Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Atue001 hat geschrieben:(20 Jan 2022, 23:59)

Wie ist denn die Entwicklung des BIP in Polen im Vergleich zum BIP in der EU? Wenn Polen hier in den letzten Jahren eher gut abgeschnitten hat, wäre der Euro für Polen für mich nicht das drängendste Problem.
Polen hat es geschafft, pro Kopf ungefähr das BIP von Portugal zu erreichen. Das fand ich auch sehr erfreulich. Aber die Frage ob EURO oder nicht-EURO sollte nicht am BIP festgemacht werden, sondern an den Erleichterungen für Handelspartner, die sich nicht mehr gegen Risiken der Wechselkurse versichern müssen. In einem gemeinsamen Markt halte ich es für unfair, wenn ein Partner seine Wettbewerbsfähigkeit mit Kurswechseln einstellen kann. Der PLN ist seit 2020 gegen den EUR um 10% abgerutscht... kostet jetzt 4,60 PLN / EUR. War einmal bei 3,98 PLN / EUR.

Eine "Minimalforderung" wäre deshalb, daß die nationalen Währungen eisern an den EUR angekettet sind.

Polnische Häuslebauer haben mit solchen Veränderungen sehr böse Erfahrungen gemacht: Schweizer Banken hatten sehr günstige Kredite angeboten, deutlich günstiger als polnische Banken. Irgendwann hat die Schweiz den Wechselkurs des SFR zum EUR um 20% erhöht, und schon hatten die Häuslebauer 20% mehr Schulden zu bedienen. Das ist sehr oft Thema in der polnischen Innenpolitik. Uns geht das unter die Haut, weil es sich dann um Privatleute handelt, die an diesem Unglück keine Schuld tragen.

So kann man aber auch ein Gefühl dafür entwickeln, welche Kosten und Risiken im internationalen Handel zu tragen sind... und daß das Risiko im gemeinsamen Binnenmarkt ausgeschlossen sein sollte. Wenigstens also die Pflicht fester Wechselkurse wie seinerzeit in der eiuropäischen Währungsschlange! Dann also Verträge in Polen in EUR abschließen... und gut ist's. Ich möchte wetten, daß es gesetzlich verboten ist, den PLN zu diskriminieren!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Atue001 »

Ich wäre gar nicht so streng, würde lediglich fordern, dass das BIP je Kopf von einem Nicht-Euro-Land nicht höher sein sollte als der Durchschnitt der Euroländer......denn dann ist doch genügend Masse vorhanden, um in der Mitte der EU mitzuschwimmen......

Wenn ein Land NOCH kein Euroland ist, und diese Tatsache nutzt, um über die Währung sich wirtschaftlich leichte Vorteile zu verschaffen.....dann ist das nicht unbedingt schlecht.....sondern erst, wenn das Land sich auf Kosten der Euroländer bereichert.....deshalb würde es mir reichen, wenn das BIP den Durchschnitt der Euroländer überschreitet, dass es dann zum MUSS wird, dass man auch den EURO einführt......
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H2O
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Tja, ich meine schon, daß 18 Jahre nach Ratifizierung der EU-Verträge auch Polen allmählich die Fähigkeiten von Estland, Lettland, Litauen und der Slowakei entwickelt haben sollte, die sämtlich schon vor 2 Jahren und früher zum Euro übergewechselt sind. Nein, ich wäre in meinem Standpunkt auch nicht so streng, wenn diese mutwillige Mißachtung der EU-Verträge mit Polen nicht so gut zum übrigen Verhalten Polens gegenüber der Gemeinschaft paßte.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

Polen bricht die nächste Brücke ab, die Europa ihm baut:

https://www.faz.net/aktuell/politik/asy ... 68121.html
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Haegar »

Klagen von Polen (und Ungarn) gegen Rechtsstaatsmechanismus durch EuGH abgelehnt.

https://www.spiegel.de/ausland/eugh-kla ... a4f06f21e6

https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... anismus-ab

Erwartungsgemäß. Nun kann Polen mit Miliardenverlusten bei den EU Subventionen rechnen. Hat die aktuelle polnische Regierung mit ihrem Konfrontationskurs "prima" hinbekommen für die Menschen in Polen.

Aber es scheint schon Bewegung bei der polnischen Regierung aufgekommen zu sein: "Polen ließ zuletzt vorsichtige Signale einer Annäherung an Brüssel erkennen."
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Haegar hat geschrieben:(16 Feb 2022, 11:43)

Klagen von Polen (und Ungarn) gegen Rechtsstaatsmechanismus durch EuGH abgelehnt.

https://www.spiegel.de/ausland/eugh-kla ... a4f06f21e6

https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... anismus-ab

Erwartungsgemäß. Nun kann Polen mit Miliardenverlusten bei den EU Subventionen rechnen. Hat die aktuelle polnische Regierung mit ihrem Konfrontationskurs "prima" hinbekommen für die Menschen in Polen.

Aber es scheint schon Bewegung bei der polnischen Regierung aufgekommen zu sein: "Polen ließ zuletzt vorsichtige Signale einer Annäherung an Brüssel erkennen."
Der polnische Vize-Justizminister bewertet das Urteil als Angriff auf Demokratie und Selbstbestimmung.

Die vorsichtigen Signale der Annäherung scheinen sehr zarte Pflänzchen zu sein.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

DarkLightbringer hat geschrieben:(16 Feb 2022, 12:10)

Der polnische Vize-Justizminister bewertet das Urteil als Angriff auf Demokratie und Selbstbestimmung.
Angriff auf die Demokratie? :D
Selbstbestimmung können die Polen haben, wie die Briten - aber das wollen sie ja nicht, sie wollen Geld aus Brüssel.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kritikaster »

DarkLightbringer hat geschrieben:(16 Feb 2022, 12:10)

Der polnische Vize-Justizminister bewertet das Urteil als Angriff auf Demokratie und Selbstbestimmung.
Das Leben liefert doch immer wieder die besten Witze ...
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
Wo der Sinn aufhört, beginnt der Wahnsinn. (Erhard Horst Bellermann)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Misterfritz hat geschrieben:(16 Feb 2022, 13:21)

Angriff auf die Demokratie? :D
So ist das Argument. Immerhin ist die Regierung frei gewählt.
Selbstbestimmung können die Polen haben, wie die Briten - aber das wollen sie ja nicht, sie wollen Geld aus Brüssel.
Will nicht Brüssel bzw. Luxemburg Geld aus Warschau?
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Kritikaster hat geschrieben:(16 Feb 2022, 13:33)

Das Leben liefert doch immer wieder die besten Witze ...
Das auf jeden Fall.
Kommissionschefin Von der Leyen "dämpfte die Erwartungen nach baldigen Strafen" - vermutlich der guten Laune wegen.

https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... anismus-ab
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

DarkLightbringer hat geschrieben:[url=viewtopic.php?p=5164759#p5164759] (16 Feb 2022, 23:06)
Will nicht Brüssel bzw. Luxemburg Geld aus Warschau?
Das ist eine mutwillige Verdrehung meiner Aussage - aber das kennt man ja von Dir.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Misterfritz hat geschrieben:(17 Feb 2022, 06:29)

Das ist eine mutwillige Verdrehung meiner Aussage - aber das kennt man ja von Dir.
Es ist eine andere Aussage.
Warschau spricht von Erpressung.

