passiert. Es blieb bei warmen Worten und es folgten keine Taten.
Was sie tun sollte, das hat die Bundeswehr geleistet; nicht mehr und nicht weniger.
Nein, hat sie nicht. Konnte sie nicht, weil sie seit den 1990er Jahren gar nicht mehr dafür ausgerüstet war und weil der politische Wille fehlte. Der Afghanistan-Einsatz war das beste Beispiel dafür. Wir haben tausende Soldaten in den Auslandseinsatz geschickt und konnten ihnen nichtmal die nötigste Ausrüstung dafür mitgeben. Es fehlten Hubschrauber, es fehlten Panzer, es fehlten Aufklärungsmittel... Katastrophe! Ein Panzerbataillion sollte über rund 50 Kampfpanzer verfügen. Die deutschen Bataillone haben aber zumeist nur acht bis zwölf einsatzbereite Panzer. Und die müssen sie auch noch abgeben, wenn die Dinger bei der schnellen Nato-Eingreiftruppe gebraucht werden. Nein, die Bundeswehr hat seit Jahrzehnten nicht mehr das geleistet, was sie leisten sollte.
Für wessen Interessen hätte die Bundeswehr in Somalia, in Libyen, in Syrien und im Irak, im westlichen Nordafrika zu streiten? Oder gab es diese Fragen gar nicht?
Wenn wir ernsthaft über eine Einbindung der Bundeswehr in eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU nachdenken, dann hätte es sehr gute Gründe gegeben, auch deutsche Truppen zur Stabilisierung z.B. nach Nordsyrien und nach Libyen zu schicken. Die Kriege dort sind völlig aus dem Ruder gelaufen, haben Nachbarländer mit in Brand gesetzt, weil wir in unserer Paralyse nichts tun wollten und auch gar nicht konnten. Die EU wird, wenn sie ernst genommen werden will, nicht darum herumkommen, in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft auch mal für Ordnung sorgen zu können.
Aus der Rückschau sehe ich keine tadelnswerte Vernachlässigung der Bundeswehr. Und eine Führungsrolle der Bundeswehr in Europa sollte die deutsche Politik standhaft ablehnen.
Die Vernachlässigung der Bundeswehr war in der Tat nicht "tadelnswert". Sie war geradezu verbrecherisch. Wir haben Jahr für Jahr bis zu 50 Milliarden Euro an Steuergeldern zum Fenster rausgeschmissen für ein Militär, das heute ein Sanierungsfall ist. Es ist kein Zufall, dass Bundeskanzler Scholz ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für Beschaffungen angekündigt hat. Es ist kein Zufall, dass er den Wehretat auf mehr als 2 Prozent des BIP anheben will. Lass Dir mal diese Beträge auf der Zunge zergehen! Das ist der in Euro und Cent ausgedrückte Beleg für die jahrzehntelange Vernachlässigung unseres Militärs.

Und was die "Führungsrolle" der Bundeswehr in der EU betrifft, landen wir sofort wieder bei der Frage nach europäischer Integration. Es gibt gegenwärtig in der EU nur drei (vielleicht vier) Nationen, die noch für ein eigenständiges und leistungsfähiges Militär sorgen können. Das sind Deutschland, Frankreich, Italien und möglicherweise Polen. Von diesen Nationen ist Deutschland die wirtschaftlich leistungsfähigste. Wenn wir es mit der europäischen Integration und mit dem Ziel der Schaffung einer europäschen Armee ernst meinen, wird Deutschland zwingend eine Führungsrolle übernehmen und Strukturen für die Einbindung der Streitkräfte der 23 kleinen EU-Mitgliedsländer schaffen müssen. Anders geht es nicht. Die Kleinen sind überhaupt nicht in der Lage, sich selbst zu verteidigen. Deutschland MUSS führen, und tut es ja partiell auch schon. Sonst wird das nie was mit der europäischen Armee.
Auf mittlere Sicht sehe ich unser Land unter solchen Bedingungen wieder als Haßfigur, an der sich unsere heutigen Partner abarbeiten.
Tatsächlich ist es so, dass die Partner zunehmend verzweifelt danach rufen, dass Deutschland sich endlich bewegt. Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg hat die deutsche Regierung ja gerade erst so richtig Feuer unter dem Arsch gemacht bekommen. Scholz hat nicht freiwillig und aus eigenem Antrieb die Waffenlieferungen an die Ukraine und die spektakuläre Steigerung der Militärausgaben beschlossen. Dazu ist er von den Verbündeten gezwungen worden.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Fr 4. Mär 2022, 07:49 Das Thema gab es schon bei der Gründung der Bundeswehr in den 50 er Jahren: Sie sollte "die Sowjets in Schach halten", aber nicht stärker sein als die Paradearmee von Monaco. Die USA als wohlwollende Schutzmacht Europas... das ist ein Stück weit Vergangenheit. Das müssen wir Europäer selbst hinbekommen.
Warum beziehst Du Dich auf die 1950er Jahre und nicht schon auf die 1920er, als die 100.000-Mann-Armee verpflichtend vorgeschrieben war?

