Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

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imp
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von imp »

Sören74 hat geschrieben:(21 Aug 2020, 21:32)

Das ist vielleicht ein Problem in der Politik, dass gelegentlich/manchmal/öfters(?) der Reflex vorherrscht, genau das verbieten zu wollen, was einem nicht gefällt. Der mögliche Gegenentwurf könnte der Satz von Voltaire sein, "I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it.".
Das ist mein Anspruch nicht. Ich kann mir lohnendere Verteidigungen vorstellen. Aber wir müssen Meinungsfreiheit wieder stärker sichtbar machen. Wenn wir die anderen Themen mit betrachten, setzt sich immer wieder dieses Muster durch:

- Ich darf alles sagen und schreiben und tun
- Niemand darf daraus seine Folgerungen ziehen

Das ist natürlich Quatsch und würde an keinem Stammtisch lange gut gehen. Das ist auch nichts mit links und rechts. Lest mal alte Soldatengeschichten, ganz egal ob 3. Reich oder Bundeswehr oder Volksarmee. Da wird mal im Plauderton, mal entsetzt, referiert, wie der, der störte, der aus der Reihe tanzte, der sich nicht wusch oder sonst was, mal mehr brutal, mal mehr "lustig" aber immer zu seinem Nachteil mit dem Missfallen seiner Mitsoldaten konfrontiert wurde. Genauso funktionieren Jugendgeschichten, Komödien, selbst die großen alten Sagen von Homer bis zu den Nibelungen. Und wenn wir uns Tour-Geschichten von Rockmusikern durchlesen, ist es im Grunde dasselbe.
One anecdote relates that in the mid-1980s, an intoxicated Jagger phoned Watts' hotel room in the middle of the night, asking, "Where's my drummer?" Watts reportedly got up, shaved, dressed in a suit, put on a tie and freshly shined shoes, descended the stairs, and punched Jagger in the face, saying: "Don't ever call me your drummer again. You're my fucking singer!
https://en.wikipedia.org/wiki/Charlie_Watts

Ich bin nicht dafür, dass wir uns ins Gesicht schlagen. Aber dass Worte im Rahmen des Möglichen nicht nur Widerworte sondern auch Handlungen mit sich bringen, das ist uralt. "Dann bist du jetzt nicht mehr mein Freund!" sagen schon die kleinen Kinder im Streit, um das - meistens nur ganz kurz - auch völlig ernst gemeint durchzuziehen, bis man die Meinungsverschiedenheit aus der Welt schafft oder einfach vergisst.

Es muss jedem erlaubt sein, seine Weltsicht auch in erlaubte Handlungen umzusetzen. Nicht ins Gesicht schlagen. Sind so kleine Hände, tun oft höllisch weh. Vor allem wenn man ungeübt ist. Aber etwa Spenden gewähren oder entziehen. Abos bestellen, abbestellen. Das nächste Album nicht mehr kaufen oder jemandem schenken. Aus einem Verein austreten. Jemanden nicht mehr wählen. Und so weiter. Eine Vollkasko-Mentalität, bei der man einen Unfall nach dem anderen baut, aber nie den Schaden bezahlen will, das geht eben nicht.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Sören74

Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Skeptiker hat geschrieben:(21 Aug 2020, 21:50)

... aber nein. Genau das ist es eben nicht! Wir reden hier permanent aneinander vorbei - und ich fühle mich da nicht alleine. Es geht eben NICHT darum die Meinung des anderen zu bekämpfen, sondern dessen Meinungsfreiheit zu verteidigen.
Scheinbar nicht von allen.
Skeptiker hat geschrieben:Was du allerdings machst, ist persönliche Einschüchterung als Teil der Meinungsfreiheit zu verkaufen, während es eben genau das Gegenteil ist. Kritik ist Teil der Meinungsfreiheit - nicht persönliche Einschüchterung.
Auch persönliche Einschüchterung ist Teil der Meinungsfreiheit, solange sie im gesetzlichen Rahmen bleibt. Das ist die Konsequenz, auch wenn sie einem nicht gefällt. Oder man definiert die Meinungsfreiheit nicht mehr über die Menschenrechte, das Grundgesetz und die jeweiligen Gesetze sondern definiert eine zweite Ebene darüber, das was man machen darf, aber nicht tun sollte. Das was man nach dem Gesetz sagen darf, aber ja nicht sagen sollte. Früher hätte man gesagt, was die Moral vorgibt. Moral, Gesamtheit von ethisch-sittlichen Normen und Grundsätzen. Das wo früher Mutti gesagt hätte "sowas sagt man nicht". Genau da könnte man einbauen, dass persönliche Einschüchterung unmoralisch ist, nicht den guten Sitten entspricht. Quasi die Netiquette im realen Leben. Es kommt keine Polizei, wenn man sie mal übertritt, aber ein Art Kodex, an dem man sich hält, wenn man nicht als Plebs angesehen werden möchte. So wie man auch weiß, wie man mit Messer und Gabel isst, weiß man dann auch, dass man den anderen nicht verbal bedroht, wenn er was sagt.

Oder man bleibt dabei und versucht alles mit Gesetzen zu regeln. Und wenn man persönliche Einschüchterung nicht mehr will, dann muss man bereit sein, die Meinungsfreiheit in der jetzigen Form zu beschneiden. Deutlich zu beschneiden. Dann mag es keine persönliche Einschüchterungen mehr geben, aber die Menschen werden auch nicht mehr sagen wollen, dass der Bundestrainer gehen soll, oder der Minister oder der Chef der Kreissparkasse, weil das könnte ja als Einschüchterung gewertet werden. Da möchte man doch lieber nicht Gefahr laufen, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraden. Nein, besser mit vorgehaltener Hand. Oder zu Freunden, denen man wirklich vertrauen kann. Ja nicht ins Internet. Und auf Demos sollte man besser auch nicht mehr gehen. Auf Demos werden immer Forderungen gerufen. Forderungen, die anderen schaden könnten. Der Kanzlerin, den DAX-Chefs, dem Arbeiter am Fließband für Verbrennungsmotoren. Schon hat man Dich an der Backe, weil man "Källenius weg" gerufen hat oder eben "weg mit den Rassisten in der Polizei". Und man stelle sich vor, Källenius würde wirklich zurücktreten. Oder man würde in der Polizei wirklich die echten Rassisten suspendieren. :eek: Dann wäre man plötzlich schuld, an deren sozialen Abstieg. Dann wäre ich schuld. Weil ich das auf der Demo gerufen hätte und die tatsächlich auf mich hörten :|.