Man könnte auch sagen, die Annäherung zwischen dem EU-Staat und der Kommission steckt noch in ihren Anfängen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Haegar »

DarkLightbringer hat geschrieben:(17 Feb 2022, 08:32)

Es ist eine andere Aussage.
Warschau spricht von Erpressung.

....
Eine falsche Aussage dem EuGH zufolge:

"Der EuGH widersprach dem Vorbringen Polens und Ungarns nun ganz klar und wies deren Klagen in vollem Umfang ab. Es gehe gar nicht darum, die Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien als solche zu "bestrafen". Vielmehr wolle die EU nur ihren eigenen Haushalt schützen.

Der Rechtsstaatsmechanismus greife erst dann, wenn festgestellt sei, dass einerseits rechtsstaatliche Mängel bestehen, diese aber auch andererseits eine Gefahr für die finanziellen Interessen der Union bedeuten. Etwa dadurch, dass die Gelder womöglich nicht so verwendet werden würden, wie das vorgesehen ist.

Alle Mitgliedsstaaten seien in der Lage, zu definieren, was unter Rechtsstaatlichkeit zu verstehen sei. Das sei durch das EU-Recht und bisherige Urteile des EuGH klar definiert.

Zu den Werten, die die Europäische Union präge, gehörten die Grundsätze von Rechtsstaatlichkeit und Solidarität. Es reiche nicht aus, wenn ein Land vor dem Beitritt zur Union diese Grundsätze befolge und sich nach dem Beitritt wieder von ihnen verabschiede. Das seien Werte, die alle teilen. Diese Werte müsste die EU auch verteidigen."

https://www.tagesschau.de/ausland/europ ... s-105.html

Interessant ist auch der Teilbereich Solidarität. Damit setzt der EuGH einen weiteren Grundstein der EU-Rechtsentwicklung. Hat jemand einen Link zu dem Urteilstext ? Gerade selber gefunden:

https://curia.europa.eu/juris/document/ ... cid=343294

In Deutsch ist er bisher noch nicht übersetzt.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

In Deutsch ist er bisher noch nicht übersetzt.
Aber die Urteilsbegründung ist immerhin schon in Polnisch, Englisch, Französisch und Italienisch zu haben. Ich in froh, daß ich diesen Brei nicht auslöffeln muß... und so mancher Pole sicher auch. :D
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Sehr erfreulich aus schrecklichem Anlaß: In Polen ist die Bereitschaft groß, zumindest medial, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf zu nehmen, Ihnen Unterkünfte und Arbeitserlaubnis zu erteilen. Dabei spielt wohl das Zusammengehörigkeitsgefühl aus gemeinsamer Vergangenheit ein wichtige Rolle. Das war so ähnlich schon, aber gottlob nicht als massenhafter Zustrom, mit politischen Flüchtlingen aus Belarus zu beobachten... und in unangenehmem Gegensatz zu Kriegsflüchtlingen aus Syrien, Irak oder Afghanistan. Und nun zieht die EU mit und unterstützt Polens guten Willen.

Zugleich überschlägt sich die mediale Begeisterung für das zielgerichtete Abkoppeln Deutschlands von russischen Energielieferungen. Da weiß jeder Zeitungsleser, daß in Brunsbüttel mit der niederländischen GASUNIE und RWE ein Flüssiggas-Terminal zum Bau freigegeben und betrieben werden soll, das so ungefähr die Kapazität von Swinemünde-Warsow haben wird. Und in Wilhelmshaven beginnt eine ähnliche Entwicklung.

Das polnische Lob betrifft diese kurzfristige Entschlossenheit, mit der nun die Erpressungsmöglichkeiten Rußlands begrenzt werden sollen.

Endlich einmal freundliche Ansichten der polnischen Regierung und der polnischen Öffentlichkeit auf Deutschland. Warum muß dazu immer erst ein solcher Anlaß wie ein russischer Raubüberfall auf die Ukraine gegeben sein?
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Tom Bombadil
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Tom Bombadil »

Der Polxit hat sich wohl auf nicht absehbare Zeit erledigt.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Ja, wenn Polen im Verfassungskonflikt gegen "acquis communautaire" einlenkt, d. h. sich mit der EU (oder der "Venedig-Kommission") über ein mit dem acquis communautaire verträgliches unabhängiges Verfassungsgericht verständigt, dann gibt es Geld aus Brüssel für die Bewältigung der Flüchtlingsströme aus der Ukraine, die Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und für die Regionalentwicklung, und der POLEXIT ist erst einmal vom Tisch. Die EU darf nicht zulassen, daß Polen diesen mutwillig vom Zaun gebrochenen Verfassungskonflikt mit der Not durch Flüchtlinge zukleistert.

In einer anderen wichtigen Sache ist Polen inzwischen zurück gerudert. Präsident Duda hat klipp und klar die Bereitstellung von MIG29 aus polnischen Beständen für die ukrainische Seite zurück gewiesen: "Das sind und bleiben polnische Flugzeuge. Präsident Selenski / Ukraine will sein Land mit diesen Flugzeugen gegen den russischen Angreifer schützen. Das kann ich verstehen. Aber Präsident Selenski muß auch verstehen, daß mir die Sicherheit Polens am Herzen liegt, die durch solche Lieferung / Überlassung gefährdet wäre."

Ich hatte schon ganz verdattert über diese polnische Lieferzusage von Großgerät am Verstand der Polen gezweifelt. Es gibt also doch noch Politiker in Polen, die bei aller Gegnerschaft zu Rußland noch bis "3" zählen können.

Nun muß noch das "4. Reich" wieder in der Versenkung verschwinden; dann wäre für mich in Polen die Welt wieder in Ordnung! Dann kann man nüchtern das jetzt dringend Notwendige gemeinsam tun, nämlich die gemeinsame Wehrhaftigkeit entwickeln... Stichwort "Weimarer Dreieck". Ab Mai 2022 steht Präsident Macron hoffentlich wieder auf der Kommandobrücke!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Armes Deutschland »

Der Aussteig Polens wäre für die EU eine katastrophe. Die Polen sind fleisig und gut ausgebildet.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Armes Deutschland hat geschrieben: So 20. Mär 2022, 12:42 Der Aussteig Polens wäre für die EU eine katastrophe. Die Polen sind fleisig und gut ausgebildet.
Das läßt sich geschichtlich für das deutsche Volk auch belegen. Dennoch war Deutschland eine politische Katastrophe für seine Nachbarn. Das hat sich inzwischen gottlob geändert. Wir haben in Deutschland eine freiheitliche und sozialstaatliche Demokratie mit einem unabhängigen Rechtswesen, und Mitbürger, die darauf vertrauen. Deshalb wird so rasch niemand unser Land aus der EU heraus führen oder es in dieser Hinsicht bedrängen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Bielefeld09 »

Armes Deutschland hat geschrieben: So 20. Mär 2022, 12:42 Der Aussteig Polens wäre für die EU eine katastrophe. Die Polen sind fleisig und gut ausgebildet.
Letzteres Ihrer Aussage stimmt. Aber der Ausstieg Polens aus der EU und der Nato
würden Polen zum Appetithäppchen für Putin umwandeln.
Die EU würde für meine Werte stehen!
Hatten Sie noch Fragen!
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Europa2050 »

Armes Deutschland hat geschrieben: So 20. Mär 2022, 12:42 Der Aussteig Polens wäre für die EU eine katastrophe. Die Polen sind fleisig und gut ausgebildet.
Ich denke, den Polexit hat putin mit seiner Harakiri-Aktion sozusagen mit beerdigt.

