Wahlrecht - aber welches?

Moderator: Moderatoren Forum 2

Welches Wahlrecht bevorzugt ihr?

Umfrage endete am Mi 25. Mai 2022, 12:21

Stiktes Mehrheitswahlrecht wie in UK
2
8%
Eingeschränktes Mehrheitswahlrecht wie in Frankreich
0
Keine Stimmen
Verhältniswahlrecht wie in Deutschland
13
54%
Verhältniswahlrecht ohne Erststimme
2
8%
Wahlrecht und Volksabstimmungen wie in der Schweiz
5
21%
Sonstiges Wahlrecht
2
8%
Kein Wahlrecht
0
Keine Stimmen
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 24
Benutzeravatar
Kritikaster
Beiträge: 23771
Registriert: Sa 1. Okt 2016, 00:55
user title: TROLLJÄGER
Wohnort: Unbedeutender, abgelegener Seitenarm der Milchstrasse

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Kritikaster »

Atue001 hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 01:43 Der Vorschlag von Abgeordneten der Ampel gibt eine klare Antwort darauf: Die Direktmandate verlieren potentiell ihre Gültigkeit, die am schwächsten ausgeprägt sind.
Dann soll also die Gültigkeit eines errungenen Direktmandates de facto davon abhängen, ob sich jemand in seinem Wahlkreis gegen einen "Besenstil" durchgesetzt und dabei einen höheren Prozentanteil erzielt oder aber einen (oder mehrere) "gleichwertige" Gegenkandidaten und deshalb ein knapperes/niedrigeres Ergebnis erhalten hat?

Die Idee kann man mögen, muss man aber nicht.
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
Wo der Sinn aufhört, beginnt der Wahnsinn. (Erhard Horst Bellermann)
Maikel
Beiträge: 1276
Registriert: So 4. Jun 2017, 19:44

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Maikel »

Atue001 hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 01:43 Die einzig wirksame Alternative zu einem solchen Vorgehen um die Anzahl der Parlamentarier zu begrenzen ist doch, dass wir alternativ die Zahl der Wahlkreise kleiner machen.
Nein, durch eine geringe Zahl der Wahlkreise, unter Beibehaltung des jetzigen Systems, wird die Anzahl der Parlamentarier nicht begrenzt; sie wird nur potentiell etwas geringer.

Bei der angedachten Reduktion auf 250 Wahlkreise kann es trotzdem noch zu einem größeren Bundestag als jetzt kommen.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
Michael Alexander
Beiträge: 1101
Registriert: Sa 28. Dez 2019, 16:30
Wohnort: Freie Welt

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Michael Alexander »

Maikel hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 08:29 Nein, durch eine geringe Zahl der Wahlkreise, unter Beibehaltung des jetzigen Systems, wird die Anzahl der Parlamentarier nicht begrenzt; sie wird nur potentiell etwas geringer.

Bei der angedachten Reduktion auf 250 Wahlkreise kann es trotzdem noch zu einem größeren Bundestag als jetzt kommen.
Das Grundproblem ist die Einmischung des Bundesverfassungsgerichtes in politische Angelegenheiten, die überhaupt nichts mit der Verfassung zu tun haben.

Bis 2009 gab es nämlich gar kein Problem mit dem gemischten deutschen Wahlrecht. Das Problem entstand durch die Einführung der Ausgleichsmandate für die Überhangmandate. Sprich: Das Mehrheitswahlrecht sollte zwar weiterhin Teil des Wahlrechtes sein, aber in seinen natürlichen Konsequenzen nicht mehr anerkannt werden. Kurz: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.

Wer eine Mischung aus Mehrheitswahlrecht und Verhältniswahlrecht möchte, muss die Legitimität beider Prinzipien anerkennen. Das sollte nicht schwer sein, es sei denn, man wollte Länder mit einer längeren demokratischen Geschichte als Deutschland - wie Grossbritannien, die USA oder Frankreich - als undemokratisch abqualifizieren.

Schafft man es in Deutschland dagegen nicht von seinem hohen Ross herunter und erkennt das Mehrheitswahlrecht nicht als legitim an (wie es das Bundesverfassungsgericht seit einigen Jahren zu tun scheint, ohne Grundlage dafür im Grundgesetz), dann darf man auch kein gemischtes Wahlrecht mehr haben, sondern muss auf ein reines Verhältniswahlrecht, am besten ohne Fünfprozenthürde, setzen.

Das Verhältniswahlrecht ist leider dafür bekannt, für Chaos, Parteienzersplitterung, Stärkung radikaler Kleinparteien und politische Instabilität zu sorgen - aber wenn es das ist, was das Bundesverfassungsgericht, die deutsche Politik und die Bürger möchten, dann müssen sie diesen Kelch bis zur Neige trinken.
Benutzeravatar
Neandertaler
Beiträge: 1724
Registriert: Mi 25. Mär 2009, 09:28
user title: neoliberalerSteinzeitkommunist

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Neandertaler »

Michael Alexander hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 11:39 Das Grundproblem ist die Einmischung des Bundesverfassungsgerichtes in politische Angelegenheiten, die überhaupt nichts mit der Verfassung zu tun haben.
Das Problem sehe ich daran daß man die Entscheidung über das Wahlrecht den Parteien überlässt die natürlich versuchen ihre Sekundärinteressen durchzusetzen sprich nicht ein gutes Wahlrecht sondern eins von dem sie profitieren. Die Vorschläge der Parteien hierzu sind immer auf dem augenblicklichen taktischen Nutzen ausgelegt.


Das Verhältniswahlrecht ist leider dafür bekannt, für Chaos, Parteienzersplitterung, Stärkung radikaler Kleinparteien und politische Instabilität zu sorgen - aber wenn es das ist, was das Bundesverfassungsgericht, die deutsche Politik und die Bürger möchten, dann müssen sie diesen Kelch bis zur Neige trinken.
Äh wie kommst du auf diesen, Entschuldige, Quatsch?
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
Benutzeravatar
Realist2014
Beiträge: 70390
Registriert: Mo 26. Mai 2014, 15:12
user title: Sozialer Marktwirtschaftler
Wohnort: München , Stadt des FC Bayern

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Realist2014 »

Michael Alexander hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 11:39 Das Grundproblem ist die Einmischung des Bundesverfassungsgerichtes in politische Angelegenheiten, die überhaupt nichts mit der Verfassung zu tun haben.

Das Verfassungsgericht "mischt sich" nirgends ein. Das wird nur aktive , wenn es "angerufen" wird.
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
Erasmus

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Erasmus »

Neandertaler hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 11:55 Entschuldige, Quatsch?
Schon mal von Belgien gehört, das sich ins völlige Chaos gewählt hat? Um nur mal das schönste Beispiel zu nennen.
Benutzeravatar
Helmuth_123
Beiträge: 8632
Registriert: Sa 31. Mär 2012, 19:51
Wohnort: Thüringen

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Helmuth_123 »

Mein Vorschlag für die Wahl zum Bundestag wäre folgender: Es gibt eine feste Anzahl von Parlamentssitzen X, davon wird eine Anteil Y über Mehrheitswahl gewählt und ein Anteil Z über Verhältniswahl. Zum Beispiel könnte man dann sagen: X=600, Y=300, Z=300 oder X=600, Y=200, Z=400.
Michael Alexander
Beiträge: 1101
Registriert: Sa 28. Dez 2019, 16:30
Wohnort: Freie Welt

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Michael Alexander »

Realist2014 hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 12:21 Das Verfassungsgericht "mischt sich" nirgends ein. Das wird nur aktive , wenn es "angerufen" wird.
Es findet sich immer jemand, der das Gericht anruft, da je nach Ausgestaltung des Wahlrechtes die eine oder die andere Partei aktuell einen Nachteil hätte. Mein Punkt ist, dass das Grundgesetz kein bestimmtes Wahlrecht vorschreibt und dass deswegen das Bundesverfassungsgericht sich zu dieser Frage neutral äussern sollte, inklusive der Details der Ausgestaltung des Wahlrechtes.