Wir sind uns doch sicher einig darüber, dass wir heute nicht mehr in den 50er Jahren leben, oder? Damals war allen Europäern noch sehr präsent, was deutsche Soldaten noch etwas mehr als fünf Jahre vorher angerichtet haben. Damals wäre Frankreich begeistert gewesen, wenn Deutschland in vier Kleinstaaten zerstückelt worden wäre. Aber darüber sind wir doch inzwischen nun wirklich hinaus, oder nicht? Gibt es heute noch eine europäische Nation, die Deutschland für eine Bedrohung hält? Mir fällt da keine ein. Ja, okay, die PiS-Polen vielleicht. Aber die nimmt doch eigentlich auch niemand mehr ernst. Besonders nicht nach Russlands Angriff auf die Ukraine.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

@ Kohlhaas:

Mit Verlaub: Ich halte meine Sichtweise weiterhin für zutreffend. Wir müssen uns schon zu einer Europäischen Armee hinbewegen; sonst haben wir sehr bald wieder das alte nationale Gegeneinander. Sie haben die Mächte genannt, die in Europa schlagkräftige Streitkräfte aufstellen könnten. Und dann haben wir über kurz oder lang wieder das alte Spiel, wer sich mit wem gegen wen aufstellt. Die nationalen Streitkräfte müssen in der Europäischen Armee aufgehen... mit Proporz der beteiligten Partner.

Ich halte es ebenfalls für vernünftig, daß wir erst einmal die Bundeswehr wieder auf Soll bringen. Das gebietet die neue Lage. Aber dann muß es irgendwie sehr viel weiter gehen, und zwar planvoll und eng verzahnt!
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Tom Bombadil »

Beim Projekt "EU-Armee" würde ich den Zeitrahmen mit 30 bis 50 Jahren beziffern.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Cobra9 »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 5. Mär 2022, 09:46 Beim Projekt "EU-Armee" würde ich den Zeitrahmen mit 30 bis 50 Jahren beziffern.
Danke Tom. Jemand der die Realität sieht
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Tom Bombadil »

Ein EU-Armee ist - leider - völlig unrealistisch, es fehlen jegliche politischen und völkerrechtlichen Grundlagen, die erstmal geschaffen werden müssen, ehe man daran gehen kann, die nationalen Armeen zusammen zu werfen und daraus eine EU-Armee zu formen.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

"Die Realität sehen" heißt die bekannten Gegensätze wieder ermöglichen, die Europa zwischen 1850 und 1950 umgewühlt haben. "Planvoll und eng verzahnt" heißt doch wohl, daß das konstruktive Nachdenken sofort beginnen muß. Der Zeitrahmen kann doch nicht der erste Gedanke sein... um dann entmutigt die Flinte ins Korn zu schmeißen.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 5. Mär 2022, 10:54 Ein EU-Armee ist - leider - völlig unrealistisch, es fehlen jegliche politischen und völkerrechtlichen Grundlagen, die erstmal geschaffen werden müssen, ehe man daran gehen kann, die nationalen Armeen zusammen zu werfen und daraus eine EU-Armee zu formen.
Bei einer funktionierenden Nato ist diese auch nicht dringend notwendig, insbesondere wenn Finnland und Schweden beitreten werden (was ich hoffe).

Viel wichtiger ist, das sich bei modernen Waffensystemen, insbesondere bei Drohnen, Cuber war fare und Fluggeraet und nuclear options, die europaeischen Laender sich nicht so sehr auf die USA verlassen und weitgehend Selbstversorger werden und vor allem Deutschland eine Armee hat die einsatzfaehig ist.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Eine Europäische Armee auf Augenhöhe mit den NATO-Partnern außerhalb der EU ist doch gar kein Widerspruch. Was aus meiner Sicht auf keinen Fall eine liebe Gewohnheit bleiben darf, das ist der Zustand, daß man die USA machen läßt und zahlen läßt, und sich selbst gedanken- und ideenlos in der Hängematte räkelt. Das ist der erste Schritt, der mit der Ertüchtigung der Bundeswehr beginnen muß.

