Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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King Kong 2006
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Berliner Bräsigkeit vs Pariser Reformen? Oder absorbiert Merkel einen weiteren männlichen Politiker?
Deutschland und Frankreich

Europa darf nicht vermerkelt werden

Angela Merkel hat die Karrieren vieler mächtiger Männer gestutzt - durch Abwarten und Nichtstun. Gelingt ihr das beim französischen Präsidenten Macron, droht Schaden für ganz Europa.
Berliner Bräsigkeit vs. Pariser Reformen

Sicher, nicht alles, was Macron vorschlägt, ist sinnvoll. Manche seiner Ideen wirken wie Schüsse im Fußball, die weit in die gegnerische Hälfte gehen, ohne dass bereits ein Stürmer da wäre, um sie zu verwandeln. So bringt es nichts, einen europäischen Finanzminister zu fordern, so lange niemand weiß, was dieser künftig machen soll oder darf. Auch Macrons Forderungen nach einem speziellen Notfallbudget für die Eurozone in Höhe einiger Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts überfordert die Europäer. Denn wenn es ums Geld geht, wird in Europa noch immer mit besonderer Härte gestritten.

Doch nichts ist falscher als die Bräsigkeit in Berlin. Machbare und vor allem sinnvolle Reformen dürfen nicht unterbleiben, weil Merkels Autorität in ihrer Fraktion in ihren letzten Amtsjahren schwindet. Wenn Macron scheitert, scheitert Europa, könnte man in Abwandlung des berühmten Merkel-Satzes zum Euro sagen. Die EU verkraftet den Brexit, nicht aber eine europafeindliche Regierung in Paris, sollte Macron nicht wiedergewählt werden.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/a ... 03381.html
Interessant ist die Formulierung "mächtiger Männer gestutzt". Nicht "mächtiger Politiker gestutzt". In der Tat versammelt sie, wohl nicht zufällig viele Frauen um sich. Andersherum haben und tun dies sicher auch viele Männerseilschaften. Also unter Männer bleiben. Abgesehen von diesem Thema ist das andere Thema die "Götterdämmerung" der Merkel. Ist dies konträr zum Aufstieg eines jungen Macron? Und kann das eine "neue EU" zerreissen?
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Na ja, wenn die Kanzlerin die einmalige Gelegenheit nicht erkennt, die ein föderales Europa uns allen bietet, dann wäre sie aus meiner Sicht jämmerlich gescheitert. Aber darauf muß sie beinhart bestehen. Da muß sie Präsident Macron bei der Hand nehmen und mit ihm schwungvoll voran gehen, auch wenn er das so weit eigentlich gar nicht treiben wollte. Woll'n doch 'mal sehen, wer dann der Bremser ist. :cool:

Kein weiteres deutsches Geld für unverbindliche Regelungen und Partner. Das war der Fehler bei der Einführung des Euros. Der Schwachpunkt war bekannt, sollte durch die Maastricht-Kriterien überwunden werden... Pustekuchen. So nie wieder.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(17 Apr 2018, 21:13)

Na ja, wenn die Kanzlerin die einmalige Gelegenheit nicht erkennt, die ein föderales Europa uns allen bietet, dann wäre sie aus meiner Sicht jämmerlich gescheitert. Aber darauf muß sie beinhart bestehen. Da muß sie Präsident Macron bei der Hand nehmen und mit ihm schwungvoll voran gehen, auch wenn er das so weit eigentlich gar nicht treiben wollte. Woll'n doch 'mal sehen, wer dann der Bremser ist. :cool:

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Deutschland selbst hatte die Kriterien lange und oft verletzt.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

JJazzGold hat geschrieben:(17 Apr 2018, 20:47)

Es ist üblich, dass die Umsetzung der EU Forderungen von monetären Zuwendungen zur internen Umsetzung begleitet werden. Man sollte auch die Außenwirkung, die sich allein schon durch die Bereitschaft zu Verhandlungen ergibt, nicht unterschätzen. Völlig unabhängig davon, ob sich daraus jemals ein Beitritt ergibt.

Was die Türkei betrifft, wird sich diese wohl kaum noch in die EU eingliedern lassen. Was zum Zeitpunkt der Aufnahme der Verhandlungen noch anders aussah. Ein Beitritt rekrutiert sich nicht allein aus den Wünschen Deutschlands, auch wenn ich eine privilegierte Partnerschaft schon damals für ausreichend hielt. Soweit mir bekannt ist, sind die Verhandlungen und damit auch die monetären Zuwendungen zurzeit eingefroren.
Nein, das Geld fließt noch; so war das vor einigen Wochen noch im Gespräch. Auch die Tatsache, daß Erdogan diese Gelder für andere Zwecke einsetzt als die Heranführung der Türkei an die EU. Leider. Paßt nicht so gut zusammen; jemandem bescheinigen, daß er sich in großen Schritten von der EU entfernt und weiterhin Zahlungen zu leisten, damit er sich leichter annähern kann.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(17 Apr 2018, 21:17)

Deutschland selbst hatte die Kriterien lange und oft verletzt.
Ja, das ist jetzt 15 Jahre her, kam, soweit ich mich erinnere, in zwei Haushalten hintereinander vor. Und das waren vergleichsweise lächerliche Prozentsätze der Zunahme der Staatsverschuldung. Das wollen wir nicht mehr, weder bei uns noch bei anderen.

Genau genommen ist durch die Nullzinspolitik die Riester-Rente zum groben Unfug entartet, und die deutschen Sparer verlieren mit der schleichenden Geldentwertung den Wert ihrer Ersparnisse.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von JJazzGold »

H2O hat geschrieben:(17 Apr 2018, 21:22)

Nein, das Geld fließt noch; so war das vor einigen Wochen noch im Gespräch. Auch die Tatsache, daß Erdogan diese Gelder für andere Zwecke einsetzt als die Heranführung der Türkei an die EU. Leider. Paßt nicht so gut zusammen; jemandem bescheinigen, daß er sich in großen Schritten von der EU entfernt und weiterhin Zahlungen zu leisten, damit er sich leichter annähern kann.
Das ist in der Tat kurios. Spätestens nach dem Jahresbericht müssten die Zahlungen ad hoc eingefroren werden.

