Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

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Progressiver
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Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Der Kapitalismus ist nicht besser als andere Systeme. Auch er sieht die Menschen als Lemminge. Beispiel Konsumverhalten: Er fördert den unmündigen Konsumenten, der am besten wie im Rausch irgendwelche Dinge konsumiert und stundenlang ansteht, um das neueste Apple iPhone zu erhalten. Weiterhin vermittelt er die Illusion, dass sich Leistung immer lohne und es jeder vom „Tellerwäscher zum Millionär“ bringen könne. Mit seiner Gehirnwäsche verkauft er sich als Meritokratie. Dies ist er jedoch nicht.

In ethischer Hinsicht muss man sich mal die Geschichte des Kapitalismus ansehen. Die frühen Kapitalisten waren keine Menschenfreunde, sondern sie wurden teilweise durch den Sklavenhandel reich. Auch heute tut der Kapitalismus nichts, um sklavenähnliche Arbeit in den Dritte-Welt-Staaten zu beenden. Im Gegenteil profitiert er davon. Am besten funktioniert er auch nicht in Demokratien, sondern in Diktaturen. Das berühmteste Beispiel dafür ist das Chile Pinochets. Je weniger Arbeitnehmerrechte und Sozialstaat es gibt, umso größer sind die Gewinnchancen für die reichen Kapitalisten. Aber auch in Europa sieht man die Auswirkungen der kapitalistischen Denkweise. Während andere Systeme wie der Faschismus oder der Kommunismus noch Führer brauchten, vertraut der Kapitalismus ganz auf seine oben genannten Dogmen. Viele Menschen beuten sich hier selbst aus, um vermeintlichen Erfolg im Leben zu haben. Während die anderen Systeme also noch Antreiber brauchten, so ist der Kapitalismus ein Ausbeutungssystem ohne Aufseher.

Auf der theoretischen Ebene kann man ihn also als Ideologie bzw. sogar Herrschaftsideologie bezeichnen. Der Philosoph Walter Benjamin meinte seinerzeit sogar, dass Kapitalismus eine Religion sei. Auch ich besaß mal ein Buch mit dem Titel „Gewinn in alle Ewigkeit. Kapitalismus als Religion.“ Bahnbrechend war jedoch schon die Arbeit des Soziologen Max Webers „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“. Demnach waren die ersten Kapitalisten Protestanten, die meinten, dass ihnen „Gewinn in alle Ewigkeit“ beschieden sei, wenn sie ihr Kapital möglichst grenzenlos vermehren würden. (Siehe oben.) Später kam dem Kapitalismus der Gottesbezug abhanden und er entwickelte sich zu einer materialistischen Ersatzreligion. Er ist somit als Denksystem eine Ideologie.

Wenn man den Kapitalismus mit anderen Religionen und Ideologien vergleicht, dann sieht man auch die Gemeinsamkeiten. Ihnen ist allen gemeinsam, dass sie ein bestimmtes geschlossenes Weltbild haben, das sie der Gesellschaft und den Individuen überstülpen wollen. Während beispielsweise die Faschisten Konzentrationslager bauten und Stalin die Bevölkerung der Ukraine mit vollster Absicht verhungern ließ, setzt der Kapitalismus auf Nahrungsspekulation. Wenn durch völlig übersteigerte Lebensmittelpreise sich Menschen ihre Nahrung nicht mehr leisten können, so ist das vielleicht nicht durch irgendeinen Führer so bestimmt. Für die Verhungernden ist das Ergebnis aber das Gleiche. Ich besitze im Übrigen auch noch ein Exemplar des „Schwarzbuch des Kapitalismus“, in der die ganze Geschichte dieser Herrschaftsideologie beschrieben wird.

Als Demokrat mit einem offenen Weltbild kommt man also nicht umhin, alle diese Religionen und Ideologien abzulehnen, die sich als „-ismen“ darstellen. Sei es nun Katholizismus, Protestantismus, Hinduismus, Faschismus, Kommunismus etc., aber natürlich auch den Kapitalismus. Überall, wo ein „-ismus“ enthalten ist, versteckt sich auch der Totalitarismus. Wie alle anderen „-ismen“ will der Kapitalismus am liebsten das gesamte Leben in einer Gesellschaft und dasjenige aller Individuen in seinem Sinne umkrempeln. Als Demokrat mit offenem Weltbild kann ich gar nicht anders, als mich gegen diese Ideologie zu stemmen. Auch als jemand, der als Ideal den mündigen Staatsbürger hat, der sich auf das Erbe der Aufklärung und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte beruft, muss ich sogar so denken und handeln. Ich bin schließlich vor allem meinem Gewissen verpflichtet und nicht irgendeiner Ideologie oder einem religiösen Führer.

Es war seinerzeit Karl Popper, der ein Buch schrieb mit dem Namen „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“. Dieses war seinerzeit gegen den Kommunismus gerichtet. Um die offene Gesellschaft zu verteidigen, muss man seine Thesen aber meines Erachtens auf alle Religionen und Ideologien ausweiten. Auch der Kapitalismus ist ja eine Herrschaftsideologie. Und noch eine Gemeinsamkeit möchte ich betonen: Wie die anderen Unterdrückungssysteme meint er, alternativlos zu sein. Im Gegensatz zu den diversen Religionen setzt er nicht auf eine angebliche „gottgewollte Ordnung“. Er maßt sich aber an, sich als alternativlose Naturgewalt darzustellen. Auch der Faschismus meinte seinerzeit von sich, keine Ideologie zu sein, sondern nur die „Ordnung und Gesetze der Natur“ durchzuführen. Der Kommunismus wiederum glaubte an „alternativlose Gesetze der Geschichte“. Die Ergebnisse sind im Endeffekt aber die gleichen.

Als freiheitlich denkender Mensch sind mir, wie gesagt, alle diese Totalitarismen zuwider. Als Anhänger der offenen Gesellschaft weiß ich: Alle Regeln des menschlichen Lebens sind menschengemacht. Es gibt weder eine „göttliche Ordnung“ noch irgendeine „Alternativlosigkeit“, irgendwelche „Naturgesetze“ oder „Gesetze der Geschichte“. Da also alle diese Regeln menschengemacht sind, können wir sie jederzeit verändern, wenn sich eine genügend große Anzahl von Menschen findet, die das kapiert. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für den Kapitalismus. Menschen, die ein ideologisches Brett vor dem Kopf haben, werden dies alles natürlich weder verstehen noch einsehen wollen. Es ist nicht in Stein gemeißelt, dass die Menschheit bis ans Ende ihrer Tage den Kapitalismus behalten muss. Und es ist gerade in unserer heutigen Zeit ratsam, die Kapitalismusgläubigkeit zu überdenken.

Es war früher schon niemals Ziel des Kapitalismus gewesen, so etwas wie soziale Gerechtigkeit herzustellen. Anstatt die Menschenwürde zu achten, wurde und wird vor allem der Fetisch „Kapital“ angebetet. Doch seit die Umweltzerstörung überhand nimmt, sind alle unsere Lebensgrundlagen in Gefahr. Man muss nicht ein Marxist sein, um dies zu sehen. Die Kapitalismusfreunde sind da in der Regel überfordert. Wie alle Ideologen, die nur in Schwarz und Weiß denken können, muss man in ihren Augen gleich Kommunist sein, wenn man den Kapitalismus kritisiert. Dass dies in der Praxis nicht zutrifft, sieht man an dem Wissenschaftler Harald Lesch. Dieser schrieb schon vor ein paar Jahren ein Buch mit dem Namen „Die Menschheit schafft sich ab“. In seinen Büchern appelliert er, wie so viele andere Wissenschaftler auch, so schnell wie möglich umzusteuern, bevor es zu spät ist. Es ist also zu befürchten, dass der Kapitalismus die gesamte Menschheit mit in den Tod reißt, wenn es eine Weile noch so weiter geht wie bisher. Die Geschichte der Menschheit hat gezeigt, dass immer wieder ganze Kulturen untergingen, wenn sie ihre Lebensräume zerstört hatten. Doch dieses Mal gibt es keine Grenzen. Die ganze Erde ist bedroht. Es gibt keinen „Planeten B“. Und der Markt wird es nicht richten. Wenn wir nicht wollen, dass die Welt nicht zu einer vermüllten globalen Osterinsel werden soll, dann müssen wir jetzt anders denken und handeln. Sonst ist es zu spät.

Ich weiß nicht, inwieweit die Coronakrise den Kapitalismus verändern wird. Dies hängt zum einen von der Politik und ihrer Reformfähigkeit ab. Ist diese nicht gegeben, dann werden wir es auch hier in den Ländern des globalen Nordens mit einem immer autoritärer werdenden Kapitalismus zu tun kriegen, der die Freiheiten und Rechte der Menschen immer mehr einschränkt. Zum anderen hängt es davon ab, wie stark die Menschen und die Gesellschaft sich von der Politik und der Wirtschaft einschüchtern lassen. Längerfristig betrachtet muss aber der Kapitalismus durch etwas ersetzt werden, das die Umwelt mehr schont und gleichzeitig die Schere zwischen dem superreichen einen Prozent und den anderen neunundneunzig Prozent schließt. Sonst sehe ich schwarz. In Deutschland haben wir zum Glück das Grundgesetz, welches sich nicht eindeutig festlegt, dass auf Biegen und Brechen der Kapitalismus bestehen bleiben muss.

Was ich aber hoffentlich verdeutlichen konnte, war, dass der Mensch –als Individuum als auch als Gesellschaft oder Spezies- nicht dazu verdammt ist, sich von all diesen Religionen und Ideologien bis zur völligen Selbstvernichtung bzw. zum totalen Zusammenbruch unterdrücken zu lassen. Und damit zähle ich hiermit auch explizit den Kapitalismus. Um es mit den Philosophen des Existenzialismus zu sagen: „Wir sind zur Freiheit verdammt.“ Die Zukunft ist nicht alternativlos, wie es uns der Kapitalismus suggerieren will, sondern sie ist offen.

„Free your mind. And the rest will follow.“

Dies ist es, was ich hiermit diskutieren will.

Die Hardcore-Kapitalisten werde ich sicher nicht überzeugen können, die klaustrophobische Enge ihrer Ideologie in Frage zu stellen. Aber vielleicht nimmt ja der eine oder andere das hier als Denkanstoß.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

"Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, dem wird bald jedes Problem zum Nagel."
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NicMan
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von NicMan »

Auch die sozialliberale FDP der frühen 70er Jahre hat sich damals ähnliche Gedanken gemacht wie die deine, und diese Gedanken in ihren berühmten "Freiburger Thesen" als Parteiprogramm veröffentlicht. In meinen Augen ist das bis heute ein unverzichtbarer Denkanstoß. Einige zentrale Auszüge findet man beispielsweise hier (https://taz.de/Erinnern-an-die-Freiburg ... /!5129265/) zusammengefasst. Das Original kann man sich hier downloaden. https://www.freiheit.org/sites/default/ ... esen_0.pdf

Ein paar interesante Auszüge:
Was den Liberalismus als eine Partei des Fortschritts durch Vernunft von allen Parteien des Fortschritts durch Klassenkampf unterscheidet, ist sein durch Erfahrung erhärtetes Mißtrauen gegen jede, und sei es auch nur für eine "Zeit des Übergangs" in das am Ende verheißene "Reich der Freiheit", dem einzelnen Menschen und ganzen Gesellschaften nach einer einheitlichen politischen Ideologie auferlegte oder gar aufgezwungene Sinngebung persönlichen Daseins und menschlichen Zusammenlebens.

Der "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (Kant) ist nicht durch ideologische Bevormundung und moralische Gängelung des Menschen, etwa aus der elitären Anmaßung eines "richtigen Bewußtseins" möglich. Der im klassischen Liberalismus verheißene Aufstand des Menschen zum aufgeklärten und mündigen Bürger setzt genau umgekehrt einen Prozeß der Aufklärung von Unwissen und der Befreiung von Bevormundung voraus, der sich nur in der permanenten Evolution einer nach den Prinzipien der Toleranz und der Konkurrenz organisierten freien und offenen Gesellschaft vollziehen kann.
Freiheit bedeutet für den modernen Liberalismus nicht länger die Freiheit eines aus der Gesellschaft herausgedachten, dem Staate entgegengesetzten autonomen Individuums, sondern die Freiheit jenes autonomen und sozialen Individuums, wie es als immer zugleich einzelhaftes und gesellschaftliches Wesen in Staat und Gesellschaft wirklich lebt.

