Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

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Zunder
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Zunder »

Dark Angel hat geschrieben:(30 Oct 2018, 11:50)

Gar nichts hast du widerlegt!
Ob Antisemitismus ideologieimmanent ist, lässt sich nicht an einzelnen Personen festmachen, sondern daran als Judentum betrachtet und gleichgesetzt wird.
Die Grundlage dafür liefert Marx in seiner Schrift "Zur Judenfrage" - indem er Judentum mit "Schacher", Eigennutz, "Finanzkapital" etc gleichsetzt - also genau mit dem, was es zu bekämpfen, wovon es sich zu befreien galt.
Entsprechend selektiv fiel in den Parteien, die sich zum Marxismus bekannten, auch die Bekämpfung des Antisemitismus aus.

"Eine Reflexion über die Geschichte der Juden in Europa zieht sich wie ein roter Faden durch die theoretischen Schriften der Sozialisten seit Karl Marx' Darstellung "Zur Judenfrage". An dieser Debatte beteiligten sich auch zahlreiche Revolutionäre jüdischer Herkunft ... Sie verstanden sich weder als Juden noch als konvertierte Juden, sondern als Atheisten und Kommunisten ...
In einer vielbeachteten Streitschrift aus dem Jahr 1931 versuchte Otto Heller, der sich ausschließlich als Kommunist an seine Leser wandte, dem Klassengegener in vorauseilender Rhetorik die Waffe des Antisemitismus aus der Hand zu schlagen. "Der Untergang des Judentums sei", so der Autor, der erwünschte "Untergang" des "jüdischen Händlers". Heller personalisierte, in der radikalisierten Sprache des Marxismus, das Dogma der Assimilation." [...]
Quelle


Und genau da isser, der ideologieimmanente Antisemitismus des Marxismus - gar nichts hast du widerlegt!
Selbstverständlich genügt das Gegenbeispiel eines einzigen sozialistischen Theoretikers, um die pauschale Behauptung, der Antisemismus sei dem Sozialismus immanent, zu widerlegen.
Abgesehen davon, dürfte es nicht ganz leicht sein, in programmatischen Schriften von Marx tatsächlich Antisemitismus nachzuweisen. Diese polemischen Pamphlete, von denen Marx 13 Stück pro Dutzend geschrieben hat, belegen allenfalls eine persönliche Aversion, aber keine theoretisch fundierte Feindschaft.

Eine Ideologie, die auf der Klassentheorie beruht, kann vernünftigerweise gar nicht antisemitisch sein, da die Juden nunmal kein Klasse sind. Das schließt natürlich nicht aus, daß linke Antisemiten die Juden als repräsentativ für die Zirkulationsphäre kollektiv anfeinden. Wenn aber Marx in seinem Pamphlet "Zur Judenfrage" schreibt
"Die Juden haben sich insoweit emanzipiert, als die Christen zu Juden geworden sind.",
dann sind "die Juden" ja wohl offensichtlich nicht reale Juden, sondern die Metapher für das Kapital, dem sich auch die Christen unterworfen haben.

Da es also keinen Unterschied mehr zwischen Juden und Christen gibt, wäre diese Schrift nicht nur antisemitisch, sondern auch antichristlich.
Es geht aber gar nicht um Juden und Christen. Es geht um die Vergöttlichung des Geldes.

Antisemitisch ist dieses Pamphlet nicht, weil es die Juden in toto vermeintlich zu Geldjuden machen würde.
Als antisemitisch wird es gelesen, weil Marx die Juden als Metapher für das Kapital benutzt.
Marx wäre übrigens ein merkwürdiger Antisemit. Immerhin hat er sich für die Emanzipation der Juden eingesetzt.

Der Theorie immanent kann der Antisemitismus bei religiös begründeten Ideologien sein, bei völkisch-nationalistischen oder im brutalsten Fall bei rassistischen.
Bei klassentheoretischen Ideologien ergibt das keinen Sinn.
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ThorsHamar
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von ThorsHamar »

Zunder hat geschrieben:(30 Oct 2018, 23:28)

Es geht nicht um Stalin. Immer noch nicht.
MIR ging es um Stalin und DU hast einen jüdischen Roten herausgepickt, als Beispiel, dass nicht alle Sozialisten Antisemiten wären.
Diesen Unsinn hat sowieso niemand behauptet, aber DU wolltest das belegen, mit einem Kommunisten, der von seinem antisemitischen Führer im Exil umgebracht wurde. Und noch mal für Dich Experten: auf Anweisung des Antisemiten Stalin wurde Dein Beispiel ( weil er Jude war, von Dir ausgewählt) ermordet. Inwieweit sich der antisemitische Stalin sich seines jüdischen Feindes wegen Antisemitismus' entledigen liess, kann sich jeder selbst portionieren...
Das war es dann von mir dazu.
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von BlueMonday »

@Eule

Du suchst ne Kanzel zum Predigen? Dann bist du hier in einem Diskussionsforum falsch. Oder wie breit ist der Diskurskorridor, den du bei diesem Thema hier für diskussionswürdig hältst? Ziemlich genau null, gelle?

Aber ich hab noch ein "wissenschaftstheoretisches" Bonbon für dich als Betthupferl. Ganz geduldig und vorsichtig lutschen, ist nicht so ohne.
“Allgemein gesprochen setzt Ähnlichkeit – und somit auch Wiederholung stets die Einnahme ‘eines Standpunkts’ voraus: manche Ähnlichkeiten oder Wiederholungen werden uns auffallen, wenn wir uns für ein bestimmtes Problem interessieren, andere, wenn wir uns für eine anderes Problem interessieren.”

“Man kann hinzufügen, daß sich für jede gegebene endliche Gruppe oder Mengen von Dingen, mag sie noch so regellos zusammengestellt sein, bei einiger Geschicklichkeit Standpunkte finden lassen, von denen auf alle zu der Menge gehörenden Dinge ähnlich (oder teilweise gleich) sind. Das bedeutet, daß jedes beliebige Ding oder Ereignis als “Wiederholung” jedes beliebigen anderen angesehen werden, wenn man nur den geeigneten Standpunkt einnimmt.”

Karl Popper, Logik der Forschung, Tübingen 1989, S. 376
Das ist nichts weniger als die grundlegende Trennlinie zwischen zivilisierer Diskursgesellschaft und gewalttätigem Totalitarismus.
Der Sozialismus, gleich welcher Geschmacksrichtung, ist bisher immer bei Letzterem gelandet. Kaum verwunderlich, wenn man den Proponenten dieser Idee zuhört.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(30 Oct 2018, 13:47)

Das eine schließt das andere nicht aus. Schließlich ging es der Partei- und Staatführung der DDR um die Wahrung des Gesichts gegenüber dem Ausland.
Der Schein einer rigorosen Entnazifizierung - die nie stattgefunden hat - und des Bruches mit der nationalsozialistischen Vergangenheit musste gewahrt bleiben. Es waren reine machtpolitische Interessen und KEIN "im ständigen Wandel begriffenes Verhältnis zu Israel".
Im Kontext mit ihrer "Kapitalismuskritik" bediente sich die DDR in ihrer antisemitischen Propaganda der gleichen Stereotype, wie das in der KPD und bei den Nationalsozialisten üblich war ==> Gleichsetzung von "internationalem Finanzkapital" mit Juden.
Es ändert auch nichts an der zutiefst antisemitischen Grundhaltung der DDR-Politik, wenn diese mit einem "Kampf gegen den Zionismus" getarnt und kaschiert wurde. Zionismus stand in der DDR synomym für den Staat Israel einerseits wie für "internationales Finanzkapital" andererseits. Zionismus wird als "direktes Werkzeug des Imperialismus, im Kampf gegen die Kräfte des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus" bezeichnet, welches "selbstverständlich" von einer "zionistischen Lobby" in den USA ausgeht.

Deine Aussagen stellen - wieder mal - einen Relativierungsversuch des staatlich geförderten Antisemitismus in der DDR dar.
Warum wundern mich deine ständigen Relativierungsversuche des Antisemitismus eigentlich nicht (mehr). :s
Möchtest Du ganz gradeaus meine Antwort aud diese Frage wissen: Weil du dumm bist! Denn ansonsten würdest du zumindest wissen, dass es der DDR-Führung in ihren allerletzten Jahren nicht mehr (nur) um "Gesichstwahrung" ging sondern dass der Staat vor dem Bankrott stand. Und dass die POlitik der Annäherung an jüdische Organisationen von genau dieser Tatsache geleitet war. Und das meint eben "opportunistisch" (anstelle von "ideologisch").
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Selina
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(31 Oct 2018, 10:50)

Möchtest Du ganz gradeaus meine Antwort aud diese Frage wissen: Weil du dumm bist! Denn ansonsten würdest du zumindest wissen, dass es der DDR-Führung in ihren allerletzten Jahren nicht mehr (nur) um "Gesichstwahrung" ging sondern dass der Staat vor dem Bankrott stand. Und dass die POlitik der Annäherung an jüdische Organisationen von genau dieser Tatsache geleitet war. Und das meint eben "opportunistisch" (anstelle von "ideologisch").
Interessanter Text von jüdischen Zeitzeugen über ihr Leben in der DDR:

Zitat:

Ambivalente Beziehung
Jüdische Zeitzeugen diskutierten über ihre Erfahrungen in der DDR

Von Aert van Riel

Die Situation von Juden in der DDR wurde seit den 1990er Jahren sehr unterschiedlich bewertet. Während einige Historiker von einem staatlichen Antisemitismus sprechen, gehen andere von zunächst repressiven, aber später auch toleranteren Phasen aus. In Berlin debattierten vor kurzem Zeitzeugen über dieses brisante Thema.

Peter Kirchner und Wolfgang Herzberg wuchsen als deutsch-jüdische Kinder in den 1940er Jahren auf. Der eine durchlitt die Verfolgungen des NS-Regimes in Berlin, der andere wurde in England als Sohn von Emigranten geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden sich ihre Eltern, in der DDR zu leben. Kirchner studierte Medizin und wurde 1971 Vorsitzender der Ostberliner Gemeinde. Herzberg ist Publizist und Liedermacher. Über ihre Erfahrungen als Juden im ostdeutschen Staat diskutierten sie jüngst gemeinsam mit dem Historiker Mario Keßler in der Veranstaltungsreihe »Kultur-lokal« der Linkspartei im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick.

»Ich bin in der Nachkriegszeit bewusst im Ostteil von Berlin geblieben, weil ich mich durch die dortige antifaschistische Ordnung vor Antisemitismus wesentlich besser geschützt fühlte«, erklärte Kirchner.

Doch dieses Schutzgefühl währte bei vielen Juden in den sozialistischen Staaten Osteuropas nicht lange. Denn 1951 wurden führende jüdische Funktionäre der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, unter ihnen der ehemalige Generalsekretär Rudolf Slansky, wegen Kontakten zum angeblichen US-amerikanischen Spion in Ungarn, Noel Field, verhaftet und im Jahr darauf verurteilt und hingerichtet. Auch in der Sowjetunion kam es bei der sogenannten Ärzteverschwörung bis zum Tode Josef Stalins im März 1953 zu ähnlichen Schauprozessen gegen Juden.

»Die stalinistischen Verfahren waren in der DDR im Vergleich zur Tschechoslowakei und anderen osteuropäischen Staaten deutlich abgeschwächt«, sagte Mario Keßler. Im Zuge der Field-Affäre wurde 1952 unter anderem das nicht-jüdische Politbüromitglied Paul Merker verhaftet. Drei Jahre später wurde Merker als vermeintlicher zionistischer Agent zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. In dieser Zeit verließen hunderte Juden die DDR. Die Gemeinde schrumpfte von etwa 5000 auf nur noch rund 1500 Mitglieder.

Kirchner hielt sich zu diesem brisanten Thema eher bedeckt. Er sei damals noch sehr jung gewesen und habe deswegen von politischen Ereignissen wenig mitbekommen. Erinnerungen habe er lediglich an Aufrufe vom damaligen Gemeindevorsitzenden Westberlins, Heinz Galinski, wegen »drohender Verfolgungen im Ostblock« in den Westen überzusiedeln. Kirchner blieb. Denn er sei in der DDR weder von Verfolgungen betroffen gewesen noch aufgrund seiner Herkunft diskriminiert worden. Die Gemeinde habe vielmehr auch unter seinem Vorsitz ihre eigene Kultur bewahren können und in der Synagoge Rykestraße in Prenzlauer Berg traditionelle Feste gefeiert.

Verstärkte staatliche Unterstützung erhielt die Gemeinde, als sich nach der jahrelangen einseitigen Parteinahme für die Palästinenser im Nahostkonflikt seit Mitte der 1980er Jahre das Verhältnis zwischen der DDR und Israel entspannte. 1987 wurde in Ostberlin sogar ein Rabbiner aus den USA eingestellt und mit einem Dienstwagen sowie einer Dienstwohnung ausgestattet. Die Liaison hielt aber nur ein Jahr lang.

»Die Gemeinde war stark vom Wohlwollen der politischen Führung abhängig«, erklärte Kirchner. Deswegen sah die unter Überalterung sowie Geburtenrückgang leidende und zuletzt nur noch etwas über 200 Mitglieder zählende Gemeinde auch keine Möglichkeiten, im Zuge der Bürgerrechtsbewegung Ende der 1980er Jahre eine ähnliche Rolle wie etwa die evangelische Kirche zu spielen. »Wir wollten nicht unsere Existenz aufs Spiel setzen«, so der ehemalige Vorsitzende.

Wolfgang Herzberg erlebte die DDR im Gegensatz zu Kirchner wegen seines atheistischen Elternhauses nicht inner-, sondern außerhalb der Gemeinde. Seiner jüdischen Herkunft wurde er sich erst als Schulkind in Berlin-Weißensee bewusst. »Als wir ziemlich laut waren, sagte ein Lehrer, der sich später dafür entschuldigen musste, dass es wie in einer Judenklasse zuginge«, erinnerte sich Herzberg. Daraufhin habe er seine Eltern gefragt, was ein Jude eigentlich sei.

Als Ursache für diesen gelegentlichen Alltagsantisemitismus sieht Herzberg eine geringe Auseinandersetzung in Bildungseinrichtungen und Medien der DDR mit jüdischer Kultur und Geschichte. Dagegen habe er zur Aufarbeitung der Nazizeit seit den 1970er Jahren zahlreiche Biografien deutsch-jüdischer Überlebender gesammelt und in dem Buch »Überleben heißt Erinnern« im Aufbau Verlag veröffentlicht.