Ich muss ehrlich sagen, die erste Variante hört sich wie eine schöne Utopie an. Fast so schön wie die von Thomas Morus. Und vielleicht genauso fern. Oder vielleicht doch nicht? Ich weiß nur eines, in der Variante 2 möchte ich nicht leben. Ja, dann doch lieber persönliche EInschüchterung...... so wie man es kennt. :|
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Tom Bombadil
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Tom Bombadil »

Skeptiker hat geschrieben:(21 Aug 2020, 21:50)

Kritik ist Teil der Meinungsfreiheit - nicht persönliche Einschüchterung.
Richtig. Sachliche Kritik an Aussagen ist statthaft, jemand mit einem Mob zu bedrohen und "Strafen" wie Entlassung für ihn zu fordern, ist es nicht. Das hat nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun. Sind die Aussagen gesetzeswidrig hilft eine Anzeige.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von odiug »

Wie wäre es mal, wenn man sich im Arbeitsrecht kundig macht ?
Wer mit aussagen den Betriebsfrieden stört, dem kann nach einer Abmahnung gekündigt werden, sollte er sein Verhalten nicht ändern.
Unter Störung des Betriebsfrieden sind auch rassistische oder sexistische Aussagen zu werten.
So einfach ist das.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Tom Bombadil »

Das muss aber der AG entscheiden und zwar ohne vom Mob unter Druck gesetzt worden zu sein.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von odiug »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Aug 2020, 09:44)

Das muss aber der AG entscheiden und zwar ohne vom Mob unter Druck gesetzt worden zu sein.
Also ersteinmal : ja eh ... wer denn sonst, wenn der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung klagt, entscheidet immer das Arbeitsgericht.
Zweitens, welcher "Mob" sollte ein Gericht denn in einem Arbeitsstreit denn unter druck setzen ?
Drittens: bevor es zu einer Abmahnung oder Kündigung kommt, hat ein Arbeitgeber, bzw die Personalabteilung viele Möglichkeiten einen Konflikt innerhalb eines Betriebs zu entschärfen.
Bitte tut nicht so, als wären alle Arbeitgeber oder Personalchefs inkompetente Trottel, die ihr Fähnchen wider dem Arbeitsrecht nach dem Wind hängen und jeder Intrige oder PC Empörung nachgeben.
Dem ist einfach nicht so.
Bevor arbeitsrechtliche Konsequenzen einen Arbeitnehmer betreffen, muss der schon einiges auf dem Kerbholz haben.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von DarkLightbringer »

Einschüchterung als Meinungsfreiheit?
Differenziert betrachtet, hängt das eben exakt von der jeweiligen Rechtslage ab.

In fast allen US-Bundesstaaten gibt es eigens ein Gesetz, das sich gegen die "Entmutigung" der Redefreiheit wendet. Ein schlichter Antrag genügt, ein Richter sieht sich das an und kann anscheinend nicht nur hohe Bußgelder verhängen, sondern im Extremfall auch die Festnahme anordnen - das alles noch vor einem Prozess.
Ursprünglich soll das der Mafia gegolten haben, hält aber nach Ansicht eines Kölner Auswanderers generell Unternehmen auf Abstand, wenn sich einfache Bürger abfällig über Produkte, Dienstleistungen oder Hersteller öffentlich äußern. In einem exemplarischen Fall ging es um den Begriff des "Quacksalbers" - zulässig.

In Deutschland ist die Rechtslage jedoch eine andere. Das Unwesen der Abmahn-Anwälte dürfte bekannt sein und ist im Prinzip legal, wenn es auch zuweilen als unseriös gilt.

Und die Omertá in Süditalien funktioniert immer noch. In manchen Regionen ist die Mafia der bedeutendste Arbeitgeber - in Gestalt von Unternehmen.

Fazit. Es ist eben ausschließlich die Rechtslage, die Einschüchterung begünstigt oder behindert.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von PeterK »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Aug 2020, 09:44)
Das muss aber der AG entscheiden und zwar ohne vom Mob unter Druck gesetzt worden zu sein.
1) Wer ist "der Mob"?
2) Was bedeutet "unter Druck gesetzt"?
3) Was ist mit der Meinungsäußerungsfreiheit des "Mobs"?

Ich meine, man könne die Thread-Frage nicht so einfach mit ja oder nein beantworten.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von DarkLightbringer »

odiug hat geschrieben:(22 Aug 2020, 09:41)

Wie wäre es mal, wenn man sich im Arbeitsrecht kundig macht ?
Wer mit aussagen den Betriebsfrieden stört, dem kann nach einer Abmahnung gekündigt werden, sollte er sein Verhalten nicht ändern.
Unter Störung des Betriebsfrieden sind auch rassistische oder sexistische Aussagen zu werten.
So einfach ist das.
Klar kann ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer loswerden, wenn er das unbedingt möchte. Dazu gibt es auch diverse Tricks.
Nur hat der Arbeitgeber nicht immer automatisch recht, so wenig wie ein Vermieter, ein Autoverkäufer oder sonst ein Vertragspartner.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Tom Bombadil »

odiug hat geschrieben:(22 Aug 2020, 09:53)

Also ersteinmal : ja eh ... wer denn sonst, wenn der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung klagt, entscheidet immer das Arbeitsgericht.
AG = Arbeitgeber. Und dass das in Deustchland vor dem Arbeitsgericht landet wäre wohl auch klar.
Zweitens, welcher "Mob" sollte ein Gericht denn in einem Arbeitsstreit denn unter druck setzen ?
Wie vor: der Arbeitgeber wird unter Druck gesetzt. Ich erinnere mich noch an den Fall aus Österreich, wo einem Azubi wegen eines "Hass-Postings" gekündigt wurde und nachher stellte dann das Gericht fest, dass die Aussage von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.
Bitte tut nicht so, als wären alle Arbeitgeber oder Personalchefs inkompetente Trottel, die ihr Fähnchen wider dem Arbeitsrecht nach dem Wind hängen und jeder Intrige oder PC Empörung nachgeben.
Wer hat das getan, außer dir jetzt :rolleyes:
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von tarkomed »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Aug 2020, 10:29)

