Orbiter1 hat geschrieben:(07 Jun 2019, 11:51)
Da lerne ich gerne dazu, wie lässt sich denn mit einer Rezession der Abfall eines ganzen Landes aufräumen?
Weil dann Reformen notwendig sind. Ein Beispiel wäre hier Griechenland.
Am 2. Mai 2010 beschloss die griechische Regierung ein mit IWF und EU ausgehandeltes Maßnahmenpaket.
Durch folgende Maßnahmen sollten bis 2013 etwa 30 Milliarden Euro eingespart werden:
Einfrierung der Beamtengehälter über 2000 Euro
Reduzierung der Verwaltungsebenen von fünf auf drei
Reduzierung der Stadtverwaltungen von derzeit über 1000 auf 370
Streichung des 13. und 14. Monatsgehalts bzw. der Monatsbezüge im öffentlichen Dienst
Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst: Nur jede fünfte Stelle, die im öffentlichen Dienst frei wird, soll neu besetzt werden. Im Herbst 2011 sollen weitere Stellen gestrichen werden.
Anhebung des durchschnittlichen Rentenalters von 61,3 auf 63,4 Jahre
Anhebung der Mehrwertsteuer von 21 % auf 23 % sowie Erhöhung der Steuern auf Tabak, Spirituosen und Kraftstoff
Streichung der 13. und 14. Monatsbezüge für Rentner
Das griechische Parlament verabschiedete das Sparpaket am 6. Mai 2010.
Nur haben diese Maßnahmen bei weitem nicht ausgereicht. Es ging weiter.
Hauptpunkte des dritten Pakets:
Steuern: Die Vermögensteuer wird angehoben ebenso wie die Mehrwertsteuer für verschiedene Bereiche. Zudem wird eine „Solidaritätssteuer“ eingeführt, Steuerbefreiungen sollen wegfallen.
Löhne: Bis 2015 soll die Zahl der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst um 150.000 reduziert werden, die verbleibenden Beamten müssen länger arbeiten.
Sozialleistungen: Die Vermögen von Leistungsbeziehern sollen überprüft und eine Reihe von Leistungen gekürzt werden.
Verteidigung: Im kommenden Jahr will das Land bei der Rüstung 200 Millionen Euro sparen, von 2013 bis 2015 sollen es dann jährlich 333 Millionen Euro sein.
Gesundheitssystem: 2011 sollen 310 Millionen Euro und weitere 1,43 Milliarden bis 2015 gekürzt werden – etwa durch eine Absenkung der staatlich festgesetzten Preise für Medikamente.
Investitionen: In diesem Jahr sollen 700 Millionen Euro weniger fließen, die Hälfte dieser Summe soll auf Dauer wegfallen.
Privatisierungen: Viele Staatsbetriebe sollen in private Hand wechseln. Zu diesem Zweck wurde am 1. Juli 2011 eine Privatisierungsgesellschaft mit dem Namen Hellenic Republic Asset Develop
Und es ging weiter.
Viertes Sparpaket – Februar 2012
Absenkung des Mindestlohns auf 586 Euro
Absenkung des Mindestlohns für unter 25-Jährige auf 525 Euro
Kürzung der Gehälter bestimmter Berufsgruppen im öffentlichen Dienst rückwirkend zum 1. Januar 2012 um 20 Prozent
Kürzung des Arbeitslosengeldes auf 322 Euro
Kürzung der Renten um 10 bis 15 Prozent
Erhöhung der Selbstbeteiligung bei Medikamenten
Kürzung der Medikamentenkosten staatlicher Kliniken
Einsparungen bei Überstunden der Ärzte
Kürzung der Zuschüsse für Städte und Gemeinden
Sofortige Entlassung von 15.000 Staatsangestellten; bis 2015 150.000
Privatisierung von Staatsbetrieben
Schließung von 200 kleinen, ineffizienten Steuerämtern und Einstellung 1000 neuer Steuerkontrolleure
Kürzung der Militärausgaben um 600 Millionen Euro bis 2015
Und es ging weiter.
