H2O hat geschrieben:(16 Dec 2018, 00:32)
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Die notwendige Reform des Euros ist doch völlig klar:
Man darf keinem Teilnehmer gestatten, aus eigenem Ermessen seinen nationalen Haushalt zu gestalten. Man nimmt den Teilnehmern das sogenannte Königsrecht der Verfügung über Steuereinnahmen und Staatsverschuldung. Der gemeinsame Finanzminister muß her, der gemeinsame Wirtschaftsminister, harmonisierte Steuern und Abgaben, harmonisierte Sozialleistungen. Harmonisiert heißt hier nicht Angleichung absolut, sondern prozentual. Natürlich geht es mit unterschiedlichem Wohlstand in dieses neue Abenteuer hinein...
Ich habe mir erlaubt, in der von mir zitierten Stelle Ihres Beitrags den entscheidenden Zusammenhang hervorzuheben. Etwas, was Sie als - für Sie wohl unabdingbar - fordern. Und dieses Nehmen des Königsrechts einzelner Nationen des Euroraums, oder der gesamten EU, somit auch Deutschland beträfe. Und darin liegt auch die Utopie Ihrer Forderung:
Dieses Weggeben der Entscheidungs- und Gestaltungsmacht über den nationalen Haushalt wäre klar verfassungswidrig in Deutschland.
Nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland muss die Entscheidungs- und Verfügungshoheit des Bundeshaushalts zwingend beim Deutschen Parlament als allein befugte Entscheidungs- und Verfügungsinstanz bleiben. Es ist im übrigen sogar fraglich, ob eine diesbezügliche Grundgesetzesänderung möglich wäre. Es ist ja nicht so, das jeder Paragraph des GG änderbar wäre, selbst bei der nötigen 2/3-Mehrheit eines Bundestagsbeschlusses. Und nach meinem verfassungsrechtlichen Wissensstand gehört die Bestimmungs- und Gestaltungshoheit über den Bundeshaushalt in der Hand des Bundestages als allein bestimmende Instanz zu den unveränderbaren GG-Gesetzen.
Sie müssen sich - meiner bescheidenen Meinung nach - leider etwas anderes einfallen lassen. *Ich bin zwar untröstlich, Ihnen die Laune womöglich vermiest zu haben. Es ist aber nichts Persönliches. Ich hoffe, Sie glauben das. Oder verstehen zumindest, weshalb ich rein inhaltlich insistierte.
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Zum Geldwert und seiner Deckung bzw. Sicherung durch Gegenwerte:
Gold als Deckung von Währungen wurde schon lange ersetzt durch das Prinzip Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und den Wert einer Volkswirtschaft incl. den real vorhandenen Vermögenswerten. Grund und Boden, Innovationskraft, Infrastruktur, Lukrativität des Standorts und des Arbeitsmarkts/Ausbildungsstandes. Also mithin seine grundsätzlich positive Bewertung für Zukunftsinvestitionen internationaler Kapitalgeber / Investoren. Und dabei ist ganz wesentlich auch eine berechenbare politische Stabilität, die sowohl die rechtlichen als auch die ökonomischen Rahmenbedingungen gewährleistet, die Kapital nun mal braucht oder gerne hat:
Vertrauen, dass das berechenbar so ist bzw. so bleibt. Langfristig.
Aus diesem Grund ist zum Beispiel der Euroraum bisher durchaus positiv bewertet. Vor allem Länder wie D (oder auch Ö) haben deshalb auch eine hohe, oder so wie D, sogar die höchste Kreditwürdigkeitsbewertung von Ratingagenturen. Vergleichsweise mies ist da schon die Bewertung der USA. Aber als "Inhaber***" der Weltleitwährung USD und der unangefochtenen militärischen Vormachtstellung, die natürlich auch für den Kampf bzw.
die Sicherung von nicht landeseigenen Rohstoffressourcen eingesetzt werden kann ... oder wird, sind die USA ein Sonderfall. Den hinsichtlich der exzessiven und hemmungslosen Staatsverschuldung (Neuverschuldung) sind die Amis riesige Kleiderschränke, zu der sich im Vergleich die diskutierte Neuverschuldung Italiens allenfalls wie ein Fußschemel ausnimmt. Egal, ob mit 2,04 oder 2,4 % Neuverschuldung.