Wie vor: der Arbeitgeber wird unter Druck gesetzt. Ich erinnere mich noch an den Fall aus Österreich, wo einem Azubi wegen eines "Hass-Postings" gekündigt wurde und nachher stellte dann das Gericht fest, dass die Aussage von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.
Den Fall hätte ich gern wieder gesehen. Hast du da einen Link? Ich habe sein Posting ziemlich heftig in Erinnerung. ;)
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Tom Bombadil »

Ich hatte das falsch in Erinnerung, der Fall kam gar nicht vor Gericht, die Staatsanwaltschaft fand keinen Straftatbestand und hat die Ermittlungen eingestellt: https://futurezone.at/digital-life/ermi ... 46.745.408 Natürlich ist die Aussage an sich vollkommen unterirdisch, aber anscheinend von der Meinungsfreiheit gedeckt.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von tarkomed »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Aug 2020, 11:26)

Ich hatte das falsch in Erinnerung, der Fall kam gar nicht vor Gericht, die Staatsanwaltschaft fand keinen Straftatbestand und hat die Ermittlungen eingestellt: https://futurezone.at/digital-life/ermi ... 46.745.408 Natürlich ist die Aussage an sich vollkommen unterirdisch, aber anscheinend von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Wusste ich’s doch, mein Gedächtnis lässt mich nicht im Stich. ;)
Jetzt fehl nur noch zu klären, ob unzählige aufgebrachte Facebook-Nutzer sagten ihm die Meinung und konfrontierten auch seinen Arbeitgeber, Porsche Wels, mit der Äußerung als Mob bezeichnet werden dürfen...
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Aug 2020, 09:44)

Das muss aber der AG entscheiden und zwar ohne vom Mob unter Druck gesetzt worden zu sein.
Ja, der AG muss entscheiden und die Verantwortung dafür tragen. Was sich außerhalb des Unternehmen/Institution abspielt, darauf wird man nicht viel Einfluss nehmen können.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

DarkLightbringer hat geschrieben:(22 Aug 2020, 09:56)

In fast allen US-Bundesstaaten gibt es eigens ein Gesetz, das sich gegen die "Entmutigung" der Redefreiheit wendet. Ein schlichter Antrag genügt, ein Richter sieht sich das an und kann anscheinend nicht nur hohe Bußgelder verhängen, sondern im Extremfall auch die Festnahme anordnen - das alles noch vor einem Prozess.
Ursprünglich soll das der Mafia gegolten haben, hält aber nach Ansicht eines Kölner Auswanderers generell Unternehmen auf Abstand, wenn sich einfache Bürger abfällig über Produkte, Dienstleistungen oder Hersteller öffentlich äußern. In einem exemplarischen Fall ging es um den Begriff des "Quacksalbers" - zulässig.
Interessanter Hinweis. Da würde es mich interessieren (wenn das jemand sagen kann), wie das dann in der Praxis gelebt wird und welche Auswirkungen das in den jeweiligen Bundesstaaten hat.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Tom Bombadil »

tarkomed hat geschrieben:(22 Aug 2020, 12:40)

Wusste ich’s doch, mein Gedächtnis lässt mich nicht im Stich.
Es handelte sich also um eine legitime Meinungsäußerung.
Bestimmt nicht, das sind ja die "Guten" :cool:
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von DarkLightbringer »

Sören74 hat geschrieben:(22 Aug 2020, 12:51)

Interessanter Hinweis. Da würde es mich interessieren (wenn das jemand sagen kann), wie das dann in der Praxis gelebt wird und welche Auswirkungen das in den jeweiligen Bundesstaaten hat.
Gute, aber komplexe Frage. ;)

Prof. Mounk (Hopkins University) sagt, von der früheren "lebendigen Debattenkultur" sei jetzt nur noch "wenig übrig".

Der besagte Auswanderer aus Köln machte sich indes in einem YouTube-Beitrag über ein unfreundliches Anwaltsschreiben aus Germany lustig, eben weil das nach US-Recht bereits als Drohung aufgefasst werden könnte, wodurch die Abmahn-Anwälte bzw. das Unternehmen ein gewisses Risiko in Kauf nähmen.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Aug 2020, 12:55)

Bestimmt nicht, das sind ja die "Guten" :cool:
Ja, so ist die Welt eben. Es jibbt nur die Guten und den Mob.
Sören74

Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

DarkLightbringer hat geschrieben:(22 Aug 2020, 13:06)

Gute, aber komplexe Frage. ;)

Prof. Mounk (Hopkins University) sagt, von der früheren "lebendigen Debattenkultur" sei jetzt nur noch "wenig übrig".
Auch interessant.
DarkLightbringer hat geschrieben: Der besagte Auswanderer aus Köln machte sich indes in einem YouTube-Beitrag über ein unfreundliches Anwaltsschreiben aus Germany lustig, eben weil das nach US-Recht bereits als Drohung aufgefasst werden könnte, wodurch die Abmahn-Anwälte bzw. das Unternehmen ein gewisses Risiko in Kauf nähmen.
Tja, in den USA hingegen wird man gleich auf hohe Schadenssummen verklagt. Das ist dann auch eine Form von Druck, wenn man sich dagegen wehren muss.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von DarkLightbringer »

Sören74 hat geschrieben:(22 Aug 2020, 13:13)

Auch interessant.



Tja, in den USA hingegen wird man gleich auf hohe Schadenssummen verklagt. Das ist dann auch eine Form von Druck, wenn man sich dagegen wehren muss.
Es ist halt ein anderes Rechtssystem. Bei uns ist die Entwicklung und Prüfung sehr teuer, in den USA dafür der Schaden, sofern einer entsteht.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Cobra9 »

Sören74 hat geschrieben:(21 Aug 2020, 11:35)

Fakten zu ignorieren (es ging hier nicht um eine Handlung eines Forenbetreibers, sondern um eine Aussage eines x-beliebigen Menschen) erschwert es nun mal erheblich, einen gemeinsamen Konsens zu finden. :|
Ich ignorier es nicht und hatte deutlich gemacht das ich mich auf das bewusste Beispiel bezog. Von Skeptiker.

Ansonsten muss man immer gleicher Meinung sein. Nein.

Die Frage nach einer Kündigung kann Dir so niemand bewerten. Dazu muss man die Faktoren berücksichtigen.