Freiheit und Glück des Menschen sind für einen solchen Sozialen Liberalismus danach nicht einfach nur eine Sache gesetzlich gesicherter Freiheitsrechte und Menschenrechte, sondern gesellschaftlich erfüllter Freiheiten und Rechte. Nicht nur auf Freiheiten und Rechte als bloß formale Garantien des Bürgers gegenüber dem Staat, sondern als soziale Chancen in der alltäglichen Wirklichkeit der Gesellschaft kommt es ihm an.
These 4: Liberalismus fordert Reform des Kapitalismus. Die geschichtliche Leistung des Liberalismus war die Freisetzung des Menschen für die Entwicklung der modernen Industriegesellschaft. Der Kapitalismus hat, gestützt auf Wettbewerb und Leistungswillen des Einzelnen, zu großen wirtschaftlichen Erfolgen, aber auch zu gesellschaftlicher Ungerechtigkeit geführt. Die liberale Reform des Kapitalismus erstrebt die Aufhebung der Ungleichgewichte des Vorteils und der Ballung wirtschaftlicher Macht, die aus der Akkumulation von Geld und Besitz und der Konzentration des Eigentums an den Produktionsmitteln in wenigen Händen folgen. Sie bringt damit die Gesetzlichkeiten einer privaten Wirtschaft in Einklang mit den Zielen einer liberalen Gesellschaft. Sie dient gleicherweise der Steigerung der Leistungsfähigkeit wie der Menschlichkeit eines solchen auf private Initiative der Wirtschaftsbürger und privates Eigentum an den Produktionsmitteln gegründeten Wirtschafts-und Gesellschaftssystems.

Das Vertrauen des klassischen Liberalismus, die Ziele einer liberalen Gesellschaft aus dem Selbstlauf einer privaten Wirtschaft zu erreichen, ist nach den geschichtlichen Erfahrungen nur in Grenzen gerechtfertigt. Es besteht kein selbstverständlicher Einklang zwischen persönlichem Vorteil und allgemeinem Wohl. Der moderne Liberalismus überläßt darum nur da die Erfüllung der Ziele liberaler Gesellschaft dem Selbstlauf privater Wirtschaft, wo diese durch Mechanismen des Marktes zureichend gesichert werden kann.

Wo Ziele liberaler Gesellschaft durch den Selbstlauf der privaten Wirtschaft nicht erreicht werden können, wo somit von einem freien Spiel der Kräfte Ausfallserscheinungen oder gar Perversionstendenzen für die Ziele liberaler Gesellschaft drohen, bedarf es gezielter Gegenmaßnahmen des Staates mit den Mitteln des Rechts.

Freiheit und Recht sind nach unseren geschichtlichen Erfahrungen bedroht durch die Tendenz zur Akkumulation von Besitz und Geld, die die Reichen immer reicher werden läßt, und die Tendenz zur Konzentration des privaten Eigentums an den Produktionsmitteln in wenigen Händen.

Die Tendenzen zur Akkumulation des privaten Kapitals, wie sie in der Verzinsung des Geldes, aber auch in der Wertsteigerung des Bodens sichtbar werden, sind einem über Gewinnstreben und Marktnachfrage gesteuerten Wirtschaftssystem ebenso eigentümlich wie die Tendenzen zur Konzentration des privaten Eigentums an den Produktionsmitteln. Sie sind die Kehrseite der durch eben diese Mechanismen gesicherten Leistungsfähigkeit eines solchen Wirtschaftssystems.

Dem freien Selbstlauf überlassen müssen eben diese negativen Tendenzen, bei aller ungebrochenen Leistungsfähigkeit, dessen Menschlichkeit am Ende zerstören: durch permanente Überprivilegierung der Besitzenden gegenüber den Besitzlosen, der Reichen gegenüber den Armen, der Produzenten gegenüber den Konsumenten, des Faktors Kapital gegenüber dem Faktor Arbeit.

Das aber ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit des auf einem privaten Wirtschaftssystem gegründeten liberalen Gesellschaftssystems. In einer Gesellschaft, in der Besitz und Geld der Schlüssel für fast alle Betätigung der Freiheit ist, ist die Frage des gerechten Anteils an der Ertragssteigerung der Wirtschaft und am Vermögenszuwachs der Gesellschaft nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage: sie ist die Freiheitsfrage schlechthin.
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Realist2014
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

Progressiver hat geschrieben:(06 Apr 2020, 13:35)

Der Kapitalismus ist nicht besser als andere Systeme. Auch er sieht die Menschen als Lemminge. Beispiel Konsumverhalten: Er fördert den unmündigen Konsumenten, der am besten wie im Rausch irgendwelche Dinge konsumiert und stundenlang ansteht, um das neueste Apple iPhone zu erhalten. Weiterhin vermittelt er die Illusion, dass sich Leistung immer lohne und es jeder vom „Tellerwäscher zum Millionär“ bringen könne. Mit seiner Gehirnwäsche verkauft er sich als Meritokratie. Dies ist er jedoch nicht.

In ethischer Hinsicht muss man sich mal die Geschichte des Kapitalismus ansehen. Die frühen Kapitalisten waren keine Menschenfreunde, sondern sie wurden teilweise durch den Sklavenhandel reich. Auch heute tut der Kapitalismus nichts, um sklavenähnliche Arbeit in den Dritte-Welt-Staaten zu beenden. Im Gegenteil profitiert er davon. Am besten funktioniert er auch nicht in Demokratien, sondern in Diktaturen. Das berühmteste Beispiel dafür ist das Chile Pinochets. Je weniger Arbeitnehmerrechte und Sozialstaat es gibt, umso größer sind die Gewinnchancen für die reichen Kapitalisten. Aber auch in Europa sieht man die Auswirkungen der kapitalistischen Denkweise. Während andere Systeme wie der Faschismus oder der Kommunismus noch Führer brauchten, vertraut der Kapitalismus ganz auf seine oben genannten Dogmen. Viele Menschen beuten sich hier selbst aus, um vermeintlichen Erfolg im Leben zu haben. Während die anderen Systeme also noch Antreiber brauchten, so ist der Kapitalismus ein Ausbeutungssystem ohne Aufseher.

Auf der theoretischen Ebene kann man ihn also als Ideologie bzw. sogar Herrschaftsideologie bezeichnen. Der Philosoph Walter Benjamin meinte seinerzeit sogar, dass Kapitalismus eine Religion sei. Auch ich besaß mal ein Buch mit dem Titel „Gewinn in alle Ewigkeit. Kapitalismus als Religion.“ Bahnbrechend war jedoch schon die Arbeit des Soziologen Max Webers „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“. Demnach waren die ersten Kapitalisten Protestanten, die meinten, dass ihnen „Gewinn in alle Ewigkeit“ beschieden sei, wenn sie ihr Kapital möglichst grenzenlos vermehren würden. (Siehe oben.) Später kam dem Kapitalismus der Gottesbezug abhanden und er entwickelte sich zu einer materialistischen Ersatzreligion. Er ist somit als Denksystem eine Ideologie.

Wenn man den Kapitalismus mit anderen Religionen und Ideologien vergleicht, dann sieht man auch die Gemeinsamkeiten. Ihnen ist allen gemeinsam, dass sie ein bestimmtes geschlossenes Weltbild haben, das sie der Gesellschaft und den Individuen überstülpen wollen. Während beispielsweise die Faschisten Konzentrationslager bauten und Stalin die Bevölkerung der Ukraine mit vollster Absicht verhungern ließ, setzt der Kapitalismus auf Nahrungsspekulation. Wenn durch völlig übersteigerte Lebensmittelpreise sich Menschen ihre Nahrung nicht mehr leisten können, so ist das vielleicht nicht durch irgendeinen Führer so bestimmt. Für die Verhungernden ist das Ergebnis aber das Gleiche. Ich besitze im Übrigen auch noch ein Exemplar des „Schwarzbuch des Kapitalismus“, in der die ganze Geschichte dieser Herrschaftsideologie beschrieben wird.

Als Demokrat mit einem offenen Weltbild kommt man also nicht umhin, alle diese Religionen und Ideologien abzulehnen, die sich als „-ismen“ darstellen. Sei es nun Katholizismus, Protestantismus, Hinduismus, Faschismus, Kommunismus etc., aber natürlich auch den Kapitalismus. Überall, wo ein „-ismus“ enthalten ist, versteckt sich auch der Totalitarismus. Wie alle anderen „-ismen“ will der Kapitalismus am liebsten das gesamte Leben in einer Gesellschaft und dasjenige aller Individuen in seinem Sinne umkrempeln. Als Demokrat mit offenem Weltbild kann ich gar nicht anders, als mich gegen diese Ideologie zu stemmen. Auch als jemand, der als Ideal den mündigen Staatsbürger hat, der sich auf das Erbe der Aufklärung und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte beruft, muss ich sogar so denken und handeln. Ich bin schließlich vor allem meinem Gewissen verpflichtet und nicht irgendeiner Ideologie oder einem religiösen Führer.

Es war seinerzeit Karl Popper, der ein Buch schrieb mit dem Namen „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“. Dieses war seinerzeit gegen den Kommunismus gerichtet. Um die offene Gesellschaft zu verteidigen, muss man seine Thesen aber meines Erachtens auf alle Religionen und Ideologien ausweiten. Auch der Kapitalismus ist ja eine Herrschaftsideologie. Und noch eine Gemeinsamkeit möchte ich betonen: Wie die anderen Unterdrückungssysteme meint er, alternativlos zu sein. Im Gegensatz zu den diversen Religionen setzt er nicht auf eine angebliche „gottgewollte Ordnung“. Er maßt sich aber an, sich als alternativlose Naturgewalt darzustellen. Auch der Faschismus meinte seinerzeit von sich, keine Ideologie zu sein, sondern nur die „Ordnung und Gesetze der Natur“ durchzuführen. Der Kommunismus wiederum glaubte an „alternativlose Gesetze der Geschichte“. Die Ergebnisse sind im Endeffekt aber die gleichen.

Als freiheitlich denkender Mensch sind mir, wie gesagt, alle diese Totalitarismen zuwider. Als Anhänger der offenen Gesellschaft weiß ich: Alle Regeln des menschlichen Lebens sind menschengemacht. Es gibt weder eine „göttliche Ordnung“ noch irgendeine „Alternativlosigkeit“, irgendwelche „Naturgesetze“ oder „Gesetze der Geschichte“. Da also alle diese Regeln menschengemacht sind, können wir sie jederzeit verändern, wenn sich eine genügend große Anzahl von Menschen findet, die das kapiert. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für den Kapitalismus. Menschen, die ein ideologisches Brett vor dem Kopf haben, werden dies alles natürlich weder verstehen noch einsehen wollen. Es ist nicht in Stein gemeißelt, dass die Menschheit bis ans Ende ihrer Tage den Kapitalismus behalten muss. Und es ist gerade in unserer heutigen Zeit ratsam, die Kapitalismusgläubigkeit zu überdenken.

Es war früher schon niemals Ziel des Kapitalismus gewesen, so etwas wie soziale Gerechtigkeit herzustellen. Anstatt die Menschenwürde zu achten, wurde und wird vor allem der Fetisch „Kapital“ angebetet. Doch seit die Umweltzerstörung überhand nimmt, sind alle unsere Lebensgrundlagen in Gefahr. Man muss nicht ein Marxist sein, um dies zu sehen. Die Kapitalismusfreunde sind da in der Regel überfordert. Wie alle Ideologen, die nur in Schwarz und Weiß denken können, muss man in ihren Augen gleich Kommunist sein, wenn man den Kapitalismus kritisiert. Dass dies in der Praxis nicht zutrifft, sieht man an dem Wissenschaftler Harald Lesch. Dieser schrieb schon vor ein paar Jahren ein Buch mit dem Namen „Die Menschheit schafft sich ab“. In seinen Büchern appelliert er, wie so viele andere Wissenschaftler auch, so schnell wie möglich umzusteuern, bevor es zu spät ist. Es ist also zu befürchten, dass der Kapitalismus die gesamte Menschheit mit in den Tod reißt, wenn es eine Weile noch so weiter geht wie bisher. Die Geschichte der Menschheit hat gezeigt, dass immer wieder ganze Kulturen untergingen, wenn sie ihre Lebensräume zerstört hatten. Doch dieses Mal gibt es keine Grenzen. Die ganze Erde ist bedroht. Es gibt keinen „Planeten B“. Und der Markt wird es nicht richten. Wenn wir nicht wollen, dass die Welt nicht zu einer vermüllten globalen Osterinsel werden soll, dann müssen wir jetzt anders denken und handeln. Sonst ist es zu spät.

