Einfluss von Demonstrationen

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Watchful_Eye
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Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von Watchful_Eye »

"Save your Internet" hat zwar in sozialen Netzwerken für allerhand Wirbel gesorgt, konnte Artikel 13 aber letztlich nicht verhindern. Die "Fridays for Future" haben anscheinend auch noch keinen Sinneswandel in der Regierung ausgelöst. Wird der Einfluss von Demonstrationen überschätzt?

Ich denke, 2 Faktoren spielen dabei auf jeden Fall eine Rolle: Der Hebel bei den regierenden Parteien ist letztendlich die Wahlstimme. Die Parteien müssen den Eindruck bekommen, sie könnten in signifikantem Ausmaß Wähler verlieren, wenn sie auf die Forderungen der Demonstranten nicht einlenken. Ein anderer Faktor ist mediale Aufmerksamkeit. So gab es in den Jahren 2015 und 2016 große Demonstrationen gegen TTIP mit teils über 100.000 Teilnehmern. Dennoch erhielten die Pegida-Demonstrationen weitaus mehr (kritische) Aufmerksamkeit durch die Medien.

Eine andere Frage wäre dann noch, ob eine starke Orientierung der Politik an Demonstrationen überhaupt sinnvoll wäre. Bei polarisierenden Themen kann es möglicherweise einer Seite gelingen, eine große Menschenmenge hinter sich zu versammeln, ohne dabei überhaupt eine klare Mehrheit zu stellen. Andererseits bedarf es gegebenenfalls einer stärkeren Überzeugung, um dafür wirklich auf die Straße gehen zu wollen. Sind politische Meinungsumfragen die zuverlässigeren Indikatoren, wenn man der Meinung des Volkes gerecht werden will?
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Humelix33
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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von Humelix33 »

Der Einfluss hängt klar von der Teilnehmerzahl ab.

Richtig ins Schwitzen würden die Regierenden, meiner Meinung nach, erst ab einer hohen sechsstelligen Anzahl kommen, was z.B. nationale Themen angehen. Geht es um ein EU Thema, müssten überall innerhalb der EU, insgesamt Millionen auf die Straße, bis es wirklich Wirkung zeigt.

Ist ja auch verständlich, wie soll es auch Eindruck machen (sollen), wenn "nur" 300 Leute, wegen einem Thema demonstrieren, und meinen die Welt habe sich gegen xy verschworen.

Pegida war ein Sonderfall, weil man doch erstaunt war, das es doch offen Leute gab, die die Entscheidung von Merkel 2015 nicht so toll fanden, dann aber äußerst aggressiv und wie in "alten Zeiten" Parolen rausgehauen haben. Ein genereller Unmut war bei dem Thema schon in der bürgerlichen Mitte zu spüren, aber nie der Drang sich zu radikalisieren, habe es auch im entsprechenden Thread bereits geschrieben.

Ansonsten wird man bei den EU-Wahlen sehen, ob die Verabschiedung von Artikel 13 Auswirkungen auf das Abschneiden der CDU/CSU haben wird, möglich ist es, muss aber nicht.
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Fliege
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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von Fliege »

Watchful_Eye hat geschrieben:(07 Apr 2019, 17:54)
"Save your Internet" hat zwar in sozialen Netzwerken für allerhand Wirbel gesorgt, konnte Artikel 13 aber letztlich nicht verhindern. Die "Fridays for Future" haben anscheinend auch noch keinen Sinneswandel in der Regierung ausgelöst. Wird der Einfluss von Demonstrationen überschätzt?
[...]
Sind politische Meinungsumfragen die zuverlässigeren Indikatoren, wenn man der Meinung des Volkes gerecht werden will?
Eine dritte Alternative finde ich bedenkenswert. Demnach wären Volksentscheide geeignet, um der Meinung des Volkes gerecht(er) zu werden.
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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von Adam Smith »

In Bezug auf die Atomenergie hatten Demos einen grossen Erfolg. Wobei natürlich auch eine Partei damit Druck gemacht. Auch die Teilnahme Deutschlands am Irakkrieg im Jahr 2003 könnte durch die Demonstrationen verhindert worden sein. Das Ende der DDR wurde auch durch Massendemos bewirkt.