Trotz ihrer unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen stehen Kirchner und Herzberg gleichermaßen der Interpretation eines staatlichen Antisemitismus in der DDR, wie sie etwa der Historiker Michael Wolffsohn formuliert, kritisch gegenüber. Die Repressionen in den 1950er Jahren sowie die Haltung zum Nahostkonflikt seien vor allem der damaligen außenpolitischen Agenda geschuldet. Andererseits betonten beide, dass jüdische Schriftsteller und Schauspieler wie Anna Seghers, Arnold Zweig, Gerry Wolff und viele andere innenpolitisch großen Einfluss auf das kulturelle Leben in der DDR genommen hätten.


https://www.neues-deutschland.de/artike ... ehung.html
Bleib bitte beim Thema! Das lautet immer noch "Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus" und NICHT "gab es Antisemitismus in der DDR". Antisemitismus ist nur insofern von Bedeutung, ob er ideologie- und systemimmanent war. Dazu gehört auch als Kapitalismuskritik getarnter Antisemitismus/Antizionismus.
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Dark Angel
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(31 Oct 2018, 10:50)

Möchtest Du ganz gradeaus meine Antwort aud diese Frage wissen: Weil du dumm bist! Denn ansonsten würdest du zumindest wissen, dass es der DDR-Führung in ihren allerletzten Jahren nicht mehr (nur) um "Gesichstwahrung" ging sondern dass der Staat vor dem Bankrott stand. Und dass die POlitik der Annäherung an jüdische Organisationen von genau dieser Tatsache geleitet war. Und das meint eben "opportunistisch" (anstelle von "ideologisch").
1. Die Quittung für deine Beleidigung hast du bereits erhalten.

2. handelt es sich nicht um eine Frage sondern um eine Feststellung!

3. weichst du (wieder mal) mangels sachlicher und fachlicher Argumente auf Strohmannargumente aus. Dein "Beitrag" geht mit keiner Silbe auf vorgebrachte Argumente ein. Ob die DDR in den letzten Jahren vor dem Bankrott stand oder nicht, ändert nichts an deren an deren, als Kapitalismuskritik getarnten antisemitischen/antizionistischen Grundhaltung.
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Selina
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Selina »

Selina hat geschrieben:(31 Oct 2018, 11:59)

Interessanter Text von jüdischen Zeitzeugen über ihr Leben in der DDR:

Zitat:

Ambivalente Beziehung
Jüdische Zeitzeugen diskutierten über ihre Erfahrungen in der DDR

Von Aert van Riel

Die Situation von Juden in der DDR wurde seit den 1990er Jahren sehr unterschiedlich bewertet. Während einige Historiker von einem staatlichen Antisemitismus sprechen, gehen andere von zunächst repressiven, aber später auch toleranteren Phasen aus. In Berlin debattierten vor kurzem Zeitzeugen über dieses brisante Thema.

Peter Kirchner und Wolfgang Herzberg wuchsen als deutsch-jüdische Kinder in den 1940er Jahren auf. Der eine durchlitt die Verfolgungen des NS-Regimes in Berlin, der andere wurde in England als Sohn von Emigranten geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden sich ihre Eltern, in der DDR zu leben. Kirchner studierte Medizin und wurde 1971 Vorsitzender der Ostberliner Gemeinde. Herzberg ist Publizist und Liedermacher. Über ihre Erfahrungen als Juden im ostdeutschen Staat diskutierten sie jüngst gemeinsam mit dem Historiker Mario Keßler in der Veranstaltungsreihe »Kultur-lokal« der Linkspartei im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick.

»Ich bin in der Nachkriegszeit bewusst im Ostteil von Berlin geblieben, weil ich mich durch die dortige antifaschistische Ordnung vor Antisemitismus wesentlich besser geschützt fühlte«, erklärte Kirchner.

Doch dieses Schutzgefühl währte bei vielen Juden in den sozialistischen Staaten Osteuropas nicht lange. Denn 1951 wurden führende jüdische Funktionäre der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, unter ihnen der ehemalige Generalsekretär Rudolf Slansky, wegen Kontakten zum angeblichen US-amerikanischen Spion in Ungarn, Noel Field, verhaftet und im Jahr darauf verurteilt und hingerichtet. Auch in der Sowjetunion kam es bei der sogenannten Ärzteverschwörung bis zum Tode Josef Stalins im März 1953 zu ähnlichen Schauprozessen gegen Juden.

»Die stalinistischen Verfahren waren in der DDR im Vergleich zur Tschechoslowakei und anderen osteuropäischen Staaten deutlich abgeschwächt«, sagte Mario Keßler. Im Zuge der Field-Affäre wurde 1952 unter anderem das nicht-jüdische Politbüromitglied Paul Merker verhaftet. Drei Jahre später wurde Merker als vermeintlicher zionistischer Agent zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. In dieser Zeit verließen hunderte Juden die DDR. Die Gemeinde schrumpfte von etwa 5000 auf nur noch rund 1500 Mitglieder.

Kirchner hielt sich zu diesem brisanten Thema eher bedeckt. Er sei damals noch sehr jung gewesen und habe deswegen von politischen Ereignissen wenig mitbekommen. Erinnerungen habe er lediglich an Aufrufe vom damaligen Gemeindevorsitzenden Westberlins, Heinz Galinski, wegen »drohender Verfolgungen im Ostblock« in den Westen überzusiedeln. Kirchner blieb. Denn er sei in der DDR weder von Verfolgungen betroffen gewesen noch aufgrund seiner Herkunft diskriminiert worden. Die Gemeinde habe vielmehr auch unter seinem Vorsitz ihre eigene Kultur bewahren können und in der Synagoge Rykestraße in Prenzlauer Berg traditionelle Feste gefeiert.

Verstärkte staatliche Unterstützung erhielt die Gemeinde, als sich nach der jahrelangen einseitigen Parteinahme für die Palästinenser im Nahostkonflikt seit Mitte der 1980er Jahre das Verhältnis zwischen der DDR und Israel entspannte. 1987 wurde in Ostberlin sogar ein Rabbiner aus den USA eingestellt und mit einem Dienstwagen sowie einer Dienstwohnung ausgestattet. Die Liaison hielt aber nur ein Jahr lang.

»Die Gemeinde war stark vom Wohlwollen der politischen Führung abhängig«, erklärte Kirchner. Deswegen sah die unter Überalterung sowie Geburtenrückgang leidende und zuletzt nur noch etwas über 200 Mitglieder zählende Gemeinde auch keine Möglichkeiten, im Zuge der Bürgerrechtsbewegung Ende der 1980er Jahre eine ähnliche Rolle wie etwa die evangelische Kirche zu spielen. »Wir wollten nicht unsere Existenz aufs Spiel setzen«, so der ehemalige Vorsitzende.

Wolfgang Herzberg erlebte die DDR im Gegensatz zu Kirchner wegen seines atheistischen Elternhauses nicht inner-, sondern außerhalb der Gemeinde. Seiner jüdischen Herkunft wurde er sich erst als Schulkind in Berlin-Weißensee bewusst. »Als wir ziemlich laut waren, sagte ein Lehrer, der sich später dafür entschuldigen musste, dass es wie in einer Judenklasse zuginge«, erinnerte sich Herzberg. Daraufhin habe er seine Eltern gefragt, was ein Jude eigentlich sei.

Als Ursache für diesen gelegentlichen Alltagsantisemitismus sieht Herzberg eine geringe Auseinandersetzung in Bildungseinrichtungen und Medien der DDR mit jüdischer Kultur und Geschichte. Dagegen habe er zur Aufarbeitung der Nazizeit seit den 1970er Jahren zahlreiche Biografien deutsch-jüdischer Überlebender gesammelt und in dem Buch »Überleben heißt Erinnern« im Aufbau Verlag veröffentlicht.

Trotz ihrer unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen stehen Kirchner und Herzberg gleichermaßen der Interpretation eines staatlichen Antisemitismus in der DDR, wie sie etwa der Historiker Michael Wolffsohn formuliert, kritisch gegenüber. Die Repressionen in den 1950er Jahren sowie die Haltung zum Nahostkonflikt seien vor allem der damaligen außenpolitischen Agenda geschuldet. Andererseits betonten beide, dass jüdische Schriftsteller und Schauspieler wie Anna Seghers, Arnold Zweig, Gerry Wolff und viele andere innenpolitisch großen Einfluss auf das kulturelle Leben in der DDR genommen hätten.


https://www.neues-deutschland.de/artike ... ehung.html
Bleib bitte beim Thema! Das lautet immer noch "Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus" und NICHT "gab es Antisemitismus in der DDR". Antisemitismus ist nur insofern von Bedeutung, ob er ideologie- und systemimmanent war. Dazu gehört auch als Kapitalismuskritik getarnter Antisemitismus/Antizionismus.
Sorry, aber diese Erinnerungen der beiden Zeitzeugen zeigen ja gerade (zum Teil sogar wortwörtlich im letzten Abschnitt), dass es große Zweifel daran gibt, dass Antisemitismus in der DDR "systemimmanent" war. Deshalb zitierte ich den Beitrag ja.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

Zunder hat geschrieben:(31 Oct 2018, 00:10)

Selbstverständlich genügt das Gegenbeispiel eines einzigen sozialistischen Theoretikers, um die pauschale Behauptung, der Antisemismus sei dem Sozialismus immanent, zu widerlegen.
Abgesehen davon, dürfte es nicht ganz leicht sein, in programmatischen Schriften von Marx tatsächlich Antisemitismus nachzuweisen. Diese polemischen Pamphlete, von denen Marx 13 Stück pro Dutzend geschrieben hat, belegen allenfalls eine persönliche Aversion, aber keine theoretisch fundierte Feindschaft.

Eine Ideologie, die auf der Klassentheorie beruht, kann vernünftigerweise gar nicht antisemitisch sein, da die Juden nunmal kein Klasse sind. Das schließt natürlich nicht aus, daß linke Antisemiten die Juden als repräsentativ für die Zirkulationsphäre kollektiv anfeinden. Wenn aber Marx in seinem Pamphlet "Zur Judenfrage" schreibt
"Die Juden haben sich insoweit emanzipiert, als die Christen zu Juden geworden sind.",
dann sind "die Juden" ja wohl offensichtlich nicht reale Juden, sondern die Metapher für das Kapital, dem sich auch die Christen unterworfen haben.

Da es also keinen Unterschied mehr zwischen Juden und Christen gibt, wäre diese Schrift nicht nur antisemitisch, sondern auch antichristlich.
Es geht aber gar nicht um Juden und Christen. Es geht um die Vergöttlichung des Geldes.

Antisemitisch ist dieses Pamphlet nicht, weil es die Juden in toto vermeintlich zu Geldjuden machen würde.
Als antisemitisch wird es gelesen, weil Marx die Juden als Metapher für das Kapital benutzt.
Marx wäre übrigens ein merkwürdiger Antisemit. Immerhin hat er sich für die Emanzipation der Juden eingesetzt.

Der Theorie immanent kann der Antisemitismus bei religiös begründeten Ideologien sein, bei völkisch-nationalistischen oder im brutalsten Fall bei rassistischen.
Bei klassentheoretischen Ideologien ergibt das keinen Sinn.
Du hast immer noch nichts widerlegt!
Falls es dir entgangen sein sollte: ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es (politischen) Antisemitismus zur Entstehtungszeit von Karl Marx Schrift "Zur Judenfrage" noch gar nicht gab, wohl aber Antijudaismus.
Aus dieser Sichtweise kann man natürlich streiten, inwieweit Antijudaismus und Antisemitismus gleichzusetzen sind/gleichgesetzt werden können.
Es geht eben NICHT darum, ob Marx selbst Antisemit war oder ob es einzelne Theoretiker waren, sondern darum ob Antisemitismus der Ideologie Marxismus in ihrer Gesamtheit immanent ist. Und genau das ist der Fall - auch dann wenn (wie zitiert) Antisemitismus/Antizionismus als Kapitalismuskritik getarnt ist und/oder sich dieser Antisemitismus selektiv auf das "Finanzkapital" bezieht.
Und ganz nebenbei: Ideologie ist immer eine Weltanschauung, als solche ein geschlossenes Sinnsytem, welches immer selbstreferierend ist.
Marxismus bleibt auch dann eine Ideologie (ein geschlossenes Sinnsystem), wenn sie von anderen/mehreren Theoretikern erweitert, modifiziert und/oder interpretiert wird. Insofern reicht ein Gegenbeispiel eines einzelnen Theoretikers eben nicht zu Widerlegung aus.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(31 Oct 2018, 13:20)

Sorry, aber diese Erinnerungen der beiden Zeitzeugen zeigen ja gerade (zum Teil sogar wortwörtlich im letzten Abschnitt), dass es große Zweifel daran gibt, dass Antisemitismus in der DDR "systemimmanent" war. Deshalb zitierte ich den Beitrag ja.
Verehrte Selina - wir befinden uns immer noch im Forenbereich Wissenschaft und da belegen oder widerlegen weder "diese Erinnerungen der beiden Zeitzeugen" irgendetwas - was du immer wieder gerne anbringst, nennt sich übereilte Verallgemeinerung - noch ist das ND eine seriöse Quelle.
Nochmal zur Erinnerung: hier (in diesem Forum) geht es um Fakten und nicht um ideologisch motivierte Meinungsäußerungen!
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(31 Oct 2018, 14:08)

Verehrte Selina - wir befinden uns immer noch im Forenbereich Wissenschaft und da belegen oder widerlegen weder "diese Erinnerungen der beiden Zeitzeugen" irgendetwas - was du immer wieder gerne anbringst, nennt sich übereilte Verallgemeinerung - noch ist das ND eine seriöse Quelle.
Nochmal zur Erinnerung: hier (in diesem Forum) geht es um Fakten und nicht um ideologisch motivierte Meinungsäußerungen!
Ich weiß schon, dass du das so siehst. Aber erstens lese ich bei dir selbst viel Ideologie, was du sicher selbst gar nicht merkst. Und zweitens haben solche Zeitzeugen-Berichte mehr Gewicht als irgendwelche Mutmaßungen, was in der DDR angeblich "systemimmanent" gewesen sein soll. Diese Behauptungen kommen ja in diesem Thread immer wieder von dir selbst. Da ist es also ein wenig seltsam, User, die dann darauf eingehen, zu ermahnen, sie sollten beim Thema bleiben. Sprichs nicht an, und man braucht auch nicht zu reagieren. Außerdem bist du dem geneigten User eine überzeugende und sachliche Quelle für deine These "Antisemitismus war in der DDR systemimmanent" bis jetzt schuldig geblieben. Nix für ungut.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(31 Oct 2018, 14:21)

Ich weiß schon, dass du das so siehst. Aber erstens lese ich bei dir selbst viel Ideologie, was du sicher selbst gar nicht merkst. Und zweitens haben solche Zeitzeugen-Berichte mehr Gewicht als irgendwelche Mutmaßungen, was in der DDR angeblich "systemimmanent" gewesen sein soll. Diese Behauptungen kommen ja in diesem Thread immer wieder von dir selbst. Da ist es also ein wenig seltsam, User, die dann darauf eingehen, zu ermahnen, sie sollten beim Thema bleiben. Sprichs nicht an, und man braucht auch nicht zu reagieren. Außerdem bist du dem geneigten User eine überzeugende und sachliche Quelle für deine These "Antisemitismus war in der DDR systemimmanent" bis jetzt schuldig geblieben. Nix für ungut.
Selina - zum letzten Mal: für Kritik an der Moderation gibt es einen speziellen Thread!

NEIN - Zeitzeugenberichte haben NICHT mehr Gewicht, weil Zeitzeugenberichte nur subjektive Empfindungen und Meinungen widergeben können! Du solltest langsam den Unterschied zwischen Fakten = objektive Tatsachen und Mutmaßungen erkennen lernen! DEINE "mehr Gewicht habenden Zeitzeugenberichte" SIND Mutmaßungen, SIND subjektiv!

