Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

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Tom Bombadil
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Tom Bombadil »

Billie Holiday hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 19:50 Wobei ich Machthaberinnen nun nicht zwingend als besser in Erinnerung habe.
Zum Beispiel Imelda Marcos :dead:
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Tom Bombadil
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Tom Bombadil »

bakunicus hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 18:06 am ende haben wir linksprogressiven immer recht, in solchen zentralen fragen, schon seit 300 jahren ...
Na klar, angefangen bei den Jakobinern, über Lenin, Stalin und Mao zu Pol Pot :dead:
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Erasmus

Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

bakunicus hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 18:06 am ende haben wir linksprogressiven immer recht, in solchen zentralen fragen, schon seit 300 jahren ...
Wer waren denn vor 300 Jahren die "Linksprogressiven"?

Und du weißt auch, dass die Romantik von Hamann und Herder und dann vor allem Fichte eine Reaktion auf die Aufklärung vor allem aus Frankreich war. Die Romantik, die dann u.a. ins Nationale und Nationalistische mündete und schließlich am Taufbett des Faschismus als ein Pate stand.

Identitätspolitik steht heute in der identitären Tradition der Romantik.

("Wir Linksprogressiven" - ein solches "Wir Irgendwas" ist mir trotz mancher gelegentlicher politischen Kapriole noch nie über die Lippen gekommen. Der Ruf der Horde hat mich nie erreicht.)
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bakunicus
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

Tom Bombadil hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 21:37 Na klar, angefangen bei den Jakobinern, über Lenin, Stalin und Mao zu Pol Pot :dead:
welcher konservative möchte heute noch prügelstrafe argumentieren?
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bakunicus
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

Erasmus hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 21:42 Wer waren denn vor 300 Jahren die "Linksprogressiven"?

Und du weißt auch, dass die Romantik von Hamann und Herder und dann vor allem Fichte eine Reaktion auf die Aufklärung vor allem aus Frankreich war. Die Romantik, die dann u.a. ins Nationale und Nationalistische mündete und schließlich am Taufbett des Faschismus als ein Pate stand.

Identitätspolitik steht heute in der identitären Tradition der Romantik.

("Wir Linksprogressiven" - ein solches "Wir Irgendwas" ist mir trotz mancher gelegentlicher politischen Kapriole noch nie über die Lippen gekommen. Der Ruf der Horde hat mich nie erreicht.)
oder gegen das recht für frauen wählen zu dürfen, wie noch vor kurzem in der schweiz?

und so wird das auch sehr bald mit klima und umweltschutz sein.
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Tom Bombadil
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Tom Bombadil »

bakunicus hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 22:30 welcher konservative möchte heute noch prügelstrafe argumentieren?
Bei Systemkritikern und Abweichlern waren die linken Regimes bis heute nie wirklich zimperlich.
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bakunicus
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

linkz rules ...

da könnt ihr labern wie ihr wollt ...
ist einfach so ...
FrankP

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Beitrag von FrankP »

bakunicus hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 22:39 linkz rules ...

da könnt ihr labern wie ihr wollt ...
ist einfach so ...
Klar. Sieht man ja schon an den Wahlergebnissen der Linken... :D
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Corella »

bakunicus hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 22:39 linkz rules ...

da könnt ihr labern wie ihr wollt ...
ist einfach so ...
Klima-, Natur- und Artenschutz habe ich von "links" noch immer untergehen sehen, wenn das Arbeitsplatzargument kam. Schlimmer noch, als von konservativ.
Das ist hier wirklich substanzlose Instrumentalisierung!
Erasmus

Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

bakunicus hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 22:32 oder gegen das recht für frauen wählen zu dürfen, wie noch vor kurzem in der schweiz?

und so wird das auch sehr bald mit klima und umweltschutz sein.
Mich interessiert, wen du in den letzten 300 Jahren exemplarisch zu den Linksprogressiven zählst und mich interessieren deine praktischen Vorstellungen, was genau geschehen und wie und wodurch genau es erreicht werden soll. Humanisieren und dekarbonarisieren usw. sind plakative Äußerungen, also einfach das alltägliche Geschäft des Populismus. Dem fröhnen alle auf ihre Weise, die gewählt werden wollen.

Also, wen hast du im Auge als Linksprogressiven?

Lass doch einfach die Strohmänner wie das Frauenwahlrecht stecken. Ich will Konkretes wissen und wer deine ideellen Gewährsleute sind. Sonst wird doch kein Dialog draus.

Nachtrag. Die Theorie zu deinem letzten Satz lautet bei Lukacs so: Andererseits ist es sicher, daß selbst die ... an dem Erfolg ... unmittelbar interessierten Gruppen und Massen erst während (ja sehr häufig erst nach) der Revolution sich innerlich von der alten Ordnung lossagen. (Georg Lukács, Geschichte und Klassenbewusstsein). Das Kapitel Legalität und Illegalität kann ich dir empfehlen. Man muss nur "kommunistisch" und "Proletariat" durch einen modernen Bewegungsbegriff ersetzen. Aber sonst stimmt die Methode durchaus. Wenn ich Zeit habe, suche ich dir nachher noch die entsprechende Bewegungsprosa bei Carl Schmitt raus. :D
Erasmus

Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

Ein weiteres gemeinsames Merkmal aller Bewegungen ist das Marschieren und Skandieren. Wer irgendwo in Demonstrationszügen mitläuft, gibt immer einen Teil seiner Selbstkontrolle auf im Marschieren und Skandieren. Da ist viel Amygdala und wenig Ratio. Das gilt völlig unabhängig von jedem Grund für die Demonstration.

Daher das Plädoyer für Innehalten und Nachdenken. Weniger marschieren und skandieren, mehr Denken und mehr wirksame Praxis.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von sünnerklaas »

