Bremer hat geschrieben:(12 Sep 2019, 18:48)
Hat jemand vorgestern die Bundestagsdebabatte gesehen? Wärend Weidels Rede schauten alle demonstrativ gelangweilt auf ihre Handys und Tablets. Keine Spur von Bereitschaft zum * offenen und kommunikativen Meinungsaustausch* wie von Kubicki gefordert. Gut so!
Ich finde das nicht so gut. Es ist in Ordnung, auf die Reden der Scharfmacher nicht einzugehen, sie nicht aufzuwerten durch Zwischenrufe und andere Mikroereignisse, die den Unterschied zwischen Politik-Zitat in der Zeitung und Katzenbaby-Artikel machen. Alles gut. Es ist aber nicht in Ordnung, demonstrativ nicht zuzuhoeren. Es gab in diesem Parlament schon viele unwuerdige Momente, etwa der Arschloch-Satz von Joseph Martin Fischer, der ihm selbst am naechsten Tag peinlich war. Die Bezeichnung des gruenen Scharfmachers und RAF-Freundes Otto Schily als "Mini-Goebbels" war auch ungut. Schily wechselte spaeter zur SPD. Das Sitzenbleiben der Unionsabgeordneten 1994 bei der Rede des parteilosen DDR-Dissidenten Stefan Heym (PDS-Liste) war auch keine Glanzleistung. Heym muss damals etwa 80 gewesen sein, als Alterspräsident hatte er traditionsgemaesz die feierliche Eroeffnungsrede zu halten. Er spricht ueber Zetkin und Brandt, ueber seine Flucht aus Deutschland und seine Rueckkehr in US-Uniform. Er spricht von Toleranz, von der Staerke der Demokratie und von Erfahrungen, aus denen man lernen kann, lernen muss. Es ist eine harmlose, kurze Rede, an der kaum ein politisches Lager etwas aussetzen koennte. Ein hoch angesehener alter Mann, Direktmandatsgewinner, Ehrendoktor in Bern und Cambridge, Jerusalem-Preistraeger. Die Union erhebt sich nicht mit allen anderen, sie applaudiert nicht, einige Abgeordnete verlassen unter unflaetigen Rufen den Saal. Einzig Frau Dr. Rita Suessmuth bricht aus diesem Verhalten aus, zeigt offen ihren Missmut ueber dieses erstarrte, dumme Verhalten. Auch Frau Dr. Angela Merkel verhielt sich nicht gut an diesem Tag. Theo Waigel blaettert in irgendwelchen Unterlagen, das muss man wohl unbedingt tun als wichtiger Spitzenpolitiker bei einer zeremoniellen Rede. Dregger macht Grimassen und verschraenkt die Arme. Spaeter verzoegerte die Bundesregierung den ueblichen Abdruck der Rede in den offiziellen Papieren. Ein Vorgang, der zusammen mit der Eroeffnungsfeier selbst auch im Ausland eher kritische Aufmerksamkeit findet. Alles nicht sehr schoen fuer Deutschland. Kein Tag, der "souveraenen" Umgang mit einer Politik vom Rand beweist.
https://www.latimes.com/archives/la-xpm ... story.html
https://www.washingtonpost.com/archive/ ... 35d347623/
Ich wuerde mir wuenschen, dass man die AFD angemessen oft und an passender Stelle kritisiert, dass man sich aber vor allem darueber streitet, wie die richtige Politik ist - mit den Gruenen, mit den Liberalen, mit der SPD, der Union, den Linken und in diesem Zusammenhang, nicht durch Dominanzgesten. Das Thema des Bundestages ist die Politik in Deutschland, nicht irgendeine Partei.