Universum oder Multiversum?

Moderator: Moderatoren Forum 7

Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3462
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

Fliege hat geschrieben: Imre Lakatos schlug für solche umfassenden Konzeptionen, Hypothesen oder Theorien, sofern sie noch stark spekulativ sind, den Terminus "wissenschaftliche Forschungsproramme" vor. Früher hätte man von "Metaphysik" gesprochen, was man auch heute noch tun kann.
Kann ich nicht nachvollziehen.
Selbst hochspekulative Theorien können irgendwann bestätigt oder widerlegt werden. Metaphysik bleibt aber immer Metaphysik.
Arbeit. Leben. Zukunft.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:18)
Wenn Du schreibst, dass die Theorie von Linde sich mit wissenschaftlichen Methoden zumindest ansatzweise falsifizieren lässt, dann mag diese wissenschaftlich sein (nicht zu verwechseln mit wissenschaftlich nachgewiesen oder gar Lehrmeinung - einfach nur im Rahmen der Wissenschaft behandelbar). Für Theorien die sich der Falsifizierbarkeit entziehen, gilt das mE nicht. Da können wir gerne auf den Vorschlag von Fliege zurückgreifen.
Benutzeravatar
Fliege
Beiträge: 7323
Registriert: Sa 26. Mai 2018, 00:15

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 23:14)
Kann ich nicht nachvollziehen.
Selbst hochspekulative Theorien können irgendwann bestätigt oder widerlegt werden. Metaphysik bleibt aber immer Metaphysik.
Die Vorstellung, Metaphysik bleibe immer Metaphysik, ist eine altehrwürdige und heute überwundene Vorstellung von Metaphysik. (Von der Verwendung des Begriffes "Metaphysik" hängt in diesem Zusammenhang jedoch nichts ab.)
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3462
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

keinproblem hat geschrieben: Ich würde andere Universen und die Vergangenheit in der Hinsicht aber allein schon deswegen nicht vergleichen wollen, als dass das für voll nehmen der Vergangenheit eine philosophische Grundvoraussetzung der Empirie ist.
Ist das wirklich so? Was würde sich denn ändern, wenn die Welt vor 10min entstanden wäre, inklusive uns und all unserer Erinnerungen? Wir würden doch immernoch dieselben Naturgesetze aufstellen und dieselben Experimente machen wollen (für uns sähe/sieht ja alles genau gleich aus).
Wie dem auch sei. Das wäre dann ein metaphysisches Argument für die Existenz der Vergangenheit und kein naturwissenschaftliches.
keinproblem hat geschrieben: Da sein Instrument allerdings schon die Prämisse mit sich bringt, dass das was er sieht auch wirklich so ist wie er es sieht, wird er wohl auf eine tiefere Metaebene eingehen müssen.
Richtig. So weit wollte ich an dieser Stelle aber nicht gehen.
Wenn wir Occams Razor als ein Merkmal der wissenschaftlichen Vorgehensweise betrachten, wäre das, was der Forscher durch sein Mikroskop sieht eben identisch mit der Wirklichkeit. Alle weiteren Annahmen machen es nur komplizierter.
Das gilt natürlich auch für die Existenz der Vergangenheit oder die von anderen Universen, vorausgesetzt die entsprechende Theorie ist hinreichend belegt.
keinproblem hat geschrieben: Würde Occams Konzept hier nicht erst greifen, wenn das Linde Modell die plausibelste Erklärung für den Urknall wäre?
Ja, schon. Meine Aussagen waren im Konjuktiv gemeint. Aktuell ist das Modell der ewigen Inflation sehr spekulativ. Trotzdem ist es eine wissenschaftliche Hypothese und nicht Metaphysik, weil es eben falsifizierbare Vorhersagen macht. Die Möglichkeit anderer Universen ist eine Konsequenz aus der Theorie.


Skeptiker hat geschrieben: Wenn Du schreibst, dass die Theorie von Linde sich mit wissenschaftlichen Methoden zumindest ansatzweise falsifizieren lässt, dann mag diese wissenschaftlich sein
Ich will jetzt nicht diese Theorie besonders breit treten, da, wie schon gesagt, die letzten experimentellen Test eher gegen sie sprachen (was ja gerade ihre Falsifizierbarkeit belegt). Es ist nur ein Beispiel für eine Theorie, die wissenschaftlich ist und dabei das Multiversum impliziert. Wenn du nun ohne das Multiversum auskommen wolltest, müsstest du eine Theorie finden, die dasselbe leistet und dabei nicht komplizerter ist.
Bis dahin wäre die Annahme des Multiversums nach Occam geboten. Genau, wie die Annahme der Vergangenheit geboten ist.

Diese Aussagen sind unabhängig von der speziellen Hypothese von Linde. Selbst wenn diese vollständig widerlegt wird, zeigt es, dass es prinzipiell möglich ist eine wissenschaftliche Theorie, die ein Multiversum impliziert aufzustellen (gerade die die Widerlegung zeigt ihre Wissenschaftlichkeit).
Arbeit. Leben. Zukunft.
Benutzeravatar
Zunder
Beiträge: 7443
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 15:00

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Zunder »

Die Vergangenheit ist keine physikalische Größe.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:18)

Ich habe gar kein Problem. Es geht hier um die Frage, ob eine Hypothese, die die Existenz eines Multiversums impliziert, als naturwissenschaftliche Theorie gelten kann.
Als Gegenargument wird angeführt, dass die anderen Universen nicht direkt nachweisbar wären. Ich stelle nun die Frage, was genau das bedeuten soll und vergleiche es mit der Vergangenheit, die auch nicht direkt nachweisbar ist. "Nicht direkt nachweisbar" bedeutet hier, dass wir zwar über unsere Theorien eine Vergangenheit implizieren, wir sie aber nicht direkt sehen, da wir eben nicht in der Zeit zurückgehen können.
Dies ist analog zu einer Theorie mit anderen Universen. Diese sehen wir auch nicht direkt.
Ja, aber schon das Modell "Multiversum" ist so angelegt, dass es mit einem Paralleluniversum keine Verknüpfung durch irgendeine physikalische Wechselwirkung zu geben hat. Während das Modell "Zeit", also Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft duchaus physikalische Wechselwirkungen, insbesondere Kausalverknüpfungen zulässt und einschließt. Wie immer die Wirklichkeit auch tatsächlich beschaffen ist: Die Modelle jedenfalls unterscheiden sich bereits fundamental.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
BlueMonday
Beiträge: 3794
Registriert: Mo 14. Jan 2013, 17:13
user title: Waldgänger&Klimaoptimist