Corella hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 23:05 Klima-, Natur- und Artenschutz habe ich von "links" noch immer untergehen sehen, wenn das Arbeitsplatzargument kam. Schlimmer noch, als von konservativ.
Das ist hier wirklich substanzlose Instrumentalisierung!
Das Thema Arbeitsplatzverlust hat nur so lange gezogen, solange man Arbeitsplätze und Produktionsstandorte auch verlagern konnte. Das ändert sich seit geraumer Zeit. Und zwar nicht allein wegen des Ukraine-Krieges. Das ganze hat nämlich eine Achillesferse: das sind eine sind funktionierende globale Handelsrouten, das andere ist die Speditionswirtschaft; niemand will mehr LKW-Fahrer werden, auch auf den Philippinen findet man immer weniger billige Arbeitskräfte für die Seeschifffahrt. Und höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen sind eben nicht drin. Das liegt an dem Dogma der Ökonomen, die von ihren Kanzeln in den 1990er und in den Nuller-Jahren verkündeten, Transportkosten würden und dürften NIEMALS eine Auswirkung auf den Endpreis haben. Ich kann mich da noch gut an die lautstarke Tönerei erinnern. Auch das, was ein gewisser Prof. Sinn seinerzeit so alles von sich gegeben hat. Oder der Professor Rürup... :D
Nicht ohne Grund ist die Bezeichnung die "Wirtschaftsweisen" (auch wenn der Sachverständigenrat etwas anderes ist) seit längerer Zeit nicht mehr so in Gebrauch... :D
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harry52
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von harry52 »

bakunicus hat geschrieben: Mittwoch 30. März 2022, 22:39 linkz rules ...
Du träumst offensichtlich davon,
die Schlüsselbetriebe zu verstaatlichen, um an das große Geld zu kommen so wie Putin. Und dann nach deinem Ableben willst Du wie Lenin und Stalin ausgestopft werden? Träum weiter.

Was sagte Kurt Schuhmacher (SPD Vorsitzender nach dem Krieg)
zu den Linken, links von der SPD? Er nannte sie "rot lackierte Faschisten" und Schuhmacher musste es wissen. Er hat im KZ genügend von denen kennengelernt, Dumm, primitiv, voller Hass, gewaltbereit, antidemokratisch (was logisch ist, denn wenn sie mal gewählt werden, werden sie schnell wieder abgewählt).

Erinnerst Du Dich noch an den linken Hoffnungsträger Tsipras?
Er koalierte mit der rechtsradikalen Anel und wurde dafür begeistert von Linken hier in Deutschland gefeiert. Die Anel ist rassistisch und richtig übel. Und was wurde aus Tsipras? Abgewählt.

Fridays for Future täte gut daran,
sich nicht von diesen Sektierern unterwandern zu lassen. Nehmt nur mal die IT Branche. Was der Kapitalismus dort in so kurzer Zeit geschafft hat, ist gigantisch und sowas brauchen wir auch in der Umwelttechnologie. Dann klappt das auch.
"Gut gemeint" ist nicht das Gleiche wie "gut gemacht".
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bakunicus
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

harry52 hat geschrieben: Samstag 2. April 2022, 18:31 Du träumst offensichtlich davon,
dass der autoritäre sozialismus gescheitert ist, ich hatte gehofft dass das klar geworden ist.

wenn man aber an die einführung der demokratie selbst denkt, die überwindung des feudalismus, dann passt es wieder.

und dann zieht sich das alles in einem langen roten faden durch die geschichte, wo die konservativen ein um die andere position dem progressiven fortschritt räumen mussten.

dass die erde der mittelpunkt des universums ist, dass der mensch eben doch von affenähnlichen vorfahren abstammt, die trennung von staat und religion infolge, das wahlrecht für frauen, abschaffung der prügelstrafe, das recht auf abtreibung, abschaffung der todesstrafe und folter, der kinderarbeit und sklaverei usw. usw. usw. ...

das alles wurde vehement verteidigt von den konservativen, um das dann aber komplett räumen zu müssen, das alles dann selbst zum konservativen standard zu machen.
snowflakes eben ...

und genau das wird auch beim klima- und umweltschutz geschehen, einfach weil es richtig und unverzichtbar ist.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

War Lincoln ein Linksprogressiver?
Die Sklaverei hat sich wirtschaftlich nicht mehr rentiert. Linksprogressiv war an der Abschaffung nichts.

Ich würde auch einen Unterschied machen zwischen Ideen der Aufklärung und links.

Die Sufragetten waren m.E. nicht links. Links hat sich nur gerne alles ans Revers geheftet, was progressiv war.

Und du unterschlägst auch grundsätzlich die Liberalen. Als ich jung war, waren die Linken gesellschaftspolitisch fast ebenso reaktionär wie die Konservativen.
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bakunicus
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

Erasmus hat geschrieben: Samstag 2. April 2022, 19:12 War Lincoln ein Linksprogressiver?
Die Sklaverei hat sich wirtschaftlich nicht mehr rentiert. Linksprogressiv war an der Abschaffung nichts.

Ich würde auch einen Unterschied machen zwischen Ideen der Aufklärung und links.

Die Sufragetten waren m.E. nicht links. Links hat sich nur gerne alles ans Revers geheftet, was progressiv war.

Und du unterschlägst auch grundsätzlich die Liberalen. Als ich jung war, waren die Linken gesellschaftspolitisch fast ebenso reaktionär wie die Konservativen.
die bürgerrechtsbewegungen in den USA waren und sind ganz sicher links, und die apartheid war rechts.
und so waren auch die aufklärer in ihrer zeit progressiv links, wie auch die sufragetten.

auch die liberalen sind so mehr im linken spektrum zu verorten, das ist eher eine moderne entwicklung, dass die nun wirtschafts- oder neoliberal sind.

es ist einfach so, dass es zwar manche rollbacks gibt, aber wenn sich progressive positionen erstmal durchgesetzt haben, wie z.b. dass der klimawandel eben doch menschengemacht ist, dass es dann kein zurück mehr gibt.

darauf will ich hinaus ...
kein konservativer würde sich heute noch hinstellen, und sagen, dass die erde gemäß der bibel nur 6.000 jahre alt wäre, bis auf die evangelikalen spinner in den USA.

man kann den fortschritt nur verzögern, aber nicht aufhalten.
und je schneller wir das beim klima- und umweltschutz einsehen, um so besser.
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Zweifeler
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Zweifeler »

bakunicus hat geschrieben: Samstag 2. April 2022, 19:38 die bürgerrechtsbewegungen in den USA waren und sind ganz sicher links, und die apartheid war rechts.
Mein lieber baku, deine linken Genossen in den USA wollen doch "Safe Spaces" für schwarze bei denen kein Weißer zutritt habe soll, hast du auch den Fall in Deutschland vor wenigten Monaten vergessen? Soviel zu deiner Prämisse, linke Progression wäre per se was gutes. Übrigens ist Progressiv ein abgedroschener Kampfbegriff.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

bakunicus hat geschrieben: Samstag 2. April 2022, 19:38 die bürgerrechtsbewegungen in den USA waren und sind ganz sicher links, und die apartheid war rechts.
und so waren auch die aufklärer in ihrer zeit progressiv links, wie auch die sufragetten.
Nein, das ist linke Umarmungstaktik.