Europa hat eine eigene Geschichte mit Wesenszügen, die immer wieder durchbrechen können... beginnend mit Religionskriegen, dem 30-jährigen Krieg über die "Erbfeindschaft mit Frankreich", die Beherrschungsgelüste in aller Welt, den unfaßbaren Chauvinismus seit Napoleons Kaiserreich bis hin zum Nazi-Reich. Nichts davon wird 1:1 wiederkehren, aber was sich aus dem Gebräu entwickeln kann, das ist allemal gefährlich. Deshalb eben unser notwendiger Weg zu den Vereinigten Staaten von Europa mit einer Europäischen Armee. Dann verfügt keiner der Partner mehr über die Machtmittel, mit denen er den anderen Partner bedrohen könnte. Und wehrhaft wäre sie dann sicher auch... vermutlich zu geringeren Kosten als jetzt in Summe die EU-Partner dafür ausgeben. Ein freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat als Bundesstaat mit einer gemeinsamen Armee auf bestmöglichem waffentechnischen Stand.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von DarkLightbringer »

Niemand sorgt sich vor Napoleon. Finnland und Schweden nähern sich gerade der NATO an und jeder weiß, warum.
Aber immerhin hat sich Selenskyi direkt an die EU-Parlamentarier gewendet und sie dazu aufgefordert, Europäer zu sein.
Damit meint er aber nicht Papier-Entwürfe, sondern Dinge, die zum Paradigmenwechsel unserer Tage passen.
"Beweisen Sie, dass Sie wirklich Europäer sind", sagt er wörtlich, und: "Jetzt haben wir es mit dem wirklichen Leben zu tun, mit dem wirklichen Kampf.
Der steht nicht nur auf dem Papier."

Dafür gab es im EU-Parlament schon mal Standing Ovations. Das ist ein erster Schritt.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Haegar »

Mal schaun, ob die jetzt begonnene Bildung einer etwas wehrhafteren Bundeswehr nicht zu Verstärkung des Gedankens bei unseren Nachbarn führt diese in einer europäischen Armee "aufzufangen". Und einen gemeinsamen europäischen politischen Gedanken zu entwickeln. In aller Grausamkeit kann ich wieder beobachten, dass ein Krieg die Bildung von Staaten wieder beschleunigt. So gesehen könnte man, wenn es dazu kommt, einen Dank zu Putin schicken.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Haegar hat geschrieben: Di 8. Mär 2022, 10:30 Mal schaun, ob die jetzt begonnene Bildung einer etwas wehrhafteren Bundeswehr nicht zu Verstärkung des Gedankens bei unseren Nachbarn führt diese in einer europäischen Armee "aufzufangen". Und einen gemeinsamen europäischen politischen Gedanken zu entwickeln. In aller Grausamkeit kann ich wieder beobachten, dass ein Krieg die Bildung von Staaten wieder beschleunigt. So gesehen könnte man, wenn es dazu kommt, einen Dank zu Putin schicken.
Eine der Gründungsideen der EWG/EG/EU war ja wohl, die immer wieder aufflammenden Interessengegensätze der europäischen Völker durch "innenpolitische" Verhandlungen aus zu gleichen. Die Bundeswehr in der Zeit ihres Neubeginns sollte den Sowjets ein Schrecken und Liechtensteins Streitkräften unterlegen sein. Ich meine auch, wenn der Kanzler und sein Finanzminister beschließen, die Bundeswehr zur führenden Streitmacht in der EU zu entwickeln, daß dieser Gedanke nicht dazu führen sollte, daß sich Frankreich, Italien und Polen darauf verständigen, diesen Brocken gemeinsam ein zu hegen, wie das so üblich war in Europa, sondern daß diese großen Partner sich an uns anschmiegen und die Gemeinschaft mit uns suchen... und uns dabei hochwillkommen sind. Ich bin einmal gespannt, wie sich die globalen Briten dazu aufstellen werden. Irgendwie werden die doch wieder das innereuropäische Gleichgewicht her zu stellen versuchen, und Rußland.... oder das was daraus geworden sein wird... dürfte eine ähnliche Strategie zur Absicherung seiner Vormachtstellung verfolgen.

