Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

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Vongole
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Vongole »

Cobra9 hat geschrieben: Sa 16. Jul 2022, 16:57 Das steht aber so nicht in der Quelle. Falsch verstanden mhmm
Nö, das sieht der User so. :cool:
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Tom Bombadil
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Tom Bombadil »

BingoBurner1 hat geschrieben: Sa 16. Jul 2022, 16:55 Die Menschen in Ungarn sind nicht dumm, doch sie haben schlicht keine andere Möglichkeit (en) sich zu informieren.
Das Internet wird in Ungarn kontrolliert?
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von BingoBurner1 »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Jul 2022, 20:08 Das Internet wird in Ungarn kontrolliert?

Ja.


"Budapest Mit Jahresbeginn ist Ungarns Premier Viktor Orbán auf den Budapester Burgberg eingezogen, den Sitz der einstigen Könige. Mit seiner feudalen Neigung dürfte er eher die im alten Jahr begonnene Protestwelle zusätzlich befeuern."


Das wäre ungefähr so, als wenn Scholz sich als Kaiser aufrufen würde ......

https://rp-online.de/politik/ausland/ne ... d-35467033
Zuletzt geändert von BingoBurner1 am Sa 16. Jul 2022, 20:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Misterfritz »

BingoBurner1 hat geschrieben: Sa 16. Jul 2022, 20:42Ja.
Beleg?
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Tom Bombadil
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Tom Bombadil »

BingoBurner1 hat geschrieben: Sa 16. Jul 2022, 20:42Ja.
Man kann dort also keine websites aus Deutschland, Frankreich, England oder den USA aufrufen?
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Adam Smith »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Jul 2022, 20:08 Das Internet wird in Ungarn kontrolliert?
Seit dem Jahr 2011 wird das Internet kontrolliert und zensiert.
Das ist Kapitalismus:

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Tom Bombadil
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Tom Bombadil »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sa 16. Jul 2022, 20:45 Man kann dort also keine websites aus Deutschland, Frankreich, England oder den USA aufrufen?
Frage ist noch nicht beantwortet.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von BingoBurner1 »

Misterfritz hat geschrieben: Sa 16. Jul 2022, 20:45Beleg?
Soll das ein Witz sein ?


szerelmes vers


Mediengestaltung in Ungarn....?

"Seit Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei 2010 an die Regierung kamen, haben sie die Medien Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle gebracht. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und Ungarns einzige Nachrichtenagentur MTI wurde in der staatlichen Medienholding MTVA zentralisiert. Die regionale Presse ist seit Sommer 2017 vollständig im Besitz Orbán-freundlicher Unternehmer. 2018 wurden fast 500 regierungsnahe Medienunternehmen in einer Holding mit zentral koordinierter Berichterstattung zusammengefasst. Wichtige kritische Medien wurden eingestellt, große Nachrichtenportale in den Besitz Orbán-naher Unternehmer und redaktionell auf Linie gebracht. Unabhängige Berichte werden über Online-Medien wie Telex.hu verbreitet, ihre Reichweite ist jedoch begrenzt. Wiederholt haben regierungsnahe Medien „schwarze Listen“ unliebsamer Journalist*innen veröffentlicht. 2021 wurde bekannt, dass die Regierung mehrere Medienschaffende mit der Pegasus-Software hat überwachen lassen."

https://www.reporter-ohne-grenzen.de/ungarn
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Panarin »

Orban reißt nationalsozialistische Sprüche:
Orban hatte am Samstag in einer Rede vor Anhängern im rumänischen Kurort Baile Tusnad erklärt: „Es gibt nämlich jene Welt, in der sich die europäischen Völker mit den Ankömmlingen von außerhalb Europas vermischen. Das ist eine gemischtrassige Welt.“ Dem gegenüber gebe es das Karpatenbecken, wo sich europäische Völker wie Ungarn, Rumänen, Slowaken und andere miteinander vermischten. „Wir sind bereit, uns miteinander zu vermischen, aber wir wollen nicht zu Gemischtrassigen werden“, hatte er betont.
Kritik erntete Orban deshalb auch für eine weitere Passage seiner Rede: „Da ist zum Beispiel der neueste Vorschlag der EU-Kommission, der besagt, dass jeder seinen Gasverbrauch verpflichtend um 15 Prozent senken soll. Ich sehe nicht, wie das erzwungen werden soll, obwohl es dafür deutsches Know-how gibt, von früher, meine ich.“
https://www.welt.de/politik/ausland/art ... Orban.html
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Haegar »

Panarin hat geschrieben: Mi 27. Jul 2022, 00:50 Orban reißt nationalsozialistische Sprüche:

https://www.welt.de/politik/ausland/art ... Orban.html
Auch ein wenig Antisemitismus darf natürlich nicht fehlen:

https://www.faz.net/aktuell/politik/aus ... 94434.html

Verknüpft dabei die "Ostküste" mit der EU. Die neue und alte Verschwörungstheorie des "Weltfinanzjudentums".
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von sünnerklaas »

BingoBurner1 hat geschrieben: Sa 16. Jul 2022, 20:42 Ja.


"Budapest Mit Jahresbeginn ist Ungarns Premier Viktor Orbán auf den Budapester Burgberg eingezogen, den Sitz der einstigen Könige. Mit seiner feudalen Neigung dürfte er eher die im alten Jahr begonnene Protestwelle zusätzlich befeuern."


Das wäre ungefähr so, als wenn Scholz sich als Kaiser aufrufen würde ......

https://rp-online.de/politik/ausland/ne ... d-35467033
Sobald er in Schwierigkeiten gerät, wird er einmal mehr damit drohen, dann die Grenzen aufzumachen, damit der "gefährliche Muselmann" ins Land kann. Das hätten dann die Ungarn davon, dass sie ihn abgewählt haben.
Der Deal in Ungarn ist der: die sehr ängstliche Bevölkerung, gerade auf dem Lande bekommt das Gefühl "von Orban beschützt" zu werden, gleichzeitig stellt sie ihm, seinen Freunden und seinem Familienclan im Gegenzug dafür einen Freibrief aus. Orban arbeitet mit einer doppelten Strategie: zum einen spielt die Erzählung vom einstmals bestehenden "Großungarn" eine große Rolle, davon, das Land zu einstiger Größe zurückzuführen. Zum anderen das nationale Trauma der türkischen Besatzung. In Serbien fährt man ja eine ähnliche Strategie. Auch dort wird geheult, man sieht sich, genauso, wie in Ungarn und auch in Russland als als immer und immer wieder gedemütigte "Opfernation", die nur von anderen bedroht und geschlagen wurde.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von H2O »

Die Gazeta Wyborcza von heute, 2022-07-30, veröffentlicht einen Beitrag des "Hungaristen" Leszek Hensel (vielleicht heißt das im Fachchinesisch auch "Magyaristen"?) mit der Überschrift: "Nur 13% der Ungarn erkennen die USA als strategischen Partner an, aber 35% verbinden dies mit Rußland".

https://wyborcza.pl/magazyn/7,124059,28 ... entsAnchor

Das Zahlenergebnis hat eine slowakische Umfrage der Firma GLOBSEC in Ungarn ermittelt. Das Ergebnis ist in der Tat bestürzend, weckt auch Mißtrauen, weil sich die Slowaken als Teil Ungarns unter der KuK-Herrschaft unterdrückt empfanden. Wer weiß also, welcher Antrieb hinter dem Umfrageergebnis zu finden ist...

Nehmen wir die Umfrage dann doch lieber ernst. Erstaunlich jedenfalls, daß Ungarn in seiner Geschichte mehrfach durch Rußland "zur Ordnung gerufen" wurde... 1848 durch die Armee des Zaren, 1956 durch die Rote Armee der Sowjetunion. Nun ja, es gibt aber auch ungarische Verstrickungen in die Herrschaft der Nazis in Europa (so einzigartig ist das aber wohl gar nicht...). Von dort führt eine Linie in die derzeitige Herrschaftsordnung Rußlands... vielleicht gibt es in Ungarn also einen Hang zu Staaten mit aus ihrer Sicht vorbildlicher Ordnung? Auf jeden Fall hat Viktor Orbans Ungarn sich erst einmal entschlossen, aus der EU ab zu driften und sich bei Putins Rußland lieb Kind zu machen. Ein hervorragender Ansatz für die russische Militärmacht, einen Keil in die EU zu treiben, in der Rußland wie selbstverständlich einen geopolitischen Konkurrenten sieht.

Nachdem Polen sich nun auf eine Rolle als "Schutzmacht" der Ukraine festgelegt hat und damit im empörten Gegensatz zu Rußland zu leben, dürfte dieses Umfrageergebnis in Polen helle Empörung auslösen. Darauf weisen auch Leserkommentare in der Gazeta Wyborcza hin, die nach meinem Geschmack geradezu maßlos abgefaßt sind. Das war's dann wohl erst einmal mit der Gemeinsamkeit der Visegrad-Gruppe in der EU, bestehend aus Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von streicher »

Einen Kulturkrieg gegen Liberale ruft Orban in Texas aus und setzt Liberale mit Kommunisten gleich.
https://www.spiegel.de/ausland/viktor-o ... 5c27364030
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Tom Bombadil
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Tom Bombadil »

Das ist schon schwer zu ertragen, was der so von sich gibt...
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Christdemokrat »

streicher hat geschrieben: Fr 5. Aug 2022, 10:33 Einen Kulturkrieg gegen Liberale ruft Orban in Texas aus und setzt Liberale mit Kommunisten gleich.
https://www.spiegel.de/ausland/viktor-o ... 5c27364030
Orban hat die Rede auf Englisch gehalten und er sprach von "progressive liberals". Der Spiegel hat das mit "progressive Liberale" übersetzt. Das ist aber falsch. In den USA bezeichnet das englischsprachige Wort "liberals" die politische Linke und nicht Liberale.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Schnitter »

Christdemokrat hat geschrieben: Fr 5. Aug 2022, 23:21 Orban hat die Rede auf Englisch gehalten und er sprach von "progressive liberals". Der Spiegel hat das mit "progressive Liberale" übersetzt. Das ist aber falsch. In den USA bezeichnet das englischsprachige Wort "liberals" die politische Linke und nicht Liberale.
Für einen rechtsextremen Antisemiten wie Orban sind alle links die nicht rechtsdraussen sind. Barack Obama hat er ja namentlich erwähnt.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Panarin »

Christdemokrat hat geschrieben: Fr 5. Aug 2022, 23:21 Orban hat die Rede auf Englisch gehalten und er sprach von "progressive liberals". Der Spiegel hat das mit "progressive Liberale" übersetzt. Das ist aber falsch. In den USA bezeichnet das englischsprachige Wort "liberals" die politische Linke und nicht Liberale.
Orban ist kein Amerikaner. Ist schon klar was er meint.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von streicher »

Christdemokrat hat geschrieben: Fr 5. Aug 2022, 23:21 Orban hat die Rede auf Englisch gehalten und er sprach von "progressive liberals". Der Spiegel hat das mit "progressive Liberale" übersetzt. Das ist aber falsch. In den USA bezeichnet das englischsprachige Wort "liberals" die politische Linke und nicht Liberale.
Es ist noch immer falsch und irreführend, Liberalismus (amerikanische Variante) und Kommunismus gleichzusetzen.
Was will Orban damit erreichen - dass man Befürworter der Abtreibung mit dem Feindbild "Kommunisten" belegen kann?

