Skull hat geschrieben:(03 Dec 2019, 14:41)
Und worauf ich...immer und immer wieder hinweise...
Banken können zwar theoretisch soviel „Geld“ durch Buchungen in ihren Bilanzen aus dem „Nichts“ erschaffen...
entscheidend ist aber die Verfügbarkeit des Zentrankbankgeldes.
Denn jeder Kredit [Bilanzverlängerung] will ja auch ausgezahlt werden.
Luftbuchungen alleine...machen keinen Sinn.
mfg
Ich will diese Argumentation noch mal aufgreifen.
In dem politischen Essay vom 17. November wurde dies zunächst einmal ganz ähnlich erklärt (sorry für längeres Zitat)
Im gegenwärtigen Arrangement ist die Geldschöpfung nämlich weitestgehend privaten Firmen überlassen worden. Ganz so, wie es die Ideologie unpolitischen Geldes vorsieht. Private Banken entscheiden heute maßgeblich darüber, wie viel Geld es gibt und für wen und welchen Zweck es geschaffen wird. Grundsätzlich besteht unser Geldsystem aus zwei Sorten von Geld: Zentralbankgeld und Privatbankgeld. Zu dem von der Zentralbank bereitgestellten Geld gehören das Bargeld, aber auch die Kontostände von Banken und Regierungen, die nämlich beide ihre Geschäfte über ein Zentralbankkonto abwickeln. Zwar bezahlen die Deutschen im Vergleich zu vielen anderen Ländern noch ungewöhnlich gerne in Bar, aber größere Zahlungen wie Mieten oder Löhne werden in der Regel über das Girokonto abgewickelt. Auf dem Girokonto befindet sich das sogenannte Giralgeld. Dieses Giralgeld ist ein elektronischer Datenbankeintrag auf den Servern einer privaten Bank. Es ist, anders gesagt, Privatbankgeld. Und in dessen Entstehung liegt der Clou: Dieses Privatbankgeld auf den Girokonten können Banken nach eigenen Vorstellungen erzeugen.
Jedes Mal, wenn eine Bank einen Kredit vergibt, weil ihre Kundinnen und Kunden Häuser oder Autos kaufen oder investieren wollen, entsteht neues Geld. Banken müssen nicht zunächst Geld einsammeln, um es an anderer Stelle verleihen zu können. Sie schaffen diese Mittel selbst, durch eine einfache Buchung auf dem Konto. Schließlich ist das Privatbankgeld nicht mehr als ein Buchungseintrag in einer Datenbank. Es kommt für die Bank lediglich darauf an, das neue geschaffene Geld durch einen neuen Vermögenswert auszugleichen. Dafür verwendet sie aber den Kredit selbst: Wenn jemand einen Kredit beantragt, dann kann die Bank diesen Kredit als Vermögen in ihrem Buchhaltungssystem registrieren und das geliehene Geld als neuen Kontostand der Schuldnerin buchen – also aus dem Nichts erzeugen.
So. Und dann kommts aber:
Dieses Geldschöpfungsprivileg privater Banken ist kein Geheimnis, auch wenn es – wie etwa Umfragen des Soziologen Klaus Kraemer zeigen – nicht wirklich zum allgemeinen Wissensschatz der Bevölkerung gehört. Lange wurde dieses außergewöhnliche Privileg allerdings auch akademisch ignoriert, weil man davon ausging, dass die Zentralbanken die Hoheit über die Geldmenge hätten. In älteren Ökonomielehrbüchern findet man häufig die Behauptung, die Zentralbank würde die Geldschöpfung der privaten Banken wirksam steuern oder wenigstens nach freien Stücken begrenzen können. Schließlich müssen private Banken ihre Geldschöpfung mit einer Mindestreserve an Zentralbankgeld unterlegen. Indem sie die verfügbaren Mittel an Reservegeld rationiert, so die Überlegung, bestimme die Zentralbank doch wohl zumindest indirekt, wie viel Geld geschaffen werden könne. Die formale Abhängigkeit hat allerdings in der Praxis kaum Relevanz, wie zuletzt auch die Zentralbanken in aller Deutlichkeit eingestanden haben. Zumindest in konjunkturell stabilen Zeiten scheren sich private Banken bei ihrer Kreditvergabe wenig um die verfügbaren Guthaben auf ihrem Zentralbankkonto, weil jeder Bedarf an zusätzlichen Mitteln routinemäßig durch Neuschöpfung von Zentralbankgeld ausgeglichen werden kann – und auch wird. Die Zentralbanken haben gar kein Mandat, etwas anderes zu tun; ihre Aufgabe ist, für Preisstabilität und das Funktionieren des Geldsystems zu sorgen. In der Praxis bedeutet das, dass die privaten Banken den Takt der Geldschöpfung vorgeben – und nicht, oder nur in Ausnahmefällen, die Zentralbanken. Auch die Deutsche Bundesbank sagt inzwischen ganz offen, dass wir die Kontrolle über unsere Geldmenge privatwirtschaftlicher Nachfrage und Profitkalkulationen überantwortet hätten – Geld wird geschaffen, wenn Banken ein Geschäft für profitabel halten. Neues Geld bekommt, wer die sichersten Renditen versprechen kann.
Ich habe - wie gesagt, als Nichtfinanzfachmann - zwei Interpretationsmöglichkeiten für derlei Aussagen.
Erstens: Es könnte durchaus so sein, dass - wie Du schreibst - "Luftbuchungen keinen SInn" machen. Dass aber das, was "in älteren Ökonimielehrbüchern" nachlesbar ist, für die aktuelle Welt 2019 so nicht mehr in dem Maße gilt. Und dass eine sinnvolle Finanzpolitik durch eine mehr und mehr sinnlose ersetzt wurde. Der Essay trägt ja auch den bezeichnenden Untertitel "Die Rückkehr des Geldes in die Politik".
Zweitens: Der Essay wurde nicht von einem Ökonomen sondern von einem Sozialwissenschaftler verfasst. Aaron Sahr ist Leiter der Forschungsgruppe "Monetäre Souveränität" am Hamburger Institut für Sozialforschung. Der Schwerpunkt der Forschung wird so zusammengefasst:
Geld wurde lange als rein technisches Mittel zur Erleichterung des Handels betrachtet und deswegen nicht nur vom wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream, sondern auch von den anderen Sozialwissenschaften kaum je zum Thema gemacht. In der Soziologie sprachen manche sogar von einer »Geldvergessenheit«.
Sie aber muss heute als überwunden gelten ...
Dass wir also zwei unterschiedliche Sichten auf das Phänomen Geld haben.
https://www.deutschlandfunk.de/ueber-da ... _id=461184
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)