Schade, daß man als überzeugter Europäer von solchen Hintergedanken bewegt wird. Hoffentlich geht der Kanzler mit offenen Armen auf den französischen Präsidenten zu und entwickelt mit ihm und allen Europäern guten Willens endlich die Vereinigten Staaten von Europa, in denen wir Europäer uns gegenseitig wertschätzen und beistehen! Eine Europäische Armee als gemeinsamer Schutzschild, die zugleich bewaffnete Auseinandersetzungen in Europa ausschließt!
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Re: Europäische Armee

Beitrag von streicher »

Am Besten passt es wohl hierhin: die EU erwägt eine Bündnisfallwarnung an den Kreml.
https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... 2ce3dcabe4

Grundlage:
Man werde »weiterhin in unsere gegenseitige Hilfe unter Artikel 42 Absatz 7 investieren«, heißt es in dem Entwurf. Der Artikel des EU-Vertrags von Lissabon ähnelt dem besser bekannten Artikel 5 des Nato-Vertrags, der festlegt, dass ein Angriff auf ein Mitglied wie ein Angriff auf alle gewertet wird.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Adam Smith »

rain353 hat geschrieben: Mi 9. Mär 2022, 14:44 Polen dagegen ist gerade so schwach aufgestellt WEGEN der Nato-Osterweiterung, da Polen laut Vereinbarung selber keine zahlreichen Truppen haben darf(EINSCHRÄNKUNG DER SOUVERÄNITÄT).
Über wie viele Truppen und Waffen darf Polen eigentlich verfügen?

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Vertrag ... _in_Europa

"Ziel ist, die Streitkräfte von 110.000 Berufssoldaten auf 250.000 aufzustocken. Vize-Regierungschef Kaczynski begründete den Vorstoß mit der schlechten internationalen Lage und der geographischen Position Polens."

https://amp.dw.com/de/polen-will-massiv ... a-59634689
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Mi 9. Mär 2022, 07:41 Eine der Gründungsideen der EWG/EG/EU war ja wohl, die immer wieder aufflammenden Interessengegensätze der europäischen Völker durch "innenpolitische" Verhandlungen aus zu gleichen. Die Bundeswehr in der Zeit ihres Neubeginns sollte den Sowjets ein Schrecken und Liechtensteins Streitkräften unterlegen sein. Ich meine auch, wenn der Kanzler und sein Finanzminister beschließen, die Bundeswehr zur führenden Streitmacht in der EU zu entwickeln, daß dieser Gedanke nicht dazu führen sollte, daß sich Frankreich, Italien und Polen darauf verständigen, diesen Brocken gemeinsam ein zu hegen, wie das so üblich war in Europa, sondern daß diese großen Partner sich an uns anschmiegen und die Gemeinschaft mit uns suchen... und uns dabei hochwillkommen sind. Ich bin einmal gespannt, wie sich die globalen Briten dazu aufstellen werden. Irgendwie werden die doch wieder das innereuropäische Gleichgewicht her zu stellen versuchen, und Rußland.... oder das was daraus geworden sein wird... dürfte eine ähnliche Strategie zur Absicherung seiner Vormachtstellung verfolgen.

Schade, daß man als überzeugter Europäer von solchen Hintergedanken bewegt wird. Hoffentlich geht der Kanzler mit offenen Armen auf den französischen Präsidenten zu und entwickelt mit ihm und allen Europäern guten Willens endlich die Vereinigten Staaten von Europa, in denen wir Europäer uns gegenseitig wertschätzen und beistehen! Eine Europäische Armee als gemeinsamer Schutzschild, die zugleich bewaffnete Auseinandersetzungen in Europa ausschließt!
Mir ist wirklich nicht klar, woher Deine Sorgen kommen. Bewaffnete Auseinandersetzungen in Europa? Innerhalb der EU? Es gibt seit Jahrzehnten nicht mehr den allergeringsten Hinweis darauf, dass es zu soetwas kommen könnte. Ich halte diese Sorge für vollkommen unbegründet und wäre selbst nie auf diese Idee gekommen. Und ich bin Jahrgang 1960!

Trotzdem wird es eine "europäische Armee" wie Du sie Dir vorstellst, meiner Einschätzung nach nie oder jedenfalls auf sehr lange Sicht nicht geben. Dazu wären ganz grundlegende politische Beschlüsse notwendig, die es auch auf sehr lange Sicht (oder vielleicht nie) geben wird. Das muss aber auch alles gar nicht sein. Es besteht gar keine Notwendigkeit, dass sich die "großen" europäischen Partner (Frankreich, Italien, vielleicht Polen, mit Abstrichen Spanien) "an uns anschmiegen". Viel wichtiger ist, dass Deutschland und diese drei (vielleicht vier) Partner Strukturen schaffen und erhalten, an die sich 22 oder 23 anderen EU-Staaten "anschmiegen" können. Und das passiert ja sogar bereits in Ansätzen!

