Danke für den Link. Die Einleitung zeigt ganz gut, wovor britische Europakenner -- die May scharenweise fortgejagt hat, z.B. Ivan Rogers -- schon früher warnten: als Drittstaat ist man eben nicht freier in seinen Entscheidungen, sondern eingeschränkter. Früher hat man selbst die Spielregeln mitgestaltet und konnte im Zweifel, z.B. bei der Finanzpolitik, ein Veto einlegen, das keiner aushebeln würde. Nun machen andere die Regeln und man muss sich entweder mit ihnen arrangieren oder in den sauren (und teuren) Apfel beißen. In Australien, Japan, Kanada, China, Indien etc. ist May ja auch schon mit leeren Händen (abgesehen von hohen Forderungen der Gegenseite) nach Hause gegangen.
Wären die potenziellen Folgen nicht so tragisch, könnte man die Ironie fast amüsant finden: Das mächtige Großbritannien, das so gern auf das kleine Irland herabsieht, wird von eben diesem Irland gerade vorgeführt - weil es die Unterstützung der EU hat. Jener EU, die Großbritannien gerade verlässt.
Die Iren zwingen die Briten gerade, endlich einzusehen, was der Brexit ist: kein Weg zurück in ruhmreiche Zeiten, kein Lottogewinn für das Gesundheitssystem, sondern eine Serie harter Entscheidungen.
Die Briten werden nun sehr schnell herausfinden müssen, was sie wollen. Wollen sie die volle Kontrolle über die Einwanderung zurück, obwohl das den Exodus zahlreicher EU-Arbeitskräfte aus dem Gesundheitssystem und den Forschungsinstituten bedeuten würde? Wollen sie die EU-Regeln loswerden, auch wenn sie damit den freien Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren und die britische Wirtschaft schädigen? Wollen sie die Freiheit, ihre eigenen Zölle festzulegen, auch wenn sie dadurch aus der Zollunion austreten und der irischen Insel die Rückkehr einer harten Grenze zumuten?
Diese Fragen sind offenbar so schwierig, dass die britische Regierung es bisher schlicht ablehnte, ihre Existenz anzuerkennen. Stattdessen übernahm sie das Kernversprechen der verlogenen Pro-Brexit-Kampagne: Großbritannien ist so groß, dass es alles haben kann.
An Irland zerschellt dieses Versprechen nun.