Dies ist offenbar nicht der Fall, denn das Bundesverfassungsgericht hat zwar nicht Überhangmandate selbst, aber die Vergabepraxis bei Überhangmandaten im Jahr 2008 für verfassungswidrig erklärt, weil es zu einem negativen Stimmgewicht kommen konnte. Auch ein Reformvorschlag wurde abgelehnt, wozu es danach zur Einführung der Ausgleichsmandate kam. Es sind diese Ausgleichsmandate, die den Bundestag immer weiter aufblähen.

Frag doch mal Leute auf der Strasse, wie der Bundestag gewählt wird - die Antwort wird ernüchternd sein. Ich bin sogar überzeugt, dass eine Mehrheit hier im Forum auch nicht weiss, wie das Wahlrecht funktioniert. Ein Wahlrecht, das zu kompliziert ist, um es dem einfachen Wähler zu erklären, kann kein gutes Wahlrecht sein.
Michael Alexander
Beiträge: 1101
Registriert: Sa 28. Dez 2019, 16:30
Wohnort: Freie Welt

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Michael Alexander »

Neandertaler hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 11:55 Äh wie kommst du auf diesen, Entschuldige, Quatsch?
Es gibt dafür viele Beispiele. Viele Länder in Kontinentaleuropa leider unter instabilen politischen Verhältnissen, deren Ursache unter anderem im Verhältniswahlrecht liegt. Wie viele Nachkriegsregierungen hatte beispielsweise ein Land wie Italien? Belgien wurde auch schon genannt. Man könnte historisch auch Frankreich oder Deutschland nennen.

Länder, die ein Mehrheitswahlrecht haben, wie Grossbritannien oder die USA, sind dagegen viel stabiler.

Koalitionsregierungen sind bei Verhältniswahlen quasi immer notwendig, was dazu führt, dass der Wähler vor der Wahl nicht weiss, was ihm hinterher blüht. Es kann auch eine Zeitlang gutgehen, aber letztlich zersplittert das Parteiensystem auf lange Sicht. Deutschland hatte bis zum Einzug der Grünen nur drei Fraktionen/ vier Parteien im Bundestag, nun sind es sechs Fraktionen/ sieben Parteien.

Parteien mit radikalen Ansätzen wie die Die Linke, die Grünen oder die AfD (oder historisch gesehen, die KPD und die NSdAP) können in Systemen mit Verhältniswahlrecht aufsteigen, während sie im Westminster-System ein Randdasein fristen. Radikale Ideen müssen daher im Westminster-System erst durch etablierte Parteien aufgegriffen werden, wodurch sie in aller Regel gemässigt werden.

In Grossbritannien beispielsweise hat eine radikale Ökopartei wie die Grünen keine Chance. Der politische Diskurs wird durch die gesellschaftliche Mitte bestimmt, nicht die radikalen Ränder oder durch Klientelparteien.
Erasmus

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Erasmus »

Aktuell zeigt der Blick nach Australien wieder sehr schön die Kraft des Mehrheitswahlrechts und dessen Vorteile. Die alte Regierung ist abgewählt und der Verlierer tritt fair ab. Jetzt darf Labour etwas anderes ausprobieren, und wenn es nicht hinhaut, muss man wieder gehen und fertig.

Und ebenfalls angenehm ist, dass ehemalige PMs - siehe Theresa May in GB - sich wieder ohne großes Murren als einfache Abgeordnete einfügen und ihren Wahlkreis vertreten.
Atue001
Beiträge: 4069
Registriert: Fr 2. Aug 2019, 00:00

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Atue001 »

Maikel hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 08:29 Nein, durch eine geringe Zahl der Wahlkreise, unter Beibehaltung des jetzigen Systems, wird die Anzahl der Parlamentarier nicht begrenzt; sie wird nur potentiell etwas geringer.

Bei der angedachten Reduktion auf 250 Wahlkreise kann es trotzdem noch zu einem größeren Bundestag als jetzt kommen.
Man kann auch auf 150 Wahlkreise begrenzen...
Michael Alexander hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 11:39 Das Grundproblem ist die Einmischung des Bundesverfassungsgerichtes in politische Angelegenheiten, die überhaupt nichts mit der Verfassung zu tun haben.

....

Wer eine Mischung aus Mehrheitswahlrecht und Verhältniswahlrecht möchte, muss die Legitimität beider Prinzipien anerkennen. Das sollte nicht schwer sein, es sei denn, man wollte Länder mit einer längeren demokratischen Geschichte als Deutschland - wie Grossbritannien, die USA oder Frankreich - als undemokratisch abqualifizieren.

Schafft man es in Deutschland dagegen nicht von seinem hohen Ross herunter und erkennt das Mehrheitswahlrecht nicht als legitim an (wie es das Bundesverfassungsgericht seit einigen Jahren zu tun scheint, ohne Grundlage dafür im Grundgesetz), dann darf man auch kein gemischtes Wahlrecht mehr haben, sondern muss auf ein reines Verhältniswahlrecht, am besten ohne Fünfprozenthürde, setzen.
Also dass ein Wahlgesetz nichts mit der Verfassung zu tun hat.....kann ich nicht nachvollziehen. Immerhin sagt das Grundgesetz im übertragenen Sinne so etwas aus wie gleiches Recht für alle.....
Ein Wahlgesetz, welches also diesen Gleichheitsgrundsatz für die Stimmen grob verletzt, kann nicht dem GG entsprechen und ist zu ändern.

Prinzipiell stört ein sehr großes Parlament die Verfassungsrichter eigentlich auch nicht. Das stört die Parlamentarier, weil es faktisch dazu führt, dass zu wenig entschieden und zu viel Bedenken gegen alles und jeden geäußert werden. Die Arbeitsfähigkeit des Parlamentes wird dadurch faktisch behindert.

Ich kenne auch keine Hinweise, dass das Verfassungsgericht ein Problem mit einem reinen Mehrheitswahlrecht hätte, wenn dieses ähnlich zu GB formuliert wäre. Erst unser Mischwahlsystem, bei dem die Zweitstimme die Mehrheitsverhältnisse bestimmt, und die Erststimme einige Sitze verteilt, macht das Ganze problematisch, aber auch erst genau dann, wenn man nicht mit Überhang- und Ausgleichsmandaten operiert.

Es gibt ja Lösungsansätze, um dennoch das Parlament in arbeitsfähiger Größe zu erhalten - nur die CDU/CSU hat daran kein wirkliches Interesse. Sie hatte viele Jahre Zeit geeignete Vorschläge zu erarbeiten - und kann bis heute keinen Entwurf vorlegen, der eine echte Chance auf Bestand vor dem BVerfG hat. Da sind die Ampel-Parteien weiter.
Atue001
Beiträge: 4069
Registriert: Fr 2. Aug 2019, 00:00

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Atue001 »

Erasmus hat geschrieben: So 22. Mai 2022, 13:57 Aktuell zeigt der Blick nach Australien wieder sehr schön die Kraft des Mehrheitswahlrechts und dessen Vorteile. Die alte Regierung ist abgewählt und der Verlierer tritt fair ab. Jetzt darf Labour etwas anderes ausprobieren, und wenn es nicht hinhaut, muss man wieder gehen und fertig.