Danach kommt es im Grunde nur noch auf drei Punkte an:

1: Die EU muss eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik entwickeln. Die muss nichtmal von allen 27 mitgetragen werden. Nur von einer "qualifizierten Mehrheit" (geht im Moment noch nicht!)
2: Es muss ein gemeinsames "Oberkommando" auf EU-Ebene geschaffen werden. Auf der Ebene müssen natürlich alle 27 (oder jedenfalls die "qualifizierte Mehrheit") würdig vertreten sein
3: Alle Beteiligten müssen sich darauf verlassen können, dass alle anderen Beteiligten im Zweifel mitmachen und nicht aufgrund nationaler Eigeninteressen ausscheren. Im meine an der Stelle insbesondere die bisher gewohnete deutsche "Mimimi-wir-aber-nicht"-Haltung. Das betrifft sowohl Außeneinsätze als auch zum Beispiel Waffenexporte.

Und, schwupp, haben wir eine EU-Armee! Und bestechender Weise sind die nationalen Armeen dabei nichtmal der nationalen Kontrolle entzogen! Die unterstehen immer noch nationaler Hoheit. Sie müssen nur bei der Notwendigkeit gemeinsamer Aktionen gut koordiniert werden. Und das geht! Problemlos! An der Stelle haben bislang immer nur die Briten starrsinnig gemauert.

Wir haben das Thema schonmal diskutiert. Schon damals habe ich darauf verwiesen, dass die von mir gerade skizzierte Entwicklung für die EU sehr ähnlich schonmal in Deutschland abgelaufen ist. Nämlich in der Zeit, bevor Deutschland zu einem Nationalstaat wurde. Auch damals mussten Streitkräfte von vielen souveränen "Staaten" koordiniert und integriert werden. Die Militärorganisation, die sich daraus entwickelt hat, war auch gar nicht "sperrig", sondern erschreckend effektiv.

Das Problem damals bestand nur darin, dass es im Norddeutschen Bund einen "Hegemon" gab: Preußen. Preußen stellte am Ende das Oberkommando. Alle anderen Staaten hatten ihre Truppen diesem Kommando zu unterstellen oder sogar in die preußische Armee einzugliedern. Das darf und wird es in der EU natürlich nicht geben.

Die EU ist heute auf dem Weg zu einer ähnlich strukturierten Form von Staatenbund und zu einer ähnlichen Militärstruktur. Ich habe den Verdacht, dass diese Entwicklung durch die Ereignisse in der Ukraine jetzt kräftig beschleunigt wird. Die Politikwende, die Scholz gerade für Deutschland verkündet hat, ist jedenfalls schonmal historisch.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

Adam Smith hat geschrieben: Mi 9. Mär 2022, 15:19 Über wie viele Truppen und Waffen darf Polen eigentlich verfügen?

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Vertrag ... _in_Europa

"Ziel ist, die Streitkräfte von 110.000 Berufssoldaten auf 250.000 aufzustocken. Vize-Regierungschef Kaczynski begründete den Vorstoß mit der schlechten internationalen Lage und der geographischen Position Polens."

https://amp.dw.com/de/polen-will-massiv ... a-59634689
Du hast den KSE-Vertrag verlinkt. Da ist - um nur ein Beispiel zu nennen - die Rede von einer Obergrenze von 40.000 Kampfpanzern! 40.000!

Polen kann so weit aufrüsten wie es will. Es wird die KSE-Grenzen nie gefährden können.

Meiner Kenntnis nach ist damals nicht aufgeschlüsselt worden, welche Truppenstärken für jedes einzelne Land gelten sollen. Die einzige "Festlegung", von der ich weiß, ist die, dass Deutschland nach der Wiedervereinigung nicht mehr als 370.000 Soldaten unter Waffen halten durfte. Die Bundeswehr hat heute etwas über 180.000 Mann. Also etwa die Hälfte dessen, was mit der Sowjetunion besprochen worden ist.

Nachsatz zum KSE-Vertrag: Warum sollte der uns jetzt eigentlich noch interessieren, nachdem Russland soeben alle nachfolgend geschlossenen Verträge gebrochen hat?
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben: Mi 9. Mär 2022, 18:52 (...)
...Ich habe den Verdacht, dass diese Entwicklung durch die Ereignisse in der Ukraine jetzt kräftig beschleunigt wird. ...
Das ist doch schon einmal eine gute Erkenntnis. Nun müssen überzeugte Europäer nur noch ihr Kreuzchen an den Stellen eintragen, wo der Weg zu mehr Europa unterstützt wird. Und vor allem müssen wir unsere Erwartungen äußern. Und die sind ja gar nicht neu. Der Zeitpunkt dazu ist günstig, die Bedrohungslage gibt es wirklich.