Ich weiß nicht, inwieweit die Coronakrise den Kapitalismus verändern wird. Dies hängt zum einen von der Politik und ihrer Reformfähigkeit ab. Ist diese nicht gegeben, dann werden wir es auch hier in den Ländern des globalen Nordens mit einem immer autoritärer werdenden Kapitalismus zu tun kriegen, der die Freiheiten und Rechte der Menschen immer mehr einschränkt. Zum anderen hängt es davon ab, wie stark die Menschen und die Gesellschaft sich von der Politik und der Wirtschaft einschüchtern lassen. Längerfristig betrachtet muss aber der Kapitalismus durch etwas ersetzt werden, das die Umwelt mehr schont und gleichzeitig die Schere zwischen dem superreichen einen Prozent und den anderen neunundneunzig Prozent schließt. Sonst sehe ich schwarz. In Deutschland haben wir zum Glück das Grundgesetz, welches sich nicht eindeutig festlegt, dass auf Biegen und Brechen der Kapitalismus bestehen bleiben muss.

Was ich aber hoffentlich verdeutlichen konnte, war, dass der Mensch –als Individuum als auch als Gesellschaft oder Spezies- nicht dazu verdammt ist, sich von all diesen Religionen und Ideologien bis zur völligen Selbstvernichtung bzw. zum totalen Zusammenbruch unterdrücken zu lassen. Und damit zähle ich hiermit auch explizit den Kapitalismus. Um es mit den Philosophen des Existenzialismus zu sagen: „Wir sind zur Freiheit verdammt.“ Die Zukunft ist nicht alternativlos, wie es uns der Kapitalismus suggerieren will, sondern sie ist offen.

„Free your mind. And the rest will follow.“

Dies ist es, was ich hiermit diskutieren will.

D ß.

Du möchtest also etwas diskutieren, was wir in Deutschland nicht haben.

Wir haben hier seit 70 Jahren soziale Marktwirtschaft.


Daher stellt sich nun die Frage, was genau du diskutieren möchtest.

Dazu wäre es hilfreich, welche Definition von "Kapitalismus" zu hier zugrunde legst.


Und ob das auf Basis der deutschen Verfassung ( Recht auf Eigentum an den Produktionsmitteln und Recht auf Vertragsfreiheit, und ja, das wird auf Biegen und brechen so bleiben ) diskutiert werden soll oder rein "theoretisch" mit Null Bezug zur Realität in Deutschland auf Basis unserer Verfassung......

Auch das Recht auf ein Vermögen in Milliardenhöhe ist durch unsere Verfassung geschützt...
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von BlueMonday »

Soll das jetzt ein philosophischer Beitrag zu einer vourteilsfreien offenen Diskussionen sein? Also ich lese da eher einen Beitrag von jemandem, der schon fertig war, bevor er überhaupt begonnen hat wirklich nachzugraben und den fraglichen Gegenstand von allen möglichen Seiten fair zu betrachten, also letztlich auch nur Ideologie.

Da mal ein fundierter Start: http://www.polyarchy.org/essays/english/capitalism.html

Dort geht es schon mal damit los, dass "der Kapitalismus" keine von irgendwem iniitierte oder erfundene "Ideologie", sondern als äußere, nachgereichte Beschreibung entstanden ist(im Gegensatz etwa zum Sozialismus/Kommunismus/Anarchismus etc.):

"It might then appear as a surprise to somebody that none of the three classic economists (Adam Smith, David Ricardo, Karl Marx) seemed to have found the need to use the specific term "capitalism" to designate a certain period of history.

The word "capitalism" came to the fore only at the beginning of the 20th century and it has been extensively employed ever since.
The merit (or demerit) of its conception and diffusion deserves to be ascribed to a different category of scholars. They were sociologists and historians, of German extraction and of, mainly, socialist or liberal tendencies.
In 1902 an influential book was published bearing the title "Der Moderne Kapitalismus" [Modern Capitalism]. In those pages, its author, Werner Sombart, traced the root of capitalism from ancient times to the modern age. He defined capitalism as"

Der Sozialist Sombart war praktisch der Erfinder oder zumindest einer der ersten Nutzer dieses Begriffs.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von BlueMonday »

NicMan hat geschrieben:(06 Apr 2020, 13:52)

Auch die sozialliberale FDP der frühen 70er Jahre hat sich damals ähnliche Gedanken gemacht wie die deine, und diese Gedanken in ihren berühmten "Freiburger Thesen" als Parteiprogramm veröffentlicht. In meinen Augen ist das bis heute ein unverzichtbarer Denkanstoß. Einige zentrale Auszüge findet man beispielsweise hier (https://taz.de/Erinnern-an-die-Freiburg ... /!5129265/) zusammengefasst. Das Original kann man sich hier downloaden. https://www.freiheit.org/sites/default/ ... esen_0.pdf

Ein paar interesante Auszüge:
Interessanterweise ist das der viel geprügelte "Neoliberalismus", der sich vom weniger etatistischen Altliberalismus durch weitaus mehr Etatismus(Staatsgläubigkeit) "auszeichnete". Damit war die Brücke bis zur totalen zentralen Planwirtschaft quasi gebaut. Und auf genau jener befindet wir uns ja und bewegen uns zunehmend in Richtung Zentralplan, mit all den Problemen, die ein Sozialismus immer mit sich bringt
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

NicMan hat geschrieben:(06 Apr 2020, 13:52)

Auch die sozialliberale FDP der frühen 70er Jahre hat sich damals ähnliche Gedanken gemacht wie die deine, und diese Gedanken in ihren berühmten "Freiburger Thesen" als Parteiprogramm veröffentlicht. In meinen Augen ist das bis heute ein unverzichtbarer Denkanstoß. Einige zentrale Auszüge findet man beispielsweise hier (https://taz.de/Erinnern-an-die-Freiburg ... /!5129265/) zusammengefasst. Das Original kann man sich hier downloaden. https://www.freiheit.org/sites/default/ ... esen_0.pdf

Ein paar interesante Auszüge:
Ein interessanter Ansatz. :thumbup:

Ich kannte die Freiburger Thesen schon vorher. Aber nicht so genau im Detail. Die FDP von damals hat sich ja auch für das Ende der Kirchensteuern eingesetzt. Und auch das Thema Umweltschutz spielte schon eine Rolle in ihrem Programm. Also alle Sachen, die ich auch heute unterstützen will. Eine sozialliberale Partei diesen Typs fehlt meines Erachtens in unserem Parteienspektrum.

Aber was ist damals passiert? Die damalige sozialliberale FDP hatte kapituliert und quasi Selbstmord begangen. Gegen Ende der 1970er sagten die führenden Liberalen, die Freiburger Thesen hätten sich erfüllt und seien nicht mehr aktuell. Das stimmte so natürlich nicht. Genauer gesagt war es eine glatte Lüge. Die Ursache dieses Schwenks? Diese ist mir unbekannt. Aber als die Büchse der Pandora geöffnet worden war, trennte sich die dann die liberale Jugendorganisation der Jungdemokraten von ihrer dann rechtsliberalen bzw. neoliberalen ehemaligen Mutterpartei. Gleichzeitig wurde eine neue Jugendorganisation gegründet von den ganzen Westerwelle-Typen. Und schon vor seinem Tod wurde aus der Partei eine blutleere Partei der Wirtschaftslobbyisten, die nichts mehr mit der alten Partei zu tun hatte. Einzig Gerhart Baum ist aus dieser Zeit übrig geblieben:

https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhart_Baum

Die Jungdemokraten wiederum, die bis 1982 die Jugendorganisation der FDP darstellten, trennten sich direkt nach dem Schwenk der letzteren zur CDU von ihrer Mutterpartei. Ein paar von denen kam bei den Grünen, der SPD oder später sogar der LINKEN unter. Laut dem Wikipedia-Artikel über die Geschichte der Jungdemokraten haben diese sich jedoch erst vor kurzem aufgelöst:

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschicht ... demokraten

Bemerkenswert an diesem Artikel ist auch: Am Schluss standen die Jungdemokraten im politischen Spektrum links von der Linkspartei "DIE LINKE". Die interessante Frage wäre also: Ist die ehemalige Jugendorganisation der FDP immer weiter nach links gerückt? Oder ist nicht auch gleichzeitig die Gesellschaft immer weiter nach rechts gerückt bzw. immer neoliberaler und sozial kälter geworden?

Der politische Liberalismus ist also seit 1982 tot. Wer erweckt ihn wieder zum Leben? :?:

Wobei ich anmerken müsste, dass selbst im Liberalismus ein "-ismus" steckt. Genauso wie im "Humanismus", den jetzt ich für am wenigsten verwerflich finden würde. Aber wenn man die These "Jeder -ismus führt zum Totalitarismus" ernst meint, hat man ja auf jeden Fall immer noch die Demokratie, den Rechtsstaat, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, das Erbe der Aufklärung und den Rat der Wissenschaft. Wenn man diese alle in ihrer Gesamtheit ernster nehmen und auf die Wissenschaftler hören würde, dann bräuchte es alle diese "-Ismen" nicht.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von lemonitor »

NicMan hat geschrieben:(06 Apr 2020, 13:52)
Ein paar interesante Auszüge:
Liest man diese Thesen, werden 2 Dinge deutlich:
1. Die liberale Idee hat sich weit von ihren Ursprüngen entfernt
2. Die FDP hat sich sehr weit von den Freiburgr Thesen entfernt

Es ist bedauerlich, dass der Liberalismus genau so verlogen-unglaubwürdig geworden ist wie das, was einmal als Sozialismus
auftrat und in und mit der Arbeiterbegung erkämpfte, was der Liberalismus zwar versprochen- aber nie erreichen konnte:
Sozialer Ausgleich zwischen Arm und Reich.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

lemonitor hat geschrieben:(23 Aug 2021, 18:05)

Liest man diese Thesen, werden 2 Dinge deutlich:
1. Die liberale Idee hat sich weit von ihren Ursprüngen entfernt
2. Die FDP hat sich sehr weit von den Freiburgr Thesen entfernt

Es ist bedauerlich, dass der Liberalismus genau so verlogen-unglaubwürdig geworden ist wie das, was einmal als Sozialismus
auftrat und in und mit der Arbeiterbegung erkämpfte, was der Liberalismus zwar versprochen- aber nie erreichen konnte:
Sozialer Ausgleich zwischen Arm und Reich.

Die Freiburger waren nicht liberal, sondern neoliberal und selbst die FDP schießt heute weit über das Ziel des Staatseingriffes den sich die Neoliberalen vorgestellt haben hinaus, nämlich über das lenkende, die reine Ordnung.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von lemonitor »

Progressiver hat geschrieben:(06 Apr 2020, 13:35)
Denkanstoß.
Es ist ein Trugschluss anzunehmen, Kapitalismus sei als Ideologie entstanden,denn zu seinem entstehen waren Voraussetzung nötig:
1. Maschinen, welche schneller, besser und billigerund mehr produzieren konnte als menschliche Arbeitskraft
2. Ein funktionierende Finanzsystem zur Vorfinanzierung

Unbestreitbar ist dass als Folge kapitalistischer Marktmechanismen viele Menschen sich selbst ausbeuten, um vermeintlichen Erfolg im Leben zu haben.
Das macht den Kapitalismus in der Tat zu einem Menschen zerstörenden Ausbeutungssystem ohne Aufseher.
Jedoch war der Kapitalismus zuerst einmal weder Ideologie bzw. noch eine Herrschaftsideologie. Kapitalismus ist entstanden durch technischen Fortschritt.

Dieser technische Fortschritt ist nicht zu beklagen, entbindet er doch Menschen von teils Gesundheit zerstörenden Arbeitsleistungen. Erst das übertragen
einer systemimmanente Eigenart des Finanzsystems -der Preisaufschlag auf eingesetztes Geld- machte den technischen Fortschritt zu dem, wie er uns
heute entgegentritt: Zum Kapitalismus.

Es ist der Preisaufschlag, welcher „Mehrwert“ schafft ohne „mehr Wert“ zu schaffen, und der verniedlichend in allen Bilanzen als „Unternehmerlohn“
verschleiert, dem „Unternehmer“,-egal ob als natürliche Person oder juristisches Konstrukt- erlaubt, sich einen Teil des Unterschiedes zwischen Maschinen-
kosten und eingesparten Löhnen als „Eigenleistung“ zuzuschreiben. Selbst wenn dieser „Überschuss“ weiter investiert wird, also nur das Kapital „akkumuliert“
so werden dennoch genügend Geldmittel übrigbleiben, welche zum Ausbau persönlichen Prestiges oder für reine Finanzgeschäfte übrig bleiben.
So wurde also der technische Fortschritt in Verbindung mit einem längst bestehenden Finanzsystem zu dem, was uns heute als Kapitalismus entgegentritt:
Zum Gesellschaft beherrschenden System.