Und ebenfalls angenehm ist, dass ehemalige PMs - siehe Theresa May in GB - sich wieder ohne großes Murren als einfache Abgeordnete einfügen und ihren Wahlkreis vertreten.

Es gibt nicht "das beste Wahlrecht"...... jedes Wahlrecht hat Vor- und Nachteile. In einem Mehrheitswahlrecht läuft es immer wieder auf eine Parteienlandschaft hinaus, die nur wenige Parteien (meist zwei) ermöglicht. Das bedeutet aber auch, dass die Meinungsbildung zu einem wesentlichen Teil INNERHALB der Parteien passieren muss - was dann ausserhalb parlamentarischer Prozesse stattfindet. Man mag das begrüßen - wenn man es einfach haben will. Nur - führt das zu einer besseren Politik?

Das Verhältniswahlrecht neigt dazu, dass es im Laufe der Zeit eine Parteienvielfalt generiert. Das kann ein NAchteil sein, insbesondere wenn Einigung am fehlenden Willen der Parteien scheitert. Dafür aber werden mehr Sichtweisen im Parlament um die beste Lösung kämpfen.


Eine vernünftige Lösung könnte sein, ein Zwei-Kammern-System zu haben, in dem eine Kammer nach dem Verhältniswahlrecht gewählt ist, und die zweite nach dem Mehrheitswahlrecht. Letzteres könnte den Bundesrat in der heutigen Form ersetzen.

Den Druck zur Konsensfindung könnte man erhöhen, indem die Verhältniswahlrecht-Kammer 2 Monate nach der Wahl eine Regierung stellen darf - gelingt dies nicht, geht das Recht zur Regierungswahl auf die 2. Kammer über.....


Das Mehrheitswahlrecht hat einige Nachteile, weil es im Einzelfall dazu führt, dass ein Kandidat, der nur eine größere Minderheit begeistert, die Wahlen gewinnt. Besser als das reine Mehrheitswahlrecht ist deshalb das Präferenzwahlsystem - das führt dazu, dass der Kandidat das Rennen macht, der für die Mehrheit der Wähler gerade noch akzeptabel ist - also ein echter Konsens.

Das Präferenzwahlsystem wäre aber auch eine gute Ergänzung beim Verhältniswahlrecht, solange wir so etwas wie die 5%-Hürde kennen. Es würde dort bedeuten, dass die Stimmen der Wähler der Parteien, die an der 5%-Hürde scheitern, nicht verloren gehen, sondern ggf. deren zweite oder auch dritte Präferenz gezählt wird und das Wahlergebnis näher an den eigentlichen Wählerwillen bringt.

Doch so schön wie das Präferenzwahlsystem ist - auch das hat Nachteile - es neigt dazu, dass keine starken Kandidaten sondern eher Kompromisskandidaten gewählt werden......das KANN (muss aber nicht) zu schwachen Regierungen führen.

Jedes Wahlsystem hat seine Vorzüge und seine Nachteile. Nur - wer hat denn gesagt, dass Demokratie einfach ist?
MBM
Beiträge: 41
Registriert: Di 14. Jun 2022, 18:50

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von MBM »

Nebensache. Wir sollten mehr über das Problem reden, dass Politiker jedes Wahlversprechen brechen können, und man mit dem schlauesten Winkeljuristen nicht dagegen vorgehen kann. Und Selbstjustiz ist ja verboten.
Benutzeravatar
Realist2014
Beiträge: 70390
Registriert: Mo 26. Mai 2014, 15:12
user title: Sozialer Marktwirtschaftler
Wohnort: München , Stadt des FC Bayern

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Realist2014 »

MBM hat geschrieben: Fr 1. Jul 2022, 17:40 Nebensache. Wir sollten mehr über das Problem reden, dass Politiker jedes Wahlversprechen brechen können, und man mit dem schlauesten Winkeljuristen nicht dagegen vorgehen kann. Und Selbstjustiz ist ja verboten.
Wer hat denn was wann "versprochen"?


Jetzt aber nicht wieder die alte Nummer mit der MWSteuer...

Was haben denn die Ampelparteien "Versprochen"?
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
Benutzeravatar
denkmal
Beiträge: 1719
Registriert: Mo 16. Jun 2008, 10:24

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von denkmal »

Meruem hat geschrieben: Mo 25. Apr 2022, 13:43 Ja warum nicht gleich Arbeitslosen oder Kriminellen etwa ihr Stimmrecht entziehen? Kann man machen, für wirklich "demokratisch" halte ich dass aber nicht mehr.
Bei (bestimmten) Kriminellen ist das durchaus jetzt schon möglich
Lexikon Wahlrecht
Entzug des aktiven und passiven Wahlrechts

Darüber hinaus kann ein Gericht unter bestimmten Vorraussetzungen sowohl das passive Wahlrecht als auch das aktive Wahlrecht für zwei bis fünf Jahre bei folgenden Straftaten entziehen:

Vorbereitung eines Angriffskrieges
Aufstacheln zum Angriffskrieg
Hochverrat gegen den Bund
Hochverrat gegen ein Land
...
Wahlbehinderung
Wahlfälschung
Wählernötigung
Wählerbestechung
Abgeordnetenbestechung
Sabotagehandlungen an Verteidigungsmitteln
Sicherheitsgefährdender Nachrichtendienst

Das aktive Wahlrecht darf also nur bei bestimmten (nicht allen) politischen Straftaten aberkannt werden, keinesfalls jedoch bei Verbrechen wie etwa Mord, Totschlag und schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern.

(Dies ergibt sich aus den §§ 45, 92a, 101, 102, 108c, 108e, 109i StGB.)

Wer sein aktives oder passives Wahlrecht durch Richterspruch verliert, darf auch nicht Mitglied einer Partei sein. Das heißt, er darf keiner Partei beitreten, und eine bereits bestehende Parteimitgliedschaft erlischt automatisch (§ 10 Absatz 1 Satz 4 Parteiengesetz).
Im Laufe ihres steinernen Daseins nehmen sogar manche Denkmäler menschliche Züge an.
© Martin Gerhard Reisenberg
(*1949), Diplom-Bibliothekar und Autor
Benutzeravatar
denkmal
Beiträge: 1719
Registriert: Mo 16. Jun 2008, 10:24

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von denkmal »

JosefG hat geschrieben: Sa 21. Mai 2022, 00:02 Ich glaube, das Wort "Listendeckung" ist hier missverständlich. So wie ich das verstanden habe, geht es nicht darum,
dass der Wahlkreisbewerber auch einen ausreichend weit vorne liegenden Listenplatz haben muss, sondern dass die
Gesamtzahl der Stimmen für die Liste seiner Partei so groß sein muss, dass durch den Wahlkreisbewerber kein
Überhangmandat entsteht. Der Bewerber muss selber gar nicht auf der Liste stehen.