Dazu gehört aus meiner Sicht nicht unbedingt eine Aussage, daß diese Entwicklung viele Jahrzehnte bräuchte, oder sie nie stattfinden werde, oder Deutschland als Versammlung von Ohnemicheln. Die gibt es ja immer; man muß sie aber nicht unbedingt darin bestärken.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Do 10. Mär 2022, 07:04 Das ist doch schon einmal eine gute Erkenntnis. Nun müssen überzeugte Europäer nur noch ihr Kreuzchen an den Stellen eintragen, wo der Weg zu mehr Europa unterstützt wird. Und vor allem müssen wir unsere Erwartungen äußern. Und die sind ja gar nicht neu. Der Zeitpunkt dazu ist günstig, die Bedrohungslage gibt es wirklich.

Dazu gehört aus meiner Sicht nicht unbedingt eine Aussage, daß diese Entwicklung viele Jahrzehnte bräuchte, oder sie nie stattfinden werde, oder Deutschland als Versammlung von Ohnemicheln. Die gibt es ja immer; man muß sie aber nicht unbedingt darin bestärken.
Nun, seit dem Ende des WK2 bis heute war Deutschland eine Versammlung von Ohnemicheln. Putin belehrt uns gerade, dass diese Position nicht länger haltbar ist. Und ich bleibe dabei, dass es eine europäische Armee, wie Du sie skizziert hast, nie geben wird. Das liegt gar nicht mal so sehr an Deutschland, sondern zum Beispiel an Nationen wie Frankreich und den Niederlanden, irgendwann vielleich auch wieder Großbritannien, die mit ihren Streitkräften auch Interessen außerhalb Europas verfolgen. Es wäre auch gar nicht gut, wenn zentral geführte gemeinsame Streitkräfte aufgestellt würden. Dezentrale Strukturen haben sich als effizienter erwiesen - wenn man bezogen auf Krieg überhaupt von Effizienz reden darf.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Nun, seit dem Ende des WK2 bis heute war Deutschland eine Versammlung von Ohnemicheln.
Wer dieses Ende noch miterlebt hat, hat nachträglich auch für Ohnemichels ziemlich viel Verständnis. Allerdings hat in Mitteleuropa ein erkennbarer Wandel auf eigenem Mist stattgefunden, nachdem wieder ein richtiger Krieg in Europa tobt. Dagegen hilft nur "Einigkeit macht stark... L'unità fa la forza... l'union fait la force...
La unidad hace la fuerza... Jedność jest silna... Eenheid is kracht... Eendracht maakt sterk... Wobei die Zusammenarbeit mit den Niederlanden mir das niederländische und das flämische Zitat wert sind.

Die Europäische Armee soll keine Aufgaben der Vergangenheit übernehmen, sondern uns Europäern künftig den Hals retten. Das europäische Jahrhundert hat sich mit dem Untergang des Deutschen Reiches erledigt. Wir Europäer haben uns künftig auf dieser Erde mit der Rolle eines 5-Prozenters zu begnügen, der sich gegen aufstrebende Weltmächte zu behaupten hat.
Kohlhaas
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Fr 11. Mär 2022, 16:41 Wer dieses Ende noch miterlebt hat, hat nachträglich auch für Ohnemichels ziemlich viel Verständnis. Allerdings hat in Mitteleuropa ein erkennbarer Wandel auf eigenem Mist stattgefunden, nachdem wieder ein richtiger Krieg in Europa tobt.
Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich ziemlich genau das geschrieben. Aber ich schreibe es gern nochmal: Die "typisch nachkriegsdeutsche" Zurückhaltung war mal völlig angemessen. Seit einigen Jahren ist sie es nicht mehr. In Deutschland wird das aber erst heute begriffen, nachdem Putin Krieg wieder "normal" machen will. Wir stehen an einem Wendepunkt, den wir schon vor Jahren hätten erkennen sollen.
Das europäische Jahrhundert hat sich mit dem Untergang des Deutschen Reiches erledigt. Wir Europäer haben uns künftig auf dieser Erde mit der Rolle eines 5-Prozenters zu begnügen, der sich gegen aufstrebende Weltmächte zu behaupten hat.
Eigentümliche Weltsicht. Europa hat Jahrtausende der Weltgeschichte geprägt. Und Europa könnte eine der drei beherrschenden Mächte dieser Welt sein, wenn Europa das wollte. Aber darum geht es ja gar nicht.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Eigentümliche Weltsicht. Europa hat Jahrtausende der Weltgeschichte geprägt. Und Europa könnte eine der drei beherrschenden Mächte dieser Welt sein, wenn Europa das wollte. Aber darum geht es ja gar nicht.
[/quote]

Nein, es geht um unsere gewachsenen Demokratien, die Errungenschaft des nur dem Gesetz verpflichteten Rechtsstaats, unsere freiheitliche und zugleich soziale Gesellschaftspolitik. Die waren weder seit Jahrtausenden in Europa selbstverständlich noch sind sind sie überhaupt selbstverständlich... noch nicht einmal in Europa.

