Hitman hat geschrieben: ↑Mo 26. Sep 2022, 21:26
Was man hier wieder diesem Strang sehr gut beobachten kann.
Das scheint mir auch so.
Naja es kam ja nicht von ungefähr das die Nazis keine 5 Jahre brauchten, um aus einem Volk der "Dichter und Denker" zu einem aus größtenteils Duckmäusertum und Mitläufer zu machen.
Andere sagen auch: ein Volk der "Richter und Henker".
Typisch "teutonisch" eben möchte man meinen. Aber gut zurück zu "Philosoph Precht".
Precht ist, wie jeder weiß, ein Philosoph. Ein Mensch. Als solcher kann er auch mal irren. Oder anders gesagt: Er ist kein "unfehlbarer und allwissender Gott". So etwas propagieren ja die Religionen. In den jeweiligen "heiligen Büchern" sei die totale Wahrheit in Stein gemeißelt. Und da die religiösen Führer und ihre Anhänger sich im Besitz der allgemein gültigen Wahrheit wähnen, können sie auch so fanatisch und grausam handeln.
Das alles verkörpert die Philosophie nicht. Man darf sich irren. Und weiter denken. Oder um mal Karl Popper zu zitieren: "Ich kann mich irren. Du kannst dich irren. Aber zusammen können wir der Wahrheit ein Stück näher kommen". Okay. Popper war kritischer Rationalist. Was Precht ist, weiß ich nicht. Aber als Philosoph hat er die alleinige und allgemeingültige Wahrheit nicht mit Löffeln gefressen. Philosophie ist meines Wissens die Liebe zur Weisheit. Sie schult das Denken. Aber die absolute Sicherheit, auf einfache Weise die "Wahrheit to go" zu finden, gibt es nicht. Also sollte man auch nicht mit Steinen auf Precht werfen, wenn er sich mal irrt. Besser wäre es, selbst nachzudenken und ihn argumentativ zu kontern.
Es ist aber meiner Meinung nach gut, wenn es Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die auch das große Ganze im Blick haben. Also: Quasi den Wald betrachten können, wo andere nur viele einzelne Bäume sehen. Im Sinne der europäischen Aufklärung sollte dies jeder können. Oder wenigstens versuchen. Wie aber schon Adorno konstatiert hat, gibt es eine Dialektik der Aufklärung. Soll heißen: Hitler hat innerhalb kürzester Zeit alle europäischen Werte der Aufklärung eingestampft und ein Heer von obrigkeitshörigen Leuten unter sich platziert, die ihm in Kadavergehorsam untertanentreu verpflichtet waren.
Solange also die Mehrheit der Menschen in unserer Gesellschaft zu unmündigen Arbeitnehmern und Verbrauchern degradiert werden anstatt sie zu mündigen Staatsbürgern zu machen, halte ich es für gerechtfertigt, dass es nicht nur im Elfenbeinturm Philosophen gibt, sondern eben auch in Talkshows, Podcasts etc., wie Precht es praktiziert.
Und was das Thema "Denken" betrifft, so hat auch Harald Welzer mal vor acht Jahren ein Buch heraus gebracht. Es heißt "Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand". Vielleicht sollte ich mir mal dieses Buch doch mal genauer ansehen.