Deinem Abschnitt, die protestantische Ethik betreffen sei eine noch hinzugefügt: Diese Ethik geht davon aus, Gewinne seien Gott gewollt und eine Zeichen
seines Wohlwollens“ Kapitalismus ist somit als Denksystem tatsächlich eine Ideologie.

Du schreibst:
In Deutschland haben wir zum Glück das Grundgesetz, welches sich nicht eindeutig festlegt, dass auf Biegen und Brechen der Kapitalismus bestehen
bleiben muss.
Das Grundgesetz schreibt tatsächlich keine Wirtschaftsordnung fest weder Kapitalismus noch soziale Marktwirtschaft noch Sozialismus. Artikel 1 stellt den
Menschen als Zweck in den Mittelpunkt, Artikel 20 macht die BRD zur sozialen Demokratie und verpflichtet mit Artikel 14 das Eigentum zum Einsatz zum
Wohle für die Allgemeinheit- und sollte es notwendig sein, erlaubt Artikel 15 die Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit.

Wenn also die „Profiteure des Kapitalismus“ die Zerstörung von Mensch, Natur und Staat nicht von sich aus beenden, können sie enteignet werden ohne das
Grundgesetz zu ändern, ohne die Demokratie zu zerstört oder abzuschaffen – und ohne Planwirtschaft a la „real existierendem Sozialismus“ einzuführen.

Man kann also getrost sagen: Der Kapitalismus ist am sterben- wenn nicht sogar schon tot- er hat es nur noch nicht gemerkt.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

lemonitor hat geschrieben:(23 Aug 2021, 19:32)

Es ist der Preisaufschlag, welcher „Mehrwert“ schafft ohne „mehr Wert“ zu schaffen, und der verniedlichend in allen Bilanzen als „Unternehmerlohn“
verschleiert, dem „Unternehmer“,-egal ob als natürliche Person oder juristisches Konstrukt- erlaubt, sich einen Teil des Unterschiedes zwischen Maschinen-
kosten und eingesparten Löhnen als „Eigenleistung“ zuzuschreiben. emerkt.
Warum sollten nur die "Arbeiter" die gesamte Wertschöpfung bekommen- aber die Eigentümer der Maschinen, mit denen die "Arbeiter" diese Wertschöpfung erwirtschaften, keinen Anteil der Wertschöpfung?
Dafür gibt es keinen Grund.
Weiterhin ist der Unternehmerlohn der Lohn für die leitende Arbeit des Unternehmers in seinem Unternehmen
Wenn also die „Profiteure des Kapitalismus“ die Zerstörung von Mensch, Natur und Staat nicht von sich aus beenden, können sie enteignet werden ohne das
Grundgesetz zu ändern,
Nein, das sind lediglich die feuchten Träume von links, die niemals realisiert werden.
Das Recht auf Eigentum an den Produktionsmitteln ist gesetzt und dieses Eigentum kann auch nicht enteignet werden
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Maikel »

Die Frage, was unter "Kapitalismus" zu verstehen ist, und ob es eine Ideologie ist/sein kann, wurde schon von anderen aufgeworfen.

Es gibt in diesem Forum einen Thread des Users "Grau", der eingeleitet wird mit
Die eigentliche Genialität im Kapitalismus ...
... liegt darin begründet, dass er davon ausgeht dass sich Menschen wie Menschen verhalten.
Progressiver hat geschrieben:(06 Apr 2020, 13:35)
Auch heute tut der Kapitalismus nichts, um sklavenähnliche Arbeit in den Dritte-Welt-Staaten zu beenden.
Irrtum. "Der Kapitalismus" hat schon viel erreicht in vielen Dritte-Welt-Staaten.

Südkorea z.B. war mal die "Textilnäherei" für den Westen, so ähnlich wie heute Bangladesh. Südkorea hat damit die Grundlage für den heutigen Wohlstand legen können, dank "Kapitalismus".

Die Textilarbeiter/innen in Bangladesh verdienen, dank "Kapitalismus", idR. deutlich mehr als ihre Landsleute in lokal orientierten Berufen/Tätigkeiten.
Das Po-Kopf-BIP von Bangladesh ist übrigens inzwischen höher als das von Indien.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

Maikel hat geschrieben:(23 Aug 2021, 20:10)

Irrtum. "Der Kapitalismus" hat schon viel erreicht in vielen Dritte-Welt-Staaten.
Fakt ist, "durch" den von den politisch linken verhassten Kapitalismus ist in keinem Land Armut "entstanden".

Ganz im Gegenteil

DURCH den Kapitalismus auf diesem Planeten Armut, Kindersterblichkeit usw. massiv abgenommen
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

lemonitor hat geschrieben:(23 Aug 2021, 19:32)



Es ist der Preisaufschlag, welcher „Mehrwert“ schafft

.
Der "Mehrwert" entsteht durch das Tauschgeschäft, ein Geschäft nachdem beide "reicher" geworden sind, weil man eben aus dem was man bekommt einen größeren Nutzen zieht, als aus dem was man dafür hergibt.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von lemonitor »

Realist2014 hat geschrieben:(23 Aug 2021, 20:15)

Fakt ist, "durch" den von den politisch linken verhassten Kapitalismus ist in keinem Land Armut "entstanden".
Doch. Deutschland ist ein Beispiel dafür.
Studie aus dem Jahr 2018
https://www.boeckler.de/de/boeckler-imp ... t-4246.htm
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

lemonitor hat geschrieben:(23 Aug 2021, 20:27)

Doch. Deutschland ist ein Beispiel dafür.
Studie aus dem Jahr 2018
https://www.boeckler.de/de/boeckler-imp ... t-4246.htm


denn da geht es um relative Armutsgefährdung

Und diese "relativ armutsgefährdeten" haben eine tatsächliche Lebensqualität, welche höher ist als die von 6 Mrd Menschen auf diesem Planeten.

Auf dem Wohlstandsindex der UNO liegt D auf Platz 6.....
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Ich habe mehrere Jahre lang in Heilbronn in Baden-Württemberg gelebt. Genauer gesagt, bin ich dort aufgewachsen. Nun erreichte mich vor ein paar Jahren die Nachricht, dass die Stadtbevölkerung im Durchschnitt zu den reichsten der Bundesrepublik Deutschland gehört. Doch wie konnte das geschehen? Hat sich Heilbronn etwa zu einem Monaco Deutschlands entwickelt? Und habe ich das nicht mitgekriegt? Nein. Die Sache ist viel einfacher, wenn man sie richtig aufschlüsselt. Mitnichten ist jeder Heilbronner ein Millionär. Es gibt jedoch einen Ausreißer, der alle anderen Einwohner im Schnitt zu Vermögensmillionären macht. In Heilbronn hat der Eigentümer von LIDL seinen Haupt- und Wohnsitz. Meines Wissens gehört dieser Mann mit einem Vermögen von mehreren Milliarden Euro zu den reichsten Einwohnern Deutschlands. Die restlichen Bewohner dieser Stadt sind genau so reich oder arm wie der Rest Deutschlands. Theoretisch können sie sich alle als Vermögensmillionäre fühlen. In ihren privaten Geldbeuteln sehen sie davon aber in den meisten Fällen nichts. Man muss schon an das Märchen der Trickle-Down-Theorie glauben, dass für alle Heilbronner ein Teil dieses Reichtums in ihren Geldbörsen landet. Tatsächlich liegt das Geld dieses Multimilliardärs ja auch nicht wie bei Dagobert Duck in seinem Geldspeicher, sondern ist wohl weltweit angelegt. Die Bewohner der Stadt Heilbronn und einiger Gemeinden herum sehen diesen Reichtum nur dadurch, dass die Straßen chronisch verstopft sind. Dies wäre ein Grund weniger, um dorthin zurück ziehen zu wollen.

Und wehe den kleinen Orten, an denen die neue Zentrale gebaut wird. Zwar wird das den Gemeinden Geld in die Kassen spülen. Jedoch wird das Wohnen dort endgültig zur Folter, wenn der gesamte Berufsverkehr endgültig einen Verkehrsinfarkt verursacht.

Positiv zu nennen wäre der Fakt, dass Heilbronn seit neuestem Universitätsstadt genannt werden darf. Dies kam dadurch zustande, dass der Multimilliardär einen LIDL-Campus eingerichtet hat, der dann für genug Geld als Außenstelle der Universität München(???) deklariert werden konnte.

Was ich damit sagen will, ist: Multimilliardäre wie dieser Herr Schwarz(?), also der Begründer und Eigentümer des LIDL-Konzerns, können dort, wo sie leben und wirken, schalten und walten wie ein Gutsherr. Diesem Mann gehört praktisch die Stadt Heilbronn und seine Verwaltung. Egal, wer dort Bürgermeister ist, wird dieser sich wohl nie trauen, etwas gegen den Multimilliardär zu sagen.

In einer Demokratie sollte eigentlich jeder Bürger formal bzw. de jure gleich viel Rechte und Macht besitzen. Aber dieses Beispiel zeigt doch, dass ein gewisses riesiges Geldvermögen informell gesehen bzw. de facto ein enormer Machtfaktor darstellt.

Und auch der Kapitalismus braucht eine Art Soft Power als Ideologie, mit deren Hilfe er sich legitimieren kann. Den Gläubigen wird dann das Märchen von der Trickle-Down-Theorie erzählt. Und auch das andere Märchen, dass es jeder vom Hartz IV-Lohnaufstocker zum Multimilliardär bringen kann, wird gerne erzählt, wenn er sich nur genug anstrengen will. Dem ist aber nicht so. Wie ich vorher schrieb, sind die Heilbronner im Schnitt nur deswegen alle Millionäre, weil ein einziger Bewohner das Durchschnittsvermögen gewaltig nach oben verzerrt. Die einfachen Heilbronner haben davon jedoch als Individuen nicht mehr Geld zur Verfügung. So ist es, wie bei jeder anderen Ideologie auch, nur die Soft Power in Form von Märchen, die dieses Ungleichgewicht zu legitimieren hilft. Dort hingegen, wo diesen Märchen nicht mehr geglaubt wird, weil die Leute bemerken, dass in ihrem Staat einiges falsch läuft, müssen die Politiker um den sozialen Frieden und die Multimilliardäre um ihr Leben fürchten.

Was Deutschland betrifft, so hat das Politikbarometer vor kurzem im ZDF gebracht, dass ein großes Thema für die Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl 2021 wohl die soziale Gerechtigkeit darstellt. Es würde mich jedoch wundern aus heutiger Sicht, wenn sich die Wähler entschließen könnten, ein sozialökologisches Wahlbündnis zu favorisieren. Die Deutschen wissen wohl selbst nicht, was sie wollen. So glauben sie im Endeffekt dennoch lieber der kapitalistischen Herrschaftsideologie der Reichen und Mächtigen. Diese verhilft zwar den letzteren zu noch mehr wirtschaftlichem und politischen Einfluss. Jedoch bleibt die Masse de facto in einer ungünstigen Situation. So entscheidet nicht der Fleiß und die Intelligenz, wer es im Leben weit bringt, sondern jemand, der von Beruf reicher Erbe ist oder Privatier, der wird quasi mit einem goldenen Löffel im Mund geboren. Die anderen werden in dieser "Meritokratie" gucken müssen, wie sie über die Runden kommen.

Jedenfalls will ich noch festhalten: Auch der Kapitalismus braucht eine Soft Power als Herrschaftsideologie. Damit kann man den Leuten durch Märchen verklickern, warum es angeblich gerecht sein soll, dass einige wenige riesige Geldvermögen besitzen, während die große Masse vor sich hin darbt. Dort, wo dieses System nicht mehr wirkt, braucht es anstatt der Soft Power einer Herrschaftsideologie jedoch die nackte Gewalt von Gewehren, Schlagstöcken oder aber gleich Panzern, die die Multimilliardäre vor dem Mob der Straßen schützt.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Tom Bombadil »

Na klar, in Deutschland darbt die grosse Masse vor sich hin. DAS ist das Märchen.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Teeernte »

Progressiver hat geschrieben:(20 Sep 2021, 00:31)

Ich habe .....
>> ...es zu NICHTS gebracht ??