Die Polen bis hin zur PiS wissen wieder, was sie an ihrer Giedroyc-Doktrin haben und welche Rolle die EU und Deutschland (die allerdings ihren Platz zwischen Mittelosteuropa und Russland noch suchen) da spielt.

Und die EU hat gesehen, dass die Polen auch unter PiS europäische Solidarität inkl. Bewältigung von Flüchtlingen sehr wohl können und wollen und vom intriganten Orbán haben die sich auch losgesagt.

Jetzt nach Kriegsende noch das „Richterproblem“ abgeräumt und Polen ist wieder fest in der EU verwurzelt.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Atue001 »

Das ist zu einfach gedacht. Innerhalb der EU gibt es mindestens zwei Strömungen. Eine, die auf verstärkte Integration setzt, eine andere, die auf eine Wirtschaftsunion von starken unabhängigen Nationalstaaten setzt. Die beiden Strömungen sind nahezu in jedem EU-Land mehr oder weniger stark ausgeprägt. Und teilweise gehen die Schnittstellen quer durch bestehende Parteien. Bis dato haben noch immer die eine Mehrheit zusammen gebracht, die auf mehr Integration setzen - zumindest soweit, dass sie die Angriffe der Gegenseite abwehren konnten.

Polen liebt die EU - aber gleichwohl gibt es starke Strömungen für den Nationalstaat. Das ist kein Widerspruch - und schon gar nicht für die Westintegration. Die basiert primär auf der NATO, nicht auf der EU.

Das hat sich auch mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht verändert - es würde sich aber verändern, wenn beispielsweise Trump nochmals das Weiße Haus erobern würde, und dann die NATO in Frage gestellt würde.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Europa2050 hat geschrieben: Di 3. Mai 2022, 08:43 Ich denke, den Polexit hat putin mit seiner Harakiri-Aktion sozusagen mit beerdigt.
(...)
Jetzt nach Kriegsende noch das „Richterproblem“ abgeräumt und Polen ist wieder fest in der EU verwurzelt.
So ganz glücklich bin ich als "Pole" denn aber doch nicht. Vergessen wir nicht, daß Polen auf allerhöchste Weisung seiner Regierung Zuwanderer aus islamischen Gesellschaften in den Wäldern von Bialystok erbarmungslos verschimmeln läßt. Diese Unmenschlichkeit wird auch nicht dadurch geringer, daß dort ein hunderte Kilometer langer Zaun die Grenze zu Bialorus absperrt, also gar nicht erst Asylanträge gestellt werden können.

Klar, gegenüber ukrainischen Flüchtlingen aus der Ukraine zeigt Polen sich von seiner guten christlichen Seite.... sollte deshalb auch zu Recht gelobt werden... ohne die andere Unmenschlichkeit zu vergessen.

Vielleicht sehe ich etwas zu philosophisch eine getrennte gesellschaftliche Entwicklung im Westen Europas mit seiner sehr bedeutenden Zuwanderung aus islamisch geprägten Ländern und in Osteuropa, daß sich ganz entschieden gegen solche Zuwanderer sperrt. Wobei möglicherweise doch das Kunststück gelingt, daß Glaubensunterschiede und damit dann auch Überzeugungen verschwinden mit der auch im Osten (zumindest in Polen) zu beobachtenden Säkularisierung.

Die Geldnot hat in Polen die Einsicht gefördert, daß der polnische Eigensinn mit der Abschaffung des unabhängigen Rechtsstaats das Land in stetig größer werdende finanzielle Probleme führt. Tatsächlich wird nicht nur diskutiert, sondern auch gehandelt. Die EU muß allerdings aufpassen, daß dort keine Mogelpackungen Änderungen vortäuschen. Denn das Handeln folgt keineswegs einer Überzeugung, sondern dem Drang zur Kasse.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Atue001 hat geschrieben: Do 12. Mai 2022, 00:15 Das ist zu einfach gedacht.(...)
Die basiert primär auf der NATO, nicht auf der EU.

Das hat sich auch mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht verändert - es würde sich aber verändern, wenn beispielsweise Trump nochmals das Weiße Haus erobern würde, und dann die NATO in Frage gestellt würde.
Polen - USA... scheint aus polnischer Sicht eher eine von den USA verschmähte Liebesbeziehung zu sein.

Die EU ist nun einmal kein Verteidigungsbündnis; die Grenze zu Rußland liegt heute mit dem ehemaligen Ostpreußen weiter im Wesen als zuvor. Da leuchtet es doch ein, daß die NATO für Polens Sicherheit einen höheren Stellenwert hat als die EU. Allerdings entwickelt sich die EU zumindest gedanklich zunehmend auch zu einem Schutzraum für ihre Mitglieder. Auch in Polen mehren sich Leserkommentare, die auf eine europäische Armee drängen. Vielen Polen schwant, daß das Land die Mittel nicht hat, sich einen wirksamen Schutz gegen Rußland leisten zu können.

Na ja, den Trump hatte Polen ja ziemlich hofiert... da war doch von der Verlegung von US-Militär aus Deutschland in ein "Fort Trump" die öffentliche Rede. Die Wahrnehmung der Person Trump war also in Polen völlig anders als in Deutschland. Dennoch, ich stimme zu, daß Trump das Ende der NATO besiegeln würde, falls er oder einer seiner Spießgesellen wieder die politische Macht in den USA gewinnen könnten.

Für mich als Deutschem bleibt die Hoffnung, daß die Bundesregierung nicht über den Gaspreis die "Zeitenwende" aus dem Blick verliert. Der Neuaufbau der Bundeswehr ist doch sehr in den Hintergrund geraten!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Das nenne ich Gedankenfreiheit: In der Gazeta Wyborcza wird heute, 2022-06-24, in zwei Kommentaren der Kandidatenstatus für die Aufnahme der Ukraine in die EU betrachtet, wie es unterschiedlicher kaum sein könnte.