PS: Hier habe ich es, die Zahlungen wurden deutlich reduziert. Vage konnte ich mich erinnern, dass da etwas war.

https://www.tagesschau.de/inland/tuerke ... t-101.html
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

JJazzGold hat geschrieben:(17 Apr 2018, 21:51)

Das ist in der Tat kurios. Spätestens nach dem Jahresbericht müssten die Zahlungen ad hoc eingefroren werden.

PS: Hier habe ich es, die Zahlungen wurden deutlich reduziert. Vage konnte ich mich erinnern, dass da etwas war.

https://www.tagesschau.de/inland/tuerke ... t-101.html
Schön, das ist ja schon einmal etwas, wenn auch nicht alles! Wenn man bedenkt, daß man in einem Tennisclub oder Golfclub eine Aufnahmegebühr entrichten muß... und hier zahlt der Verein für die Anwerbung neuer Mitglieder... :D
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Wähler »

https://www.euractiv.de/section/binnenm ... on-effekt/
Euractiv 18. April 2018 Kein neuer Macron-Effekt
De facto hat Macron bei den zentralen Reformvorschlägen für die Eurozone kaum einen der relevanten Player auf seiner Seite: Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat in Straßburg einmal mehr angemahnt, dass die gesamte EU mit ihren künftig 27 Mitgliedern mitgenommen werden muss. Will heißen: Keine Alleingänge der Euroländer. Mit Italien kann Macron ohnehin nicht rechnen, da im drittgrößten Euroland seit den letzten Wahlen keine Mehrheit ohne Eurogegner in Sicht ist. Acht nordische Staaten haben sich jüngst ebenfalls gemeinsam gegen eine Vertiefung auf Ebene der Währungsunion ausgesprochen.
Und Deutschland? War vor einigen Monaten noch von einer Neuauflage der deutsch-französischen Achse, ja einem neuen Elysée-Vertrag die Rede, driften Paris und Berlin seit Wochen immer weiter auseinander. Der Leak aus der CDU/CSU-Fraktion war nur das jüngste von vielen Anzeichen dafür, dass es mit einem koordinierten Vorgehen in der Währungsunion nichts wird. Die Konservativen legen es darauf an, über den Umweg einer Stellungnahme des Bundestages den Europäischen Währungsfonds zu kippen und so faktisch entscheidende Zugeständnisse Richtung Europa aus dem Koalitionsvertrag zu tilgen. Kanzlerin Angela Merkel will den Fonds nun an eine Änderung der EU-Verträge koppeln – eine hohe Hürde.
Es wird nur eine kleine Lösung mit einer Vertiefung der Bankenunion, neuen Sicherungsaufgaben für den ESM und ein bißchen wirtschaftspolitischer Koordination geben. Der Schwerpunkt wird eher auf der Gestaltung des neuen EU-Haushaltes für die Periode nach 2020 liegen.
Zuletzt geändert von Wähler am Mi 18. Apr 2018, 14:41, insgesamt 1-mal geändert.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Da kommt unsereins aus dem Kopfschütteln nicht heraus: Die beiden Partner hatten sich noch nicht einmal in ernsthaften Veerhandlungen in die Augen gesehen, und schon liegen die Ergebnisse dieser künftigen Verhandlungen gedruckt auf dem Tisch.

Wir sollten uns wirklich in Geduld üben. Die Regierungsbildung war schon lang genug. Aus meiner Sicht sollte die Kanzlerin sich noch kühner als Präsident Macron auf den Weg zur europäischen Föderation machen... und auf jeden Fall künftige Zahlungen Deutschlands an die EU davon abhängig machen, daß es in dieser Richtung voran geht.

Der Versuch, alle 27 Partner mit zu nehmen ist völlig destruktiv, weil eben die 27 völlig unterschiedlicher Meinung über die Ziele der europäischen Einigung sind. Ohne Ziel, los! :s Als Mindestanforderung an die Bundesregierung sehe ich ein öffentliches Konzept, wo sie denn die Deutschen in den nächsten 50 Jahren ankommen lassen möchte.

Oder weiß hier jemand, welches europapolitische Ziel diese Regierung verfolgt? Alles ein wenig, aber nichts wirklich?
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(18 Apr 2018, 14:30)

Oder weiß hier jemand, welches europapolitische Ziel diese Regierung verfolgt? Alles ein wenig, aber nichts wirklich?
Merkel denkt nicht im Traum an ein Europa der 2 Geschwindigkeiten. Die will alle 27 Mitglieder im Boot haben. Damit sie heute beim Besuch von Macron nicht mit komplett leeren Händen dasteht hat sie die Idee (die eigentlich vom Niederländer Rutte stammt) eines "Jumbo-Rats" ins Spiel gebracht. Da sollen sich nicht nur wie bisher die EU-Finanz- sondern auch die Wirtschaftsminister mehrmals im Jahr treffen.

"Der Austausch beider, also Finanz- und Wirtschaftsminister, könnte uns in der Wirtschafts- und Währungsunion voranbringen.“ Die Finanzminister spielten dabei naturgemäß eine wichtige Rolle. Der Wirtschaftsminister könne aber zum Thema Strukturreformen, zur Produktivität und zur Wettbewerbsfähigkeit einen wichtigen Beitrag leisten." Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/k ... 48895.html

Der Jumbo-Rat ist nach meiner Einschätzung eine Totgeburt. Der wird ganz schnell beerdigt und sollte nur Aktivitäten der Bundesregierung in Richtung Zukunft der EU vortäuschen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Apr 2018, 10:45)

Merkel denkt nicht im Traum an ein Europa der 2 Geschwindigkeiten. Die will alle 27 Mitglieder im Boot haben. Damit sie heute beim Besuch von Macron nicht mit komplett leeren Händen dasteht hat sie die Idee (die eigentlich vom Niederländer Rutte stammt) eines "Jumbo-Rats" ins Spiel gebracht. Da sollen sich nicht nur wie bisher die EU-Finanz- sondern auch die Wirtschaftsminister mehrmals im Jahr treffen.