----------------------------------------------------------------------

>>> Ahhh - das.... liegt am SYSTEM....

NEbenbei - JEDER Ossi hatte einen "Gleichen" Start. Jaaa... Einige - etwas älter einige jünger....einige mit 5.000 DDR MARK und andere mit Trabbi. ;)

Einige haben sich im WESTEN was "ERARBEITET" - und andere sind LANGZEIT - HARTZER.

Kapitalismus !! Aber leider nur "HALB". ....wir hatten mir RICHTIG Kapitalismus gerechnet... :D :D :D
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

Progressiver hat geschrieben:(20 Sep 2021, 00:31)

..............................................................

Jedenfalls will ich noch festhalten: Auch der Kapitalismus braucht eine Soft Power als Herrschaftsideologie. Damit kann man den Leuten durch Märchen verklickern, warum es angeblich gerecht sein soll, dass einige wenige riesige Geldvermögen besitzen, .


Nenne doch mal ein paar konkrete Beispiele, wer in D "riesige Geldvermögen " besitzt.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Tom Bombadil hat geschrieben:(20 Sep 2021, 09:54)

Na klar, in Deutschland darbt die grosse Masse vor sich hin. DAS ist das Märchen.
Wir haben in Deutschland einen riesigen Niedriglohnsektor. Daneben eine kaputte Pflege, immer mehr Armutsrenten. Usw. usf. Die Lebenshaltungskosten sind aber auch für die sogenannte "Mittelschicht" ein Problem. Gleichzeitig steigen die Mieten. Dies alles ist bekannt.

Nur weil die CDU den Leuten das Märchen erzählt, dass Deutschland ein Schlaraffenland für alle sei, so muss man dieser Partei nicht unbedingt Glauben schenken.

Und nicht zu vergessen: Die öffentliche Infrastruktur ist auch im Allerwertesten. Die Digitalisierung und der riesige Investitionsstau werden nicht angegangen. Und in Zukunft werden dann immer mehr Folgen der Klimakrise den Menschen zu schaffen machen. Dürren, Ernteausfälle, Waldbrände und Überschwemmungen werden künftig auch bei uns der Normalfall sein.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Teeernte hat geschrieben:(20 Sep 2021, 09:57)

>> ...es zu NICHTS gebracht ??

----------------------------------------------------------------------

>>> Ahhh - das.... liegt am SYSTEM....
Tja. So kann es gehen. Wäre ich in meiner alten Heimat geblieben, so wäre ich, statistisch betrachtet, Millionär geblieben. Ich bin dann aber in eine andere Stadt gezogen, in der es keinen Multimilliardär als statistischen Ausreißer gibt, der alle Bewohner im Durchschnitt zu Millionären macht.

Rein faktisch betrachtet schenkt sich da aber nichts. Wäre ich, statistisch betrachtet, Millionär geblieben, könnte ich mir in der Praxis doch nicht mehr oder weniger leisten als hier und jetzt. Es sei denn, man glaubt wirklich an das Märchen der "Trickle-Down-Theorie". Diese wurde und wird aber von der Realität widerlegt.

Worum es mir also geht, ist: Auch der Kapitalismus ist auf der theoretischen Ebene nur eine Herrschaftsideologie. Als solcher braucht er seine Soft Power in Form von Märchen und Mythen. Werden diese jedoch nicht mehr geglaubt, dann kann es einerseits passieren, dass den Multimilliardären die Legitimationskraft für ihr obszön großes Vermögen abhanden kommt. Dann können sie nur noch mit der Macht der Gewehre und Panzer regieren. Andererseits kann es aber auch passieren, dass die Zukunft wieder offen ist. Dies kann man dann auch als Chance sehen, aus einem toten und korrupten System auszusteigen und nach echter Verbesserung zu streben. Dann ist das TINA-Prinzip Geschichte, das besagt: "There is no alternative." Und dann beginnt das wirkliche Reich der Freiheit.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Adam Smith »

Progressiver hat geschrieben:(25 Sep 2021, 20:43)

Worum es mir also geht, ist: Auch der Kapitalismus ist auf der theoretischen Ebene nur eine Herrschaftsideologie.
Nur hat in dieser Ideologie der Konsument die Macht.

Als solcher braucht er seine Soft Power in Form von Märchen und Mythen. Werden diese jedoch nicht mehr geglaubt,
Die Russen oder die Einwohner von Kambodscha haben den Mythen nicht geglaubt. Nur gab es in diesen Ländern im Prinzip nie den Kapitalismus.

Und dann beginnt das wirkliche Reich der Freiheit.
Das sollte es nach den Morden in Russland geben. Nur kam dann halt Stalin und das Morden begann nun erst.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Realist2014 hat geschrieben:(20 Sep 2021, 20:02)

[/u]

Nenne doch mal ein paar konkrete Beispiele, wer in D "riesige Geldvermögen " besitzt.
Oh, das hatte ich vergessen. Kein Mensch besitzt hier in Deutschland riesige Geldvermögen. Ich schrieb aber auch schon bereits, dass ebenso kein Mensch wie Dagobert Duck sein Geld in einem Geldspeicher hortet.

Wahr ist aber auch: Es gibt auch hierzulande Multimilliardäre und Millionäre, die viel Kapital besitzen. Dies wird dann entweder in Aktien angelegt oder aber verschwindet in Offshore-Firmen, wo es vor dem deutschen Fiskus sicher ist. Und letztendlich gibt es ja noch die Chance, dass man seine Bilanzen so verrechnet, dass man Plus/Minus weniger versteuern muss wie eine seiner eigenen Putzfrauen. Unsere Multimilliardäre sind in der Tat alles ganz "arme" Leute. Trotzdem reicht es aber immer noch, um korrupte Politiker mit Geld oder Aufsichtsratsposten zu versorgen, damit diese schön spuren.

Aber auch das schrieb ich schon: In einer Demokratie hat jeder und jede Wahlberechtigte theoretisch das gleiche Wahlrecht. Wenn sich die Multimilliardäre und die Konzerne mit ihrer gewaltigen Marktmacht Politiker kaufen oder aber durch Einschüchterung nötigen, so dass der Wählerwillen verfälscht wird, dann bekommt das Ganze jedoch eine gewaltige Schieflage. Mit der Hilfe der Märchen und Mythen, aber auch durch Einschüchterungsversuche, wird die Bevölkerung gelenkt. Ohne diese Soft Power bräuchte es aber mehr Gewehre, Schlagstöcke und Panzer, um die Leute zu unterdrücken.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Progressiver hat geschrieben:(25 Sep 2021, 20:43)

Tja. So kann es gehen. Wäre ich in meiner alten Heimat geblieben, so wäre ich, statistisch betrachtet, Millionär geblieben. Ich bin dann aber in eine andere Stadt gezogen, in der es keinen Multimilliardär als statistischen Ausreißer gibt, der alle Bewohner im Durchschnitt zu Millionären macht.
Wie kommst du zu der Annahme, dass das Durchschnittsvermögen in Heilbronn über 1 Mio. € liegen soll :?:
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Adam Smith hat geschrieben:(25 Sep 2021, 20:50)

Nur hat in dieser Ideologie der Konsument die Macht.
Wer hat die wirkliche Macht, wenn ich beispielsweise bei Amazon etwas bestelle? Ich oder Jeff Bezos? Oder krasser ausgedrückt: Wer profitiert mehr in unserem System? Der Drogenkonsument oder der Verkäufer?
Die Russen oder die Einwohner von Kambodscha haben den Mythen nicht geglaubt. Nur gab es in diesen Ländern im Prinzip nie den Kapitalismus.
Du plädierst also dafür, dass man besser die Märchen und Mythen glauben soll, die die Reichen und Mächtigen erzählen? Und wenn die Masse dieses "Matrix-Denken" durchschaut, gibt es Mord und Totschlag?

Das kann sein. Einerseits. Aber andererseits ist es besser, das Leben für die Freiheit jenseits von Märchen und Mythen zu riskieren als ewig mit einer Lebenslüge zu leben und sich unterdrücken zu lassen. Von Abraham Lincoln ist folgender Ausspruch überliefert: "Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit über belügen. Oder aber man kann das ganze Volk eine Zeit lang belügen. Aber man kann nicht das gesamte Volk die ganze Zeit belügen." So etwas funktioniert einfach nicht.
Das sollte es nach den Morden in Russland geben. Nur kam dann halt Stalin und das Morden begann nun erst.
Sollen die Leute es erdulden, die Pest zu bekommen, nur weil es in einem anderen System die Cholera gibt? Was ist das denn für eine Wahl? Wirklich frei ist der Mensch nur, wenn er sich dieser beiden "Wahlalternativen" entledigen kann.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Adam Smith »

Progressiver hat geschrieben:(25 Sep 2021, 21:24)

Wer hat die wirkliche Macht, wenn ich beispielsweise bei Amazon etwas bestelle? Ich oder Jeff Bezos? Oder krasser ausgedrückt: Wer profitiert mehr in unserem System? Der Drogenkonsument oder der Verkäufer?
Ohne den Käufer gäbe es Amazon nicht.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(25 Sep 2021, 21:10)

Wie kommst du zu der Annahme, dass das Durchschnittsvermögen in Heilbronn über 1 Mio. € liegen soll :?:
In Heilbronn wohnt der Besitzer des LIDL-Konzerns. Dieser hat ein Vermögen von vielen Milliarden Euros. Gäbe es diesen Ausreißer nicht, wären die Heilbronner im statistischen Durchschnitt genau so reich oder aber arm wie wohl die meisten anderen Baden-Württemberger. Wenn man aber seine hundert(?) Milliarden an Vermögen hernimmt plus die Vermögen der normalen Heilbronner, um sie dann durch 130.000 Einwohner zu teilen, so wird man feststellen, dass durch diesen statistischen Ausreißer die Vermögen der Heilbronner im Durchschnitt doch sehr hoch sein müssen.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Adam Smith »

Progressiver hat geschrieben:(25 Sep 2021, 21:35)

In Heilbronn wohnt der Besitzer des LIDL-Konzerns. Dieser hat ein Vermögen von vielen Milliarden Euros. Gäbe es diesen Ausreißer nicht, wären die Heilbronner im statistischen Durchschnitt genau so reich oder aber arm wie wohl die meisten anderen Baden-Württemberger. Wenn man aber seine hundert(?) Milliarden an Vermögen hernimmt plus die Vermögen der normalen Heilbronner, um sie dann durch 130.000 Einwohner zu teilen, so wird man feststellen, dass durch diesen statistischen Ausreißer die Vermögen der Heilbronner im Durchschnitt doch sehr hoch sein müssen.
Gibt es denn auch einen Link zu dieser Geschichte?
Das ist Kapitalismus:

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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Progressiver hat geschrieben:(25 Sep 2021, 21:35)

In Heilbronn wohnt der Besitzer des LIDL-Konzerns. Dieser hat ein Vermögen von vielen Milliarden Euros. Gäbe es diesen Ausreißer nicht, wären die Heilbronner im statistischen Durchschnitt genau so reich oder aber arm wie wohl die meisten anderen Baden-Württemberger. Wenn man aber seine hundert(?) Milliarden an Vermögen hernimmt plus die Vermögen der normalen Heilbronner, um sie dann durch 130.000 Einwohner zu teilen, so wird man feststellen, dass durch diesen statistischen Ausreißer die Vermögen der Heilbronner im Durchschnitt doch sehr hoch sein müssen.
Er hat keine hundert Milliarden Vermögen.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Tom Bombadil »

Progressiver hat geschrieben:(25 Sep 2021, 20:27)

Wir haben in Deutschland...
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Tom Bombadil hat geschrieben:(25 Sep 2021, 22:51)

Deutschland gibt pro Jahr 1 BILLION Euro an Sozialleistungen aus, wie viel soll es denn noch werden?
Dann ist wohl grundsätzlich etwas faul in Deutschland. Einerseits werden eine Billion Euro an Sozialleistungen innerhalb der Bevölkerung umverteilt. Andererseits scheint davon bei den Bedürftigen zu wenig anzukommen. Gleichzeitig werden die Reichen immer reicher, während beispielsweise arme Mieter finanziell ins Schwimmen geraten. Vielleicht ist aber auch der Ansatz nicht richtig, der gemeinhin verwendet wird, um dieses Problem auch nur zu verstehen.