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Jan 2019, 20:56)

Das Problem ist, dass man sich "andere Universen" nur so denken kann, dass es keinerlei Wechselwirkungen mit "unserem Universum" gibt, Gäbe es sie, wären es keine anderen Universen sondern gehörten zu dem unsrigen. Sprich: Weder Nachweise noch Widerlegungen von Eigenschaften einschließlich der der Existenz sind möglich. .
Die Frage ist dann: Wenn keinerlei Daten zwischen diesen Welten wechseln können, welchen Sinn oder Nutzen oder welches Ziel hat dann das ganze Nachdenken darüber? Wir werden ja nie mehr als "unsere Welt" beobachten oder messen können.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(14 Jan 2019, 13:41)

Die Frage ist dann: Wenn keinerlei Daten zwischen diesen Welten wechseln können, welchen Sinn oder Nutzen oder welches Ziel hat dann das ganze Nachdenken darüber? Wir werden ja nie mehr als "unsere Welt" beobachten oder messen können.
Ja. Genau das fragen sich die Kritiker dieses Modells auch.

Wir haben keine Erklärung für die Größe von dimensionslosen Konstanten wie die des Verhältnisses von Elektronenmasse zu Protonenmasse oder die der Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung. Ja, aber wo befinden wir uns denn? Es ist gerade mal um die hundert Jahre her, dass man überhaupt Kenntnis darüber erlangte, dass es sowas wie Elektronen und Protonen überhaupt gibt. Ein Augenblinzeln in kosmischen Dimensionen.

Das Multiversum-Modell war ursprünglich einmal als Viele-Welten-Interpretation der Quantentheorie ersonnen worden, um die Vorstellung einer deterministischen Uhrwerk-Welt, eines Laplaceschen Dämons zu retten. Das hat womöglich mehr mit Religionsgeschichte und mit Verhaftetsein an einer religiös geprägten Weltsicht als mit Wissenschaft zu tun.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
syna
Beiträge: 849
Registriert: Fr 30. Okt 2015, 08:04

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von syna »

BlueMonday hat geschrieben: Die Frage ist dann: Wenn keinerlei Daten zwischen diesen Welten wechseln können, welchen Sinn oder Nutzen oder welches Ziel hat dann das ganze Nachdenken darüber? Wir werden ja nie mehr als "unsere Welt" beobachten oder messen können.
schokoschendrezki hat geschrieben:(14 Jan 2019, 14:42)
Ja. Genau das fragen sich die Kritiker dieses Modells auch.
Und deshalb ist das auch mehr eine Frage des Glaubens. Eine Frage, die mehr in den Bereich von "Religion"
gehört: Man kann daran glauben, dass es Multiversen gibt. Man kann aber auch glauben, dass es
sie nicht gibt. Beweisen wird man das aber nie können - es ist genauso wie mit "Gott".
schokoschendrezki hat geschrieben:(14 Jan 2019, 14:42)
Wir haben keine Erklärung für die Größe von dimensionslosen Konstanten wie die des Verhältnisses von Elektronenmasse zu Protonenmasse oder die der Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung.
Dies ist aber ganz etwas anderes. Denn die Konstanten können wir ja messen - es könnte
ja sogar sein, dass ein neues, besseres Modell als das derzeitige Standardmodell einige
Naturkonstanten erklären könnte, d.h. aus anderen Konstanten herleiten könnte.
--~~/§&%"$!\~~--
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Senexx hat geschrieben:(13 Jan 2019, 11:53)

Wissenschaft arbeit mit Modellen. Wenn unsere Modelle zum Beispiel Schwarze Löcher und Und Wurmlöcher annehmen (müssen), folgt daraus, dass man sich Gedanken machen muss, was dahinter sein könnte. Es ist die logische Weiterentwicklung von Hypothesen und Theorien. Dass sie sich des physikalischen Experiments (noch) entziehen, ist irrelevant.
Mal unabhängig davon, dass ich die Multiversen-Theorie für plausibel halte, ist das Gedanken machen keine Wissenschaft.
Ebensowenig ist der Glaube daran, dass etwas zukünftig durch Experimente bewiesen werden könne, keine Wissenschaft.
Denn das würde ja implizieren, das alles als Wissenschaft zählt, von dem nicht widerlegt werden könnte, was ist in Zukunft bewiesen werden kann.
Wie sollte ein solcher Nachweis denn erbracht werden?
Der Bringschuld ist immer derjenige, der eine Behauptung aufstellt!
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Fliege hat geschrieben:(13 Jan 2019, 13:57)

Bei einer Erklärung oder Theorie, die nicht oder noch nicht prüfbar ist, handelt es sich um Metaphysik (siehe Karl Popper und andere). So war Demokrits Atomtheorie in der Antike noch Metaphysik, ist jedoch in der Neuzeit zu einer Wissenschaft geworden.

Darauf ist bereits hingewiesen worden.
Nur ist eine Metaphysik eben nicht Wissenschaft, sondern eher Philosophie.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Es ist kein "Gedanken machen", sondern Hypothesen- und Theoriebildung.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Senexx hat geschrieben:(15 Jan 2019, 08:43)
Es ist kein "Gedanken machen", sondern Hypothesen- und Theoriebildung.
Ja, es ist eine Theorie. Es ist aber keine wissenschaftliche Theorie, solange man davon ausgehen muss, dass es sich der Falsifizierbarkeit entzieht. Solange das der Fall ist, bleibt es halt auf dem Niveau einer metaphysischen Theorie.

Anderes Beispiel: Ist die Existenz Gottes eine wissenschaftliche Theorie? Nach allem was ich weiss, gilt diese Frage als unwissenschaftlich, weil kein Weg gesehen wird die Existenz Gottes in irgendeiner Form zu falsifizieren. Wenn aber JEDE Theorie die unsere Welt beschreibt auch eine wissenschaftliche Theorie wäre, solange nicht ausgeschlossen wäre, dass sie irgendwann einmal falsifizierbar wird, dann müsste die Existenz Gottes auch heute schon als wissenschaftliche Theorie eingestuft werden. Wird sie aber nicht - sie ist ganz klar unwissenschaftlich.
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Skeptiker hat geschrieben:(15 Jan 2019, 09:11)

Ja, es ist eine Theorie. Es ist aber keine wissenschaftliche Theorie, solange man davon ausgehen muss, dass es sich der Falsifizierbarkeit entzieht. Solange das der Fall ist, bleibt es halt auf dem Niveau einer metaphysischen Theorie.

