sunny.crockett hat geschrieben:(09 Mar 2019, 21:39)
Gut dass du nach schleichender religiöser Veränderung fragst. Heute war ich beim OBI, da war ein Hendl-Stand davor, dieser mit einem Schild "halal Hendl".

Habe ich bisher noch nie gesehen. Nachträglich habe ich mich geärgert, den Standbetreiber nicht gefragt zu haben, was das bei Hühnerfleisch bedeutet. Wurden die Hendl nach islamischer weise geschlachtet, also eher so ausbluten lassen? Oder was wird da dahinterstecken?
Bei Kopftuch bin ich etwas geteilt. Einerseits ist es mir eher egal, wenn ein Kopftuch getragen wird, andererseits habe ich schon ein schlechtes Bauchgeühlt, da wohl ein nicht unerheblicher Teil der Frauen von ihren Familien dazu gezwungen werden. Bei Burka gibt es dann eine klare Haltung, sowas hat in einer freien Gesellschaft nichts zu suchen. Deshalb schockiert mich, dass die Grünen in Schleswig-Holstein ein Burka-Verbot an Schulen und Unis gerade eben wieder mal verhindert haben.
Ist doch gut wenn Muslime und Nichtmuslime jetzt auch beim Brathähnchen zusammenkommen.
Ich fordere keine Assimilation, aber ich fordere eine Anerkennung und Einhaltung der Gesetze und der Werte.
Da bin ich fast vollständig bei dir. Gesetze müssen ganz klar anerkannt und eingehalten werden. Die hiesigen Werte muss man genauso anerkennen, aber ihre Einhaltung sollte man meiner Meinung nach nicht fordern. Schon ethnische Deutsche sind in ihren Wertevorstellungen kein homogener Klumpen, sondern ein hoch diversifizierter Splitterhaufen. In allen elementaren Sachen sind wir uns natürlich einig, das stimmt. Das wäre aber auch der Fall wenn es hier morgen früh 20m Franzosen, Han oder Punjabi mehr gäbe. Die elementaren Werte bilden Gott sei Dank das Grundgewebe jeder Zivilisation. Jede Gruppe von Menschen die es geschafft hat, eine
Gesellschaft zu bilden, hat folglich die Basics die für ein zwischenmenschliches Zurechtkommen notwendig sind. Die Wertevorstellungen der Leute zu vereinheitlichen halte ich für ein genauso ungerechtes wie unerreichbares Ziel.
Das passiert aber leider nur in geringem Maße bei Muslimen, auch der fehlende Integrationswille von Muslimen, die in zweiter oder dritter Generation in Deutschland leben ist teils katastrophal. Ich habe z.B. einen Türken in zweiter Generation in der Nachbarschaft, wenn wir uns auf der Straße treffen, gibts eigentlich immer einen Smalltalk. Das eher erschreckende dabei ist, dass seine Frau kaum mal in der Öffentlichkeit zu sehen ist, er sagt, ihre Aufgabe ist in der Wohnung. Punkt! Den Ehemann seiner Tochter hat er auch ausgesucht, ist auch ein Landsmann von ihm. Den (kurzzeitigen) Deutschen Freund der Tochter hat er höchstpersönlich rausgeworfen, darauf ist er auch stolz und das sieht er als seine Aufgabe an. Das bedeutet, ein Mädchen der dritten Generation wird noch zwangsverheiratet.
Aus deinem Text geht für mich nicht hervor, dass es sich um eine gezwungene Heirat handelt (btw mit theologischen Konsens der Muslime nicht erlaubt). Arrangierte Ehen finde ich genauso in Ordnung wie Eheleute die sich eigenständig kennengelernt haben, Zwangsheirat muss selbstverständlich geahndet werden. Das mit der Frau ist auch ein zweischneidiges Schwert. Ist sie gerne Hausfrau oder kollidiert es mit ihren eigenen Vorstellungen und sie will arbeiten gehen o.ä.? Es gibt gute Gründe, dass Elternteile, besonders Mütter, lieber zuhause selbst ihre Kinder erziehen. Es gibt aber keinen einzigen Grund es zu erzwingen oder zu verbieten.
Das größte Integrationshemmnis ist der Islam und dessen Regeln. Ich habe beruflich mit doch vielen ausländischen Kollegen zu tun, hier gibt es weder mit Spaniern, Griechen, Kroaten (nichtmuslim) ein Problem, auch nicht mit einem Koreaner oder einem Chinesen. Sie haben alle ihre Eigenarten, aber keiner versucht, die Gesetze seines Herkunftslandes irgendwie durchzudrücken oder hier gültige Werte zu untergraben. Das machen aber Menschen, die vom Islam geleitet werden.
Das ist ein entscheidendes Gefühl das du hier beschreibst und ich denke da ist auch etwas dran. Ich bin immer noch damit beschäftigt, zu konkreten Erklärungen zu kommen, weshalb es diese Tendenz gibt. Ein Ansatz von mir ist, dass nicht wenige Muslime immer noch diese Kränkung wegen des imperialen Niedergangs mit dem Beginn der Kolonialära im Herzen tragen, viele womöglich unbewusst. Die drei wichtigsten Großmächten jener Zeit denen der Beginn dieser Epoche am meisten geschadet hat, sind Westmuslime (Osmanen, Perser, Araber), Ostmuslime (v.a. Mogule) und Chinesen (Qing). Die indischen Muslime, also vor allem Pakistaner und Bangladeshis, haben nun im Kerngebiet des Subkontinents gar nichts mehr zu pfeifen, die beiden übrigen ehem. Schießpulverreiche Iraner und Türken haben nach langer Zeit der tristen Bedeutungslosigkeit nun eine in jeder Hinsicht, wirtschaftlich-wissenschaftlich, gesellschaftlich, territorial und militärisch, eine deutlich schwächere Position auf der Weltbühne. China feiert gerade sein Comeback. Dass die eigene imperiale Vergangenheit etwas damit zutun hat würde zB erklären, weshalb ich das Phänomen bei anderen Muslimen (Südostasien, West- & Ostafrika) weniger beobachte.
Ich habe den Verdacht, dass die tiefenpsychologischen Auswirkungen der Kolonial- & Postkolonialära besonders Muslime trifft, die auf eine Vergangenheit zurückblicken in denen ihre Ahnen Imperien hatten die denen der
ungehobelten Europäern zu überlegen waren um sie ernst zu nehmen - sie aber militärisch kräftig genug fanden um als Rivale herhalten zu dürfen.
Aber auch dass zB Türken in Deutschland selbst in der dritten Generation noch
irgendwie Türken sind, so wie sie in der Türkei noch
irgendwie Almance sind kann eine nicht zu unterschätzende Identitätsstörung formen. Am Ende darf das alles aber natürlich auch unter der Rubrik "Küchenpsychologie" verworfen werden, sind nur Anregungen. Entscheidend ist, ob unsere Gesellschaft auch arrogante Muslime so verkraftet wie sie es bei arroganten Italienern tut. Ich denke ehrlich gesagt, dass das am Ende des Tages schon klar geht, es werden über den Lauf der Zeit mehr Brücken als Barrieren gebaut und mehr Barrieren als Brücken abgebaut.
Gute Nacht