Vielleicht hilft in diesem Zusammenhang auch, was ich letzte Woche in einer Zeitung gelesen habe und im Fernsehen bzw. der ARD-Mediathek gesehen habe. Gestern war ja nicht nur Wahltag, sondern es kam auch das Kulturmagazin "ttt -Titel, Thesen, Temperamente" in der ARD. Neben anderen Themen wurde dort ein Buch vorgestellt, das heute veröffentlicht wurde. Das Buch heißt "Kleptopia: Wie Geheimdienste, Banken und Konzerne mit schmutzigem Geld die Welt erobern" und ist von dem englischsprachigen Investigativjournalisten Tom Burgis. Zum Inhalt: Es geht um kriminelle Kleptokraten beispielsweise in Kasachstan im Osten. Aber auch im Westen gibt es Leute wie Donald Trump. Es wird beschrieben, wie schmutziges Blutgeld beispielsweise aus Kasachstan an westliche Börsen kommt, um dort ganz legal gewaschen zu werden. Und die ach so moralisch integren westlichen Politiker hofieren diese kriminellen Kleptokraten auch noch, da sie nur allzu gerne beispielsweise auf deren Erdöl zurückgreifen. Alles in allem geht das Buch mit dem Anspruch an den Start, mehr als andere Bücher je zuvor das ganze kriminelle Geflecht aus Kleptokraten, Banken, Milliardären, Konzernen und korrupten Politikern in Ost und West offenzulegen. Im Internet ist das Buch schon sofort wieder vergriffen, da wohl die Nachfrage größer ist als das Angebot. Es soll sich in diesem Sinne spannender lesen als ein Thriller. Es beschreibt nur leider die Realität!

Und gerade, wenn man sich ansieht, dass Journalisten ermordet werden, nur weil sie diesen dunklen Machenschaften, an denen auch Regierungen beteiligt sind, nachspüren wollen, so sieht man besonders die Brisanz dieses Problems.

Was man aus diesen kriminellen Geschichten lernen kann, ist vor allem folgendes: Mit ehrlicher Arbeit wird man nicht mehr reich. Um zu richtig viel Geld zu kommen, muss man entweder erben. Oder man spielt Lotto und zieht den Hauptgewinn. Oder aber man besitzt derart viel kriminelle Energie, dass man bereit ist, auch quasi über Leichen zu gehen, um sich selbst zu bereichern.

Und dies ist ein riesiges Problem. Wenn es, wie in einem Buchklassiker hieß, der Ehrliche der Dumme ist, dann kann man vielleicht erkennen, warum manche trotz allem immer noch reicher werden, während beispielsweise viele rechtschaffene Bürger immer schwerer über die Runden kommen.

Mir wurde im Rahmen dieses Threads schon vorgeworfen, dass ich es im Leben zu "nichts" gebracht hätte. Aber vielleicht bin ich ethisch und moralisch nur nicht korrupt und korrumpierbar genug, um mich mit Geld schmieren zu lassen. Ich bin in der Tat nicht reich. Aber korrumpieren lasse ich mich genau so wenig wie ein Großteil der restlichen normalen Wählerschaft.

Von dem Autor stammt auch noch ein weiteres Buch, das sich um ein ähnliches Thema handelt. Es heißt "Der Fluch des Reichtums: Warlords, Konzerne, Schmuggler und die Plünderung Afrikas". Da geht es darum, dass Afrika der Kontinent sei, der am reichsten an Bodenschätzen auf der ganzen Welt sei. Und, wie der Titel schon sagt, geht es darum, wie die besagten Gruppen nicht nur den Kontinent ausplündern. Sondern es wird mit diesem Vorgang auch unheimlich viel Leid generiert, anstatt den Bewohnern auf die Beine zu helfen. Und diese Rohstoffe bzw. das gewonnene Blutgeld kommt dann zu uns in den Westen, wo wir als Konsumenten Profiteure, aber auch ebenfalls Opfer der kriminellen Kleptokraten sind.

Dies ist nur der internationale bzw.gesellschaftliche Aspekt. Aber auch, wenn man die deutsche Politik nimmt, so sieht man, manchmal mehr, manchmal weniger, wie korrupt die entsprechenden Protagonisten waren bzw. sind. Der Autor Wilhelm Schlötterer brachte 2021 im Finanzbuch Verlag das Buch "Raffgier, Filz und Klüngelei: Die geheimen finanziellen Machenschaften von Strauß, Kohl und Kirch" heraus. In der Wochenzeitung "Der Freitag" kam in der aktuellen Ausgabe eine Rezension darüber. Das interessante an der Sache ist der Zeitung zufolge, dass niemand in der CDU oder CSU die Inhalte dieses Buchs dementiert. Jedoch werden die Thesen von der Politik totgeschwiegen. Und die Medien helfen in den meisten Fällen gerne mit. Man muss also nicht die aktuellen Masken-Deals begutachten. Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch, dass Korruption in der Politik auch hierzulande gang und gäbe ist. Um dies zu erkennen, muss man nicht nur die aktuellen Zerstörer-Videos eines gewissen Rezo auf YouTube ansehen.

Alles in allem betrachtet, haben wir es in Deutschland und der Welt mit einem Ausmaß an Korruption und kriminellen Machenschaften zu tun, der einem mindestens die Haare zu Berge stehen lässt. Und da dies alles keine Einzelfälle sind, sondern systematische Kriminalfälle, sieht man hoffentlich, dass es den entsprechenden Leuten mit der entsprechenden krimineller Energie und den richtigen Beziehungen ein leichtes ist, ihr Vermögen zu maximieren.

Wie man also hoffentlich erkennen kann, so braucht es neben dem Glück eines Lottomillionärs oder einer reichen Erbschaft vor allem kriminelle Energie, um reich zu werden.

Die Theorie der Herrschaftsideologie Kapitalismus sagt dann zwar immer, dass die so reich gewordenen eben besonders schlau und fleißig gewesen wären. Und somit hätten diese ihren Reichtum verdient, während die ärmeren Bevölkerungsschichten zu dumm und zu faul wären. Und immerhin gibt es ja auch noch die Trickle-Down-Theorie, die besagt, dass von jeder Milliarde an Euros, die ein schwer reicher Mensch sich aneignet, immer noch ein paar Brosamen abfallen würden, um die Armen zu ernähren. Wie ich aber schon schrieb, stimmt diese Theorie von hinten bis vorne nicht, da sie von der Realität widerlegt wurde.

So wurde und wird eine kapitalistische Herrschaftsideologie versucht zu legitimieren, die das nicht hergibt.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

Progressiver hat geschrieben:(28 Sep 2021, 01:29)

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Alles in allem betrachtet, haben wir es in Deutschland und der Welt mit einem Ausmaß an Korruption und kriminellen Machenschaften zu tun, der einem mindestens die Haare zu Berge stehen lässt. Und da dies alles keine Einzelfälle sind, sondern systematische Kriminalfälle, sieht man hoffentlich, dass es den entsprechenden Leuten mit der entsprechenden krimineller Energie und den richtigen Beziehungen ein leichtes ist, ihr Vermögen zu maximieren.
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t.

Und daran ist der Kapitalismus "schuld"?

Was schlägst du denn vor als "Alternative"?
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Realist2014 hat geschrieben:(28 Sep 2021, 09:00)

Und daran ist der Kapitalismus "schuld"?

Was schlägst du denn vor als "Alternative"?
Die Alternative wäre nun wirklich interessant. Vor allem in Bezug auf das was den Kapitalismus eigentlich ausmacht, sprich die dezentrale Allokation der Ressourcen, das Privateigentum an Produktionsmitteln und die weitgehende Vertragsfreiheit. Was soll hier nun so deutlich eingeschränkt werden, dass wir keinen Kapitalismus mehr haben. Und wie sehen die Konsequenzen dazu aus?
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Progressiver hat geschrieben:(28 Sep 2021, 01:29)
.

Mir wurde im Rahmen dieses Threads schon vorgeworfen, dass ich es im Leben zu "nichts" gebracht hätte.
Juckt dich das? Wie sollte überhaupt jemand anders bewerten, ob du es zu etwas gebracht hast oder nicht? Ich sehe das pragmatisch. Man hat es im Leben dann zu etwas gebracht, wenn man im Einklang mit seinen Werten lebt. Wenn du das für dich bejahen kannst, dann ist das doch in Ordnung.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Tom Bombadil »

Progressiver hat geschrieben:(28 Sep 2021, 01:29)

Dann ist wohl grundsätzlich etwas faul in Deutschland.
Ja, das ist es wohl, vor allen Dingen, dass es offensichtlich nie genug ist. Sozialausgaben sollen auch nicht dazu dienen, die Menschen reich zu machen, sondern um ihnen soziale Sicherheit zu bieten. Dass man da sicherlich noch einiges optimieren kann wird von mir nicht bestritten, dass es ein besseres System als die soziale Marktwirtschaft geben kann, darfst du gerne mal aufzeigen.
Was man aus diesen kriminellen Geschichten lernen kann, ist vor allem folgendes: Mit ehrlicher Arbeit wird man nicht mehr reich.
Was nennst du denn "reich"? Ist ein Millionär für dich richtig reich oder fängt das erst bei der Milliarde an? Und liegt es nicht in der Natur der Sache, dass nicht jeder ein Milliardär sein kann?
Um "richtig reich" zu werden braucht es oft die Arbeit mehrerer Generationen, die den ererbten Reichtum (oft in Form eines Unternehmens) nicht verprassen, sondern ausbauen. In meinem Bekanntenkreis gibt es jedenfalls mehrere Unternehmer, die es zu einem gewissen Wohlstand gebracht haben und darunter sind auch Hauptschüler, die nicht reich geerbt haben. Die arbeiten pro Woche aber auch weit über 60 Stunden und haben nur selten Zeit.
So wurde und wird eine kapitalistische Herrschaftsideologie versucht zu legitimieren, die das nicht hergibt.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Realist2014 hat geschrieben:(28 Sep 2021, 09:00)

Und daran ist der Kapitalismus "schuld"?

Was schlägst du denn vor als "Alternative"?
Der Kapitalismus als Wirtschaftssystem ist ethisch und moralisch blind. Es interessiert innerhalb dieses Systems nicht, wie bzw. auf welche Weise das Geld verdient wird. Oder womit. Im Endeffekt ist er auch blind gegenüber dem Leid der Kinderarbeiter, die im Kongo Coltan oder ähnliche seltene Erden schürfen müssen. Es interessiert auch nicht, ob jemand ökologisch nachhaltige Waren verkauft oder aber in großem Maßstab harte Drogen oder Kriegswaffen vertickt. In diesem Sinne braucht es immer -wirklich immer- moralische Eingriffe vom Staat aus gesehen. Ohne Eingriffe funktioniert es nicht. Ein Verbot von Kinderarbeit ist ein staatlicher Eingriff. Aber auch ein staatliches Wegsehen ist eine staatliche Entscheidung.

Als Herrschaftssystem maßt der Kapitalismus sich aber an, jedem Menschen seinen Platz in der Gesellschaft zuzuweisen. Wer fleißig und intelligent ist, der soll angeblich beruflich und finanziell es zu etwas bringen. Bzw. umgekehrt: Es wird automatisch davon ausgegangen, dass jeder, der riesige Geldvermögen besitzt, dies sich auch im Schweiße seines Angesichts und mit ehrlicher Arbeit sich dies alles automatisch verdient hat. Wer dagegen einen gesellschaftlich wichtigen Beruf wie Krankenschwester erlernt hat, der hat es demnach verdient, trotz Arbeitens bis zum Burnout nicht genug zu verdienen, um sich über Wasser zu halten.

Also: Der Kapitalismus ist moralisch blind. Er will aber die Menschen in einer Gesellschaft ihren "verdienten" Platz in der Gesellschaft zuweisen. Insofern ist er eben doch auch auf der theoretischen Ebene eine Herrschaftsideologie, die die bestehenden Verhältnisse legitimieren will. Dies egal, ob jemand auf ehrliche Weise sein Geld verdient oder aber als moderner Raubritter.

