Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

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odiug

Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von odiug »

Cobra9 hat geschrieben:(23 Jan 2020, 11:36)

Ähmm das ist mal de facto falsch. Die SS hatte schon vor der Entstehung der Waffen SS starke zumindest paramilitärsche Verbände wo man schon zu beachten hatte in der Rechnung und Ich behaupte das die Wehrmacht nicht größtenteils in einen Putsch eingetreten wäre. Dazu war die Nazi Systema zu ausgeprägt. Führerkult, Uterdrückung, Angst, Propaganda usw. haben gewirkt im Zusammenspiel. Aus den Abhörprotokollen der Allierten von höheren Rängen die in Gefangenschaft waren ist erkennbar das mindesten 40-50% bis 44 an Hitler glaubten und seinen Weg. Mindestens 30% wussten von den Verbrechen direkt.

Aber ein Putsch ohne ausreichend Truppen und zugleich der Ausschaltung aller relevanten Nazi Größen wäre niemals erfolgreich gewesen. Eventuell einige Zeit hätte man lokale Erfolge haben können. Aber nicht langfristig.
Dafür war das System der Nazis zu ausgklügelt , perfide und jeder der zuviel sagte musste mit Folgen rechnen auch für die Familie.


Man hätte Hitler noch in den 30er stoppen müssen. Danach war es zu spät. Das viele Menschen auch wussten das WAS passiert ist sehr wahrscheinlich. Aber auch das man das gar nicht wissen wollte.
Freilich haben viele die über alles Bescheid wussten später gesagt .....wir wussten von nichts. Was eine bodenlose Feigheit ist und wer als Täter davongekommen ist dem wünsche Ich echt nicht gerade einen ruhigen Frieden.

Ich denke was Menschen tun können Wir nicht einfach beantworten. Aber Ich sehe es mal so. Das teilweise Menschen grundsätzlich zu Taten bereit sind wo man als Normaler ablehnt ist Realität. Siehe Kriegsverbrechen heute noch. Vietnam, Syrien, Ukraine usw.


Wie Ausbildung, Propaganda über einen längeren Zeitraum usw. wirken kann auf Menschen hat man im 3 Reich gesehen. Besonders solche Menschen wie die der Waffen SS oder SS allgemein. Fanatiker wurden Sie teilweise ohne es zu merken und überzeugt das Richtige zu tun. Du hast Recht die Waffen SS, SS Verbände usw. hatten militärisch teilweise wenig Wert. Es war ihr Nimbus.

Ich hoffe wirklich sowas wiederholt sich nicht.
Das ist mir zu schöngeredet.
Das Problem sind weder bewaffnete Verbände der SA oder SS ... wie gesagt, militärisch irrelevant bis zum Ende ... mal abgesehen vom Kampf um Berlin ... aber da gab es die Wehrmacht nicht mehr.
Nein ... das Problem war, dass die Wehrmacht selbst eine Institution der NAZIS war und nichts mehr mit der alten Reichswehr der Weimarer Republik zu tun hatte ... zumindest seit der Ermordung von General Schleicher im Zuge des Röhm "Putsch", besser "Nacht der langen Messer".
Insofern ist die Mär von der "ehrehvollen" Wehrmacht, die nix wusste, nix tat und nur das Vaterland verteidigte eine Lüge.
Das gilt besonders für Karriereoffiziere, die mit der Wiederbewaffnung zu hohen Rängen in der Wehrmacht aufstiegen.
Und das ist Rommel.
Man kann das wenden und drehen wie man will ... der Typ war ein Nazi.
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Cobra9
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Cobra9 »

odiug hat geschrieben:(23 Jan 2020, 13:17)

Das ist mir zu schöngeredet.
Das Problem sind weder bewaffnete Verbände der SA oder SS ... wie gesagt, militärisch irrelevant bis zum Ende ... mal abgesehen vom Kampf um Berlin ... aber da gab es die Wehrmacht nicht mehr.
Nein ... das Problem war, dass die Wehrmacht selbst eine Institution der NAZIS war und nichts mehr mit der alten Reichswehr der Weimarer Republik zu tun hatte ... zumindest seit der Ermordung von General Schleicher im Zuge des Röhm "Putsch", besser "Nacht der langen Messer".
Insofern ist die Mär von der "ehrehvollen" Wehrmacht, die nix wusste, nix tat und nur das Vaterland verteidigte eine Lüge.
Das gilt besonders für Karriereoffiziere, die mit der Wiederbewaffnung zu hohen Rängen in der Wehrmacht aufstiegen.
Und das ist Rommel.
Man kann das wenden und drehen wie man will ... der Typ war ein Nazi.

Ich hab nix schön geredet. Aber natürlich spielt die SS eine Rolle in der Angst, Unterdrückungstaktik.Wenn Du als General weisst deine ganze Familie ist in Gefahr von der SS unschönen Besuch zu bekommen kann überlegst Dir schon mal einige Entscheidungen.

Muss nicht mal der General sein. Und das die Wehrmacht eher Hitler treu war hab Ich erwähnt. Nur hättest du niemals eine erfolgreiche Revolution hinbekommen. Warum hab Ich erwähnt
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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naddy
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von naddy »

odiug hat geschrieben:(23 Jan 2020, 00:57)

Die ganze Diskussion über: "Was hättest du denn damals gemacht ?" und :"wir wussten doch nix!" ist insofern obsolet, als dass die meisten Deutschen als sie erfuhren was passierte, es immer noch leugneten und lieber im Mythos "Stunde Null" und der verlogenen Trümmerfrauenromantik schwelgten ... manche bis heute.
Es wäre ganz hilfreich wenn du mal erklären würdest, inwiefern nach deiner Meinung die von Einigen hier eröffnete Diskussion darüber, was die Bevölkerung hätte wissen können/sollen/müssen durch Feststellung "obsolet" wird, daß man auch über spezielle Formen oder Gründe der Vergangenheitsbewältigung diskutieren kann.

Die Gründe für die Verdrängung der im Nachhinein offengelegten Tatsachen sind vorwiegend im psychischen und moralischen Bereich zu suchen, die für das, was man wissen konnte, überwiegend im Faktischen. Es sei denn man unterstellt, daß Alle nicht wissen wollten, was sie hätten wissen können, wozu Einige hier offenbar tendieren. Was mich zu meiner bereits mehrfach gestellten Frage zurückführt, womit das zu erklären wäre. War da "eine andere Art Mensch" am Werk, mit der wir Heutigen gottseidank nichts mehr zu tun haben?
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Dark Angel
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

odiug hat geschrieben:(23 Jan 2020, 13:17)

Das ist mir zu schöngeredet.
Das Problem sind weder bewaffnete Verbände der SA oder SS ... wie gesagt, militärisch irrelevant bis zum Ende ... mal abgesehen vom Kampf um Berlin ... aber da gab es die Wehrmacht nicht mehr.
Nein ... das Problem war, dass die Wehrmacht selbst eine Institution der NAZIS war und nichts mehr mit der alten Reichswehr der Weimarer Republik zu tun hatte ... zumindest seit der Ermordung von General Schleicher im Zuge des Röhm "Putsch", besser "Nacht der langen Messer".
Insofern ist die Mär von der "ehrehvollen" Wehrmacht, die nix wusste, nix tat und nur das Vaterland verteidigte eine Lüge.
Das gilt besonders für Karriereoffiziere, die mit der Wiederbewaffnung zu hohen Rängen in der Wehrmacht aufstiegen.
Und das ist Rommel.
Man kann das wenden und drehen wie man will ... der Typ war ein Nazi.
Wie wäre es, wenn Du Deine diversen wilden Behauptungen endlich mal mit seriösen Quellen untermauern würdest?
Zum letzten Mal - hier in Geschichtsforum wird faktenbasiert diskutiert und nicht ideologiebasiert!
Leider kann ich von Deiner Seite her nur eine ideologische Diskussion erkennen. [Mod]
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von garfield336 »

Heute ist der 75te Jahrestag des Massakers von Sonnenburg.

Dort wurden am 30 und 31Januar 1945 Viele Zwangsrekrutierte und Kriegsefangene erschossen.
Darunter 91.Luxemburgische Staatsbürger, die dort wegen Wehrdienstverweigerung inhaftiert waren.
Insgesammt sollen 819 Menschen erschossen worden sein.

Dieser Tag ist in Luxemburg ein offzieller Gedenktag.
Insgesammt wurden mehr als 11.000 Jungs wurden zwangrekrutiert und dienten in der Wehrmacht. Von denen 2572 umkamen.
3963 landeten in den deutschen KZs, meistens Wehrdienstverweigerr von denen 791 umkamen. 91 von ihnen im obigem Massaker. :(
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MG-42
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von MG-42 »

Zum Thema Kriegsverbrechen der Wehrmacht

Als Kind wohnten wir bei meine Großeltern. Mein Opa erzählte mir manchmal Geschichten vom Krieg. Als in der Schule die Verbrechen der Wehrmacht gelehrt wurden fragte ich ihn, was er davon gesehen hatte.

Unter anderen erzählte er mir, wie er es erlebte, wie russische Dörfer, die er "vom Kommunismus befreite", später sah er dann im gleichen Dorf, gehängte Zivilisten, die als "Partisanen" umgebracht" wurden und das es ihm dort klar wurde, das hier niemand befreit wurde.

Eine weitere Frage war, "wann war dir klar, das es unter der NSDAP keine Rechtsstaat im üblichen Sinne mehr gibt?"

Die Antwort: Er war vor dem Krieg als Bierkutscher in Hannover unterwegs. Er sah wie ein Mann in einem Schrank aus dem dritten Stock geworfen wurde, während unten die Polizei zuschaute. Da ist dir klar, Recht und Gesetz im üblichen Sinne gibt es nicht mehr.

Seine persönliche Geschichte eines Kriegsverbrechens. Auf der Krim sah er, das jemand aus dem deutschen Lager der russischen Seite Lichtsignale sandte. Er stellte den Mann mit seiner Pistole und übergab ihm seinen Kommandeur, mit einem Bericht der Lichtsignale.

Das normale Prozedere war, das der Verdächtige zum Hauptquartier verbracht wird und mein Opa als Zeuge dort in einem Militärprozess aussagt.

Oftmals wurden Soldaten, die dort aussagten dann anderen Einheiten nach dem Prozess zugeteilt. Sein Kommandeur informierte ihm an nächsten morgen, mach dir keine Sorgen, wir haben das Problem gelöst, der Verdächtige wurde "auf der "Flucht erschossen".

Er ging davon aus, das der Mann erschossen wurde, um sicherzustellen, das mein Großvater bei seiner Einheit bleibt. Da er mir davon erzählte gehe ich davon aus, der er moralisch damit seine Probleme hatte.