Die Wahlkreissieger werden in der Reihenfolge der Anzahl ihrer Erststimmen berücksichtigt,
unabhängig davon, ob und welchen Listenplatz sie hatten.
Wie sähe es denn da bei parteilosen Direktkandidaten aus? Oder gibt es die dann nicht mehr oder geht das dann in dem Fall wie heute?
Ich neige eher dazu, den Parteien ein bißchen von Ihrer Macht zu nehmen als diese noch zu verstärken.
Wäre nicht ein Bundestag mit 50 % Plätze für Direktmandate und 50 % Plätze nach Parteiergebnissen nicht besser? Wobei letztere eben gedeckelt werden durch die Gesamtzahl freier Sitze. Ich weiß aber nich, ob das gerechter und rechtlich (einfach) möglich wäre? Natürlich würden sich die Parteien dagegen wehren wollen...
Im Laufe ihres steinernen Daseins nehmen sogar manche Denkmäler menschliche Züge an.
© Martin Gerhard Reisenberg
(*1949), Diplom-Bibliothekar und Autor
Benutzeravatar
denkmal
Beiträge: 1719
Registriert: Mo 16. Jun 2008, 10:24

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von denkmal »

Realist2014 hat geschrieben: Fr 1. Jul 2022, 17:47 Wer hat denn was wann "versprochen"?


Jetzt aber nicht wieder die alte Nummer mit der MWSteuer...

Was haben denn die Ampelparteien "Versprochen"?
Naja immerhin hat der olle Franz ja mal so ewtas in der Art geäussert, oder?
„Es ist unfair, Politiker an ihren Wahlversprechen zu messen“ (Franz Müntefering)
Wobei ich schon verstanden habe, dass die blumigen Ankündigungen VOR der Wahl nichts mit der Realität NACH der Wahl zu tun haben, aber die Parteien (Politiker) stehen so da drauf (weil der Wähler schnell vergißt?).
Wie anders sollte man eine Partei, die sich zur Wahl stellt, auswählen? Mit der geleisteten Arbeit in einem vergangenem Zeitraum (mit Berücksichtigung der Umstände)?
Man kann doch ohne großen Aufwand nur bewerten, was die Parteien PLANEN - man wird wahrscheinlich immer wieder etwas enttäuscht sein. Es gilt das kleinste Übel (für seine Interessen) auszuwählen. :)
Manchmal klappt das - manchmal eben nicht.
Im Laufe ihres steinernen Daseins nehmen sogar manche Denkmäler menschliche Züge an.
© Martin Gerhard Reisenberg
(*1949), Diplom-Bibliothekar und Autor
Benutzeravatar
JosefG
Beiträge: 1026
Registriert: Mi 18. Jul 2012, 07:11
user title: antiabrahamitisch
Wohnort: Regensburg
Kontaktdaten:

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von JosefG »

Möchte nochmal auf diesen älteren Strang hinweisen:
https://politik-forum.eu/viewtopic.php?t=69814

Da geht es u.a. um den Vorschlag, die Überhangmandate abzuschaffen,
der nun offenbar vom Bundestag verabschiedet werden soll.
Liberty
Beiträge: 2724
Registriert: So 26. Aug 2018, 21:58

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Liberty »

Einfach die Zweitstimme abschaffen. Bundestag wird automatisch auf 299 Abgeordnete verkleinert, die alle direkt mit Mehrheit vom Volk in ihrem Wahlkreis gewählt sind.
Benutzeravatar
Realist2014
Beiträge: 70390
Registriert: Mo 26. Mai 2014, 15:12
user title: Sozialer Marktwirtschaftler
Wohnort: München , Stadt des FC Bayern

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Realist2014 »

denkmal hat geschrieben: Mi 6. Jul 2022, 09:49 Naja immerhin hat der olle Franz ja mal so ewtas in der Art geäussert, oder?

Wobei ich schon verstanden habe, dass die blumigen Ankündigungen VOR der Wahl nichts mit der Realität NACH der Wahl zu tun haben, aber die Parteien (Politiker) stehen so da drauf (weil der Wähler schnell vergißt?).
Wie anders sollte man eine Partei, die sich zur Wahl stellt, auswählen? Mit der geleisteten Arbeit in einem vergangenem Zeitraum (mit Berücksichtigung der Umstände)?
Man kann doch ohne großen Aufwand nur bewerten, was die Parteien PLANEN - man wird wahrscheinlich immer wieder etwas enttäuscht sein. Es gilt das kleinste Übel (für seine Interessen) auszuwählen. :)
Manchmal klappt das - manchmal eben nicht.
Parteien haben Individualziele und müssen aber in Koalitionen dann Kompromisse eingehen.
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
Benutzeravatar
JosefG
Beiträge: 1026
Registriert: Mi 18. Jul 2012, 07:11
user title: antiabrahamitisch
Wohnort: Regensburg
Kontaktdaten:

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von JosefG »

Jetzt wird's ernst mit der Abschaffung der Überhangmandate.
Der Gesetzentwurf soll ... bereits am Dienstag in den Koalitionsfraktionen beraten und anschließend im Bundestag eingebracht werden.
https://www.br.de/nachrichten/deutschla ... -wahlrecht
Benutzeravatar
Christdemokrat
Beiträge: 1366
Registriert: Mo 16. Aug 2021, 17:37

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Christdemokrat »

Es kann nicht sein, daß ein von den Bürgern direkt gewählter Abgeordneter nicht in den Bundestag darf.
Atue001
Beiträge: 4069
Registriert: Fr 2. Aug 2019, 00:00

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Atue001 »

Christdemokrat hat geschrieben: So 15. Jan 2023, 19:26 Es kann nicht sein, daß ein von den Bürgern direkt gewählter Abgeordneter nicht in den Bundestag darf.
Wer genau sind "die Bürger" die ihn direkt gewählt haben?
Wenn in einem Wahlkreis bereits 30% der abgegebenen Stimmen reichen, damit ein Abgeordneter als direkt gewählt gilt - dann überzeugt mich das noch nicht.
Immerhin haben dann 70% der abgegebenen Stimmen für andere Abgeordnete votiert.....wo ist damit das "Recht" für den "Gewählten" ?

Es ist eine grundsätzliche Fragestellung, ob das Verhältniswahlrecht stärker zu gewichten ist als das Mehrheitswahlrecht für den Direktkandidaten oder eben nicht. Das BVerfG ist bisher da relativ klar und sieht den Vorrang beim Verhältniswahlrecht.
Das spricht dafür, dass "schwach" gewählte Direktkandidaten ggf. nicht in den Bundestag einziehen dürfen - ihnen fehlt schlicht und einfach die notwendige Wählerbasis.
Benutzeravatar
Christdemokrat
Beiträge: 1366
Registriert: Mo 16. Aug 2021, 17:37

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Christdemokrat »

Atue001 hat geschrieben: Mo 16. Jan 2023, 01:15 Wer genau sind "die Bürger" die ihn direkt gewählt haben?
Wenn in einem Wahlkreis bereits 30% der abgegebenen Stimmen reichen, damit ein Abgeordneter als direkt gewählt gilt - dann überzeugt mich das noch nicht.
Immerhin haben dann 70% der abgegebenen Stimmen für andere Abgeordnete votiert.....wo ist damit das "Recht" für den "Gewählten" ?
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung würde aber auch ein Wahlkreiskandidat, der in seinem Wahlkreis 60 bis 70 Prozent der Stimmen holt und damit von den Bürgern direkt in den Bundestag gewählt wurde, ggf. nicht in den Bundestag einziehen.