Arbeit, Firma, Umstände....... Das ist pauschal rechtlich immer kompliziert.
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

Genieße den Augenblick, denn der Augenblick ist dein Leben
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Cobra9 hat geschrieben:(22 Aug 2020, 13:38)

Ich ignorier es nicht und hatte deutlich gemacht das ich mich auf das bewusste Beispiel bezog. Von Skeptiker.

Ansonsten muss man immer gleicher Meinung sein. Nein.
Eine gleiche Meinung muss man überhaupt nicht haben. Eine gleiche Diskussionsgrundlage hingegen finde ich schon begrüßenswert.
Cobra9 hat geschrieben: Die Frage nach einer Kündigung kann Dir so niemand bewerten. Dazu muss man die Faktoren berücksichtigen.

Arbeit, Firma, Umstände....... Das ist pauschal rechtlich immer kompliziert.
Okay, dann kann man zumindestens andeuten, in welchen Fällen beispielsweise die Meinungsfreiheit entscheidet und in welchen nicht.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von DarkLightbringer »

Ein Vertrag berührt die Meinungsfreiheit nicht, er legt lediglich einen übereinstimmenden Willen in bestimmter, umschriebener Sache fest.

Streitigkeiten, Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit sind demgegenüber ein Thema für sich.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Kohlhaas »

Skeptiker hat geschrieben:(21 Aug 2020, 17:06)Wichtig wäre dabei aber sicherzustellen, dass es nicht um den Diskurs zum Thema geht, sondern darum einem Menschen persönlich zu schaden. Das ganze hat ja Komponenten von Erpressung, Stalking und Mobbing in sich vereint.
Bei Erpressung, Stalking und Mobbing wäre ist vorsichtig. Erpressung käme ja nur infrage, wenn jemand einem missliebigen Kollegen zuvor mit einem "empfindlichen Übel" gedroht hätte. Motto: Mach was ich verlange, oder ich bezeichne Dich als unfähig/ungeeignet. Stalking würde voraussetzen, dass nachweisbar ein Beschäftigter über längere Zeit auf mögliche Fehler von missliebigen Kollegen "lauert". Ganz schwer nachzuweisen! Mobbing würde ebenfalls voraussetzen, dass über längere Zeit hinweg ein Mensch sich bemüht, einen anderen Menschen zu verfolgen, zu drangsalieren und in ein schlechtes Licht zu rücken. Auch ganz schwierig nachzuweisen! Den meisten Mobbing-Opfern gelingt dieser Nachweis nicht, weil sie zu "gutgläubig" sind und die ganzen Mobbing-Handlungen nicht dokumentieren! Jedem Betroffenen, der sich "gemobbt" fühlt, empfehle ich dringend, das alles möglichst genau zu dokumentieren! Datum, Uhrzeit, Mobbinghandlung... "Am 14.9.2012 um 16.05 Uhr hat mein Kollege mich als "Made" bezeichnet..." usw.

Nur wenn ein Beschäftigter mittels so einer Dokumentation nachweisen kann, dass er über einen längerern Zeitraum hinweg "gemobbt" wurde, wird ein Arbeitsrichter auf Mobbing erkennen! Das ist ganz wichtig! Eine "einzelne Handlung" wird niemals als "Mobbing" eingestuft werden!


Bezogen auf die Ausgangsfrage dieser ganzen Diskussion hast Du aber völlig recht: Es geht letztlich um die Frage, ob jemand eine "Meinung" in die Welt setzen darf, die anderen Beschäftigten eines Unternehmens schaden soll. Aus welchen Gründen auch immer. Letztlich geht es um die Frage, ob es durch die "Meinungsfreiheit" legitimiert ist, einem anderen Menschen ohne jegliche Begründung schaden zu dürfen. Meine Meinung dazu: NEIN! Das hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun! Wenn ich Informationen oder angebliche Informationen verbreite, die einem anderen Menschen schaden könnten, dann muss ich in der Lage sein, diese Informationen zu BEWEISEN. Es reicht einfach nicht aus, bloß stumpfsinnig zu behaupten, dass das ja gar keine "Tatsachenbehauptungen" gewesen sei, sondern nur ein "Werturteil". Das ist ein billiger Versuch, sich mit semantischen Spitzfindigkeiten vor einer möglichen juristischen Verfolgung zu "schützen" und somit jeden Unsinn verbreiten zu dürfen. Genauso könnte ich die Aussage "Diesem Kerl traue ich zu, dass er auf kleine Kinder steht..." als bloßes "Werturteil" zu bezeichnen, das durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt ist Besonders dann, wenn das "bloße Werturteil" auch noch als Begründung für die Forderung nach harten persönlichen Konsequenzen (... sollte entlassen werden....) herangezogen wird.

Wer an dieser von mir geäußerten Meinung Zweifel hegt, kann ja mal die Probe auf Exempel machen. Er (oder sie) kann ja jederzeit mal öffentlich äußern, dass er einen Kollegen für "ungeeignet" hält. Er (oder sie) kann ja auch jederzeit mal den Standpunkt vertreten, dass es nur ein "Werturteil" sei, wenn er aus ganz individuellen und hier nichtmal näher erläuterten Gründen glaubt, die Entlassung eines Kollegen zu fordern oder es als "Werturteil" einzustufen zu dürfen, den Kollegen z.B. als möglichen "Kinderficker" einzustufen. Ganz nach dem Motto: Ich habe da ja gar keine Tatsachenbehauptung aufgestellt, sondern nur eine "Meinung" geäußert...

Die "Meinungsfreiheit" endet dort, wo die Persönlichkeitsrechte anderer Menschen beginnen. Wer die Rechte anderer Menschen infrage stellt, muss fähig sein, das auf der Basis unserer Verfassung und unserer Gesetze zu begründen. Wer die Rechte anderer Menschen infrage stellt, ohne dies sachlich begründen zu können oder zu wollen, ist als Diskussionsteilnehmer endgültig dispualifiziert.