Der eine Kommentator, Herr Bartosz Wieliński, steht meiner Sicht auf diese Ereignisse sehr nahe... sieht also, welche Veränderungen die Ukraine abarbeiten muß, um die Mitgliedsbedingungen der EU zu erfüllen, welche Veränderungen die EU in Richtung einer vertieften Zusammenarbeit abarbeiten muß, um künftig noch funktionsfähig sein zu können. Gefühlt also ein Europäer aus vollem Herzen, der zur Sprache bringt, wo derzeit Hürden stehen, die überwunden werden müssen ...und können. Damit steht der Autor ganz fest auf dem Boden der Gründungsväter der EU... eine gute Sache eben, die immer weiter ausgebaut werden sollte.

Der andere Kommentator, Herr Władisław Inoziemcew, verfällt voller Begeisterung in eine großpolnische Sichtweise, die ungefragt die Ukraine, Bialorus, Polen und Litauen zu einem östlichen Machtgefüge vereint... einmal natürlich, um es den Russen einmal so richtig zeigen zu können, dann aber auch, um der westlichen EU diese östliche Union entgegen zu stellen... das alles natürlich unter polnischer Federführung, versteht sich. Unverkennbar also ein polnischer Geltungsdrang und Nationalismus, sicher auch aus dem Gefühl anhaltender Beleidigung und Mißachtung entstanden... eine Rolle, in die sich hier etliche Politiker hinein steigern. Ohne dabei ein Gefühl dafür zu entwickeln, daß sie mit einem solchen Machtblock die EU sprengen könnten, oder schlimmer noch: In dem Gefühl, die EU künftig gar nicht mehr zu benötigen. Nun ja, vielleicht bin ich durch entsprechende Leserkommentare der Vergangenheit besonders argwöhnisch, wenn solche Gedanken ausgebreitet werden.

Immerhin aber: Gedankenfreiheit in Vollendung in einer linksliberalen Zeitung.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Haegar »

Danke für diese Berichte von unseren polnischen EU-Bürger.

Vor allem die Kommentare in der Zeitung geben einen unverfälschten Bericht. Im Krieg zeigen sich die Menschen offen in ihrer besten und schlimmsten Seite. Und "Polen" ist geographisch und emotional sehr nah im Krieg in der Ukraine eingebunden.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Haegar hat geschrieben: Fr 24. Jun 2022, 10:00 Danke für diese Berichte von unseren polnischen EU-Bürger.

Vor allem die Kommentare in der Zeitung geben einen unverfälschten Bericht. Im Krieg zeigen sich die Menschen offen in ihrer besten und schlimmsten Seite. Und "Polen" ist geographisch und emotional sehr nah im Krieg in der Ukraine eingebunden.
Das ist leider wahr! Eine wichtige Aufgabe der NATO und der EU sehe ich darin, Polen vor dem Überschreiten "Roter Linien" zu bewahren. Der Ukraine dürfte der Einstig Polens in diesen Krieg gefallen. Der NATO und der EU wohl weniger.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Rumms! Frau Vera Jourova hat als zuständige EU-Kommissarin die Schönheitsreparaturen Polens hin zum unabhängigen Rechtsstaat als unzureichend bewertet. Was bedeutet, daß verhängte Strafzahlungen wegen Vertragsbruchs der EU-Verträge weiter bestehen bleiben und Mittel zur Regionalförderung Polens und zum Wiederaufbau nach der Pandemie nicht fließen werden. Die polnische Regierung wird dann wohl noch eine Schippe mehr auflegen müssen, um ihre ehrgeizigen Pläne für den Wiederaufbau der polnischen Wirtschaft nach der Pandemie umsetzen zu können.

Die Gazeta Wyborcza veröffentlicht dazu heute, 2022-06-30, folgende Überschrift:
Wypłaty z KPO zagrożone? Vera Jourova: Jeśli nie będzie zmian w prawie, nie wypłacimy pieniędzy
  • Zahlungen für den [Krajowy Plan Odbudowy] Aufbaufonds bedroht? Vera Jourova: Falls es keine wirklichen Änderungen gibt, zahlen wir keine Gelder
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Man sollte es nicht für möglich halten... aber so berichtet es die Gazeta Wyborcza vom Sonnabend, 2022-07-16. Die stärkste Regierungspartei der polnischen Rechtskoalition, die PiS, hat ein innenpolitisches Lieblingsprojekt: Sie erwartet vom wiedervereinigten Deutschland Reparationen für Leid, Elend und Zerstörungen, die sich die deutsche Wehrmacht und die deutsche Besatzungsmacht in Polen zu schulden kommen lassen haben. Das alles ist jetzt mindestens 77 Jahre Vergangenheit, etwa die Hälfte des heutigen Polens befindet sich auf ehemals deutschem Reichsgebiet. Polen und Deutschland sind zugleich Mitglieder in der NATO und in der EU.

Also schlecht; der Parteichef der PiS, Jarosław Kaczyński, hat eine politische Wahlveranstaltung in Płock dazu genutzt, seinen Anhängern zu versichern, daß Polen am 1. September 2022 Deutschland angreifen werde... mit der ausführlich begründeten Forderung nach obigen Reparationen. Dazu muß an den 1. September 1939 erinnert werden: Der Tag, an dem das Deutsche Reich Adolf Hitlers gemeinsam mit der Sowjetunion Josef Stalins Polen überfielen und unter sich aufteilten. Der sowjetische Teil der Beute ist heute Teil der Ukraine, Belorus' und Litauens, die sie als Erbmasse der untergegegangenen Sowjwetunion mit in die Unabhängigkeit nahmen.

Polen erhebt jedoch keinerlei Reparationsforderungen gegen die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, wohl aber gegen die Bundesrepublik Deutschland, obwohl Polen völkerrechtlich verbindlich gegenüber der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands auf Reparationen verzichtet hatte.

In der dreifachen Krise Europas, Pandemie mit SarsCoV 2, Krieg Rußlands mit der Ukraine, Erderwärmung, zündelt also die gewählte polnische Regierung mit einen Dauerstreit gegen den Nato-Partner- und EU-Partner Deutschland.

Das geht selbst den polnischen Lesern der Gazeta Wyborcza gehörig gegen den Strich. Wiederholt wird daran erinnert, daß Deutschland tatsächlich auf den Gedanken kommen könne, die Forderung nach Reparationen zu erfüllen und im Gegenzug die Rückgabe der verlorenen Reichsgebiete verlangt. Wenn Polen geltende Verträge für ungültig erklärt, warum dann nicht auch Deutschland? Nun ja, keine verantwortliche Bundesregierung wird solche Forderungen erheben, nachdem es mehrere feierliche Erklärungen deutscher Regierungen gab, daß sie diese ehemaligen Reichsgebiete nicht mehr zurück fordern werde.

Allerdings sieht die Bundesregierung diesen Mätzchen der polnischen Regierungsparteien sehr gelassen zu, nachdem sie schon den vorletzten "Botschafter" Polens, Herrn Prof Dr Andrzej Przylebski in Berlin ganz einfach "übersehen" hatte, wenn er mit diesen Mätzchen aufwartete. Der deutsche Rechtsstandpunkt dazu ist klar: Nach dem Verzicht der kommunistischen polnischen Regierung auf Reparationen gegenüber der DDR als Nachfolgestaat des Deutschen Reichs gilt dieser Verzicht auch für das wiedervereinigte Deutschland.