"Der Austausch beider, also Finanz- und Wirtschaftsminister, könnte uns in der Wirtschafts- und Währungsunion voranbringen.“ Die Finanzminister spielten dabei naturgemäß eine wichtige Rolle. Der Wirtschaftsminister könne aber zum Thema Strukturreformen, zur Produktivität und zur Wettbewerbsfähigkeit einen wichtigen Beitrag leisten." Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/k ... 48895.html

Der Jumbo-Rat ist nach meiner Einschätzung eine Totgeburt. Der wird ganz schnell beerdigt und sollte nur Aktivitäten der Bundesregierung in Richtung Zukunft der EU vortäuschen.
Dieser Vorschlag wäre in der Tat enttäuschend! Denn den Jumbo-Rat gibt es schon seit Anbeginn der EU als EU-Ministerrat, wo sich je nach Bedarf die Regierungschefs oder die Fachminister treffen. Ob dort die Wirtschaftsminister sich schon einmal versammelt haben... ich weiß es nicht. Aber die Finanzminister und die Außenminister mit Sicherheit.

Sollten die Gespräche mit Präsident Macron also tatsächlich auf eine solche Nullnummer hinaus laufen, dann ist mein Wohlwollen für diese Bundesregierung restlos verbraucht. Denn neben dem fehlenden Gestaltungsvermögen der näheren Zukunft der EU steht ja auch ein nicht zu übersehender Mangel an Gestaltungskraft für unser Land. Nicht nur "Quo vadis Europa?" sondern auch "Quo vadis Germania?"... ja, immer weiter so... ööhm, wohin geht's denn?

Geradezu lächerlich erscheinen dann doch die so gern vorgetragenen Befürchtungen, daß Deutschland die EU "dominiert". Das ist wohl doch eher Wunschdenken... das der ehemalige polnische Verteidigungsminister Tomasz Simoniak so beschrieb: "Ich fürchte mich mehr vor der deutschen Unfähigkeit als vor der deutschen Stärke!"

Mein Verständnis von Politik bringt mich dazu zu fragen: "Wozu will die Bundeskanzlerin eigentlich ihr Amt nutzen? Für die Gestaltung unserer Zukunft oder für ihr Gefühl höchster persönlicher Wichtigkeit?"
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

Beim Besuch von Macron hat sich Merkel offener gegeben als erwartet.

"Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bekräftigt, trotz unterschiedlicher Positionen in einigen Punkten zusammen mit Frankreich bis Mitte des Jahres einen Kompromiss für die geplanten EU-Reformen zu erarbeiten. „Wir brauchen eine offene Debatte und am Schluss die Fähigkeit zum Kompromiss“, sagte Merkel am Donnerstag in Berlin bei einem Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Es gelte, zentrale Antworten für die Bürger Europas auf die weltweiten Herausforderungen zu geben." Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/merk ... 50090.html

Sehe aber nach wie vor keine realistische Perspektive für einen Fortschritt bei den strittigen Themen.

"Als Themen, die bei den Reformen angegangen werden sollen, nannte sie die europäische Asylpolitik, eine gemeinsame Außenpolitik sowie eine Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion oder eine Bankenunion."

Eine europäische Asylpolitik wird es mit den Visegradstaaten nicht geben, da gibt es nur eine Null-Asyl-Politik. Eine gemeinsame Außenpolitik halte ich ebenfalls für extrem unwahrscheinlich weil es im historischen Kontext riesige Unterschiede in den Positionen der einzelnen EU-Länder gibt. Die Weiterentwicklung der Wirschafts- und Währungsunion wird von der überwältigenden Mehrzahl der EU-Länder geblockt und eine Bankenunion wird es erst geben wenn in Griechenland und Italien die betroffenen Banken ihre faulen Kredite losgeworden sind.
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Dieter Winter
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Dieter Winter »

Was genau meint Macron eigentlich mit der von ihm beschworenen Bankenunion?

Gemeinschaftliche Haftung der Banken (also letztlich des Steuerzahlers) wenn sich mal wieder ein Institut verzockt hat?
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Orbiter1 »

Dieter Winter hat geschrieben:(19 Apr 2018, 15:47)

Was genau meint Macron eigentlich mit der von ihm beschworenen Bankenunion?

Gemeinschaftliche Haftung der Banken (also letztlich des Steuerzahlers) wenn sich mal wieder ein Institut verzockt hat?
Da geht es konkret um die dritte Stufe der Bankenunion. Die ersten beiden Stufen der Bankenunion gibt es ja bereits. Sie betreffen die Aufsicht über die Banken durch die EZB und die Abwicklung von Pleitebanken, bei der zuerst die Aktionäre und die Kunden gefordert sind, sowie ein Fonds der von den Banken finanziert wird. In der dritten Stufe soll bei der Abwicklung von Pleitebanken auch Geld aus einem gemeinsamen europäischen Einlagensicherungsfonds verwendet werden. Bisher sind die Einlagensicherungsfonds auf nationaler Ebene geregelt.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Dieter Winter »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Apr 2018, 16:21)

Da geht es konkret um die dritte Stufe der Bankenunion. Die ersten beiden Stufen der Bankenunion gibt es ja bereits. Sie betreffen die Aufsicht über die Banken durch die EZB und die Abwicklung von Pleitebanken, bei der zuerst die Aktionäre und die Kunden gefordert sind, sowie ein Fonds der von den Banken finanziert wird. In der dritten Stufe soll bei der Abwicklung von Pleitebanken auch Geld aus einem gemeinsamen europäischen Einlagensicherungsfonds verwendet werden. Bisher sind die Einlagensicherungsfonds auf nationaler Ebene geregelt.
Und was wenn diese Fondseinlagen nicht reichen? Wer löhnt ggf.?
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Orbiter1 »

Dieter Winter hat geschrieben:(19 Apr 2018, 16:22)

Und was wenn diese Fondseinlagen nicht reichen? Wer löhnt ggf.?
Dann wird die betroffene Bank geschlossen. Die Steuerzahler erwischt es nur dann wenn die Regierung die betroffene Pleitebank nicht über die im Rahmen der Bankenunion vereinbarten Prozesse abwickeln sondern unbedingt retten will. Den Fall hatten wir bereits letztes Jahr in Italien.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Dieter Winter »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Apr 2018, 16:31)

Dann wird die betroffene Bank geschlossen. Die Steuerzahler erwischt es nur dann wenn die Regierung die betroffene Pleitebank nicht über die im Rahmen der Bankenunion vereinbarten Prozesse abwickeln sondern unbedingt retten will. Den Fall hatten wir bereits letztes Jahr in Italien.
Oder bei uns mit der HRE.