Aus "Mutmaßungen"/individuellen, sich aus subjektiven Empfinden ergebende Meinungen liefern KEIN Gesamtbild der politischen Doktrin und/oder gesellschaftlichen Realität.
Ich gebe gerade KEINE Mutmaßungen, basierend auf persönlicher subjektiver Meinung von mir, sondern Fakten, die ich belegen kann und zwar anhand wissenschaftlicher Quellen! Das ND ist KEINE wissenschaftliche Quelle!
Ich habe absolut gar nichts gegen faktenbasierte kontroverse Diskussion - ganz im Gegenteil und ich schreite auch selten ein, wenn solche Diskussion "etwas hitzig" und der Ton etwas "ruppig" wird, aber ich habe etwas gegen geschichtsrevisionistische Relativierungen und ideologische Reinwaschungsversuche
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Stoner

Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Stoner »

Zunder hat geschrieben:(31 Oct 2018, 00:10)

Eine Ideologie, die auf der Klassentheorie beruht, kann vernünftigerweise gar nicht antisemitisch sein, da die Juden nunmal kein Klasse sind.
Vielleicht hilft der Hinweis, dass es den Sozialismus, wie so viele Ideologien, als Idee oder wahlweise Theorie einerseits, und als konkrete politische Praxis andererseits gab. Berücksichtigt man das, ist man einen Schritt weiter in der Diskussion.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

Zunder hat geschrieben:(31 Oct 2018, 00:10)

Selbstverständlich genügt das Gegenbeispiel eines einzigen sozialistischen Theoretikers, um die pauschale Behauptung, der Antisemismus sei dem Sozialismus immanent, zu widerlegen.
Abgesehen davon, dürfte es nicht ganz leicht sein, in programmatischen Schriften von Marx tatsächlich Antisemitismus nachzuweisen. Diese polemischen Pamphlete, von denen Marx 13 Stück pro Dutzend geschrieben hat, belegen allenfalls eine persönliche Aversion, aber keine theoretisch fundierte Feindschaft.
Um nochmal auf deine Behauptung, du habest irgend etwas widerlegt zurückzukommen:
Wie bereits erwähnt, kann marxistische Ideologie nicht ohne Erweiterungen, Modifikationen und Interpretationen betrachtet werden - vor allem nicht ohne die Erweiterungen durch Lenin (und Co.)

". Wie auch beim Antisemitismus sei Lenins Weltbild aber von einem „strikten Manichäismus“ geprägt gewesen - das Weltgeschehen könne nur unter der Prämisse des Klassenkampfes begriffen und bewertet werden und erschöpfe sich vollends darin.
Jeder klassenlose Ansatz zur Klärung oder Lösung gesellschaftlicher oder globaler Phänomene sei dementsprechend
kategorisch abgelehnt worden. Darüber hinaus habe Lenin im Zuge des Ersten Weltkriegs sein dichotomes Weltbild zunehmend personifizierend aufgeladen. Der „absolute Feind“ sei nicht mehr abstrakt durch „das Kapital“ umschrieben,
sondern mit Begriffen wie „Spekulanten“, „Bankiers“, „Finanzkönige“ und „Monopolisten“ vermenschlicht worden. Die Personifizierung des Feindes habe letztlich der Konstruktion der eigenen, positiv bewerteten Identität der Wir - Gruppe (Proletariat, Werktätige) gedient, womit eine – wenn auch vermutlich unbeabsichtigte – funktionale Affinität zum Antisemitismus geschaffen wurde. Mit der Machtübernahme der Bolschewiki und dem Ausbleiben einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage hätten Qualität und Quantität der personifiziert - manichäischen Erklärungsmuster nur zugenommen.
Haury warnt zwar davor, Lenins Denken „mit dem spätstalinistischen Antizionismus oder mit Antisemitismus“ gleichzusetzen, weist aber ebenso deutlich darauf hin, dass die strukturellen „Affinitäten der Leninschen Ideologie zum antisemitischen Denken [...] offene Türen und eine Ausgangsbasis [schufen], die eine Amalgamierung mit antisemischen
Denkmustern ermöglichte.“
Auch Bergmann attestiert dem marxistisch-leninistischen Denken eine „Strukturähnlichkeit [...] mit der ideologischen Grundstruktur des Antisemitismus."
Quelle


Ok - jetzt kann man natürlich trefflich darüber streiten ob "Affinität zum Antisemitismus" inetwa gleichbedeutend mit "ideolgieimmanent" ist.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(31 Oct 2018, 13:20)

Sorry, aber diese Erinnerungen der beiden Zeitzeugen zeigen ja gerade (zum Teil sogar wortwörtlich im letzten Abschnitt), dass es große Zweifel daran gibt, dass Antisemitismus in der DDR "systemimmanent" war. Deshalb zitierte ich den Beitrag ja.
Nur um dir mal zu zeigen, was der Unterschied zwischen Fakten und Mutmaßungen ist und was deine Zeitzeugenmeinungen wert sind:

"1. Die Diskussion um die Rückerstattung ehemals jüdischen Eigentums: Bis fast zu ihrem Ende lehnte die DDR Rückerstattungen bzw. Entschädigungen für Enteignungen während der NS-Zeit mit dem Hinweis darauf ab, dass die DDR mit der Erfüllung der Vereinbarungen des Potsdamer Abkommens bereits alle Reparationspflichten erfüllt habe. Ferner sei die DDR vor dem Hintergrund ihres antifaschistischen Charakters kaum für den Faschismus verantwortlich zu machen. Schließlich könne der erst nach dem Krieg gegründete Staat Israel keine Reparationsansprüche geltend machen.

2. Der DDR-Antifaschismus: Die ideologisch konstruierte Existenzberechtigung der DDR fußte im wesentlichen auf einer eigenwilligen Faschismus-Definition, die es ihr erlaubte, die Singularität der Shoah z.T. zu leugnen.

3. Die ungleichen Entschädigung bzw. Pensionszahlungen an die sog. „Opfer des Faschismus“ (OdF) in der DDR: Kommunistische NS-Widerständskämpfer erhielten höhere Pensionen als sog. „rassisch Verfolgte“, wodurch u.a. jüdische NS-Opfer deutlich diskriminiert wurden. ...

5. Das instrumentelle Verhältnis des Staates zu den jüdischen Gemeinden und den Juden in der DDR: „Sie hatten [...] als Feigenblatt für die antizionistische Politik der SED herzuhalten, beispielsweise durch demonstrativ israelfeindliche Erklärungen jüdischer DDR-Bürger.“

6. Die spätestens seit dem Suez-Krieg 1956 betriebene antiisraelische Politik und AgitProp
[...]
Die SED musste immer wieder der Kritik an ihrem Antisemitismus den Wind aus den Segeln nehmen, daher bemühte man sich immer wieder um eine Alibi-Unterscheidung zwischen „reichen“ „jüdischen Kapitalisten“ und „werktätigen Juden“. Die Maskierung des Antisemitismus war notwendig, wollte man doch jeden Verdacht der kleinsten Ähnlichkeit des marxistisch-
leninistischen Weltbildes mit dem NS ausräumen. Da „Völker“ per se eine positive Kategorie waren, musste verbal zwischen „werktätigen Juden“ in einer Klassengesellschaft und „Zionisten“ bzw. „israelischen Großkapitalisten“ unterschieden werden.

Dieses Argumentationsprinzip sollte später die Propaganda-Angriffe gegen Israel rechtfertigen, denn auch hier wurde immer wieder die klassenmäßige Schichtung der israelischen Gesellschaft als Alibi erwähnt.
Quelle


Und hier noch ein Beispiel, wie seriös dein Quelle - das ND ist:

"Im Zentrum des Interesses steht demgemäß der konkrete und phänomenologisch erfassbare Quellenkorpus materiell
erzeugter Propaganda – in diesem Falle die Artikel im ND. Hinsichtlich der Relevanz der Untersuchung der AgitProp im ND sei dabei darauf hingewiesen, dass sich nach Gries/Satjukow äußere, in der Propaganda produzierte und publizierte Feindbilder
immer in einem Wechselwirkungsprozess mit den Einstellungen bzw. inneren Feindbildern der Empfänger befinden. Insofern lassen sich in gewissem Umfange auch Rückschlüsse auf die Empfänger der Propaganda anstellen. Aus diesem Grunde ist „FeindBild-Propaganda [...] dann besonders wirksam, wenn die eingesetzten, [...] angebotenen Bildmotive ein bereits internalisiertes und verbreitetes inneres Fein-Bild-Schema ‚treffen’ und wenn sie emotional stark besetzt sind.“
Insofern setzt Propaganda eine bereits vorhandene Prägung der ‚Masse’ voraus, denn sie muss sie dort abholen, wo sie steht. Dementsprechend ist auch Propaganda zumindest indirekt ein Indiz für allgemeine politische und mentale Dispositionen innerhalb der DDR-Bevölkerung; zumindest gibt sie Aufschluss darüber, was die Produzenten von Propaganda bei ihrem Publikum an semantischen Vorprägungen bzw. Verständnis voraussetzten"
(gleiche Quelle)


Nun - sehr geändert hat sich das ND nicht - es ist i.w.S. immer noch eine linkes Agit-Prop Blättel.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(31 Oct 2018, 17:18)

Nur um dir mal zu zeigen, was der Unterschied zwischen Fakten und Mutmaßungen ist und was deine Zeitzeugenmeinungen wert sind:

"1. Die Diskussion um die Rückerstattung ehemals jüdischen Eigentums: Bis fast zu ihrem Ende lehnte die DDR Rückerstattungen bzw. Entschädigungen für Enteignungen während der NS-Zeit mit dem Hinweis darauf ab, dass die DDR mit der Erfüllung der Vereinbarungen des Potsdamer Abkommens bereits alle Reparationspflichten erfüllt habe. Ferner sei die DDR vor dem Hintergrund ihres antifaschistischen Charakters kaum für den Faschismus verantwortlich zu machen. Schließlich könne der erst nach dem Krieg gegründete Staat Israel keine Reparationsansprüche geltend machen.

2. Der DDR-Antifaschismus: Die ideologisch konstruierte Existenzberechtigung der DDR fußte im wesentlichen auf einer eigenwilligen Faschismus-Definition, die es ihr erlaubte, die Singularität der Shoah z.T. zu leugnen.

3. Die ungleichen Entschädigung bzw. Pensionszahlungen an die sog. „Opfer des Faschismus“ (OdF) in der DDR: Kommunistische NS-Widerständskämpfer erhielten höhere Pensionen als sog. „rassisch Verfolgte“, wodurch u.a. jüdische NS-Opfer deutlich diskriminiert wurden. ...

5. Das instrumentelle Verhältnis des Staates zu den jüdischen Gemeinden und den Juden in der DDR: „Sie hatten [...] als Feigenblatt für die antizionistische Politik der SED herzuhalten, beispielsweise durch demonstrativ israelfeindliche Erklärungen jüdischer DDR-Bürger.“

6. Die spätestens seit dem Suez-Krieg 1956 betriebene antiisraelische Politik und AgitProp
[...]
Die SED musste immer wieder der Kritik an ihrem Antisemitismus den Wind aus den Segeln nehmen, daher bemühte man sich immer wieder um eine Alibi-Unterscheidung zwischen „reichen“ „jüdischen Kapitalisten“ und „werktätigen Juden“. Die Maskierung des Antisemitismus war notwendig, wollte man doch jeden Verdacht der kleinsten Ähnlichkeit des marxistisch-
leninistischen Weltbildes mit dem NS ausräumen. Da „Völker“ per se eine positive Kategorie waren, musste verbal zwischen „werktätigen Juden“ in einer Klassengesellschaft und „Zionisten“ bzw. „israelischen Großkapitalisten“ unterschieden werden.

Dieses Argumentationsprinzip sollte später die Propaganda-Angriffe gegen Israel rechtfertigen, denn auch hier wurde immer wieder die klassenmäßige Schichtung der israelischen Gesellschaft als Alibi erwähnt.
Quelle


Und hier noch ein Beispiel, wie seriös dein Quelle - das ND ist:

"Im Zentrum des Interesses steht demgemäß der konkrete und phänomenologisch erfassbare Quellenkorpus materiell
erzeugter Propaganda – in diesem Falle die Artikel im ND. Hinsichtlich der Relevanz der Untersuchung der AgitProp im ND sei dabei darauf hingewiesen, dass sich nach Gries/Satjukow äußere, in der Propaganda produzierte und publizierte Feindbilder
immer in einem Wechselwirkungsprozess mit den Einstellungen bzw. inneren Feindbildern der Empfänger befinden. Insofern lassen sich in gewissem Umfange auch Rückschlüsse auf die Empfänger der Propaganda anstellen. Aus diesem Grunde ist „FeindBild-Propaganda [...] dann besonders wirksam, wenn die eingesetzten, [...] angebotenen Bildmotive ein bereits internalisiertes und verbreitetes inneres Fein-Bild-Schema ‚treffen’ und wenn sie emotional stark besetzt sind.“
Insofern setzt Propaganda eine bereits vorhandene Prägung der ‚Masse’ voraus, denn sie muss sie dort abholen, wo sie steht. Dementsprechend ist auch Propaganda zumindest indirekt ein Indiz für allgemeine politische und mentale Dispositionen innerhalb der DDR-Bevölkerung; zumindest gibt sie Aufschluss darüber, was die Produzenten von Propaganda bei ihrem Publikum an semantischen Vorprägungen bzw. Verständnis voraussetzten"
(gleiche Quelle)


Nun - sehr geändert hat sich das ND nicht - es ist i.w.S. immer noch eine linkes Agit-Prop Blättel.
Naja, die Magisterarbeit irgendeines Studenten hat für mich nun nicht gerade mehr Überzeugungskraft als die Lebensberichte gestandener Leute aus der DDR wie etwa die der bekannten jüdischen Familie Herzberg. Die Mitglieder dieser Familie sind ganz gewiss alle keine DDR-Nostalgiker und haben sich alle auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Staat angelegt und ihn kritisiert. Wie sie aber ihr Leben als Juden in der DDR beschreiben, das sollte man nicht einfach mit soner laxen Handbewegung wegwischen.