Dennoch dürfen wir Deutschen am, 1. September 2022 offenbar mit einem unerfreulichen Auftritt der polnischen Regierung mit der "präzisierten" Reparationsforderung rechnen. Fehlt vermutlich auf polnischer Seite der Zusatz Hitlers bei der Bekanntgabe des deutschen Überfalls auf Polen am 1. September 1939: "Ab 05:30 Uhr wird zurück geschossen!" Ja, warum auch... und warum sollte die Bundesregierung mit der polnischen Regierung in dieser Sache verhandeln, wo nichts zu verhandeln ist? Aber vielleicht geschieht ja ein Wunder, und das polnische Volk selbst entzieht dieser polnischen Regierung die politische Macht im Lande... ganz einfach, weil es den Dauerstänkereien gegen Deutschland und die EU ein Ende machen möchte.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

Deutschland angreifen? Am 1. September? Ist Kaczynski jetzt komplett durchgeknallt? Der Karneval beginnt doch erst am 11. November!

Keinen müden Cent bekommt Polen. Das ist alles längst durch international bindende Verträge geklärt.

Ich hätte gedacht, dass diese Hasskampangne jetzt unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine langsam aufhört. Aber das ist wohl nicht so. Meiner Ansicht nach gehören Polen und Ungarn nicht in die EU.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben: So 17. Jul 2022, 13:42 Deutschland angreifen? Am 1. September? Ist Kaczynski jetzt komplett durchgeknallt? Der Karneval beginnt doch erst am 11. November!
(...)
Meiner Ansicht nach gehören Polen und Ungarn nicht in die EU.
Na klar, der Parteichef Jarosław Kaczyński ist ganz ohne Frage ein Fall für den Arzt; da haben sich zwei gefunden, denn sein Verbündeter Zbigniew Ziobro ist vergleichbar durchgeknallt. Aber dennoch Widerspruch: Meine Polen sind überzeugte Europäer; die wissen genau, wo ihr Platz sein muß und sein wird. Über Ungarn traue ich mir keine Wertung zu. Kenne ich gar nicht!

Heute, 2022-07-18 eine nette Meldung in meinem Leib-und-Magen-Blatt, der Gazeta Wyborcza:
Chcemy rodzić w Niemczech. "Nie musimy znać języka, co trzeci lekarz to Polak"
  • Wir wollen in Deutschland gebären. Wir müssen die Sprache nicht verstehen; jeder 3. Arzt ist Pole!"
Dem im Wege stehen natürlich Kosten: Ausländerinnen ohne festen Wohnsitz in Deutschland müssen angeblich 2 bis 4 k€ für eine Geburt in deutschen Geburtskliniken bezahlen. Ich schlage vor, dies ohne Berechnung von Kosten an zu bieten, wenn die Kinder später in der Schule Deutsch als 2. Fremdsprache wählen und danach in Deutschland studieren... oder noch besser: Kostenrückerstattung zum inflationsbereinigten Tagespreis mit dem Bachelor-Abschluß einer deutschen Hochschule... willkommen in Europa!

Ja, ziemlich dumme Sache; aber nur so wird Polen einen Weg zum guten Umgang mit seiner Bildungselite finden...
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Anlaß zur Freude für uns Europäer: In Polen wurde wieder einmal eine Umfrage durchgeführt, wie die Polen ihre Einbindung in die EU empfinden und wertschätzen. Überwältigender Zusprach der Befragten... sogar parteiübergreifend. Unter dem Strich:
https://wyborcza.pl/7,75398,28722152,an ... 2-L.1.maly
Antyunijna retoryka PiS nie działa. Polacy proeuropejscy jak nigdy
  • EU-feindliche Reden der PiS wirkungslos. Polen so europafreundlich wie nie
Nun ja, 92% Zustimmung zur polnischen Mitgliedschaft in der EU, das ist schon einmal eine "Hausnummer"! Bitte mehr davon!

Natürlich sind diese Zustimmungswerte in den Parteien unterschiedlich stark... aber durchweg in der Mehrheit, selbst dort, wo die Führungskräfte eine betont gegen die EU gerichtete Sprechweise pflegen. Erstaunlich, daß diese Kräfte sich in ihren Parteien behaupten können! Dort, wo das Thema Europa ohnehin eine Herzensangelegenheit ist, liegen die Zustimmungswerte zur polnischen Zugehörigkeit zur EU auch sehr knapp unter 100%... nun ja, was Wunder, 92% über alles wollen auch erst einmal erreicht werden.

Hoffen wir also, daß die auf enge Zusammenarbeit in Europa gerichteten Kräfte in Polen die kommenden Parlamentswahlen in 2023 gewinnen werden. Vielleicht eine neue Gelegenheit, das "Weimarer Dreieck F-D-PL" neu zu beleben?
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Nochmal Polen:

Polen hat eine Kohlenkrise... importiert in großen Mengen Kohle aus Rußland für seine Kohlekraftwerke. Das wäre nicht verwunderlich, wenn Polen nicht zugleich große Mengen Kohle aus eigener Förderung ins Ausland verkaufte. Das verstehe wer will... außer, wenn Polen die russische Kohle unter der Hand schlicht weiter verkaufte.

https://wyborcza.biz/biznes/7,179190,28 ... 1-L.1.duzy
  • Węglowy paradoks. Surowca brakuje, a Polska wysyła go w świat
    Kohlenparadoxon. Der Rohstoff fehlt, aber Polen verfrachtet ihn ins Ausland
Nun ja, dort werden noch weitere Verrücktheiten in der polnischen Energiepolitik beschrieben, aber das führt hier wohl doch zu weit.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Di 26. Jul 2022, 10:37 Anlaß zur Freude für uns Europäer: In Polen wurde wieder einmal eine Umfrage durchgeführt, wie die Polen ihre Einbindung in die EU empfinden und wertschätzen. Überwältigender Zusprach der Befragten... sogar parteiübergreifend. Unter dem Strich:
https://wyborcza.pl/7,75398,28722152,an ... 2-L.1.maly

  • EU-feindliche Reden der PiS wirkungslos. Polen so europafreundlich wie nie
Nun ja, 92% Zustimmung zur polnischen Mitgliedschaft in der EU, das ist schon einmal eine "Hausnummer"! Bitte mehr davon!

Natürlich sind diese Zustimmungswerte in den Parteien unterschiedlich stark... aber durchweg in der Mehrheit, selbst dort, wo die Führungskräfte eine betont gegen die EU gerichtete Sprechweise pflegen. Erstaunlich, daß diese Kräfte sich in ihren Parteien behaupten können! Dort, wo das Thema Europa ohnehin eine Herzensangelegenheit ist, liegen die Zustimmungswerte zur polnischen Zugehörigkeit zur EU auch sehr knapp unter 100%... nun ja, was Wunder, 92% über alles wollen auch erst einmal erreicht werden.