Andererseits ziehen Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis nur fünf Prozent geholt haben trotzdem über hintere Listenplätze ihrer Partei in den Bundestag ein.
Benutzeravatar
Kritikaster
Beiträge: 23771
Registriert: Sa 1. Okt 2016, 00:55
user title: TROLLJÄGER
Wohnort: Unbedeutender, abgelegener Seitenarm der Milchstrasse

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Kritikaster »

Atue001 hat geschrieben: Mo 16. Jan 2023, 01:15 Wer genau sind "die Bürger" die ihn direkt gewählt haben?
Des Kandidaten Wähler.
Atue001 hat geschrieben: Mo 16. Jan 2023, 01:15Wenn in einem Wahlkreis bereits 30% der abgegebenen Stimmen reichen, damit ein Abgeordneter als direkt gewählt gilt - dann überzeugt mich das noch nicht.
Immerhin haben dann 70% der abgegebenen Stimmen für andere Abgeordnete votiert.....wo ist damit das "Recht" für den "Gewählten" ?
Das löste eine Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten.
Atue001 hat geschrieben: Mo 16. Jan 2023, 01:15Es ist eine grundsätzliche Fragestellung, ob das Verhältniswahlrecht stärker zu gewichten ist als das Mehrheitswahlrecht für den Direktkandidaten oder eben nicht. Das BVerfG ist bisher da relativ klar und sieht den Vorrang beim Verhältniswahlrecht.
Das spricht dafür, dass "schwach" gewählte Direktkandidaten ggf. nicht in den Bundestag einziehen dürfen - ihnen fehlt schlicht und einfach die notwendige Wählerbasis.
User Christdemokrat weist zu Recht auf folgenden Umstand hin, der das grundsätzlich weiter existierende Problem der "notwendigen Wählerbasis" aufzeigt:
Christdemokrat hat geschrieben:Andererseits ziehen Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis nur fünf Prozent geholt haben trotzdem über hintere Listenplätze ihrer Partei in den Bundestag ein.
"Nicht gewählte" Direktkandidaten ziehen also u.U. über Liste mit noch erheblich mehr Gegenstimmen ins Parlament ein.

Was löste diese Frage? Einfacher und deswegen vermutlich nicht möglicher Lösungsansatz: Jeder Bewerber müsste sich entscheiden, ob er über Liste oder direkt kandidiert. Damit käme vermutlich auch Bewegung in die BT-Zusammensetzung - allerdings mit einer stärkeren Gewichtung des Direktmandats.
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
Wo der Sinn aufhört, beginnt der Wahnsinn. (Erhard Horst Bellermann)
Maikel
Beiträge: 1276
Registriert: So 4. Jun 2017, 19:44

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Maikel »

Christdemokrat hat geschrieben: Mo 16. Jan 2023, 06:26 Nach den Vorstellungen der Bundesregierung würde aber auch ein Wahlkreiskandidat, der in seinem Wahlkreis 60 bis 70 Prozent der Stimmen holt und damit von den Bürgern direkt in den Bundestag gewählt wurde, ggf. nicht in den Bundestag einziehen.
Nach dem geplanten neuen Wahlgesetz wäre er nicht mehr "direkt gewählt", weil es "direkt gewählt" dann gar nicht mehr gäbe.

Mal abgesehen davon, daß ein Kandidat, der 60% der Stimmen bekommt, mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Bundestag käme.

Obiges nur als Info aufgrund meiner Analyse; ich unterstütze die neue Regelung ausdrücklich nicht.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
Benutzeravatar
Christdemokrat
Beiträge: 1366
Registriert: Mo 16. Aug 2021, 17:37

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Christdemokrat »

Maikel hat geschrieben: Mo 16. Jan 2023, 13:37 Mal abgesehen davon, daß ein Kandidat, der 60% der Stimmen bekommt, mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Bundestag käme.
Warum denn? Wenn eine Partei viel mehr Wahlkreise als Sitze nach Zweitstimmen gewinnt, kommen automatisch zahlreiche gewählte Direktkandidaten, die ihre Wahlkreise klar gewonnen haben, trotzdem nicht in den Bundestag.
Troh.Klaus
Beiträge: 6274
Registriert: Sa 28. Okt 2017, 21:56

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Troh.Klaus »

Maikel hat geschrieben: Mo 16. Jan 2023, 13:37 Nach dem geplanten neuen Wahlgesetz wäre er nicht mehr "direkt gewählt", weil es "direkt gewählt" dann gar nicht mehr gäbe.
Dann kann man doch gleich Nägel mit Köpfen machen, die heutige Erststimme abschaffen und alle Abgeordnete nur noch über Liste wählen.
Atue001
Beiträge: 4069
Registriert: Fr 2. Aug 2019, 00:00

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Atue001 »

Es ist an der Zeit, dass das Wahlgesetz endlich deutlich renoviert wird. Seit einigen Wahlen kosten uns Bürger und Steuerzahler die reformunwilligen Bundestagsabgeordnete viele Millionen Euros - in Form von Überhang- und Ausgleichsmandaten und all der Folgen die aus diesen entstehen.

Es weiß eigentlich auch jeder im Land, wo die Blockierer für Reformansätze sitzen - vor allem in der CSU. Diese verweigert sich nahezu jedem Reformansatz - außer wenn der für die CSU starke Vorteile bringt, gerne auch dann auf Kosten der Verhältnisse, die der Wähler eigentlich definiert hat. So geht es nicht weiter!

Vielleicht wäre der richtige Ansatz, dass der Steuerzahler nur für die 598 Regelplätze im Parlament aufkommt - Überhang und Ausgleichsmandate und alle Folgekosten daraus sind dann über die Parteien selbst zu finanzieren. Ich denke, so hätten wir schnell eine mehrheitsfähige Lösung.
Bogdan
Beiträge: 2313
Registriert: Mo 23. Jan 2023, 14:41
Kontaktdaten:

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Bogdan »

Troh.Klaus hat geschrieben: Mo 16. Jan 2023, 19:44 Dann kann man doch gleich Nägel mit Köpfen machen, die heutige Erststimme abschaffen und alle Abgeordnete nur noch über Liste wählen.
Da stimme ich Ihnen zu. Es gäb dann keinerlei Grund mehr für einen Direktkandidaten.
Das könnte man ganz einfach auf über die Listen regeln. Man muss nur zu lassen, dass
man sich innerhalb der Liste einen Kandidaten aussuchen kann.
Funktioniert seit Jahrzehnten bei Kommunalwahlen in den Bundesländern.
Man hat halt nur eine Stimme.
Die Parteien werden bei der Aufstellung der Liste schon sehr penibel darauf achten,
dass keine Region benachteiligt wird.
Wem Sachargumente fehlen, geht zu persönlichen Bemerkungen über. :?
Benutzeravatar
sünnerklaas
Beiträge: 19857
Registriert: Do 10. Aug 2017, 15:41

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von sünnerklaas »

Atue001 hat geschrieben: Mi 25. Jan 2023, 23:18
Es weiß eigentlich auch jeder im Land, wo die Blockierer für Reformansätze sitzen - vor allem in der CSU. Diese verweigert sich nahezu jedem Reformansatz - außer wenn der für die CSU starke Vorteile bringt, gerne auch dann auf Kosten der Verhältnisse, die der Wähler eigentlich definiert hat. So geht es nicht weiter!
Ich vermute: die UNION, v.a. die CSU werden jede Form einer Wahlrechtsreform blockieren. In der UNION geht die große Sorge um. dass "bürgerliche Mehrheiten" im klassischen Sinne dann nicht einmal theoretisch mehr möglich seien.
Nicht nur die CDU ist seit längerem z.B. in den (Groß-)Städten auf dem freiwilligen Rückzug, sondern inzwischen auch die CSU. Beide Parteien setzen inzwischen wahlkampftaktisch sehr stark auf den Stadt-Land-Gegensatz und beziehen bei Wirtshausreden gerne mal Position gegen die "Großkopferten" in den Städten.
Benutzeravatar
sünnerklaas
Beiträge: 19857
Registriert: Do 10. Aug 2017, 15:41