Und was du da aus dem ND der DDR-Zeit zitierst, ja, das war zum Teil üble Propaganda, was die da so veröffentlicht haben. Kritische Geister aus der DDR haben das Blatt natürlich nicht ernstgenommen. Nicht umsonst hatte es ja in der Unterzeile den Titel "Organ des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands". Mit dem ND von heute hat das alles nix zu tun. Die Zeitung ist heute eine überregionale linke Tageszeitung, vergleichbar mit der taz und in einigen Punkten auch mit der Zeit. Völlig andere Redakteure, anderer Inhalt, andere Wertungen, gesellschaftskritische Texte. Mir fiele nicht im Traum ein, Beiträge aus dem DDR-ND hier heranzuziehen, um irgendeine Verteidigung des verflossenen sozialistischen Staates zu starten. Wäre ja absoluter Schwachsinn. Nee, das, was ich zitiere, stammt alles aus der jüngsten Geschichte. Das ND kann man heute, ohne rot zu werden (im doppelten Sinne, hehehe) lesen. Interessantes Blatt. Konservative wie du bevorzugen natürlich andere Lektüre. Das ist ja wohl klar.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(01 Nov 2018, 00:24)

Ich hab da 37 Jahre lang gelebt und weiß, wovon ich rede: Neben den hier genannten traurigen Erscheinungen gab es sehr wohl auch echten Antifaschismus in der DDR. Wir, meine Familie und meine Freunde, lebten diesen Antifaschismus, weil er selbstverständlich für uns war. Da musste bei uns nix "verordnet" werden. Auch in dieser Frage ist es also durchaus angebracht, sich mal die ganz konkreten Lebensberichte anzuschauen. Da gibt es viel Interessantes zu finden.
Jedes "Anti" verweist doch schon auf das, was den Zusammenhalt herstellen soll: der Feind. Das unterscheidet den Totalitarismus jeglicher Coleur von dem Versuch der liberalen Demokratie. Anti zu sein, gegen den Feind, fordert vom Gesellschaftsmitglied Wachsamkeit, Überwachung, Misstrauen. Das schafft keine Kultur des Mit- und Nachdenkens, sondern reduziert den Bürger auf die Rolle als reiner Gesinnungsträger. Der Feind ist immer die einfachste Art, eine Gruppe zusammenzuhalten, wobei neben dem geteilten Feind die Angst, die diese Kultur des permanenten Misstrauens schafft, der zweite große negative Kitt ist. Eine liberale Demokratie lebt, wenigstens der Theorie und dem eigenen Anspruch nach, gerade nicht von einer Kultur des Anti, sondern fordert den Bürger zur kritischen Beteiligung und Teilnahme auf und bemüht sich, seine Werte positiv sowie umfangreiche Abwehrrechte zu definieren. Dass das auf der Kippe steht, zeigen die weltweiten Entwicklungen hin zu autoritären Regierungen. Die wenigen sozialistischen Feldversuche zeigen hier kein anderes Ergebnis als andere autoritäre Spielarten.
Zuletzt geändert von Stoner am Donnerstag 1. November 2018, 10:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

Ich habe ausgemistet und alles, was nicht zum Thema "Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus" in die Ablage verschoben. Die DDR bzw das Leben in der DDR ist NICHT Thema des Threads.
Es geht um Gemeinsamkeiten und Unterschiede] zwischen Sozialismus und Nationalsozialismus als politische Ideologien und zwar faktenbasiert. Mod.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(31 Oct 2018, 19:57)

Naja, die Magisterarbeit irgendeines Studenten hat für mich nun nicht gerade mehr Überzeugungskraft als die Lebensberichte gestandener Leute aus der DDR wie etwa die der bekannten jüdischen Familie Herzberg. Die Mitglieder dieser Familie sind ganz gewiss alle keine DDR-Nostalgiker und haben sich alle auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Staat angelegt und ihn kritisiert. Wie sie aber ihr Leben als Juden in der DDR beschreiben, das sollte man nicht einfach mit soner laxen Handbewegung wegwischen.
Selina - es geht NICHT um "Überzeugungskraft"/"überzeugen" - das ist die Aufgabe von Glaubenssystemen und Ideologien, sondern um Fakten. Fakten sind überprüfbar, ggf falsifizierbar. Meinungen, subjektive Empfindungen, Lebensberichte sind das nicht.
Die (meine) Behauptung war, dass Antisemitismus/Antizionismus im Sozialismus (in der politischen Ideologie des Sozialismus) ideologie- und systemimmanent sind. Für diese Behauptung habe ich Fakten als Beleg geliefert.
Dieser Antisemitismus (in der sozialistischen Ideologie) reicht zurück bis zum regligiös begründeten Antisjudaismus der französischen Frühsozialisten und Junghegelianer, fand durch Marxens Schrift "Zur Judenfrage" Eingang in die marxistische Ideologie und wird von späteren "Theoretikern" weiter geführt. Dabei bedient sich der Antijudaismus/Antisemitismus der gleichen Stereotype und Klischees, die zu Marx' Zeiten bereits hunderte Jahre alt sind.
Daran ändert sich auch nichts, wenn diese Klischees und Stereotype (bereits von Marx) mit Kapitalisten/Kapitalismus, Finanzkapital gleichgesetzt und zur Grundlage des Klassenkampfes stilisiert werden. An der Ideologieimmanenz - oder auch Affinität - des Antisemitismus ändert sich nichts, wenn dieser als Kapitalismuskritik getarnt wird.
Hierin liegen die Gemeinsamkeiten zum Nationalsozialismus, welcher aus den gleichen Quellen schöpft und "seinen" Antisemitismus "rassisch" begründet.
Die Sozialisten - und auch die Sozialdemokraten - haben trotz einzelner Versuche während der 1. Internationale u.a. durch den späten Engels oder August Bebel, NICHT geschafft, den Antisemitismus aus der sozialistischen Ideologie zu entfernen.

Im "Realsozialismus" der Ostblockstaaten wurden derartige Versuche gar nicht mehr unternommen. Hier wurde Antisemitismus/Antizionismus und antisemitischer Antizionismus zur politischen Doktrin - getarnt als Imperialismuskritik.
Der Staat Israel wurde zum "Werkzeug des internationalen Imperialismus" stilisiert, der keinesfalls für alle Juden sprechen könne, weil die Mehrheit der Juden nicht in Israel lebe, er wurde zum alleinigen Aggressor erklärt und die permanenten Terrorakte der PLO, Fatah und der arabischen Staaten zum "Befreiungskampf".
DAS sind die Fakten!
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(31 Oct 2018, 00:10)
Eine Ideologie, die auf der Klassentheorie beruht, kann vernünftigerweise gar nicht antisemitisch sein, da die Juden nunmal kein Klasse sind. Das schließt natürlich nicht aus, daß linke Antisemiten die Juden als repräsentativ für die Zirkulationsphäre kollektiv anfeinden.
Das Problem ist, dass zumindest im orthodoxen Sozialismus marxistischer Prägung die eine menschengruppenbezogene Präferenz durch eine andere ersetzt wird. Selbstverständlich existieren Lohnarbeiter und Kapitalisten. In der marxistischen Theorie jedoch wird aus einer solchen sozialen Klasse an sich eine soziale Klasse für sich. (Das genau ist eine der wortwörtlichen Formulierungen von Marx). Und aus einer gegebenen einfachen und faktischen Zugehörigkeit wird (gefordertes) Klassenbewusstsein. "Ich trage eine Fahe, Und diese Fahne ist rot. Es ist die Arbeiterfahne ..." Und ruck zuck sind auch pejorativ gemeinte Abwertungen anderer Klassen an der realsozialistischen Tagesordnung. Kleinunternehmer, Bauern (bzw. "Kulaken") und dann vor allem Intellektuelle. An diesem Punkt der aus dem Arbeiterklassenbewusstsein geforderten Intellektuellenfeindlichkeit oder zumindest -distanzierung gab es, vor allem in den 50ern, sehr wohl Überschneidungen mit Antisemitismus. Auf die bekannte "'Ärzteverschwörung" in der SU wurde glaub' ich schon hingewiesen. Died sind aber nicht systematisch sondern bedienen sich der vorgefundenen antisemitischen Stereotype in einer konkreten historischen Situation zur Machtgewinnung, Machtfestigung.

In einem anderen Punkt wiederum unterscheidet sich der Marxismus von anderen totalitären und identitären Ideologien sehr wohl: Zumindest in der orhtodox-kommunistischen Auslegung lautet das Endziel "klassenlose Gesellschaft". Es gibt aber keinen Nationalismus, der die Abschaffung oder Auflösung der Nationen fordert.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von BlueMonday »

Weiter mit den Fakten: Der Großindustrielle Fritz Thyssen wurde von den Nationalsozialisten enteignet als er aus der nationalsozialistischen Reihe tanzte. Aus einem anfänglichen Nazi wurde ein enteigneter Verfolgter, der im Gefängnis und KZ landete.
In der DDR wiederum beließ man in einer Reihe von Fällen die bestehenden Eigentumsverhältnisse, sicherlich ebenso daran geknüpft, dass man "auf Linie" blieb und sich in den Gesamtplan einfügte, sonst drohte Enteignung und Schlimmeres.

Nun müsste man begründen, wieso das Belassen von bestehenden Eigentumsverhältnissen an "Produktionsmitteln" dem Sozialismus grundsätzlich widersprechen sollte. Dazu müsste man den zentralen Begriff der "Vergesellschaftung" entfalten. Was bedeutet es Eigentum zu "vergesellschaften"? Bei Marx gab es ja Phasen, bei denen er die Konkretisierung der sozialistischen Utopie bewusst ablehnte (sich gewissermaßen ein "Utopieverbot" auferlegte). Der Sozialismus sollte sich vielmehr spontan, also unangeleitet herausbilden. Einzig sicher war aus marxscher Sicht nur, dass der Sozialismus einer Gesetzmäßigkeit folgend den Kapitalismus ablösen wird. Wobei der Kapitalismus kein reiner Gegensatz, sondern auch Voraussetzung, ja Fundament der marxschen Version des Sozialismus war. Das bemängelte ja wiederum der Nationalsozialismus, dass der Marxismus an der Wurzel kapitalistisch blieb.

Die sog. Verstaatlichung, die entschädigungslose, rabiate Enteignung, kann also allenfalls nur eine Variante von sozialistischer "Vergesellschaftung" sein. So sah das ja auch der damalige Anarchismus als sozialstische Spielart, der nun wesensbedingt dem Staat und damit der Verstaatlichung keine nennenswerte Rolle einräumen konnte.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(01 Nov 2018, 13:16)
In einem anderen Punkt wiederum unterscheidet sich der Marxismus von anderen totalitären und identitären Ideologien sehr wohl: Zumindest in der orhtodox-kommunistischen Auslegung lautet das Endziel "klassenlose Gesellschaft". Es gibt aber keinen Nationalismus, der die Abschaffung oder Auflösung der Nationen fordert.
Nun, bei den Nazis ging es darum den "Klassenhass" zu beenden, zu überwinden, also praktisch ein anderes Bewusstsein zu entwickeln. Ein konstruierter Klassengegensatz, dem sich niemand mehr bewusst ist, existiert nicht mehr und mit ihm irgendwelche Klassen.
Ein Nationalismus andererseits, der expandiert, der sich andere Nationen einverleibt, dessen gedanklicher Endpunkt ist dann auch die "ganze Welt". Bildhaft: Chaplins Spiel als Hitler mit der Weltkugel.
Wenn die ganze Welt aus einer Nation bestünde, dann hat man "die Nationen" auch "abgeschafft", sogar gründlicher als ein "Internationalismus", der zwischen den Nationen hängen bleibt.

Anders gesagt: die Ziele, insbesondere ferne, nie erreichte Endziele sind nicht das entscheidende, sondern die eingesetzten Mittel. Daran misst man ja den Nationalsozialismus, an seinen KZs, den Stalinismus am Gulag, die DDR am Stasiknast...
Der Sozialismus gleich welcher Geschmacksrichtung war zu Zeiten seiner Umsatzung nie "zimperlich". Das Motto war immer: Wer ein Omelett zubereiten will, muss Eier zerschlagen. Wo gehobelt wird, da fallen Späne.
Nach seinem globalen Zusammenbruch fraß er reichlich Kreide, drehte sich um 180 Grad, wurde wieder "humanistisch" und schwang sich zum Kritiker bestehender Verhältnisse auf.
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Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(01 Nov 2018, 13:51)

Nun, bei den Nazis ging es darum den "Klassenhass" zu beenden, zu überwinden, also praktisch ein anderes Bewusstsein zu entwickeln. Ein konstruierter Klassengegensatz, dem sich niemand mehr bewusst ist, existiert nicht mehr und mit ihm irgendwelche Klassen.
Ein Nationalismus andererseits, der expandiert, der sich andere Nationen einverleibt, dessen gedanklicher Endpunkt ist dann auch die "ganze Welt". Bildhaft: Chaplins Spiel als Hitler mit der Weltkugel.
Wenn die ganze Welt aus einer Nation bestünde, dann hat man "die Nationen" auch "abgeschafft", sogar gründlicher als ein "Internationalismus", der zwischen den Nationen hängen bleibt.
ABer nicht doch. Der sogenannte "Generalplan Ost" sah insbesondere für Osteuropa/SU ganz konkret Gebiete mit unterschiedlichen Graden an "Eindeutschungsfähigkeit" vor. Andere Gebiete sollte von slawen entvölkert und von Deutschen besiedelt werden. Und wieder andere sollten als eine Art Sklavennation für das Deutsche Reich arbeiten. Auch für andere Teile der Welt, insbesondere Westeuropa sah Nazideutschland verschiedene Rollen vor. Italien, Japan wiederum sollten als zu Ariern ernannte Nationen bestehen bleiben. Nix mit "eine Nation".
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

BlueMonday hat geschrieben:(01 Nov 2018, 13:22)

Weiter mit den Fakten: Der Großindustrielle Fritz Thyssen wurde von den Nationalsozialisten enteignet als er aus der nationalsozialistischen Reihe tanzte. Aus einem anfänglichen Nazi wurde ein enteigneter Verfolgter, der im Gefängnis und KZ landete.
In der DDR wiederum beließ man in einer Reihe von Fällen die bestehenden Eigentumsverhältnisse, sicherlich ebenso daran geknüpft, dass man "auf Linie" blieb und sich in den Gesamtplan einfügte, sonst drohte Enteignung und Schlimmeres.

Nun müsste man begründen, wieso das Belassen von bestehenden Eigentumsverhältnissen an "Produktionsmitteln" dem Sozialismus grundsätzlich widersprechen sollte. Dazu müsste man den zentralen Begriff der "Vergesellschaftung" entfalten. Was bedeutet es Eigentum zu "vergesellschaften"? Bei Marx gab es ja Phasen, bei denen er die Konkretisierung der sozialistischen Utopie bewusst ablehnte (sich gewissermaßen ein "Utopieverbot" auferlegte). Der Sozialismus sollte sich vielmehr spontan, also unangeleitet herausbilden. Einzig sicher war aus marxscher Sicht nur, dass der Sozialismus einer Gesetzmäßigkeit folgend den Kapitalismus ablösen wird. Wobei der Kapitalismus kein reiner Gegensatz, sondern auch Voraussetzung, ja Fundament der marxschen Version des Sozialismus war. Das bemängelte ja wiederum der Nationalsozialismus, dass der Marxismus an der Wurzel kapitalistisch blieb.

Die sog. Verstaatlichung, die entschädigungslose, rabiate Enteignung, kann also allenfalls nur eine Variante von sozialistischer "Vergesellschaftung" sein. So sah das ja auch der damalige Anarchismus als sozialstische Spielart, der nun wesensbedingt dem Staat und damit der Verstaatlichung keine nennenswerte Rolle einräumen konnte.
Marx mag sich einer Konkretisierung der sozialistischen bzw kommunistischen Utopie verweigert haben, Engels tat es nicht:

4. Organisation der Arbeit oder Beschäftigung der Proletarier auf den Nationalgütern, Fabriken und Werkstätten, wodurch die Konkurrenz der Arbeiter unter sich beseitigt und die Fabrikanten, solange sie noch bestehen, genötigt werden, denselben erhöhten Lohn zu zahlen wie der Staat.
5. Gleicher Arbeitszwang für alle Mitglieder der Gesellschaft bis zur vollständigen Aufhebung des Privateigentums. Bildung industrieller Armeen, besonders für die Agrikultur.
6. Zentralisierung des Kreditsystems und Geldhandels in den Händen des Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und Unterdrückung aller Privatbanken und Bankiers.
7. Vermehrung der Nationalfabriken, Werkstätten, Eisenbahnen und Schiffe, Urbarmachung aller Ländereien und Verbesserung der schon urbar gemachten, in demselben Verhältnis, in welchem sich die der Nation zur Verfügung stehenden Kapitalien und Arbeiter vermehren.
8. Erziehung sämtlicher Kinder, von dem Augenblicke an, wo sie der ersten mütterlichen Pflege entbehren können, in Nationalanstalten und auf Nationalkosten. Erziehung und Fabrikation zusammen.
9. Errichtung großer Paläste auf den Nationalgütern als gemeinschaftliche Wohnungen für Gemeinden von Staatsbürgern, welche sowohl Industrie wie Ackerbau treiben und die Vorteile sowohl des städtischen wie des Landlebens in sich vereinigen, ohne die Einseitigkeiten und Nachteile beider Lebensweisen zu teilen.
Quelle


Hier zeigt sich der totalitäre Charakter der Ideologie ==> Zerstörung sozialer Strukturen (Familie), Gleichschaltung und Umerziehung.
Noch deutlicher werden Marx und Engels im "Manifest der kommunistischen Partei:

Aufhebung der Familie! Selbst die Radikalsten ereifern sich über diese schändliche Absicht der Kommunisten.

