Die Mitläufer und dergleichen meinte ich nicht.
Unsere Erfahrungen aus 20 Jahren Einsatzerfahrung in Afghanistan sieht so aus, dass es nichtmal Afghanen gibt. Die dort lebendem Menschen bezeichnen sich zumeist nicht als Afghanen. Sie nennen sich Paschtunen, Tadschiken, Hazara... und noch etliches andere.
Es gibt auch keine Taliban. In einem Monat konnten die Bewohner eines Dorfes "gute Freunde" sein, im folgenden Monat waren sie plötzlich Taliban. Und im nächsten Monat wieder gute Freunde. Oder ein "guter Freund", der sein Geld mit unter der Hand mit dem Export von Opium oder mit dem Waffenhandel verdient hat, verlor plötzlich durch eine Nato-Aktion sein "Handelsgut". Dann wurde der stinksauer, hat auf Nato-Soldaten geschossen, und wir haben ihn "Taliban" genannt. Die Taliban sind keine ideologisch oder religiös oder politisch klar umrissene Gruppe mit einer straffen Führung. Im Grunde haben wir es mit Stammeskriegern zu tun, die nur aufgrund ihrer eigenen Interessen entscheiden, was sie tun oder nicht tun. Es sind "interessiert Handelnde".
Im Prinzip macht der Westen gerade genau den gleichen Fehler, den weiland Julius Caesar gemacht hat, als er "die Germanen" zum Feind Roms erklärt hat. "Die Germanen" hat es nämlich auch nie gegeben. Genau wie die Taliban waren das kleine Gemeinschaften (ungefähr bis 3000 Menschen), die jeweils ganz autonom und nur aufgrund ihrer Eigeninteressen entschieden haben, was sie machen wollen. Okay, in Afghanistan gilt das so nicht mehr ganz. Da haben sich schon größere Strukturen verfestigt und es gibt zudem auch städtische Regionen, in denen solche "Stammesgesetze" jetzt nur noch mit roher Gewalt durchgesetzt werden können.
Der Grundsatz bleibt aber der gleiche. 20 Jahre Einsatz haben uns gelehrt, dass ein Mensch heute ein Freund und morgen ein Taliban sein konnte. Sie haben uns überdies gelehrt, dass auch die "Freunde" so gar nicht sexy fanden, wie sie unserer Meinung nach mit ihren Frauen umgehen sollten. Von ihrer "Weltsicht" her waren viele unserer "Freunde" genauso gestrickt wie die Taliban. Streng genommen WAREN sie Taliban. Sie haben es nur nicht aktiv ausgelebt, weil ihnen das in der gegebenen Situation sinnvoller erschien.
Mein Fazit: Die Nato hat den Krieg in Afghanistan falsch geführt (kein klares Ziel, untaugliche Strategie) und sie hätte Afghanistan noch mindestens 25 Jahre lang besetzt halten müssen. Dann hätte sich vielleicht was geändert.