Haben euch ehemaligen Soldaten oder Verwandten Geschichten erzählt, die Kriegsverbrechen beinhalteten? Eventuell könnt ihr das hier mit uns teilen.
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Quatschki
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Quatschki »



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Findulin

Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Findulin »

conscience hat geschrieben:(22 Jan 2020, 19:01)

Diesen Argumentation, die einige hier ablassen, ist haarsträubend. Ich verlasse mich lieber auf Quellen und die sagen etwas anderes.

BTW @Quatschko er al.
Es geht nicht darum, nachzuweisen, was die Bevölkerung damals hätte erkennen müssen, dass die Deutschen die Bösen sind, sondern es geht darum, aufzuzeigen, was hätte der einzelne aus NS Medien erfahren können. Beispiel: Juden werden in Lager deportiert.

Und jeder der sich den Deportationszug aus der Wochenschau DW 570 erkennt dass es sich um Frauen und Kinder und Männer, freilich fehlen solche im wehrfähigen Alter, handelt. Warum wohl ?


Ich zitiere mich selbst: "Aus allen Gebieten des Reiches wird übereinstimmend über die gleichbleibend, starke Anteilnahme der Bevölkerung an der Wochenschau berichtet.
Der Zug der Juden mit der Herausstellung einzelner Typen wurde in allen Teilen des Reichs häufig mit Bemerkungen des Abscheus aufgenommen, wobei verschiedentlich die Frage gestellt wurde, was denn eigentlich mit diesen Horden in Zukunft geschehen soll." Und: "In Libau dagegen sind schon mehrere tausend 142 Juden 'liquidiert' worden […] Jüdische Frauen wurden bisher nicht erschossen. Man sprach davon, daß sie später durch Vergasung beseitigt werden sollen."
Quelle: Die Juden in den geheimen NS-Stimmungsberichten 1933-1945. Herausgegeben von
Otto Dov Kulka und Eberhard Jäckel. Düsseldorf 2004.
https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/ ... cationFile
edit Mod. Den Holocaust verharmlosenden Beitrag entfernt.
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Selina
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Der aus Rheinland-Pfalz stammende Historiker Hannes Heer fordert, "den Völkermord an den slawischen Menschen in der NS-Zeit endlich aufzuarbeiten". Wichtiges Interview mit ihm - für die, die es interessiert:

Ausschnitt:

In der Berliner Republik hat die politische Elite damit begonnen, insbesondere an den Holocaust zu erinnern. Statt Schweigen gibt es nun ein Erinnerungsgebot. Sollten Antifaschisten und Linke froh sein, dass der Holocaust inzwischen im Zentrum der Erinnerung steht?

Heer: Es ist großartig, dass es ein staatliches Gedenken an den Holocaust gibt - und die Holocaust-Gedenkstätte in Berlin. Aber meine Freude ist nur eine halbe. Denn ein anderer Völkermord, vorbereitet und durchgeführt aus ebenfalls rassistischen Gründen, fehlt in der Erinnerung und hat noch immer keinen Ort.

Welchen Völkermord meinen Sie?

Den an den slawischen Völkern. Hitler hat ja früh darauf hingewiesen, dass es eine Konstante seiner Politik sein werde, den »ewigen Germanenzug nach dem Süden und Westen Europas« zu stoppen und »den Blick nach dem Land im Osten«, nach Russland, zu richten. In »Mein Kampf« gibt es schon einen groben Fahrplan für diesen großdeutschen Eroberungs- und Vernichtungsfeldzug, der - mit Ausnahme der gescheiterten Besetzung beziehungsweise Einbindung Englands - später minutiös realisiert wurde.

Wie viele slawische Menschen wurden während des Zweiten Weltkriegs von Deutschen getötet?

Das waren in der Sowjetunion rund 30 Millionen Menschen, 6 Millionen in Polen und 2 Millionen in Jugoslawien. Hinzu kommen noch fast eine halbe Million Tschechoslowaken. Rechnet man eine halbe Million Sinti und Roma hinzu, sind das insgesamt an die 40 Millionen ermordete Menschen. Hier wird deutlich, welche Asymmetrie zwischen der Erinnerung an den Holocaust und dem Großverbrechen an den sogenannten »slawischen Untermenschen« besteht.

Warum wird der Ermordung der slawischen Menschen so wenig gedacht?

Das wird verständlich, wenn man fragt, welche Tätergruppen an den beiden Großverbrechen beteiligt waren: Für den Holocaust mit 6 Millionen Opfern war eine Kerntruppe von 250 000 Angehörigen der SS und der Polizei verantwortlich, unterstützt von rund 150 000 Kollaborateuren aus den besetzten Ländern. Diese Einheiten waren auch für die Ermordung von 3 Millionen polnischen und 2,5 Millionen sowjetischen Juden zuständig. Die Eroberung und Besetzung Europas dagegen war das Werk der Wehrmacht mit ihren 19 Millionen Soldaten. 10 Millionen davon waren an der sogenannten Ostfront eingesetzt. Sie trugen die Verantwortung für 7 Millionen im Kampf gefallene und 3,5 Millionen gefangene Rotarmisten wie für das Schicksal von 15 Millionen ums Leben gekommene sowjetische Zivilisten. Fast jeder von diesen 10 Millionen Wehrmachtsangehörigen wurde zum Mörder. Wer es nicht wurde, war in jedem Fall ein Teil der Mordmaschine gewesen und hatte zu deren Funktionieren beigetragen.

Umso erstaunlicher, dass darüber hinterher kaum gesprochen wurde. Oder umso naheliegender?

Fast jeder deutsche Familienverband hatte mindestens zwei oder drei Angehörige, die an dieser Front eingesetzt waren und in ihren Feldpostbriefen angedeutet oder im Urlaub erzählt hatten, was dort geschehen war und geschah. Das macht den Unterschied in der Erinnerungskultur aus: 250 000 SS-Männer als Holocaust-Täter, das betraf meistens nicht die eigene Familie und passte zu der üblichen Ausrede »Hitler war’s«. Aber Millionen Täter aus der Wehrmacht und aus der Verwandtschaft - als Wehrfähige eingezogen und in den privaten Fotoalben verewigt - diese Tatsache negierte die westdeutsche Gesellschaft bis in die 90er Jahre. Und das will auch eine Mehrheit im wiedervereinigten Deutschland noch immer nicht akzeptieren.

https://www.neues-deutschland.de/artike ... -auch.html
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Ammianus
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Ammianus »

Es gibt doch eine ganze Reihe von Publikationen über die Besatzungspolitik der Nazis, bewusstes Verreckenlassen, Zwangsumsiedlungen die auch für viele den Tod bedeuteten - und der wurde positiv in Hinsicht auf die spätere Planung für die sogenannten "Ostgebiete" gesehen. Teile des Ostens sollten mit Deutschen besiedelt werden zu denen dann die verbliebenen Slawen in einem Dienst- und Untertanenverhältnis gestanden hätten. Dabei hatten die Planer schon berechnet, dass man wenigstens eine zweistellige Millionenanzahl beseitigen müsse, da die im vorgesehenen System nicht gebraucht würden.
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Dark Angel
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(09 May 2020, 10:41)

Der aus Rheinland-Pfalz stammende Historiker Hannes Heer fordert, "den Völkermord an den slawischen Menschen in der NS-Zeit endlich aufzuarbeiten". Wichtiges Interview mit ihm - für die, die es interessiert:

Ausschnitt:

In der Berliner Republik hat die politische Elite damit begonnen, insbesondere an den Holocaust zu erinnern. Statt Schweigen gibt es nun ein Erinnerungsgebot. Sollten Antifaschisten und Linke froh sein, dass der Holocaust inzwischen im Zentrum der Erinnerung steht?

Heer: Es ist großartig, dass es ein staatliches Gedenken an den Holocaust gibt - und die Holocaust-Gedenkstätte in Berlin. Aber meine Freude ist nur eine halbe. Denn ein anderer Völkermord, vorbereitet und durchgeführt aus ebenfalls rassistischen Gründen, fehlt in der Erinnerung und hat noch immer keinen Ort.

Welchen Völkermord meinen Sie?

Den an den slawischen Völkern. Hitler hat ja früh darauf hingewiesen, dass es eine Konstante seiner Politik sein werde, den »ewigen Germanenzug nach dem Süden und Westen Europas« zu stoppen und »den Blick nach dem Land im Osten«, nach Russland, zu richten. In »Mein Kampf« gibt es schon einen groben Fahrplan für diesen großdeutschen Eroberungs- und Vernichtungsfeldzug, der - mit Ausnahme der gescheiterten Besetzung beziehungsweise Einbindung Englands - später minutiös realisiert wurde.

Wie viele slawische Menschen wurden während des Zweiten Weltkriegs von Deutschen getötet?

Das waren in der Sowjetunion rund 30 Millionen Menschen, 6 Millionen in Polen und 2 Millionen in Jugoslawien. Hinzu kommen noch fast eine halbe Million Tschechoslowaken. Rechnet man eine halbe Million Sinti und Roma hinzu, sind das insgesamt an die 40 Millionen ermordete Menschen. Hier wird deutlich, welche Asymmetrie zwischen der Erinnerung an den Holocaust und dem Großverbrechen an den sogenannten »slawischen Untermenschen« besteht.

Warum wird der Ermordung der slawischen Menschen so wenig gedacht?

Das wird verständlich, wenn man fragt, welche Tätergruppen an den beiden Großverbrechen beteiligt waren: Für den Holocaust mit 6 Millionen Opfern war eine Kerntruppe von 250 000 Angehörigen der SS und der Polizei verantwortlich, unterstützt von rund 150 000 Kollaborateuren aus den besetzten Ländern. Diese Einheiten waren auch für die Ermordung von 3 Millionen polnischen und 2,5 Millionen sowjetischen Juden zuständig. Die Eroberung und Besetzung Europas dagegen war das Werk der Wehrmacht mit ihren 19 Millionen Soldaten. 10 Millionen davon waren an der sogenannten Ostfront eingesetzt. Sie trugen die Verantwortung für 7 Millionen im Kampf gefallene und 3,5 Millionen gefangene Rotarmisten wie für das Schicksal von 15 Millionen ums Leben gekommene sowjetische Zivilisten. Fast jeder von diesen 10 Millionen Wehrmachtsangehörigen wurde zum Mörder. Wer es nicht wurde, war in jedem Fall ein Teil der Mordmaschine gewesen und hatte zu deren Funktionieren beigetragen.