Klingt jetzt nicht wirklich attraktiv.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Orbiter1 »

Dieter Winter hat geschrieben:(19 Apr 2018, 16:34)

Oder bei uns mit der HRE.

Klingt jetzt nicht wirklich attraktiv.
Damals gab es noch keine Bankenunion. Sie ist ja erst durch Fälle wie die HRE ins Leben gerufen worden.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Dieter Winter »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Apr 2018, 16:40)

Damals gab es noch keine Bankenunion. Sie ist ja erst durch Fälle wie die HRE ins Leben gerufen worden.
Ich befürchte halt, dass die Bankenrettungen aufgrund der "systemrelevanz" wieder alternativlos sein werden. Obwohl es jetzt schon recht lange gut geht, hat sich ja nicht wirklich was geändert. Die Schulden wurden mehr und die Zockerei geht fröhlich weiter, als wäre nie was gewesen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Orbiter1 »

Dieter Winter hat geschrieben:(19 Apr 2018, 16:43)

Ich befürchte halt, dass die Bankenrettungen aufgrund der "systemrelevanz" wieder alternativlos sein werden. Obwohl es jetzt schon recht lange gut geht, hat sich ja nicht wirklich was geändert. Die Schulden wurden mehr und die Zockerei geht fröhlich weiter, als wäre nie was gewesen.
Das schätze ich auch so ein. Da schlummern noch einige Risiken in den Bankbilanzen. Die Summe der faulen Kredite (Kredite die nicht mehr.bedient werden) liegt alleine in Italien bei über 300 Mrd €.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Wähler »

http://www.sueddeutsche.de/politik/zuku ... -1.3950820
SZ 19. April 2018 Frankreichs Präsident Macron kämpft für die Union, Merkel zaudert
Über Dinge nämlich, die gar nicht umstritten sein dürften.
Dazu zählt eine echte militärische Zusammenarbeit bis hin zu einer gemeinsamen strategischen Ausrichtung von Sicherheit; eine echte Verzahnung der Arbeit der Nachrichtendienste im Kampf gegen den Terror (Macron denkt an eine gemeinsame Ausbildungsakademie); einen wirklich umfassenden und gemeinsamen Einsatz für einen europäischen Grenzschutz.
Und ja, schließlich auch die kluge Idee, bei der Flüchtlingsverteilung den Gemeinden besonders zu helfen, die Flüchtlinge aufnehmen. Ein Vorstoß, der die vergiftete Asyldebatte weg führen würde von Zwang, Druck und mangelnder Solidarität - hin zu vernünftigen Anreizen.
Deshalb stellt sich die Frage: Wie lässt sich eine Situation schaffen, in der alle EU-Staaten noch einmal die Frage klären, ob sie wirklich und mit allen Konsequenzen zu einer künftigen EU gehören möchten?
Diese Frage, man kann es drehen oder wenden, wie man will, lässt sich nur durch Referenden lösen. Nur mit einer Volksabstimmung über ein Ja oder Nein kann jede Bevölkerung noch einmal für sich entscheiden, ob sie dabei bleiben möchte
Angela Merkel will offensichtlich auch eine Änderung der EU-Verträge für einen gemeinsamen Währungsfonds. Für ein erneutes EU-Referendum müssen aber noch ein paar inhaltliche Punkte hinzukommen. Bis dahin sollten auch einmal Vorhaben in der EU-Verteidigungs- und Sicherheitspolitik im bestehenden gesetzlichen Rahmen umgesetzt werden.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Dieter Winter »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Apr 2018, 17:03)

Das schätze ich auch so ein. Da schlummern noch einige Risiken in den Bankbilanzen. Die Summe der faulen Kredite (Kredite die nicht mehr.bedient werden) liegt alleine in Italien bei über 300 Mrd €.
Nicht zu vergessen die Schattenbanken die aus dem Fonds eh rausfallen. Alleine Blackstone hat ein Investmentvolumen von 6 Billionen (also 6.000 Milliarden, keine US Billions). Da wird einem schwindelig.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Apr 2018, 14:53)

Beim Besuch von Macron hat sich Merkel offener gegeben als erwartet.

"Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bekräftigt, trotz unterschiedlicher Positionen in einigen Punkten zusammen mit Frankreich bis Mitte des Jahres einen Kompromiss für die geplanten EU-Reformen zu erarbeiten. „Wir brauchen eine offene Debatte und am Schluss die Fähigkeit zum Kompromiss“, sagte Merkel am Donnerstag in Berlin bei einem Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Es gelte, zentrale Antworten für die Bürger Europas auf die weltweiten Herausforderungen zu geben." Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/merk ... 50090.html

Sehe aber nach wie vor keine realistische Perspektive für einen Fortschritt bei den strittigen Themen.

"Als Themen, die bei den Reformen angegangen werden sollen, nannte sie die europäische Asylpolitik, eine gemeinsame Außenpolitik sowie eine Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion oder eine Bankenunion."

Eine europäische Asylpolitik wird es mit den Visegradstaaten nicht geben, da gibt es nur eine Null-Asyl-Politik. Eine gemeinsame Außenpolitik halte ich ebenfalls für extrem unwahrscheinlich weil es im historischen Kontext riesige Unterschiede in den Positionen der einzelnen EU-Länder gibt. Die Weiterentwicklung der Wirschafts- und Währungsunion wird von der überwältigenden Mehrzahl der EU-Länder geblockt und eine Bankenunion wird es erst geben wenn in Griechenland und Italien die betroffenen Banken ihre faulen Kredite losgeworden sind.
Vielleicht übertreiben Sie es ein wenig mit Ihren so oft wiederholten Zweifeln an sinnvollen Schritten zur Weiterentwicklung der EU. Wir sollten dann doch das Verhandlungsergebnis abwarten, das uns im Juni 2018 anläßlich der EU-Versammlung vorgetragen werden wird. Wenn da großer Käse verkündet wird, dann haben wir immer noch Gelegenheit zum Jammern und Meckern. Die Begrüßungsrede der Kanzlerin ließ jedenfalls keine harte Vorfestlegung erkennen, und die Erwiderung von Präsident Macron klang auch so, daß er ein Ergebnis verhandeln möchte.