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von sünnerklaas »

Kritikaster hat geschrieben: Mo 16. Jan 2023, 08:19
Was löste diese Frage? Einfacher und deswegen vermutlich nicht möglicher Lösungsansatz: Jeder Bewerber müsste sich entscheiden, ob er über Liste oder direkt kandidiert. Damit käme vermutlich auch Bewegung in die BT-Zusammensetzung - allerdings mit einer stärkeren Gewichtung des Direktmandats.
Das wird mit der Union nicht machbar sein. Weil dann v.a. prominente Protagonisten Gefahr laufen, im Zweifelsfall überhaupt nicht in den Bundestag zu kommen. Da haben ja schon so manche bei Landtagswahlen ganz schlechte Erfahrungen machen müssen. Weil scheinbar absolut sichere Direktmandate verloren gingen und die Parteiprominenz, die nicht über die Liste abgesichert war, am Wahlabend vor verschlossenen Türen stand.
Bei der Abwahl der Landesregierung Ernst Albrecht Anfang der 1990er war das Gejammer und Geschimpfe groß. Aber das waren eben alles selbstgemachte Leiden. Irgendwann hatten selbst die geduldigsten und loyalsten Wähler nach all den Skandalen am lauenden Band die Nase voll.
Benutzeravatar
Christdemokrat
Beiträge: 1366
Registriert: Mo 16. Aug 2021, 17:37

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Christdemokrat »

Hätte das von der Bundesregierung geplante Wahlrecht bei der letzten Bundestagswahl gegolten hätte, wären 35 direkt gewählte Abgeordnete nicht in den Bundestag gekommen.
Benutzeravatar
JosefG
Beiträge: 1026
Registriert: Mi 18. Jul 2012, 07:11
user title: antiabrahamitisch
Wohnort: Regensburg
Kontaktdaten:

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von JosefG »

Christdemokrat hat geschrieben: So 29. Jan 2023, 19:54 wären 35 direkt gewählte Abgeordnete nicht in den Bundestag gekommen.
35 Wahlkreissieger. Gewählt wären sie ja damit noch nicht.
Benutzeravatar
Christdemokrat
Beiträge: 1366
Registriert: Mo 16. Aug 2021, 17:37

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Christdemokrat »

JosefG hat geschrieben: So 29. Jan 2023, 20:35 35 Wahlkreissieger. Gewählt wären sie ja damit noch nicht.
Der CSU-Kandidat Straubinger gewann 2021 seinen Wahlkreis mit 35 Prozent der Stimmen. Der Grünen-Kandidat Schönberger erhielt im selben Wahlkreis nur sieben Prozent der Stimmen.

Nach dem von der Bundesregierung geplanten Wahlrecht würde der Kandidat Straubinger nicht in den Bundestag einziehen und der Kandidat Schönberger wäre über die Landesliste der Grünen im Bundestag.

Welchen Sinn macht es dann überhaupt noch, daß die Bürger in einem Wahlkreis darüber abstimmen, welche Person sie im Bundestag haben möchten?
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47323
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von H2O »

Christdemokrat hat geschrieben: So 29. Jan 2023, 19:54 Hätte das von der Bundesregierung geplante Wahlrecht bei der letzten Bundestagswahl gegolten hätte, wären 35 direkt gewählte Abgeordnete nicht in den Bundestag gekommen.
Der guten Ordnung halber muß gesagt werden, daß ein Bewerber schon "Wahlkreissieger" sein kann, wenn er deutlich unter 50 % der abgegebenen Stimmen landet, aber seine Mitbewerber nur noch geringere Zustimmungswerte erreichen. Vielleicht sollte man dann doch unterscheiden zwischen dem Gewinn eines Wahlkreises (> 50% = Direktkandidat)) und der schlichten Mehrheit im Vergleich zu Wettbewerbern.

Das angestrebte Ziel ist doch, das Stimmenverhältnis der Zweitstimmen aus 299 Wahlkreisen so ungefähr im Bundestag abzubilden, ohne den Bundestag sehr weit über die Nennzahl von 598 (2*299) Sitzen aufzublähen. Das Ziel kann man doch so ungefähr erreichen, wenn man zunächst die Wahlkreisgewinner zum Zuge kommen läßt, die >50% erreicht haben, und danach dann nach Parteiliste auffüllt, bis der Stimmenanteil durch Zweitstimmen erreicht wird.

Ich fände es auch ungerecht, wenn ein Bewerber mit absoluter Stimmenmehrheit in seinem Wahlkreis nicht im Bundestag landete, aber einen
Bundestag mit einer Abgeordnetenzahl > 598 halte ich auch für einen Unfug. Dazu wird man sicher einen dynamischen Toleranzbereich festlegen müssen, wie genau das Zweitstimmenverhältnis auf der Grundlage der Direktkandidaten (>50%) abgebildet werden muß.

Ideal ist eine solche Lösung sicher auch nicht, aber vielleicht doch ein erträglicher Kompromiß, um das angestrebte Ziel "598" zu erreichen. Das praktische Ergebnis könnte man doch anhand der Wahlergebnisse von 1990 bis 2021 überprüfen.
Benutzeravatar
JosefG
Beiträge: 1026
Registriert: Mi 18. Jul 2012, 07:11
user title: antiabrahamitisch
Wohnort: Regensburg
Kontaktdaten:

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von JosefG »

Christdemokrat hat geschrieben: So 29. Jan 2023, 21:01 Der CSU-Kandidat Straubinger gewann 2021 seinen Wahlkreis mit 35 Prozent der Stimmen.
Wobei keineswegs feststeht, ob der CSU-Kandidat den Wahlkreis auch gewonnen hätte, wenn es eine Stichwahl gegeben hätte.
Welchen Sinn macht es dann überhaupt noch, daß die Bürger in einem Wahlkreis darüber abstimmen, welche Person sie im Bundestag haben möchten?
Die von den Parteien festgelegte Reihenfolge der Listenkandidaten ist dann nicht allein ausschlaggebend.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47323
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von H2O »

JosefG hat geschrieben: So 29. Jan 2023, 21:50 (...)
Die von den Parteien festgelegte Reihenfolge der Listenkandidaten ist dann nicht allein ausschlaggebend.
Das hätte doch etwas von dem Ansatz, daß der Wähler wenigstens zum Teil mitentscheidet, wer als Bewerber in den Bundestag einziehen soll... und daß die Parteien nicht ganz ungestört die Rangfolge ihrer Bewerber intern aushandeln können. In Bremen hatte man das Landeswahlrecht in diesem Sinne umgestaltet. Der Wähler konnte in der Kandidatenliste der Parteien ankreuzen, welche Kandidaten in die Bürgerschaft einziehen sollten. Die sogenannte Zweitstimme gab es da aber auch.

