Hallo.
Also wenn man dies alles hier so liest und sich zu Gemüte führt, könnte einem die Lust vergehen. Jemand, der von außen auf alles schaut, müßte sich schämen. Als ob das Recht auf Asyl vergangenheitlich nicht schon genug eingeschränkt wurde - erst wurde es ausgeweitet, dann, seit 1993, sukzessive wieder eingeschränkt.
Orbiter1 hat geschrieben:Im europäischen Asyl-Abschreckungs- und Rausekel-Wettbewerb liegen Ungarn und die anderen Visegradstaaten uneinholbar vorn. Wir könnten aber das Grundgesetz abschaffen dann ergeben sich auch für Deutschland Chancen an ihnen vorbeizuziehen.
sunny.crockett hat geschrieben:Wieso müssen wir das GG abschaffen? Man müsste es einfach einhalten (Art. 16a Absatz 2)
Asyl ist eine Frage der Humanität - das deutsche Asylrecht ist ein historisches Gebot. Denn in Anbetracht der Untaten in der Nazizeit wurde das Recht auf Asyl 1949 in das Grundgesetz aufnahmen. Somit sollten Menschen die Schutz benötigen ... die politisch verfolgt werden, ... ihnen sollte und wollte das demokratische Deutschland Schutz gewähren.
Artikel 16 des Grundgesetzes galt vorerst nur für politisch Verfolgte - das Recht auf Asyl wurde aber 1954 mit der Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen
(GFK) seitens der BRD erweitert. Fortan hatten somit auch jene Asylsuchende ein Recht auf Schutz, die wegen ihrer
"Rasse, Religion, Nationalität und Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe" verfolgt wurden. Gleichzeitig war es aber auch jedem Asylantragsstaat untersagt, einen Asylsuchenden in ein Gebiet abzuschieben, in dem sein Leben oder seine Freiheit bedroht war.
Orbiter1 hat geschrieben:Als ob es Asyl nur wegen politischer Verfolgung geben würde. Bitte nicht langweilen.
Ende der 1980er ... Anfang der 1990er Jahre forderte die damalige Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP eine neue, restriktivere Asylpolitik.
sunny.crockett hat geschrieben:Vielleicht sollte zur Abwechslung mal der "Urlauber" den Beweis liefern, was er in dem Land gemacht hat, aus dem er geflohen ist.
1990 legten EU-Politiker das Dubliner Übereinkommen zugrunde - welches bis heute in geänderter Form als
Dublin-III besteht. Zudem darf die Regierung, nach Zustimmung des Bundesrates, Staaten als sicher einstufen, wenn
"dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet".1993 wurde ebenfalls vereinbart, daß in sogenannten
"sicheren Herkunftsstaaten" vermutet werden kann, daß dort
"weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet - solange er nicht Tatsachen vorträgt, die diese Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird." (Art. 16a Abs. 3 GG) Flüchtlinge aus diesen Staaten werden sodann vom Recht auf Asyl ausgenommen. Einerseits hat das Bundesverfassungsgericht dies 1996 als
"verfassungskonform" eingestuft - dies heißt aber lediglich, daß es nicht gegen unsere Verfassung verstößt ... die Frage, ob dies noch der Humanität entspricht, ... diese Frage wurde somit nicht geklärt.
Wenn aber grundsätzlich Länder zu
"sicheren Herkunftsstaaten" erklärt werden, in denen zwar teilweise noch Bürgerkrieg und Vertreibung vorherrscht, Asylsuchende aber in Regionen (innerhalb dieser Länder) abgeschoben werden, in denen diese Kriegszustände
(noch) nicht gegeben sind, kann man wohl weniger von Humanität reden. Dies ist einem christlichen Land, mit einer christlichen Regierungs-Partei, zu tiefst unwürdig!
sunny.crockett hat geschrieben:Und auch Deutschland ist (bis auf Nord und Ostsee) von Schengenstaaten umgeben, hätte auch illegale Migranten abweisen müssen, wenn man sich an Gesetze gehalten hätte.
Andererseits hat, aufgrund der katastrophalen Zustände in griechischen Flüchtlingseinrichtungen, im Oktober 2010 das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß das dortige Asylsystem nicht
(mehr) "den Vorgaben der Europäischen Union und internationalen Standards" genüge und somit sei
"von Abschiebungen nach Griechenland abzusehen". (
Aktenzeichen: 7 K 4376/07.F.A) Daraufhin wurde seitens des Innenministeriums und
"mit Rücksicht auf die besondere Situation in Griechenland hinsichtlich der Gewährung eines menschenrechtskonformen Asylverfahrens" von einer Überstellung in das EU-Land vorläufig abgesehen. Zu klären bleibt auch, ob die Umkehr des
beweisen-müssen ... also die Umkehr der Beweislast nicht letztlich unser Rechtssystem von den Füßen auf den Kopf stellen würde?
- In dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagte!
Ebenfalls dürfte es nicht gerade humanitär sein, wenn Leistungen zur medizinischen Versorgung nur noch bei
"akuter Krankheit bzw. akutem Behandlungsbedarf und bei schmerzhafter Krankheit" erbracht werden sollen und dürfen.
(§ 4 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) - beschlossen: 2015!) Lediglich für sonstige Behandlungen (wie etwa chronische Erkrankungen oder bei Behinderungen)
"können" sogenannte Ermessensleistungen gewährt werden, soweit dies
"zur Sicherung der Gesundheit unerläßlich" ist -
§ 6 AsylbLG.Senexx hat geschrieben:Man könnte "Schnellverfahren" einführen. Und "Schnellgerichte" für eventuelle Einsprüche.
Zugleich wurde vorgeschrieben, daß ein Eilantrag und/oder eine Klage gegen eine ablehnende Entscheidung, eine Abschiebungsandrohung oder eine Abschiebungsanordnung - mit zeitgleicher Verfügung eines Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbotes, ... daß diese binnen Wochenfrist gestellt und erhoben werden. Nachfolgend entstanden für 2016
"Asylbewerber mit geringer Erfolgsaussicht", die etwa falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht oder Dokumente mutwillig vernichtet haben und somit
"keine Bereitschaft zur Mitwirkung zeigen" fünf "besondere Aufnahmezentren", in denen Asylbewerbern "Schnellverfahren" durchlaufen sollen. Sie dürfen diese Einrichtung nicht verlassen. Angelehnt ist dies an das sogenannte
"Flughafenverfahren", welches an einigen deutschen Flughäfen schon seit 1993 das durchgeführt wird. Dabei werden jedem Asylsuchenden im Transitbereich des Flughafens (also
vor der Einreise nach Deutschland) Fingerabdrücke genommen - diese werden sodann in die EURODAC-Datenbank übernommen. Zudem wird jeder Asylsuchende, der keine oder gefälschte Ausweispapiere mit sich führt oder aus einem sicheren Herkunftsland stammt, und wenn es auf dem Flughafen-Gelände eine Unterbringungsmöglichkeit für Asylsuchenden gibt, ... wird dieser dort untergebracht. Das Asylgesuch muß er unmittelbar nach der Ankunft gegenüber der Bundespolizei begründen - bis über das Gesuch entschieden worden ist, darf er die Unterkunft nicht verlassen. Auch hier gilt:
- Bei Verstößen werden ihnen Leistungen gekürzt oder gestrichen und ihr Asyl-Verfahren ruht.
Du siehst also ... und allen anderen sei auch gesagt:
- diese "Schnellverfahren" gibt es schon. Ob dies aber letztlich immer noch einem Rechtsstaat entspricht? Wo kein Kläger - da kein Richter!
Da diese
"Flughafenverfahren" nicht auf Bundesgelände geschieht- sonder außerhalb ... quasi im Niemandland, schwingt die Frage mit, ob die rechtmäßig ist und eventuell bleibt? Wäre er nämlich auf deutschem Hoheitsgebiet, würden für ihn wohl deutsche Gesetze und Justiz gelten - deshalb wohl auch die Forderung nach
"Ankerzentren" außerhalb Deutschlands oder der EU ... etwa auf afrikanischem Gebiet?!?
Seltsam:
- In Sachen TTIP oder sonstigen Handelsabkommen, in oder mit denen "Sondergerichte" eingerichtet werden sollen, die unabhängig unserer Justiz über Handelsfragen entscheiden sollen, wird die Frage einer Parallel-Justiz diskutiert - nur bei Menschen- bzw.: Asyl-Angelegenheiten nicht!?! ! Dies läßt tief blicken!
Auch dürfte die Angelegenheit, wonach bei Flüchtlinge mit
"subsidiärem Schutz" der Nachzug von Familienangehörigen für zwei Jahre ausgesetzt wird, ... dies Gesetz dürfte wohl letztlich vom BVerfG gekippt werden - sobald jemand dieses Gericht anruft, weil dies Vorhaben wohl dem verfassungsmäßigen Schutz von Ehe und Familie entgegenstehen dürfte.
Senexx hat geschrieben:Den Antrag auf Asyl können sie nicht unter Sanktionen stellen. Sie können wohl aber seine Attraktivität einschränken.
Ersteres: RICHTIG! Wie unaktraktiv soll dieses Asylverfahren, dessen Erfolgsaussicht und dessen Leistungen denn noch sein?
Wir sollten uns erstmal darüber klar werden, was wir überhaupt wollen? Wollen wir primär Flüchtlinge verhindern oder wollen wie das Schleppertum bekämpfen?
Im ersteren Fall sollten wir uns bemühen, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Das ist nicht immer einfach, denn selten haben wir
inmittelbaren Einfluß auf diese Ursachen.
Im zweiten Fall - Schlepper:
- Schlepper werden wohl immer von den potenziellen Flüchtlingen gebraucht, wenn Flüchtlingen auf legalem Weg nicht zum Ziel kommen. Wollenen wir also das Schleppertum bekämpfen, sollten wir potenziellen Flüchtlingen ermöglichen, auf legalem Weg einreisen zu können - anstatt Gesetze zu verschärfen.