Anderes Beispiel: Ist die Existenz Gottes eine wissenschaftliche Theorie? Nach allem was ich weiss, gilt diese Frage als unwissenschaftlich, weil kein Weg gesehen wird die Existenz Gottes in irgendeiner Form zu falsifizieren. Wenn aber JEDE Theorie die unsere Welt beschreibt auch eine wissenschaftliche Theorie wäre, solange nicht ausgeschlossen wäre, dass sie irgendwann einmal falsifizierbar wird, dann müsste die Existenz Gottes auch heute schon als wissenschaftliche Theorie eingestuft werden. Wird sie aber nicht - sie ist ganz klar unwissenschaftlich.
Unsinn. Dann wäre Einstein auch lange Metaphysiker gewesen.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

syna hat geschrieben:(15 Jan 2019, 00:55)
Dies ist aber ganz etwas anderes. Denn die Konstanten können wir ja messen - es könnte
ja sogar sein, dass ein neues, besseres Modell als das derzeitige Standardmodell einige
Naturkonstanten erklären könnte, d.h. aus anderen Konstanten herleiten könnte.
Eine der Gründe für die anhaltende Popularität von Viele-Welten-Interpretationen der Quantentheorie besteht darin, dass für das Phänomen der Feinabstimmung der Naturkonstanten keine religiösen Motive herangezogen werden müssen. Die reale und belegte Tatsache, dass die Naturkonstanten, insbesondere die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung so dimensioniert ist, dass sie das Entstehen von Makromolekülen und damit Leben optimal begünstigt, wird einfach dadurch erklärt, dass ein Lebewesen nur eben in diesen wenigen von vielen Welten entstehen kann, in denen das zufälligerweise so ist. In den anderen 99 Prozent Welten sind die Nautrkonstanten eben irgendwie dimensioniert und gar nix an Leben entsteht.

Das Problem ist, dass bekannte Vertreter der Viele-Welten-Tjheorie wie der israelische Physiker David Deutsch auf der einen Seite sehr respektable Wissenschaftler sind, auf der anderen Seite aber Bücher wie Deutschs "Die Physik der Welterkenntnis" schreiben, die sich ab einem gewissen Punkt völlig im Esoterischen verlieren. Es ist dann von der Auferstehung der Toten, vom Punkt Omega, vom werdenden Gott usw. die Rede.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47036
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von H2O »

Genie und Wahnsinn scheinen wirklich dicht nebeneinander zu liegen.
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Senexx hat geschrieben:(15 Jan 2019, 09:23)

Unsinn. Dann wäre Einstein auch lange Metaphysiker gewesen.
Das stimmt ja so jetzt nicht, denn Einstein gründete seine Theorien ja im Ausgangspunkt auf beobachteten Phänomenen:

Namentlich auf die Absolutheit der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum auch dann, wenn sich die Lichtquelle auf einen zu oder von einem weg bewegt.

Man sollte ja eigentlich hier eine Auswahl, also eine Geschwindigkeit oberhalb der Lichtgeschwindigkeit, vermuten.

Und Einsteins Theorien wurden ja noch zu seiner Lebzeit bewiesen, indem er die Raumkrümmung durch eine Sonnenfinsternis nachweisen konnte.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
Fliege
Beiträge: 7323
Registriert: Sa 26. Mai 2018, 00:15

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Papaloooo hat geschrieben:(15 Jan 2019, 08:40)
Nur ist eine Metaphysik eben nicht Wissenschaft, sondern eher Philosophie.
Ja, deswegen ist Metaphysik mit Wissenschaftspotenzial von besonderem Interesse. Dazu hat Lakatos einiges gesagt: Wissenschaftliche Forschungsprogramme sollen beitragen, den logischen Gehalt eines Theoriensystem zu vermehren (für mehr Prognosen und somit Falsifikationsmöglichkeiten), sowie progressive empirische Problemverschiebungen anleiten (bislang unbekannte Sachzusammenhänge aufschließen).
Zuletzt geändert von Fliege am Di 15. Jan 2019, 12:10, insgesamt 1-mal geändert.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Papaloooo hat geschrieben:(15 Jan 2019, 11:55)

Das stimmt ja so jetzt nicht, denn Einstein gründete seine Theorien ja im Ausgangspunkt auf beobachteten Phänomenen:

Namentlich auf die Absolutheit der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum auch dann, wenn sich die Lichtquelle auf einen zu oder von einem weg bewegt.

Man sollte ja eigentlich hier eine Auswahl, also eine Geschwindigkeit oberhalb der Lichtgeschwindigkeit, vermuten.

Und Einsteins Theorien wurden ja noch zu seiner Lebzeit bewiesen, indem er die Raumkrümmung durch eine Sonnenfinsternis nachweisen konnte.
Einstein hatte 1915 zum Beispiel die Existenz von Gravitationswellen vorhergesagt.. Nachdem was hier behauptet wird, wäre das Metaphysik gewesen.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Senexx hat geschrieben:(15 Jan 2019, 12:06)
Einstein hatte 1915 zum Beispiel die Existenz von Gravitationswellen vorhergesagt.. Nachdem was hier behauptet wird, wäre das Metaphysik gewesen.
Gravitationswellen sind ein physikalischer Effekt. Die Frage ob ein Messgerät für etwas existiert ist etwas anderes als die Frage ob etwas vom Grundsatz her messbar sein könnte.

Einsteins Relativitätstheorien haben sehr detailierte Vorhersagen über die uns zugängliche Welt gemacht (selbst Schwarze Löcher sind immernoch Teil unseres Universums, auch wenn wir nicht reinschauen können). Das ist ein qualitativer Unterschied zu Aussagen zu der uns NICHT zugänglichen Welt. Nochmal, wie reden hier von Multiversen, die per Definition keine Rückwirkungen auf unser Universum haben.
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Skeptiker hat geschrieben:(15 Jan 2019, 12:54)

Gravitationswellen sind ein physikalischer Effekt. Die Frage ob ein Messgerät für etwas existiert ist etwas anderes als die Frage ob etwas vom Grundsatz her messbar sein könnte.

Einsteins Relativitätstheorien haben sehr detailierte Vorhersagen über die uns zugängliche Welt gemacht (selbst Schwarze Löcher sind immernoch Teil unseres Universums, auch wenn wir nicht reinschauen können). Das ist ein qualitativer Unterschied zu Aussagen zu der uns NICHT zugänglichen Welt. Nochmal, wie reden hier von Multiversen, die per Definition keine Rückwirkungen auf unser Universum haben.
Multiversen werden auch physikalischer Effekt.