Ist jetzt alles kein Vorwurf gegen DICH gewesen!
Sören74

Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Kohlhaas hat geschrieben:(23 Aug 2020, 17:35)
Bezogen auf die Ausgangsfrage dieser ganzen Diskussion hast Du aber völlig recht: Es geht letztlich um die Frage, ob jemand eine "Meinung" in die Welt setzen darf, die anderen Beschäftigten eines Unternehmens schaden soll. Aus welchen Gründen auch immer. Letztlich geht es um die Frage, ob es durch die "Meinungsfreiheit" legitimiert ist, einem anderen Menschen ohne jegliche Begründung schaden zu dürfen. Meine Meinung dazu: NEIN! Das hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun! Wenn ich Informationen oder angebliche Informationen verbreite, die einem anderen Menschen schaden könnten, dann muss ich in der Lage sein, diese Informationen zu BEWEISEN. Es reicht einfach nicht aus, bloß stumpfsinnig zu behaupten, dass das ja gar keine "Tatsachenbehauptungen" gewesen sei, sondern nur ein "Werturteil". Das ist ein billiger Versuch, sich mit semantischen Spitzfindigkeiten vor einer möglichen juristischen Verfolgung zu "schützen" und somit jeden Unsinn verbreiten zu dürfen. Genauso könnte ich die Aussage "Diesem Kerl traue ich zu, dass er auf kleine Kinder steht..." als bloßes "Werturteil" zu bezeichnen, das durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt ist Besonders dann, wenn das "bloße Werturteil" auch noch als Begründung für die Forderung nach harten persönlichen Konsequenzen (... sollte entlassen werden....) herangezogen wird.
Mal davon abgesehen, dass diese "semantischen Spitzfindigkeiten" nun mal vor Gericht entscheidend sind, welcher Paragraph zur Anwendung kommt, so stelle ich es mir schwer vor, bei der Frage des Schadens eine einheitliche Grenze zu ziehen. Du schreibst: "Wenn ich Informationen oder angebliche Informationen verbreite, die einem anderen Menschen schaden könnte" wo soll das konkret anfangen? Könnte nicht schon eine geäußerte Rücktrittsforderung eine Lawine auslösen und der Politiker tatsächlich zurücktreten? Trage ich dann die Verantwortung dafür und habe eine Schaden verursacht? Du sprichst auch von "könnte". D.h. der Schaden müsste nicht mal eintreten, sondern es genügt dann schon die Möglichkeit, dass dieser eintreten kann. In der Konsequenz müsste man viele Aussagen, die beispielsweise hier im Forum gegenüber Politikern, Managern und Prominenten getätigt wurden, nochmal neu bewerten. :s
Kohlhaas hat geschrieben: Wer an dieser von mir geäußerten Meinung Zweifel hegt, kann ja mal die Probe auf Exempel machen. Er (oder sie) kann ja jederzeit mal öffentlich äußern, dass er einen Kollegen für "ungeeignet" hält.
Warum muss es unbedingt ein Kollege sein?
Kohlhaas hat geschrieben: Die "Meinungsfreiheit" endet dort, wo die Persönlichkeitsrechte anderer Menschen beginnen. Wer die Rechte anderer Menschen infrage stellt, muss fähig sein, das auf der Basis unserer Verfassung und unserer Gesetze zu begründen. Wer die Rechte anderer Menschen infrage stellt, ohne dies sachlich begründen zu können oder zu wollen, ist als Diskussionsteilnehmer endgültig dispualifiziert.
Das gilt dann genauso für das Recht der Meinungsfreiheit, was infrage gestellt wird. :)
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von denkmal »

Sören74 hat geschrieben:(20 Aug 2020, 15:24)

Ich würde sagen, ja. Nach der aktuellen Arbeitsdefinition wäre es zumindest kein Antisemitismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Antisemit ... finitionen).
Ich tue mich da ein bisschen schwer (fett):
Antisemitismus ist ein gegen jüdische oder nichtjüdische Individuen, ihr Eigentum, ihre Institutionen oder den Staat Israel gerichteter „Judenhass“. Er „klagt Juden häufig der Verschwörung zum Schaden der Menschheit an und wird oft benutzt, um Jüdinnen und Juden dafür verantwortlich zu machen, ‚wenn etwas falsch läuft‘.“ Er drücke sich in Worten, Texten, Bildern und Taten aus und verwende dazu „unheilvolle Stereotypen und negative Charakterzüge“, etwa:
Ausserdem ist das ganze nicht durchgegendert - einmal Jüdinnen und Juden reicht bestimmt nicht... ;)

Davon ab finde ich persönlich, dass das Beispiel von @skeptiker durchaus schon Rassismus darstellt, da bedarf es keines Antisemitismus', oder?
Im Laufe ihres steinernen Daseins nehmen sogar manche Denkmäler menschliche Züge an.
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Sören74

Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

denkmal hat geschrieben:(24 Aug 2020, 14:18)

Ich tue mich da ein bisschen schwer (fett):


Ausserdem ist das ganze nicht durchgegendert - einmal Jüdinnen und Juden reicht bestimmt nicht... ;)

Davon ab finde ich persönlich, dass das Beispiel von @skeptiker durchaus schon Rassismus darstellt, da bedarf es keines Antisemitismus', oder?
Angehörige einer Religion oder einer Ethnie für eine bestimmte Aufgabe nicht für geeignet anzusehen oder sie nicht zu wollen, muss nicht zwangsläufig mit Hass zu tun haben. Es kann auch einfach pure Überheblichkeit oder Chauvinismus sein.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von PeterK »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 15:26)
Angehörige einer Religion oder einer Ethnie für eine bestimmte Aufgabe nicht für geeignet anzusehen oder sie nicht zu wollen, muss nicht zwangsläufig mit Hass zu tun haben. Es kann auch einfach pure Überheblichkeit oder Chauvinismus sein.
Manchmal auch Logik: Ein Hardcore-Katholik ist u.U. nicht der beste Kandidat für den Job eines Rabbi. ;)
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naddy
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von naddy »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 15:26)

Angehörige einer Religion oder einer Ethnie für eine bestimmte Aufgabe nicht für geeignet anzusehen oder sie nicht zu wollen, muss nicht zwangsläufig mit Hass zu tun haben. Es kann auch einfach pure Überheblichkeit oder Chauvinismus sein.
In diesem Zusammenhang "Religion" und "Ethnie" gleichzusetzen ist wohl etwas gewagt. Ein Richter afrikanischer Herkunft ist kein Problem, ein überzeugter Salafist schon.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Vongole »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 15:26)