Ralf Dahrendorf hat in seinem Buch "Versuchungen der Unfreiheit" über einen "Club der Erasmier" philosophiert. Erasmier sind nach Dahrendorf diejenigen, die den totalitären Versuchungen widerstanden haben. Exemplarisch nennt er unter den wenigen Isaiah Berlin (meine Avatar-Figur), Popper, Aron, zählt aber auch einige andere wie Orwell oder Patocka oder nur kurzfristig Infizierte wie Koestler und Sperber dazu.

Was du unterschlägst, ist die Tatsache, dass links überwiegend illiberal war und in der Version von moderner Identitätspolitik (eine Variation romantischen Urgedankenguts), zu der sich FfF ganz stark bekennt, auch unbestritten ist. Dass die sozialen Formen des Liberalismus Gemeinsamkeiten mit manchen Forderungen der Linken haben, macht die progressiven Liberalen nicht zu Linken. Der Denkfehler resultiert u.a. aus der Gleichsetzung von Gleichheit und Freiheit

Der Humanismus der Renaissance ist ebenso bürgerlich und nicht links wie die Aufklärung, und wenn die Jakobiner links sind und zu deinem Club der linken Progressiven zählen, so zählt keiner von ihnen oder ihren Fans zu den Erasmiern.

Deine Überlegungen zu Klimaschutz und/oder Umweltschutz sind deshalb nicht falsch oder unwichtig. Aber ich frage dich ja nach den konkreten Auswegen und Lösungen, um herauszufinden, wie viel Totalitarismus sein müsste, um die in den apokalyptischen und/oder utopischen Szenarien enthaltenen Lösungswege in der Praxis umzusetzen. Mich interessiert das völlig jenseits von Gut und Böse. Vorderhand wäre doch möglich, dass Liberalismus (und ich meine nicht den reduktionistischen Wirtschaftsliberalismus) und Klimaschutz gar nicht kompatibel sind. FfF als Massenbewegung ist es auf gar keinen Fall. Wer dabei in welchem Sinne recht hat, bleibt davon unberührt.
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bakunicus
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

Erasmus hat geschrieben: Samstag 2. April 2022, 22:30 Nein, das ist linke Umarmungstaktik.



Was du unterschlägst, ist die Tatsache, dass links überwiegend illiberal war und in der Version von moderner Identitätspolitik (eine Variation romantischen Urgedankenguts), zu der sich FfF ganz stark bekennt, auch unbestritten ist. D

Deine Überlegungen zu Klimaschutz und/oder Umweltschutz sind deshalb nicht falsch oder unwichtig. Aber ich frage dich ja nach den konkreten Auswegen und Lösungen, um herauszufinden, wie viel Totalitarismus sein müsste, um die in den apokalyptischen und/oder utopischen Szenarien enthaltenen Lösungswege in der Praxis umzusetzen. Mich interessiert das völlig jenseits von Gut und Böse. V
rolf dahrendorf in allen ehren, der bestimmt ein großer intellektueller ist, mit dem ich mich nicht messen kann, der aber soweit ich das verfolgt habe auch eine sehr eigene agenda hat, bei der bewertung von angeblicher "aneignung", die man nicht zwingend teilen muss; das kann man auch anders sehen, dabei würde nicht ich allein ihm widersprechen.

zugegeben, ich habe nicht ganze wände von büchern gelesen, verfolge aber seit jahrzehnten zeitungsartikel und TV-dokumentationen, zu geschichte und gesellschaftspolitik, und bilde mir ein so zu einer eigenen abweichenden bewertung kommen zu können.

da du ja lesen kannst bei zeit-online, nur mal ein aktuelles beispiel von vielen, aus der aktuellen genderdebatte, die zeigt welche verschiedenen positionen es gibt, die beide gute argumente vortragen:
https://www.zeit.de/2022/14/geschlechte ... ettansicht

ich unterschlage da nichts, sondern du behauptest das einfach, dass links illiberal war, was ich aber vehement bestreite.
illiberal war z.b., dass meine eltern in ihrer jugend als unverheiratetes paar noch nicht mal eine wohnung anmieten konnten damals, weil das als "unsittlich" galt paaren ohne trauschein zu vermieten.
dass frauen erst im verlauf der 50er jahre ohne zustimmung des ehemanns ein konto führen durften, eine arbeit aufnehmen durften, oder eine fahrerlaubnis erwerben durften.

und wie viel "totalitarismus" muss dabei wohl sein?
soviel, dass wir weltweit komplett auf fossile brennstoffe verzichten müssen.
und wenn wir inzwischen 2,5 mal mehr rohstoffe verbrauchen als nachhaltig zu verantworten ist, wir also lernen müssen mit ca. 40% vom jetzigen verbrauch auszukommen, dann wird es wohl kaum einen aspekt unseres lebens geben der davon nicht betroffen sein wird.

das wird ganz sicher in eine "tugendwächterei" ausarten die kein mensch gerne erleben möchte, ich ganz sicher auch nicht; das ist aber nicht meine schuld, oder die von fridays for future, sondern die von mind. 40 jahren konservativer ignoranz und arroganz, die die ökologische frage und bewegung nicht ernst nehmen wollte, verhöhnt und verächtlich gemacht hat, obwohl die wichtigen fakten und fragestellungen alle längst bekannt waren, spätestens mit dem erscheinen des ersten berichts des club of romes damals.

ich befürchte auch, dass wir ein neues "jakobinertum" bekommen werden, das ist beinahe unausweichlich, nur haben wir leider keinen "planeten b", auf den wir uns retten können.

man hätte das alles beizeiten deutlich moderater haben können, nur wollten die konservartiven ja mal wieder nicht hören, reden in den kommentarspalten bei zeit online immer noch von einer "hysterisch apokalyptischen sekte", weigern sich die volle dimension der probleme zur kenntnis zu nehmen.

und mit verlaub, so willst auch du erst mal "innehalten und nachdenken", statt anzupacken und loszulegen.

ich sehe hier das immer gleiche spiel, in immer neuen variationen am werk.
wo es im wesentlichen darum geht, dass die konservativen eine heidenangst davor haben progressive positionen anzunehmen, weil ihnen sonst droht in ihrer familie, ihrem freundeskreis und beruflichem umfeld geächtet zu werden, wenn sie sich für fortschrittliche positionen stark machen.

das muss immer erst in einem langen zähen prozess überwunden werden, muss in den medien und einem langen diskurs errungen werden, bis so ein stimmungswechsel dann endlich doch möglich wird.

und dafür werden wir nun beim klima- und umweltschutz einen bitteren preis bezahlen müssen, für das viel zu lange warten.