Er sieht sich als Verteidiger der christlichen Werte. Und, dass die ersten Christen in Gütergemeinschaft gelebt haben, lässt er unerwähnt. Begriffe wie "sozial" und "Sozialismus" lässt er weg.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von streicher »

Tom Bombadil hat geschrieben: Fr 5. Aug 2022, 14:58 Das ist schon schwer zu ertragen, was der so von sich gibt...
Scheint eine Veranstaltung zu sein, in der aufgestachelt werden soll.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Christdemokrat »

streicher hat geschrieben: Sa 6. Aug 2022, 12:26 Es ist noch immer falsch und irreführend, Liberalismus (amerikanische Variante) und Kommunismus gleichzusetzen.
Die englische Bezeichnung "liberal" bedeutet in den USA nicht "Liberalismus". Das ist einfach eine falsche Übersetzung.

Mit "progressive liberals" sind Menschen bezeichnet, die eine politisch linke Ideologie vertreten, die sich gegen die traditonelle bürgerliche Gesellschaft und ihre christlich-konservativen Werte richtet.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Schnitter »

Christdemokrat hat geschrieben: Sa 6. Aug 2022, 15:13 Die englische Bezeichnung "liberal" bedeutet in den USA nicht "Liberalismus". Das ist einfach eine falsche Übersetzung.
Er erwähnt beispielhaft Barack Obama.

Du kannst deinen Müll also stecken lassen.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Tom Bombadil »

Das Wort "liberal" bedeutet auch im US-Englisch liberal, es wird allerdings auch als Schimpfwort für "left winger" benutzt, so ähnlich wie hier "rechts" zur Diffamierung genutzt wird.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Christdemokrat »

Schnitter hat geschrieben: Sa 6. Aug 2022, 15:36 Er erwähnt beispielhaft Barack Obama.
Was meine Aussage bestätigt, daß mit "liberals" keine Liberalen gemeint sind, sondern fanatisierte Linke, welche die bürgerlichen Gesellschaft und ihre Werte bekämpfen und abschaffen wollen.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Schnitter »

Christdemokrat hat geschrieben: Sa 6. Aug 2022, 15:54 Was meine Aussage bestätigt, daß mit "liberals" keine Liberalen gemeint sind, sondern fanatisierte Linke, welche die bürgerlichen Gesellschaft und ihre Werte bekämpfen und abschaffen wollen.
Für einen Rechtsextremen ist selbst Obama "Kommunist".

Soweit nichts Neues und bestätigt was ich bereits im ersten Post feststellte.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von streicher »

Christdemokrat hat geschrieben: Sa 6. Aug 2022, 15:13 Die englische Bezeichnung "liberal" bedeutet in den USA nicht "Liberalismus". Das ist einfach eine falsche Übersetzung.

Mit "progressive liberals" sind Menschen bezeichnet, die eine politisch linke Ideologie vertreten, die sich gegen die traditonelle bürgerliche Gesellschaft und ihre christlich-konservativen Werte richtet.
Erstmal sind es wohl die christlich-konservativen bis extremrechten, die hier die sogenannten "progessive liberals" abstempeln wollen. Sonst würde hier nicht der Begriff "Ideologie" fallen, der eine negative Konnotation hat. Zudem ist die Gesellschaft im Wandel, keine Frage. Wer die christliche Religion (und deren konservative Richtungen) wiegt und zu leicht befindet, wird ihren Werten nicht in voller Gänze folgen. Dann geht für diese Person möglicherweise eine Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern voll in Ordnung.
Und jetzt stellt sich die Frage, warum Orban mit dem Begriff "Kommunismus" um sich haut.
Wenn man in google bei Kommunismus nach dem Begriff recherchiert, kommt das hier:
die Vorstellung von einer zukünftigen, dem Sozialismus folgenden Gesellschaft, in der das Privateigentum abgeschafft, die Produktionsmittel in Gemeineigentum überführt, der Konsum auf der Grundlage gemeinschaftlicher Lebensführung und allgemeiner Gütergemeinschaft geregelt und die materiellen und kulturellen Bedürfnisse aller Menschen gleichmäßig befriedigt werden
Interessant: aller Menschen. Man sehe sich China oder Nordkorea an, oder die UDSSR: die Staaten sind ganz weit weg von dieser "Idee". Also: Was bewegt Orban, diesen Begriff wie eine Keule zu benutzen?
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von H2O »

Was bewegt Orban, diesen Begriff [Kommunismus] wie eine Keule zu benutzen?
Meine Vermutung: In den ehemaligen Kolonien der Sowjetunion löst der Begriff "Kommunismus" zu Recht erhebliche Ängste aus; so auch in Polen. Angesprochen wird nicht das gesellschaftspolitische Modell, sondern die Not und die Gewaltherrschaft, die auf dem Weg zum vermeintlichen Ideal zu ertragen waren.

Orban ist aber gar nicht so einzigartig in Europa: Rechtspopulisten gibt es in fast allen EU-Mitgliedsstaaten. Gottlob nicht überall mit Aussicht auf "Machtübernahme".
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Platon »

Sieht so aus, als wenn die EU-Kommission empfehlen wird die ökonomische Unterstützung für Ungarn wegen Korruption im Land drastisch zu reduzieren.
Dieser Beitrag ist sehr gut.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Vongole »

Platon hat geschrieben: Mi 14. Sep 2022, 16:19 Sieht so aus, als wenn die EU-Kommission empfehlen wird die ökonomische Unterstützung für Ungarn wegen Korruption im Land drastisch zu reduzieren.
(..)
Fraglich, ob vdLeyen dieser Empfehlung folgen wird:
Lange drohte die EU-Kommission Ungarn wegen rechtsstaatlicher Defizite mit hartem Geldentzug. Doch nun schlägt die Behörde von Ursula von der Leyen plötzlich sanftere Töne an. Abgeordnete fürchten einen unheilvollen Pakt.
https://www.spiegel.de/politik/von-der- ... e3c417b9c8
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von peterkneter »

Ungarn will nun einlenken, damit das Geld aus der EU wieder fließt. Wird sich die EU tatsächlich wieder zu Orban ins Bett legen, nachdem erst kürzlich das EU Parlament Ungarn eine "echte Demokratie" abgesprochen hat?

https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... demokratie
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von schokoschendrezki »

Wenn man die Situation realistisch erfassen will, muss man wissen: Ungarn (wie auch Polen) ist von diesen EU-Geldern keineswegs abhängig. Die Wirtschaft dieser Länder ist unabhängig davon stark und dynamisch.