Angehörige einer Religion oder einer Ethnie für eine bestimmte Aufgabe nicht für geeignet anzusehen oder sie nicht zu wollen, muss nicht zwangsläufig mit Hass zu tun haben. Es kann auch einfach pure Überheblichkeit oder Chauvinismus sein.
Im Zusammenhang mit Juden nennt man das Antisemitismus, und wenn du noch so häufig versuchst, das zu relativieren.
Um beim Beispiel Kirche zu bleiben: Wenn da z.B. in einer Stellenannonce steht: "Zugehörigkeit zur kath./ bzw.ev. Religion ist Voraussetzung" ist selbst das schon von Gerichten kassiert worden.
Steht da: "Angehörige der jüdischen Religion werden in der Auswahl nicht berücksichtigt", dann ist das Antisemitismus.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Vongole hat geschrieben:(24 Aug 2020, 15:50)

Im Zusammenhang mit Juden nennt man das Antisemitismus, und wenn du noch so häufig versuchst, das zu relativieren.
Ich beziehe mich auf die aktuelle Arbeitsdefinition für Antisemitismus. Aber ich muss das auch nicht jedes Mal wiederholen, das noch niemand anhand des Beispiels ein erfülltes Kriterium dieser Arbeitsdefinition nachweisen konnte. :)
Vongole hat geschrieben:Um beim Beispiel Kirche zu bleiben: Wenn da z.B. in einer Stellenannonce steht: "Zugehörigkeit zur kath./ bzw.ev. Religion ist Voraussetzung" ist selbst das schon von Gerichten kassiert worden.
Es ging um die Frage, ob das eindeutig mit Hass zu tun hat.
Vongole hat geschrieben: Steht da: "Angehörige der jüdischen Religion werden in der Auswahl nicht berücksichtigt", dann ist das Antisemitismus.
Bezweifle ich, siehe aktuelle Arbeitsdefinition für Antisemitismus.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Vongole »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 16:49)

Ich beziehe mich auf die aktuelle Arbeitsdefinition für Antisemitismus. Aber ich muss das auch nicht jedes Mal wiederholen, das noch niemand anhand des Beispiels ein erfülltes Kriterium dieser Arbeitsdefinition nachweisen konnte. :)
Es ging um die Frage, ob das eindeutig mit Hass zu tun hat.
Bezweifle ich, siehe aktuelle Arbeitsdefinition für Antisemitismus.
Ein anderer, sehr passender Ausdruck für Antisemitismus ist Judenhass oder Judenfeindschaft.
Definitionen von und über Antisemitismus ergeben sich nicht nur aus dem von dir wiederholt zitierten Wiki-Eintrag, sondern aus diversen Fachbüchern.
Tipp dazu: "Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert" von Monika Schwarz-Friesel, das anerkannte Sachbuch zum Thema.
https://www.jstor.org/stable/j.ctvbkjx39

Ich möchte dir dringend empfehlen, dich näher mit dem Thema zu befassen, ehe du hier unhaltbare Thesen aufstellst.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Vongole hat geschrieben:(24 Aug 2020, 17:03)

Ein anderer, sehr passender Ausdruck für Antisemitismus ist Judenhass oder Judenfeindschaft.
Okay. Und warum sollte das in dem genannten Beispiel vorliegen?
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Vongole »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 17:09)

Okay. Und warum sollte das in dem genannten Beispiel vorliegen?
Das habe ich dir jetzt mehrmals erklärt, an dir ist es, zu begreifen.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Vongole hat geschrieben:(24 Aug 2020, 17:19)

Das habe ich dir jetzt mehrmals erklärt, an dir ist es, zu begreifen.
Deine Vermutungen, was hinter so einer Aussage in dem Beispiel stecken könnte, hat mich nicht dahingehend überzeugt, dass das zweifelsfrei tatsächlich vorliegt. Letzteres ist aber im juristischen Sinne wichtig, weil man darf nicht jemanden verurteilen, bei dessen Tat und Vorsatz noch erhebliche Zweifel vorliegen.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Vongole »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 17:31)

Deine Vermutungen, was hinter so einer Aussage in dem Beispiel stecken könnte, hat mich nicht dahingehend überzeugt, dass das zweifelsfrei tatsächlich vorliegt. Letzteres ist aber im juristischen Sinne wichtig, weil man darf nicht jemanden verurteilen, bei dessen Tat und Vorsatz noch erhebliche Zweifel vorliegen.
Gute Güte! :rolleyes:
Skeptiker schrieb: "In diesem Forum sollen Juden keine Funktion haben" als Beispiel. Dieses Forum ist kein katholisches Frauen- oder Männerkloster, warum zum Teufel sollte Judentum ein Ausschlußkriterium sein?
Der Antisemitimus in dieser als Beispiel gewählten Aussage beißt jeden in die Nase außer dir.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von aleph »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 17:31)

Deine Vermutungen, was hinter so einer Aussage in dem Beispiel stecken könnte, hat mich nicht dahingehend überzeugt, dass das zweifelsfrei tatsächlich vorliegt. Letzteres ist aber im juristischen Sinne wichtig, weil man darf nicht jemanden verurteilen, bei dessen Tat und Vorsatz noch erhebliche Zweifel vorliegen.
Ja, das ist der Unterschied zu diesem Forum. Vor dem öffentlichen Gericht müsstest Du beweisen, vor dem Forumstribunal reichen der Verdacht und die Mutmaßung aus.
Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
Besser schweigen und als Narr zu scheinen, als sprechen und jeden Zweifel zu beseitigen. Abraham Lincoln
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Vongole hat geschrieben:(24 Aug 2020, 17:38)

Gute Güte! :rolleyes:
Skeptiker schrieb: "In diesem Forum sollen Juden keine Funktion haben" als Beispiel. Dieses Forum ist kein katholisches Frauen- oder Männerkloster, warum zum Teufel sollte Judentum ein Ausschlußkriterium sein?
Der Antisemitimus in dieser als Beispiel gewählten Aussage beißt jeden in die Nase außer dir.
Nur weil Du einen alternativen Grund ausschließt, schließt Du damit nicht alle Interpretationsmöglichkeiten aus. Wenn Du eine entsprechende Verurteilung wegen Antisemitismus in einem vergleichbaren Fall aufzeigen würdest, würdest Du mich überzeugen. :)
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

aleph hat geschrieben:(24 Aug 2020, 17:42)