Unsere Wettbewerber um einen gemütlichen Platz an der Sonne übertreffen an Zahl ihrer Staatsbürger inzwischen Europa um ein Mehrfaches. Der Hinweis 5% ist ja nicht aus der Luft gegriffen. Ehemals "leere" Kontinente füllen sich mit Menschen, die früher oder später uns Europäern vorschreiben möchten, wie wir zu spuren haben. Putin ist nun der erste, der das so meint.

Und nur ein einiges Europa mit einer zeitgemäßen Armee kann diese Bedrohung ohne Krieg abwehren... ganz einfach, weil die aufstrebenden Mächte so heftige Gegenwehr auch nicht unbedingt wollen. Ich staune, daß ich dafür werben muß!
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben: Fr 11. Mär 2022, 18:13 ...
Eigentümliche Weltsicht. Europa hat Jahrtausende der Weltgeschichte geprägt. Und Europa könnte eine der drei beherrschenden Mächte dieser Welt sein, wenn Europa das wollte. Aber darum geht es ja gar nicht.

Nein, es geht um unsere gewachsenen Demokratien, die Errungenschaft des nur dem Gesetz verpflichteten Rechtsstaats, unsere freiheitliche und zugleich soziale Gesellschaftspolitik. Die waren weder seit Jahrtausenden in Europa selbstverständlich noch sind sind sie überhaupt selbstverständlich... noch nicht einmal in Europa.

Unsere Wettbewerber um einen gemütlichen Platz an der Sonne übertreffen an Zahl ihrer Staatsbürger inzwischen Europa um ein Mehrfaches. Der Hinweis 5% ist ja nicht aus der Luft gegriffen. Ehemals "leere" Kontinente füllen sich mit Menschen, die früher oder später uns Europäern vorschreiben möchten, wie wir zu spuren haben. Putin ist nun der erste, der das so meint.

Und nur ein einiges Europa mit einer zeitgemäßen Armee kann diese Bedrohung ohne Krieg abwehren... ganz einfach, weil die aufstrebenden Mächte so heftige Gegenwehr auch nicht unbedingt wollen. Ich staune, daß ich dafür werben muß!
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Re: Europäische Armee

Beitrag von jellobiafra »

Innerhalb der NATO stellt die USA wohl das grösste Risiko dar. Es ist durchaus möglich, dass Donald Trump wieder Präsident wird und der wird wohl die NATO verlassen. Und Donald Trump ist nicht alleine, er vertritt einen relevanten Teil der amerikanischen Bevölkerung. Wir müssen in Zukunft immer mit einem Austritt der USA rechnen und das wäre das Ende der NATO.

Solange sollten wir aber unseren Bündnisverpflichtungen nachkommen, auch da haben wir Defizite.
Zusätzlich muss die Bundeswehr aber aufgerüstet werden. Konventionell und nuklear.
Für eine glaubhafte Abschreckung brauchen wir eine nationale Atombombe.

Wir erleben es gerade, dass wir erpressbar werden, weil wir uns energiepolitisch in eine Abhängigkeit von Russland begeben haben. Wir können daraus nur lernen, alle Abhängigkeiten zu vermeiden. Auch die von der NATO.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Cobra9 »

Trump wird sehr wahrscheinlich nicht das Problem darstellen in der nächsten US Wahl. Gleichzeitig sollte man tatsächlich endlich mal realistisch sein
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

Genieße den Augenblick, denn der Augenblick ist dein Leben
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Michael_B »

jellobiafra hat geschrieben: Sa 12. Mär 2022, 06:56 Innerhalb der NATO stellt die USA wohl das grösste Risiko dar. Es ist durchaus möglich, dass Donald Trump wieder Präsident wird und der wird wohl die NATO verlassen. Und Donald Trump ist nicht alleine, er vertritt einen relevanten Teil der amerikanischen Bevölkerung. Wir müssen in Zukunft immer mit einem Austritt der USA rechnen und das wäre das Ende der NATO.