Gerade in den letzten zwei Jahren habe ich echt das Staunen bekommen: Reihenweise werden in Nordwestungarn in der Region Neusiedllersee/Sopron winzig-kleine Nebenstreckenbahnhöfe erneuert und die entsprechenden alten Bahnhofsgebäude schön restauriert. Und da hängt dann auch stets ein Plakat mit EU-Sternen und der genauen Ausweisung der Fördergeldmenge. Ja, das ist alles sehr schön und nett anzusehen. Während in der Region Berlin/Brandenburg die Nebenstreckenbahnhöfe verfallen oder zugemacht wurden. Aber der eigentliche Betrieb ... das wirkliche Geld ... das kommt einmal und z.B. und auch wesentlich aus den ausgelagerten Fertigungs- und Entwicklungsstätten westlicher Unternehmen wie Audi, Bosch, BMW usw.. Deren Filialen inzwischen de facto eigentlich selbständig agierende ungarische Unternehmen sind. Und dann und nicht weniger wesentlich aus dem größten Unternehmen des Landes: MOL. Einem international tätigen Rohstoffhandelskonzern. Ähnlich vielleicht wie Glencore in der Schweiz. Nur mit dem Fokus eher auf Energierohstoffe und der Region Ex-SU. Die Schweiz - selbst so gut wie ohne Rohstoffe - ist der bedeutendste Rohstoffhandelsplatz der Welt. In eine ähnliche Position könnte sich Ungarn - wenn man politisch clever agiert - manövrieren.

Wer gegen das korrupte und undemokratische Orbán-Regime vorgehen will, der sollte sich nicht auf finanz-Zeugs kaprizieren sondern die oppositionellen Kräfte im Land unterstützen. Dazu gehört als erstes und als Voraussetzung: Kulturalistische Vorbehalte einstellen. Die Entdemokratisierung in Ungarn hat nix damit zu tun, dass die Ungarn eben so sind wie sie sind. Kein Volk auf der Erde ist so wie es ist. Es besteht aus Individuen.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben: So 7. Aug 2022, 23:36 Meine Vermutung: In den ehemaligen Kolonien der Sowjetunion löst der Begriff "Kommunismus" zu Recht erhebliche Ängste aus; so auch in Polen. Angesprochen wird nicht das gesellschaftspolitische Modell, sondern die Not und die Gewaltherrschaft, die auf dem Weg zum vermeintlichen Ideal zu ertragen waren.

Orban ist aber gar nicht so einzigartig in Europa: Rechtspopulisten gibt es in fast allen EU-Mitgliedsstaaten. Gottlob nicht überall mit Aussicht auf "Machtübernahme".
Da hat der liebe Gott momentan offenbar leider eine Schwächephase. In Italien wirds in Kürze wohl zur Sache gehen. Mitsamt Matteo Salvini, der sich ja explizit schon als Orbán-Fanboy geoutet hat. Chefin jedoch wird wohl leider das Mussolini-Fangirl Meloni werden.

In Bezug auf das Verhätlnis Orbáns zu Russland kann man nicht oft genug betonen: Der Mann ist durch und durch ein Opportunist. Und außerdem ein ziemlich weltgewandter, kommunikationsfreudiger, fließend englischsprechender Einfädler. Das unterscheidet ihn ganz grundsätzlich von so einem seltsamen, frömmlerischen und eigenbrötlerischen Politiker wie Jarosław Kaczyński.

Orbán bringt alles mögliche scheinbar problemlos zusammen: Eine sehr ausgeprägte Russenfeindschaft. Jetzt demnächst, am 23. Oktober ist wieder ein Nationalfeiertag. Anlass ist der Beginn des Volksaufstands 1956 gegen die sowjetische Vorherrschaft. Gleichzeitig lässt er sich von Russland sein Atomkraftwerk in Paks weiter ausbauen und versucht, vorteilhafte Gaslieferungen mit Russland auszuhandeln. Kein Problem!

Die Frage ist: Sah es mit den Beziehungen Deutschlands, Österreichs, UKs, Frankreichs, der Schweiz, der USA usw. zu RUssland eigentlich großartig anders aus?
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von H2O »

@ Schokoschendretzki:
Sah es mit den Beziehungen Deutschlands, Österreichs, UKs, Frankreichs, der Schweiz, der USA usw. zu RUssland eigentlich großartig anders aus?
Diese Frage muß man auf der Zeitachse sehen: Bis zum offenen Überfall auf die Ukraine sah die Bundesregierung den russischen Partner als etwas nationalistisch und geschichtsversessen an... Letzeres nach der gewaltsamen Abtrennung der Krim von der Ukraine. Aber lohnende Geschäfte konnte man mit diesem Partner machen. Da sehe ich in der Tat wenig Sonderweg der Ungarn.

Aber nach dem Überfall auf die Ukraine hat sich dieser etwas laxe Auftritt des "Westens" geändert. Insbesondere als Rußland damit begann, seine Rolle als bevorzugter Partner für Energielieferungen zur Erpressung und zur Rücknahme von Handelsschranken gegen Rußland zu nutzen. Seitdem ist Rußland kein Partner mehr, sondern ein Gegner geworden. Der "Westen" hat das Vertrauen in Rußland und Präsident Putin verloren, nimmt endlich seinen imperialistischen Ausdehnungsdrang ernst. In der Lage unterscheidet sich der Auftritt Ungarns vom Auftritt aller anderen EU- und NATO-Partner ganz erheblich. Da sehe ich niemanden, der weiterhin Handelsgeschäfte und Investitionen unter maßgeblicher Beteiligung Rußlands betreibt.