gott sei dank werde ich das nicht mehr miterleben müssen, weil meine lebenserwartung nur noch sehr begrenzt ist; ich habe jedenfalls keine kinder in die welt gesetzt, und allermeist nur sehr sparsam gelebt, einen ökologischen fußabdruck hinterlassen, bei dem ich noch halbwegs gut in den spiegel schauen kann.
Zuletzt geändert von bakunicus am Sonntag 3. April 2022, 13:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Tom Bombadil
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Tom Bombadil »

bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 05:17...sondern die von mind. 40 jahren konservativer ignoranz und arroganz...
Jaja, das ist ein sanftes Ruhekissen, immer alles auf "die Konservativen" schieben zu wollen und dabei zu vergessen, was Linke im Ostblock der Natur angetan haben und was die Kommunistische Partei in Rotchina der Natur immer noch antut :x
ich sehe hier das immer gleiche spiel, in immer neuen variationen am werk.
Damit hast du recht, aber anders als du meinst. Linksaußen unterwandert FFF, weil sie an die Macht kommen wollen, nicht weil sie plötzlich so tolle Naturschützer geworden sind.
und dafür werden wir nun beim klima- und umweltschutz einen bitteren preis bezahlen müssen, für das viel zu lange warten.
Was können wir denn gegen den CO2-Ausstoß aus Russland, Indien und insbesondere Rotchina tun?
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bakunicus
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 09:02 Jaja, das ist ein sanftes Ruhekissen, immer alles auf "die Konservativen" schieben zu wollen und dabei zu vergessen, was Linke im Ostblock der Natur angetan haben und was die Kommunistische Partei in Rotchina der Natur immer noch antut :x


Damit hast du recht, aber anders als du meinst. Linksaußen unterwandert FFF, weil sie an die Macht kommen wollen, nicht weil sie plötzlich so tolle Naturschützer geworden sind.


Was können wir denn gegen den CO2-Ausstoß aus Russland, Indien und insbesondere Rotchina tun?
schönen sonntag morgen tom ...

was sind denn die regierungen in russland oder china anderes als rechtskonservative nationalisten?

ich kann einen xi jinping beim besten willen nicht als "linken" bezeichen, autoritär, antidemokratisch, antifeministisch, antiemanzipatorisch und sogar rassistisch ...
das hat doch nichts damit zu tun was wir hier im westen als "links" verstehen.

und was können wir dagegen tun?
z.b. mit lieferkettengesetzen die dazu zwingen, wenn sie ihre waren bei uns verkaufen wollen, dann dabei ökologische standards einhalten zu müssen.

und all das auch mal benennen, im int. diplomatischen dialog, dass die ein verbrechen an der gesamten welt begehen, mit ihrem wirtschaften.
was natürlich nur geht, wenn man selbst solche standards einhält, und nicht nur mittelmaß ist beim klimaschutz, oder 80% seiner eigenen insektenbestände vernichtet.

sorry, aber so sehe ich das alles eben.

gruß martin
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harry52
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von harry52 »

bakunicus hat geschrieben: Samstag 2. April 2022, 19:06 dass die erde der mittelpunkt des universums ist, dass der mensch eben doch von affenähnlichen vorfahren abstammt, die trennung von staat und religion infolge, das wahlrecht für frauen, abschaffung der prügelstrafe, das recht auf abtreibung, abschaffung der todesstrafe und folter, der kinderarbeit und sklaverei usw. usw. usw. ...
Diese wissenschaftliche und gesellschaftliche Fortschritte,
kommen in großer Mehrheit aus den USA und Großbritannien, also aus den Kapitalismus Nummer 1 Staaten. Gucke nur mal hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der ... aa9dd1eef5

Nobelpreise in Medizin:
Platz 1 USA 107,5
Platz 2 GBR 31,5

Platz 3 Deutschland 16,5
...
Platz 16 Russland 2,0 (stammen noch aus der Zarenzeit)

Der Sozialismus hat nahezu nichts zum Fortschitt in der Medizin beigetragen und in Physik sieht es ähnlich aus. Auch kommt nahezu alles "Moderne" aus dem Kapitalismus. Beispielsweise der Bestseller "Onkel Toms Hütte" und die Abschaffung der Sklaverei, die Homoehe, der Rockn Roll, Startrek und Starwars, das Internet, .... der erste PKW, den sich ein Ottonormalverbraucher leisten konnte (Ford T-Modell)....

Auch der Anti-Vietnamkrieg Protest kommt aus den USA und die spätere Friedensbewegung. Auch wenn die sich etwas verirrt hat, erfunden haben es die Amis.
und und und
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Tom Bombadil
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Tom Bombadil »

bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 09:22was sind denn die regierungen in russland oder china anderes als rechtskonservative nationalisten?
Im ehemaligen Ostblock waren das rechtskonservative Nationalisten? War Mao auch einer?
Heute regieren in Russland natürlich keine Kommunisten mehr, in Rotchina dagegen sehr wohl und die scheißen wie ihre Vorgänger auf die Natur.
ich kann einen xi jinping beim besten willen nicht als "linken" bezeichen, autoritär, antidemokratisch, antifeministisch, antiemanzipatorisch und sogar rassistisch ...
Das ist Realpolitik von Linksaußen, die ist immer illiberal. Autoritär und antidemokratisch wären FFF und Linksgrüne auch, wenn die könnten wie sie wollten, würde es massenhaft Verbote hageln, bis hin zum "system change".
und was können wir dagegen tun?
z.b. mit lieferkettengesetzen...
Warten wir mal ab, ich halte dieses Gesetz für einen Rohrkrepierer. Die Politik macht es sich einfach und halst den Unternehmen das auf, was eigentlich Staatsangelegenheit wäre, dadurch wird das keine Herzenssache, sondern eine lästige Pflicht, die man nur halbherzig erfüllt und mit allen Mitteln umgehen wollen wird.
Viel besser wäre es, die Produktion wieder nach Europa zu verlagern.
sorry, aber so sehe ich das alles eben.
Dein gutes Recht, ich verstehe auch, dass dir das nicht gefällt, denn wer will nicht auf der Seite der Guten stehen. Nur das links nicht automatisch gut ist, oft ist es das genaue Gegenteil davon, besonders je weiter es nach links geht.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 09:39 Im ehemaligen Ostblock waren das rechtskonservative Nationalisten? War Mao auch einer?
Heute regieren in Russland natürlich keine Kommunisten mehr, in Rotchina dagegen sehr wohl und die scheißen wie ihre Vorgänger auf die Natur.