Solange sollten wir aber unseren Bündnisverpflichtungen nachkommen, auch da haben wir Defizite.
Zusätzlich muss die Bundeswehr aber aufgerüstet werden. Konventionell und nuklear.
Für eine glaubhafte Abschreckung brauchen wir eine nationale Atombombe.

Wir erleben es gerade, dass wir erpressbar werden, weil wir uns energiepolitisch in eine Abhängigkeit von Russland begeben haben. Wir können daraus nur lernen, alle Abhängigkeiten zu vermeiden. Auch die von der NATO.
Wo willst du die Atombomben testen? In den Bayrischen Bergen oder wo?
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Tom Bombadil »

Michael_B hat geschrieben: Sa 12. Mär 2022, 09:20 Wo willst du die Atombomben testen?
Im Computer, sowas kann man simulieren.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Sa 12. Mär 2022, 05:44Und nur ein einiges Europa mit einer zeitgemäßen Armee kann diese Bedrohung ohne Krieg abwehren... ganz einfach, weil die aufstrebenden Mächte so heftige Gegenwehr auch nicht unbedingt wollen. Ich staune, daß ich dafür werben muß!
Bei mir musst Du ja gar nicht dafür werden, DASS es solche zeitgemäßen europäischen Streitkräfte geben soll und irgendwann geben muss. Ich teile nur nicht Deine Auffassung, wie diese Streitkräfte gestaltet sein sollen. Es geht da mehr um die Frage, was Du für "zeitgemäß" hältst.

Die EU ist anders entstanden und strukturiert als die Vereinigten Staaten von Amerika. In der EU wird es nie zentrale Ausbildungslager geben, in denen Rektruten ausgebildet und dann willkürlich Truppenteilen irgendwo auf dem Kontinent zugewiesen werden. Es wird nie eine straffe zentrale Kommandostruktur geben. Demnach wird es auch nie ein EU-Militär geben, wie Du es Dir vorstellst. Das haben wir Deutschen in unserer Geschichte gelernt. Schon Ende des 19.Jahrhunderts war es so, dass ein preußischer General sich nicht darauf verlassen konnte, dass ein bayerischer Oberst seine Befehle ausführen würde. Deshalb wurden dezentrale Verbände aufgebaut, die sich weitgehend selbst geführt haben. Nur ganz an der Spitze fand Integration und Koordination statt. Lediglich die Truppen der kleineren Fürstentümer wurden im Kriegsfall "eingegliedert", aber selbst dann noch intern eigenständig geführt. So wird das in Europa auch kommen. Es wird nie so sein, dass deutsche Offiziere direkt französische Truppen kommandieren - oder umgekehrt. Muss auch gar nicht. Das wäre sogar schädlich. Auch im militärischen Bereich ist "Föderalismus" letztlich die bessere Lösung. Erwiesenermaßen.
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Re: Europäische Armee

Beitrag von H2O »

Nein, die national geführten Verbände darf es aus meiner Sicht nicht geben. Es darf auch keine "bayerischen Offiziere" geben, die nicht auf die Europäsche Armee und das EU-Parlament vereidigt sind, oder nationale Generalstäbe. Dann ist nämlich auf Dauer ein Spaltpilz in der Armee, oder noch schlimmer: Gleich mehrere. Die Verbände hält im Krisenfall vielleicht eine Supermacht auf Vordermann... ich stelle mir aber Augenhöhe der Beteiligten vor.

Andererseit humpeln Ihre Vergleiche ziemlich heftig. Wenn 1866 noch zwischen Österreichern, Bayern, Hannoveranern, und Preußen die Frage nach dem Kleindeutschen Reich oder dem Großdeutschen Reich ausgefochten wurde, standen die Truppen 1870/71 zusammen, um Napoleon III zu zeigen, daß Frankreich allein nicht mehr Europa gestalten kann. Wenn ich mich nicht ganz furchtbar verrechnet habe, dann standen plötzlich Leute zusammen, die eben noch aufeinader geschossen hatten. 5 Jahre in Deutschland, 70 Jahre in Westeuropa.

Aber sei's drum, weder Sie noch ich werden diese Armee gestalten. Was Sie aufbauen möchten, das gefällt mir nicht, und das Warum habe ich auch begründet. Praktische Fragen der Ausbildung und des Proporzes der Partner in allen Führungsstellen und Waffengattungen wird die Europäische Armee im Verein mit dem Europäischen Parlament selbst lösen. Dazu brauchen die uns nicht.
Adam Smith
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Re: Europäische Armee

Beitrag von Adam Smith »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 12. Mär 2022, 10:02 Im Computer, sowas kann man simulieren.
Aber nur wenn man über Daten aus realen Tests verfügt.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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