H2O hat geschrieben:(22 Oct 2019, 13:35)
Ich weiß ja aus vorangehenden Beiträgen, daß Sie nichts von einer stetig sich vertiefenden Union in Europa halten. Darauf können Europäer aber keine Rücksicht nehmen. Wir entwickeln unsere europäische Union Schritt für Schritt mit allen guten Zutaten einer Demokratie dieser Größe. Es ist ja nicht so, daß alle Menschen einfältig und international unerfahren sind, die diesen Weg als den richtigen erkannt haben und ihn verfolgen. Verdächtigungen der vorgefundenen Art sind völlig haltlos; die weise ich zurück.
Überlegst du überhaupt bei dem, was du so von dir gibst?
Ich habe den Text eines Polit
wissenschaftlers, der zudem noch
Professor für Vergleichende Politikwissenschaft und Demokratieforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin ist, verlinkt und dir fällt nichts Besseres als irgendwelche realitätsfernen Utopien ein.
Den verlinkten Text hast du offensichtlich NICHT gelesen, andernfalls hättest du nachdenken müssen, statt so schnell zu antworten, aber ich gebe gerne Nachhilfe zum Thema - ich zitiere aus meinem Link:
"Kosmopoliten reklamieren nicht zu Unrecht eine moralische Überlegenheit ihrer Sensibilität in Menschenrechts- und Flüchtlingsfragen. Haben sie aber auch das bessere Demokratiekonzept? Daran ist zu zweifeln. Kosmopoliten optieren,
wenn sie nicht realitätsentrückt für eine demokratische Weltregierung, Weltparlamente und eine Weltzivilgesellschaft votieren, für eine bereitwillige Abgabe nationalstaatlicher Souveränitätsrechte an internationale Organisationen und
supranationale Regime. Dies gilt von den Vereinten Nationen bis zur Europäischen Union, ...
Der Nationalstaat müsse sich abfinden, in ein Mehrebenensystem effizienten Regierens eingebunden zu werden. Effizienz und
Effektivität überstaatlichen Handelns werden zum legitimatorischen Fluchtpunkt der Souveränitätsteilung. ...
Kelsen benutzt dieses Argument explizit dazu, um nationalstaatliche Demokratien von Diktaturen abzugrenzen. Im
Extremfall würde das Betroffenheitsargument in der vernetzten Welt des 21. Jahrhunderts dazu führen, dass der ganze Rest der Welt stets auch bei den Entscheidungen der USA mit zu reden hat, da diese meist auch den Rest der Welt betreffen. Die Forderung mag normativ begründbar sein, politisch ist sie ebenso sinnlos wie naiv.
Die supranationale Ausdehnung der Demokratie hat Kosten. Je größer und komplexer politische Räume sind, umso weniger lassen sie sich demokratisch regieren, wie der Doyen der Demokratieforschung, Robert Dahl, überzeugend darlegte. Zentrale normative Güter der Demokratie wie die gleichberechtigte Partizipation der Bürger, die Transparenz und Zurechenbarkeit politischer Ent-
scheidungen, der Parlamentsvorbehalt oder die vertikale und horizontale Herrschaftskontrolle lassen sich in der Tat weit weniger überzeugend jenseits des Nationalstaats als in seinen Grenzen realisieren. Auch Kosmopoliten würden dies wohl nicht abstreiten. ...
Wir entwickeln gar nichts, vor allem KEINE
"guten Zutaten einer Demokratie dieser Größe."!
Was sich da ergibt sind
"Zutaten zu einer Diktatur", genau wie Merkel das in Bezug auf Dahl erklärt.
NICHT zu erkennen/nicht erkennen zu wollen, dass Demokratie in einem Gebilde wie der EU - in dem zu viele unterschiedliche Interessen aufeinander prallen - nicht funktionieren kann, muss man schon ziemlich blind und/, ideologisch verkleistert oder ein welt- und realitätsferner Traumtänzer sein.
Ich bin durchaus für eine
demokratische EU, in der Reisefreiheit garantiert wird, in der wirtschaftliche Zusammenarbeit ohne Zollschranken funktioniert, in der die Souveränitätsrechte der Mitgleidsstaaten geachtet werden und unangetastet bleiben - genau in der Art, wie von den "Vätern der EU" ursprünglich angedacht und geplant.
Von diesem "Traum" eines, auf völkerrechtlich verbindlichen Regeln funktionierenden Staatenbundes, der in seinen Mitgliedsländern demokratische Prinzipien durchsetzt und gewährleistet, entfernt sich die heutige EU immer mehr.
Souverränitätsrechte der Mitgliedsstaaten werden zugunsten von Ver- und Geboten, Regularien und Bevormundungen immer weiter ausgehebelt. Mit Demokratie hat das nichts zu tun, dafür umso mehr mit Diktatur.
Und NEIN, eine Diktatur werden die Europäer (hoffentlich) nicht zulassen und auf solche realitätsfernen Träumereien, wie Du sie hier von Dir gibst, keine Rücksicht nehmen.
Ich bin sehr wohl für eine EU - für eine EU wie sie nachfolgend (zitiert) skizziert wird:
"Dani Rodrik, Ökonom an der Harvard University, hat jüngst zumindest die Richtung angedeutet. „Dünne supranationale Regeln“, schreibt der Ökonom, müssen mit den „dicken Regeln des demokratischen Nationalstaats“ verbunden werden. Es sollen durchaus supranationale Rahmenregulierungen etabliert werden, die dann aber nationalstaatlich von jedem Land spezifiziert werden können."
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.
Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen