d'Artagnan hat geschrieben:(26 Feb 2016, 17:32)
Ja, frag mal die Petry. Ich bin mir sicher, dass sie Volksentscheide über Schwulenehe etc. NICHT ablehnt.
Die giftigsten Debatten sind solche, die davon geprägt sind, dass beide Lager ihre Meinung als Mehrheitsmeinung sehen.
Eine Abstimmung darüber bringt da sehr schnell Klarheit.
Doch, haben andere aus ihrer Partei schon abgelehnt. Da würde es mich wundern, wenn es die Dame anders sieht. Wobei der Wandel ihres Lebensstils vielleicht für etwas mehr Toleranz sorgte, das kann natürlich sein. Aber bei einem Pegida-Verbots-Entscheid wird ihr sicherlich einfallen, warum Rechte von politischen Minderheiten nicht der Willkür der Mehrheit ausgesetzt sind und warum wir einen Rechtsstaat benötigen.
(Und Irland ist ja das Land, das zum Ärger der EU abstimmen durfte und dann das auch noch aus EU-Sicht "falsch" tat, weshalb es gezwungen wurde sein Referendum zu wiederholen.
"Teilzeitdemokraten" passt auf die EU-Funktionäre wie Juncker in der Tat.)
Es ist logisch, dass wenn man direkte Demokratie einführt, dieses früher oder später mit einigen Vorstellungen JEDER Partei kollidiert. Genau das ist ja das reizvolle: Das die Parteien viel mehr Überzeugungsarbeit leisten müssen und sehr viel weniger anfällig für die Einflüsterungen von Lobbys sind.
Der Volksentscheid der Iren ist übrigens ein sehr schönes Beispiel dafür, warum Volksentscheide zwar funktionieren, aber nicht immer das geeignetste Mittel sind. Es gibt nämlich nur Ja oder Nein. Statt sich nur das Ergebnis anzuschauen, sollte man den Blick auf die Debatte werfen statt den Aluhut aufzusetzen. Die Iren störten sich nicht insgesamt am Vertrag, sondern an einzelnen Punkten, u.a. bei Frauenrechten. Eine Kompromisslösung konnten sie aber nicht wählen, da das Volk nicht direkt verhandeln kann. Also lehnten sie es ab. Eine Wiederholung war auch nicht aufgezwungen worden, sondern von der souveränen irischen Regierung erneut hingestellt worden. Und weißt Du, warum? Weil sich die Verträge änderten. Man ging auf die irischen Wehwehchen ein, änderte ein paar Sätze und billigte Opt-Outs zu. Und diese veränderten Verträge gab man den Iren noch einmal zur Wahl, weil das irische Volk per Verfassung dazu verpflichtet ist und sonst durch niemanden. Bei einer gestiegenen Wahlbeteiligung nahmen sie das an, weil die Hauptkritikpunkte entfernt wurden. Nun so zu tun als würde man sie so oft abstimmen lassen über die selbe Sache bis es passt, mag AfD-Wähler überzeugen, aber bitte versuch die Spielchen nicht bei mir. Du weißt es doch selbst besser.
Überzeugungsarbeit bringt wenig, wenn es den Gegnern eines Volksentscheids gar nicht um das Thema der Abstimmung geht, sondern um was ganz anderes. Hab ich selbst als Wähler schon mehrmals mitgemacht bzw. -erlebt.
Wieso Du nun ausgerechnet die NPD anschleppst, ist mir nicht begreiflich. Die kriegt vielleicht mal 100 Leute auf ner Demo zusammen, wenn der Verfassungssschutz will. An ihrer Attraktivität für Wähler würden auch Freibierwochen als Wahlversprechen nichts dran ändern. Sowieso ist das ein Pappdrachen auf den Du da mit der NPD-Keule eindrischst.
Dass die Altparteienfunktionäre die Angst vor den direktdemokratischen Ansätzen der AfD treibt, behauptet niemand. Deren Motive sind viel profaner.
Die unfairen Attacken auf die AfD von Seiten der Altparteien und ihrer teilweise gewalttätigen Zuarbeiter (
die selbst vor steuermittelalimentierten Mordaufrufen nicht halt machen) sind Ausfluss reiner Angst, da man um Macht und Pfründe fürchtet.
Ist so wie bei den Piraten: Kaum waren die erfolgreich, schon kam die rechte Keule. Es ist einfach eine unglaublich billige Masche der Machthabenden, die aber zunehmend abgenutzt wirkt.
Ironischerweise wirken hier ganz ähnliche Konkurrenzangst-Mechanismen wie bei jenen, die erstere als "Dunkeldeutsche" und "Pack" bezeichnen.
Weil die NPD ein Beispiel dafür ist, warum man manchen die neue Liebe zur Demokratie eben nicht abnimmt, wenn sie unglaubwürdig sind. Es steht ja jedem frei sich in Vereinen wie "Mehr Demokratie e.V." zu organisieren, dafür zu werben, Druck auf Direktmandaten etc. auszuüben. Nur so wird es zu diesem Instrument kommen. Und nicht durch die Wahl von Demokratiegegnern, die noch nicht einmal ein Parteiprogramm haben, was sie sich genau vorstellen. Was ist mit Quoren? Werden Themen ausgenommen? Wie kommt's von Initiative über Begehren bis zum Entscheid? Nichts. Ist halt nur chic für kleine Randparteien, sich dies auf die Fahne zu schreiben, um mit besagter Masche abzulenken.
Naja, vielleicht "Demokratieforscher" von einer der parteinahen Stiftungen.

Gerade wenn es "gewaltenteilungszersetzende Gesetze" einer "immer allmächtiger werdenden Regierung" gibt, ist es gut dass das Volk obligatorische Referenden abhält.
Erkläre mir mal bitte wieso letzteres nun zu ersterem beitragen soll.
Meiner Meinung nach steckt hinter dem Erfolg der SVP die jahrelange Arroganz der anderen Parteien. Die übliche Folge zunehmender Bürgerferne. Wenn direktdemokratische Werkzeuge dazu beitragen diese schneller zu bestrafen umso besser.
Wie Du vielleicht bemerkt hast habe ich die Flüchtlingskrise bewusst nicht im Zusammenhang mit Volksentscheiden erwähnt. Und zwar weil sich in diesem Fall eine Regierungschefin dazu entschieden hat ohne jeglichen parlamentarischen Entschluss geltendes Recht auszusetzen. Dies ist in der Tat eher ein Fall für die Judikative.
Dass es besser gewesen wäre es hätte diese "spontane Regierungsentscheidung" nie gegeben sehen mittlerweile ja selbst Kabinettsmitglieder ein.
Dass Volksentscheide ein Wundermittel gegen das Wüten eines/r Irren an der Regierungsspitze (für die Deutschland irgendwie anfällig zu sein scheint) ist, würde ich also gar nicht behaupten wollen.
Nee, Politologen eidgenössischer Hochschulen, z.B. Michael Hermann.
Die SVP macht ja auch selbst keinen Hehl daraus, dass sie die Gerichte entmächtigen möchte und eine Verschiebung des bewährten Systems der Schweiz haben möchte, dass gerade durch seine Vierteilung so robust gegen Extremismus war.
Die Schweizer Regierung rät, ebenso wie alle anderen Parlamentsfraktionen außerhalb der SVP, dringend davon ab, dem Ansinnen der Rechtspopulisten um den SVP-Übervater Blocher zu folgen, der mal wieder mit dem Kopf durch die Wand will.
Zur Vorsicht gibt es gute Gründe, allen voran eben die Sorge, dass die Durchsetzungsinitiative bewährte Regeln der Schweizer Demokratie aushebelt und die klassische Normenhierarchie durchbricht. Das Stimmvolk ist als Souverän in der Schweiz zwar der oberste Verfassungsgeber; für die konkrete Ausgestaltung einer Verfassungsvorlage jedoch ist das gewählte Parlament zuständig.
Zudem würde gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoßen: Die Gesetzesvorgaben wären so präzise ausformuliert, dass es wohl keiner richterlichen Einzelfallprüfung mehr bedürfte. Die Legislative (das Volk) nähme so der Exekutive (der Regierung) und der Judikative (den Richtern) die Zuständigkeiten weg.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... 08907.html
Bei der Wiedervereinigung widerspreche ich Dir. Da gab es eine starke befürwortende Mehrheit. Sehr zum Leidwesen der Grünen und der SPD. Also genau dem ossihassenden Pack die nun plötzlich das Lied der Willkommenskultur singen.
Die müssten sich dann halt programmatisch neu ausrichten.
Ich hab Respekt vor älteren Leuten, insbesondere wenn sie Kinder und Enkel haben. Die haben ein besseres Gespür dafür was langfristig wichtig sein wird und was nicht. Besser jedenfalls als eine kinderlose Jungfer die sinngemäß äußert "mir egal was ich eingbrockt habe, jetzt müsst ihr es gefälligst auslöffeln."
Nee, es gab eine sehr knappe Mehrheit. Aber die glaubte auch, die Wiedervereinigung wäre durch die Portokasse möglich. Die Zustimmung zum Euro ist heute jedenfalls höher als jene der Wiedervereinigung. Und ohne die positive Stimmung der Jugend wär Deutschland heute wieder geteilt. Aber schön, dass Du in den anderen Punkten nicht widersprichst, obwohl sie zum Teil verantwortlich für die Wende waren.
Und die erwähnte Jungfern ist ja die Regel unter den Babyboomern. Die Schweizer (und Österreicher) wissen ja, was dann passiert: Genau das, was in Deutschland passiert. Die Senioren interessieren sich nicht für die Zukunft, die sie nicht haben.