Ich sehe im ungarischen Sonderweg einen mutwilligen Bruch der Solidarität gegenüber der EU und dem "Westen", der nun auch von der EU und der NATO vollzogen werden sollte. Das ist kein Partner mehr, sondern Ungarn ist zum Störenfried geworden.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben: Sa 17. Sep 2022, 23:46 @ Schokoschendretzki:


Diese Frage muß man auf der Zeitachse sehen: Bis zum offenen Überfall auf die Ukraine sah die Bundesregierung den russischen Partner als etwas nationalistisch und geschichtsversessen an... Letzeres nach der gewaltsamen Abtrennung der Krim von der Ukraine. Aber lohnende Geschäfte konnte man mit diesem Partner machen. Da sehe ich in der Tat wenig Sonderweg der Ungarn.

Aber nach dem Überfall auf die Ukraine hat sich dieser etwas laxe Auftritt des "Westens" geändert. Insbesondere als Rußland damit begann, seine Rolle als bevorzugter Partner für Energielieferungen zur Erpressung und zur Rücknahme von Handelsschranken gegen Rußland zu nutzen. Seitdem ist Rußland kein Partner mehr, sondern ein Gegner geworden. Der "Westen" hat das Vertrauen in Rußland und Präsident Putin verloren, nimmt endlich seinen imperialistischen Ausdehnungsdrang ernst. In der Lage unterscheidet sich der Auftritt Ungarns vom Auftritt aller anderen EU- und NATO-Partner ganz erheblich. Da sehe ich niemanden, der weiterhin Handelsgeschäfte und Investitionen unter maßgeblicher Beteiligung Rußlands betreibt.

Ich sehe im ungarischen Sonderweg einen mutwilligen Bruch der Solidarität gegenüber der EU und dem "Westen", der nun auch von der EU und der NATO vollzogen werden sollte. Das ist kein Partner mehr, sondern Ungarn ist zum Störenfried geworden.
Ja. Das sehe ich im Prinzip ähnlich. Und da wollen wir mal sehen, was daraus wird.

Der "Sonderweg" besteht aber glaube ich nicht in einem irgendwie ideologischen "Bruch der Solidarität gegenüber der EU" sondern einfach nur in der Interessenswahrnehmung. Energiepreise sind in Ungarn wie auch anderswo ein heißes Thema. Im wahrsten Sinne des Wortes. Man will diese absolute Parlementsmehrheit haben. Und dazu muss man die Leute bei Laune halten. Die Ungarn sind im Durchschnitt unglaubliche Memmen und wollens unter allen Umständen warm haben. Wenn man vor Ort mit den Leuten redet ... eine gewisse Mehrheit argumentiert so: "rühr unsren erreichten Wohlstand an ... und wir wählen dich ab". Eine nicht geringe andere Anzahl ist einfach auf "Nation" eingestellt. Bedingungslos. Ungarn first. Und dann gibts eben noch die widerständigen, meist jungen, städtischen, weltoffenen, gebildeten.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 00:20 (...)
Wenn man vor Ort mit den Leuten redet ... eine gewisse Mehrheit argumentiert so: "rühr unsren erreichten Wohlstand an ... und wir wählen dich ab". Eine nicht geringe andere Anzahl ist einfach auf "Nation" eingestellt. Bedingungslos. Ungarn first. Und dann gibts eben noch die widerständigen, meist jungen, städtischen, weltoffenen, gebildeten.
Tja, dann sollten wir Unionsbürger mit Ungarn so umgehen wie mit Serbien... die junge, bildungsbeflissene Generation einladen, an den Bildungsprogrammen der EU teil zu nehmen, in der EU eine Arbeit auf zu nehmen, wie anderen EU-Partnern das auch möglich ist, und der Rest muß zusehen, wie er seinen erreichten Wohlstand mit Putins Hilfe bewahrt. In der EU nicht zu machen. Da wollen wir solidarisch sein.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 06:43 Tja, dann sollten wir Unionsbürger mit Ungarn so umgehen wie mit Serbien... die junge, bildungsbeflissene Generation einladen, an den Bildungsprogrammen der EU teil zu nehmen, in der EU eine Arbeit auf zu nehmen, wie anderen EU-Partner das auch möglich ist, und der Rest muß zusehen, wie er seinen erreichten Wohlstand mit Putins Hilfe bewahrt. In der EU nicht zu machen. Da wollen wir solidarisch sein.
Wirklich und wirksam etwas tun gegen die Entdemokratisierung in Ungarn können die großen bundesdeutschen Unternehmen. Das können sie wirklich. BMW, Mercedes, Audi und viele andere haben wesentlich mehr Möglichkeiten zur Einflussnahme als die deutsche Regierung oder auch die Europäische Kommission als Exekutive der EU. Sie tun es aber nicht. Im Gegenteil! Stand Juli 2022 baut - nur als Beispiel - Daimler Benz seinen Standort Kecskemét in Ungarn noch einmal deutlich aus. Die MB.EA (Mercedes-Benz Electric Architec­ture) wird dort ab etwa 2025 für das Unternehmen einen sehr bedeutenden Standort haben. Kecskemét ist eine zirka 100 000-Einwohner-Stadt im ländlichen Raum mitten in Ungarn. Und genau so funktioniert das politische System Ungarn. Es gibt Arbeit und Wohlstand. Die Fädenziehenden treffen sich in der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer in der Lövőház Utca neben dem Heldenplatz-Denkmal in Budapest. Anderswo müssen Auflagen erfüllt werden. In Ungarn telefoniert man mit der Kecskemét-Fidesz-Bürgermeisterin Klaudia Szemereyné Pataki und fragt an, ob da für Mercedes ein größeres Gelände zu haben ist. Klar doch! Und alles läuft prima. Für alle Beteiligten. Was erwartet man denn? Dass man sich dagegen wendet? Dagegen wenden sich in erster Linie Journalisten, Intellektuelle, Künstler, Schriftsteller. Ja. Wer hört auf die? Noch zu "Ostzeiten" war eine der Vorzüge von Budapest, dass es auf den großen Bahnhöfen Zeitungskioske gab mit allen möglichen Zeitungen der Welt. Von der New York Times über die ZEIT und die Prawda bis zum Independent. Heute gibts nix dergleichen. Es gibt Fresszeugs und Yellow Press. Aber die Leute sind zufrieden. Győr/Raab, die 6-größte Stadt des Landes, ca 132000 Einwohner, hat sich eine wunderschön restaurierte Innenstadt geleistet. Autofrei natürlich. Aber nicht aus EU-Geldern sondern weil Audi dort einen seiner wichtigsten Produktions- und Entwicklungsstandorte hat.Mit elftausend Mitarbeitern. Jeder zehnte Györerer wenn ich mich nicht verrechnet habe.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am So 18. Sep 2022, 09:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von H2O »