Ja, das ist der Unterschied zu diesem Forum. Vor dem öffentlichen Gericht müsstest Du beweisen, vor dem Forumstribunal reichen der Verdacht und die Mutmaßung aus.
Vor Gericht muss nicht der Angeklagte beweisen, dass es keine antisemitische Äußerung war, sondern der Angekläger muss nachweisen, dass Antisemitismus vorliegt. Es gibt immer noch die Unschuldsvermutung und nicht die Beweisumkehr.
Skeptiker

Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Skeptiker »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 17:51)

Vor Gericht muss nicht der Angeklagte beweisen, dass es keine antisemitische Äußerung war, sondern der Angekläger muss nachweisen, dass Antisemitismus vorliegt. Es gibt immer noch die Unschuldsvermutung und nicht die Beweisumkehr.
Sören, bei einer offensichtlich diskriminierenden Aussage, müsste der Angeklagte sicherlich erklären, warum die nun ausgerechnet nicht willkürlich diskriminierend ist. Wenn das nicht gelingt, ist Willkür naheliegend. Willkürliche Massnahmen gegen Personengruppen sind Rassismus.

Keinesfalls muss das Gericht den positiven Nachweis erbringen, dass es nur rassistisch gemeint gewesen sein kann, wenn der Angeklagte keine andere Erklärung liefern kann.

Wenn der Angeklagte eine andere Erklärung liefert, erst dann würde es in die nähere Betrachtung der Umstände gehen. So ist jedenfalls mein laienhaftes Rechtsverständnis.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von PeterK »

Skeptiker hat geschrieben:(24 Aug 2020, 18:30)
Wenn der Angeklagte eine andere Erklärung liefert, erst dann würde es in die nähere Betrachtung der Umstände gehen. So ist jedenfalls mein laienhaftes Rechtsverständnis.
Der Angeklagte kann und darf schweigen. Die Beweislast liegt beim Ankläger (i.d.R. also bei der StA).
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Skeptiker hat geschrieben:(24 Aug 2020, 18:30)

Sören, bei einer offensichtlich diskriminierenden Aussage, müsste der Angeklagte sicherlich erklären, warum die nun ausgerechnet nicht willkürlich diskriminierend ist. Wenn das nicht gelingt, ist Willkür naheliegend.
Dieses "offensichtlich" kommt hier öfters um die Ecke und dann stellt sich raus, dass es erstmal offensichtlich für diese eine Person war. :) Wegen diskriminierenden Aussagen alleine wird man noch nicht angeklagt. Und wenn eine solche Anklage aufgenommen wird, muss erstmal geschaut werden, welche Gesetze denn konkret verletzt wurden.
Skeptiker hat geschrieben:Willkürliche Massnahmen gegen Personengruppen sind Rassismus.
Und so ganz nebenbei hast Du aus einer Aussage eine Maßnahme gemacht. :)
Skeptiker hat geschrieben: Keinesfalls muss das Gericht den positiven Nachweis erbringen, dass es nur rassistisch gemeint gewesen sein kann, wenn der Angeklagte keine andere Erklärung liefern kann.
Das ist unlogisch. Wenn es "nur rassistisch gemeint gewesen sein kann", dann kann der Angeklagte auch keine Entlastung seinerseits bringen. Könnte er eine Entlastung bringen, dann würde die Prämisse nicht stimmen.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Vongole »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 17:49)

Nur weil Du einen alternativen Grund ausschließt, schließt Du damit nicht alle Interpretationsmöglichkeiten aus. Wenn Du eine entsprechende Verurteilung wegen Antisemitismus in einem vergleichbaren Fall aufzeigen würdest, würdest Du mich überzeugen. :)
Nenn mir eine nicht antisemitische Interpretationsmöglichkeit, die diesem Forum ermöglichen würde, eine derartige Forderung aufzustellen oder zu unterstützen.
Am Yisrael Chai

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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Skeptiker »

PeterK hat geschrieben:(24 Aug 2020, 18:43)

Der Angeklagte kann und darf schweigen. Die Beweislast liegt beim Ankläger (i.d.R. also bei der StA).
Natürlich darf der Angeklagte schweigen. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Aussage „Juden dürfen in diesem Verein keine Funktion übernehmen“ eine Diskriminierung impliziert. Gibt es dafür keine Begründung (!!!!!), liegt Willkür vor. Die ist unzulässig.

Es wäre somit von Seiten des Vereines keinesfalls legal soetwas zu fordern. Dass die Aussage antisemitisch ist, steht für mich ausser Frage.
Kohlhaas
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Kohlhaas »

Skeptiker hat geschrieben:(24 Aug 2020, 18:30)

Sören, bei einer offensichtlich diskriminierenden Aussage, müsste der Angeklagte sicherlich erklären, warum die nun ausgerechnet nicht willkürlich diskriminierend ist. Wenn das nicht gelingt, ist Willkür naheliegend. Willkürliche Massnahmen gegen Personengruppen sind Rassismus.
Das ist der Grundgedanke unseres Rechtssystems und deshalb auch erstmal soweit richtig. Abweichend von Deiner Beurteilung gilt nur: Es gibt nur ganz wenige und ganz genau definierte Fälle, in denen sich ein beliebiger Mensch überhaupt "diskriminierend" verhalten darf. Verstößt er gegen diese in Gesetzen niedergeschriebenen Regeln, muss der Angeklagte gar nichts mehr erklärten. Besser: Es ist dann völlig egal, was er zu erklären hat. Das interessiert niemanden mehr. Jedenfalls keinen Richter.

Beispiel: Wenn ein Mensch katholischer Bischof ist und eine Klosterschule leitet, dann darf er die Einstellung muslimischer oder jüdischer oder buddhistischer Lehrer ablehnen ---- ganz unabhängig von Qualifikation, Berufserfahrung oder sonstigen Merkmalen wie z.B. Schwerbehinderung. Das nennt man "Tendenzschutz". Basiert auf dem Recht auf freie Meinungsäußerung.

Wenn derselbe Bischof allerdings "nebenbei" ein Lebensmittelgeschäft betreibt, und dortselbst Muslimen oder Juden oder ... das Einkaufen verbieten will, ist das NICHT MEHR durch die Meinungsfreiheit gedeckt! Sein Recht auf Tendenzschutz kann er nicht geltend machen hinsichtlich seiner Kunden! Er kann dieses Recht auf Tendenzschutz nichtmal geltend machen, wenn es um die Personen geht, die in seiner katholischen Schule z.B. die Toiletten säubern!