Hoffen wir also, daß die auf enge Zusammenarbeit in Europa gerichteten Kräfte in Polen die kommenden Parlamentswahlen in 2023 gewinnen werden. Vielleicht eine neue Gelegenheit, das "Weimarer Dreieck F-D-PL" neu zu beleben?
Mit scheint, dass der Knackpunkt eher in der Frage liegt, was die Polen sich unter "EU" vorstellen. Den großen Selbstbedienungsladen, in dem man an der Kasse nichts bezahlen muss und zusätzlich noch Wechselgeld herausbekommt, wollen sicher viele Leute haben. Es hat ja nie jemand unterstellt, dass sogar Leute wie Kaczynski Polen in der EU halten wollen. Immerhin ist Polen der größte Netto-Empfänger von EU-Zahlungen. Die wollen sich nur nicht an EU-Regeln halten. Abkassieren ohne jede Verpflichtung. Das stellen diese Leute sich unter der EU vor.

Sagt die von Dir zitierte Umfrage etwas darüber aus, welche "Ordnungsvorstellung" die Befragten hatten? Das wäre eine sehr spannende Frage.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

Kohlhaas hat geschrieben: Di 26. Jul 2022, 15:22 Mit scheint, dass der Knackpunkt eher in der Frage liegt, was die Polen sich unter "EU" vorstellen. Den großen Selbstbedienungsladen, in dem man an der Kasse nichts bezahlen muss und zusätzlich noch Wechselgeld herausbekommt, wollen sicher viele Leute haben. Es hat ja nie jemand unterstellt, dass sogar Leute wie Kaczynski Polen in der EU halten wollen. Immerhin ist Polen der größte Netto-Empfänger von EU-Zahlungen. Die wollen sich nur nicht an EU-Regeln halten. Abkassieren ohne jede Verpflichtung. Das stellen diese Leute sich unter der EU vor.

Sagt die von Dir zitierte Umfrage etwas darüber aus, welche "Ordnungsvorstellung" die Befragten hatten? Das wäre eine sehr spannende Frage.
Und dazu kommen ja noch die privaten Vorzüge, wie überall in der EU arbeiten zu können.
Da man aber mehrheitlich zur PiS neigt, wird wohl ein völlig anderes Verständnis über die EU vorherrschen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Nun, in der selben Nummer der Gazeta Wyborcza wird von Pjotr Maciej Kaczyński (ja, der Familienname lautet wirklich so :D ) die weitere Entwicklung der EU zu einer Föderation der Vereinigten Staaten von Europa ausgebreitet... beginnend mit den Gründervätern der heutigen EU... Robert Schumann, Altiero Spinelli. Schumann als Vertreter der verbleibenden Staatlichkeit der EU-Mitglieder, Spinelli als der Vertreter der Zentralstaatlichkeit der EU.

https://wyborcza.pl/7,75968,28723719,si ... L.3.glowka

Der Artikel ist natürlich ein Meinungsbeitrag, aber er ist lesenswert... und entspricht auch meiner Sichtweise, wie Europa zusammenwachsen kann... und vermutlich auch zusammenwachsen wird... eine Föderation, die nach außen als Staat auftritt, aber im Inneren doch ihre nationalen Eigenheiten bewahren wird.

Immerhin, der Artikel ist in Polen geschrieben worden, die Leserkommentare sind von Polen geschrieben worden. Und danach sieht es ganz so aus, als ob Polen sich in ihren Vorstellungen von dem, was uns Europäern als Entwicklungsziel am Herzen liegt, in keiner Weise unterscheiden.

Ich meine, daß Sie sich beide, @MisterFritz und @Kohlhaas, von den in vieler Hinsicht chauvinistisch wahrhaft abstoßenden Verlautbarungen der Regierungskoalition aus PiS, Solidarna Polska und Porozumienie dazu verleiten lassen, auf die Menschen in Polen zu schließen.

Bitte nicht vergessen,
  • daß Polen kein Geld aus dem Corona-Wiederaufbaufonds erhält, so lange es die in der EU übliche Rechtsstaatlichlkeit nicht glaubhaft wieder hergestellt hat. Und daß ein Verfahren läuft, das von Polen jeden Tag 1 Mio EUR verlangt, so lange der Skandal besteht, daß eine Regierungspartei den Durchgriff auf die Ernennung und Entlassung von Richtern gekapert hat.
  • daß aber die Polen, anstatt sich über die Strafmaßnahmen zu empören, diese Maßnahmen befürworten und sie sich durch die EU geschützt fühlen, die ein solches Abgleiten in eine Parteiendiktatur verhindert. Denn auf das Geld ist Polen unbedingt angewiesen, kann viele großspurig als nationale Projekte angekündigte Vorhaben nur mit Hilfe der EU verwirklichen. Und die Leute wissen das und sind dennoch von der Richtigkeit der EU-Maßnahmen überzeugt, so daß die Zustimmung zur EU und der polnischen Zukunft innerhalb der EU gewachsen ist.
Meine Sicht in meiner Umgebung in West-Pommern kann kein vollständiges Bild der polnischen Meinungslandschaft enthalten. Aber ich neige schon zum Optimismus, daß Polen dann doch ganz liebenswerte Europäer sind. So viel sehr persönliches Wohlwollen zu erfahren, privat und in Ämtern, das prägt natürlich.

Gegenfrage: Haben Sie im persönlichen Kontakt mit Polen auf Reisen oder als Mitarbeiter in deutschen Unternehmen gegenteilige Erfahrungen gesammelt? Sind Ihnen die 750.000 Polen in Deutschland jemals unangenehm aufgefallen? Oder lassen Sie sich von Journalisten verleiten, die natürlich auf auflagenstarke Aufreger scharf sind und sie notfalls auch herbeireden?
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Di 26. Jul 2022, 17:28Ich meine, daß Sie sich beide, @MisterFritz und @Kohlhaas, von den in vieler Hinsicht chauvinistisch wahrhaft abstoßenden Verlautbarungen der Regierungskoalition aus PiS, Solidarna Polska und Porozumienie dazu verleiten lassen, auf die Menschen in Polen zu schließen.