Worauf beruht die gegenwärtige, die bürgerliche Familie? Auf dem Kapital, auf dem Privaterwerb. Vollständig entwickelt existiert sie nur für die Bourgeoisie; aber sie findet ihre Ergänzung in der erzwungenen Familienlosigkeit der Proletarier und der öffentlichen Prostitution.
Die Familie der Bourgeois fällt natürlich weg mit dem Wegfallen dieser ihrer Ergänzung, und beide verschwinden mit dem Verschwinden des Kapitals.
Werft ihr uns vor, daß wir die Ausbeutung der Kinder durch ihre Eltern aufheben wollen? Wir gestehen dieses Verbrechen ein.
Aber, sagt ihr, wir heben die trautesten Verhältnisse auf, indem wir an die Stelle der häuslichen Erziehung die gesellschaftliche setzen.
Und ist nicht auch eure Erziehung durch die Gesellschaft bestimmt? Durch die gesellschaftlichen Verhältnisse, innerhalb derer ihr erzieht, durch die direktere oder indirektere Einmischung der Gesellschaft, vermittelst der Schule usw.? Die Kommunisten erfinden nicht die Einwirkung der Gesellschaft auf die Erziehung; sie verändern nur ihren Charakter, sie entreißen die Erziehung dem Einfluß der herrschenden Klasse.
Quelle


Im Endeffekt geht es darum, soziale Bindungen auzulösen, Aufhebung jeder Privatsphäre und/oder zentralistische Lenkung ausnahmlos aller Lebensbereiche der Menschen. Menschen ohne soziale Bindungen und Beziehungen sind leichter zu manipulieren und zu indoktrinieren.
Hier finden sich wiederum Gemeinsamkeiten mit dem Nationalsozialismus - auch hier geht es um Indoktrination, Manipulation und zentrale Lenkung aller Lebensbereiche.
Der einzige Unterschied besteht darin, dass nicht die Klasse, sondern die "Volksgemeinschaft" das Instrument dieser Gleichschaltung bzw Identifikation liefert.
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Re:

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(01 Nov 2018, 14:09)

ABer nicht doch. Der sogenannte "Generalplan Ost" sah insbesondere für Osteuropa/SU ganz konkret Gebiete mit unterschiedlichen Graden an "Eindeutschungsfähigkeit" vor. Andere Gebiete sollte von slawen entvölkert und von Deutschen besiedelt werden. Und wieder andere sollten als eine Art Sklavennation für das Deutsche Reich arbeiten. Auch für andere Teile der Welt, insbesondere Westeuropa sah Nazideutschland verschiedene Rollen vor. Italien, Japan wiederum sollten als zu Ariern ernannte Nationen bestehen bleiben. Nix mit "eine Nation".
Da musst du in zeitlich und begrifflichen größeren Dimensionen denken und nicht bei den kleinlichen, den Umständen geschuldeten Zwischenetappen aufhalten. Du sprachst doch von "Endziel". Also etwas, nach dem nichts mehr folgen soll. Ein geschichtlicher Endpunkt. Also etwas völlig Utopisches, Fernes, Reines, Größenwahnsinniges und damit Unerreichbares.
Ich meine, so viel Fantasie gehört ja nun nicht dazu, sich vorzustellen, wohin nimmersatte Expansion, Auslöschung, Assimilierung, Unterwerfung, Unterordnung -letztlich- führen soll. Sicher nicht zum Nebeneinander des Unterschiedlichen.

Das sind letztlich die zwei großen Entwicklungsrichtungen. Auf der einen Seite das Totale, das am Ende alles unter sich alles versammeln will. Und die Reaktion darauf. Die Abspaltung. Die Flucht. Der Entzug. Das bewusste Nichtdazugehörenwollen. Und damit die erneute Grenzziehung.

Dieses Raumgreifende und ins Totale Zielende trugen zumindest die praktisch umgesetzten Sozialismusvarianten in sich.

Und bei der "Nation" sollte man nicht vergessen, dass diese auch in Richtung der Vergrößerung und Ausweitung zielte, also ein Konstrukt, das unterorndnete, in sich aufnahm, versammelte, anwuchs. Zum Halt kam das im Wesentlichen ja nur, weil eben anderes auch da war und auch Raum beanspruchte und sich wehrte und drohte. Ohne diesen Widerstand gäbe es die grenzenlose Weltnation.
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Re: Re:

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(02 Nov 2018, 13:34)

Da musst du in zeitlich und begrifflichen größeren Dimensionen denken und nicht bei den kleinlichen, den Umständen geschuldeten Zwischenetappen aufhalten. Du sprachst doch von "Endziel". Also etwas, nach dem nichts mehr folgen soll. Ein geschichtlicher Endpunkt. Also etwas völlig Utopisches, Fernes, Reines, Größenwahnsinniges und damit Unerreichbares.
Ich meine, so viel Fantasie gehört ja nun nicht dazu, sich vorzustellen, wohin nimmersatte Expansion, Auslöschung, Assimilierung, Unterwerfung, Unterordnung -letztlich- führen soll. Sicher nicht zum Nebeneinander des Unterschiedlichen.
Ehrlich gesagt, denke ich das schon. Mehr noch. Zu einer Nochunterschiedlicherwerdung des Nebeneinanders. Der ursprüngliche Entwurf des dritten, des tausendjährigen Reichs der Nazis lief auf eine streng hierarchisierte Welt der arischen Herrenrasse, der "Ehrenarier" (Italiener, Japaner, Tibeter und einige andere Völker) und der versklavten Untermenschen hinaus.

Was allerdings interessant und durchaus eine Parallele ist: DIese Utopie eines dritten, tausendjährigen Reichs bei den Nazis wich im Verlauf des 2. Weltkriegs zunehmend in der Relevanz der Frage der Vernichtung der Juden .. Das dritte Welt-Reich erwies sich schnell und sehr viel früher als propagiert als nicht realisierbare Utopie. Die Vernichtung der Juden konnte man ersatzweise und realiter dagegen schon angehen. Und hat es ja auch leider getan.

Der reale Sozialismus wiederum hat ebenfalls die Utopie einer klassenlosen kommunistischen Gesellschaft aufgegeben. Und dafür gibt es auch einen ganz einfachen Grund: In der klassenlosen kommunistischen Gesellschaft nach Marx verschwindet der Staat. Bitte? Kommunismus ohne Stasi, SED und Abschnittsbevollmächtigte?

Die Parallelität besteht also nicht inhaltlich sondern darin, dass ideologisch verbrämte Utopien als "Ideologien" in die Welt gesetzt werden, von Dummköpfen sowohl auf der Anhänger- wie auch auf der Gegnerseite geglaubt und ernst genommen werden und dann aber im Hintergrund durch ganz schnöde und schlichte Machterhaltungskämpfe ersetzt werden. Vorgänge, dIe von diesen Dummköpfen beiderlei Coleur nicht begriffen werden.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Freitag 2. November 2018, 14:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von BlueMonday »

Dark Angel hat geschrieben:(01 Nov 2018, 14:58)

Marx mag sich einer Konkretisierung der sozialistischen bzw kommunistischen Utopie verweigert haben, Engels tat es nicht:
Sicherlich. Die Konkretisierung und die Umsetzung kann ja nicht ausbleiben, wenn es nicht bei der reinen bzw. negativen Utopie bleiben soll. Konkretisiert wurde ja auch schon im Kommunistischen Manifest.
Marx sprach später auch davon, dass man "Geburtshelfer" spielen solle und dass eine Geburt ja eher etwas von Revolution denn Evolution hätte. Marx Denken unterlag dabei einem nicht geringen Wandel. Anfänglich hatte er durchaus eine Nähe zu libertären/anarchistischen Ideen. Übrig davon blieb allenfalls das Endziel vom "Absterben des Staates".

Die Frage ist dann aber, wo die Grenze zwischen der reinen Idee und verunreinigter Anpassung an die Praxis und Wirklichkeit liegt. Also dass man dann differenzieren kann: dies ist noch ein Sozialismus und dies ist keiner mehr.
Da hat man es mit einem Wandel zu tun von marxschen zu engelschen zu marxistischen zu marxistisch-leninistischen zu stalinistischen zu poststalinistischen ... Vorstellungen und dieser Wandel dauert bis heute an.
Und das ist ja auch nur eine "Erbfolge" oder Traditionslinie des Sozialismus.


Wenn man sich nun bspw. darauf einigt, dass Sozialismus im Wesentlichen die "Vergesellschaftung der Produktionsmittel" bedeutet, dann eröffnet das auch notwendig Raum für unterschiedliche Auslegungen und Konkretisierungen dieser begrifflichen Hülle.

Oder so gesagt; man kann nicht bloße Empirie betreiben. Es kann nicht allein um das begrifflose Datum gehen. Wissenschaft bedarf immer eines "reinen Teiles", also der Begriffsbildung und Begriffsentfaltung a priori. Denn wie Kant schon sagte: Anschauungen ohne Begriffe sind blind.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(01 Nov 2018, 14:58)
Hier zeigt sich der totalitäre Charakter der Ideologie ==> Zerstörung sozialer Strukturen (Familie), Gleichschaltung und Umerziehung.
Noch deutlicher werden Marx und Engels im "Manifest der kommunistischen Partei:
Hier zeigt sich ein ganz grundlegendes Unverständnis: Die Zerstörung sozialer Strukturen zeigt sich in der Zerstörung sozialer Strukturen. Und nicht in irgendwelchen Manifesten und Schriften. Der wissenschaftliche Weg geht genau anders herum. Er besieht nicht die Vorhersagen eines ziemlich umstrittenen ideologischen "Manifests" und weist dann darauf hin, dass die Realität ja bereits dort gewissermaßen ablesbar ist. Sondern umgekehrt. Er besieht die Realität und versucht einen Zusammenhang zu ideologisch verbrämten politischen Bewegungen herzustellen.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Aus einem wikipedia-Artikel zur Wannsee-Konferenz:
Die meisten Historiker folgern jedoch aus den Quellen, dass im Spätherbst 1941 ein entscheidender Schritt im Entscheidungsprozess zum Völkermord getan worden sei.Damals zeichnete sich das Scheitern des Krieges gegen die Sowjetunion ab, der als Blitzkrieg begonnen worden war.
Das Projekt der (beabsichtigten) endgültigen Vernichtung der JUden hängt unmittelbar mit dem sich offensichtlich abzeichnenden Scheitern des 2. Weltkriegs für Deutschland zusammen. Die wirklichen historischen und politischen Zusammenhänge sind immer nur aus den wirklichen historischen und politischen Handlungsverläufen ablesbar. Und nicht aus den ideologischen Schriften. Nicht aus der Bibel, der Tora, dem Koran, dem Kommunistischen Manifest oder Hitlers "Mein Kampf". Man kann diese Schriften quasi fakultativ und zur Wissenserweiterung studieren. Gemacht sind sie aber für die Dummen.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Nov 2018, 14:24)

Hier zeigt sich ein ganz grundlegendes Unverständnis: Die Zerstörung sozialer Strukturen zeigt sich in der Zerstörung sozialer Strukturen. Und nicht in irgendwelchen Manifesten und Schriften. Der wissenschaftliche Weg geht genau anders herum. Er besieht nicht die Vorhersagen eines ziemlich umstrittenen ideologischen "Manifests" und weist dann darauf hin, dass die Realität ja bereits dort gewissermaßen ablesbar ist. Sondern umgekehrt. Er besieht die Realität und versucht einen Zusammenhang zu ideologisch verbrämten politischen Bewegungen herzustellen.
Bei aller Kritik an Marx und Engels und ihren Analysen und Utopien, solche Vorstellungen halte ich schon für erstrebenswerter als die von einer "arisierten" und versklavten Welt unter Führung eines entmenschlichten Diktators mit Allmachtsfantasien. Und diese Vorstellungen teilten und teilen halt etliche anständige Sozialisten: "Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Verhältnisse, die man nicht besser schildern kann als durch den Ausruf eines Franzosen bei einer projektierten Hundesteuer: Arme Hunde! Man will euch wie Menschen behandeln!" (Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, 1843/44.)

Wie auch immer man in der Zukunft eine solche Gesellschaft einmal nennen wird, sie wird so oder in völlig anderer Form kommen. Denn schaut man sich die neoliberale Welt heute an, die am Abgrund oder Scheideweg (Umwelt, Klima, Ressourcen, Atomwaffen-Arsenale, Seuchen, Hunger) steht, muss einfach noch etwas kommen. Ansonsten wars das. Und ja, das stimmt natürlich: Eine Theorie wegzuwerfen und verächtlich zu machen, nur weil sie von ein paar machtbesessenen so genannten "Kommunisten" - so nannten sich ja die Genossen im letzten Drittel der SED-Existenz, obwohl sie weit von jedem Kommunismus entfernt waren - entstellt und verzerrt worden ist, ist der falsche Weg.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(02 Nov 2018, 14:52)

Eine Theorie wegzuwerfen und verächtlich zu machen, nur weil sie von ein paar machtbesessenen so genannten "Kommunisten" - so nannten sich ja die Genossen im letzten Drittel der SED-Existenz, obwohl sie weit von jedem Kommunismus entfernt waren - entstellt und verzerrt worden ist, ist der falsche Weg.
Man kann nun zwei Dinge darauf antworten: Man kann die Theorie in dem, was sie zu ihrer Umsetzung real erfordert, mit dem abgleichen, was hier im liberalen Rechtsstaat gilt. Dann wird man feststellen, was kompatibel ist und was nicht. Man kann aber auch politisch den Gedankengang anstellen: Wenn die Praktiker einer Theorie aus welchen Gründen auch immer keine Rückschlüsse auf die Theorie zulassen, dann dürfen sich Höcke & Co. aber auch wieder am vornationalsozialistischen Faschismus versuchen, denn dann wäre der Nationalsozialismus für den Faschismus die Entartung, die der leninistische/stalinistische Kommunismus für den Sozialismus war.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(02 Nov 2018, 14:52)

Bei aller Kritik an Marx und Engels und ihrer Analysen und Utopien, solche Vorstellungen halte ich schon für erstrebenswerter als die von einer "arisierten" und versklavten Welt unter Führung eines entmenschlichten Diktators mit Allmachtsfantasien. Und diese Vorstellungen teilten und teilen halt etliche anständige Sozialisten: "Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Verhältnisse, die man nicht besser schildern kann als durch den Ausruf eines Franzosen bei einer projektierten Hundesteuer: Arme Hunde! Man will euch wie Menschen behandeln!" (Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, 1843/44.)
Das ist die Frage der Wertung der Gesellschaftsutopien ...