Umso erstaunlicher, dass darüber hinterher kaum gesprochen wurde. Oder umso naheliegender?

Fast jeder deutsche Familienverband hatte mindestens zwei oder drei Angehörige, die an dieser Front eingesetzt waren und in ihren Feldpostbriefen angedeutet oder im Urlaub erzählt hatten, was dort geschehen war und geschah. Das macht den Unterschied in der Erinnerungskultur aus: 250 000 SS-Männer als Holocaust-Täter, das betraf meistens nicht die eigene Familie und passte zu der üblichen Ausrede »Hitler war’s«. Aber Millionen Täter aus der Wehrmacht und aus der Verwandtschaft - als Wehrfähige eingezogen und in den privaten Fotoalben verewigt - diese Tatsache negierte die westdeutsche Gesellschaft bis in die 90er Jahre. Und das will auch eine Mehrheit im wiedervereinigten Deutschland noch immer nicht akzeptieren.

https://www.neues-deutschland.de/artike ... -auch.html
Nun - ganz ehrlich ist dieser Historiker bezüglich seiner Wehrmachtsausstellung jedoch nicht. Er verschweigt, dass seine Pauschalisierungen von der Kommission kritisiert und eine Überarbeitung gefordert wurden, ebenso verschweigt er, dass er an der Überarbeitung der Ausstellung nicht mehr beteiligt war, weil er sich mit Jan Philipp Reemtsma nicht auf eine Konzeption einigen konnte.
Darüber hinaus sehen einige führende Militärhistoriker, wie Dr. Peter Lieb, Prof. Sönke Neitzel, Sir Antony Beevor u.a. die ganze Sache sehr viel komplexer und differenzierter. Vor allem lassen sie die Wirkung der NS-Ideologie auf die Wehrmachtsangehörigen nicht unbeachtet
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Selina
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(10 May 2020, 20:25)

Nun - ganz ehrlich ist dieser Historiker bezüglich seiner Wehrmachtsausstellung jedoch nicht. Er verschweigt, dass seine Pauschalisierungen von der Kommission kritisiert und eine Überarbeitung gefordert wurden, ebenso verschweigt er, dass er an der Überarbeitung der Ausstellung nicht mehr beteiligt war, weil er sich mit Jan Philipp Reemtsma nicht auf eine Konzeption einigen konnte.
Darüber hinaus sehen einige führende Militärhistoriker, wie Dr. Peter Lieb, Prof. Sönke Neitzel, Sir Antony Beevor u.a. die ganze Sache sehr viel komplexer und differenzierter. Vor allem lassen sie die Wirkung der NS-Ideologie auf die Wehrmachtsangehörigen nicht unbeachtet
Was die Kritik an der ersten Wehrmachtsausstellung anbelangt, so wurde die zu großen Teilen widerlegt. Die zweite Wehrmachtsausstellung hat dann wichtige Aspekte gleich ganz verschwiegen. Und selbstverständlich wirkte die NS-Ideologie auf die Wehrmachtsangehörigen. Das Ergebnis war dann in ihrem Aggressionskrieg zu sehen und darin, welche Verbrechen sie in vielen Teilen der Welt begangen haben. Und auch, wenn es Kritik an Hannes Heers Arbeit gab, ich fänd sein Anliegen gut, eine dritte Wehrmachtsausstellung zu organisieren. Das Wichtigste in diesem Interview hatte ich jedoch im Ausschnitt zitiert. Und das bleibt bis heute unbeantwortet: Warum wird nicht des Völkermords an slawischen Menschen durch Deutsche gedacht? Warum wird er kaum erwähnt?

Hier noch mal ein Passus aus dem oben verlinkten Interview:

Wie viele slawische Menschen wurden während des Zweiten Weltkriegs von Deutschen getötet?

Das waren in der Sowjetunion rund 30 Millionen Menschen, 6 Millionen in Polen und 2 Millionen in Jugoslawien. Hinzu kommen noch fast eine halbe Million Tschechoslowaken. Rechnet man eine halbe Million Sinti und Roma hinzu, sind das insgesamt an die 40 Millionen ermordete Menschen. Hier wird deutlich, welche Asymmetrie zwischen der Erinnerung an den Holocaust und dem Großverbrechen an den sogenannten »slawischen Untermenschen« besteht.


Und hier noch mal etwas zum Hintergrund der Kritik an der Wehrmachtsausstellung:

Zitat:

Während eines geplanten Filmprojekts über die SS-Einsatzgruppen in Weißrussland kam Heer in Kontakt mit Jan Philipp Reemtsma, dem Gründer des Hamburger Instituts für Sozialforschung (HIS). 1993 bis 2000 war Heer wissenschaftlicher Mitarbeiter am HIS. Dort zeichnete er für die erste Wehrmachtsausstellung verantwortlich, die ihn einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte. Das Projekt mit dem Titel „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ war von 1995 bis 1999 in 34 Städten zu sehen und fand etwa 900.000 Besucher. Es thematisierte die seit der Nachkriegszeit populäre „Legende von der sauberen Wehrmacht“ und zeigte die aktive Beteiligung der Militärangehörigen am Holocaust, an Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung und der Ermordung von Kriegsgefangenen auf. Die damals kontrovers diskutierte Ausstellung erregte in der Öffentlichkeit großes Aufsehen und wurde besonders von rechtsextremistischen, aber auch von bürgerlich-konservativen Kreisen heftig bekämpft.

Doch auch fachliche Kritik wurde geäußert: Historiker wiesen einige Fehler in der Zuordnung von Fotografien nach, weswegen das HIS die Ausstellung durch eine Historikerkommission untersuchen ließ. Die Kommission bestätigte klar ihre Grundthesen, bescheinigte dem Team seriöse Quellenarbeit und entkräftete den Vorwurf von Fälschungen. Sie kritisierte aber auch einen nachlässigen Umgang mit fotografischen Quellen, den die Wehrmachtsausstellung mit der Geschichtswissenschaft und der gängigen Archivpraxis gemeinsam habe, sowie generell eine pauschalisierende Darstellung. Sie empfahl deshalb eine Überarbeitung.[6] An dieser wirkte Hannes Heer nicht mehr mit, weil er sich mit Jan Philipp Reemtsma nicht auf eine Konzeption der Neufassung einigen konnte.[7]


https://de.wikipedia.org/wiki/Hannes_Heer

Auch das ist wichtig zu wissen:

Im deutschen Kino erschien ab August 2006, als DVD ab Februar 2007 der Film Der unbekannte Soldat (Drehbuch und die Regie Michael Verhoeven). Neben der Präsentation zahlloser Wehrmachtsverbrechen, vor allem in der Ukraine und Weißrussland, vergleicht der Film insbesondere die zwei Fassungen der Ausstellung und untersucht kritisch, welche Gründe den Herausgeber Jan Philipp Reemtsma veranlassten, Heer zu entpflichten und die Ausstellung auch in einigen zentralen Fragestellungen zu verändern. Verhoeven folgt in seinem Urteil Heer und stellt dar, dass vor allem private Bilder normaler Soldaten, geschossen während der Mordhandlungen oder direkt danach, entfernt worden seien. In der Zweitausstellung fehle somit die identische Perspektive von Fotograf und Mörder, also der Blick in die Psyche des Täter-Voyeurs, der sich mit den Bildern habe brüsten wollen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Wehrmacht ... n_Experten

Nicht zu vergessen die heftigen Proteste von Neonazis gegen die Wehrmachtsausstellungen. Auch dazu gibt es etliche Pressetexte.

Und auch das muss erwähnt werden:

Die juristische und politische Aufarbeitung dieser Verbrechen ist bis heute nicht abgeschlossen. In NS-Prozessen seit 1945 wurden nur wenige Verbrechen der Wehrmacht verhandelt. Sie wurden in der Bundesrepublik Deutschland lange öffentlich bestritten oder verharmlost, ihre Strafverfolgung verschleppt und behindert. Wie viele einfache Soldaten an ihnen beteiligt waren, die Opferzahlen und die Motive der Täter sind bis heute umstritten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Verbrechen_der_Wehrmacht
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von conscience »

Aus dem Neuen Deutschland zu zitieren, hat ein Geschmäckle.
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Selina
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

conscience hat geschrieben:(11 May 2020, 00:32)

Aus dem Neuen Deutschland zu zitieren, hat ein Geschmäckle.
Das hab ich nun im Forum schon gefühlte hundertmal beantwortet: Das Neue Deutschland hat schon sehr lange nichts mehr mit dem "SED-Zentralorgan" von vor mehr als 30 Jahren zu tun. Das ist eine überregionale linke Zeitung, vergleichbar mit der taz und anderen Blättern. Mit einem jungen Redaktionsteam, von denen etliche Mitarbeiter auch westdeutscher Herkunft sind. Und wie man an den Leserbriefen sieht, wird das ND gleichermaßen gerne in Ost und West gelesen. Da müsste man dann auch die anderen Zeitungen "links von der Mitte" auf dem Medienmarkt nach ihren Inhalten und ihrer Redaktion hinterfragen: Die Zeit, den Tagesspiegel, die Süddeutsche. Und man müsste auch die konservativen Blätter genau anschauen, wo die Grenzen nach rechts schon leicht verschoben sind bei einigen Kommentatoren. Sich lediglich ein einziges Blatt aus dem großen Zeitungsmarkt herauszugreifen in seiner Kritik, weil es eine DDR-Vergangenheit hat, das hat ebenfalls ein Gschmäckle.

Außerdem werde ich im Forum des Öfteren aufgefordert, bei diversen Diskussionen nicht die Quelle zu kritisieren, sondern mich mit den dort geschilderten Sachverhalten zu befassen. Diese Forderung gebe ich nun zurück.

Kurz: Viel mehr würde mich deine Meinung zu den Wehrmachts-Verbrechen interessieren, worum es ja im Thread geht.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Quatschki »

Selina hat geschrieben:(10 May 2020, 23:50)

Wie viele slawische Menschen wurden während des Zweiten Weltkriegs von Deutschen getötet?