In den Frühnachrichten des DLF war zu hören, daß Herr Orban gern den Mittelzufluß aus dem EU Wiederaufbaufonds dadurch sichern möchte, daß er ein unabhängiges Amt für Korruptionsbekämpfung gründet. Also noch ein Ministerpräsident, der die EU als Geldautomat versteht, der zu zahlen hat, auch wenn man ansonsten eigene Wege geht. Die EU tut gut daran, ihre Feststellung, daß Ungarn keine vollwertige Demokratie mehr sei, durch sehr klare Festlegungen, was da nach zu bessern ist, zu untermauern. Und erst dann den Geldhahn zudrehen.

Im Fall Polens hat das ja geklappt... die Mittel gibt es erst wieder, wenn die EU-Kommission erkennen kann, daß die benannten Mängel abgestellt wurden (und von der polnischen Regierung keine neuen "erfunden" wurden...) Frau Jourova ist da sehr hartnäckig! :thumbup:
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 09:07 Wirklich und wirksam etwas tun gegen die Entdemokratisierung in Ungarn können die großen bundesdeutschen Unternehmen. (...)
Aber die Leute sind zufrieden.
Nein, Unternehmen und Unternehmensleitungen wollen Geld verdienen. Die werden einen Teufel tun; wenn sich Geschäfte lohnen, dann werden sie gemacht. Politik soll ganz sicher keinen Wohlstand vernichten, aber doch auch einem moralischen
Kompaß folgen. Die Politik muß politisch handeln. Muß Rahmenbedingungen für das Wirtschaften schaffen. Die Politik ist am Zuge und zwar die der EU. So wie im Fall Polens auch. Ich will keinen Streit zwischen Deutschland und Ungarn oder Polen. Dann lieber einen Streit Deutschlands mit der EU über den moralischen Kompaß.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 09:11 In den Frühnachrichten des DLF war zu hören, daß Herr Orban gern den Mittelzufluß aus dem EU Wiederaufbaufonds dadurch sichern möchte, daß er ein unabhängiges Amt für Korruptionsbekämpfung gründet. Also noch ein Ministerpräsident, der die EU als Geldautomat versteht, der zu zahlen hat, auch wenn man ansonsten eigene Wege geht. Die EU tut gut daran, ihre Feststellung, daß Ungarn keine vollwertige Demokratie mehr sei, durch sehr klare Festlegungen, was da nach zu bessern ist, zu untermauern. Und erst dann den Geldhahn zudrehen.

Im Fall Polens hat das ja geklappt... die Mittel gibt es erst wieder, wenn die EU-Kommission erkennen kann, daß die benannten Mängel abgestellt wurden (und von der polnischen Regierung keine neuen "erfunden" wurden...) Frau Jourova ist da sehr hartnäckig! :thumbup:
Ich weiß nicht. Aber es würde mich jedenfalls nicht sehr wundern, wenn Ungarn von selbst aus der EU austreten würde. Dass man auf die EU-MIttel nicht verzichten will ... klar doch. So dumm wird wohl niemand sein. So dumm werden die Ungarn allerdings auch nicht sein, dass sie sich wie UK mutwillig vom europäischen Binnenmarkt abkoppeln.

Polen ist nochmal ein anderes Thema. Diese Disziplinarbehörde im Justizsystem zum Beispiel. Oder die ganze Problematik des Abtreibungsrechts. Vielleicht irre ich mich. Aber in Polen gibts eine ganze Menge Menschen mit ideologisch-religiös verhärteten Meinungen. In Ungarn scheint die Sonne, wächst der Wein und man will gut und angenehm leben.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 09:26 (...)
In Ungarn scheint die Sonne, wächst der Wein und man will gut und angenehm leben.
Können die Ungarn gern so halten. Nur eben nicht aus Mitteln der EU. Und nicht durch die Grundfreiheiten des Binnenmarkts. Vielleicht kommen die Leute dann zu Besinnung.

Aber zuerst ist die EU am Zuge, sehr klar an zu sprechen, was in Ungarn nicht mehr demokratisch ist... so viel Mühe muß sein. Hat im Fall Polens geklappt!
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 09:07Sie tun es aber nicht. Im Gegenteil!
Was auch gut und richtig so ist.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 09:49 Können die Ungarn gern so halten. Nur eben nicht aus Mitteln der EU. Und nicht durch die Grundfreiheiten des Binnenmarkts. Vielleicht kommen die Leute dann zu Besinnung.

Aber zuerst ist die EU am Zuge, sehr klar an zu sprechen, was in Ungarn nicht mehr demokratisch ist... so viel Mühe muß sein. Hat im Fall Polens geklappt!
Na. Noch nicht ganz, oder? Die formale Abschaffung dieser Disziplinarkammer im Justizsystem bedeutet vermutlich noch nicht, dass das Rechtssystem wirklich unabhängig ist. Es gibt - so glaube ich kürzlich vernommen zu haben - noch immer Richter, die in einen vorzeitigen Ruhestand versetzt wurden und öffentlich für ihre Wiedereinsetzung protestieren.

Ich frage mich sowieso: Ist man mit diesem Beharren auf solche Prinzipien wie "Gewaltenteilung" nicht schon irgendwie in der Defensive? Überall?