Sie verheddern sich hilflos.
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Fliege hat geschrieben:(15 Jan 2019, 12:05)

Ja, deswegen ist Metaphysik mit Wissenschaftspotenzial von besonderem Interesse. Dazu hat Lakatos einiges gesagt: Wissenschaftliche Forschungsprogramme sollen beitragen, den logischen Gehalt eines Theoriensystem zu vermehren (für mehr Prognosen und somit Falsifikationsmöglichkeiten), sowie progressive empirische Problemverschiebungen anleiten (bislang unbekannte Sachzusammenhänge aufschließen).
Nun, in den Bereich Metaphysik fallen ja auch solche Dinge wie z.b. Homöopathie, zumindest glauben dass viele Menschen.
Oder auch Geisterphänomene.
Aus diesem Grunde stimmt dieser Begriff oft sehr skeptisch und das zurecht.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
Fliege
Beiträge: 7323
Registriert: Sa 26. Mai 2018, 00:15

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Papaloooo hat geschrieben:(15 Jan 2019, 13:01)
Nun, in den Bereich Metaphysik fallen ja auch solche Dinge wie z.b. Homöopathie, zumindest glauben dass viele Menschen.
Oder auch Geisterphänomene.
Aus diesem Grunde stimmt dieser Begriff oft sehr skeptisch und das zurecht.
Auch Homöopathie und Phlogiston-Chemie gehörten zur Wissenschaft und gehören heute als falsche, da falsifizierte Theorien (Theoriensysteme) zur Wissenschaftsgeschichte. Der aktuelle Stand des Wissens und die aktuelle wissenschaftliche Forschungsfront befinden sich allerdings, und da bin ich ganz bei dir, woanders als bei Homöopathie und Phlogiston-Chemie.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Skeptiker hat geschrieben:(15 Jan 2019, 12:54)

Gravitationswellen sind ein physikalischer Effekt. Die Frage ob ein Messgerät für etwas existiert ist etwas anderes als die Frage ob etwas vom Grundsatz her messbar sein könnte.
Das sehe ich ähnlich. In den Viele-Welten-Theorien ist - anders als etwa bei Gravitationswellen - prinzipielle Nichtmessbarkeit programmatisch von vornherein angelegt. Gravitationswellen wurden inzwischen ja auch direkt gemessen.

Natürlich kann man indirekte Nachweise nicht ausschließen. Sowohl die Existenz dunkler Materie als auch dunkler Energie wird durch indirekte Schlussfolgerungen vorausgesagt. Es ist auch keineswegs verboten, abstrakte mathematische Modelle zu entwerfen, die allein durch ihre innere Stimmigkeit und Widerspruchsfreiheit es wahrscheinlich machen, dass es reale noch unbekannte Phänomene gibt, die damit beschrieben werden können. Ja, es ist sogar denkbar, dass Mathematik nicht einfach nur eine adäquae Beschreibungssprache für Naturphänomene ist, sondern dass im Universum genau das und nur das entsteht und existiert, was logisch widerspruchsfrei formalisierbar ist. In einer starken Variante: Dass die logisch widerspruchsfreie Formalisierbarkeit nicht nur die Ursache für die Existenz von etwas ist sondern identisch mit der Existenz. Dass das Universum in gewisser Art und Weise nicht einfach dahinexistiert sondern "gedacht" wird. Das ist natürlich eine ziemlich spekulative Annahme.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
syna
Beiträge: 849
Registriert: Fr 30. Okt 2015, 08:04

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von syna »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jan 2019, 10:51)

Eine der Gründe für die anhaltende Popularität von Viele-Welten-Interpretationen der Quantentheorie besteht darin, dass für das Phänomen der Feinabstimmung der Naturkonstanten keine religiösen Motive herangezogen werden müssen. Die reale und belegte Tatsache, dass die Naturkonstanten, insbesondere die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung so dimensioniert ist, dass sie das Entstehen von Makromolekülen und damit Leben optimal begünstigt, wird einfach dadurch erklärt, dass ein Lebewesen nur eben in diesen wenigen von vielen Welten entstehen kann, in denen das zufälligerweise so ist. In den anderen 99 Prozent Welten sind die Nauturkonstanten eben irgendwie dimensioniert und gar nix an Leben entsteht.
Ja ja, das "anthropische Prinzip".
schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jan 2019, 10:51)
Das Problem ist, dass bekannte Vertreter der Viele-Welten-Tjheorie wie der israelische Physiker David Deutsch auf der einen Seite sehr respektable Wissenschaftler sind, auf der anderen Seite aber Bücher wie Deutschs "Die Physik der Welterkenntnis" schreiben, die sich ab einem gewissen Punkt völlig im Esoterischen verlieren. Es ist dann von der Auferstehung der Toten, vom Punkt Omega, vom werdenden Gott usw. die Rede.
Stimmt. Solche Leute nerven irgendwie.
--~~/§&%"$!\~~--
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

syna hat geschrieben:(15 Jan 2019, 15:57)
Ja ja, das "anthropische Prinzip".
Ich bin überzeugt davon, dass man dieses Prinzip irgendwann nicht mehr als Erklärung für diesse Feinabstimmung benötigt. Physikalische Phänomene sind üblicherweise und grob gesagt die Lösungen von Wirkungsminimierungsaufgaben. Die Minimierungsaufgabe, deren Lösung die (feinabgestimmten) Größen der Naturkonstanten sind, ist nur noch nicht aufgestellt, gefunden worden. Dass diese Konstanten so abgestimmt sind, dass komplexe Strukturen und schließlich und endlich Leben entsteht ist möglicherweise so klar und rational voraussehbar, wie die Tatsache, dass ein Stein auf der Erde zu Boden fällt.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Fliege
Beiträge: 7323
Registriert: Sa 26. Mai 2018, 00:15

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

syna hat geschrieben:(von mir gekürzt, Fliege; 15 Jan 2019, 15:57)
schokoschendrezki: "Phänomen der Feinabstimmung der Naturkonstanten" [welches] "Leben optimal begünstigt" —
Ja ja, das "anthropische Prinzip".
Du machst einen wichtgen Punkt: Der Begriff "Feinabstimmung" unterstellt einen Feinabstimmer und somit eine kosmische Teleologie und letztlich eine Theologie.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
Troh.Klaus
Beiträge: 6222
Registriert: Sa 28. Okt 2017, 21:56