Das waren in der Sowjetunion rund 30 Millionen Menschen, 6 Millionen in Polen und 2 Millionen in Jugoslawien. Hinzu kommen noch fast eine halbe Million Tschechoslowaken. Rechnet man eine halbe Million Sinti und Roma hinzu, sind das insgesamt an die 40 Millionen ermordete Menschen. Hier wird deutlich, welche Asymmetrie zwischen der Erinnerung an den Holocaust und dem Großverbrechen an den sogenannten »slawischen Untermenschen« besteht.
Das ist alles nicht so einfach, wie die Geschichtsbücher erzählen.
Wie werden denn zum Beispiel Polen gezählt, die im von den Sowjets okkupierten Ostteil ab 1940 (sofern sie nicht ins Gulag deportiert wurden) offiziell Sowjetbürger wurden, und dann als solche in der Roten Armee eingezogen wurden?
Oder polnische Bürger, die nach 1939 gemäß Volksliste eingedeutscht wurden und dann für die Wehrmacht in die Schlacht zogen? Das waren Hunderttausende!
Oder jemand, der beispielsweise als Westukrainer am 1.09.1939 polnischer Staatsbürger war, infolge der sowjetischen Okkupation 1940 Sowjetbürger wurde, dann in die Rote Armee eingezogen wurde, desertierte, bei einem "Schutzmannschaft-Bataillon" in deutscher Uniform gegen sowjetische oder polnische Partisanen kämpfte, wieder desertierte, mit der OUN gegen die Deutschen und die polnische Heimatarmee kämpfte und anschließend in Kämpfen gegen die Rote Armee gefangen und erschossen wird?
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Sungawakan
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Sungawakan »

Oder jüdische Polen bzw. polnische Juden? Doppelt gezählt.

Warum gab es Länder, in denen trotz deutscher Besatzung nur wenige Juden umgebracht wurden (Dänemark) und andere, in denen fast die gesamte jüdische Vorkriegsbevölkerung ausgelöscht wurde (Niederlande)?
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H2O
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von H2O »

Sungawakan hat geschrieben:(12 May 2020, 10:18)

Oder jüdische Polen bzw. polnische Juden? Doppelt gezählt.

Warum gab es Länder, in denen trotz deutscher Besatzung nur wenige Juden umgebracht wurden (Dänemark) und andere, in denen fast die gesamte jüdische Vorkriegsbevölkerung ausgelöscht wurde (Niederlande)?
Das wird hier

https://en.wikipedia.org/wiki/Rescue_of_the_Danish_Jews

sehr gut beschrieben.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Sungawakan »

H2O hat geschrieben:(12 May 2020, 10:30)

Das wird hier

https://en.wikipedia.org/wiki/Rescue_of_the_Danish_Jews

sehr gut beschrieben.
Das war eine rhetorische Frage...
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H2O
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von H2O »

Sungawakan hat geschrieben:(12 May 2020, 10:32)

Das war eine rhetorische Frage...
... aus der aber ein unverdienter Schuldvorwurf gegen Niederländer und andere Völker heraus zu lesen ist. Auch aus den absoluten Zahlen der Betroffenen! Niederlande 140 000 Juden zu Kriegsanfang, Dänemark 7 800.
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Dark Angel
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(10 May 2020, 23:50)

Was die Kritik an der ersten Wehrmachtsausstellung anbelangt, so wurde die zu großen Teilen widerlegt. Die zweite Wehrmachtsausstellung hat dann wichtige Aspekte gleich ganz verschwiegen. Und selbstverständlich wirkte die NS-Ideologie auf die Wehrmachtsangehörigen. Das Ergebnis war dann in ihrem Aggressionskrieg zu sehen und darin, welche Verbrechen sie in vielen Teilen der Welt begangen haben. Und auch, wenn es Kritik an Hannes Heers Arbeit gab, ich fänd sein Anliegen gut, eine dritte Wehrmachtsausstellung zu organisieren. Das Wichtigste in diesem Interview hatte ich jedoch im Ausschnitt zitiert. Und das bleibt bis heute unbeantwortet: Warum wird nicht des Völkermords an slawischen Menschen durch Deutsche gedacht? Warum wird er kaum erwähnt?

Hier noch mal ein Passus aus dem oben verlinkten Interview:

Wie viele slawische Menschen wurden während des Zweiten Weltkriegs von Deutschen getötet?

Das waren in der Sowjetunion rund 30 Millionen Menschen, 6 Millionen in Polen und 2 Millionen in Jugoslawien. Hinzu kommen noch fast eine halbe Million Tschechoslowaken. Rechnet man eine halbe Million Sinti und Roma hinzu, sind das insgesamt an die 40 Millionen ermordete Menschen. Hier wird deutlich, welche Asymmetrie zwischen der Erinnerung an den Holocaust und dem Großverbrechen an den sogenannten »slawischen Untermenschen« besteht.


Und hier noch mal etwas zum Hintergrund der Kritik an der Wehrmachtsausstellung:

Zitat:

Während eines geplanten Filmprojekts über die SS-Einsatzgruppen in Weißrussland kam Heer in Kontakt mit Jan Philipp Reemtsma, dem Gründer des Hamburger Instituts für Sozialforschung (HIS). 1993 bis 2000 war Heer wissenschaftlicher Mitarbeiter am HIS. Dort zeichnete er für die erste Wehrmachtsausstellung verantwortlich, die ihn einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte. Das Projekt mit dem Titel „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ war von 1995 bis 1999 in 34 Städten zu sehen und fand etwa 900.000 Besucher. Es thematisierte die seit der Nachkriegszeit populäre „Legende von der sauberen Wehrmacht“ und zeigte die aktive Beteiligung der Militärangehörigen am Holocaust, an Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung und der Ermordung von Kriegsgefangenen auf. Die damals kontrovers diskutierte Ausstellung erregte in der Öffentlichkeit großes Aufsehen und wurde besonders von rechtsextremistischen, aber auch von bürgerlich-konservativen Kreisen heftig bekämpft.

Doch auch fachliche Kritik wurde geäußert: Historiker wiesen einige Fehler in der Zuordnung von Fotografien nach, weswegen das HIS die Ausstellung durch eine Historikerkommission untersuchen ließ. Die Kommission bestätigte klar ihre Grundthesen, bescheinigte dem Team seriöse Quellenarbeit und entkräftete den Vorwurf von Fälschungen. Sie kritisierte aber auch einen nachlässigen Umgang mit fotografischen Quellen, den die Wehrmachtsausstellung mit der Geschichtswissenschaft und der gängigen Archivpraxis gemeinsam habe, sowie generell eine pauschalisierende Darstellung. Sie empfahl deshalb eine Überarbeitung.[6] An dieser wirkte Hannes Heer nicht mehr mit, weil er sich mit Jan Philipp Reemtsma nicht auf eine Konzeption der Neufassung einigen konnte.[7]


https://de.wikipedia.org/wiki/Hannes_Heer

Auch das ist wichtig zu wissen:

Im deutschen Kino erschien ab August 2006, als DVD ab Februar 2007 der Film Der unbekannte Soldat (Drehbuch und die Regie Michael Verhoeven). Neben der Präsentation zahlloser Wehrmachtsverbrechen, vor allem in der Ukraine und Weißrussland, vergleicht der Film insbesondere die zwei Fassungen der Ausstellung und untersucht kritisch, welche Gründe den Herausgeber Jan Philipp Reemtsma veranlassten, Heer zu entpflichten und die Ausstellung auch in einigen zentralen Fragestellungen zu verändern. Verhoeven folgt in seinem Urteil Heer und stellt dar, dass vor allem private Bilder normaler Soldaten, geschossen während der Mordhandlungen oder direkt danach, entfernt worden seien. In der Zweitausstellung fehle somit die identische Perspektive von Fotograf und Mörder, also der Blick in die Psyche des Täter-Voyeurs, der sich mit den Bildern habe brüsten wollen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Wehrmacht ... n_Experten

Nicht zu vergessen die heftigen Proteste von Neonazis gegen die Wehrmachtsausstellungen. Auch dazu gibt es etliche Pressetexte.

Und auch das muss erwähnt werden:

Die juristische und politische Aufarbeitung dieser Verbrechen ist bis heute nicht abgeschlossen. In NS-Prozessen seit 1945 wurden nur wenige Verbrechen der Wehrmacht verhandelt. Sie wurden in der Bundesrepublik Deutschland lange öffentlich bestritten oder verharmlost, ihre Strafverfolgung verschleppt und behindert. Wie viele einfache Soldaten an ihnen beteiligt waren, die Opferzahlen und die Motive der Täter sind bis heute umstritten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Verbrechen_der_Wehrmacht
Verehrte Selina, das Thema des Threads ist "Kriegsverbrechen im 2.Weltkrieg" und NICHT der Historiker Hannes Heer und auch NICHT die Wehrmachtsausstellung.
Nein, die Kritik der Pauschalisierung(en) wurde NICHT widerlegt!
Und noch ein Punkt: in Geschichte (den Geschichtsforum) geht es um Fakten und die sollten anhand seriöser Quellen belegt werden und nicht mit irgendwelchen Interviews aus fragwürdigen (ideologischen) Quellen.
Das "Neue Deutschland" ist definitiv keine seriöse Quelle, weil auch auf Seiten der Linken immer noch Geschichtsrevisionismus betrieben wird.

Abgesehen davon, dass Krieg (an sich) ein Verrechen ist und es vollkommen außer Frage steht, dass auch seitens der Wehrmacht Kriegsverbrechen begangen wurden, muss schon unterschieden werden, ob es sich bei den Opfern in Zivilbevölkerung um Opfer im Zusammenhang mit Kriegshandlungen handelt oder um gezielte Vernichtungsaktionen.
Genau diese Unterscheidung nimmt Hannes Heer nicht vor und genau dort setzt die Pauschlisierungskritik an - übgrigens auch von den, von mir genannten, Historikern bzw Militärhistorikern.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Sungawakan »

H2O hat geschrieben:(12 May 2020, 11:02)

... aus der aber ein unverdienter Schuldvorwurf gegen Niederländer und andere Völker heraus zu lesen ist. Auch aus den absoluten Zahlen der Betroffenen! Niederlande 140 000 Juden zu Kriegsanfang, Dänemark 7 800.
Na ja, hier geht es er um das Verhältnis in Prozent, und nicht um die absoluten Zahlen.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Ammianus »

Sungawakan hat geschrieben:(12 May 2020, 10:18)

Oder jüdische Polen bzw. polnische Juden? Doppelt gezählt.

Warum gab es Länder, in denen trotz deutscher Besatzung nur wenige Juden umgebracht wurden (Dänemark) und andere, in denen fast die gesamte jüdische Vorkriegsbevölkerung ausgelöscht wurde (Niederlande)?
1939 setzten sich die Diener von zwei Massenmörder an einen Tisch. Im Ergebnis kamen die 3 baltischen Staaten unter Hammer und Sichel. Tausende wurden deportiert, Tausende kamen ums Leben. Die Soldaten der Wehrmacht wurde von Ihnen als Befreier begrüßt. Viele beteiligten sich an der Verfolgung und Ermordung einheimischer und aus anderen Ländern zur Vernichtung ins Baltikum deportierter Juden. 1944 besetzte die Rote Armee die Ostseestaaten erneut. Wem es nicht gelang mit den Deutschen zu fliehen, dem drohte wieder Deportation und Ermordung.

