sunny.crockett hat geschrieben:(14 Apr 2019, 09:08)
Sprache lernt man immer am Besten, wenn man sich mit der einheimschen Bevölkerung einläßt, sich integriert. Das ist aber dann wieder das Problem, wenn die Zuwanderer größtenteils in ihrere Parallelgesellschaft leben wollen und Kontakt scheuen.
Auf den ersten Blick mag diese "Entweder/Oder"-Denkschiene stimmig sein - aber es gibt auch die "Trotzdem"-Variante. Uns selbige düfte mMn sogar die Mehrheit repräsentieren.
Mit "Trotzdem"-Variante meine ich, dass die Zugewanderten u. a. sehr wohl ausreichend bis sehr gut deutsch sprechen und somit Integrationsvoraussetzungen erfüllen - aber eben trotzdem keinerlei Gebrauch davon machen bis machen wollen. Das muss nicht zwingend bedeuten, dass sie Integration in die neue/andere Gesellschaft bewusst ablehnen oder dieser feindlich gesinnt sind; vielleicht sehen z. B. einfach keine entsprechende Notwendigkeit dazu. Bspw. weil ausreichend Landsleute vorhanden sind (= Parallelgesellschaften), unter welchen man sich bewegen kann.
Letztes Jahr hatte ich diesbezüglich mal ein mir zufällig bewusst gewordenes Erlebnis, als ich im Aldi war und mir gleich nach Betreten des Ladens auffiel, dass die anderen Kunden sich nur in Sprachen unterhielten, welche ich nicht verstand. Und tatsächlich hörte ich erst an der Kasse, von der Kassiererin, erst wieder deutsche Worte. Ansonsten konnte ich während meines ca. 20 minütigen Aufenthalts "erhören": Russisch, Türkisch, Arabisch, Italienisch, Griechisch irgendeine jugoslawische Sprache, Chinesisch, Englisch.
Hinterher habe ich mir darüber Gedanken gemacht: Können die alle kein deutsch, oder wollen die kein deutsch sprechen? Und wenn sie deutsch sprechen können, warum machen sie dann keinen Gebrauch davon?
Kommen sich diese Menschen nicht "komisch" vor, in Deutschland (womöglich noch als deutsche Staatsbürger!) nicht die deutsche Sprache zu sprechen? Wie wäre das in deren Heimatländern, wenn dort Zugewanderte sich der jeweiligen Landessprache "verweigerten"?
Und abseits von bestimmten Orten, bspw. eben einem Aldi, wo viele Menschen aufeinandertreffen, erschreckt mich auch immer wieder diese "Selbstverständlichkeit", wie Zugewanderte, oder Deutsche mit Migrationshintergrund, ihre Fremdsprachigkeit "ausleben". Sie unterhalten sich bspw. lautstark über die Straße hinweg und es kümmert sie dabei offenbar herzlich wenig, dass sie damit im Grunde die allein deutschsprachige Gesellschaft ausschließen. Diese "Normalität" ist mir nicht geheuer...
Andererseits gehört Fremdsprache auch irgendwie dazu - z. B., wenn ich zum Italiener Essen gehe und das Personal dort würde nicht via italienischer Sprache eine ganz bestimmte Atmosphäre schaffen, dann wäre es einfach nicht mehr dasselbe. Aber es kann dagegen nicht sein, dass bestimmte Gruppen von Zugewanderten oder Deutschen mit Migrationshintergrund uns Deutschen, bspw. infolge der Flüchtlingsaufnahme, Vorhaltungen machen bzgl. Integration, weil sie Angst haben vor "Identitätsverlust" aufgrund neuer fremder/ausländischer Einflüße (z. B. eben Sprache), aber selbst nicht einmal gewillt sind, in Deutschland deutsch zu sprechen (sondern nur, wenn es nötig ist), weil sie sich in der Regel unter Landsleuten bewegen und ganzheitliche Integration nur bedingt/temporär notwendig erscheint.
Ich meine diesbezüglich im Besonderen die Russen - in meiner Stadt gibt es zwei Russenviertel und bei den vergangenen Landtags- und Bundestagswahlen kamen aus diesen Vierteln ~50-70% Stimmen für die AfD (während es ansonsten nirgendwo mehr als ~15% waren!); also herrscht unter der russischstämmigen Bevölkerung meiner Stadt die größte Angst vor Flüchtlingen und fremden Einflüßen (unbedingt erwähnt sei hier, dass unsere örtliche AfD die Russen gezielt auf kyrillisch umwarb!). Aber selbst haben sich bereits in den 90ern in eben diesen Vierteln "zusammengerottet" und eine Parallelgesellschaft gebildet. Im unserem russischen Supermarkt ist es nicht erwünscht, dass deutsch gesprochen wird - das war auch schon lange vor der der Flüchtlingskrise so. Ein Tanzlokal mit russischen Eigentümern darf nur von russischen Staatsbürgern betreten werden, bei entsprechender Security müssen die Ausweise vorgezeigt werden. Deutschen Staatbürgern wird der Zutritt damit verweigert - auch das ist keine Folge der Flüchtlingskrise, sondern bereits seit Anfang der Nullerjahre die (hiesige russische) Regel.
Ich kann freilich nicht für alle Russen in Deutschland sprechen und betrifft ganz bestimmt auch nicht ausschließlich die Russen in Deutschland, aber man kann sich tatsächlich auch trotz erfolgreicher integrativer Massnahmen der endgültigen Integration verweigern. Und wenn wir schon den Integrationswillen der Flüchtlinge hinterfragen, sollten wir selbiges auch mal bei unseren sonstigen ausländischen Mitbürgern und jenen, mit Migrationshintergrund, tun. Aber bitte sachlich und unaufgeregt - also nicht auf AfD-Niveau!
"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen." Erich Kästner