Neinneinnein, so hatte ich das nicht gemeint. Wenn ich missverstanden worden sein sollte, habe ich mich vermutlich irgendwie blöd ausgedrückt. Ich wollte nur von Dir als sachkundigem Menschen wissen, ob die Menschen in Polen bezüglich der EU ähnlich ticken wie ihre dubiose und oft ziemlich antideutsch auftretende Regierung. Ich wollte da gar nichts unterstellen, sondern nur die Meinung von jemandem erfragen, der in Polen lebt und das Land und die Leute ganz sicher besser kennt als ich.
Bitte nicht vergessen,
  • daß Polen kein Geld aus dem Corona-Wiederaufbaufonds erhält, so lange es die in der EU übliche Rechtsstaatlichlkeit nicht glaubhaft wieder hergestellt hat. Und daß ein Verfahren läuft, das von Polen jeden Tag 1 Mio EUR verlangt, so lange der Skandal besteht, daß eine Regierungspartei den Durchgriff auf die Ernennung und Entlassung von Richtern gekapert hat.
  • daß aber die Polen, anstatt sich über die Strafmaßnahmen zu empören, diese Maßnahmen befürworten und sie sich durch die EU geschützt fühlen, die ein solches Abgleiten in eine Parteiendiktatur verhindert. Denn auf das Geld ist Polen unbedingt angewiesen, kann viele großspurig als nationale Projekte angekündigte Vorhaben nur mit Hilfe der EU verwirklichen. Und die Leute wissen das und sind dennoch von der Richtigkeit der EU-Maßnahmen überzeugt, so daß die Zustimmung zur EU und der polnischen Zukunft innerhalb der EU gewachsen ist.
?
Das wusste ich zum Beispiel nicht, dass die EU-Sanktionen gegen Polen in dem Land Befürworter haben. Man kriegt hier in Deutschland ja immer nur die Verlautbarungen von Kaczynski und Co mit. Und das geht ja nun bis hin zur Ankündigung, am 1. September in Deutschland einzumarschieren...

Ich habe überhaupt keine schlechten Erfahrungen mit polen oder aus Polen stammenden Menschen gemacht. Im Gegenteil. Mein Erfahrungsschatz ist da allerdings auch sehr beschränkt. Direkten "Kontakt" zum Land Polen hatte ich im Grunde nur einmal beim Besuch des Polenmarkts in Zittau, wo mein Vater aufgewachsen ist. Und alle Menschen aus Polen, die ich hier im Westen Deutschlands getroffen habe, waren total liebe Leute. Ich habe gegen die überhaupt keine Vorbehalte. Ich kann nur einfach nicht einschätzen, wie die polnischen "Normalbürger" zur EU stehen. Ich weiß, dass die Zustimmung zur EU in Polen deutlich größer ist als in jedem anderen Mitgliedsland. Ich hab bloß keine Ahnung, welche "Version" der EU die freilaufenden Menschen auf den polnischen Straßen sich wünschen. Ich habe den Verdacht, dass die Kaczynskis in dem Land nicht repräsentativ für die Bevölkerung sind. Aber ich weiß es einfach nicht.

Deshalb hatte ich gehofft, dass Du mein Unwissen mittels persönlicher Sachkenntnis ein bisschen lindern könntest. ;) Hat ja auch schon geholfen. Berichte bitte weiter aus Polen. Das ganze Thema wird leider im Moment völlig überdeckt von diesem unseligen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Es gibt in Deutschland auch im Moment keinerlei Berichte, die auch nur verdächtig wären, durch "Aufreger" Auflage zu machen. Es ist vielmehr so, dass über das Verhältnis zwischen Polen und der EU überhaupt nicht mehr berichtet wird. Alles verdeckt durch den Ukraine-Krieg. Es gibt fast kein anderes Thema mehr.

Nochmal: Ich wollte niemandem zu nahe treten oder irgendwelche krummen Andeutungen machen. Ich wollte nur von einem Kenner des Landes wissen, ob die Haltung der polnischen Regierung zur EU in der Bevölkerung Rückhalt hat.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

@Kohlhaas:

Ich bin doch kein "Polenkenner", kann doch vernünftig nur von dem nordwestlichen Zipfelchen Pommerns berichten. Natürlich gibt es in Polen Nordwest auch Flegel beiderlei Geschlechts... wie könnte das anders sein. Das kann ich aber auch aus der deutschen Hansestadt Bremen so berichten... oder aus der Toskana oder auch aus dem Zentralmassiv in Frankreich oder aus Nordengland oder aus Anatolien. Folglich vermeide ich es auch, aus einzelnen unschönen Erlebnissen das Gesamtbild einer anderen Gesellschaft zu erzeugen. Die Leute hier in Nordwestpommern sind völlig normal gestrickt im täglichen Umgang. Mein Vorteil ist eben nur, daß ich die Landessprachen beherrsche (nein, türkisch nicht!) und ich damit auf die Menschen zugehen kann.

Aber ich danke Ihnen für Ihre Bitte, weiter aus Polen zu berichten... das deutsch-polnische Miteinander liegt mir ohnehin am Herzen... nicht ganz uneigennützig, versteht sich.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Di 26. Jul 2022, 22:16 @Kohlhaas:

Ich bin doch kein "Polenkenner"
Verglichen mit mir bist Du das definitiv. Du wohnst dort, ich hingegen war noch nie in dem Land.
... das deutsch-polnische Miteinander liegt mir ohnehin am Herzen... nicht ganz uneigennützig, versteht sich.
Mir liegt das auch sehr am Herzen. Es wäre ein großer Fortschritt für Europa, die Achse Paris-Berlin bis Warschau zu verlängern. Aber die polnische Regierung hat daran ja leider überhaupt kein Interesse. Da wird meinem Eindruck nach nur tätig der Hass auf Deutschland gepflegt. Und damit meine ich jetzt nicht die Normalbürger! Über die weiß ich zu wenig. Alle, die ich persönlich kennengelernt habe, sind sehr liebe Menschen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben: Do 28. Jul 2022, 17:14 Verglichen mit mir bist Du das definitiv. Du wohnst dort, ich hingegen war noch nie in dem Land.


Mir liegt das auch sehr am Herzen. Es wäre ein großer Fortschritt für Europa, die Achse Paris-Berlin bis Warschau zu verlängern. Aber die polnische Regierung hat daran ja leider überhaupt kein Interesse. Da wird meinem Eindruck nach nur tätig der Hass auf Deutschland gepflegt. Und damit meine ich jetzt nicht die Normalbürger! Über die weiß ich zu wenig. Alle, die ich persönlich kennengelernt habe, sind sehr liebe Menschen.
Genau diese Verrücktheiten bedauere ich auch. Wie kann man nur ohne zwingenden Grund auf den Nachbarn einprügeln... das machen doch nur Verrückte. Es sieht in Umfragen so aus, als ob die polnischen Wähler ihre derzeitige Regierung satt haben. Aber ein Parlament wird auch in Polen für 4 Jahre gewählt; und so muß sich der polnische Wähler eben noch bis Ende 2023 mit der bestehenden Regierung abfinden. 8 Jahre PiS-Koalition reichen denn wohl auch...

Als Deutscher mit ständigem Wohnsitz in West-Pommern habe damit gar nichts am Hut; aber eine Meinung zur polnischen Tagespolitik leiste ich mir denn doch. Meine Gesprächspartner fragen ja auch danach... möchten andere Sichtweisen kennen lernen. Also ganz normaler und stets freundlicher Umgang miteinander.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

Kohlhaas hat geschrieben: Do 28. Jul 2022, 17:14 ... ich hingegen war noch nie in dem Land.
Du warst noch nie dort?
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... bstein.jpg
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

Misterfritz hat geschrieben: Do 28. Jul 2022, 22:06 Du warst noch nie dort?
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... bstein.jpg
Nein. Nur an der Grenze.