Nach seinem Friedensvertrag mit Hitler wollte Stalin nachhohlen, was im Zuge des bolschewistischen Putsches 1917 nicht gelungen war. Finnland sollte wieder unter die blutrote Herrschaft. Aber der Diktator hatte nur wenige Jahre zuvor unter dem Offizierskader seiner Armee so gewütet, dass sie nach einem Monat Krieg nicht allzuweit vorangekommen waren. Was sie vorhatten sah man an der Einsetzung einer sogenannten Exilregierung auf sowjetischem Gebiet. Tausende Finnen hätte der Sieg des kommunistischen Diktators das Leben gekostet.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(12 May 2020, 11:11)

Verehrte Selina, das Thema des Threads ist "Kriegsverbrechen im 2.Weltkrieg" und NICHT der Historiker Hannes Heer und auch NICHT die Wehrmachtsausstellung.
Nein, die Kritik der Pauschalisierung(en) wurde NICHT widerlegt!
Und noch ein Punkt: in Geschichte (den Geschichtsforum) geht es um Fakten und die sollten anhand seriöser Quellen belegt werden und nicht mit irgendwelchen Interviews aus fragwürdigen (ideologischen) Quellen.
Das "Neue Deutschland" ist definitiv keine seriöse Quelle, weil auch auf Seiten der Linken immer noch Geschichtsrevisionismus betrieben wird.

Abgesehen davon, dass Krieg (an sich) ein Verrechen ist und es vollkommen außer Frage steht, dass auch seitens der Wehrmacht Kriegsverbrechen begangen wurden, muss schon unterschieden werden, ob es sich bei den Opfern in Zivilbevölkerung um Opfer im Zusammenhang mit Kriegshandlungen handelt oder um gezielte Vernichtungsaktionen.
Genau diese Unterscheidung nimmt Hannes Heer nicht vor und genau dort setzt die Pauschlisierungskritik an - übgrigens auch von den, von mir genannten, Historikern bzw Militärhistorikern.
Selbstverständlich gab es im Zweiten Weltkrieg gezielte und geplante Vernichtungsaktionen. Deshalb wird ja im Zusammenhang mit der Nazizeit und dem Angriff der Deutschen auf die Sowjetunion mit allen Verbrechen, die dazugehören, auch von den größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte gesprochen. Das ist in erster Linie natürlich der Holocaust, aber das sind selbstverständlich auch die Verbrechen der Deutschen während des Aggressionskrieges gegen die Sowjetunion. Nicht zu vergessen die Auslöschung ganzer Ortschaften in Europa, samt Bevölkerung. Die Täter stammten bei letzteren Verbrechen zwar vorwiegend aus der SS, aber das machts ja nicht weniger schlimm.

Zitat (Ausschnitt):

Hitlers Krieg im Osten: Zähe Legenden

Warum die Deutschen so lange brauchten, um der Wahrheit über den Krieg gegen die Sowjetunion ins Gesicht zu blicken.
Ein Gespräch mit dem Historiker Wolfram Wette

Von Christian Staas

...ZEIT: In welcher Weise prägten Männer wie Heusinger die Erinnerungskultur der Armee?

Wette: Zum Beispiel – das klingt jetzt ein bisschen kurios – indem sie verhinderten, dass sich die Soldaten bestimmte Fernsehdokumentationen ansahen. Da wurde schnell mal ein Exerzieren oder eine Nachtübung angesetzt, damit die Rekruten nicht vor dem Fernseher saßen. So etwas geschah bis in die achtziger Jahre hinein! 1981 lief in der ARD die amerikanisch-sowjetische Serie Der unvergessene Krieg. Gegen die Ausstrahlung gab es eine unglaubliche Kampagne. In erbosten Briefen empfahlen ehemalige Offiziere dem damaligen WDR-Intendanten Heinz Werner Hübner, der die Serie eingekauft hatte, sich umzubringen. Einen ähnlichen Aufruhr hatte drei Jahre zuvor das Buch Keine Kameraden des Historikers Christian Streit erregt, in dem geschildert wird, dass mehr als drei Millionen sowjetische Soldaten in deutscher Gefangenschaft elendig umgekommen sind.

ZEIT: Eine beliebte Geschichtsdeutung besagt, erst die Achtundsechziger hätten das Schweigen über die NS-Zeit gebrochen. Haben sie auch den Umgang mit der Erinnerung an den Ostfeldzug verändert?

Wette: Die ersten ernsthaften Bücher über die Wehrmacht – und damit auch über den Krieg im Osten – von Manfred Messerschmidt und Klaus-Jürgen Müller erschienen in der Tat 1969. Die Autoren waren aber keine Achtundsechziger. Die Achtundsechziger interessierten sich nicht besonders für Geschichte, sondern eher für abstrakte Faschismustheorien. Die offensichtlichen Lügen der Väter haben sie allerdings aufgeregt. Dadurch kam auch Schwung in die Forschung.

ZEIT: Welche Bedeutung hatte das Jahr 1989 für den Erinnerungsprozess?

Wette: Der Blick zurück entideologisierte sich, im Westen wie im Osten. Wir Historiker bekamen Zugang zu vielen neuen Quellen, und der Austausch mit den russischen Kollegen wurde intensiver. Damals begann eine sehr ertragreiche Kooperation, die auch zur Versöhnung beigetragen hat.

ZEIT: Leitete die Wehrmachtausstellung 1995 dann eine neue Phase der Auseinandersetzung ein?

Wette: Neu war da eigentlich nichts. Aber die eine Sache ist, was Historiker herausfinden, und die andere, welches Wissen in der Gesellschaft akzeptiert wird und sich durchsetzt. Die Ausstellung sorgte mit Verve dafür, dass eine breite Öffentlichkeit die kritische NS-Forschung zur Wehrmacht endlich zur Kenntnis nahm.

ZEIT: Wieso konnte sich die Legende von der sauberen Wehrmacht so lange halten?

Wette: Mehr als 18 Millionen Menschen haben diese Armee durchlaufen, der Großteil von ihnen hat den Ostfeldzug mitgemacht. Damit waren so gut wie alle deutschen Familien von dieser Geschichte betroffen. Und was in den Familien geschieht, ist oft entscheidend für die kollektive Erinnerung. Über Jahre und Jahrzehnte wurde beschwiegen, beschönigt und geleugnet. Der Widerstand gegen die Wahrheit war gewaltig.

ZEIT: Haben Sie diesen Widerstand auch selbst zu spüren bekommen? 1984 veröffentlichten Sie und Ihr Kollege Gerd Ueberschär ein Buch unter dem Titel Unternehmen Barbarossa, das die heute so genannten verbrecherischen Befehle erstmals vollständig dokumentierte und zeigte, mit welch mörderischen Absichten der Krieg begonnen wurde.

Wette: Ja, dieses Buch war sehr umstritten! Und als Historiker im Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg habe ich seit den siebziger Jahren erlebt, wie jeder noch so kleine Erkenntnisfortschritt heftig attackiert wurde. Viele wollten einfach nicht wahrhaben, dass es etwa den Kommissarbefehl gab, der den Mord an kriegsgefangenen Politoffizieren der Roten Armee anordnete, und dass dieser verbrecherische Befehl auch ausgeführt wurde. Viele wollten nicht wahrhaben, dass die Deutschen Abertausende Dörfer und Städte in Schutt und Asche gelegt haben. Dass sie drei Millionen sowjetische Juden umgebracht haben und 30 Millionen Menschen verhungern lassen wollten. Vergessen Sie nicht, dass auch in meinem Amt ehemalige Offiziere der Wehrmacht als Historiker beschäftigt waren, und was die sagten, können Sie sich denken: Nur wer dabei war, kann mitreden.

ZEIT: Eine andere Institution, die maßgeblich an den Verbrechen dieses Krieges beteiligt war, hat erst jetzt ihre Geschichte öffentlich aufgearbeitet – die Polizei. Derzeit ist eine Ausstellung dazu in Berlin zu sehen.

Wette: Auch so ein Fall. Lange Zeit hieß es, die Polizei sei ausschließlich im Inneren tätig gewesen. Vielen ist bis heute nicht klar, dass es zahlreiche Polizeibataillone gegeben hat, die im Ostfeldzug systematisch gemordet haben. Insofern wundert es mich nicht, wie lange es gedauert hat, bis jetzt die Wahrheit ausgestellt wird.

ZEIT: Ist eigentlich jemals auch nur ein einziger Wehrmachtoffizier von einem deutschen Gericht für Verbrechen an der Ostfront verurteilt worden?

Wette: Ein einziger, ja, und zwar im vergangenen Jahr, ein Leutnant namens Josef Scheungraber; allerdings hat er nicht in der Sowjetunion gemordet, sondern in Italien. Ein Münchner Gericht hat ihn zu lebenslanger Haft verurteilt, der Mann ist über neunzig Jahre alt. Ansonsten ist eine justizielle Aufarbeitung all dieser Verbrechen ausgeblieben. Es wurde nicht mal ermittelt. Das lag einerseits am mangelnden Aufklärungswillen der Gesellschaft, andererseits an der Konzeption der 1959 gegründeten Zentralstelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg. Sie sollte Prozesse gegen NS-Verbrecher einleiten. Kriegsverbrechen aber fielen nach damaliger Definition nicht in die Kategorie NS-Verbrechen. Also hat sich niemand darum gekümmert.

ZEIT: Hat die Erinnerung an den Krieg gegen die Sowjetunion heute einen festen Platz im kollektiven Gedächtnis der Deutschen?

Wette: Empirisch belegen lässt sich das nicht. Eines aber lässt sich mit Sicherheit sagen: Die deutsche Schuld an diesem Vernichtungskrieg zu leugnen, dem rund 27 Millionen Sowjetbürger zum Opfer fielen, ist heute nicht mehr möglich, ohne sich zu diskreditieren. Wir wissen alle, was damals geschehen ist, und werden es hoffentlich nie vergessen.


https://www.zeit.de/2011/23/Zweiter-Wel ... on/seite-2
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Vongole »

Dark Angel hat geschrieben:(12 May 2020, 11:11)

(..)