Für die Schweiz haben zwei Professoren das Abstimmungsverhalten bei 22 Volksentscheiden zu Arbeitsmarktpolitik, Rentenpolitik und Familienpolitik untersucht und in fast allen Fällen das Lebensalter als prägenden Faktor identifiziert. So votierten die Alten signifikant häufiger gegen Arbeitszeitverkürzungen, gegen Reformen in der Rentenversicherung und gegen Entlastungen für Familien. In einer Volksabstimmung in Österreich im Januar 2013 über die Wehrpflicht stimmten 63 Prozent der unter 30-Jährigen für die Abschaffung, aber 71 Prozent der über 60-Jährigen für die Beibehaltung. Damit ist die Abschaffung der Wehrpflicht am Nein der Alten gescheitert. In einer Volksabstimmung in der Schweiz im März 2013 über die Förderung öffentlicher Kinderbetreuung (dem so genannten Familienartikel) stimmte die Mehrheit der Jüngeren dafür, aber die Mehrheit der Alten dagegen.
Mit anderen Worten: Die Alten wollten in ihrer Mehrheit nicht, dass der Staat den jungen Familien mehr öffentliche Kinderbetreuung bietet. Wenn auch in Deutschland künftig auf Bundesebene per Volksentscheid abgestimmt werden soll, wird die Alten-Lobby die Themen dekretieren und die Politik vor sich hertreiben. Die Interessen von Minderheiten – und damit in einer alternden Gesellschaft auch der Jungen – werden in einer Referendumsrepublik der Greise leicht untergebuttert. [...]
Die bedrückende Liste unserer ungedeckten Schecks auf die Zukunft: Klimakatastrophe, Ausbeutung der Rohstoffe, Übersäuerung und Vermüllung der Ozeane, Investitionslücken, anschwellende Staatsverschuldung und gigantische Haftungsrisiken, sich auftürmende Pensionslawinen, Kinderarmut, steigende soziale Immobilität, Stillstand im Bildungssystem, Widerstand gegen den digitalen Wandel.
Angela Merkel thront als Garantin des Status quo über einem eingeschlafenen Land. Die CDU als größte Regierungspartei ist ausgebrannt und verheddert sich im Klein-Klein. Selbst das einzig große Zukunftsprojekt, die Energiewende, droht am Trippelschrittprinzip zu scheitern.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... ettansicht
Rate mal, in welchen Kreisen die meisten Merkelwähler zu finden sind. Kleiner Tipp: die Jungen (in unserem Land also alles unter 45) sind es nicht. Kann man natürlich, insb. beim Thema Wehrpflicht und Kinderförderung, einfach sagen "Pech gehabt, Ihr seid noch nicht wahlberechtigt und deshalb lassen wir Euch nicht abstimmen. Und wenn Ihr es irgendwann dürft, macht Ihr Euch lieber keine großen Hoffnungen. Wir sind doppelt so viele pro Jahrgang". In den letzten anderthalb Jahrzehnten verloren die verkehrlichen Infrastrukturen über 500 Milliarden Euro an Wert. Kein Bedarf an Investitionen. Auch nicht in Wohnraum. Macht ja Lärm, verändert das eigene Umfeld und durch die eigenen Altverträge sind steigende Mieten für einen selbst doch eh egal. Vielleicht hat man eh Eigentum, weil die Belastung früher so schön niedrig war, als die demographische Pyramide noch kein Dönerspieß war. Wieso für 2030, 2040 planen? Erlebt man doch eh nicht mehr. Da waren die letzten Koalitionsverhandlungen in der Tat lustig. Kein Ergebnis beim Verkehr (von der "Ausländermaut" mal abgesehen

), vielleicht eine minimale Bafög-Anpassung zum nächsten Wahljahr, die nicht einmal die niedrige Inflation ausgleicht. Und bei den Renten? Nehmen wir halt alle Wahlversprechen von SPD, CDU und CSU. Schöner Kompromiss.
Da nehmen sich direkte und repräsentative Demokratie nichts, sondern kommen halt aufs gleiche Ergebnis. In letzterem System kann man zumindest auf "die da oben" schimpfen statt resigniert auf seine Nachbarn zu schauen, die einem ins Gesicht traten. Und dass Volksentscheide als sozial ungerecht eingestuft werden, ist ja nun auch allen bekannt, oder? Ich weiß, verspricht man sich für Partikularinteressen mal eine Mehrheit bei einem Thema, kann man darüber hinwegsehen. Aber um die Frage der Ausgestaltung der Grundlagen geht's bei dem Thema in erster Linie. Und nicht "Mir fällt da ein Thema ein, bei dem ...". Und die Wahlbeteiligung sollte man zumindest mal mahnend im Hinterkopf behalten statt sie zu ignorieren.