Ob das Wahlrecht in Bremen immer noch so gilt... kann ich von West-Pommern aus nicht sagen.
Benutzeravatar
Dr.Strange
Beiträge: 41
Registriert: Mo 23. Jan 2023, 23:53

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Dr.Strange »

H2O hat geschrieben: So 29. Jan 2023, 23:01 Das hätte doch etwas von dem Ansatz, daß der Wähler wenigstens zum Teil mitentscheidet, wer als Bewerber in den Bundestag einziehen soll... und daß die Parteien nicht ganz ungestört die Rangfolge ihrer Bewerber intern aushandeln können. In Bremen hatte man das Landeswahlrecht in diesem Sinne umgestaltet. Der Wähler konnte in der Kandidatenliste der Parteien ankreuzen, welche Kandidaten in die Bürgerschaft einziehen sollten. Die sogenannte Zweitstimme gab es da aber auch.

Ob das Wahlrecht in Bremen immer noch so gilt... kann ich von West-Pommern aus nicht sagen.
Guten Abend !

Auch das Wahlverfahren, d.h. wie die Stimmen gewertet werden, spielt eine Rolle.

Derzeit haben wir in Deutschland mit Masse das Verfahren nach D’Hondt. Divisorverfahren mit Abrundung. Dieses Verfahren begünstigt größere Parteien.

Wenn ich mich richtig erinnere, können auf kommunaler Ebene und Landtag auch andere Verfahren genutzt werden. Es gibt auch andere Verfahren wie Sainte-Laguë und Hare/Niemeyer.

Alles Gute !
Ich wünschte, ich wäre ein Bote aus besseren Welten (Udo Jürgens)
Atue001
Beiträge: 4069
Registriert: Fr 2. Aug 2019, 00:00

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Atue001 »

Christdemokrat hat geschrieben: So 29. Jan 2023, 19:54 Hätte das von der Bundesregierung geplante Wahlrecht bei der letzten Bundestagswahl gegolten hätte, wären 35 direkt gewählte Abgeordnete nicht in den Bundestag gekommen.
Oh - tatsächlich ist der Skandal noch viel größer! Statt 598 Abgeordnete haben wir 736 Abgeordnete - und das nur, damit 35 Abgeordnete, die in ihrem Wahlkreis eine relative Mehrheit bei den relativ unwichtigen Erststimmen bekommen haben, ins Parlament einziehen konnten. Tatsächlich hätten diese 35 Abgeordnete aber auch über die Landeslisten einziehen können - man hätte es nur entsprechend organisieren müssen. So aber zwingt die CSU die Bürger dieses Landes dazu, 138 zusätzliche Abgeordnete finanzieren zu müssen. Dass ausgerechnet diese 35 Abgeordneten ein besonders wichtiger Zugewinn für den Bundestag wären.....ist ehrlich gesagt bis heute eigentlich nicht in der Presse zu vernehmen gewesen. Hat das Land also durch diese zwangsfinanzierten Jobs wirklich einen Zugewinn?

Eher nicht.

Mein Vorschlag bleibt: Überlasst die Finanzierung von Überhang und Ausgleichsmandaten bei den Parteien - oder von mir aus auch bei den Wahlkreisen, die diese verursacht haben. Ich bin mir sicher, auf der Basis einer solchen Finanzierung wird sich leichter ein vernünftiger Kompromiss finden lassen, wie ein neues Wahlrecht aussehen sollte.
Bogdan
Beiträge: 2313
Registriert: Mo 23. Jan 2023, 14:41
Kontaktdaten:

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Bogdan »

Atue001 hat geschrieben: Di 31. Jan 2023, 23:14 Oh - tatsächlich ist der Skandal noch viel größer! Statt 598 Abgeordnete haben wir 736 Abgeordnete - und das nur, damit 35 Abgeordnete, die in ihrem Wahlkreis eine relative Mehrheit bei den relativ unwichtigen Erststimmen bekommen haben, ins Parlament einziehen konnten. Tatsächlich hätten diese 35 Abgeordnete aber auch über die Landeslisten einziehen können - man hätte es nur entsprechend organisieren müssen. So aber zwingt die CSU die Bürger dieses Landes dazu, 138 zusätzliche Abgeordnete finanzieren zu müssen. Dass ausgerechnet diese 35 Abgeordneten ein besonders wichtiger Zugewinn für den Bundestag wären.....ist ehrlich gesagt bis heute eigentlich nicht in der Presse zu vernehmen gewesen. Hat das Land also durch diese zwangsfinanzierten Jobs wirklich einen Zugewinn?

Eher nicht.

Mein Vorschlag bleibt: Überlasst die Finanzierung von Überhang und Ausgleichsmandaten bei den Parteien - oder von mir aus auch bei den Wahlkreisen, die diese verursacht haben. Ich bin mir sicher, auf der Basis einer solchen Finanzierung wird sich leichter ein vernünftiger Kompromiss finden lassen, wie ein neues Wahlrecht aussehen sollte.
Wenn sie sagen, die hätten über die Liste einziehen, warum dann überhaupt Direktkandidaten? Einfaches Mehrheitswahlrecht löst die Probleme von Überhangmandaten und Ausgleichsmandaten.
Wem Sachargumente fehlen, geht zu persönlichen Bemerkungen über. :?
Benutzeravatar
Europa2050
Beiträge: 9854
Registriert: Di 4. Mär 2014, 08:38
user title: Kein Platz für Nationalismus

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Europa2050 »

Bogdan hat geschrieben: Mi 1. Feb 2023, 08:16 Wenn sie sagen, die hätten über die Liste einziehen, warum dann überhaupt Direktkandidaten? Einfaches Mehrheitswahlrecht löst die Probleme von Überhangmandaten und Ausgleichsmandaten.
Prinzipiell haben die Erststimme und das Direktmandat schon ihren Sinn.
So wird unabhängig von Handeln und Erfolg der einzelnen Parteien sichergestellt, dass jeder Wahlkreis in D von mindestens einem Abgeordneten (egal welcher Partei) vertreten wird -> Bürgernähe

Um gleichermaßen das zu erhalten, das Zweistimmenergebnis der Parteien nicht zu verfälschen und den Bundestag bei 598 zu halten, hilft m.E. nur eines:

Je zwei Wahlkreise zusammenlegen. Dann könnte der restliche Mechanismus bleiben.
Почему, Россия? (Warum, Russland?)
Bogdan
Beiträge: 2313
Registriert: Mo 23. Jan 2023, 14:41
Kontaktdaten:

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Bogdan »

Europa2050 hat geschrieben: Mi 1. Feb 2023, 12:16 Prinzipiell haben die Erststimme und das Direktmandat schon ihren Sinn.
So wird unabhängig von Handeln und Erfolg der einzelnen Parteien sichergestellt, dass jeder Wahlkreis in D von mindestens einem Abgeordneten (egal welcher Partei) vertreten wird -> Bürgernähe

Um gleichermaßen das zu erhalten, das Zweistimmenergebnis der Parteien nicht zu verfälschen und den Bundestag bei 598 zu halten, hilft m.E. nur eines:

Je zwei Wahlkreise zusammenlegen. Dann könnte der restliche Mechanismus bleiben.
Ich könnte mit der Regelung leben. Direktkandidat in Augsburg oder Augsburg und Umgebung wird so oder an die CSU von einer Generation zur anderen vererbt.
Ähm, wenn die Micky Maus aufstellen, gewinnen sie wahrscheinlich auch das Direktmandat. :rolleyes:
Okay, wenn sich SPD und Grüne einig gewesen wäre, hat entweder Frau Bahr oder Frau Roth den CSU-Kandidaten geschlagen.
Ja, Frau Roth heißt mit Vornamen Claudia und hat ihr Studium auch geschmissen.
Wem Sachargumente fehlen, geht zu persönlichen Bemerkungen über. :?
Atue001
Beiträge: 4069
Registriert: Fr 2. Aug 2019, 00:00