Durchaus möglich, daß es dann harte Ablehnung einiger EU-Partner geben wird. Diese Haltung wird womöglich ganz gezielt herbei geführt.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(20 Apr 2018, 01:04)

Vielleicht übertreiben Sie es ein wenig mit Ihren so oft wiederholten Zweifeln an sinnvollen Schritten zur Weiterentwicklung der EU. Wir sollten dann doch das Verhandlungsergebnis abwarten, das uns im Juni 2018 anläßlich der EU-Versammlung vorgetragen werden wird.
Sehen sie denn einen EU-Staat der bereit ist Macron zu folgen? Glauben sie denn ernsthaft dass das was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde ausreicht um Macron`s Visionen umzusetzen? Oder dass die Union bereit ist weit über das im Koalitionsvertrag vereinbarte hinauszugehen? Ich kann das beim besten Willen nicht erkennen und der gestrige Besuch bietet da auch wenig Ansätze um in Optimismus zu verfallen. Aber ich will ihnen die Hoffnung auf ein Wunder nicht nehmen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(20 Apr 2018, 10:46)

Sehen sie denn einen EU-Staat der bereit ist Macron zu folgen? Glauben sie denn ernsthaft dass das was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde ausreicht um Macron`s Visionen umzusetzen? Oder dass die Union bereit ist weit über das im Koalitionsvertrag vereinbarte hinauszugehen? Ich kann das beim besten Willen nicht erkennen und der gestrige Besuch bietet da auch wenig Ansätze um in Optimismus zu verfallen. Aber ich will ihnen die Hoffnung auf ein Wunder nicht nehmen.
Diese Hoffnung bewahre ich mir erst einmal... setze mich und andere unter Erwartungsdruck. Daß nicht alle Partner solidarisch den gemeinsamen Weg einschlagen werden, das ist mir schon klar. Das sind nun ein mal notwendige Klärungen, damit das europäische Projekt Fortschritte machen kann.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Wähler »

http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 03820.html
Spiegel 20. April 2018 Macrons - Reformvorschläge Merkel riskiert die nächste Eurokrise
Wenn das stimmt, ist völlig irre, was Merkels Wirtschaftsverein als Mantra für die Euro-Zukunft seit Monaten ausgibt:
Am Stabilitätspakt, der die Austerität festschreibt, soll "konsequent" festgehalten werden.
Die No-Bailout-Klausel, wonach Euro-Länder andere Euro-Staaten nicht finanziell helfen dürfen, sei "uneingeschränkt" einzuhalten.
Ein Europäischer Währungsfonds (EWS) könne nur unter Mitsprachen einzelner Sonderländer wie Deutschland agieren.
Und erst mal dürfe es keine gemeinsame Einlagensicherung geben, bei der die Sparguthaben in den EU-Ländern gemeinsam vor dem Fall einer Bankpleite geschützt würden.
Die tumbe Defizitquoten-Buchhaltung des Stabilitätspakts hat nach gängigen Diagnosen zu Krise und Panik stark beigetragen - etwa dazu, dass in guten Zeiten zu wenig und in schlechten zu viel gespart wurde.
"Wenn alle Euroländer zusammen dafür geradestehen, dass im Notfall Ersparnisse ausbezahlt würden, wird es erst gar nicht zu Schlangen an den Bankschaltern kommen. Das Prinzip funktioniert ähnlich wie nach der Ankündigung von Mario Draghi, notfalls alle Staatsanleihen aufzukaufen - und auch damals hat es geklappt.
Wobei jenes gemeinsame Euro-Budget helfen könnte, das Länder in akuten Krisen unterstützen soll.
Oder eine europäische Arbeitslosenversicherung, wie sie nicht nur Macron vorschlägt - und bei der automatisch jene mehr einzahlen, bei denen die Konjunktur gerade überdurchschnittlich gut läuft."
Bei der Einlagensicherung wird es, wie schon vereinbart, vorangehen, bei allen anderen Punkten eher nicht, weil zur Zeit keine Krisensituation Druck ausübt.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(21 Apr 2018, 10:02)

"Wenn alle Euroländer zusammen dafür geradestehen, dass im Notfall Ersparnisse ausbezahlt würden, wird es erst gar nicht zu Schlangen an den Bankschaltern kommen.
Schlangen an den Bankschaltern um seine Ersparnisse abheben zu können wird es sowieso nicht geben. Die EZB würde bei einer Krisenbank, oder notfalls wie in Griechenland geschehen im ganzen Land, Kapitalverkehrskontrollen einführen. In Griechenland gelten die 3 Jahre nach der Einführung immer noch. Die wurden zwar etwas gelockert aber mehr als 840 € in einem Zeitraum von 14 Tagen kann ein Grieche nicht von seinem Konto abheben. Bei der jetzt diskutierten europäischen Einlagensicherung geht es um die Ersparnisse die über die gesetzliche Einlagensicherung von 100.000 € pro Person hinausgehen. Denn nur dort greift der Einlagensicherungsfonds, bisher aber nur auf nationaler Ebene.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Oh, was hat man doch gebarmt, daß mit dem bewährten Finanzminister Schäuble das einige Europa nicht zu machen sei! Und nun haben wir einen genau so nüchternen deutschen Finanzminister Scholz, und der Bundestagspräsident ruft von seiner abgehobenen Stellung aus nach einem europäischen Asylrecht und einer Europa-Armee.

https://www.epochtimes.de/politik/deuts ... 06700.html

Da darf man gespannt sein, wenn das Thema Europa auf der Tagesordnung steht, wie sich der Bundestagspräsident dort einbringen wird, und wie er die Zusammenarbeit von Bundestag und Assemblée Nationale voran bringen wird.