Italien hat ein Strukturproblem seiner staatlichen Rahmenbedingungen, eine mafiose und wenig effiziente Verwaltung und Bürokratie, die alles andere als investitions- bzw. wachstumsfreundlich ist, und bürokratische Hürden
für Unternehmen und Investoren unberechenbar macht. Hinsichtlich Genehmigung bzw. Dauer solcher Verfahren regelmäßiges Stöhnen verursacht. Seit Jahrzehnten.
Das Problem Italiens ist nicht der Euro, von dessen internationalem Vertrauen als Währung das Land eigentlich profitiert(e). Der Spread, also die Zinsen für Staatskredite, also neue Schulden des ital. Staates und solche Kredittitel z.B. von Deutschland, ist aktuell aber sehr weit auseinander gegangen. Als Folge eines von den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten sich verstärkenden Vertrauensverlustes gegenüber Italien und dessen Wirtschaftskraft. Genauer einer aktuellen Regierung, die das Wachstum faktisch nur durch Neuverschuldung erzeugen will, ohne irgendwelche nennenswerten und seit Jahren überfälligen Strukturreformen vorzunehmen. Die Regierung von Cinque Stelle, Salvini & Co. ist als Blenderverein vielleicht nicht im eigenen Land überführt, dafür von den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten. Solange sich Italien trotz der Nullzins-Politik der EZB noch mit frischen Kapital internationaler Geldgeber versorgen kann, wenn auch zu deutlich höheren Zinssätzen, ist noch alles im Lot. Schwierig wird es, wenn niemand mehr Italien Geld leihen will. So wie im Falle Griechenlands, selbst gegen horrende Zinsen. Dann bleibt nur noch der Weg, dass die italienische Nationalbank neue Euros druckt, bis sie jedermann bei den Ohren und Nasenlöchern herausragen. Und damit die italienischen Banken oder direkt den Staat versorgt.
Denn eine Kreditfinanzierung wie im Falle Griechenlands, die schon hunderte Milliarden von Euros kostete, kann kein Rettungsschirm bei der Größe der ital. Volkswirtschaft leisten.
Natürlich könnte das auch den Euro erschüttern bzw. dramatisch abwerten. Aber ob er deshalb als Währung verschwinden bzw. zerstört würde, ist nicht so sicher.
Die weltweit mit weitem Abstand höchste Staatsverschuldung hat übrigens Japan. Dagegen ist die griechische oder die ital. Staatsverschuldung eher eine Musterknabenquote...Allerdings hat Japan auch gigantische Devisenreserven und eine Wirtschaft, die trotzdem sehr viel Vertrauen genießt. Die japan. Währung YEN sogar zu einer sog. "save heaven" - Währung macht. Neben der Schweiz, die mit Abstand den unanständigsten Negativleitzins vorweist: -0,75 %. Japans Notenbank begnügt sich immerhin mit nur -0,1 % Leitzins, gefolgt von der Sparerverarschungszentrale der EZB mit dem ihr vorstehenden Roß- und Mäusetäuscher Mario Draghi.
Aber es ist eben alles Vertrauenssache. Und selbst zu Zeiten der heissgeliebten Hartwährung D-Mark konnte ich mich nicht erinnern, dass der deutsche Staat für sog. Anleihen (Kredite), also für Schulden, die er machte, Zinsen bekam, statt solche dafür zu bezahlen. Mit dem Euro war das zeitweise sogar so.