Das ist Realpolitik von Linksaußen, die ist immer illiberal. Autoritär und antidemokratisch wären FFF und Linksgrüne auch, wenn die könnten wie sie wollten, würde es massenhaft Verbote hageln, bis hin zum "system change".
tja, gute frage ...

sagen wir mal so, wenn marx & engels mal emanzipatorische linke waren, die haben sich sicher im grabe umgedreht, was ein mao, stalin, pol pot oder honecker und mielke aus ihrer lehre gemacht haben, auch dann, wenn die selbst so manche autoritäre vorstellungen hatten, die man heute kritisch sehen muss, hinterfragen muss.

für mich jedenfalls kann keine politik noch wirklich links sein, die nicht demokratisch legitimiert ist.
wenn nicht alle die gleichen rechte haben, in abwesenheit von egalite, fraternite und liberte.

ich kann's nicht oft genug wiederholen ...
Erasmus

Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 09:22 schönen sonntag morgen tom ...

was sind denn die regierungen in russland oder china anderes als rechtskonservative nationalisten?

ich kann einen xi jinping beim besten willen nicht als "linken" bezeichen, autoritär, antidemokratisch, antifeministisch, antiemanzipatorisch und sogar rassistisch ...
das hat doch nichts damit zu tun was wir hier im westen als "links" verstehen.
Wir sind uns einig in der Bewertung von Xi. Aber ob etwas "links" ist oder nicht definiert sich nicht zwingend daraus, was man selbst nun darunter versteht. Tatsache ist, dass alle großen linken Experimente in irgendeine Form des Autoritären geführt haben. Vor 40 Jahren sind Idealisten nach Nicaragua gepilgert, um bei der Ernte zu helfen, heute ist Herr Ortega ein noch übleres autoritäres Subjekt als seinerzeit Herr Somoza. Es ist ein durchgehendes Muster. Und das viel gerühmte schwedische Volksheim der Sozialdemokraten hat erst in den Siebzigerjahren seine Eugenik-Programme eingestellt.

Für mich geht der Konflikt nicht zwischen progressiv und konservativ, sondern zwischen nicht-autoritär und autoritär. Es gibt auch antiautoritäre Konservative, und es waren vermeintlich progressive Linke, die in der Tradition des romantischen und/oder reaktionären Widerstands gegen Technik dem technologischen Fortschritt feindlich gegenüberstanden. Friedrich Georg Jüngers Ideen aus "Die Perfektion der Technik" dürfte man durchaus als eines der Gründungsdokumente der Grünen ins Feld führen, denn die Grünen waren ja keine rein linke Gründung, sondern hatten einen ökologischen Ansatz, der auch Konservative umfassen sollte. Leute wie Gruhl sind seinerzeit wegen der gesellschaftspolitischen und nicht wegen der ökologischen Differenzen gegangen.

Die Schwarzweißgleichung links = progressiv und gut, rechts = konservativ und schlecht halte ich für unterkomplex. Oft genug sitzen Linke und Konservative beim Thema der Freiheit und des Kollektivismus in einem Boot. Und die von dir verteidigte Identitätspolitik ist historisch gesehen ein Rückschritt weit hinter die Aufklärung und die Renaissance. Denn die waren angetreten, den einzelnen aus seinen kontingenten und fremdbestimmten Identitäten zu lösen und das Individuum quasi sich selbst zurückzugeben. Was von Identitätspolitikern heute wieder rückgängig gemacht wird.
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Tom Bombadil
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

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bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 09:52 für mich jedenfalls kann keine politik noch wirklich links sein, die nicht demokratisch legitimiert ist.
Das sehen leider nicht alle Linke so.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Meruem »

Erasmus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 09:58



Die Schwarzweißgleichung links = progressiv und gut, rechts = konservativ und schlecht halte ich für unterkomplex. Oft genug sitzen Linke und Konservative beim Thema der Freiheit und des Kollektivismus in einem Boot. Und die von dir verteidigte Identitätspolitik ist historisch gesehen ein Rückschritt weit hinter die Aufklärung und die Renaissance. Denn die waren angetreten, den einzelnen aus seinen kontingenten und fremdbestimmten Identitäten zu lösen und das Individuum quasi sich selbst zurückzugeben. Was von Identitätspolitikern heute wieder rückgängig gemacht wird.

Richtig, wobei diese "Identitätspolitik heute vermehrt im rechtsextremistischen Milieu anzutreffen bei AfDlern, Pegidisten und all den völkischen Ideologen. Richtig ist Autoritarismus und Totalitarismus sind nicht primär eine Sache von links oder rechts, es gibt da auf beiden Seiten genügend Beispiele für das extremistisches Denken früher oder später in autoritäre und totalitäre Strukturen quasi abgleiten muss. Ich selbst bin wie du auch kein Fan vom binären Denken weil es der Komplexität der modernen Welt überhaupt keinerlei Rechnung trägt und weil es der Geburtskeim von populistischen und extremistischen Denkweisen ist.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

Linkssein und autoritär sein könnte man geradezu als eine Notwendigkeit ansehen, weil historisch gesehen die Linken immer diejenigen waren, die das Volk von sich selbst und seinen Illusionen befreit hat, um die Menschen zu ihrem wahren Selbst zu verhelfen oder zum Durchbruch des Ziels der Geschichte zu verhelfen. Die Rechten dagegen haben eher einen verloren gegangenen Idealzustand proklamiert, den es wiederherzustellen gilt. FfF ist so ein Zwischending. Romantiker eben.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Tom Bombadil »

Meruem hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 10:22 Richtig, wobei diese "Identitätspolitik heute vermehrt im rechtsextremistischen Milieu anzutreffen...
Der ganze linke Wookie- und Gender-Kram ist Identitätspolitik at it's best.
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Beitrag von Meruem »

Tom Bombadil hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 10:44 Der ganze linke Wookie- und Gender-Kram ist Identitätspolitik at it's best.