Das ist übrigens nicht mein Grabstein ;)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Unsere deutsche Zeitenwende... ist ja ein Klacks, wenn ich den heutigen (2022-08-03) Artikel in der Gazeta Wyborcza richtig einordne:
https://wyborcza.pl/7,75398,28752091,gi ... 1-L.1.duzy
Gigantyczne zakupy MON. Gen. Nowak: Będziemy mieli więcej czołgów niż Niemcy, Wielka Brytania i Francja razem wzięte
  • Riesige Einkäufe des Verteidigungministeriums. General Nowak: Wir werden mehr Panzer haben als Deutschland, Großbritannien und Frankreich zusammengenommen.
Tja, da bleibt unsereinem vor Schreck die Spucke weg.

Polen wird künftig 4 Typen Kampfpanzer betreiben:
  • T79 PL aus UdSSR
    Leopard 2 A5 PL aus D (200 Stück)
    Abrams (250 im Zulauf) aus USA
    K50 PL 200 Stück aus Süd-Korea, 800 in PL nachgebaut und "polonisiert"
Das wird sicher eine spannende Logistik in Einsatz, Ausbildung, Instandhaltung. Aber wenigstens die Munition paßt bei Leo, Aby und K50. Da werden wohl einige "nützliche Abgaben" den Besitzer gewechselt haben. Am Ende eine Herausforderung für den polnischen Staatshaushalt.

Wie weit Panzer noch das Kampfgeschehen bestimmen, das läßt sich ganz gut am Beispiel des Kriegs in der Ukraine studieren. Ohne sehr gut gestaffelte Abwehr gegen tragbare Abwehrraketen, Kampfbomber und Drohnen sind Panzer so gesehen lohnende Ziele für viele Siegesmeldungen. Wie weit das der polnischen Führung klar ist, das ist dem Artikel nicht zu entnehmen. Vor allem die völlige Abkehr der zukünftigen Bewaffnung von europäischen Projekten ist bemerkenswert.

Hoffentlich wird unsere deutsche Zeitenwende mit mehr (europäischem) Sachverstand auf den Weg gebracht!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Panarin »

Die Polen machen das richtig. Man kann nicht ewig darauf warten bis sich die EU auf eine gemeinsame Verteidigung einigt.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Panarin hat geschrieben: Mi 3. Aug 2022, 20:29 Die Polen machen das richtig. Man kann nicht ewig darauf warten bis sich die EU auf eine gemeinsame Verteidigung einigt.
Dennoch halte ich das polnische Auswahlkonzept für die Panzerwaffe für verfehlt. Das Zeug hält in Friedenszeiten etwa 30 Jahre. Also 30 Jahre Sonderweg in der EU vorgeplant. Im Konfliktfall keine gegenseitige Hilfe möglich. Auch mit dem Wissen kann man planen, politisch, strategisch, technisch. Hoffentlich planen Tschechen, Slowaken und Balten ihre Verteidigung klüger.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

Panarin hat geschrieben: Mi 3. Aug 2022, 20:29 Die Polen machen das richtig. Man kann nicht ewig darauf warten bis sich die EU auf eine gemeinsame Verteidigung einigt.
Nein, die machen das nicht richtig. Es ist völlig irrsinnig, in einer Armee vier verschiedene Typen von Kampfpanzern einzusetzen. Das ist für Logistiker der reine Horror. Es ist auch alles andere als "klug", zwanghaft andere Kampfpanzer einzusetzen als die benachbarten Verbündeten. Aber das soll jetzt mal egal sein. Ich habe nichts dagegen, wenn die Polen ihren eigenen Weg gehen und die stärkste Armee Europas aufbauen wollen. Sollen sie das doch machen. Das schützt dann auch uns.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Geht auch gar nicht anders, als Eigenbrötler auf ihre ganz eigene Weise bröteln zu lassen. Viel Geld verballern mit unter dem Strich geringer Wirkung! Solange das selbst erwirtschaftetes Geld ist, keine Einwände. Es wird erst "gemischt", wenn Gemeinschaftsgeld in Rauch aufgeht! Hoffentlich wird unsere deutsche "Zeitenwende" klüger organisiert, vor allem auch mit Blick auf unsere eigene Verteidigung... aber eben auch mit Blick auf Nachbarn, die mit uns gemeinschaftlich ihre Verteidigung aufbauen wollen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Fr 5. Aug 2022, 20:55... vor allem auch mit Blick auf unsere eigene Verteidigung... aber eben auch mit Blick auf Nachbarn, die mit uns gemeinschaftlich ihre Verteidigung aufbauen wollen.
Ich denke, Putin hat den Europäern in dieser Hinsicht gerade einen großen Motivationsschub gegeben.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Kohlhaas hat geschrieben: Sa 6. Aug 2022, 13:12 Ich denke, Putin hat den Europäern in dieser Hinsicht gerade einen großen Motivationsschub gegeben.
Natürlich hat er das... etwa unsere "Zeitenwende" ist ja ohne den verbrecherischen Krieg Rußlands in der Ukraine, also in Europa, gar nicht vorstellbar. Umso bedrückender diese Eigenbrötelei der polnischen Regierung. Die Bundesregierung sollte sich um möglichst viel Gemeinsamkeit mit unseren Nachbarn bemühen. Vielleicht gelingt das ja auch noch mit Polen, wenn diese unmögliche Chauvinistenclique in der kommenden Wahl 2023 aus dem Amt gefegt werden sollte.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Sa 6. Aug 2022, 13:44 Natürlich hat er das... etwa unsere "Zeitenwende" ist ja ohne den verbrecherischen Krieg Rußlands in der Ukraine, also in Europa, gar nicht vorstellbar. Umso bedrückender diese Eigenbrötelei der polnischen Regierung. Die Bundesregierung sollte sich um möglichst viel Gemeinsamkeit mit unseren Nachbarn bemühen. Vielleicht gelingt das ja auch noch mit Polen, wenn diese unmögliche Chauvinistenclique in der kommenden Wahl 2023 aus dem Amt gefegt werden sollte.
Unsere Bundesregierung (und nicht nur die aktuelle!) macht durch zögerliches Verhalten viel falsch. Die Grundlinien bezüglich Europa sind aber gut. Da wurde auch schon viel erreicht. Wenn ich mir anschaue, wie sich zum Beispiel die Zusammenarbeit mit den Niederlanden entwickelt hat, stimmt mich das optimistisch.

Was mir am "separatistischen" Verhalten der polnischen Regierung am meisten leid tut, ist der Umstand, dass Polen ein ganz wichtiger Partner in der EU sein könnte und auch sein sollte. Es gibt dieses besondere Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich, das die EU in vieler Hinsicht prägt und aufrecht erhält. Wenn ich zu entscheiden hätte, würde ich Polen da sofort mit einbinden. Es würde die gesamte EU stärken und voranbringen, wenn man die Achse Paris-Berlin bis Warschau verlängern könnte. So wie die Situation jetzt ist, schadet sie der gesamten Union.
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