Naja, irgendwie scheint man ja der ital. Regierung mit all ihren populistischen Helden zumindest etwas näher gebracht zu haben, dass Brüssels Aufrufe zur Mäßigung (sogar Herr Draghi erklärte sich gleichlautend) nicht eine Bosheit der Eurozonenländer gegen Italien ist, sondern ein dezenter Hinweis, das Vertrauen der Finanzmärkte in Italien nicht weiter zu zerbröseln. Vor allem auch in Hinblick auf die faktisch längst überfällige, wohl auch nicht mehr verhinderbare, Anhebung der Leitzinsen des Euro. Die spätestens in einem Jahr beginnen wird/soll. So zumindest die Statements der EZB. Sofern nicht unvorhersehbare Ereignisse (Trump/China) oder auch ein Idiotenbrexit (no deal) die Weltwirtschaft statt weiter zu wachsen eher zurückwerfen. Besonders den Euro- bzw. EU-Raum. Daß aktuell das Vertrauen der globalen Märkte nicht gerade hoch ist, und speziell die USA unter Trump mittlerweile auch in den USA den Optimismus mit viel Herz, dafür wenig Verstand, unverdrossen schreddern, ist die Situation für ein Land wie Italien doppelt risikobehaftet. Nicht nur mit einer falschen eigenen (Haushalts-)politik, sondern auch hinsichtlich negativer globaler Wirkungen, die das Land selbst wenig bis gar nicht beinflussen kann.
Alles eine Frage des Vertrauens jener, die das sagen haben, also das Geld: Investoren, Unternehmen und Banken.
Hoffen wir also nicht, dass das Vertrauen soweit international den Bach runtergeht wie 2008, wo Banken gegenüber ihresgleihen kein Vertrauen mehr hatten. Sich gegenseitig Geld zu leihen. Dann wird es kritisch. Aber nicht nur für den Euro. Obwohl dieser wie auch alle anderen relevanten Währungen selbst diesen aussergewöhnlichen crash eigentlich gut überlebten. Der Euro, der seit seiner Einführung, damals (2002) noch deutlich unter Parität zum USD gehandelt wurde, nahm an Wert zu. Erreichte bis ca. mitte 2014 sogar einen sehr hohen Kurs von ca. 1,5 USD, um dann langsam bis fast auf Parität abzurauchen, ohne diesen Anfangswert der Unterparität gegenüber dem USD je wieder zu durchbrechen. Im Gegenteil, die damaligen Prognosen der sog. Experten, auch von US-Bankern und allen, die sich für große Währungsexperten hielten oder erklärten, lagen mit ihren Vorhersagen voll daneben, als der Euro etwa auf 1,05 gegen den Dollar stand und man einen Fall unter Parität, sogar bis ca. 0.90 bis 0,80 EUR/USD für spätestens Ende 2017 für so gut wie sicher hielt. Der Euro, wenn auch nicht berauschend - und damit das internationale Vertrauen in diese Währung - hielt sich wacker bis erstaunlich gut. Legte sogar zeitweise wieder bis 1,25 EUR/USD zu, und stagniert bzw. ruht sich aktuell bei allseits bejammerten
ca. 1,13 EUR/USD aus.
Die Vertrauensfrage für den Euro sehe ich daher nicht. Auch nicht, das GB oder ITA diese Währung so klein kriegen, dass sie verschwinden müsste. Da müsste schon ein richtiger Schmied her, nicht nur ein Schmiedl.
Fazit: Totgesagte leben länger!
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***Inhaber bzw. Eigentümer des US-Dollar ist nicht der amerikanische Staat, sondern ein Bankenkonsortium. Auch das ist ein Unterschied zu anderen Leitwährungen. Böse Zungen behaupten, JFK wäre vor allem deshalb liquidiert worden, weil er das ändern wollte= den USD in das Eigentum der USA überführen wollte. Anyway. Sicher ist nur, irgendwelche einflußreichen Kreise waren ihm politisch so herzlich zugeneigt, um ihn erschiessen zu lassen.
In der waffenvernarrten (durch Europäer entstandenen) Tradition der USA damals wie heute ein durchaus üblicher Lösungsweg bei Meinungsunterschieden.