Abgesehen davon, dass Krieg (an sich) ein Verrechen ist und es vollkommen außer Frage steht, dass auch seitens der Wehrmacht Kriegsverbrechen begangen wurden, muss schon unterschieden werden, ob es sich bei den Opfern in Zivilbevölkerung um Opfer im Zusammenhang mit Kriegshandlungen handelt oder um gezielte Vernichtungsaktionen.
Genau diese Unterscheidung nimmt Hannes Heer nicht vor und genau dort setzt die Pauschlisierungskritik an - übgrigens auch von den, von mir genannten, Historikern bzw Militärhistorikern.
Was die Wehrmachtsaustellung angeht, bin ich eher bei Heer als bei seinen Kritikern, die Aussagen der Kommission erschienen mir damals als ein arges Suchen in Krümeln.
Was jedoch dieses Interview betrifft, stört es mich enorm, dass suggeriert wird, Heer wolle die Shoah "verniedlichen" nach dem Motto "was sind schon 6 Millionen Juden (alleine davon übrigens ca. 2 Mio in den besetzten Gebieten)
gegen zig Millionen anderer Opfer".
Da ich andere differenziertere Aussagen Heers zu dem Thema kenne, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er da einem geschicken Fragesteller auf den Leim gegangen ist.
Wäre nicht verwunderlich, schließlich ist das ND Nachfolger des SED-Zentralorgans, sollte einem renommierten Historiker trotzdem nicht passieren.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Vongole hat geschrieben:(12 May 2020, 16:30)

Was die Wehrmachtsaustellung angeht, bin ich eher bei Heer als bei seinen Kritikern, die Aussagen der Kommission erschienen mir damals als ein arges Suchen in Krümeln.
Was jedoch dieses Interview betrifft, stört es mich enorm, dass suggeriert wird, Heer wolle die Shoah "verniedlichen" nach dem Motto "was sind schon 6 Millionen Juden (alleine davon übrigens ca. 2 Mio in den besetzten Gebieten)
gegen zig Millionen anderer Opfer".
Da ich andere differenziertere Aussagen Heers zu dem Thema kenne, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er da einem geschicken Fragesteller auf den Leim gegangen ist.
Wäre nicht verwunderlich, schließlich ist das ND Nachfolger des SED-Zentralorgans, sollte einem renommierten Historiker trotzdem nicht passieren.
Kannst du die Stelle im Interview zeigen (Zitat), wo das suggeriert werden soll?
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Vongole hat geschrieben:(12 May 2020, 16:30)

Was die Wehrmachtsaustellung angeht, bin ich eher bei Heer als bei seinen Kritikern, die Aussagen der Kommission erschienen mir damals als ein arges Suchen in Krümeln.
Was jedoch dieses Interview betrifft, stört es mich enorm, dass suggeriert wird, Heer wolle die Shoah "verniedlichen" nach dem Motto "was sind schon 6 Millionen Juden (alleine davon übrigens ca. 2 Mio in den besetzten Gebieten)
gegen zig Millionen anderer Opfer".
Da ich andere differenziertere Aussagen Heers zu dem Thema kenne, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er da einem geschicken Fragesteller auf den Leim gegangen ist.
Wäre nicht verwunderlich, schließlich ist das ND Nachfolger des SED-Zentralorgans, sollte einem renommierten Historiker trotzdem nicht passieren.
Sorry Vongole, es geht eben nicht um die Wehrmachtsausstellung, sondern um Kriegsverbrechen - also darum welche Kriegsverbrechen z.B. von Angehörigen der Wehrmacht, wo durchgeführt wurden. Dabei gilt es durchaus zu differenzieren und genau das mahnen die Kritiker an.
Wie Ammianus bereits schrieb, wurde die deutsche Wehrmacht, gerade in baltischen Staaten, als Befreier empfangen und es fanden sich Teile der dortigen Bevölkerung durchaus bereit, mit der Wehrmacht zusammenzuarbeiten, sich sogar an den Verbrechen zu beteiligen. Das darf dabei nicht ausgeblendet werden.
Es ist im Übrigen nicht nur dein Eindruck, dass suggeriert wird, Heer wolle den Holocaust verniedlichen, auch mir stößt es sehr negativ auf, dass die Opfer in den, von der Wehrmacht, besetzten Gebieten zu einem Völkermord stilisiert werden sollen, der de facto nicht stattgefunden hat. Sowas nennt man Geschichtsfälschung bzw Geschichtsrevisionismus.
Es ist übrigens nicht verwunderlich, dass sich eine Zeitung wie das "Neue Deutschland" dazu hergibt, solche zu betreiben, um damit die Verbrechen, die seitens des NKWD zu leugnen bzw zu vertuschen.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Vongole hat geschrieben:(12 May 2020, 16:30)
Was jedoch dieses Interview betrifft, stört es mich enorm, dass suggeriert wird, Heer wolle die Shoah "verniedlichen" nach dem Motto "was sind schon 6 Millionen Juden (alleine davon übrigens ca. 2 Mio in den besetzten Gebieten)
gegen zig Millionen anderer Opfer".
Ich habe mir das verlinkte Interview noch mal genauer "unter die die Lupe" genommen und bin auf dieverse "Ungereimtheiten" gestoßen: eine Verharmlosung des Holocaust wird nicht nur suggeriert, sondern findet tatsächlich statt und das beginnt bereits damit, dass Heer pauschal von Osteuropäern pauschal als von "slavischen Völkern" bzw "slavischen Menschen" spricht und sich damit bewusst oder unbewusst Nazivokabular benutzt.
Er suggeriert damit, dass es homogene slawische Völker gäbe, deren Siedlungsraum Ost- und Südosteuropa sei.
Zudem gibt er für die Sowjetunion mit 30 Mio stark überhöhte Opferzahlen an und unterscheidet nicht zwischen zivilen Opfern und Militärangehörigen.
Tatsächlich hatte die Sowjetunion 24 Mio Opfer zu beklagen, davon ca 14. Mio zivile Opfer und ca. 10 Mio Militärangehörige, wobei ein Teil dieser Opfer der menschenverachtenden Politik Stalins geschuldet sind.
Mit Ausnahme Polens gibt Heer alle Opferzahlen zu hoch an und im Falle Jugoslawiens verdoppelt er sie sogar, ohne zwischen zivilen Opfern und Militärangehörigen zu unterscheiden.
Insgesamt gibt Heer die Opferzahlen um 10 Mio höher an, als sie tatsächlich sind - es sind also nicht 40 Mio "slawische Menschen", die ermordet wurden, sonder "nur" 30 Mio und das entspricht ca. 10% der "slawischen Gesamtbevölkerung"
Bei einem Verlust von ca. 10% der Gesamtbevölkerung kann nicht von Völkermord die Rede sein, bei der systemaischen und industriemäßig erfolgten Ermordung von 86% aller in Europa lebenden Juden hingegen sehr wohl!

In diesem Zusammenhang von einer "Asymmetrie zwischen der Erinnerung an den Holocaust und dem Großverbrechen an den sogenannten »slawischen Untermenschen«" ist mehr als nur eine "Verniedlichung" des Holocaust - es ist ein Schlag ins Gesicht des Jüdischen Volkes. :mad:
Beides kann absolut nicht miteinander verglichen werden!

Der Titel des Threads lautet "Kriegsverbrechen des 2. Weltkrieges" - also des gesamten 2. Weltkrieges - und diesen kann und darf man nicht, wie die Userin Selina es versucht, auf den Krieg gegen die Sowjetunion reduzieren und dabei mal eben die 20 Mio chinesischen Opfer ausblenden oder die Opfer anderer asiatischer Staaten, die bei Kriegshandlungen oder durch Verbrechen der japanischen Armee ums Leben kamen.

Daran ändert sich auch nichts, wenn man anerkennt, dass die Sowjetunion die Hauptlast des Krieges in Europa getragen hat.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von conscience »

Das Thema ist zu Ernst. Nolte, dessen Name hier noch nicht gefallen ist, verwundert ein wenig.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Jessie »

Dark Angel hat geschrieben:(16 May 2020, 20:34)

Bei einem Verlust von ca. 10% der Gesamtbevölkerung kann nicht von Völkermord die Rede sein,
Völkermord:

Ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht, der durch die Absicht gekennzeichnet ist, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von conscience »

Jessie hat geschrieben:(16 May 2020, 20:56)

Völkermord:

Ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht, der durch die Absicht gekennzeichnet ist, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“
Geschichte hat allerdings nichts mit dem sogenannten "Völkerstrafrecht" zu tun.

Alle Ereignisse, die im weitesten Sinn mit Völkermorden zu tun haben, gehen dem "Völkerstrafrecht" voraus. Das moderne Völkerrecht ("Völkerstrafrecht") ist Folge der Shoa. Die Shoa ist zusammen mit anderen staatlichen Gewaltverbrechen die Ursache für das Entstehen des modernen Völkerrechts.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Jessie »

conscience hat geschrieben:(16 May 2020, 21:13)

Geschichte hat allerdings nichts mit dem sogenannten "Völkerstrafrecht" zu tun.

Alle Ereignisse, die im weitesten Sinn mit Völkermorden zu tun haben, gehen dem "Völkerstrafrecht" voraus. Das moderne Völkerrecht ("Völkerstrafrecht") ist Folge der Shoa. Die Shoa ist zusammen mit anderen staatlichen Gewaltverbrechen die Ursache für das Entstehen des modernen Völkerrechts.
Ich wollte damit auch nur sagen, dass es keine Frage des prozentualen Anteils der Gesamtbevölkerung ist.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Dark Angel »

Jessie hat geschrieben:(16 May 2020, 20:56)

Völkermord:

Ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht, der durch die Absicht gekennzeichnet ist, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“
Völkermord seit 1948 in der UN-Völkermordkonvention definiert, als planmäßige und systematische Vernichtung einer Gruppe von Menschen - nicht wie du behauptest auf "direkte oder indirekte Weise"

In diesem Sinne handelt es sich bei der Ermordung großer Teile der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten um Kriegsverbrechen, aber nicht um Völkermord!
Und diese Kriegsverbrechen sind immer noch nicht mit dem Holocaust vergleichbar, bei dem es sich tatsächlich um Völkermord/Genozid handelt.

Oder willst du nur spammen, weil du sonst nichts Konstruktives zum Thema beizutragen hast?
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Jessie »

Dark Angel hat geschrieben:(16 May 2020, 21:25)

Völkermord seit 1948 in der UN-Völkermordkonvention definiert, als planmäßige und systematische Vernichtung einer Gruppe von Menschen - nicht wie du behauptest auf "direkte oder indirekte Weise"
Das behaupte nicht ich, sondern die Bundeszentrale für politische Bildung.

https://m.bpb.de/politik/hintergrund-ak ... konvention
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von conscience »

Und wo schreibt die bpb das genau auf der Seite ?