Erst einmal ist das heute ein schöner Sonntag!
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(22 Apr 2018, 08:30)
Oh, was hat man doch gebarmt, daß mit dem bewährten Finanzminister Schäuble das einige Europa nicht zu machen sei! Und nun haben wir einen genau so nüchternen deutschen Finanzminister Scholz, und der Bundestagspräsident ruft von seiner abgehobenen Stellung aus nach einem europäischen Asylrecht und einer Europa-Armee.
https://www.epochtimes.de/politik/deuts ... 06700.html
Da darf man gespannt sein, wenn das Thema Europa auf der Tagesordnung steht, wie sich der Bundestagspräsident dort einbringen wird, und wie er die Zusammenarbeit von Bundestag und Assemblée Nationale voran bringen wird.
Erst einmal ist das heute ein schöner Sonntag!
Über eine koordinierte Finanz- und Wirtschaftspolitik schweigt Schäuble aber, wie schon als Finanzminister. Dabei wird nach dem Brexit der weit überwiegende Teil des Bruttosozialproduktes der EU in den Euro-Ländern erwirtschaftet:
http://www.bpb.de/internationales/europ ... haftskraft
Deutschland weicht den Fragen Macrons nach einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftspolitik nach wie vor aus.
Zuletzt geändert von Wähler am So 22. Apr 2018, 10:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 09:09)

Deutschland weicht den Fragen Macrons nach einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftspolitik nach wie vor aus.
Ist auch verständlich. Man will sich halt nicht verschlechtern.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 09:09)

Über eine koordinierte Finanz- und Wirtschaftspolitik schweigt Schäuble aber, wie schon als Finanzminister. Dabei wird nach dem Brexit der überwiegende Teil des Bruttosozialproduktes der EU in den Euro-Ländern erwirtschaftet:
http://www.bpb.de/internationales/europ ... haftskraft
Deutschland weicht den Fragen Macrons nach einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftspolitik nach wie vor aus.
Das ist schon wahr; aber der Urknall hat angeblich am Anfang des Universums gestanden; da ist unsereiner schon ganz froh, wenn es hier oder da in Sachen Europa wenigstens einmal ein wenig knattert! :)
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 09:09)
Über eine koordinierte Finanz- und Wirtschaftspolitik schweigt Schäuble aber, wie schon als Finanzminister. Dabei wird nach dem Brexit der weit überwiegende Teil des Bruttosozialproduktes der EU in den Euro-Ländern erwirtschaftet:
http://www.bpb.de/internationales/europ ... haftskraft
Deutschland weicht den Fragen Macrons nach einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftspolitik nach wie vor aus.
Orbiter1 hat geschrieben:(22 Apr 2018, 09:13)
Ist auch verständlich. Man will sich halt nicht verschlechtern.
Das ist aber zu kurzsichtig. Eine besser koordinierte Finanz- und Wirtschaftspolitik könnte auch zu einer besseren Steuerung der Binnenwanderung in der EU beitragen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 10:14)

Das ist aber zu kurzsichtig. Eine besser koordinierte Finanz- und Wirtschaftspolitik könnte auch zu einer besseren Steuerung der Binnenwanderung in der EU beitragen.
Auf das Ergebnis kommt es doch wohl an. Wenn Deutschland mehr Geld bereit stellt, über dessen Verwendung dann Dritte mit Mehrheit bestimmen, dann halte ich das für einen blühenden Unsinn. Damit sollte man schon den eigenen politischen Einfluß vergrößern. In einer Föderation, also gemeinsames Parlament, gemeinsame Ministerien, gemeinsame Armee und Außenpolitik sieht diese Sache ganz anders aus. Da halte ich solche Ausgleichszahlungen für das ganz Alltägliche.

Nie wieder so etwas wie den Euro ohne gemeinsamen Überbau und Übertragung zugehöriger Hoheitsrechte für Wirtschaft und Finanzen auf die Gemeinschaft.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 10:14)
Das ist aber zu kurzsichtig. Eine besser koordinierte Finanz- und Wirtschaftspolitik könnte auch zu einer besseren Steuerung der Binnenwanderung in der EU beitragen.
H2O hat geschrieben:(22 Apr 2018, 10:45)
Auf das Ergebnis kommt es doch wohl an. Wenn Deutschland mehr Geld bereit stellt, über dessen Verwendung dann Dritte mit Mehrheit bestimmen, dann halte ich das für einen blühenden Unsinn. Damit sollte man schon den eigenen politischen Einfluß vergrößern. In einer Föderation, also gemeinsames Parlament, gemeinsame Ministerien, gemeinsame Armee und Außenpolitik sieht diese Sache ganz anders aus. Da halte ich solche Ausgleichszahlungen für das ganz Alltägliche.
Nie wieder so etwas wie den Euro ohne gemeinsamen Überbau und Übertragung zugehöriger Hoheitsrechte für Wirtschaft und Finanzen auf die Gemeinschaft.
Kein EU-Mitgliedsstaat will eine große Lösung. Es wird mit eher kleinen Schritten weitergehen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 10:50)

Kein EU-Mitgliedsstaat will eine große Lösung. Es wird mit eher kleinen Schritten weitergehen.
Dann wird es gar nicht weiter gehen, weil der Wille fehlt, sich an die Erfordernisse der Globalisierung an zu passen. Das war der Ausgangspunkt für die große EU. Zeit über nationale Optionen nach zu denken.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 10:50)
Kein EU-Mitgliedsstaat will eine große Lösung. Es wird mit eher kleinen Schritten weitergehen.
H2O hat geschrieben:(22 Apr 2018, 11:21)
Dann wird es gar nicht weiter gehen, weil der Wille fehlt, sich an die Erfordernisse der Globalisierung an zu passen. Das war der Ausgangspunkt für die große EU. Zeit über nationale Optionen nach zu denken.
Es gibt kein Zurück für Deutschland zum traditionellen Nationalstaat in Europa. Wir bürgen bereits mit 190 Milliarden Euro für anderen Euro-Länder. Wir brauchen darüber hinaus dringend eine Koordinierung der Asylpolitik, der Verteidigungs- und Außenpolitik. Wenn es die EU noch nicht gäbe, würde eine andere Form von Supranationalität geschaffen werden.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 11:26)

