Selbstverständlich genügt das Gegenbeispiel eines einzigen sozialistischen Theoretikers, um die pauschale Behauptung, der Antisemismus sei dem Sozialismus immanent, zu widerlegen.Dark Angel hat geschrieben:(30 Oct 2018, 11:50)
Gar nichts hast du widerlegt!
Ob Antisemitismus ideologieimmanent ist, lässt sich nicht an einzelnen Personen festmachen, sondern daran als Judentum betrachtet und gleichgesetzt wird.
Die Grundlage dafür liefert Marx in seiner Schrift "Zur Judenfrage" - indem er Judentum mit "Schacher", Eigennutz, "Finanzkapital" etc gleichsetzt - also genau mit dem, was es zu bekämpfen, wovon es sich zu befreien galt.
Entsprechend selektiv fiel in den Parteien, die sich zum Marxismus bekannten, auch die Bekämpfung des Antisemitismus aus.
"Eine Reflexion über die Geschichte der Juden in Europa zieht sich wie ein roter Faden durch die theoretischen Schriften der Sozialisten seit Karl Marx' Darstellung "Zur Judenfrage". An dieser Debatte beteiligten sich auch zahlreiche Revolutionäre jüdischer Herkunft ... Sie verstanden sich weder als Juden noch als konvertierte Juden, sondern als Atheisten und Kommunisten ...
In einer vielbeachteten Streitschrift aus dem Jahr 1931 versuchte Otto Heller, der sich ausschließlich als Kommunist an seine Leser wandte, dem Klassengegener in vorauseilender Rhetorik die Waffe des Antisemitismus aus der Hand zu schlagen. "Der Untergang des Judentums sei", so der Autor, der erwünschte "Untergang" des "jüdischen Händlers". Heller personalisierte, in der radikalisierten Sprache des Marxismus, das Dogma der Assimilation." [...]
Quelle
Und genau da isser, der ideologieimmanente Antisemitismus des Marxismus - gar nichts hast du widerlegt!
Abgesehen davon, dürfte es nicht ganz leicht sein, in programmatischen Schriften von Marx tatsächlich Antisemitismus nachzuweisen. Diese polemischen Pamphlete, von denen Marx 13 Stück pro Dutzend geschrieben hat, belegen allenfalls eine persönliche Aversion, aber keine theoretisch fundierte Feindschaft.
Eine Ideologie, die auf der Klassentheorie beruht, kann vernünftigerweise gar nicht antisemitisch sein, da die Juden nunmal kein Klasse sind. Das schließt natürlich nicht aus, daß linke Antisemiten die Juden als repräsentativ für die Zirkulationsphäre kollektiv anfeinden. Wenn aber Marx in seinem Pamphlet "Zur Judenfrage" schreibt
"Die Juden haben sich insoweit emanzipiert, als die Christen zu Juden geworden sind.",
dann sind "die Juden" ja wohl offensichtlich nicht reale Juden, sondern die Metapher für das Kapital, dem sich auch die Christen unterworfen haben.
Da es also keinen Unterschied mehr zwischen Juden und Christen gibt, wäre diese Schrift nicht nur antisemitisch, sondern auch antichristlich.
Es geht aber gar nicht um Juden und Christen. Es geht um die Vergöttlichung des Geldes.
Antisemitisch ist dieses Pamphlet nicht, weil es die Juden in toto vermeintlich zu Geldjuden machen würde.
Als antisemitisch wird es gelesen, weil Marx die Juden als Metapher für das Kapital benutzt.
Marx wäre übrigens ein merkwürdiger Antisemit. Immerhin hat er sich für die Emanzipation der Juden eingesetzt.
Der Theorie immanent kann der Antisemitismus bei religiös begründeten Ideologien sein, bei völkisch-nationalistischen oder im brutalsten Fall bei rassistischen.
Bei klassentheoretischen Ideologien ergibt das keinen Sinn.