schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Aug 2020, 09:10)
Ja. Der Vergleich drängt sich schon etwas auf. Die Persönlichkeiten weisen einige Parallelen auf. Nur dass der Donald entweder nicht neu gewählt wird oder nicht nochmal antreten kann. Weil wir es - bei aller Parallelität der Personen - mit komplett unterschiedlichen politischen Systemen zu tun haben.
Mir ist die politische Lage in Belarus allerdings viel unklarer, als es in den meisten politischen Kommentare dargestellt wird. Lukaschenk[oa] ist - erstens - auch von Russland nicht in dem Maße kontrollierbar, wie es häufig dargestellt wird. Einige Beobachter weisen darauf hin, dass Lukanschenko zu denen gehört, die die Krim-Annexion Russlands eben
nicht anerkennen. Eine Marionette ist da was anderes! Und - zweitens - dass eine belarussische Opposition, käme sie tatsächlich an die Macht, keinesfalls in eine pro-EU und anti-RUssland-Politik einschwenken würde. Im Gegenteil. Es könnte sogar sein, dass die offizielle Anerkennung der Krim-Annexion eine ihrer ersten politischen Entscheidungen wäre.
Der Machthaber Lukaschenko ist ideologisch nicht oder kaum einzuordnen. Selbst die Tatsache, dass er überwiegend russisch (und nicht weißrussisch) redet, kann man nicht ohne weiteres als Beleg für eine durchgängig pro-russische Haltung werten. "Russisch" ist im Raum Belarus, Ukraine, Moldawien zunächst einmal die Weltsprache. Weißrussisch, Ukrainisch ... das ist die Sprache der Provinz. Selbst das irgendwie als ukrainisches Nationalepos aufgefasste "Taras Bulba" des ukranischen Nationaldichters Gogol wurde wohlweislich in russisch und nicht in ukrainisch verfasst und herausgegeben.
Ich sehe - zeitlich grob gesehen seit Minsk 1 und 2 - einen Bruch in der Person Lukaschenka. Mangels anderer Bewertungsmöglichkeiten würde ich - ungesichert - es mal dem Effekt der abnehmenden Selbstreflexionsfähigkeit durch interne Machtfülle und ausschließlichen Umgang mit Speichelleckern, wie bei Autokraten häufig zuschreiben.
Im Herzen ist Lukaschenko Kommunist, vielleicht Stalinist. Damit kommt er erstmal weder mit dem liberalen Westen, noch mit dem inzwischen stark faschistischen Russland klar. Dieses ganze Unionsgedöns ist nicht umsonst in der Spätphase Jelzins entstanden, als Lukaschenko spekulierte, dass er auf den Ruinen Jelzins evtl. eine UdSSR 2.0 etablieren könnte. Da hat ihm dann Putin mit seiner Konsolidierung einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Darauf hat sich Lukaschenko neu erfunden, die Unabhängigkeit Belarus betont, gelegentlich auch belarusisch gesprochen und die Partnerschaft zu der ihm ungefährlichen Ukraine gesucht, um der Umarmung durch Russland zu entgehen. Allerdings war die Betonung der belarusischen Identität natürlich ein zweischneidiges Schwert, da sie früher oder später auch Themen wie Kurapaty aufs Tablett gebracht hätte.
Um davon abzulenken dann eine vorsichtige Westannäherung, insbesondere zum historisch relativ unbelasteten Litauen.
Und dann natürlich auch der große Auftritt. Minsk 1 und 2 als „ehrlicher Mittler“, Bilder mit Merkel und Hollande, Entfall der Sanktionen, internationale Anerkennung.
Die Co-Eishockey-WM Riga/Minsk (Vergabe 2017 für 2021) ...
Und dann der eigentliche Bruch. Statt sich als erfolgreicher Staatsmann in 20 anerkannt schweren Jahren zu verewigen und das Land zu „finnlandisieren“ die Rückwendung zu den Methoden der 90er, keine Perspektive und massive Anlehnung an Putin.
Und jetzt eben der totale Kontrollverlust - vor allem über sich selbst ...