In Epikurs Ethik geht es um ein "Leben in Glückseligkeit" auf das alle Handlungen ausgerichtet sind Antrieb und Ziel sind dabei Lust. Unter Lust versteht Epikur das "Wohlbefinden von Körper und Seele" - die Freiheit von Schmerz und (seelischem) Leid.Selina hat geschrieben:(30 Dec 2017, 11:36)
Ich hoffe, dass ich nicht wieder deinen Zorn auf mich ziehe, denn ich bin kein Epikur-Kenner, möchte aber dennoch etwas zu zwei Punkten sagen:
Die Geschichte mit dem Tod finde ich sehr nachvollziehbar. Mit dem von dir Beschriebenen kann man über dieses Thema mit mehr Gelassenheit nachdenken. Ich kenne ehrenamtliche Sterbebegleiter persönlich. Vielleicht könnte man denen unter anderem auch mal Epikur empfehlen, zumindest in Hinsicht auf seine Gedanken zum Tod.
Nachdenken über den Tod - darüber welche "Lücke" man reißt, welche Empfindungen der Tod bei Angehörigen auslöst etc steht diesem Wohlbefinden entgegen, löst seelisches Leid aus.
Darum unterscheidet Epikur auch nur zwischen den "Zuständen" Leben - weil nur der lebende Mensch zu Empfindungen fähig ist, nach Glück streben kann und Tod - dem Ende von allem.
Den Prozess des Sterbens blendet Epikur komplet aus. Über den Tod nachzudenken erachtet Epikur als sinnlos, weil der Tod unabänderlich und unausweichlich ist, über den Tod hinaus zu denken ist für ihn genauso sinnlos, weil Tote keinerlei Einfluss (mehr) nehmen können.
Inwieweit eine solche Denkweise (Ethik) für einen Sterbenden hilfreich ist oder sein kann, ist (zumindest) zweifelhaft.
Wer friedlich im Schlaf stirbt, braucht keinen Sterbebegleiter und wer eines Solchen bedarf, hat wahrscheinlich andere Sorgen und Probleme als über die Unabänderlichkeit und Unausweichlichkeit des Todes nachzudenken.
Ich denke auch, die wenigsten Menschen fürchten sich vor dem Tod, sie fürchten das Sterben - den Prozess des Sterbens - und das ist etwas, womit sich Epikur nicht beschäftigt. Weiter denke ich, dass es für den Sterbenden wichtig ist, nicht allein zu sein, nicht allein sein zu müssen, dass sie trotz aller Agonie spüren, wenn Angehörige bei ihnen sind, sie "begleiten", sie Abschied nehmen können. Ich vermute, dass dies auch die Hauptaufgabe von Sterbebegleitern ist.
Genau darum geht es ja - sich nicht von Leidenschaften beherrschen zu lassen, sondern die Leidenschaft zu beherrschen, sich Grenzen setzen und diese Grenzen immer wieder (suzessive) verschieben, seine Potentiale erkennen und ausschöpfen.Selina hat geschrieben:(30 Dec 2017, 11:36)Die zweite Geschichte, die mit der Leidenschaft, sehe ich anders. Sicher sollte man in seinem Leben darauf achten, dass einen die Leidenschaften nicht übermannen, sondern dass eine gewisse Ausgewogenheit der Gefühle vorherrscht. Ansonsten würde man sich kaputt machen. Aber ganz ohne Leidenschaft - so sehe ich das zumindest - wäre das Leben sehr arm. Es gibt viele Bereiche, wo eine ordentliche Portion Leidenschaft unabdingbar ist, zum Beispiel Liebe, Kunst, Hochleistungssport, Forschung etcpp. Ohne Leidenschaft gäbe es ganz sicher einige wichtige Errungenschaften gar nicht, die heute aus dem Leben nicht mehr wegzudenken sind.
Genau das ist auch mit "Maß halten" - Ausgewogenheit der Gefühle, wie du es nennst - gemeint.
Dieses "Maß halten" hat ja nichts mit Mittelmäßigkeit zu tun.
Vielleicht sollte man auch zwischen Begeisterung (für eine Sache) und Leidenschaft unterscheiden - Begeisterung, die uns zu Höchstleistung befähigt und Leidenschaft, die immer den Keim von Zerstörung/Selbstzerstörung in sich birgt.
Du kennst sicherlich den Spruch:
Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht und Leiden schafft"
und das beschränkt sich keinesfalls nur auf Liebesbeziehungen.