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Troh.Klaus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jan 2019, 13:50)
Ja, es ist sogar denkbar, dass Mathematik nicht einfach nur eine adäquae Beschreibungssprache für Naturphänomene ist, sondern dass im Universum genau das und nur das entsteht und existiert, was logisch widerspruchsfrei formalisierbar ist. In einer starken Variante: Dass die logisch widerspruchsfreie Formalisierbarkeit nicht nur die Ursache für die Existenz von etwas ist sondern identisch mit der Existenz. Dass das Universum in gewisser Art und Weise nicht einfach dahinexistiert sondern "gedacht" wird. Das ist natürlich eine ziemlich spekulative Annahme.
Deshalb muss der Umkehrschluss - Alles, was sich mathematisch widerspruchsfrei formulieren lässt, hat auch eine physikalische Entsprechung - noch lange nicht stimmen. Und deshalb können z.B. die Viele-Welten-Theorie oder die String-Theorie durchaus auch nur mathematische Spielereien sein.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Jan 2019, 19:42)

Deshalb muss der Umkehrschluss - Alles, was sich mathematisch widerspruchsfrei formulieren lässt, hat auch eine physikalische Entsprechung - noch lange nicht stimmen. Und deshalb können z.B. die Viele-Welten-Theorie oder die String-Theorie durchaus auch nur mathematische Spielereien sein.
Deshalb hatte ich ja auch von einer "ziemlich spekulativen Annahme" gesprochen. Unabhängig davon spielt die platonische Ideenlehre in der gesamten abendländischen KUltur eine sehr dominante Rolle. Diese geht davon aus, dass die Welt der abstakten Ideen und Konzepte den sinnlich wahrnehmbaren Objekten übergerodnet ist. Und das gilt natürlich nicht nur für physikalische Phänomene. Das Konzept der "Nation" beispielsweise kann man zum einen als ein Bündel sich historisch entwickelter Eigenschaften und Eigenheiten einer abgrenzbaren Gruppe von Menschen auffassen. Man kann es aber auch als reine "Idee" wie im Deutschen Idealismus des 19. Jahrhunderts bei Hegel, Fichte usw. (bis heute Macron) auffassen. Der konkrete Nationalstaat oder auch Europa als Gebilde sind dann eher real gewordene Objekte solcher Ideen als historisch entstandene Phänomene.

Die starke Hypothese, dass die Objekte des Universums tatsächlich nicht einfach so vorhanden sind und dann durch mathematische Theorien beschrieben werden, sondern dass die Beschreibbarkeit selbst die direkte und unmittelbare Ursache für die Existenz von Objekten ist, steht natürlich noch mal auf einem anderen Blatt. Sie ist hyperspekulativ. Aber auch einigermaßen faszinierend.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Fliege hat geschrieben:(15 Jan 2019, 18:34)

Du machst einen wichtgen Punkt: Der Begriff "Feinabstimmung" unterstellt einen Feinabstimmer und somit eine kosmische Teleologie und letztlich eine Theologie.
Nein eben nicht, genau das hat ja auch die Multiversen-Theorie erschaffen:
Die Naturkonstanten können in jedem Universum beliebig sein.
Aber nur in jenen Universen, in denen sie so gestimmt sind, dass es Leben erzeugen kann, ist eben jenes Leben, dass sich über diese Feinabstimmung wundert.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Papaloooo hat geschrieben:(16 Jan 2019, 09:29)

Nein eben nicht, genau das hat ja auch die Multiversen-Theorie erschaffen:
Die Naturkonstanten können in jedem Universum beliebig sein.
Aber nur in jenen Universen, in denen sie so gestimmt sind, dass es Leben erzeugen kann, ist eben jenes Leben, dass sich über diese Feinabstimmung wundert.

Ja. Das ist richtig. Aber daran sieht man auch den wissenschaftlichen Makel solcher Theorien: Man schafft sich eine Ersatzerklärung für etwas,dass man bislang so noch nicht erklären konnte. In dem Fall: Dass die Feinabgestimmtheit der Naturkonstanten nicht das Ergebnis einer "Feinabstimmung" sondern die Lösung einer mathematischen Wirkungsminimierungsaufgabe oder auch einfach nur so zufällig so sind.

Die ursprüngliche Intention der Viele-Welten-Theorie war es allerdings, eine Alternative zur Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie zu finden.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jan 2019, 10:01)

Ja. Das ist richtig. Aber daran sieht man auch den wissenschaftlichen Makel solcher Theorien: Man schafft sich eine Ersatzerklärung für etwas,dass man bislang so noch nicht erklären konnte. In dem Fall: Dass die Feinabgestimmtheit der Naturkonstanten nicht das Ergebnis einer "Feinabstimmung" sondern die Lösung einer mathematischen Wirkungsminimierungsaufgabe oder auch einfach nur so zufällig so sind.

Die ursprüngliche Intention der Viele-Welten-Theorie war es allerdings, eine Alternative zur Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie zu finden.
Ja, es gibt auch jene ist Erklärungsmodell, das den Quanten-Zufall insofern ausschließt, dass es einfach sagt, bei jedem Quanten-Ereignis bestehen beide Quantenmöglichkeiten in getrennt voneinander bestehenden Welten weiter.
Wobei ich das eher für absurd halte, denn was spricht denn gegen einen Quanten-Zufall?
Jene Multiversen-Theorie mit jeweils beliebigen Naturkonstanten in jeder eigenen Raum-Zeit ist eben dem verständlichen Bestreben der Physiker geschuldet, die Welt eben ohne einen Gott zu erklären.
Wobei wir auch hier mit der Multiversen-Theorie Theorie natürlich einen Bereich des Glaubens betreten.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
syna
Beiträge: 849
Registriert: Fr 30. Okt 2015, 08:04

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von syna »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jan 2019, 16:15)

Ich bin überzeugt davon, dass man dieses Prinzip irgendwann nicht mehr als Erklärung für diese Feinabstimmung benötigt. Physikalische Phänomene sind üblicherweise und grob gesagt die Lösungen von Wirkungsminimierungsaufgaben. Die Minimierungsaufgabe, deren Lösung die (feinabgestimmten) Größen der Naturkonstanten sind, ist nur noch nicht aufgestellt, gefunden worden. Dass diese Konstanten so abgestimmt sind, dass komplexe Strukturen und schließlich und endlich Leben entsteht ist möglicherweise so klar und rational voraussehbar, wie die Tatsache, dass ein Stein auf der Erde zu Boden fällt.
Hajaaa - das ist nun mal neu! Bisher gab es 3 Erklärungsmöglichkeiten, jetzt kommt noch
eine Vierte hinzu:

1. Es gibt nur ein Universum - und jemand (Gott) hat die Naturkonstanten genau so gewählt,
wie wir sie vorfinden.

2. Es gibt nur ein Universum - und die Naturkonstanten haben zufällig genau diese Werte,
wie wir sie vorfinden.

3. Es gibt viele Universen - und wir leben gerade in dem Universum, in welchem die Natur-
konstanten die Werte haben, die wir gerade vorfinden (anthropisches Prinzip).