Und zu meinem letzten Posting noch ein Nachtrag: Ich habe unter anderem das Buch "Kleptopia" vorgestellt. Heute findet sich in der Mediathek von arte eine Dokumentation in zwei Teilen, die sich "Die Kaviar-Connection" nennt. Zum Inhalt: Der korrupte Kleptokrat, der sich Präsident von Aserbaidschan nennt, verdient mit seinen Ölmilliarden so viel Geld, dass er sich unter anderem auch westliche Politiker kaufen kann. Sein Volk vegetiert in Armut und Unfreiheit dahin. Aber anstatt sich um die Bevölkerung zu kümmern, kauft sich dieser Präsident lieber europäische Politiker, die bei seinen sogenannten "Wahlen" die Wahlbeobachter spielen. Das Ziel dabei ist: Die Europäer sollen seine Herrschaft dadurch legitimieren, anstatt Sanktionen wegen seinem autokratischen Herrschaftsstil zu verhängen. Und nur ein paar mutige Journalisten legen die Herrschaft- und Vermögensverhältnisse dieser Familie offen. Die westlichen Politiker freuen sich dagegen über das Öl. Und anstatt das Land Aserbaidschan zu sanktionieren, hofieren sie die Herrschaftsfamilie. Und Mitglieder des Europäischen Rates und des EU-Parlaments lassen sich von ihm kaufen. In kapitalistischem Sinne ist es den Politikern egal, wer sie da mit Geld versorgt. Aber wenn diese Geschichte dafür sorgt, dass ein kleines Land wie Aserbaidschan europäische Politiker kauft und somit die europäischen Institutionen unterhöhlt anstatt umgekehrt dieses kleine Land zu demokratisieren, dann zeigt sich auch, das Kapitalismus und Demokratie zwei grundverschiedene Dinge sind, die nicht zwangsweise miteinander zu tun haben müssen.

Oder anders gesagt::Kapitalismus braucht staatliche Eingriffe, um sich zu legitimieren und die eigene Ausbeute zu verrechtlichen. Aber demokratisch muss das Ganze bestenfalls dem Namen nach sein. Umgekehrt ist es aber auch nicht so, das eine Demokratie ohne Kapitalismus auf jeden Fall nicht überleben kann. Kapitalismus und Demokratie sind zwei Dinge, die nicht automatisch miteinander vorkommen müssen.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Progressiver hat geschrieben:(28 Sep 2021, 23:49)

Der Kapitalismus als Wirtschaftssystem ist ethisch und moralisch blind. Es interessiert innerhalb dieses Systems nicht, wie bzw. auf welche Weise das Geld verdient wird. Oder womit. Im Endeffekt ist er auch blind gegenüber dem Leid der Kinderarbeiter, die im Kongo Coltan oder ähnliche seltene Erden schürfen müssen. Es interessiert auch nicht, ob jemand ökologisch nachhaltige Waren verkauft oder aber in großem Maßstab harte Drogen oder Kriegswaffen vertickt..
Natürlich interessiert das den Kapitalismus nicht. Wie auch? Der Kapitalismus ist kein Mensch sondern ein Wirtschaftssystem. Insofern kann der Kapitalismus weder Denken, noch Fühlen noch eine Moralvorstellung haben. Der Kapitalismus kann auch keine wie immer gearteten Interessen haben. Das alles können nur Menschen. Insofern ist schon diese Einleitung zu deiner These an der Realität vorbei.. Und abgesehen davon auch relativ schnell widerlegt. Denn die Ausbeutung des Menschen, der Natur in nie dagegewesenem Maß, dazu noch Ressourcenverschwendung und Armut hattest du ihm letzten Jahrhundert vor allem im Gegenentwurf zum Kapitalismus - in den sozialistischen und kommunistischen Staaten. Am Kapitalismus kann es also nicht liegen.

Umgekehrt ist es aber auch nicht so, das eine Demokratie ohne Kapitalismus auf jeden Fall nicht überleben kann. Kapitalismus und Demokratie sind zwei Dinge, die nicht automatisch miteinander vorkommen müssen.
Auch dagegen spricht die Beobachtung und Erfahrung. Was sind denn die Grundprinzipien des Kapitalismus? Das ist ja relativ einfach auf den Punkt gebracht: Dezentrale Allokation der Ressourcen, Privateigentum an Produktionsmitteln und weitgehende Vertragsfreiheit. Mehr ist es nicht. Das sind urdemokratische Prinzipien. Insofern gibt es aktuell (und die gab es auch noch nie) keine Demokratie nach heutigem Verständnis die nicht auch kapitalistisch ist.
Zuletzt geändert von 3x schwarzer Kater am Mittwoch 29. September 2021, 13:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

Progressiver hat geschrieben:(28 Sep 2021, 23:49)

........................................


Oder anders gesagt::Kapitalismus braucht staatliche Eingriffe, um sich zu legitimieren und die eigene Ausbeute zu verrechtlichen. Aber demokratisch muss das Ganze bestenfalls dem Namen nach sein. Umgekehrt ist es aber auch nicht so, das eine Demokratie ohne Kapitalismus auf jeden Fall nicht überleben kann. Kapitalismus und Demokratie sind zwei Dinge, die nicht automatisch miteinander vorkommen müssen.
Meine Frage war die nach einer Alternative zu unserer heutigen sozialen Marktwirtschaft in D.

Kommt da noch was?
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(29 Sep 2021, 06:44)

Natürlich interessiert das den Kapitalismus nicht. Wie auch? Der Kapitalismus ist kein Mensch sondern ein Wirtschaftssystem. Insofern kann der Kapitalismus weder Denken, noch Fühlen noch eine Moralvorstellung haben. Der Kapitalismus kann auch keine wie immer gearteten Interessen haben. Das alles können nur Menschen. Insofern ist schon diese Einleitung zu deiner These an der Realität vorbei.. Und abgesehen davon auch relativ schnell widerlegt. Denn die Ausbeutung des Menschen, der Natur in nie dagegewesenem Maß, dazu noch Ressourcenverschwendung und Armut hattest du ihm letzten Jahrhundert vor allem im Gegenentwurf zum Kapitalismus - in den sozialistischen und kommunistischen Staaten. Am Kapitalismus kann es also nicht liegen.
Der Kapitalismus ist ein Wirtschafts-, Gesellschafts- und Herrschaftssystem. Genau so wie andere Systeme kommt er nicht ohne theoretische Grundlage aus. Und sei es die Aussage, dass im Kapitalismus "jeder kriegt, was er verdient". So verstehen es jedenfalls seine Anhänger der jüngsten Ausprägung, nämlich des Neoliberalismus. Wenn der Kapitalismus keine Schranken besitzt, so muss man ihm dies mit der Hilfe eines funktionierenden Rechts- und Sozialstaates geben. Diese Schranken werden mindestens von moralischen Vorstellungen bestimmt. Dort, wo dieses System schrankenlos agieren kann, existieren Kinderarbeit, Sklaverei, freier Verkauf von Kriegswaffen und harten Drogen. In einer weichen oder harten Form wird der Mensch selbst zur Ware. Aus autonomen Subjekten werden unselbstständige Objekte gemacht.

Und das perfide ist: Brauchte es in früheren Gesellschaften noch einen äußeren Antreiber, der mit der Peitsche in der Hand die Arbeitssklaven antrieb, so wird beim Kapitalismus dieser äußere Sklaventreiber quasi internalisiert. Die Beschäftigten beuten sich im Endeffekt selbst viel effektiver aus als dies ein äußerer Antreiber je könnte. Und dies wird dann sogar noch als "freier Wille" verkauft. :rolleyes: Im Endeffekt hat ein Jeff Bezos als mächtiger Marktteilnehmer ungeheuer mehr Macht als jeder einzelne seiner einfachen Arbeiter oder Konsumenten.

Ich bin sicher, dass der Kapitalismus sofort zusammenbrechen würde, wenn die Masse der Menschen sich diesem System aus Selbstausbeutung einerseits und Konsumismus andererseits entziehen würden. Aber ähnlich wie ein Drogendealer tun die Hauptprotagonisten alles, um das System am Laufen zu halten. Willkommen in der Matrix!

Der Kommunismus wiederum war keinen Deut besser. Auch er war ein undemokratisches Herrschaftssystem, das dem Individuum nur die Entfaltung innerhalb seiner von außen gestellten Grenzen erlaubte. In puncto Umweltverschmutzung hatte ich schon an anderer Stelle in diesem Forum erwähnt: Beim Kampf der Systeme hatten es die Kommunisten etwas schwerer. Die Sowjetunion konnte nur ihre eigenen Ressourcen ausbeuten und die eigene Umwelt verschmutzen. Aber beispielsweise Ronald Reagan hat sich einen feuchten Kehricht um "Die Grenzen des Wachstums" des "Club Of Rome" gekümmert. Ihm ging es darum, unter Einsatz aller Ressourcen den Kommunismus niederzuringen. Da galt die Devise: "Nicht kleckern, sondern klotzen!" Dementsprechend hat die USA alles getan, um nicht nur die Ressourcen der USA auszubeuten, sondern überall auf der gesamten Welt in den ehemaligen Kolonien beispielsweise nach Öl zu bohren. Koste es, was es wolle. Das kommunistische Herrschaftssystem hat diesen Systemwettstreit verloren. Aber der dann weltweite Kapitalismus hat bis heute nicht aufgehört, immer noch mehr Ressourcen auszuplündern und die Umwelt zu verschmutzen.

Was die Erkenntnisse des "Club Of Rome" betrifft, so haben diese gerade eben nicht geholfen, den Kapitalismus zu verändern. Und es ist auch keine Überraschung, dass fünfzig Prozent (!) aller Abgase, die die Menschen seit Beginn der Industrialisierung in die Luft gepustet haben, seit dem Jahr 1990 in die Atmosphäre gelangten. Oder anders gesagt: In den letzten einunddreißig Jahren wurde so viel CO2 in die Luft geblasen wie in den circa zweihundert bis zweihundertfünfzig Jahren zuvor. Trotz aller Beteuerungen steigt der immense Umweltverbrauch immer weiter an. Was aber beispielsweise die Landwirtschaft betrifft, so sind die überdüngten und ausgelaugten Böden der industriell betriebenen Landwirtschaft schätzungsweise nur noch stark genug, um sechzig gute Ernten abzuliefern. Soweit die Schätzungen von Wissenschaftlern.

Dieser Krieg gegen die Natur ist einer, der nicht zu gewinnen ist. Und der Kapitalismus als Wirtschaftssystem ist nicht geeignet, mit seinem "immer mehr" an Ressourcenausbeutung seinen eigenen Teufelskreislauf zu durchbrechen.
Auch dagegen spricht die Beobachtung und Erfahrung. Was sind denn die Grundprinzipien des Kapitalismus? Das ist ja relativ einfach auf den Punkt gebracht: Dezentrale Allokation der Ressourcen, Privateigentum an Produktionsmitteln und weitgehende Vertragsfreiheit. Mehr ist es nicht. Das sind urdemokratische Prinzipien. Insofern gibt es aktuell (und die gab es auch noch nie) keine Demokratie nach heutigem Verständnis die nicht auch kapitalistisch ist.
Ich meinte es genau anders herum: Kapitalismus gedeiht dort prima, wo es keine demokratische Verwaltungen gibt. War denn die Rechtsdiktatur des chilenischen Diktators Pinochet etwa in Wirklichkeit eine Demokratie? Und wie verhält es sich mit dem Staatskapitalismus des heutigen China? Im Westen hatte man gedacht, dass sich China mit genug wirtschaftlichem Wachstum automatisch zu einer Demokratie entwickeln würde. Doch das Gegenteil ist eingetreten! China ist die größte staatskapitalistische Macht des Planeten. Sie wird auch bald die größte Wirtschaftsmacht des Planeten sein. Aber demokratisch ist an dieser Diktatur überhaupt nichts.

Aber was bedeutet überhaupt Demokratie in diesem Zusammenhang? In einer Demokratie will jeder mitreden. Wo in China die Untertanen willkürlich herumgeschubst werden, damit ein Großflughafen auf schnellstem Weg fertig wird, will beispielsweise in Deutschland jede Bürgervereinigung gehört werden. Wenn der Staat dann versucht, Bürger brutal niederzuknüppeln, gibt es heftig Widerstand aus der Zivilgesellschaft. Siehe hierzu das Beispiel Stuttgart 21.

Alles in allem sind Demokratien langsam in der Entscheidungsfindung. Und immer wieder müssen rechtliche und soziale Standards bzw. Umweltschutzbestimmungen eingehalten werden. Da verlieren manche aus der Kapitalfraktion die Lust am Investieren. Besser geht es für sie, wenn sie in der Dritten Welt Menschen und Umwelt ausbeuten können. Hierzulande wird folglich versucht, ein Lieferkettengesetz, das den Namen verdient, zu sabotieren. Satte Unternehmensgewinne der Kapitalfraktion vertragen sich halt nicht mit einer demokratischen Zivilgesellschaft. Bzw., genauer gesagt: Die Gewinninteressen der Kapitalfraktionen stehen diametral einer demokratischen Mitbestimmung gegenüber, wenn Gewerkschaften, Umweltschützer und andere demonstrierende Widerstandsgruppen sich ihnen entgegen stellen.