Da finde ich aber der identitätspolitische Quatsch von rechtsaußen mit "Umvolkung", "Nation", "Identität", "Islamisierung", a la AfD, PEGIDA, und sonstigen rechtslastigen Parteien und völkisch-nationslen Ideologen weitaus gefährlicher.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Tom Bombadil »

Meruem hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 10:47 Da finde ich...
Jede Ideologie, die unsere FDGO bedroht ist gefährlich, egal ob sie von rechts- oder linksaußen kommt. Aber gut, das Narrativ, dass links=gut ist wird ja auch hier vorgetragen.
Daher ist das mMn. kein Deut ungefährlicher, im Gegenteil, man arbeitet schwer daran, Linksaußen-Politik salonfähig zu machen und in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, man koaliert ja sogar mit den Blutroten. Mit Rechtsaußen will niemand etwas zu tun haben, die werden in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten keinerlei Macht bekommen.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von jorikke »

bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 09:52 tja, gute frage ...

sagen wir mal so, wenn marx & engels mal emanzipatorische linke waren, die haben sich sicher im grabe umgedreht, was ein mao, stalin, pol pot oder honecker und mielke aus ihrer lehre gemacht haben, auch dann, wenn die selbst so manche autoritäre vorstellungen hatten, die man heute kritisch sehen muss, hinterfragen muss.

für mich jedenfalls kann keine politik noch wirklich links sein, die nicht demokratisch legitimiert ist.
wenn nicht alle die gleichen rechte haben, in abwesenheit von egalite, fraternite und liberte.

ich kann's nicht oft genug wiederholen ...
Marx und Engels waren Theoretiker die versucht haben das Modell eines besseren menschlichen Zusammenlebens zu entwerfen.
egg heads...
Mao, Stalin usw. haben versucht dieses Modell umzusetzen.
Hätten die Beiden das Ergebnis gesehen, sie hätten wohl "widerrufen".
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

Meruem hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 10:22 Richtig, wobei diese "Identitätspolitik heute vermehrt im rechtsextremistischen Milieu anzutreffen bei AfDlern, Pegidisten und all den völkischen Ideologen.
Das sehe ich ein wenig anders. Was in der AfD anzutreffen ist, gab es schon immer, da gibt es kein "vermehrt". Es ist durch die Bündelung in der AfD nur sichtbarer, leichter zu verorten geworden. Zuvor war dieser Teil mehrheitlich in der CDU beheimatet, aber zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil auch in bestimmten sozialdemokratischen und linksparteilichen Milieus. Da ist nichts neu dran.

Neu ist aber der "linke" Teil, der sich ab den Achtzigern entwickelte und um die Jahrhundertwende einen großen Aufschwung nahm vor allem in den USA, und seit einigen Jahren hier nun förmlich "explodiert". Moderne Bewegungen wie FfF sind völlig davon dominiert. Was alten linken Bewegungen der Proletarier war, ist den neuen Bewegungen heute irgendeine identitäre Gruppe oder Minderheit.
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Beitrag von Erasmus »

jorikke hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 11:13 Marx und Engels waren Theoretiker die versucht haben das Modell eines besseren menschlichen Zusammenlebens zu entwerfen.
egg heads...
Mao, Stalin usw. haben versucht dieses Modell umzusetzen.
Hätten die Beiden das Ergebnis gesehen, sie hätten wohl "widerrufen".
Die theoretische Begründung, also nicht die moralische, wäre spannend.
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Beitrag von jorikke »

Erasmus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 11:24 Die theoretische Begründung, also nicht die moralische, wäre spannend.
Da bin ich absolut überfordert. Es drängt mich auch nicht in Theorien einzusteigen und sie nachzuvollziehen, deren Ergebnis offensichtlich ist.
Ausreden zu finden ist nicht mein Ding.
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Beitrag von Erasmus »

jorikke hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 11:32 Da bin ich absolut überfordert. Es drängt mich auch nicht in Theorien einzusteigen und sie nachzuvollziehen, deren Ergebnis offensichtlich ist.
Ausreden zu finden ist nicht mein Ding.
Ich hatte die Begründung natürlich nicht von dir hören wollen, sondern eine Erklärung der beiden fände ich spannend.
Die einfachste Begründung wäre wohl, dass die Gesetzlichkeit der Geschichte, also der historische Materialismus, falsch ist.
Ich selbst könnte nur eine Begründung liefern, warum ein guter Marxist abstreiten würde, dass die widerrufen würden.
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Tom Bombadil
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Tom Bombadil »

Erasmus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 11:45 Ich hatte die Begründung natürlich nicht von dir hören wollen, sondern eine Erklärung der beiden fände ich spannend.
Wie heißt es so schön: der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert.
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Beitrag von bakunicus »

Erasmus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 10:26 Linkssein und autoritär sein könnte man geradezu als eine Notwendigkeit ansehen, weil historisch gesehen die Linken immer diejenigen waren, die das Volk von sich selbst und seinen Illusionen befreit hat, um die Menschen zu ihrem wahren Selbst zu verhelfen oder zum Durchbruch des Ziels der Geschichte zu verhelfen. Die Rechten dagegen haben eher einen verloren gegangenen Idealzustand proklamiert, den es wiederherzustellen gilt. FfF ist so ein Zwischending. Romantiker eben.
mal ganz ehrlich, das ist einfach quatsch.

bis ich mich davon zurückgezogen habe, bis so anfang/mitte 30, war ich selbst aktiv im linksradikalen milieu.
bauwagenplatz, besetzte häuser, alternative WGs, demonstrieren in gorleben, wackersdorf, startbahn-west, antifa, das volle programm.

und was es da eben nicht gab, bei aller radikalität und sogar gewaltbereitschaft, die ich erlebt habe, das sind genau solche linksautoritären strömungen von denen wir hier reden.

die autonomen haben dabei viel mehr bezüge zum anarchismus, als zu einem marxistisch/leninistischen weltbild.
viel mehr ein selbstverständnis als eine radikalökologisch/pazifistische graswurzelbewegung, die sich gegen den widerstand der gesellschaft ihre freiräume schaffen und verteidigen will, statt der mehrheitsgesellschaft einen willen oktroyieren zu wollen, oder sogar noch pläne für eine machtübernahme zu schmieden.

das motto war viel mehr "wer die gesellschaft ändern will, der muss erst mal sich selbst ändern".
dass man vorlebt, dass alternative lebensformen lebenswert und auch durchführbar sind, das war die motivation und triebfeder bei dem ganzen.

und da durfte keiner wagen ein striktes demokratisches prinzip zu verletzen, sich über den willen des plenums hinwegzusetzen, und einen auf autoritären zampano zu machen.
dann war man raus ...

vielleicht kommt es ja daher, dass ich nicht solche ängste habe wie tom bombadil, dass die kapitalismus-kritik bei fridays for future in marxistisch-leninistische strömungen abdriftet.
bei uns damals war mir keiner erinnerlich, der bei der MLPD, KPD oder DKP engagiert gewesen wäre.

allerhöchstens von der linkspartei, wenn es um antifaschistische demonstrationen/aktionen gegangen ist.
und von der PLO, den palästinensern, waren manchmal welche dabei, auf den großen demos in hamburg, berlin oder göttingen.

aber wirklich, dafür verbürge ich mich auch, mit marxismus/leninismus, oder gar stalinismus, damit hatten wir alle nichts zu tun, das war weit entfernt davon.
und so kann ich mir auch nicht vorstellen, dass die bei fridays for future groß was zu melden haben.
Erasmus