Gibt es jetzt eigentlich noch mehr Beispiele für geglückte Demonstrationen?
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Quatschki
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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von Quatschki »

Adam Smith hat geschrieben:(07 Apr 2019, 18:24)
Gibt es jetzt eigentlich noch mehr Beispiele für geglückte Demonstrationen?
Die Abdankung des Kaisers?
Humelix33
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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von Humelix33 »

Quatschki hat geschrieben:(07 Apr 2019, 18:41)

Die Abdankung des Kaisers?
Welcher Kaiser?

Wilhelm II. kann es nicht sein, da er auf Drängen der Sieger abdanken musste, vor allem auf Drängen von Wilson. Ohne der Situation an der Front, hätte es keine Abdankung gegeben, da kann die SPD sich noch sehr auf den Matrosenaufstand stürzen und sich feiern lassen wollen, nachdem man erst dem Kriegseintritt mit zugestimmt hatte.

Die Erfolge wurden ja bereits erwähnt, bzgl. der Atomenergie z.B., da haben die Grünen die Zeichen der Zeit erkannt, auch mit dem Klimawandel. Da es deutlich spürbar wird, werden solche Parteien noch zugänglicher, weil alle anderen Parteien das eher in den Hintergrund geschoben haben.

Ansonsten sind wir Deutsche eher demonstrationsfaul, wenn man bedenkt, was in Frankreich los ist, wenn die Bürger richtig Wut wegen einer Thematik haben, dann geht man gleich auf die Straße, und in vielen Fällen hat man auch immer Erfolg gehabt. Außer bei Macron jetzt, der zeigt, das er einer, der Resistenten ist, und alles andere, als zugänglich. Bei uns Deutschland wird nur hinter der Tür gemeckert, aber aktiv auf die Straße gehen, entweder ist das Wetter zu schlecht und man kann krank werden, oder das Wetter ist zu schön und man genießt lieber die Sonne, in Ausreden, um sich vor Demonstrationen, bei großen Themen drücken zu wollen sind wir klar Weltmeister.
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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von Adam Smith »

Quatschki hat geschrieben:(07 Apr 2019, 18:41)

Die Abdankung des Kaisers?
Hatte zu dem Zeitpunkt schon wenig zu Sagen.
Diese machten später die Abdankung des Kaisers zur Bedingung für die Eröffnung von Friedensverhandlungen. Ab 1917 hatte Ludendorff eine faktisch diktatorische Position. Auf weitere Reichskanzlerwechsel nahm Wilhelm II. keinen Einfluss, die 1918er Reform der Reichsverfassung in Richtung auf eine parlamentarische Monarchie wurde ohne ihn versucht. Die „stille Diktatur der OHL“ war auch durch die Schwäche Kaiser Wilhelms bedingt, der in den beiden letzten Kriegsjahren immer hilfloser agierte, was die Position der OHL stärkte.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Wilhelm ... hes_Reich)
Das ist Kapitalismus:

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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von Gen_Y »

Humelix33 hat geschrieben:(07 Apr 2019, 18:01)

Ansonsten wird man bei den EU-Wahlen sehen, ob die Verabschiedung von Artikel 13 Auswirkungen auf das Abschneiden der CDU/CSU haben wird, möglich ist es, muss aber nicht.
Es wird überhaupt keine Auswirkungen auf die Union haben.

Umfrage: https://www.wahlrecht.de/umfragen/europawahl.htm

Demos sind absolut sinnlos. Wenn eine Bewegung etwas verändern will, dann braucht sie unbegrenzt Geld (La République en Marche, Trump) oder ein Druckmittel (Grüne-Tschernobyl).
"Skolstrejk för Klimatet", "Wir sind das Volk" oder "No TTIP" würde mich als Politiker mit Richtlinienkompetenz 0,0 interessieren.

Die heutige Jugend ist leider sehr dämlich. Jetzt wählen sie wegen Artikel 13 die Piraten oder die Partei. Die senden dann jeweils 2 fraktionslose Vögel ins EU-Parlament.
Die müssten es so wie die 68er machen. In die großen Parteien eintreten und von innen unterwandern.
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Progressiver
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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von Progressiver »

Gen_Y hat geschrieben:(08 Apr 2019, 16:13)

Es wird überhaupt keine Auswirkungen auf die Union haben.