Die Berufung erzkonservativer Leute in den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten war wichtiger Teil des Wahlprogramms und des politischen Konzepts von Donald Trump. Er nominiert sie. Sie müssen - wenn ich es recht verstanden habe - nicht etwa vom Repräsentantenhaus sondern vom Senat bestätigt werden. Und dann sind sie drin. Auch nach der Amtszeit des Präsidenten. Ja, Whataboutism, zugegeben. Aber was die politischen Entwicklungen in Ländern wie USA, Ungarn oder Polen zeigen: Populismus ist im Vormarsch. Populismus als Gegensatz zum Prinzip einer repräsentativen Demokratie. Und das gilt auch für Deutschland. Die ursprünglich gegen die SED-Herrschaft gerichtete Parole "Wir sind das Volk" ist zum Schlachtruf für völkisch-rassistische Bewegungen geworden.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Misterfritz »

schokoschendrezki hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 10:36Die Berufung erzkonservativer Leute in den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten war wichtiger Teil des Wahlprogramms und des politischen Konzepts von Donald Trump.
Die USA sind keine EU-Mitglieder - die können machen, was sie wollen.
Ungarn nicht!
https://www.spiegel.de/ausland/eu-kommi ... 1073f66595
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 10:36 Na. Noch nicht ganz, oder? Die formale Abschaffung dieser Disziplinarkammer im Justizsystem bedeutet vermutlich noch nicht, dass das Rechtssystem wirklich unabhängig ist. Es gibt - so glaube ich kürzlich vernommen zu haben - noch immer Richter, die in einen vorzeitigen Ruhestand versetzt wurden und öffentlich für ihre Wiedereinsetzung protestieren.
Genau so ist es... und deshalb hat Frau Yourova vor Ort in Warschau für die EU-Kommission festgestellt, daß die vorgenommenen Änderungen in der Sache keinen Fortschritt gebracht haben... und weiterhin keine Mittel aus dem Wiederaufbaufonds der EU fließen werden. Beschluß der EU-Kommission.

Genau einen derart klaren Hintergrund für Beschlüsse der EU erwarte ich im Fall Ungarn. Einfach so "Korruption" und "keine echte Demokratie" und "krummer Hund" in den Raum gestellt, das geht rechtlich nicht, wenn man letztendlich den Bruch der EU-Verträge anklagen will... wie im Fall Polen sauber vorgetragen. Danach spricht nichts dagegen, die zweckmäßigen Register zzu ziehen, um wieder zum vertraglichen Umgang innerhalb der EU zurück zu kommen.
Ich frage mich sowieso: Ist man mit diesem Beharren auf solche Prinzipien wie "Gewaltenteilung" nicht schon irgendwie in der Defensive? Überall?
Niemand kann erwarten, daß es in der Welt überall mit rechten Dingen zugeht. Dann wäre eine EU als Wertegemeinschaft auch sinnlos. Wir Europäer wollen uns unterscheiden in unserem Anspruch an demokratische Umgangsformen. Der Vorrat an Richtlinien ist Teil der EU-Verträge mit jedem neuen Mitglied. Bei klarem Bruch dieser Richtlinien muß die EU-Kommission als Hüterin der Verträge tätig werden!
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von schokoschendrezki »

Misterfritz hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 11:13 Die USA sind keine EU-Mitglieder - die können machen, was sie wollen.
Ungarn nicht!
https://www.spiegel.de/ausland/eu-kommi ... 1073f66595
7,5 Mrd. sind schon ein Batzen, aber Orban bekommt ja weiterhin billiges Gas aus Russland.....
Die Gaspreise in Ungarn steigen genauso extensiv wie hier. Ich weiß es, da ich selbst monatlich Erdgas-Rechnungen aus Ungarn bekomme.

Wie das läuft in Ungarn ... an einem Beispiel: Die Orbán-Tochter Ráhel hat sich in den Kopf gesetzt, in einem sehr streng geschützten zweistaatlichen Nationalpark (Neusiedler See, Österreich/Burgenland/Ungarn) an der einzigen Stelle auf ungarischer Seite, die einen direkten See-Zugang hat .. in Fertörákos ein exklusives Tourismus.-Resort hinzuklotzen. Deshalb ist vor einiger Zeit spektakulärerweise die bislang bestehende Badeanlage einem Brand zum Opfer gefallen. Die Zeitungen (auch hier) berichteten. Feuerwehren auch aus dem benachbarten Mörbisch in Österreich halfen. Jedem hier ist aber klar, dass dieser Brand offensichtlich den Zielen der Orbán-Tochter diente. Man kann mit dem Fahrrad von Fertörákos Richtung Neusiedlersee-Ufer fahren. Selbst mit dem Rad kommt man nicht mehr ans Ufer heran. Der Punkt ist, dass das ganze Geschehen nicht unabhängig vom "System Kurz" zu betrachten ist. Auch wenn der grad mal im Wartezustand ist. Und dass es exemplarisch ist. Mal "kurz" gedanklich vom Neusiedler See zur Südküste Zyperns und den Villen der reichen Russen schweifen. Die Leute findens trotzdem prima. Boris Johnson feiert fröhlich Hochzeit, Sebastian Kurz lässt sich beim Oktoberfest ablichten und Orbán ist sowieso schon ein Leitbild für viele in Europa.