Mir gehts um eine andere Frage: Sind (zum Beispiel) die Dokumente zum 8. Parteitag der SED mit seiner "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" eine seriöse und ernsthafte Schrift, die die realen Verhältnisse in der realen DDR ab 1971 widerspiegeln? Wirklich? Was erfährt man eigentlich wenn man sich einer masoschistischen Selbstkasteiung unterzieht und diese Dokumente tatsächlich liest? Was lässt sich mit Zitaten aus diesen Dokumenten tatsächlich belegen? Was ist über Menschen zu sagen, die glauben, dass sich mit Zitaten aus ausgerechnet diesen Dokumenten etwas pro oder kontra DDR-Wirklichkeit belegen ließe?

Tatsächlich lässt sich durchaus einiges mit solchen Zitaten belegen. Die komplizierten Strategien der Machtfestigung beim Übergang von der Herrschaft der Ulbricht- zur Herrschaft der Honecker-Klicke. Dazu muss man aber wirklich ziemlich Bescheid wissen und einiges an Hintergrundwissen haben.

Die Beurteilung der DDR-Wirklichkeit und nicht der Machtbefestigungsstrategien einer SED-Klicke um das jahr 1970 herum ist dagegegen anhand eben dieser DDR-WIrklichkeit nur wirklich sachkundig zu analysieren.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Selina »

MäckIntaier hat geschrieben:(02 Nov 2018, 15:04)

Man kann nun zwei Dinge darauf antworten: Man kann die Theorie in dem, was sie zu ihrer Umsetzung real erfordert, mit dem abgleichen, was hier im liberalen Rechtsstaat gilt. Dann wird man feststellen, was kompatibel ist und was nicht. Man kann aber auch politisch den Gedankengang anstellen: Wenn die Praktiker einer Theorie aus welchen Gründen auch immer keine Rückschlüsse auf die Theorie zulassen, dann dürfen sich Höcke & Co. aber auch wieder am vornationalsozialistischen Faschismus versuchen, denn dann wäre der Nationalsozialismus für den Faschismus die Entartung, die der leninistische/stalinistische Kommunismus für den Sozialismus war.
Sprichst du jetzt von einer Art "konservativen Revolution"?
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Nov 2018, 15:06)

Das ist die Frage der Wertung der Gesellschaftsutopien ...

Mir gehts um eine andere Frage: Sind (zum Beispiel) die Dokumente zum 8. Parteitag der SED mit seiner "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" eine seriöse und ernsthafte Schrift, die die realen Verhältnisse in der realen DDR ab 1971 widerspiegeln? Wirklich? Was erfährt man eigentlich wenn man sich einer masoschistischen Selbstkasteiung unterzieht und diese Dokumente tatsächlich liest? Was lässt sich mit Zitaten aus diesen Dokumenten tatsächlich belegen? Was ist über Menschen zu sagen, die glauben, dass sich mit Zitaten aus ausgerechnet diesen Dokumenten etwas pro oder kontra DDR-Wirklichkeit belegen ließe?

Tatsächlich lässt sich durchaus einiges mit solchen Zitaten belegen. Die komplizierten Strategien der Machtfestigung beim Übergang von der Herrschaft der Ulbricht- zur Herrschaft der Honecker-Klicke. Dazu muss man aber wirklich ziemlich Bescheid wissen und einiges an Hintergrundwissen haben.

Die Beurteilung der DDR-Wirklichkeit und nicht der Machtbefestigungsstrategien einer SED-Klicke um das jahr 1970 herum ist dagegegen anhand eben dieser DDR-WIrklichkeit nur wirklich sachkundig zu analysieren.
Ja sicher. Mir ging es aber eben genau um die "Frage der Wertung der Gesellschaftsutopien". Denn genau das wird ja hier in der Diskussion versucht. Und da sehe ich halt sehr viele interessante Ansätze bei Marx und Engels. Was die SED anbelangt, ja, da brauchts Spezialwissen bzw. ausgezeichnetes Hintergrundwissen. Obs eine "Bundeszentrale für politische Bildung" alleine bringt oder eine einzelne Magisterarbeit, das wage ich zu bezweifeln. Ich selbst denke Marx und SED nie zusammen in einem unmittelbaren Kontext oder in einem Atemzug. Dazwischen liegen Welten. Und Dramen. Und Abgründe.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(02 Nov 2018, 15:08)

Sprichst du jetzt von einer Art "konservativen Revolution"?
Das wäre eine (die deutsche) unter diversen vornazistischen Möglichkeiten, an die diejenigen anknüpfen könnten, die nach der Gleichung, wie ich sie aufgemacht habe, verfahren würden. Die italienische oder französische Rechte tut sich dabei sicher leichter als die deutsche.

Man kann aber auch auf beide Theorien (Sozialismus, Faschismus) verzichten, ohne deshalb gleich neo-liberalen oder anarchokapitalistischen Ideen zu verfallen.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(02 Nov 2018, 15:15)

Ja sicher. Mir ging es aber eben genau um die "Frage der Wertung der Gesellschaftsutopien". Denn genau das wird ja hier in der Diskussion versucht.
Da bin ich mir nicht so sicher. Aufhänger war die Rede des britischen konservativen Politikers Syed Kamall, was Sozialismus und Nationalsozialismus sei oder war und worin dabei die Gemeinsamkeiten bestehen. NIcht zuvorderst, worin deren gesellschaftliche Utopien bestehen und enden könnten.

Das Problem dabei besteht darin, dass man die Ideologiekritik an Sozialismus und Nationalsozialismus paradoxerweise mit Ideologie unterlegt. Mit eigener Ideologie und mit Hinweisen auf ideologische Schriften, die eigentlich nur für die Dummen gemacht wurden. Und nicht mit Hinweisen auf tatsächliche soziale Realtitäten, politische Verläufe und verifizierbare Vorfindbarkeiten.

Wenn man es ganz vereinfacht sagen wollte: Der (National)Sozialismus sei genau das und nur das, was (National)Sozialisten über (National)Sozialismus sagen und schreiben. Dass es eine (national)sozialistische Realtität gäbe oder gab sei irrelevant.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von schokoschendrezki »

MäckIntaier hat geschrieben:(02 Nov 2018, 15:25)

Das wäre eine (die deutsche) unter diversen vornazistischen Möglichkeiten, an die diejenigen anknüpfen könnten, die nach der Gleichung, wie ich sie aufgemacht habe, verfahren würden. Die italienische oder französische Rechte tut sich dabei sicher leichter als die deutsche.

Man kann aber auch auf beide Theorien (Sozialismus, Faschismus) verzichten, ohne deshalb gleich neo-liberalen oder anarchokapitalistischen Ideen zu verfallen.
Auch dazu das Gegenargument. Wollen wir über Ideologien oder über Realitäten reden?

Und damit noch mal zurück zum Ausgangspunkt:
I would remind you, when you talk about right-wing extremists, we have to remember that the Nazis were National Socialists. It is a strain of socialism.
Allgemein in den Medien wiedergegeben als
Wir müssen uns daran erinnern, dass Nazis nationale Sozialisten waren. Das ist eine Spielart des Sozialismus.
Ein Übersetzungsproblem oder ein von vornherein bestehender logischer Widerspruch? Strain: Stamm, Spielart, Richtung ... gut. Nazis: konkrete Personen.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Stoner »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Nov 2018, 15:55)

Auch dazu das Gegenargument. Wollen wir über Ideologien oder über Realitäten reden?
Sie können in beiden Fällen eine einfache Antwort geben: Die Praxis beider Ideologien ist empirisch nachweisbar. Die Theorie beider Ideologien hält eine realtranszendente Heilsgewissheit bereit, in der das Glück jedes konkreten Individuums mit der erfolgreichen moralischen Einpassung ins Kollektiv gleichgesetzt ist. Aus dieser Perspektive wären beide in Theorie und Praxis erst einmal vergleichbar. Allerdings lässt das die Historie natürlich außer Acht.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Nov 2018, 15:30)

Da bin ich mir nicht so sicher. Aufhänger war die Rede des britischen konservativen Politikers Syed Kamall, was Sozialismus und Nationalsozialismus sei oder war und worin dabei die Gemeinsamkeiten bestehen. NIcht zuvorderst, worin deren gesellschaftliche Utopien bestehen und enden könnten.
Ja, aber im Verlaufe der Diskussion ging es schon darum, also zumindest unter anderem, auch die Gesellschaftstheorien zu bewerten. Aber gut. Mir wars halt wichtig, zu sagen, dass es unabhängig vom missglückten "real existierenden Sozialismus" durchaus Möglichkeiten gibt, sich marxistische Utopien und Theorien auch heute kritisch anzueignen. Sofern man mag. Wird ja auch gemacht.
schokoschendrezki hat geschrieben: Das Problem dabei besteht darin, dass man die Ideologiekritik an Sozialismus und Nationalsozialismus paradoxerweise mit Ideologie unterlegt.
D'accord. Es tut mir leid, es schwingt bei diesem Tory-Vergleich auch immer so ein Unterton mit, "so schlimm ist die Entwicklung nach rechts doch gar nicht, die Nazis waren doch schon damals alles Sozialisten". Außerdem stehen viele Antworten im Ausgangstext (Thread-Thema) selbst schon drin:

Zitat:

"Wir müssen uns daran erinnern, dass Nazis nationale Sozialisten waren", sagte Kamall, Chef der konservativen EKR-Fraktion, am Mittwoch in Straßburg - und machte klar, dass er die Ähnlichkeit nicht nur im Namen sieht. Der Nationalsozialismus sei "eine Spielart des Sozialismus". Nazis verträten "eine linke Ideologie". "Sie wollen dasselbe wie Sie", sagte der Tory-Abgeordnete in Richtung der sozialdemokratischen S&D-Fraktion.

Im Parlament kam es daraufhin zu tumultartigen Szenen und wütenden Zwischenrufen. Kamall gab sich unbeeindruckt: "Sie mögen die Wahrheit nicht, oder?" Als die Proteste immer lauter wurden, gab sich der Brite entgeistert. "Kommt schon, es nennt sich Nationalsozialismus!", sagte er, während der neben ihm sitzende Ober-Brexiteer Nigel Farage eifrig nickte.

Einige verloren daraufhin die Fassung. "Die ersten, die umgebracht wurden, waren Sozialisten, Sie Idiot!", rief der Sozialdemokrat Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission und sonst eher nicht für emotionale Ausbrüche bekannt. Kamall habe "die Faschisten, die diese Welt in Brand gesteckt haben, in die Nähe meiner politischen Familie gerückt", schimpfte S&D-Fraktionschef Udo Bullmann. Das sei eine "unsägliche Unverschämtheit", "eine Entgleisung" und des EU-Parlaments unwürdig. Sozialdemokraten hätten sich dem Nationalsozialismus entgegengestellt, Hunderttausende von ihnen seien dem Naziterror zum Opfer gefallen...

... SPD-Politiker Bullmann sieht in Kamalls Worten deshalb mehr als eine einmalige Entgleisung. "Wenn jemand, den man bisher für zurechnungsfähig gehalten hat, sagt, dass Nazis Sozialisten sind und das Gleiche wollen wie die sozialdemokratische Bewegung, kann man nicht zur Tagesordnung übergehen", sagte Bullmann im Gespräch mit dem SPIEGEL. "Das ist eine demagogische Verunglimpfung unserer Geschichte." Wer wie Kamall glaube, dass Sozialdemokratie und Nationalsozialismus dieselben Wurzeln hätten, "der verkennt nicht nur, woher der Faschismus kam", so Bullmann. "Er weiß auch nicht, warum die EU gegründet wurde." Das wiederum könne erklären, warum jemand, der einst im EU-Parlament die Tories angeführt hat, "die EU abstreifen will wie ein altes Hemd und nicht begreift, warum er sein Land um dessen Zukunft bringt".

Auch Kommissionsvize Timmermans zeigte sich noch Stunden später im Plenum "emotional getroffen" von Kamalls Bemerkungen. Die Behauptung, Nationalsozialismus sei links, gehöre zwar schon seit Jahren zum Repertoire der extremen Rechten. "Aber mir ist neu, dass der Anführer der Partei von Churchill und Thatcher in diesem Haus sich diese Erzählung zu eigen macht", so Timmermans. "Was ist nur mit der Konservativen Partei geschehen?"


http://www.spiegel.de/politik/ausland/e ... 34936.html

Ergo müsste man hier ja auch eine Diskussion über den Vergleich (Wurzeln, Ziele, Methoden) von Nationalsozialismus und sozialdemokratischer Bewegung führen. Sofern man der Intention des obigen Textes und den Ereignissen im EU-Parlament folgt.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Nov 2018, 14:24)

Hier zeigt sich ein ganz grundlegendes Unverständnis: Die Zerstörung sozialer Strukturen zeigt sich in der Zerstörung sozialer Strukturen. Und nicht in irgendwelchen Manifesten und Schriften. Der wissenschaftliche Weg geht genau anders herum. Er besieht nicht die Vorhersagen eines ziemlich umstrittenen ideologischen "Manifests" und weist dann darauf hin, dass die Realität ja bereits dort gewissermaßen ablesbar ist. Sondern umgekehrt. Er besieht die Realität und versucht einen Zusammenhang zu ideologisch verbrämten politischen Bewegungen herzustellen.
Was ist denn das für eine sinnbefreite Aussage?
Nun - das grundlegende Unverständnis liegt wohl eher bei dir. Wie ich an anderer Stelle bereits schrieb, waren Marx und Engels Junghegelianer. Nach ihrem Verständnis war Geschichte/die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft (Marxsche Geschichtsphilosophie) ein zielegerichteter Vorgang, der bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterlag - den von Hegel entickelten Dialektischen Grundgesetzen. Gem. dem dritten dieser Dialektischen Grundgesetze - dem Gesetz der Negation der Negation - ist die höchste Form der gesellschaftlichen Entwicklung, eine klassenlose Gesellschaft mit gesellschaftlichen/vergesellschaftete Eigentum, wie auch die ursprüngliche menschliche Gesellschaft eine klassenlose Gesellschaft mit Gemeinschaftseigentum gewesen sein soll. Hier verallgemeinert Engels die Aussagen Bachofens und Morgans zu frühgeschichtlichen (Bachofen) bzw indigenen Kulturen (Morgan) und transferiert sie 1:1 in die Zukunft. Aus der vermeintlichen Tatsache, in der Frühgeschichte habe es keine Familienstrukturen gegeben bzw dem Postulat Familienstrukturen stünden in ursächlichem Zusammenhang mit Privateigentum, postliert Engels ebenso, dass sich diese Strukturen in einer klassenlosen Gesellschaft auflösen (würden).
Als Voraussetzung für die Errichtung der/den Übergang zur klassenlosen Gesellschaft bedarf es der Revolution durch das Proletariat. Im Zuge dieser proletarischen Revolution sollen die Ziele (siehe Zitat) durchgesetzt werden. Diese Ziele SIND die Zerstörung sozialer Strukturen - Familienstrukturen SIND soziale Strukturen.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Eulenwoelfchen »

Ich habe mir nun all die Argumente durchgelesen. Es ist ja sogar nun das Geheimnis des Antisemitismus und woher er tatsächlich (oder zumindest wesentlich) seit Marx kommt, durch DA dankenswerterweise auf wissenschaftlicher Basis nachgewiesen... Und auch, wie er - da systemimmanent - seither in der immer mehr nach links driftenden Gesellschaft bis hin zur sog. "Multikultigrün-versifften, natürlich linken" Jetztzeit überdauern und virulent sein konnte. konnte. Klar ist damit natürlich auch, dass der Antisemitismus gerade in den sog. neuen Ländern besonders deutschliche, fröhliche Urständ feiert. Der Antisemitismus im real existierenden Sozialismus des Arbeiter- und Bauernstaates verfehlte seine (systemimmanente) Wirkung nicht.