4. Es gibt nur ein Universum - und die Naturkonstanten müssen - aufgrund noch nicht
bekannter physikalischer Gesetze - genau diese Werte haben, die wir hier vorfinden.

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Jeder kann sich eine der Vier Möglichkeiten aussuchen. Es ist momentan eine Glaubens-
sache: Es kann sein, dass (1), (2), (3) oder (4) richtig sind - wir wissen es nicht.
Zwischen (1), (2) und (3) werden wir niemals sicher sein können! Sich für eine Version
zu entscheiden wird immer Glaubenssache bleiben. Es ist also eigentlich eine religiöse -
also eine theologische Frage.

Unser "schokoschendrezki" sagt jetzt: (4)!

Bei (4) wäre es anders: (4) wäre ja - in einer Zukunft - beweisbar - und das würde
einiges ändern: Unser Universum wäre dann so, wie es ist, determiniert - also vorgegeben.
Jedoch niemals ganz und gar: Denn es bleiben doch immer Werte, und sei es nur
die Masse von einem einzigen Elementarteilchen, die sich nicht herleiten lassen,
und für die wir immer noch (1), (2) oder (3) annehmen müssen! Wir kommen also
um den Glauben an (1), (2) oder (3) nicht wirkliche heraum.
--~~/§&%"$!\~~--
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Die Debatte nähert sich langsam dem Wahnsinn...
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

syna hat geschrieben:(16 Jan 2019, 11:57)

Hajaaa - das ist nun mal neu! Bisher gab es 3 Erklärungsmöglichkeiten, jetzt kommt noch
eine Vierte hinzu:

1. Es gibt nur ein Universum - und jemand (Gott) hat die Naturkonstanten genau so gewählt,
wie wir sie vorfinden.

2. Es gibt nur ein Universum - und die Naturkonstanten haben zufällig genau diese Werte,
wie wir sie vorfinden.

3. Es gibt viele Universen - und wir leben gerade in dem Universum, in welchem die Natur-
konstanten die Werte haben, die wir gerade vorfinden (anthropisches Prinzip).

4. Es gibt nur ein Universum - und die Naturkonstanten müssen - aufgrund noch nicht
bekannter physikalischer Gesetze - genau diese Werte haben, die wir hier vorfinden.

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Jeder kann sich eine der Vier Möglichkeiten aussuchen. Es ist momentan eine Glaubens-
sache: Es kann sein, dass (1), (2), (3) oder (4) richtig sind - wir wissen es nicht.
Zwischen (1), (2) und (3) werden wir niemals sicher sein können! Sich für eine Version
zu entscheiden wird immer Glaubenssache bleiben. Es ist also eigentlich eine religiöse -
also eine theologische Frage.

Unser "schokoschendrezki" sagt jetzt: (4)!

Bei (4) wäre es anders: (4) wäre ja - in einer Zukunft - beweisbar - und das würde
einiges ändern: Unser Universum wäre dann so, wie es ist, determiniert - also vorgegeben.
Jedoch niemals ganz und gar: Denn es bleiben doch immer Werte, und sei es nur
die Masse von einem einzigen Elementarteilchen, die sich nicht herleiten lassen,
und für die wir immer noch (1), (2) oder (3) annehmen müssen! Wir kommen also
um den Glauben an (1), (2) oder (3) nicht wirkliche heraum.
Die wissenschaftliche Welt dürfte sich wohl im Wesentlichen für 2.) oder 4.) entscheiden. Weil es bei dieser konkreten Frage eben wirklich um ganz konkrete Zahlenwerte und nicht um irgendwelche nebulösen Aussagen geht.

Was die allgemeineren Überlegungen in dieser Hinsicht anbelangt: Die einerseits streng naturwissenschaftlich-mathematisch formulierbare, andrererseits eher abstrakt philsophisch formulierbare Frage nämlich, wie und warum das Universum, entgegen aller Voraussicht eine Tendenz zu wachsender und nicht abnehmender Komplexität aufweist .... wer davon nicht völlig fasziniert und hingerissen ist, der tut mir leid.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Fliege
Beiträge: 7323
Registriert: Sa 26. Mai 2018, 00:15

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Papaloooo hat geschrieben:(16 Jan 2019, 09:29)
Nein eben nicht, genau das hat ja auch die Multiversen-Theorie erschaffen:
Die Naturkonstanten können in jedem Universum beliebig sein.
Aber nur in jenen Universen, in denen sie so gestimmt sind, dass es Leben erzeugen kann, ist eben jenes Leben, dass sich über diese Feinabstimmung wundert.
Und wie wäre es mit Zufall, ohne dem Zufall durch inflationäre Weltvermehrung auf die Sprünge zu helfen?
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Fliege hat geschrieben:(16 Jan 2019, 14:22)

Und wie wäre es mit Zufall, ohne dem Zufall durch inflationäre Weltvermehrung auf die Sprünge zu helfen?
Das ist auf einen kurzen Nenner gebracht die Kernaussage des populären Buchs "Das hässliche Universum" der Physikerin Sabine Hossenfelder. Eine völlig berechtigte wissenschaftlich-rationale Einwendung: Die Dinge sind so wie sie sind. Punkt. Und nur wir Menschen haben das Bedürfnis, diese Gegebenheiten in geschlossene Systeme kleiden zu wollen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Fliege
Beiträge: 7323
Registriert: Sa 26. Mai 2018, 00:15

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Fliege hat geschrieben:(16 Jan 2019, 14:22)
Und wie wäre es mit Zufall, ohne dem Zufall durch inflationäre Weltvermehrung auf die Sprünge zu helfen?
schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jan 2019, 15:20)
Das ist auf einen kurzen Nenner gebracht die Kernaussage des populären Buchs "Das hässliche Universum" der Physikerin Sabine Hossenfelder. Eine völlig berechtigte wissenschaftlich-rationale Einwendung: Die Dinge sind so wie sie sind. Punkt. Und nur wir Menschen haben das Bedürfnis, diese Gegebenheiten in geschlossene Systeme kleiden zu wollen.
Max Weber sprach diesbezüglich von "Entzauberung der Welt".

