JJazzGold hat geschrieben: ↑Samstag 23. April 2022, 14:09
In diesem Fall sind die Russen die Barbaren, die den Ukrainern andichteten Barbaren zu sein, um die "russische Spezialoperation - Barbaren vernichten" durchzuführen.
Ja, Nazis = Barbaren.
In der aktuellen Zeit-Ausgabe gibt es Statements, was die Welt nun von Deutschland erwartet angesichts des Krieges. Zwei Stimmen, eine chinesische und eine russische, möchte ich hier mal kommentarlos zur Kenntnis bringen:
https://www.zeit.de/2022/17/zeitenwende ... ettansicht
Eine panische Überreaktion der Deutschen
Die Standing Ovations für Scholz im Bundestag rechtfertigen nicht die drastische Wende in der Außenpolitik. Diese wird zwar die europäische Autonomie-Strategie untermauern, die bisher ein französisches Schlagwort ist, um eine "hirntote Nato" wiederzubeleben. Aber Deutschland bezahlt dafür mit seinem Image als pazifistisches Land – und Europa mit seiner Sicherheit.
Angesichts der Tatsache, dass sich Europas Sicherheit nur verschlechtern wird – sei es durch einen anhaltenden heißen Krieg in der Ukraine, sei es durch einen anschließenden Kalten Krieg auf dem ganzen Kontinent –, wäre ein traditionell zurückhaltendes Deutschland mit einer prorussischen Ostpolitik am besten in der Lage, die Verhandlungen mit Russland über die Zukunft Europas zu führen. Dies ist jetzt zum Scheitern verurteilt. Ein militarisiertes Deutschland wird auch eine gewisse Vorstellung, wenn nicht gar Angst in der Welt auslösen, angesichts der Nazi-Vergangenheit. Zumindest einer der Gründe für den Einmarsch Russlands in die Ukraine war ja bekanntlich die "Entnazifizierung".
"Jede Militarisierung befördert unweigerlich Gewalt"
Stellen Sie sich einen Moment lang vor, alle Länder, die Teil der Nato sein wollen, würden aufgenommen – wäre Europa dann sicherer? Wenn Finnland der Nato beitritt, wären die Truppen des Bündnisses nur einen Steinwurf von Sankt Petersburg entfernt. Wie wird Russland dann denken und handeln? Russland wird nun vom Westen als "Paria", als Ausgestoßener, bezeichnet. Aber ein frustrierter Paria mit dem größten Atomwaffenarsenal der Welt ist äußerst gefährlich.
Nur Putin kann entscheiden, wie lange der russisch-ukrainische Krieg dauern wird. Er wird kämpfen, bis er einen "Sieg" verkünden kann. Das bedeutet vermutlich, dass die Ukraine die formelle Anerkennung der Krim als Teil Russlands, den Nichtbeitritt der Ukraine zur Nato und die Unabhängigkeit der beiden Republiken Donezk und Luhansk unterschreiben muss. Wenn die Ukraine Russlands Bedingungen nicht akzeptiert, wird der Krieg weitergehen.
Auf lange Sicht muss eine Sicherheitsvereinbarung zwischen Russland und der Nato getroffen werden. Die ständige Erweiterung der Nato mag ihre Popularität beweisen, aber sie wird Europa nur unsicherer machen. Europas Sicherheit kann nur mit Russland erreicht werden.
An den Verteidigungsausgaben lässt sich am besten ablesen, wie ein Land sein Sicherheitsumfeld einschätzt. Leider ist die drastische Erhöhung der Verteidigungsausgaben in Deutschland eine panische Überreaktion – eine Zeitenwende in die falsche Richtung.
Oberst a. D. Zhou Bo, Senior Fellow des Zentrums für internationale Sicherheit und Strategie der Tsinghua-Universität und Experte des China-Forums
Drei schmerzhafte Überraschungen für Moskau
Die jüngsten Veränderungen in Deutschlands Außenpolitik sind für die russische Führung besonders wichtig und mutmaßlich überraschend, zumindest mit Blick auf drei Punkte. Erstens: Als Moskau am 24. Februar seine spezielle Militäroperation in der Ukraine begann, versuchte die Führung der Bundesrepublik, die Vorschläge der anderen EU-Mitgliedsländer im Hinblick auf Sanktionen gegen Russland keineswegs abzuschwächen. Mehr noch, sie trat sogar als Vorreiterin der neuen, umfangreichen, antirussischen Maßnahmen auf. Berlin war eine der ersten europäischen Hauptstädte, welche die Einstellung der weiteren Zusammenarbeit mit Moskau in Wissenschaft und Berufsbildung, den Verzicht auf staatliche Investitionsgarantien und Exportversicherungen nach Russland sowie die Schließung seines Luftraums für russische Flugzeuge und anderes mehr angekündigt hat. Besonders empfindlich hat Russland die Entscheidung Deutschlands getroffen, seine Abhängigkeit von Kohle, Erdöl und Gas aus Russland rasch abzubauen, mit dem Ziel, ganz darauf verzichten zu können.
"Die EU muss strategische Autonomie erlangen"
Zweitens: Schmerzhaft und wahrscheinlich auch unerwartet war der plötzliche Anstieg antirussischer Stimmung in der deutschen Gesellschaft. Sogar in Bereichen, die von Sanktionen nicht direkt betroffen waren, wurde die Zusammenarbeit mit russischen Partnern infolge der Entscheidungen einzelner Bundesländer, Gemeinden, Bildungseinrichtungen, Berufsverbände oder Institutionen der Zivilgesellschaft eingefroren oder eingestellt. Deutsche Unternehmen wie Volkswagen, Daimler Truck, Mercedes-Benz Group AG, Allianz, DHL, Adidas und auch Großbanken wie Deutsche Bank und Commerzbank haben über die Einstellung ihrer Tätigkeiten in Russland informiert. Viele Russen, die in Deutschland leben, erfahren nun Diskriminierung.
Drittens: Eine unangenehme Überraschung für Russland war eine grundsätzliche Änderung der Haltung der Bundesregierung in Militärfragen. Bundeskanzler Scholz hat seinen Plan verkündet, den Wehretat auf über zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, und die Bildung eines Sondervermögens von 100 Milliarden Euro zur Stärkung der Bundeswehr in Aussicht gestellt. Deutschland hat Lieferungen von Waffen in die Ukraine und eine stärkere Unterstützung seiner östlichen Nato-Partner angekündigt. Gleichzeitig hat man vor, die deutschen Streitkräfte umfassend zu modernisieren und die militärisch-technische Zusammenarbeit mit europäischen Nato-Ländern zu intensivieren.
In russischen Expertenkreisen wird nun über das Ausmaß des Wandels in der deutschen Außenpolitik diskutiert. Einige Analytiker sind der Meinung, dass die Veränderungen überwiegend situationsbedingt, also mit der konkreten Krise verbunden sind und daher rückgängig gemacht werden können, wenn der russisch-ukrainische Konflikt beendet wird. Andere sagen, dass wir die endgültige Überwindung des Geschichtstraumas des Zweiten Weltkriegs im deutschen Bewusstsein und die Wandlung der Bundesrepublik zu einer "normalen" Großmacht erleben.
Andrei Kortunow, Direktor des Moskauer Thinktanks Russian International Affairs Council