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Atue001 »

Bogdan hat geschrieben: Mi 1. Feb 2023, 08:16 Wenn sie sagen, die hätten über die Liste einziehen, warum dann überhaupt Direktkandidaten? Einfaches Mehrheitswahlrecht löst die Probleme von Überhangmandaten und Ausgleichsmandaten.
Ja, das Direktmandat ist meiner Ansicht nach völlig überbewertet. Die meisten Wähler werden ihren Direktkandidaten gar nicht kennen - und viele Direktkandidaten sind gar nicht mit absoluter Mehrheit gewählt worden.
Die Idee, dass man die einzelnen Wahlkreise im Bundestag vertreten haben möchte ist nett - allerdings werden die Wahlkreise oft auch mit Direktkandidaten besetzt, die eigentlich gar nicht aus der Region kommen. Darüber hinaus gibt es zur Abbildung der Regionalität noch das Listenprinzip in den Parteien - denn diese Listen sind ja eben gar nicht überregional sondern haben ihrerseits zumindest auf Landesebene eine regionale Ausrichtung.

Regionalität spielt bei sehr vielen Entscheidungen im Bundestag keine wirkliche Rolle - da geht es um Bundesgesetze, da wird mit Fraktionszwang abgestimmt etc. etc. etc..
Und darüber hinaus haben wir als Vertretung der länderinteressen auch noch den Bundesrat.

Nein - die Erststimme ist überflüssig und könnte locker entfallen.

Meine Meinung.
Benutzeravatar
Seidenraupe
Beiträge: 9767
Registriert: Di 2. Nov 2021, 12:38

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Seidenraupe »

Europa2050 hat geschrieben: Mi 1. Feb 2023, 12:16 Prinzipiell haben die Erststimme und das Direktmandat schon ihren Sinn.
So wird unabhängig von Handeln und Erfolg der einzelnen Parteien sichergestellt, dass jeder Wahlkreis in D von mindestens einem Abgeordneten (egal welcher Partei) vertreten wird -> Bürgernähe

Um gleichermaßen das zu erhalten, das Zweistimmenergebnis der Parteien nicht zu verfälschen und den Bundestag bei 598 zu halten, hilft m.E. nur eines:

Je zwei Wahlkreise zusammenlegen. Dann könnte der restliche Mechanismus bleiben.
sehe ich ganz genauso.
Bürgernähe, die Regiom wirklich vertreten und die Anliegen der MEnschen in den Bundestag bringen...extrem wichtig.
Wer Ironie findet, kann sie behalten. Wer nicht, sein/ihr Problem.

„Wenn man merkt, daß der Gegner überlegen ist und man Unrecht behalten wird, so werde man persönlich, beleidigend, grob.“
Schopenhauer
Bogdan
Beiträge: 2313
Registriert: Mo 23. Jan 2023, 14:41
Kontaktdaten:

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Bogdan »

Seidenraupe hat geschrieben: Do 2. Feb 2023, 01:40 sehe ich ganz genauso.
Bürgernähe, die Regiom wirklich vertreten und die Anliegen der MEnschen in den Bundestag bringen...extrem wichtig.
Das sehe ich auch.
Bisher hatten immer alle gewählten Bundestagsabgeordneten der Region ein Büro in Augsburg.
Egal ob sie als Direktkandidat oder über die Liste eingezogen sind.
Wem Sachargumente fehlen, geht zu persönlichen Bemerkungen über. :?
Benutzeravatar
JosefG
Beiträge: 1026
Registriert: Mi 18. Jul 2012, 07:11
user title: antiabrahamitisch
Wohnort: Regensburg
Kontaktdaten:

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von JosefG »

Gerade hat auf Bayern2 ein Kommentator auf folgendes hingewiesen:
Wenn wie geplant die Regelung abgeschafft wird, wonach mit mindestens drei Direktmandaten die Fünf-Prozent-Hürde nicht gilt,
dann könnte davon nicht nur die Linke, sondern auch die CSU betroffen sein und evtl. gar nicht mehr im Bundestag vertreten sein.

Um die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen, müsste die CSU sich bundesweit ausdehnen. Die CDU würde auch in Bayern kandidieren.
Das wäre das Ende der Sonderrolle Bayerns. Die Sonderrolle hat mich schon immer genervt, und sicher nicht nur mich.
Wähler
Beiträge: 8600
Registriert: Di 25. Dez 2012, 13:04
user title: Bürgerjournalismus
Wohnort: Bayern

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Wähler »

JosefG hat geschrieben: Mo 13. Mär 2023, 17:27 Gerade hat auf Bayern2 ein Kommentator auf folgendes hingewiesen:
Wenn wie geplant die Regelung abgeschafft wird, wonach mit mindestens drei Direktmandaten die Fünf-Prozent-Hürde nicht gilt,
dann könnte davon nicht nur die Linke, sondern auch die CSU betroffen sein und evtl. gar nicht mehr im Bundestag vertreten sein.
Um die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen, müsste die CSU sich bundesweit ausdehnen. Die CDU würde auch in Bayern kandidieren.
Das wäre das Ende der Sonderrolle Bayerns. Die Sonderrolle hat mich schon immer genervt, und sicher nicht nur mich.
Ich verstehe das neue Wahlrecht für den Bundestag so, dass so viele CSU-Direktmandate in den nächsten Bundestag einziehen, wie mittels des Zweitstimmenergebnisses über die Landesliste für Bayern in den Bundestags rechnerisch maximal einziehen würden. Alle auf diese Weise errechneten Direktmandate fallen dann nicht unter die 5-Prozent-Hürde.
Zuletzt geändert von Wähler am Di 14. Mär 2023, 18:13, insgesamt 1-mal geändert.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
Benutzeravatar
Misterfritz
Vorstand
Beiträge: 35208
Registriert: So 4. Sep 2016, 15:14
user title: Cheffe vons Rudel
Wohnort: badisch Sibirien

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Misterfritz »

Wähler hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:11 Ich verstehe das neue Wahlrecht für den Bundestag so, dass so viele CSU-Direktmandate in den nächsten Bundestag einziehen, wie mittels des Zweitstimmenergebnisses über die Landesliste für Bayern in den Bundestags maximal einziehen würden.
Nein,
das CSU-Ergebnis wird auf Bundesebene umgerechnet - und da liegt die CSU immer so um 5%.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
Wähler
Beiträge: 8600
Registriert: Di 25. Dez 2012, 13:04
user title: Bürgerjournalismus
Wohnort: Bayern

Re: Wahlrecht - aber welches?

Beitrag von Wähler »

Misterfritz hat geschrieben: Di 14. Mär 2023, 18:13 Nein,
das CSU-Ergebnis wird auf Bundesebene umgerechnet - und da liegt die CSU immer so um 5%.
Selbst, wenn die CSU knapp unter 5% liegen würde, wären es so viele Direktmandate, wie ihr rein rechnerisch gemäß Zweitstimmenergebnis zuständen, unabhängig von der 5%-Hürde - also sicher mehr als 30 Direktmandate zum Beispiel. Es geht schließlich nur um die Zahl der sogenannten Ausgleichsmandate, die künftig abgeschnitten werden.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
Antworten