Fünftes Sparpaket – November 2012
Im November 2012 billigte das griechische Parlament ein erneutes Sparpaket in Höhe von 13,5 Milliarden Euro, welches Kürzungen bei Renten, Gehältern, im Gesundheits- und Sozialwesen sowie Streichungen von Kinder- und Weihnachtsgeld vorsieht.
Renten von 1.000 Euro aufwärts werden um 5 bis 15 % gesenkt
Weihnachtsgeld für Rentner wird abgeschafft
Das Rentenalter wird für alle von 65 Jahre auf 67 Jahre angehoben
Abfindungen für entlassene Arbeitnehmer werden gesenkt
Streichung von Weihnachts- und Urlaubsgeld für Staatsbedienstete
Kürzung Löhne und Gehälter um 6 bis 20 % für Staatsbedienstete
Bis Ende 2012 sollen 2.000 Staatsbedienstete in die Frühpensionierung
höhere Eigenbeiträge beim Kauf von Medikamenten
Krankenhausreform
Angleichung Gehälter der Angestellten öffentlich-rechtlicher Betriebe an denen der Staatsbediensteten
keinen Anspruch auf Kindergeld bei mehr als 18.000 Euro Familieneinkommen pro Jahr
Und es ging weiter.
Sechstes Sparpaket – April 2013
Die Regierungskoalition in Griechenland einigte sich im April 2013 auf neue Sparvorschläge im Rahmen ihrer Reformvorhaben.
Reform der Öffentlichen Verwaltung (englisch: public administration reform)
die Personalplanung (englisch: staffing plan) sieht vor, eine große Zahl an Staatsbediensteten zu entlassen:
bis Ende 2013 sollen im öffentlichen Dienst 4.000 Stellen (kumuliert) gestrichen werden
bis Ende 2014 sollen insgesamt 15.000 Beamte (kumuliert) gehen
dieses Reformvorhaben soll durch Evaluierung (englisch: evaluation), eine vernünftige Umverteilung des Personals durch dessen Mobilität (englisch: rational reallocation of personnel through mobility) und eine qualitative Erneuerung durch Entlassungen (englisch: quality renewal through exits) erreicht werden. Kriterien für etwaige Entlassungen und konkrete Planwerte finden sich auf den Seiten 130 und 231f. der Abhandlung „The Second Economic Adjustment Programme for Greece – Second Review May 2013“
es soll „eine neue Grundbesitzsteuer erhoben werden“
Und es ging weiter.
Siebtes und weitere Pakete ab August 2016
Nicht-Pharmazeuten können Apotheken eröffnen
Brot dürfen neben Bäckereien alle Einrichtungen verkaufen
Zugang zum Ingenieurs- und zum Notarberuf wird gelockert
Landwirte verlieren Preisnachlässe auf Treibstoff
Reeder bekommen bis 2020 eine höhere Tonnagesteuer
Freiberufler und Händler müssen ihre gesamte Einkommensteuer im Voraus begleichen
Frühverrentungen mit 50 oder 55 Jahren werden abgeschafft
Reform der Öffentlichen Verwaltung
Als Maßnahmen zur Reform der öffentlichen Verwaltung wurden seit 2010 frei werdende Stellen nicht mehr besetzt und ein Teil der zahlreichen befristeten Verträge im öffentlichen Dienst nicht weiter verlängert, so dass schon zwei Jahre später der öffentliche Dienst bereits ohne Massenentlassungen um ca. 55000 auf gut 700.000 Angestellte geschrumpft war. Im Mai 2012 trat der parteilose Antonis Manitakis seinen Posten als Minister für die Reform der öffentlichen Verwaltung in der Regierung Samaras an. Im Frühjahr 2013 forderte der Leiter der Troika-Delegation des IWF, Poul Mathias Thomsen, die Entlassung von weiteren 15.000 Angestellten, davon 4.000 sofort. Daraufhin wurden im Juni 2013 die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt geschlossen, Lehrer, Ärzte und Schulinspektoren kollektiv entlassen. Die Verwaltungsreform wurde dagegen nicht weiter verfolgt, und Manitakis trat zurück.
https://de.wikipedia.org/wiki/Griechisc ... nd_des_IWF
In Bezug auf Deutschland ist so etwas aber nicht notwendig.