Es gibt in Pascal Merciers "Perlmanns Schweigen" eine Einlassung des Protagonisten über seine amerikanischen Linguistik-Kollegen, der irgendwo in einer Pause mit anderen über die Todesstrafe schwadroniert. Für die Todesstrafe zu plädieren ohne selbst von dem Fall betroffen zu sein, so Perlmanns Gedankengang, sei pervers.
Fälle wie dieser sind für diejenigen, die das lesen und empathiefähig sind, also die ganz große Mehrheit der Menschen, schwer zu ertragen. Die Vorstellung ist entsetzlich, und sie zeigt u.a. auch die eigene Hilflosigkeit angesichts der Bestialität, zu der Menschen nun einmal fähig sind. Aber wer nun glaubt, dies dadurch lindern zu müssen, dass er diese gefühlte Hilflosigkeit dadurch abbaut, dass er sich das Sterben des Hingerichteten ausmalt, verbleibt eben in der archaischen Welt, in der Gewalt eine Lösung bietet. Es ist klar: Diese Art der psychischen Entlastung durch Rache in Form von Gegengewalt ist eine anthropologische Konstante und schwer abzutrainieren, obwohl es da schon ein paar zivilisatorische Fortschritte bei allerdings nach wie vor hauchdünner Zivilisationsdecke gibt.
Wer einen basalen Satz der Ethik unterstützt:
Du sollst kein wehrloses menschliches Leben gegen seinen Willen nehmen, kann die Todesstrafe nicht unterstützen. In Gesellschaften wie China oder Japan, in denen die Stellung des einzelnen Menschen sich völlig von unserem Bild des Menschen und der Gesellschaft unterscheidet, wäre das allerdings keine zustimmungsfähige Norm, weil dort auch das Leben des einzelnen weniger absolut gewichtet wird wie im bei uns. In den USA auch nicht, weil dort wiederum das Strafen als reine Vergeltung angesehen wird.