Insofern ist der Kapitalismus nur ein weiteres Herrschaftssystem, das Mensch und Umwelt ausbeutet und sich mit echter Demokratie nicht verträgt. Im Unterschied zu früheren Herrschaftssystemen wird der Antreiber jedoch ins Individuum selbst verlagert. Ohne Ideologie geht aber auch hier nichts. Und wenn man dies alles leugnet, dann macht das die Sache nicht besser. Die gefährlichsten Weltanschauungen sind schließlich diejenigen, die von sich behaupten, überhaupt keine Ideologie zu sein, sondern nur eine "göttliche" oder "natürliche Weltordnung" zu repräsentieren bzw. per se "die Natur des Menschen".
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Realist2014 hat geschrieben:(29 Sep 2021, 07:59)

Meine Frage war die nach einer Alternative zu unserer heutigen sozialen Marktwirtschaft in D.

Kommt da noch was?
Im Großen und Ganzen habe ich das ja in meinem letzten Beitrag geschrieben.

Wörter sind manchmal nur Schall und Rauch. Was gut in Deutschland ist, das sind die Artikel im Grundgesetz, die besagen, dass die Bundesrepublik ein "demokratischer und sozialer Staat" zu sein habe. Es sollte allerdings nicht nur bei dieser Wortsymbolik bleiben.

Es braucht auf jeden Fall mehr davon in der Praxis und qualitativ besser. Mehr Rechtsstaat, der die Allmacht des Kapitalismus und seiner Protagonisten eindämmt. Mehr Beamte, die Steuerhinterzieher aufspüren. Mehr gleichwertige Bedingungen und Chancen in einer Demokratie, was die soziale Absicherung betrifft.

Gleichzeitig braucht es auch ein weniger an Ressourcen- und Umweltverbrauch in Deutschland und dem Rest der Welt.

Ansonsten kann bald die gesamte Menschheit einpacken. Der Kapitalismus ist aber die den Planeten dominierende Ideologie. Als solche ist sie nicht fähig, sich selbst zu beschränken. Dies wäre aber letztendlich nötig, um das Überleben der Menschheit zu stabilisieren.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

Progressiver hat geschrieben:(06 Oct 2021, 20:52)

I. Mehr gleichwertige Bedingungen und Chancen in einer Demokratie, was die soziale Absicherung betrifft.
Wir haben mit ALG II, Grundsicherung im Alter und Sozialhilfe bereits das beste System auf diesem Planeten
Was möchtest du denn noch?
Gleichzeitig braucht es auch ein weniger an Ressourcen- und Umweltverbrauch in Deutschland und dem Rest der Welt.
Also alles teurer machen- oder WER soll auf was verzichten?
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Tom Bombadil »

Progressiver hat geschrieben:(06 Oct 2021, 20:33)

Der Kapitalismus ist ein Wirtschafts-, Gesellschafts- und Herrschaftssystem.
Man muss schon sehr verbohrt sein, um den gleichen Unsinn immer und wieder zu behaupten :rolleyes:
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Progressiver »

Tom Bombadil hat geschrieben:(07 Oct 2021, 16:34)

Man muss schon sehr verbohrt sein, um den gleichen Unsinn immer und wieder zu behaupten :rolleyes:
"Geld regiert die Welt". Dies ist leider eine wahre Aussage. Aber wer kontrolliert dieses Geld? Alle Menschen gleichermaßen? Oder hat ein Jeff Bezos da etwa mehr Macht als "Otto Normalverbraucher"?

Oder ist das kapitalistische System in Wirklichkeit eine echte demokratische Veranstaltung? Können die Mitarbeiter beispielsweise bei Amazon demokratisch mitbestimmen, wohin sich der Konzern entwickelt? Oder bestimmt doch die Firmenleitung diktatorisch, was wer machen soll? Warum wohl versucht Amazon auf der ganzen Ebene, Betriebsräte erst gar nicht zuzulassen?

Herrschaft entsteht da, wo Menschen Macht über andere ausüben können. In diesem Falle handelt es sich um ökonomische Macht. Und wo ein Machtgefälle herrscht, kann nicht gleichzeitig eine egalitäre Demokratie auf der selben Ebene existieren.

Auf der politischen Ebene haben wir vielleicht eine Demokratie in dem Sinne, dass die Regel gilt: Ein Mensch, eine Stimme. Informell betrachtet bzw. unter der Decke, gibt es allerdings noch die ökonomische Ebene. Und da sieht man: Vereinigungen wie der VDA, der Verband der Automobilbauer, schaffen es viel leichter, beispielsweise bei der Bundesregierung ihre Interessen durchzusetzen. Und wie ich schon schrieb: "Geld regiert die Welt". Und wem wird eine Bundesregierung im Ernstfall mehr Gehör schenken? Einer Million Klimademonstranten, Gewerkschaftern usw.? Oder aber einem halben Dutzend von "Top-Managern"? Irgendwelchen Multimilliardären, die -gegebenenfalls gegen eine Spende oder einen späteren Aufsichtsratsposten im eigenen Konzern- ihre Interessen durchsetzen wollen? Oder aber einer Mehrheit der Wähler und Wählerinnen, die sich beispielsweise eine Erbschaftssteuer für riesige Vermögen wünschen?
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

Progressiver hat geschrieben:(08 Oct 2021, 00:53)

"Geld regiert die Welt". Dies ist leider eine wahre Aussage. Aber wer kontrolliert dieses Geld?
Prinzipiell die Zentralbanken
Bei uns also die EZB
Alle Menschen gleichermaßen?

Nein, sihe oben
der hat ein Jeff Bezos da etwa mehr Macht als "Otto Normalverbraucher"?
Der hat keine Macht über die EZB oder die FED...
Oder ist das kapitalistische System in Wirklichkeit eine echte demokratische Veranstaltung? Können die Mitarbeiter beispielsweise bei Amazon demokratisch mitbestimmen, wohin sich der Konzern entwickelt? Oder bestimmt doch die Firmenleitung diktatorisch, was wer machen soll? Warum wohl versucht Amazon auf der ganzen Ebene, Betriebsräte erst gar nicht zuzulassen?
Was hat das mit "Geld" zu tun? Logischerweise bestimmen Firmenleitung/Eigentümer über die Strategie eines Unternehmens
In D haben wir ja Mitbestimmung bei den Konzernen im Aufsichtsrat
Amazon ist allerdings ein US Konzern
Herrschaft entsteht da, wo Menschen Macht über andere ausüben können. In diesem Falle handelt es sich um ökonomische Macht. Und wo ein Machtgefälle herrscht, kann nicht gleichzeitig eine egalitäre Demokratie auf der selben Ebene existieren.
Du verwechselst hier "Macht" mit dem uneingeschränkten Recht des Eigentümers an SEINEM Eigentum ( ist bei uns auch in der Verfassung...)
A n"? Irgendwelchen Multimilliardären, die -gegebenenfalls gegen eine Spende oder einen späteren Aufsichtsratsposten im eigenen Konzern- ihre Interessen durchsetzen wollen? Oder aber einer Mehrheit der Wähler und Wählerinnen, die sich beispielsweise eine Erbschaftssteuer für riesige Vermögen wünschen?
Wünschen kann man sich viel.
Nur gehört zur Realität, das diese Milliardäre dann D verlassen werden ( Schweiz...), wenn hohe Erbschaftssteuern in D bezüglich großer Firmenvererbungen beschlossen werden sollten
Zuletzt geändert von Realist2014 am Freitag 8. Oktober 2021, 09:50, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Liegestuhl »

Natürlich ist der Kapitalismus eine demokratische Veranstaltung. Der Unternehmer versucht das herzustellen, was der Kunde wünscht und zu kaufen bereit ist. Wenn er am Kunden vorbei produziert, scheidet er (und sein Produkt) aus dem Markt aus. So wird gewährleistet, dass die Kundenentscheidung auch zum Maßstab jeglicher Wirtschaftsethik wird. Wenn die Kunden nur noch Fleisch von freilaufenden Hühnern kaufen, dann werden die Produzenten auch nur dieses Fleisch herstellen.

Daraus begründet sich auch die moralische Überlegenheit des Kapitalismus über den Sozialismus, in dem eine Nomenklatura darüber entscheidet, was gut für die Menschen ist.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von harry52 »

Progressiver hat geschrieben: "Geld regiert die Welt". Dies ist leider eine wahre Aussage.
Die Lockdowns bei der Corona Krise
waren aber extrem schädlich für viele Wirtschaftsunternehmen und übrigens auch für viele Millionäre. Denke mal an die Rock/Pop Millionäre, die nicht auftreten konnten.

Oder denke an Richard Branson
mit seiner "Virgin Airline" .... Da wurde ganz eindeutig das Überleben von Menschen über die Wirtschaftsinteressen sehr vieler Millonäre gestellt.

Dass es auch den ein oder anderen Gewinner
der Corona Krise und der Lockdowns gibt, ändert nichts daran, dass weltweit unterm Strich weit mehr Unternehmen und Reiche dadurch große finanzielle Verluste hatten.

Und gucke Dir auch einfach mal die politischen Entscheidungen
der letzten Jahrzehnte in Deutschland an und was der BDA dazu gesagt und geschrieben hat. Ich kann mich an dutzende Gesetze erinnern, die dem Arbeitgeberverein überhaupt nicht gefallen haben.

Die Rente mit 63, der Mindestlohn, ...
und selbst die politischen Entscheidungen, die arbeitgeberfreundlich waren, wurden vom BDA nahezu immer als unzureichend kritisiert. Du bist unehrlich, oder schlecht informiert.
"Gut gemeint" ist nicht das Gleiche wie "gut gemacht".
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Tom Bombadil »

Progressiver hat geschrieben:(08 Oct 2021, 00:53)

"Geld regiert die Welt".
Dann regiert in Deutschland also gar nicht der Bundeskanzler? Wer denn dann? Die Deutsche Bank?
Aber wer kontrolliert dieses Geld?
Der dem es gehört :rolleyes:
Oder ist das kapitalistische System in Wirklichkeit eine echte demokratische Veranstaltung?
Ab hier beginnt der Kampf gegen den selber aufgestellten Strohmann. Wer außer dir hat behauptet, der Kapitalismus wäre demokratisch organisiert?
Und wem wird eine Bundesregierung im Ernstfall mehr Gehör schenken? Einer Million Klimademonstranten, Gewerkschaftern usw.? Oder aber einem halben Dutzend von "Top-Managern"? Irgendwelchen Multimilliardären, die -gegebenenfalls gegen eine Spende oder einen späteren Aufsichtsratsposten im eigenen Konzern- ihre Interessen durchsetzen wollen?
Ja? Wo sind denn die Spenden, die den Kohle- oder Atomausstieg verhindern?
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gallerie
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von gallerie »

Tom Bombadil hat geschrieben:(08 Oct 2021, 15:53)

Dann regiert in Deutschland also gar nicht der Bundeskanzler? Wer denn dann? Die Deutsche Bank?

... Wirtschaftsverbände, Lobbyisten, Konzerne in der Automobilwirtschaft und Chemie,
es sind die gewichtigen Einflussnehmer die im Kanzleramt Ein-und Aus-gehen.
Das ist aber nix Neues "Tom"!
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(08 Oct 2021, 15:53)

Dann regiert in Deutschland also gar nicht der Bundeskanzler? Wer denn dann? Die Deutsche Bank?


Der dem es gehört :rolleyes:


Ab hier beginnt der Kampf gegen den selber aufgestellten Strohmann. Wer außer dir hat behauptet, der Kapitalismus wäre demokratisch organisiert?


Ja? Wo sind denn die Spenden, die den Kohle- oder Atomausstieg verhindern?

Ich warte ja immer noch auf seine "Alternativvorschläge".

Schon mehrfach nachgefragt, dann kommt aber die nächste "Jammerstrophe", wie schlecht angeblich alles sei... :rolleyes:
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Realist2014
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Re: Kapitalismus als (Herrschafts-)Ideologie

Beitrag von Realist2014 »

gallerie hat geschrieben:(08 Oct 2021, 15:58)

... Wirtschaftsverbände, Lobbyisten, Konzerne in der Automobilwirtschaft und Chemie,
es sind die gewichtigen Einflussnehmer die im Kanzleramt Ein-und Aus-gehen.
Das ist aber nix Neues "Tom"!
Frage:

wenn die obigen keinen Einfluss nehmen würden- was genau wäre dann anders?
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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