Umfrage: https://www.wahlrecht.de/umfragen/europawahl.htm

Demos sind absolut sinnlos. Wenn eine Bewegung etwas verändern will, dann braucht sie unbegrenzt Geld (La République en Marche, Trump) oder ein Druckmittel (Grüne-Tschernobyl).
"Skolstrejk för Klimatet", "Wir sind das Volk" oder "No TTIP" würde mich als Politiker mit Richtlinienkompetenz 0,0 interessieren.

Die heutige Jugend ist leider sehr dämlich. Jetzt wählen sie wegen Artikel 13 die Piraten oder die Partei. Die senden dann jeweils 2 fraktionslose Vögel ins EU-Parlament.
Die müssten es so wie die 68er machen. In die großen Parteien eintreten und von innen unterwandern.
Die 68er haben vielleicht noch bis zum Ende der 1970er an die Sozialliberale Koalition geglaubt. Tatsächlich aber haben sie später eine eigene Partei gegründet. Es waren die Grünen. Das Beispiel der Piraten zeigt, dass der Erfolg nicht auitomatisch vorprogrammiert ist, wenn man eigene Fehler macht. Aber die alten Parteien sind langfristig am Ende. Welchen Sinn sollte es machen, diese Gerontokratien weiter leben zu lassen? Neue Parteien braucht das Land!

Und der Schulstreik macht natürlich schon Sinn. So kriegen die mündigen Schüler nicht nur Aufmerksamkeit. Sie können auch mit Hilfe der Wissenschaftler aufzeigen, dass der Klimawandel sehr wohl zu stoppen wäre. Nur die Politiker sind nicht gewillt, zu handeln. Die Gerontokraten in der Union und der SPD wird das zunächst nicht einschüchtern. Doch ihnen sterben bald die Mitglieder weg. Die nachfolgenden Generationen werden anders wählen.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

"Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, dem wird bald jedes Problem zum Nagel."
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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von rain353 »

Progressiver hat geschrieben:(09 Apr 2019, 00:18)

Die 68er haben vielleicht noch bis zum Ende der 1970er an die Sozialliberale Koalition geglaubt. Tatsächlich aber haben sie später eine eigene Partei gegründet. Es waren die Grünen. Das Beispiel der Piraten zeigt, dass der Erfolg nicht auitomatisch vorprogrammiert ist, wenn man eigene Fehler macht. Aber die alten Parteien sind langfristig am Ende. Welchen Sinn sollte es machen, diese Gerontokratien weiter leben zu lassen? Neue Parteien braucht das Land!

Und der Schulstreik macht natürlich schon Sinn. So kriegen die mündigen Schüler nicht nur Aufmerksamkeit. Sie können auch mit Hilfe der Wissenschaftler aufzeigen, dass der Klimawandel sehr wohl zu stoppen wäre. Nur die Politiker sind nicht gewillt, zu handeln. Die Gerontokraten in der Union und der SPD wird das zunächst nicht einschüchtern. Doch ihnen sterben bald die Mitglieder weg. Die nachfolgenden Generationen werden anders wählen.

Die Grünen hatten zu ihrer Anfangszeit auch sehr vernünftige Positionen und Ideale bis sie auch unterwandert wurden....

Unter den Alt 68er gab es nicht nur Spinnerwie man an Petra Kelly und Rudi Duschke sah. Zufälligerweise wurden beide umgebracht.......
"Es ist nichts so klein und wenig, woran man sich nicht begeistern könnte." - Friedrich Hölderlin
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imp
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Re: Einfluss von Demonstrationen

Beitrag von imp »

Ich denke mal, dass gewöhnliche Demos heutzutage wenig bewirken. Selbst auf wohlmeinende Außenstehende wirken sie oft eher befremdlich, in den Medien dringt man damit wenig durch und die längerfristigen politischen Kalkulationen beeinflussen sie auch nicht. Eine Mitgliedschaft im ADAC oder im JFDA ist vermutlich aussichtsreicher, wenn du Politiker umdrehen willst, als irgendwo wöchentlich langzulatschen.
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