Schreibt der oben genannte Bischof öffentlich eine Hausmeisterstelle aus, in der er z.B. Muslime oder Juden oder Frauen oder Einbeinige oder Zwergenwüchsige oder .... wen auch immer ... von vornherein von einer Bewerbung ausschließt, dann hat der gottesfürchtige Mann wenige Tage später ein ganzes Rudel von Abmahnanwälten am Hals. Und das wird dann RICHTIG teuer!
Keinesfalls muss das Gericht den positiven Nachweis erbringen, dass es nur rassistisch gemeint gewesen sein kann, wenn der Angeklagte keine andere Erklärung liefern kann.
Stimmt genau. Das muss ein Gericht nicht nachweisen. Das Gericht hat nämlich nicht die Aufgabe, zu belegen, was ein möglicher Angeklagter vielleicht "gemeint" hat. Es muss nur nachweisen, was er "getan" hat! Und wenn das Handeln des Angeklagten gegen Gesetze verstoßen hat, dann ist das strafbar. Egal ob sich der Angeklagte strafbar machen wollte.
Wenn der Angeklagte eine andere Erklärung liefert, erst dann würde es in die nähere Betrachtung der Umstände gehen. So ist jedenfalls mein laienhaftes Rechtsverständnis.
Und so ist das eben nicht. Mögliche Erklärungen eines Angeklagen in so einem Fall würden nur dann von Interesse sein, wenn der Angeklagte rechtliche Grundlagen für sein Verhalten vortragen könnte. Kann er das nicht, muss ihm nichts weiter nachgewiesen werden, als sein bloßes Verhalten. Seine "Motive" interessieren dann niemanden mehr. Das ist auch keine "Umkehr der Beweislast". Es geht einzig und allein um die Frage, ob gegen Gesetze verstoßen wurde oder nicht. Und unsere Gesetze verbieten es nunmal, spezielle Personengruppen wie z.B. Juden oder Muslime oder Frauen oder Zwerge vom Zugang zu "Positionen gesellschaftlichen Vorteils" von vornherein auszuschließen. Einzige Ausnahme: Tendenzschutz!

Wer kein Recht hat, für sich Tendenzschutz in Anspruch zu nehmen und trotzdem "unwillkommene" Menschen auszuschließen versucht, der bricht unsere Gesetze. Dafür gibt es dann auch keine "Erklärungen" des Täters mehr. Der muss sich einfach damit abfinden, dass im Zweifel ein Gericht prüft, ob seine "Erklärungen" rechtskonform sind.
Sören74

Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Vongole hat geschrieben:(24 Aug 2020, 19:07)

Nenn mir eine nicht antisemitische Interpretationsmöglichkeit, die diesem Forum ermöglichen würde, eine derartige Forderung aufzustellen oder zu unterstützen.
Das Forum stellt doch in dem Beispiel keine solche Forderung auf. Es war eine Aussage eines x-beliebigen Menschen.
Sören74

Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Skeptiker hat geschrieben:(24 Aug 2020, 19:09)

Natürlich darf der Angeklagte schweigen. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Aussage „Juden dürfen in diesem Verein keine Funktion übernehmen“ eine Diskriminierung impliziert. Gibt es dafür keine Begründung (!!!!!), liegt Willkür vor. Die ist unzulässig.

Es wäre somit von Seiten des Vereines keinesfalls legal soetwas zu fordern. Dass die Aussage antisemitisch ist, steht für mich ausser Frage.
Eine diskriminierende mündliche(!) Aussage sind noch nicht perse eine Straftat. Das die Forderung von Seiten des Vereins kam, hast Du in Deinem Beispiel nicht erwähnt.
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Vongole »

Sören74 hat geschrieben:(24 Aug 2020, 19:52)

Das Forum stellt doch in dem Beispiel keine solche Forderung auf. Es war eine Aussage eines x-beliebigen Menschen.
Ja, von einen x-beliebigen User verfasst, und das ist Antisemitismus pur!
Am Yisrael Chai

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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Sören74 »

Kohlhaas hat geschrieben:(24 Aug 2020, 19:19)

Das ist der Grundgedanke unseres Rechtssystems und deshalb auch erstmal soweit richtig.
Steht im Widerspruch zu dem: https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 9#p4809174
Kohlhaas hat geschrieben:Abweichend von Deiner Beurteilung gilt nur: Es gibt nur ganz wenige und ganz genau definierte Fälle, in denen sich ein beliebiger Mensch überhaupt "diskriminierend" verhalten darf.
"Verhalten". You see the difference? :)
Kohlhaas hat geschrieben:Verstößt er gegen diese in Gesetzen niedergeschriebenen Regeln, muss der Angeklagte gar nichts mehr erklärten.
Kohlhaas, eine Gerichtsverhandlung ist dazu da, um überhaupt festzustellen, ob überhaupt ein Gesetz verletzt wurde und das muss je nachdem, ob es ein Strafprozess oder Zivilprozess ist, der Staatsanwalt oder der Anwalt des Anklägers nachweisen.
Kohlhaas hat geschrieben: Stimmt genau. Das muss ein Gericht nicht nachweisen. Das Gericht hat nämlich nicht die Aufgabe, zu belegen, was ein möglicher Angeklagter vielleicht "gemeint" hat. Es muss nur nachweisen, was er "getan" hat! Und wenn das Handeln des Angeklagten gegen Gesetze verstoßen hat, dann ist das strafbar. Egal ob sich der Angeklagte strafbar machen wollte.
Damit wird die Unschuldsvermutung und ein elementares Menschenrecht ausgehebelt. Artikel 11 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: "Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist."

Spezifischer in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Artikel 6): "Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig."
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Kritikaster
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Re: Wird die Forderung nach einer Entlassung von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Beitrag von Kritikaster »

Aus gegebenem Anlaß hier eine Klarstellung des Vorstands. Der dem zitierten Satz ["Juden sollten in diesem Forum keine Funktion innehaben dürfen"] inhärente Antisemitismus steht für uns außer Frage.
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
Wo der Sinn aufhört, beginnt der Wahnsinn. (Erhard Horst Bellermann)
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