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Beitrag von Erasmus »

bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 12:06
aber wirklich, dafür verbürge ich mich auch, mit marxismus/leninismus, oder gar stalinismus, damit hatten wir alle nichts zu tun, das war weit entfernt davon.
und so kann ich mir auch nicht vorstellen, dass die bei fridays for future groß was zu melden haben.
Über den Rest meditiere ich noch in Ruhe, möchte aber anmerken, dass ich das Autoritäre nicht auf die dogmatischen kommunistischen Lehren beschränken würde. Das Autoritäre des identitätspolitischen Ansatzes folgt notwendig aus der Tatsache, dass Hierarchien bestimmter kontingenter und nicht-kontingenter Identitäten festgelegt bzw. zugewiesen werden. Das Individuum wird ungefragt einsortiert, es erhält de facto die Stellung, wie sie zum Beispiel dem Proletarier von der kommunistischen Partei zugewiesen wird oder aber einem Fremden im Weltbild der identitären Rechten. Diese Aufhebung der Errungenschaften des alten Humanismus und der Aufklärung halte ich nun einmal für totalitär. Zur Frage der Notwendigkeit des Totalitären beim Umgang mit Klima- und Artenschutz usw. dann später mehr.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Zweifeler »

FfF ist ein Sammelbecken für linke, hilfreich für die Zogwirkung ist nicht zuletzt die antikapitalistische Ausrichtung. Neubauer selbst sagt wenn FfF seine Ziele umgesetzt bekommt wir nicht der Kapitalismus als Wirtschaftsordnung wie uns jetzt bekannt vorhanden sein, was genau Sie damit meint, weiß Sie selber nicht. Da wir schon eine soziale Marktwirtschaft haben, denke ich mir den Rest. Dementsprechend sind auch Marxisten und Kommunisten dort zahlreich vertreten und organisiert und deren Einflüsse gehen auch dort rein, das geht alles Hand in Hand.
Da FfF selbst vor totalitären Ansichten sich nicht distanziert, sondern pro-Aktiv verfolgt und als Bedingung formuliert, ist die Sache eigentlich klar wo es hingeht.
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

Erasmus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 12:18 Das Individuum wird ungefragt einsortiert, es erhält de facto die Stellung, wie sie zum Beispiel dem Proletarier von der kommunistischen Partei zugewiesen wird oder aber einem Fremden im Weltbild der identitären Rechten. Diese Aufhebung der Errungenschaften des alten Humanismus und der Aufklärung halte ich nun einmal für totalitär.
sagen wir mal so ...

dem klientel, dem milieu in dem ich mich damals bewegt habe, denen wirst du mit dem verbot dreadlocks tragen zu dürfen jedenfalls nicht kommen.
die werden dir alle was husten, das war gängige mode, und ist das auch noch bis heute.
das dürfte auf maximales unverständnis stoßen.

ab und zu fahre ich noch auf solche festivals, oder wenn ich in der ecke zu besuch bin, dann fahren wir auch nochmal nach gorleben zur demo, und da sind dreadlocks omnipräsent.

da wird sich niemand "auf einen platz einsortieren lassen".
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Billie Holiday »

Ich finde Dreadlocks ekelhaft und würde sowas nie tragen. :cool:
Dann bin ich wohl eine kulturelle Nicht-Aneignerin. :thumbup:
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 12:06

allerhöchstens von der linkspartei, wenn es um antifaschistische demonstrationen/aktionen gegangen ist.
und von der PLO, den palästinensern, waren manchmal welche dabei, auf den großen demos in hamburg, berlin oder göttingen.

korrektur, es waren natürlich nicht die palästinenser, sondern richtig muss es lauten die kurden, die PKK, als marxisten, die da rumgelaufen sind.

da hatte ich einen wurm im kopf ...
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Beitrag von Erasmus »

bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 12:06 mal ganz ehrlich, das ist einfach quatsch.
Nein, Quatsch wäre höchstens deine Schlussfolgerung, die du hier ziehst:
bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 12:06 bis ich mich davon zurückgezogen habe, bis so anfang/mitte 30, war ich selbst aktiv im linksradikalen milieu.
bauwagenplatz, besetzte häuser, alternative WGs, demonstrieren in gorleben, wackersdorf, startbahn-west, antifa, das volle programm.
Autoritär wird es immer dann, wenn monokausale Dogmen von der Theorie in die Praxis umgesetzt werden sollen. Es gibt dann zwar taktische Verhaltensanpassungen bei der Durchsetzung der Ziele, aber keine pragmatischen Anpassungen, wenn die Realität nicht mit der monokausalen Theorie übereinstimmt. Die ganzen Aktionen hier folgten zwar weniger irgendwelchen tatsächlichen oder behaupteten wissenschaftlichen Theorien, aber die moralischen Legitimierungstheorien waren ebenfalls dogmatischer Art. Jede Menge "anti": antikapitalistisch, antibürgerlich usw. Das Autoritäre muss nicht immer durch Institutionen abgesichert sein, auch die permanente Revolution verselbständigt sich am Ende. Daher sehe ich das
bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 12:06 und was es da eben nicht gab, bei aller radikalität und sogar gewaltbereitschaft, die ich erlebt habe, das sind genau solche linksautoritären strömungen von denen wir hier reden.
anders. Schon immer. Deshalb haben sich meine Freunde in den Achtzigern auch von mir getrennt. Weil ich die Legitimation bei den Leuten als zirkelschlüssig verworfen habe.
bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 12:06 die autonomen haben dabei viel mehr bezüge zum anarchismus, als zu einem marxistisch/leninistischen weltbild.
Der Anarchismus der Autonomen wird sofort autoritär, wenn er sich institutionalisieren möchte. Che Guevara ist deshalb weitergezogen.
bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 12:06 viel mehr ein selbstverständnis als eine radikalökologisch/pazifistische graswurzelbewegung, die sich gegen den widerstand der gesellschaft ihre freiräume schaffen und verteidigen will, statt der mehrheitsgesellschaft einen willen oktroyieren zu wollen, oder sogar noch pläne für eine machtübernahme zu schmieden.

das motto war viel mehr "wer die gesellschaft ändern will, der muss erst mal sich selbst ändern".
dass man vorlebt, dass alternative lebensformen lebenswert und auch durchführbar sind, das war die motivation und triebfeder bei dem ganzen.