Ich verlasse mich lieber auf Primärquellen: Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes klick
Zuletzt geändert von conscience am Sa 16. Mai 2020, 22:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

conscience hat geschrieben:(16 May 2020, 21:59)

Und wo schreibt die bpb das genau auf der Seite ?
Hier:

Bereits Artikel 1 der Konvention macht deutlich, dass Völkermord als "ein Verbrechen gemäß internationalem Recht" definiert wird, und zwar unabhängig davon, ob es "im Frieden oder im Krieg begangen" wurde. Damit wird der Unterschied zu den bereits vor dem Zweiten Weltkrieg international geregelten Kriegsverbrechen deutlich.

Explizit als Völkermord definiert werden in Artikel 2 Handlungen, "die in der Absicht begangen" werden, "eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören". Zu solchen Handlungen zählen nicht nur die gezielte "Tötung von Mitgliedern der Gruppe" sondern auch "die Verursachung von schwerem körperlichen oder seelischem Schaden" und die "vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung" herbeizuführen. Auch die "Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe" oder die "gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe" fallen unter die Definition von Völkermord.

Reaktion auf den Holocaust

Die Konvention gilt als unmittelbare Reaktion auf die Verbrechen der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs: der Völkermord an den Juden durch die Nationalsozialisten und weitere Völkermord-Verbrechen vor allem in Osteuropa und in den Sowjetrepubliken. So wurde die Resolution, die auf die Schaffung der Konvention abzielte, bereits 1946 verabschiedet. Schöpfer sowohl der englischen Bezeichnung Genocide (dt. Genozid, Völkermord) als auch des dahinter liegenden Konzeptes war der polnisch-jüdische Jurist Raphael Lemkin.

Lemkin zufolge sollte der Begriff all jene Verbrechen umfassen, die Teil einer geplanten Vernichtung der Existenz einer bestimmten Gruppe waren. Lemkin hatte sich bei seiner Konzeption nicht nur auf die Erfahrungen des Holocaust gestützt, sondern sich auch intensiv mit dem Völkermord an den Armeniern im Ersten Weltkrieg durch die Türkei beschäftigt.

Bereits 1946 erklärte die UN-Generalversammlung Völkermord als Verbrechen gemäß internationalem Recht. Die ersten Prozesse gemäß Völkerstrafrecht fanden nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen der Kriegsverbrechertribunale in Nürnberg und Tokio statt. Erst seit den 1990er Jahren wurden internationale, zeitlich begrenzte Ad-Hoc-Strafgerichtshöfe geschaffen, die sich mit den Völkerrechtsverbrechen in den Jugoslawienkriegen sowie mit dem Völkermord an den Tutsi in Ruanda im Jahr 1994 beschäftigten.


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conscience
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von conscience »

Es geht hier um das Zitat "direkte und indirekte Weise" das angeblich oder tatsächlich auf einer Seite der bpb steht.


Den Link zum Text der Völkermord Konvention ist bereits eingestellt worden.
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Selina
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

conscience hat geschrieben:(16 May 2020, 22:13)

Es geht hier um das Zitat "direkte und indirekte Weise" das angeblich oder tatsächlich auf einer Seite der bpb steht.


Den Link zum Text der Völkermord Konvention ist bereits eingestellt worden.
Mir geht es um die Verdeutlichung dessen, was Völkermord ist. Das wird da sehr deutlich erläutert. Die Ermordung großer Teile der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten durch Deutsche sind demnach ganz klar Völkermord und keine "Kriegsverbrechen". Nochmal die entsprechende Stelle im Zitat: "Die Konvention gilt als unmittelbare Reaktion auf die Verbrechen der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs: der Völkermord an den Juden durch die Nationalsozialisten und weitere Völkermord-Verbrechen vor allem in Osteuropa und in den Sowjetrepubliken."

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Zuletzt geändert von Selina am Sa 16. Mai 2020, 23:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Jessie
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Jessie »

conscience hat geschrieben:(16 May 2020, 22:13)

Es geht hier um das Zitat "direkte und indirekte Weise" das angeblich oder tatsächlich auf einer Seite der bpb steht.


Den Link zum Text der Völkermord Konvention ist bereits eingestellt worden.
Die Worte „in direkter oder indirekter Weise“ stehen tatsächlich nicht auf der Seite der BpB. Ich hatte aus Wikipedia zitiert, dann fiel mir ein, dass Dark Angel Wiki nicht als Quelle zulässt und habe die BpB als Quelle verlinkt. Ist mir garnicht aufgefallen, dass die Worte dort fehlen. Ansonsten stimmt mein Zitat. Jedenfalls steht dort nichts von „planmäßiger und systematischer Vernichtung“ als Definition und schon garnichts davon, dass 10% der Gesamtbevölkerung zu wenig sind, um einen Völkermord als solchen zu definieren, wie Dark Angel behauptet hat.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von PeterK »

Dark Angel hat geschrieben:(16 May 2020, 21:25)
Völkermord seit 1948 in der UN-Völkermordkonvention definiert, als planmäßige und systematische Vernichtung einer Gruppe von Menschen - nicht wie du behauptest auf "direkte oder indirekte Weise"
Ich meine, da liegest Du falsch. Auch die "indirekte Weise", die wohl gemeint war, ist im Originaltext definiert - z.B. in (d) bis (e):
In the present Convention, genocide means any of the following acts committed with intent to destroy, in whole or in part, a national, ethnical, racial or religious group, as such:

(a) Killing members of the group;
(b) Causing serious bodily or mental harm to members of the group;
(c) Deliberately inflicting on the group conditions of life calculated to bring about its physical destruction in whole or in part;
(d) Imposing measures intended to prevent births within the group;
(e) Forcibly transferring children of the group to another group.
Insofern scheint mir das Zitat, das @Jessie (ob nun Wiki oder nicht) gebracht hat, durchaus dem Text und Sinn der Konvention zu entsprechen.

Edit: Und "in whole or in part" sollte wohl auch klar und verständlich sein.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von PeterK »

Dark Angel hat geschrieben:(16 May 2020, 20:34)
In diesem Zusammenhang von einer "Asymmetrie zwischen der Erinnerung an den Holocaust und dem Großverbrechen an den sogenannten »slawischen Untermenschen«" ist mehr als nur eine "Verniedlichung" des Holocaust - es ist ein Schlag ins Gesicht des Jüdischen Volkes. :mad:
Beides kann absolut nicht miteinander verglichen werden!
Selbstverständlich können beide Verbrechen miteinander verglichen werden.
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Zunder
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(17 May 2020, 00:05)

Selbstverständlich können beide Verbrechen miteinander verglichen werden.
Wenn Hannes Heer eine "Asymmetrie" beklagt, setzt er eine Gleichheit der beiden Verbrechen voraus. Sonst ergibt das keinen Sinn.

Ein Vergleich, der eine Gleichheit behauptet, würde implizieren,
- daß die Juden Kriegspartei waren, was nicht stimmt,
- daß sie sich militärisch hätten zur Wehr setzen können, was nicht stimmt,
- daß sie hätten unterjocht werden sollen, was nicht stimmt
und daß die "slawischen Völker", die Hannes Heer zu einer Einheit zusammenrührt, von den Nazis zur Ausrottung bestimmt gewesen wären.
Das stimmt natürlich auch nicht.

Im Rassenkonstrukt der Nazis waren die Slawen die Untermenschen, die versklavt werden sollten; die Juden waren die Gegenrasse, das Ungeziefer, das ausgerottet werden mußte. Der Holocaust war demnach kein Kriegsverbrechen im eigentlichen Sinn. Er war ein Verbrechen im Krieg. Der Krieg war die Bedingung, die die Ausrottung möglich gemacht hat. Federführend war die SS, die Elite-Organisation der Nazis.

Eine Symmetrie besteht übrigens auch deshalb nicht, weil die Nazis auch slawische Verbündete hatten, wie z.B. die Slowakei unter Tiso oder die Ustascha in Kroatien.
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H2O
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von H2O »

PeterK hat geschrieben:(17 May 2020, 00:05)

Selbstverständlich können beide Verbrechen miteinander verglichen werden.
Das ist ein Irrtum, dem wir als Deutsche zu oft aufsitzen, weil der gesamte 2. Weltkrieg ein einziger Raub- und Mordkrieg war, den die deutschen Nazis systematisch herbei geführt hatten. Als Opfergruppe sind aber die europäischen Juden nie Kriegspartei gewesen.

Zunder hat sich aus meiner Sicht mit seiner Klarstellung hier sehr verdient gemacht. In dieser Klarheit habe ich noch nie lesen können, weshalb die Shoa ein so einmaliger Völkermord war! Vielen Dank, lieber Zunder!
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Selina
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Zunder hat geschrieben:(17 May 2020, 01:50)

Wenn Hannes Heer eine "Asymmetrie" beklagt, setzt er eine Gleichheit der beiden Verbrechen voraus. Sonst ergibt das keinen Sinn.

Ein Vergleich, der eine Gleichheit behauptet, würde implizieren,
- daß die Juden Kriegspartei waren, was nicht stimmt,
- daß sie sich militärisch hätten zur Wehr setzen können, was nicht stimmt,
- daß sie hätten unterjocht werden sollen, was nicht stimmt
und daß die "slawischen Völker", die Hannes Heer zu einer Einheit zusammenrührt, von den Nazis zur Ausrottung bestimmt gewesen wären.
Das stimmt natürlich auch nicht.

Im Rassenkonstrukt der Nazis waren die Slawen die Untermenschen, die versklavt werden sollten; die Juden waren die Gegenrasse, das Ungeziefer, das ausgerottet werden mußte. Der Holocaust war demnach kein Kriegsverbrechen im eigentlichen Sinn. Er war ein Verbrechen im Krieg. Der Krieg war die Bedingung, die die Ausrottung möglich gemacht hat. Federführend war die SS, die Elite-Organisation der Nazis.

Eine Symmetrie besteht übrigens auch deshalb nicht, weil die Nazis auch slawische Verbündete hatten, wie z.B. die Slowakei unter Tiso oder die Ustascha in Kroatien.
Danke für diese Klarstellung, Zunder. Ich hatte ja an anderer Stelle erklärt, dass ich den Begriff der "Asymmetrie des Erinnerns" bei Heer auch für eine unpassende Bemerkung halte. Alle Dinge, die missverständlich sind, sollte man in diesem Kontext (Völkermord durch die Nazis) vermeiden. Stimmt. Dass der Holocaust das größte und schrecklichste Verbrechen der deutschen Nazis war, ist völlig klar. An dieser Singularität gibt es keine Zweifel. Trotzdem sollten wir auch die Slawenfeindlichkeit der Nationalsozialisten im Auge behalten, die ebenfalls zu Massenmorden und großen Opferzahlen führte. Das war weitaus schlimmer als "Versklavung". Und ich glaube nicht, dass mit dem Erinnern an diese Opfergruppen gleichzeitig die Einzigartigkeit des Holocaust geleugnet oder verwässert wird. Ich bitte dich, einmal diesen Wikipedia-Text zu lesen, insbesondere den Abschnitt "Slawenfeindlichkeit im Nationalsozialismus". Dort sind auch entsprechende Quellen angegeben.