Es gibt kein Zurück für Deutschland zum traditionellen Nationalstaat in Europa. Wir bürgen bereits mit 190 Milliarden Euro für anderen Euro-Länder. Wir brauchen darüber hinaus dringend eine Koordinierung der Asylpolitik, der Verteidigungs- und Außenpolitik. Wenn es die EU noch nicht gäbe, würde eine andere Form von Supranationalität geschaffen werden.
Ja, kann ich mir vorstellen. Aber eine Supranationalität, die anders angelegt ist als die der EU. Für die EU in ihrer heutigen Form ist es schon zwölf Uhr durch. Macrons Rettungsversuch sah nur die Euro-Zone vor... was ich für machbar hielt. Wenn deutsche Interessen das verhindern, dann wird es andere Wege geben müssen. Sehen Sie die?
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 11:26)
Es gibt kein Zurück für Deutschland zum traditionellen Nationalstaat in Europa. Wir bürgen bereits mit 190 Milliarden Euro für anderen Euro-Länder. Wir brauchen darüber hinaus dringend eine Koordinierung der Asylpolitik, der Verteidigungs- und Außenpolitik. Wenn es die EU noch nicht gäbe, würde eine andere Form von Supranationalität geschaffen werden.
H2O hat geschrieben:(22 Apr 2018, 11:42)
Ja, kann ich mir vorstellen. Aber eine Supranationalität, die anders angelegt ist als die der EU. Für die EU in ihrer heutigen Form ist es schon zwölf Uhr durch. Macrons Rettungsversuch sah nur die Euro-Zone vor... was ich für machbar hielt. Wenn deutsche Interessen das verhindern, dann wird es andere Wege geben müssen. Sehen Sie die?
Ich kann es mir nur im Rahmen der bestehenden EU vorstellen. Merkel sprach ja von einer Änderung der EU-Verträge für einen Europäischen Währungsfonds. Es könnte ja auch eine große Vertragsrefom wie 2007 in Lissabon geben.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von van Kessel »

"Wähler"
Es gibt kein Zurück für Deutschland zum traditionellen Nationalstaat in Europa. Wir bürgen bereits mit 190 Milliarden Euro für anderen Euro-Länder. Wir brauchen darüber hinaus dringend eine Koordinierung der Asylpolitik, der Verteidigungs- und Außenpolitik. Wenn es die EU noch nicht gäbe, würde eine andere Form von Supranationalität geschaffen werden.
hat nicht vor fast 300 Jahren bereits ein deutscher Philosoph aufgezeigt, wie man aus dem selbstverschuldeten Dilemma hinausfindet?
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. ‚Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!‘ ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“
Nationalstaaten haben eine wesentlich längere Haltbarkeitsdauer als alle Versuche, die 'Völker dieser Welt' zu einem Klumpen formen zu wollen. Die Globalisierung ist kein gesellschaftlicher Akt, sondern nur ein wirtschaftlicher. Sobald die Bedingungen für einen globalen Handel nicht mehr gegeben sind, stehen die Befürworter einer homogenen Welt wie Waisenkinder in der Wüste der Gesellschaftslosigkeit.

Übrigens ist Deutschland noch nie ein 'traditioneller' Nationalstaat gewesen (gemessen z.B. an den Niederlanden oder der Schweiz).
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 11:26)
Es gibt kein Zurück für Deutschland zum traditionellen Nationalstaat in Europa. Wir bürgen bereits mit 190 Milliarden Euro für anderen Euro-Länder. Wir brauchen darüber hinaus dringend eine Koordinierung der Asylpolitik, der Verteidigungs- und Außenpolitik. Wenn es die EU noch nicht gäbe, würde eine andere Form von Supranationalität geschaffen werden.
van Kessel hat geschrieben:(22 Apr 2018, 11:52)
Nationalstaaten haben eine wesentlich längere Haltbarkeitsdauer als alle Versuche, die 'Völker dieser Welt' zu einem Klumpen formen zu wollen. Die Globalisierung ist kein gesellschaftlicher Akt, sondern nur ein wirtschaftlicher. Sobald die Bedingungen für einen globalen Handel nicht mehr gegeben sind, stehen die Befürworter einer homogenen Welt wie Waisenkinder in der Wüste der Gesellschaftslosigkeit.
Übrigens ist Deutschland noch nie ein 'traditioneller' Nationalstaat gewesen (gemessen z.B. an den Niederlanden oder der Schweiz).
Unser Wohlstand in Deutschland hängt vom Wettbewerb mit chinesischen und us-amerikanischen Unternehmen ab. Soll Deutschland allein die Strafzölle mit Trump aushandeln? Genau das ist ja seine Strategie, nur bilaterale Verträge mit kleinen Nationalstaaten, statt mit der großen EU.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(22 Apr 2018, 11:47)

Ich kann es mir nur im Rahmen der bestehenden EU vorstellen. Merkel sprach ja von einer Änderung der EU-Verträge für einen Europäischen Währungsfonds. Es könnte ja auch eine große Vertragsrefom wie 2007 in Lissabon geben.
Ob eine Vertragsreform wohl mit 27 Partnern auf den Weg zu bringen ist? Der Lissabonvertrag ist seinerzeit schon gescheitert, weil Iren, Niederländer und Franzosen ihre Innenpolitik mit Denkzetteln würzen wollten. Dann hat die Kanzlerin höchstpersönlich alle Partner bekniet, einen Vertrag zu unterzeichnen und am Ende auch zu ratifizieren, den einige Partner nach Belieben brechen:

Der Euro sollte mit Ausnahme GB und DK längst Gemeinschaftswährung sein. In einigen Partnerstaaten gibt es keine unabhängige Justiz mehr, in anderen eine unfaßbare Korruption und Schwund europäischer Mittelzuweisungen. Völlig legale Mehrheitsbeschlüsse mitsamt EuGH-Urteil zur Flchtlingsverteilung werden mißachtet. Da werden EU-Pässe meistbietend verkauft und so EU-Sanktionen gegen Oligarchen unterlaufen, da wirken Mafia und Politik eng zusammen bis hin zum Mord.