Sabine Hossenfelder meint (laut Zeit-Rezension ihres Buches): "'Seit nunmehr über dreißig Jahren sind keine Fortschritte mehr in der Grundlagenphysik zu verzeichnen', schreibt Sabine Hossenfelder ernüchtert. Dass neue Einsichten ausbleiben, ist für sie kein bloßes Forscherpech. Etwas laufe schief, und zwar gewaltig. Viele Physiker, sagt Hossenfelder, arbeiten nicht mehr wissenschaftlich. Sie lassen sich zu sehr lenken von ihrer Sehnsucht nach Schönheit. Sie wollen schöne Theorien, elegante Theorien, symmetrische Theorien. Das Universum aber ist hässlich, und wenn wir es verstehen wollen, dann müssen wir uns mit diesem Umstand arrangieren" (Zeit online, "Das hässliche Universum" – Unschöne Wahrheiten, 21. November 2018).

Und warum bleiben Fortschritte aus?
Hossenfelder: "Der Forschung gehen die Versuche aus und die Beobachtungen. Wo Newton noch der sprichwörtliche Apfel genügte, der ihm auf den Kopf fiel, müssen Physiker heute den Stromverbrauch einer Großstadt verheizen, um aus einem Teilchenbeschleuniger – vielleicht, irgendwann – Neues zu erfahren. Und der Großgeräteforschung sind praktische Grenzen gesetzt. Um die Details eines Gravitationsfelds zu messen, so Hossenfelder, 'müsste der Detektor die Größe des Jupiters haben'. Das, sagt sie, seien Experimente, 'die wir nicht in absehbarer Zeit finanziert bekommen'. Neue Beobachtungen sind also rar" (ebenda).

Was Hossenfelder anmerkt, halte ich für bedenkenswert.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47036
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von H2O »

'Seit nunmehr über dreißig Jahren sind keine Fortschritte mehr in der Grundlagenphysik zu verzeichnen'
Ja, der technische Aufwand setzt hier der erweiterten Forschung unüberwindliche Grenzen. Was für mich nichts weiter bedeutet, als daß entweder ein Genieblitz die Versuchsanordnung wieder begrenzt auf irdisches Maß, oder aber die Forschung mehr in den Aufbau einer durchgängigen und selbst in Schulbüchern vermittelbaren Theorie stecken muß. Womöglich wird dadurch der bisher ausgebliebene Genieblitz gezündet!
Troh.Klaus
Beiträge: 6222
Registriert: Sa 28. Okt 2017, 21:56

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Troh.Klaus »

syna hat geschrieben:(16 Jan 2019, 11:57)
Hajaaa - das ist nun mal neu! Bisher gab es 3 Erklärungsmöglichkeiten, jetzt kommt noch
eine Vierte hinzu:
Nö, mehr als drei geht nicht. Ob Du recht hast oder nicht, sagt Dir gleich das Licht ...
Troh.Klaus
Beiträge: 6222
Registriert: Sa 28. Okt 2017, 21:56

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Troh.Klaus »

Fliege hat geschrieben:(16 Jan 2019, 20:51)
Um die Details eines Gravitationsfelds zu messen, so Hossenfelder, 'müsste der Detektor die Größe des Jupiters haben'. Das, sagt sie, seien Experimente, 'die wir nicht in absehbarer Zeit finanziert bekommen'. Neue Beobachtungen sind also rar" (ebenda).
Ja, so 35 Milliarden Euro für den gewünschten/geplanten FCC dürften z.B. schon sehr schwer zu beschaffen sein.
Benutzeravatar
syna
Beiträge: 849
Registriert: Fr 30. Okt 2015, 08:04

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von syna »

Fliege hat geschrieben:(16 Jan 2019, 20:51)
Sabine Hossenfelder meint (laut Zeit-Rezension ihres Buches): "'Seit nunmehr über dreißig Jahren sind keine Fortschritte mehr in der Grundlagenphysik zu verzeichnen', schreibt Sabine Hossenfelder ernüchtert.
Ach nöö, Hossenfelder übertreibt.

Erst vor kurzem wurde das Higgs-Boson experimentell gefunden,
erst vor kurzem konnten das erste Mal Gravitationswellen gemessen werden,
seit einiger Zeit können wir sogar extrasolare Planeten entdecken - und es
werden immer mehr ... :D
--~~/§&%"$!\~~--
Benutzeravatar
Fliege
Beiträge: 7323
Registriert: Sa 26. Mai 2018, 00:15

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

syna hat geschrieben:(17 Jan 2019, 09:44)
Ach nöö, Hossenfelder übertreibt.

Erst vor kurzem wurde das Higgs-Boson experimentell gefunden,
erst vor kurzem konnten das erste Mal Gravitationswellen gemessen werden,
seit einiger Zeit können wir sogar extrasolare Planeten entdecken - und es
werden immer mehr ... :D
Vielleicht übertreibt Hossenfelder ein wenig, doch nur ein wenig. Denn es liegt die Bitte um Dialog und Zusammenarbeit eines Grundlagenphysikers an Philosophen vor, weil den Physikern die theoretischen Ideen ausgehen.

So sagte der Stringtheoretiker und Kosmologe Robert Brandenberger (Montreal, Kanada) im Interview:
"Als naive Wissenschaftler, als naive Kosmologen führen wir verschiedene Berechnungen durch. Und wir behaupten, dass wir über Theorien verfügen, die mit den Beobachtungen übereinstimmen. Wir vergleichen gemittelte theoretische Werte mit räumlich gemittelten Himmelsbeobachtungen. Aber ist das so in Ordnung? [...] Vielleicht sagt der Philosoph: Ihr habt eure Arbeit getan, und jetzt müssen wir sie interpretieren. Das ist eine Antwort. Aber vielleicht wird der Philosoph auch sagen: Damit wir über diese Fragen auf einer philosophisch soliden Basis diskutieren können, benötigen wir mehr Informationen. Und das könnte uns dazu bringen, zusätzliche Berechnungen anzustellen. [... D]enn die Fragen, die wir stellen, wie diejenige nach der Natur der Raumzeit, sind tiefgründige philosophische Fragen" (Frankfurter Allgemeine Zeitung online, 11. Juli 2018).