Zitat:

Die Eroberung von „Lebensraum im Osten“, zentraler Programmpunkt Hitlers, sollte auf Kosten der slawischen Völker gehen, die als Angehörige einer „minderen Rasse“ definiert wurden. Adolf Hitler schrieb 1928 in seinem „Zweiten Buch“, der nationalsozialistische Staat habe im eroberten Ostland „diese rassisch fremden Elemente...abzukapseln...oder er musste sie überhaupt kurzerhand entfernen.“[9] Besonders Heinrich Himmler und die SS interpretierten die mittelalterlichen Konflikte zwischen Feudalherren deutscher, polnischer und russischer Zunge als „Rassenkampf“ der Germanen gegen die Slawen, Heinrich Himmler hielt sich für die Reinkarnation des gegen die Slawen siegreichen sächsischen Königs Heinrich I.[10] Dies prägte Deutschlands Kriegsplanung und Kriegführung im Zweiten Weltkrieg in Osteuropa. Einige Tage vor dem Überfall auf Polen erklärte Hitler in einer Rede vor Generälen:

„Ziel ist Beseitigung der lebenden Kräfte. Bei Beginn und Führung des Krieges kommt es nicht auf das Recht an, sondern auf den Sieg... brutales Vorgehen, größte Härte.[11]“


https://de.wikipedia.org/wiki/Slawenfeindlichkeit

Nur nebenbei: Warum Wikipedia für die Recherche durchaus gängig, statthaft und üblich ist, hatte ich hier bereits erläutert:

https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... a#p4749632
Zuletzt geändert von Selina am So 17. Mai 2020, 08:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Sungawakan »

Selina hat geschrieben:(16 May 2020, 22:08)

Hier:



Explizit als Völkermord definiert werden in Artikel 2 Handlungen, "die in der Absicht begangen" werden, "eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören". Zu solchen Handlungen zählen nicht nur die gezielte "Tötung von Mitgliedern der Gruppe" sondern auch "die Verursachung von schwerem körperlichen oder seelischem Schaden" und die "vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung" herbeizuführen. Auch die "Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe" oder die "gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe" fallen unter die Definition von Völkermord.


https://m.bpb.de/politik/hintergrund-ak ... konvention
Also haben demnach Australien und die Vereinigten Staaten auch nach dem Zweiten Weltkrieg Völkermord begangen, indem sie die Kinder der Ureinwohner in staatliche Schulen steckten, in denen nur Englisch gesprochen werden durfte und die Kinder an Weiße zur Adoption frei gegeben haben? Ich glaube, da kommt man in diesen Ländern nicht weit mit.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Jessie »

Sungawakan hat geschrieben:(17 May 2020, 08:13)

Also haben demnach Australien und die Vereinigten Staaten auch nach dem Zweiten Weltkrieg Völkermord begangen, indem sie die Kinder der Ureinwohner in staatliche Schulen steckten, in denen nur Englisch gesprochen werden durfte und die Kinder an Weiße zur Adoption frei gegeben haben? Ich glaube, da kommt man in diesen Ländern nicht weit mit.
Die USA hatten sicherlich Gründe, warum sie die Völkermordkonvention erst nach fast 40 Jahren ratifizierten.

Hier ein interessanter Artikel über die Hintergründe zur Entstehung der Völkermordkonvention und das Schachern der Nationen um die Definition des Begriffes „Völkermord“:

https://www.spektrum.de/news/ein-folgen ... ss/1611938
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Jessie »

Auch ich bedanke mich bei User Zunder für den Hinweis, dass es sich im Krieg mit der Sowjetunion um 2 Kriegsparteien handelte, so dass „Völkermord“ wohl nicht die richtige Bezeichnung ist. Allerdings wurden die slawischen Untermenschen nicht nur versklavt, sondern auch getötet und ausgehungert, um aus rassenideologischen Gründen Lebensraum im Osten für die Ariermenschen zu schaffen.
In der Sowjetunion wurde ein Vernichtungskrieg geführt (ein Krieg, dessen Ziel die [völlige] Vernichtung des Gegners ist), der in seiner Dimension und Durchführung bis heute ungeheuerlich einmalig ist, genau wie es der Völkermord an den Juden ist.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von Selina »

Jessie hat geschrieben:(17 May 2020, 09:23)

Auch ich bedanke mich bei User Zunder für den Hinweis, dass es sich im Krieg mit der Sowjetunion um 2 Kriegsparteien handelte, so dass „Völkermord“ wohl nicht die richtige Bezeichnung ist. Allerdings wurden die slawischen Untermenschen nicht nur versklavt, sondern auch getötet und ausgehungert, um aus rassenideologischen Gründen Lebensraum im Osten für die Ariermenschen zu schaffen.
In der Sowjetunion wurde ein Vernichtungskrieg geführt (ein Krieg, dessen Ziel die [völlige] Vernichtung des Gegners ist), der in seiner Dimension und Durchführung bis heute ungeheuerlich einmalig ist, genau wie es der Völkermord an den Juden ist.
Nur als Ergänzung: Der Krieg des nationalsozialistischen Deutschlands gegen die Sowjetunion war ein Überfall schlimmsten Ausmaßes. Ein Aggressionskrieg.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(17 May 2020, 01:50)

Wenn Hannes Heer eine "Asymmetrie" beklagt, setzt er eine Gleichheit der beiden Verbrechen voraus. Sonst ergibt das keinen Sinn.

Ein Vergleich, der eine Gleichheit behauptet, würde implizieren,
- daß die Juden Kriegspartei waren, was nicht stimmt,
- daß sie sich militärisch hätten zur Wehr setzen können, was nicht stimmt,
- daß sie hätten unterjocht werden sollen, was nicht stimmt
und daß die "slawischen Völker", die Hannes Heer zu einer Einheit zusammenrührt, von den Nazis zur Ausrottung bestimmt gewesen wären.
Das stimmt natürlich auch nicht.

Im Rassenkonstrukt der Nazis waren die Slawen die Untermenschen, die versklavt werden sollten; die Juden waren die Gegenrasse, das Ungeziefer, das ausgerottet werden mußte. Der Holocaust war demnach kein Kriegsverbrechen im eigentlichen Sinn. Er war ein Verbrechen im Krieg. Der Krieg war die Bedingung, die die Ausrottung möglich gemacht hat. Federführend war die SS, die Elite-Organisation der Nazis.

Eine Symmetrie besteht übrigens auch deshalb nicht, weil die Nazis auch slawische Verbündete hatten, wie z.B. die Slowakei unter Tiso oder die Ustascha in Kroatien.
Ich stimme Dir nicht zu. Es ist durchaus möglich zu vergleichen ohne gleichzusetzen, was Du ja in Deinem Beitrag auch tust.

Der Holocaust war unter all den monströsen Verbrechen, die Menschen begangen haben, meiner Meinung nach das monströseste und ist mit keinem anderen Verbrechen gleichzusetzen. Es fehlen einem ja nicht umsonst immer wieder die Worte dafür.

Ein Fehler, den wir aber IMO nicht machen sollten, ist, die vielen anderen Opfer des Nazi-Regimes mal so eben als "Kriegsopfer" o.ä. zu deklarieren und zu "vergessen", dass auch sie Opfer eines Verbrechens - und nicht Opfer irgendeiner "legitimen" kriegerischen Auseinandersetzung - waren. Dieser Versuch wird leider immer wieder gemacht (siehe "Kriegspartei" etc.)

So in etwa habe ich Heer verstanden und ich denke, da kann man ihm zustimmen.
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von H2O »

PeterK hat geschrieben:(17 May 2020, 10:31)

Ich stimme Dir nicht zu. Es ist durchaus möglich zu vergleichen ohne gleichzusetzen, was Du ja in Deinem Beitrag auch tust.

Der Holocaust war unter all den monströsen Verbrechen, die Menschen begangen haben, meiner Meinung nach das monströseste und ist mit keinem anderen Verbrechen gleichzusetzen. Es fehlen einem ja nicht umsonst immer wieder die Worte dafür.

Ein Fehler, den wir aber IMO nicht machen sollten, ist, die vielen anderen Opfer des Nazi-Regimes mal so eben als "Kriegsopfer" o.ä. zu deklarieren und zu "vergessen", dass auch sie Opfer eines Verbrechens - und nicht Opfer irgendeiner "legitimen" kriegerischen Auseinandersetzung - waren. Dieser Versuch wird leider immer wieder gemacht (siehe "Kriegspartei" etc.)

So in etwa habe ich Heer verstanden und ich denke, da kann man ihm zustimmen.
Ich nehme aus Zunders Beitrag mit, daß der planmäßige Völkermord an den europäischen Juden ohne jede kriegerische Entwicklung und dadurch bedingte Antriebe zu Ungeheuerlichkeiten ablief. Für den einzelnen betroffenen Soldaten der sowjetischen und polnischen Streitkräfte läßt sich das sicher genau so sagen, aber der Gefangenschaft und der Besatzungszeit gingen immerhin schwere Gefechte voraus.

Das "Volk ohne Raum" hatte sicher sehr viel weiter gehende Pläne im Sinn, etwa große Gebiete freiräumen und Slawen entweder zu germanisieren, zu versklaven oder als dazu ungeeignet zu vernichten. Kann man so bei Ralph Giordano in "Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte" nachlesen. Ralph Giordano hat in einer Riesenfleißarbeit die dazu gehörigen Protokolle der Nazi-Führer zusammen getragen. Ändert nichts an der vergleichbaren Ungeheuerlichkeit der Vorgänge, aber die Auslöser sind doch sehr unterschiedlich!
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Re: Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg

Beitrag von PeterK »

H2O hat geschrieben:(17 May 2020, 10:53)
Ich nehme aus Zunders Beitrag mit, daß der planmäßige Völkermord an den europäischen Juden ohne jede kriegerische Entwicklung und dadurch bedingte Antriebe zu Ungeheuerlichkeiten ablief.
Das nehme ich nicht mit. Der planmäßige Völkermord an den europäischen Juden lief nicht "ohne jede kriegerische Entwicklung" ab. Wenn ich nicht völlig falsch liege, waren ca. 3 Millionen der ermordeten Juden Polen. Das wissen Sie aber vermutlich besser als ich.
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