Also halten wir fest. Nach Dark Angel und anderen haben Edmund Stoiber und er britische Thorymann recht: Der Nationalsozialismus war in erster Linie Sozialismus.
Wenn man zugrunde legt, das der Tod der tatsächliche und einzig wahre, real existierende Sozialist war und ist, dann waren die Nationalsozialisten sicher das eindrücklichste Beispiel für Sozialismus, oder seine Spielarten.
Und, das bliebe auch noch als Schlußresümée: Alles war recht ist ...öhm...rechts, ist natürlich nicht sozialistisch und rechte Rassisten, AfD-Extremisten, völkische Nationalisten, Rassisten sind alle keine Sozialisten. Also freuen wir uns, dass nicht nur hier in D die Welt immer weiter nach rechts dreht. Und rechte bis rechtsextreme politische Positionen endlich ihre streng wissenschaftlich erbrachte Rehabilitierung erfuhren. Hier in diesem Thread.

Danke und q.e.d. ... oder was auch immer. Schlimmer geht schließlich immer... :dead:
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Nov 2018, 14:37)

Aus einem wikipedia-Artikel zur Wannsee-Konferenz:

Das Projekt der (beabsichtigten) endgültigen Vernichtung der JUden hängt unmittelbar mit dem sich offensichtlich abzeichnenden Scheitern des 2. Weltkriegs für Deutschland zusammen. Die wirklichen historischen und politischen Zusammenhänge sind immer nur aus den wirklichen historischen und politischen Handlungsverläufen ablesbar. Und nicht aus den ideologischen Schriften. Nicht aus der Bibel, der Tora, dem Koran, dem Kommunistischen Manifest oder Hitlers "Mein Kampf". Man kann diese Schriften quasi fakultativ und zur Wissenserweiterung studieren. Gemacht sind sie aber für die Dummen.
Anders als die späteren Historiker wußten die Nazis im Herbst 1941 zwar noch nicht, daß sich ihre Niederlage im 2. Weltkrieg abzeichnete, aber sie haben sich schon mal vorsorglich gedacht: "Scheiße, wir verlieren den Krieg. Jetzt rotten wir halt die Juden aus."
Daß die Ausrottung zu einem Zeitpunkt begann, als sich die Niederlage auch im Rückblick noch nicht abzeichnete, spielt keine Rolle. Es spielt auch keine Rolle, daß überhaupt kein kausaler Zusammenhang zwischen absehbarer Niederlage und Judenvernichtung besteht.
Entscheidend ist, daß der Holocaust mit einem Antisemitismus, der die Juden zu Rassenungeziefer erklärt, das vernichtet werden muß, nichts zu tun haben darf. Das ergibt zwar keinen Sinn, wirkt aber irgendwie schlau. In der Selbstwahrnehmung.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Zunder »

Dark Angel hat geschrieben:(31 Oct 2018, 16:22)

Um nochmal auf deine Behauptung, du habest irgend etwas widerlegt zurückzukommen:
Wie bereits erwähnt, kann marxistische Ideologie nicht ohne Erweiterungen, Modifikationen und Interpretationen betrachtet werden - vor allem nicht ohne die Erweiterungen durch Lenin (und Co.)

". Wie auch beim Antisemitismus sei Lenins Weltbild aber von einem „strikten Manichäismus“ geprägt gewesen - das Weltgeschehen könne nur unter der Prämisse des Klassenkampfes begriffen und bewertet werden und erschöpfe sich vollends darin.
Jeder klassenlose Ansatz zur Klärung oder Lösung gesellschaftlicher oder globaler Phänomene sei dementsprechend
kategorisch abgelehnt worden. Darüber hinaus habe Lenin im Zuge des Ersten Weltkriegs sein dichotomes Weltbild zunehmend personifizierend aufgeladen. Der „absolute Feind“ sei nicht mehr abstrakt durch „das Kapital“ umschrieben,
sondern mit Begriffen wie „Spekulanten“, „Bankiers“, „Finanzkönige“ und „Monopolisten“ vermenschlicht worden. Die Personifizierung des Feindes habe letztlich der Konstruktion der eigenen, positiv bewerteten Identität der Wir - Gruppe (Proletariat, Werktätige) gedient, womit eine – wenn auch vermutlich unbeabsichtigte – funktionale Affinität zum Antisemitismus geschaffen wurde. Mit der Machtübernahme der Bolschewiki und dem Ausbleiben einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage hätten Qualität und Quantität der personifiziert - manichäischen Erklärungsmuster nur zugenommen.
Haury warnt zwar davor, Lenins Denken „mit dem spätstalinistischen Antizionismus oder mit Antisemitismus“ gleichzusetzen, weist aber ebenso deutlich darauf hin, dass die strukturellen „Affinitäten der Leninschen Ideologie zum antisemitischen Denken [...] offene Türen und eine Ausgangsbasis [schufen], die eine Amalgamierung mit antisemischen
Denkmustern ermöglichte.“
Auch Bergmann attestiert dem marxistisch-leninistischen Denken eine „Strukturähnlichkeit [...] mit der ideologischen Grundstruktur des Antisemitismus."
Quelle


Ok - jetzt kann man natürlich trefflich darüber streiten ob "Affinität zum Antisemitismus" inetwa gleichbedeutend mit "ideolgieimmanent" ist.
Man braucht überhaupt nicht darüber zu streiten, ob die "strukturelle Affinität" irgendwas mit Antisemitismus zu tun hat, weil es sich dabei um ein rein formales Kriterium handelt.
Ein manichäisches Weltbild, bei dem die Juden im Töpfchen mit den Guten landen, hat die gleiche strukturelle Affinität, ist aber nicht antisemitisch.

Zu den "Erweiterungen, Modifikationen und Interpretationen" der Marx'schen Theorie gehören neben Trotzki auch Rosa Luxemburg oder die Frankfurter Schule.
Du wirst dort keinen theorieimmanenten Antisemitismus finden. Im Gegenteil.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Selina »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(02 Nov 2018, 22:30)

Ich habe mir nun all die Argumente durchgelesen. Es ist ja sogar nun das Geheimnis des Antisemitismus und woher er tatsächlich (oder zumindest wesentlich) seit Marx kommt, durch DA dankenswerterweise auf wissenschaftlicher Basis nachgewiesen... Und auch, wie er - da systemimmanent - seither in der immer mehr nach links driftenden Gesellschaft bis hin zur sog. "Multikultigrün-versifften, natürlich linken" Jetztzeit überdauern und virulent sein konnte. konnte. Klar ist damit natürlich auch, dass der Antisemitismus gerade in den sog. neuen Ländern besonders deutschliche, fröhliche Urständ feiert. Der Antisemitismus im real existierenden Sozialismus des Arbeiter- und Bauernstaates verfehlte seine (systemimmanente) Wirkung nicht.

Also halten wir fest. Nach Dark Angel und anderen haben Edmund Stoiber und er britische Thorymann recht: Der Nationalsozialismus war in erster Linie Sozialismus.
Wenn man zugrunde legt, das der Tod der tatsächliche und einzig wahre, real existierende Sozialist war und ist, dann waren die Nationalsozialisten sicher das eindrücklichste Beispiel für Sozialismus, oder seine Spielarten.
Und, das bliebe auch noch als Schlußresümée: Alles war recht ist ...öhm...rechts, ist natürlich nicht sozialistisch und rechte Rassisten, AfD-Extremisten, völkische Nationalisten, Rassisten sind alle keine Sozialisten. Also freuen wir uns, dass nicht nur hier in D die Welt immer weiter nach rechts dreht. Und rechte bis rechtsextreme politische Positionen endlich ihre streng wissenschaftlich erbrachte Rehabilitierung erfuhren. Hier in diesem Thread.

Danke und q.e.d. ... oder was auch immer. Schlimmer geht schließlich immer... :dead:
Schöne Parodie :D :thumbup: Wenns nicht so ernst wäre und die Urheber solcher "Theorien" nicht auch wirklich selbst dran glauben würden, könnte man eigentlich herzhaft lachen darüber ;)
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BlueMonday
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Re: Re:

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Nov 2018, 14:09)
Was allerdings interessant und durchaus eine Parallele ist: DIese Utopie eines dritten, tausendjährigen Reichs bei den Nazis wich im Verlauf des 2. Weltkriegs zunehmend in der Relevanz der Frage der Vernichtung der Juden .. Das dritte Welt-Reich erwies sich schnell und sehr viel früher als propagiert als nicht realisierbare Utopie. Die Vernichtung der Juden konnte man ersatzweise und realiter dagegen schon angehen. Und hat es ja auch leider getan.

Der reale Sozialismus wiederum hat ebenfalls die Utopie einer klassenlosen kommunistischen Gesellschaft aufgegeben. Und dafür gibt es auch einen ganz einfachen Grund: In der klassenlosen kommunistischen Gesellschaft nach Marx verschwindet der Staat. Bitte? Kommunismus ohne Stasi, SED und Abschnittsbevollmächtigte?

Die Parallelität besteht also nicht inhaltlich sondern darin, dass ideologisch verbrämte Utopien als "Ideologien" in die Welt gesetzt werden, von Dummköpfen sowohl auf der Anhänger- wie auch auf der Gegnerseite geglaubt und ernst genommen werden und dann aber im Hintergrund durch ganz schnöde und schlichte Machterhaltungskämpfe ersetzt werden. Vorgänge, dIe von diesen Dummköpfen beiderlei Coleur nicht begriffen werden.
Wirklichkeit und Anspruch, Sein und Sollen sind nun nie deckungsgleich. Aber der Anspruch ist das Maß an dem man die Wirklichkeit misst. Deshalb gibt es ja auch begriffliche Vorstellungen wie Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit.
Ist es dumm, einem Staat eine Verfassung zu geben, ihn in seiner Handlungssphäre gedanklich zu limitieren, zu fixieren? Naiv ist dann allenfalls der Glaube, dass so eine Verfassung unumstößlichen Schutz bieten könne, dass sie nicht verändert oder obsolet und weggefegt werden könne. Aber was bliebe ohne jeden Anspruch, ohne jede moralische Fixierung, ohne ein Leitthema, ohne ein Prinzip übrig? Bloßes Belieben wohl .
Sicher kann man dann drüber spekulieren, ob der "body count" bei reiner Beliebigkeit ohne moralische Fokalpunkte höher oder niedriger wäre.

Und die Idee eines LIberalismus führt dann nun doch zu anderen Wirklichkeiten als die Idee von sozialistischer Zentralplanwirtschaft&Co.
"Gemeinwohl geht über Eigennutz." Das ist die offene antiindividualistische Leitidee aller relevanter Sozialismen. In dieser reinen Idee steckt ja schon ein Widerspruch und ein Anspruch ggü. dem Einzelinteresse. Mit dieser Idee will man den Skrupel vor dem Zugriff oder Übergriff beenden. Das ist ja eine überaus wirkmächtige, real wirksame Idee, die tief selbst in unsere heutige, jetztige Gesellschaft vorgedrungen ist. Dass die Idee des "Allgemeininteresses" eine nicht einzulösene Fiktion ist, bleibt davon ja unberührt: gerade dass man gegen das einzelne Interesse vorgehen muss, dass es zurückstehen muss, offenbart ja, dass es gar nicht um ein Allen gemeines Interesse geht. Beim Nationalsozialismus nicht und auch nicht bei den marxistischen Varianten. Solche Ideen führen dann bis zum großräumigen Einschluss von fliehenden Menschen oder umgekehrt zur physischen Entfernung von Menschen bishin zu ihrer Vernichtung.

Kurz gesagt: ideas matter. Was längst nicht immer bedeuten muss, dass eine Verwirklichung einer Idee sich dem verhießenen Paradies nähert - statt in einer Hölle auf Erden zu enden.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Eulenwoelfchen

Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Eulenwoelfchen »

Selina hat geschrieben:(03 Nov 2018, 00:30)

Schöne Parodie :D :thumbup: Wenns nicht so ernst wäre und die Urheber solcher "Theorien" nicht auch wirklich selbst dran glauben würden, könnte man eigentlich herzhaft lachen darüber ;)
Ja, lachen ist gesund. Sehr. Und manchmal hilft nur Humor als Verarbeitungskrücke. ;) :D

---
just my few cents:
Ich finde es halt sehr gefährlich, wenn sogenannte "wissenschaftliche Argumentation" und deren Einzelnachweise irgendwann daraus eine Botschaft entwickeln. Selbst ideologisch werden,
und dabei übersehen oder negieren, wie gefährlich es ist, so manche rechte bis ultrarechte Sichtweisen mit "wissenschaftlicher Beweiskraft" scheinbar zu bestätigen. Ob den nur streng wissenschaftlich
betrachenden Protagonisten/-innen dies bewusst ist oder gar nicht auffällt, will ich nicht diskutieren. Auch nicht kritisieren. Ich nehme es - für mich - nur so wahr.

Jedenfalls halte ich von der Schlüssigkeit der Systemimmanenz, i.e. der Marxismus/Sozialismus sei per se eine antisemitische Ideologie, für eine gewagte Interpretation. Egal, wie sehr sich der gebürtige Jude
Marx womöglich selbst dafür hasste, dies auch unstrittig zum Ausdruck brachte. Aus seiner Haut nicht rauskonnte. Sprich, sich und seine Herkunft, und all das, was er mit genereller Gesellschaftskritik analysierte, stellvertretend an Judentum beispielhaft festmachte - als jene Eigenschaften des Schacherns, Handelns als besondere jüdische Eigenheit. Und entsprechend daraus ableitete, diese Juden hätten nur einen Gott, den des Mammons.

Wieweit der zum evangelisch-lutherischen Glauben konvertierte Jude Marx deshalb besonders verstärkt auch anfällig dafür gewesen ist, auch damals schon jahrhundertealten antisemitischen Ressentiments noch stärker aufzusitzen, lasse ich offen. Er sozusagen die Symbolkraft des Antisemitimus nutzte, dieses allgemeine, weltweite bzw. damals besonders europaweit-dominante, kapitalistische, kolonialistische und damit ausbeutende Handeln
am Beispiel der Juden zu beschreiben. Als einer, der dem eigenen "Stall" gegenüber nicht blind sei.