und da durfte keiner wagen ein striktes demokratisches prinzip zu verletzen, sich über den willen des plenums hinwegzusetzen, und einen auf autoritären zampano zu machen.
dann war man raus ...
Diese Graswurzelbewegungen sind alle gescheitert. Uwe Timm hat in seinem an der Wirklichkeit angelehnten Roman "Ikarien" zurecht das Fazit gezogen, dass alle politischen, sozial ausgerichteten Kommunen untergegangen sind, irgendwo in Kleinbürgerlichkeit oder autoritären Strukturen versackten. Allein die christlichen haben überlebt, die Amish, die Mennoniten, die Shaker. Die Sandinisten haben sich gemäß Orwells Schweinen entwickelt, die Freistadt Christiana hat sich letztlich selbst gentrifiziert.
bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 12:06 vielleicht kommt es ja daher, dass ich nicht solche ängste habe wie tom bombadil, dass die kapitalismus-kritik bei fridays for future in marxistisch-leninistische strömungen abdriftet.
bei uns damals war mir keiner erinnerlich, der bei der MLPD, KPD oder DKP engagiert gewesen wäre.
Die Angst habe ich auch nicht. FfF und die Identitätspolitiker stehen eher für eine Art säkularer Theokratie, obwohl es weitaus differenzierter ist. Marxistisches ist nichts an ihnen, zu viele besorgte romantische Hedonisten ;) :D
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von bakunicus »

das führt dann jetzt auch langsam wieder weit weg vom topic, also nur eine kurze antwort.

das hatte schon seinen guten grund, warum ich mich von all dem dann auch gelöst habe.

nur als komplett gescheitert würde ich das alles nicht bezeichnen.
als tipp würde ich die wunderpunkte empfehlen, eine kulturveranstaltung im wendland, von man ein ganzes wochenende verschiedenste kulturelle veranstaltungen besuchen kann, wo es das alles noch gibt:

https://wendland-net.de/klp/veranstaltungen

das macht wirklich spass, und bietet einen lebendigen eindruck.
Corella
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Corella »

Die Instrumentalisierungsversuche und auch Überlappung mag da sein, sei geglaubt und geschenkt.
Die wenigen Berührungen mit FFF in meinem Dunstkreis war für mich beeindruckend frühreif-wissenschaftlich-rational.
Ich denke, beide Lager müssen hier mal aufpassen, nicht irgendwelche Sprengstücke der Bewegung herzunehmen, mit dem persönlichen Zwei-Schubladenkonzept-rechts-links abzuprüfen, einzusortieren, dann am persönlichen Grundsatz zu disqualifizieren oder zu dulden.
Ich möchte doch sehr anregen, solch Hauptforderungen, wie, Klimakrise als Krise zu behandeln oder gemachte Beschlüsse einzuhalten als solche auch zu behandeln. Wirklich: wer reflexartig immer Idealismus schreit, sollte unbedingt mal seinen eigenen Standort prüfen!
Wer natürlich den pervertierten Freiheitsbegriff bei jeder neuen Regelung bemüht, sei hier nicht angesprochen. Die Leut sind wohl eh verloren. Hohle Liberalität, ohne jeden Hauch von Sachverstand ebenfalls.
Erasmus

Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

bakunicus hat geschrieben: Sonntag 3. April 2022, 19:58 das führt dann jetzt auch langsam wieder weit weg vom topic,
Ich kann dich ja mal zu FfF fragen.

Wie glaubst du, würde es sich auf die Erderwärmung auswirken, wenn in Deutschland entweder ab morgen alle Autos mit Sonnenenergie fahren oder wenn Deutschland ganz im Nirwana verschwände? Würde sich die Erwärmung auch nur messbar um 0,01 Grad verringern?

Ich behaupte, es hätte keinen innerhalb der Rechenmodelle nachweisbaren Erfolg.

Und das ist der Grund, warum ich glaube, dass die Bewegung eher ideengesteuert als wirklichkeitsgesteuert argumentiert. Es gibt für vieles, was im Zuge der Diskussionen überlegt wird, durchaus gute Gründe, aber das sind keine klimatechnischen.
Corella
Beiträge: 4044
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Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Corella »

Erasmus hat geschrieben: Montag 4. April 2022, 09:23 Ich kann dich ja mal zu FfF fragen.

Wie glaubst du, würde es sich auf die Erderwärmung auswirken, wenn in Deutschland entweder ab morgen alle Autos mit Sonnenenergie fahren oder wenn Deutschland ganz im Nirwana verschwände? Würde sich die Erwärmung auch nur messbar um 0,01 Grad verringern?
In Anwendung zur Merktreife und dort bewähren...
Erasmus

Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von Erasmus »

Corella hat geschrieben: Montag 4. April 2022, 15:29 In Anwendung zur Merktreife und dort bewähren...
:?:
FrankP

Re: Fridays for Future, Detmold 25.3.2022, Erlebnisbericht

Beitrag von FrankP »

Erasmus hat geschrieben: Montag 4. April 2022, 09:23 Ich kann dich ja mal zu FfF fragen.

Wie glaubst du, würde es sich auf die Erderwärmung auswirken, wenn in Deutschland entweder ab morgen alle Autos mit Sonnenenergie fahren oder wenn Deutschland ganz im Nirwana verschwände? Würde sich die Erwärmung auch nur messbar um 0,01 Grad verringern?
Das ist doch bekannt: Ein komplettes Runterfahren der CO2-Emissionen dieses Landes läge in seinen Auswirkungen weit unterhalb der Messbarkeitsschwelle.
Und wäre im Übrigen durch den Anstieg der chinesischen Emissionen innerhalb von ca. 24 Monaten wieder ausgeglichen.
Heißt: Alles, was wir neu entwickeln, bringt genau Null - außer: Der Rest der Welt macht es uns freiwillig nach.

Das hieße: Alternativen entwickeln, die

- im großen Maßstab stabil funktionieren
- preiswert sind
- den Lebensstandard steigern


Ansonsten sind die Exportchancen gleich Null.

Was wir derzeit tun:

- CO2-emissionsarme Atomenergie abschaffen
- Windkraft- und PV-Anlagen bauen, die ohne Speicherkapazitäten allein keine Versorgungssicherheit gewährleisten
- und setzen auf Wasserstoff zum Speichern - natürlich ohne Verteilnetz oder wenigstens einen umfassenden Plan dafür zu haben
- das Ganze natürlich ohne ein Stromleitungsnetz, das damit umgehen könnte (sondern bereits jetzt regelmäßig beinahe ausfällt)
- erzeugen existenzielle Risiken für den Industriestandort und
- Abhängigkeiten von autokratischen Systemen im Ausland.


Und nun stehen wir da und rufen in die Welt: "Wer in den sich derzeit entwickelnden Ländern der Welt macht's uns nach? Alle mal die Hände heben bitte jetzt, und nicht so drängeln, bitte..."
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