Ich will das einfach mal in dieser Diskussion in den Raum stellen, um zu zeigen, zu illustrieren, wie das eigentlich so läuft in einem Land wie Ungarn. Es läuft nicht anders als es in den satirischen Beiträgen etwa von Gerhard Polt zu Bayern dargestellt wird. Wia im richtigen Leben.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Misterfritz »

schokoschendrezki hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 12:53Ich will das einfach mal in dieser Diskussion in den Raum stellen, um zu zeigen, zu illustrieren, wie das eigentlich so läuft in einem Land wie Ungarn.
Gut, aber das muss die EU nicht auch noch mit viel Geld finanzieren.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von schokoschendrezki »

Misterfritz hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 13:24 Gut, aber das muss die EU nicht auch noch mit viel Geld finanzieren.
Sie finanziert das ja gar nicht. Oder nur zu einem geringen Teil. Finanziert wird das von der Wirtschaft, die dafür sorgt, dass Motoren, Autos, Waschmaschinen usw. zu sehr günstigen Arbeitskraftpreisen für den Wohlstandsbürger in Deutschland zu Billigpreisen von ziemlich gut ausgebildeten tüftelfreudigen Ingenieuren in Ungarn produziert werden. In Stuttgart oder Mannheim will man dagegen lieber "irgendwas mit Medien" machen oder im Bankenwesen tätig sein.

Man sollte zumindest theoretisch damit rechnen, dass Ungarn freiwillig aus der EU austritt so wie die Fidesz freiwillig aus der EVP austrat bevor sie ausgeschlossen wurde. An der Wirtschaftssituation in Ungarn würde das kaum etwas ändern ... solange man wie Norwegen oder Schweiz in irgendeiner Form Teil des europäischen Binnenmarkts bleibt. Ein kleines Land. Aber man sollte das mal zu Ende denken ... welchen Bruch nach dem Brexit der selbstgewählte Austritt Ungarns für das politische Konzept EU bedeuten würde.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von Misterfritz »

schokoschendrezki hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 17:27Man sollte zumindest theoretisch damit rechnen, dass Ungarn freiwillig aus der EU austritt so wie die Fidesz freiwillig aus der EVP austrat bevor sie ausgeschlossen wurde. An der Wirtschaftssituation in Ungarn würde das kaum etwas ändern ... solange man wie Norwegen oder Schweiz in irgendeiner Form Teil des europäischen Binnenmarkts bleibt.
Sollen sie gehen!
Das sind die, die zwar alles Geld gerne nehmen, sich des Binnenmarktes bedienen, aber wenn es um GEMEINSAME europäische Werte geht, ausscheren.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von schokoschendrezki »

Misterfritz hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 17:41 Sollen sie gehen!
Das sind die, die zwar alles Geld gerne nehmen, sich des Binnenmarktes bedienen, aber wenn es um GEMEINSAME europäische Werte geht, ausscheren.
Unsinn. Was heißt "alles Geld gerne nehmen"? Ungarn hat eine sehr gut funktionierende, dynamisch wachsende Wirtschaft, gut ausgebildete und kreative Leute und es rollen permanent alle möglichen Güter in Richtung der Länder, in denen Menschen wohnen, die , so wie Du fälschlicherweise annehmen, dass das Land von irgendwelchen "Geldern" lebt. Das ist eine Erzählung. Orbán selbst hat sich aus EU-Geldern eine Art Privatbahn zu seinem Lieblingsfußballplatz bauen lassen. Ich verstehe das als Statement der Art: "Ihr Dummköpfe!" Das alles hat nicht zuletzt damit zu tun, dass die Ware Arbeitskraft dort verhältnismäßig preiswert und gleichzeitig verhältnismäßig hochwertig ist. Deshalb strömen die finanzkräftigen Investoren nur so herbei. Und möglicherweise hat all das u.a. auch mit der Möglichkeit zu tun, die Landeswährung Forint unabhängig vom Euro nach Belieben entwerten zu können.

Das eigentliche Kernproblem besteht darin, dass es auf durchaus demokratische Weise zu einem Demokratieabbau gekommen ist. Dabei handelt es sich um ein grundsätzlich und systemisch bestehendes Problem. Wie schützt man die Verfassung vor Entdemokratisierungen bei absoluten Mehrheitsverhältnissen. 2011 war der Einschnitt. Da wurde Kraft der absoluten Mehrheit von Orbáns Fidesz-Partei ein neues Grundgesetz geschaffen. Und da steht in der Präambel als erster Satz "Isten, áldd meg a magyart", Gott segne die Ungarn. Hungary first. Hungary first! Ungarn behält sich vor, nicht irgendein demokratisches, liberales, aufgeklärtes Land sondern vor allem und in erster Linie ein ungarisches Land zu sein. Und damit kann man alles mögliche durchsetzen: Schwule sind irgendwie "unungarisch". Zeitungen, die distanziert über Ungarn schreiben sowieso. Gender Studies sind "unungarisch". In Wirklichkeit ist Ungarn historisch und als Land kulturell ein Bestandteil der europäischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts. Das hat nicht zuletzt auch mit der bedeutenden Rolle jüdischer Intellektueller in den städtischen Zentren, Budapest vor allem, zu tun. Nun haben die Mehrheitsverhältnisse zur Möglichkeit einer Verfassungsänderung geführt. Und aus dem ehemals kosmopolitischen Ungarn wurde ein ungarisches Ungarn. Die wichtige Frage für mich ist: Wie lässt es sich verhindern, dass aus einem kosmopolitischen Deuitschland ein deutsches Deutschland wird.
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von jack000 »

Es heißt Orban regiert mit Dekreten am Parlament vorbei. Aber seine Partei hat doch die letzten Wahlen gewonnen und somit eine Mehrheit am Parlament. Wozu dann Dekrete?
Sledge Hammer: Ich mag einem Verbrecher nicht seine Verbrechen vorlesen ... aber ich kann wenigstens lesen!
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Re: Ist Ungarn für die EU bereits verloren?

Beitrag von jack000 »

schokoschendrezki hat geschrieben: So 18. Sep 2022, 10:36 Die Berufung erzkonservativer Leute in den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten war wichtiger Teil des Wahlprogramms und des politischen Konzepts von Donald Trump.
Bei den anderen war es kein Teil des politischen Konzepts? Eine jede Regierung wo auch immer setzt immer ihre Leute in die entscheidenden Stellen.
Sledge Hammer: Ich mag einem Verbrecher nicht seine Verbrechen vorlesen ... aber ich kann wenigstens lesen!
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