Dass der schnöde Mammon, das Handeln und Schachern, also andere zu unterwerfen und zu unterdrücken, eine allgemeine, weltweit grassierende, menschliche Wesensart ist, möglichst breitflächig regelrecht zu versklaven und gerissen über den Tisch zu ziehen, um daraus eigenen (geldwerten und machtgenerierenden) Vorteil zu ziehen, übersah der Herr Marx vermutlich. Oder auch nicht. Schließlich beschränkte oder verortete er die Ursachen und Urheber des sog. zügellosen Steinzeitkapitalismus (oder auch des Manchesterkapitalismus) nicht auf das Handeln und Wirken der Juden. Die sprichwörtlichen arabischen Teppichhändler oder auch die kaptitalistisch-feudalen Herrschafts- und Kolonialisationseliten weltweit, besonders aber damals in Europa als rein judengesteuert und befeuert darzustellen, war wohl selbst für Marxens Karlchen zuviel des "Guten"...
Gerade das Judentum, sowohl seine als - einzige der drei monotheistischen Weltreligionen nicht missionierende!" - als auch das Volk der Juden taugen als Inkarnation allfälliger Eroberungs-, Ausbeutungs- und Unterwerfungssucht am allerwenigsten. Historisch unschwer nachweisbar lag diese Faktenlage auch schon zu Lebzeiten des Karl Marx unübersehbar auf dem Tisch des halbwegs sehenden Menschen, der für sich reklamierte,
über den üblichen Tellerrand hinausgucken zu können.

Aber wenn man denn schon, wie angeklungen, den sich selbsthassenden Antisemiten Karl Marx als Beleg dafür nimmt, dass deshalb auch seine gesellschaftspolitischen Analysen und der theoretische Marxismus
antisemitisch sein "müssen", dann kann man auch behaupten, dass der evanglische Glaube eine antisemitische Religion sei. Systemimmanent, weil von Martin Luther, ein ebenso einschlägigen Antisemiten, aus der Taufe gehoben, der ausserdem kein gebürtiger Jude war.
Aber muss deshalb der Evangelische, protestantische Glaube eine antisemitische Religion sein? Sind damit auch all jene Gläubigen, die sich der Luther'schen Glaubensrichtung, der Abspaltung von Rom und dem kapitalistisch-korrupten Papst anschlossen und bis heute diesen
ablehnen, einer systemimmanent antisemitischen Religion nachlaufend? - Und viele von ihnen das auch heute noch nicht einmal bemerken. Oder bezüglich Luthers Leichen im Keller lieber gleich weggucken.

Ist der evangelische Glaube deshalb antisemitisch, nur weil Luther einer war? - Ist es undenkbar, dass ein "dummer", antisemtischer Bauer nicht doch eine große Kartoffel ausgraben kann, eine neutrale,
sortenreine, die einfach nach Kartoffel schmeckt und nicht nach versteckten Botschaften, die da heissen: "In jeder Sozialistischen Kartoffel sitzt ganz tief drin der Erdapfeladolf, der antisemitische Naziwurm". ;)

Schönen Sonntag allseits. :)
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von PeterK »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(04 Nov 2018, 14:58)
just my few cents: ...
Gemessen an dem Original ("two cents") entspricht Dein "Beitrag" wohl eher "20 dollars".
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Dark Angel
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(02 Nov 2018, 22:30)

Ich habe mir nun all die Argumente durchgelesen. Es ist ja sogar nun das Geheimnis des Antisemitismus und woher er tatsächlich (oder zumindest wesentlich) seit Marx kommt, durch DA dankenswerterweise auf wissenschaftlicher Basis nachgewiesen... Und auch, wie er - da systemimmanent - seither in der immer mehr nach links driftenden Gesellschaft bis hin zur sog. "Multikultigrün-versifften, natürlich linken" Jetztzeit überdauern und virulent sein konnte. konnte. Klar ist damit natürlich auch, dass der Antisemitismus gerade in den sog. neuen Ländern besonders deutschliche, fröhliche Urständ feiert. Der Antisemitismus im real existierenden Sozialismus des Arbeiter- und Bauernstaates verfehlte seine (systemimmanente) Wirkung nicht.

Also halten wir fest. Nach Dark Angel und anderen haben Edmund Stoiber und er britische Thorymann recht: Der Nationalsozialismus war in erster Linie Sozialismus.
Wenn man zugrunde legt, das der Tod der tatsächliche und einzig wahre, real existierende Sozialist war und ist, dann waren die Nationalsozialisten sicher das eindrücklichste Beispiel für Sozialismus, oder seine Spielarten.
Und, das bliebe auch noch als Schlußresümée: Alles war recht ist ...öhm...rechts, ist natürlich nicht sozialistisch und rechte Rassisten, AfD-Extremisten, völkische Nationalisten, Rassisten sind alle keine Sozialisten. Also freuen wir uns, dass nicht nur hier in D die Welt immer weiter nach rechts dreht. Und rechte bis rechtsextreme politische Positionen endlich ihre streng wissenschaftlich erbrachte Rehabilitierung erfuhren. Hier in diesem Thread.

Danke und q.e.d. ... oder was auch immer. Schlimmer geht schließlich immer... :dead:
NEIN - halten wir NICHT fest, denn dergleichen habe ich nirgends behauptet!
Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass beide Ideologien Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufweisen und diese herauszuarbeiten sind. Antisemitismus als (eine) Gemeinsamkeit beider politischer Ideologien besagt NICHT, dass beide Ideologien "eindruckvolle Beispiele für Sozialismus" seien, wenn die Unterschiede unberücksichtigt bleiben.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
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Dark Angel
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Dark Angel »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(04 Nov 2018, 14:58)

Ja, lachen ist gesund. Sehr. Und manchmal hilft nur Humor als Verarbeitungskrücke. ;) :D

---
just my few cents:
Ich finde es halt sehr gefährlich, wenn sogenannte "wissenschaftliche Argumentation" und deren Einzelnachweise irgendwann daraus eine Botschaft entwickeln. Selbst ideologisch werden,
und dabei übersehen oder negieren, wie gefährlich es ist, so manche rechte bis ultrarechte Sichtweisen mit "wissenschaftlicher Beweiskraft" scheinbar zu bestätigen. Ob den nur streng wissenschaftlich
betrachenden Protagonisten/-innen dies bewusst ist oder gar nicht auffällt, will ich nicht diskutieren. Auch nicht kritisieren. Ich nehme es - für mich - nur so wahr.

Jedenfalls halte ich von der Schlüssigkeit der Systemimmanenz, i.e. der Marxismus/Sozialismus sei per se eine antisemitische Ideologie, für eine gewagte Interpretation. Egal, wie sehr sich der gebürtige Jude
Marx womöglich selbst dafür hasste, dies auch unstrittig zum Ausdruck brachte. Aus seiner Haut nicht rauskonnte. Sprich, sich und seine Herkunft, und all das, was er mit genereller Gesellschaftskritik analysierte, stellvertretend an Judentum beispielhaft festmachte - als jene Eigenschaften des Schacherns, Handelns als besondere jüdische Eigenheit. Und entsprechend daraus ableitete, diese Juden hätten nur einen Gott, den des Mammons.

Wieweit der zum evangelisch-lutherischen Glauben konvertierte Jude Marx deshalb besonders verstärkt auch anfällig dafür gewesen ist, auch damals schon jahrhundertealten antisemitischen Ressentiments noch stärker aufzusitzen, lasse ich offen. Er sozusagen die Symbolkraft des Antisemitimus nutzte, dieses allgemeine, weltweite bzw. damals besonders europaweit-dominante, kapitalistische, kolonialistische und damit ausbeutende Handeln
am Beispiel der Juden zu beschreiben. Als einer, der dem eigenen "Stall" gegenüber nicht blind sei.

Dass der schnöde Mammon, das Handeln und Schachern, also andere zu unterwerfen und zu unterdrücken, eine allgemeine, weltweit grassierende, menschliche Wesensart ist, möglichst breitflächig regelrecht zu versklaven und gerissen über den Tisch zu ziehen, um daraus eigenen (geldwerten und machtgenerierenden) Vorteil zu ziehen, übersah der Herr Marx vermutlich. Oder auch nicht. Schließlich beschränkte oder verortete er die Ursachen und Urheber des sog. zügellosen Steinzeitkapitalismus (oder auch des Manchesterkapitalismus) nicht auf das Handeln und Wirken der Juden. Die sprichwörtlichen arabischen Teppichhändler oder auch die kaptitalistisch-feudalen Herrschafts- und Kolonialisationseliten weltweit, besonders aber damals in Europa als rein judengesteuert und befeuert darzustellen, war wohl selbst für Marxens Karlchen zuviel des "Guten"...
Gerade das Judentum, sowohl seine als - einzige der drei monotheistischen Weltreligionen nicht missionierende!" - als auch das Volk der Juden taugen als Inkarnation allfälliger Eroberungs-, Ausbeutungs- und Unterwerfungssucht am allerwenigsten. Historisch unschwer nachweisbar lag diese Faktenlage auch schon zu Lebzeiten des Karl Marx unübersehbar auf dem Tisch des halbwegs sehenden Menschen, der für sich reklamierte,
über den üblichen Tellerrand hinausgucken zu können.

Aber wenn man denn schon, wie angeklungen, den sich selbsthassenden Antisemiten Karl Marx als Beleg dafür nimmt, dass deshalb auch seine gesellschaftspolitischen Analysen und der theoretische Marxismus
antisemitisch sein "müssen", dann kann man auch behaupten, dass der evanglische Glaube eine antisemitische Religion sei. Systemimmanent, weil von Martin Luther, ein ebenso einschlägigen Antisemiten, aus der Taufe gehoben, der ausserdem kein gebürtiger Jude war.
Aber muss deshalb der Evangelische, protestantische Glaube eine antisemitische Religion sein? Sind damit auch all jene Gläubigen, die sich der Luther'schen Glaubensrichtung, der Abspaltung von Rom und dem kapitalistisch-korrupten Papst anschlossen und bis heute diesen
ablehnen, einer systemimmanent antisemitischen Religion nachlaufend? - Und viele von ihnen das auch heute noch nicht einmal bemerken. Oder bezüglich Luthers Leichen im Keller lieber gleich weggucken.

Ist der evangelische Glaube deshalb antisemitisch, nur weil Luther einer war? - Ist es undenkbar, dass ein "dummer", antisemtischer Bauer nicht doch eine große Kartoffel ausgraben kann, eine neutrale,
sortenreine, die einfach nach Kartoffel schmeckt und nicht nach versteckten Botschaften, die da heissen: "In jeder Sozialistischen Kartoffel sitzt ganz tief drin der Erdapfeladolf, der antisemitische Naziwurm". ;)

Schönen Sonntag allseits. :)
Du machst zwei entscheidende Fehler: 1. setzt du religiös begründeten Antijudaismus/Judenfeindlichkeit mit politischem Antisemitismus gleich und 2. reduzierst du religiös begründeten Antijudaismus auf Luther und die evangelische Kirche.
Politischer Antisemitismus ist aus religiös motiviertem Antisjudaismus entstanden bzw wurde aus diesem entwickelt, beim religiös motivierten Antijudaismus/Judenfeindlichkeit hingegen musst du zurück gehen bis zu den frühren Kirchenvätern des 4./5. Jh. ==> Stichwort Christusmörder - streng genommen sogar bis zum so genannten "Zwischenfall von Antiochia" im 1. Jh.
So wenig wie man Luther zum "Erfinder des Antisemitismus" stilisieren kann, so wenig kann man Marx des Selbsthass bezichtigen.
Interessanterweise finden sich Stereotype und Klischees über Juden, die Marx in seiner Schrift "Zur Judenfrage" in den späteren Kapitalismuskritiken - insbesondere der Kommunisten - und sie finden sich in der so genannten Imperialismuskritik der "real existierenden sozialistischen Staatengemeinschaft" wieder. Daran ändert sich auch nicht viel, wenn (von Kommunisten) krampfhaft versucht wird zwischen "berufstätigen Juden" und "Kapitalisten" zu unterscheiden, Antisemitismus somit selektiv betrieben wird.
Wenn von ideologieimmanentem Antijudaismus/Antisemitismus bei Marx die Rede ist, darf nicht vergessen werden, dass Marx "ein Kind der Aufklärung" ist und Antijudaismus in der Schriften der Philosophen der Aufklärung bei Kant, Fichte und Hegel allgegenwärtig. Sehr gut beschrieben in dieser Textsammlung.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Eulenwoelfchen

Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Eulenwoelfchen »

Dark Angel hat geschrieben:(04 Nov 2018, 16:36)

Du machst zwei entscheidende Fehler: 1. setzt du religiös begründeten Antijudaismus/Judenfeindlichkeit mit politischem Antisemitismus gleich und 2. reduzierst du religiös begründeten Antijudaismus auf Luther und die evangelische Kirche. [/url]
Ich werde Sie keinesfalls an ihren individuellen Schlußfolgerungen hindern oder sonstwie in ihre individuelle Meinungsfreiheit hineinpfuschen. Wenn Sie also Pkt. 1 und Pkt.2 so behaupten bzw. interpretieren wollen, bitteschön. Meinen nichtreligiösen Segen haben Sie! :D

Ich kenne und schätze die Verlautbarungen des Herrn Samuel Salzborn...

Vielleicht nur soviel: Ich habe mal eine besonders den monotheistischen Religionen zugewandten Religionswissenschaftlerin gefragt,
woher Antisemitismus denn käme? Dieser offenkundig "menschheitsimmanente" Judenhass, egal ob man ihn als Antijudaismus oder als "politischen" Antisemitismus fassen und in seinen Ursachen verorten will.

Ihre Antwort war, ich weiss es nicht. Niemand weiss es wirklich. Fest steht nur, der Hass auf Juden ist da. Egal wie man ihn "definiert", ist er am Ende des Tages einfach nur schlimm. Und im Ergebnis,
selbst für die angeblich so großartige Denkleistung von Philosophen oder auch politischen Geistesgrößen und ihren Begründungen - sei das in ihren Augen beschämend schwach und allenfalls
als Spielwiese des gedachten Horrors erklärbar. Vor der auch geistige und intellektuelle Schwergewichte nicht gefeit scheinen.

Sie habe sich deshalb abgewöhnt, zwischen Antijudaismus, politischen Antisemitismus oder rein emotionalen, dumpfen und nicht begründeten Judenhass zu unterscheiden. Für sie sei das mittlerweile reine, intellektuelle Korinthenkackerei. Egal, für wie dumm oder ungebildet man sie halten möge. Am Ende des Tages bliebe nämlich nur eines übrig: Judenhass und das beliebte Spielchen, die Juden, ihre Religion oder auch beide für jede menschliche Entgleisung auf diesem Planeten verantwortlich zu machen.

Warum? Weil sie Juden sind.
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Re: Tory-Politiker erinnert an das "Sozialismus" im Nationalsozialismus

Beitrag von Vongole »

@ Eulenwölfchen

Die Religionswissenschaftlerin hat recht, es gibt einfach keine Ursache für Judenhass.

Allerdings verstehe ich nicht, warum Du das hier in diesem Thread schreibst, so wahr es auch ist.
DA hat lediglich herausgearbeitet, dass Antisemitismus als eine Gemeinsamkeit beider Ideologien anzusehen ist, und das ist nun mal Tatsache.
Weder sie, und auch sonst niemand, hat behauptet, dass eine dieser Ideologien die Ursache für Antisemitismus sei.
Am Yisrael Chai

"It's God's job to judge the terrorists, it's our duty to arrange that meeting." (IDF)
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