Brandenberger spricht von "tiefgründigen philosophischen Fragen", und das sind konzeptionelle und daher auch metaphysische Fragen, die sich stellen, wenn es darum geht, das aktuelle wissenschaftliche Forschungsprogramm zu reformieren, weil es an Grenzen gestoßen ist und feststeckt.
H2O hat geschrieben:(16 Jan 2019, 22:46)
Ja, der technische Aufwand setzt hier der erweiterten Forschung unüberwindliche Grenzen. Was für mich nichts weiter bedeutet, als daß entweder ein Genieblitz die Versuchsanordnung wieder begrenzt auf irdisches Maß, oder aber die Forschung mehr in den Aufbau einer durchgängigen und selbst in Schulbüchern vermittelbaren Theorie stecken muß. Womöglich wird dadurch der bisher ausgebliebene Genieblitz gezündet!
Was du erhoffst, nämlich dass "der bisher ausgebliebene Genieblitz zündet", dürfte die große Hoffnung von Brandenberger sein.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Fliege hat geschrieben:(16 Jan 2019, 20:51)Sabine Hossenfelder meint (laut Zeit-Rezension ihres Buches): "'Seit nunmehr über dreißig Jahren sind keine Fortschritte mehr in der Grundlagenphysik zu verzeichnen', schreibt Sabine Hossenfelder ernüchtert. Dass neue Einsichten ausbleiben, ist für sie kein bloßes Forscherpech. Etwas laufe schief, und zwar gewaltig. Viele Physiker, sagt Hossenfelder, arbeiten nicht mehr wissenschaftlich. Sie lassen sich zu sehr lenken von ihrer Sehnsucht nach Schönheit. Sie wollen schöne Theorien, elegante Theorien, symmetrische Theorien. Das Universum aber ist hässlich, und wenn wir es verstehen wollen, dann müssen wir uns mit diesem Umstand arrangieren" (Zeit online, "Das hässliche Universum" – Unschöne Wahrheiten, 21. November 2018).
An der Leistung der Mikroprozessoren kann man sehr schön sehen, wie Grundlagenforschung betrieben, verstanden und angewandt wird.
Und künftige Quantencomputer werden da noch folgen.
Aber auch die Positronen-Emissions-Tomographie zeigt, wie weit die Grundlagenforschung schon gekommen ist.
Dem ist viel Respekt geschuldet!
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
streicher
Moderator
Beiträge: 8453
Registriert: Di 13. Feb 2018, 09:07

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von streicher »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Jan 2019, 20:56)

Das Problem ist, dass man sich "andere Universen" nur so denken kann, dass es keinerlei Wechselwirkungen mit "unserem Universum" gibt, Gäbe es sie, wären es keine anderen Universen sondern gehörten zu dem unsrigen. Sprich: Weder Nachweise noch Widerlegungen von Eigenschaften einschließlich der der Existenz sind möglich.
Warum kann man sich das nur so denken? Die gängige Vorstellung scheint zu sein, dass andere Universen "weit entfernt" liegen müssten. Nun beobachten wir allerdings in unserem Universum eine ständige lang anhaltende Expansion. Ein Nachbaruniversum könnte sich ebenso ausdehnen und mit unserem zusammenstoßen.
Die Zukunft ist Geschichte.
Troh.Klaus
Beiträge: 6222
Registriert: Sa 28. Okt 2017, 21:56

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Troh.Klaus »

streicher hat geschrieben:(17 Jan 2019, 17:47)
Warum kann man sich das nur so denken? Die gängige Vorstellung scheint zu sein, dass andere Universen "weit entfernt" liegen müssten. Nun beobachten wir allerdings in unserem Universum eine ständige lang anhaltende Expansion. Ein Nachbaruniversum könnte sich ebenso ausdehnen und mit unserem zusammenstoßen.
Ich denke, dass es dazu weiterer räumlicher Dimensionen bedarf, und zwar nicht-aufgerollte, kosmischen Raum-Dimensionen, in die die Universen eingebettet sind. Sollten wir von solchen zusätzlichen Dimensionen dann nicht vielleicht schon mal was gemerkt haben?
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

streicher hat geschrieben:(17 Jan 2019, 17:47)

Warum kann man sich das nur so denken? Die gängige Vorstellung scheint zu sein, dass andere Universen "weit entfernt" liegen müssten. Nun beobachten wir allerdings in unserem Universum eine ständige lang anhaltende Expansion. Ein Nachbaruniversum könnte sich ebenso ausdehnen und mit unserem zusammenstoßen.
Dabei hast du, wie der andere User schon sagte, die Raumkrümmung in der vierten Dimension außer acht gelassen.

Ja, das Universum dehnt sie aus, jedoch in sich selbst hinein.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Jetzt wollen wir mal nicht zu sehr ins Spekulative und Esoterische abgleiten. Zumindest in der klassischen Everettschen Viele-Welten-Theorie ist überhaupt nicht und keineswegs von irgendwie räumlich oder sonstwie dimensional getrennten Welten die Rede sondern von getrennten Zustandsräumen. Das hat mit dem quantentheoretischen Problem der Messung zu tun und nicht mit Raumkrümmungen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Troh.Klaus
Beiträge: 6222
Registriert: Sa 28. Okt 2017, 21:56

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Troh.Klaus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Jan 2019, 09:21)
Jetzt wollen wir mal nicht zu sehr ins Spekulative und Esoterische abgleiten. Zumindest in der klassischen Everettschen Viele-Welten-Theorie ist überhaupt nicht und keineswegs von irgendwie räumlich oder sonstwie dimensional getrennten Welten die Rede sondern von getrennten Zustandsräumen. Das hat mit dem quantentheoretischen Problem der Messung zu tun und nicht mit Raumkrümmungen.
Eben, großes Missverständnis, nix Multiversum. Und die Branen-Theorie ist zunächst, derzeit, auch nur eine mathematische Spekulation. Nicht einmal Lindes Ansatz liefert ein Multiversum, sondern ein Universum mit "weit voneinander getrennten" Bereichen (mit eigenem Urknall?), sozusagen lokale Universen, die möglicherweise unterschiedlichen Naturgesetzen unterworfen sind, aber wegen der Expansion nie in Wechselwirkung treten können.
Benutzeravatar
streicher
Moderator
Beiträge: 8453
Registriert: Di 13. Feb 2018, 09:07

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von streicher »

Papaloooo hat geschrieben:(17 Jan 2019, 21:43)

Dabei hast du, wie der andere User schon sagte, die Raumkrümmung in der vierten Dimension außer acht gelassen.

Ja, das Universum dehnt sie aus, jedoch in sich selbst hinein.
Ist das Theorie oder nachgewiesen? Von Raumkrümmung habe ich schon gehört - aber eine volle vierte Dimension - nach welcher Theorie existiert sie?
Neuerdings habe ich von Berechnungen gehört, die eine Fakultät in Uppsala durchgeführt haben soll, auf Grund der Annahme dass die drei Dimensionen des Universums Rand einer vierten in "Kugelform" sein soll. Da frage ich mich aber auch: auf welcher Grundlage beziehungsweise auf welchen Grundannahmen...
Die Zukunft ist Geschichte.
Antworten