Mit solchen Partnern kann man doch keine Gemeinschaft bauen, in der Partner auf allen Ebenen vertrauensvoll zusammen arbeiten. Wie gesagt: Zwölf Uhr ist durch, bald schlägt es dreizehn.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

Es gibt ja doch ein Land das die Reformen von Macron unterstützt, zumindest zum Teil - Spanien. Hier ein Zitat des spanischen Außenministers.

"Befürwortet Spanien einen europäischen Finanzminister, wie Emmanuel Macron ihn vorschlägt?
Wichtiger als ein neuer Minister sind neue Mechanismen. Wir wollen die Bankunion vollenden, einen gemeinsamen EU-Haushalt und eine Transferunion. Am Ende sollen alle Mitglieder Arbeitsplätze schaffen, wachsen und weltweit wettbewerbsfähig sein." Quelle: http://www.handelsblatt.com/my/politik/ ... 03520.html

Bei der Einführung des Euro wurde den Deutschen versprochen, bei allem was überhaupt auf dieser Welt heilig ist, dass es niemals eine Transferunion geben wird. Niemals wird Deutschland für die Schulden anderer Länder aufkommen müssen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Wünschen kann sich jeder Euro-Partner, was immer er aus seiner Sicht für sinnvoll hält. Vor allem sollten wir das Ergebnis der deutsch-französischen Gespräche über die Reform der EU abwarten und nicht immer wieder für gereizte Stimmung sorgen. Erst nach diesen Gesprächen wissen wir, wohin so ungefähr der europäische Hase läuft. Denn danach folgt mit Sicherheit ein weiterer Abgleich mit den übrigen Euro-Partnern und solchen, die es kurzfristig werden wollen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von DarkLightbringer »

Macron scheint Trump fast in den Griff zu bekommen. Das hat nicht nur etwas mit dem gemeinsamen Militärschlag zu tun, die Chemie der beiden ist ähnlich - wenn auch nicht gleich. Geschickt hatte der Franzose den Amerikaner zum Nationalfeiertag eingeladen und eine Militärparade vorgeführt. Trump hat das beeindruckt. Dr. Angela Merkel müsste man erst erklären, warum es da Funken sprühen kann.
Im Grunde fing es aber schon weit früher an. Bei der ersten Begegnung ergriff Macron vor den Kameras Trumps Hand und hielt sie fest umklammert, weit über Gebühr. Trump verwirrte das, aber er verwirrt ja auch selbst.
Als Führerin der freien Welt taucht Merkel in der US-Presse nicht mehr auf. Deutschland dürfte mittlerweile als etwas zu zauderlich gelten. Dafür haben wir einen Handelsüberschuss. Das ist wichtig in Europa. Und der Franzose ist arm, aber sexy.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Apr 2018, 00:10)

Macron scheint Trump fast in den Griff zu bekommen.
Da sollte die Betonung nach meiner Einschätzung auf „fast“ liegen. Bald stehen die Zwischenwahlen in den USA an und die Stimmen bekommt Trump nicht von Macron oder den anderen Europäern. Trump hat derzeit die höchsten Zustimmungswerte seiner Präsidentschaft. Gefällt seinen Wählern wie er mit dem Rest der Welt umspringt. Ich gehe davon aus dass er wie gewohnt weitermacht und auf jeden Fall Strafzölle gegen die EU erheben wird. In ein paar Tagen wissen wir mehr.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von DarkLightbringer »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 Apr 2018, 00:22)

Da sollte die Betonung nach meiner Einschätzung auf „fast“ liegen. Bald stehen die Zwischenwahlen in den USA an und die Stimmen bekommt Trump nicht von Macron oder den anderen Europäern. Trump hat derzeit die höchsten Zustimmungswerte seiner Präsidentschaft. Gefällt seinen Wählern wie er mit dem Rest der Welt umspringt. Ich gehe davon aus dass er wie gewohnt weitermacht und auf jeden Fall Strafzölle gegen die EU erheben wird. In ein paar Tagen wissen wir mehr.
Stichwort Atomdeal.
Eine Einigung zwischen USA und DE, FR, GB scheint fast in trockenen Tüchern zu liegen. Dabei werden die Kritikpunkte seitens der USA berücksichtigt und neue Sanktionsdrohungen gegenüber dem Iran sind enthalten.

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/p ... spartanntp

Sollte das Platzen, würden die Europäer praktisch einen eigenen Weg gehen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Apr 2018, 14:13)

Stichwort Atomdeal.
Eine Einigung zwischen USA und DE, FR, GB scheint fast in trockenen Tüchern zu liegen. Dabei werden die Kritikpunkte seitens der USA berücksichtigt und neue Sanktionsdrohungen gegenüber dem Iran sind enthalten.

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/p ... spartanntp

Sollte das Platzen, würden die Europäer praktisch einen eigenen Weg gehen.
Für den Iran spielt es keine Rolle ob die Europäer einen eigenen Weg gehen. Die überragende Militärmacht dieser Welt sind die USA. Die werden dieses Jahr 700 Mrd. $ für ihr Militär ausgeben und in den Folgejahren wird es nicht viel weniger sein. Aus meiner Sicht wird es demnächst einen militärischen Konflikt mit dem Iran geben. Da werden die USA, Saudi-Arabien und Israel mal zeigen wer die Vorherrschaft in der Region hat, bevor der Iran noch mächtiger wird und weiter militärisch aufrüstet. Idealerweise sollte der Iran den Grund für den Militäreinsatz liefern. Mit der Kündigung des Atomdeals durch die USA werden die Voraussetzungen dafür geschaffen. Ich sehe in den USA, Saudi-Arabien und Israel die Falken am Zug. Das hat jetzt mit dem Thread nur noch wenig zu tun.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

„Nicht nur in der Türkei, Ägypten oder den USA. Besonders in europäischen Ländern wie Polen, Ungarn, Slowakei und Tschechien wird die Pressefreiheit zunehmend eingeschränkt. .... In keiner anderen Weltregion hat sich die Lage der Pressefreiheit im vergangenen Jahr so stark verschlechtert wie in Europa. Journalistinnen und Journalisten sind dort zunehmend medienfeindlicher Hetze durch Regierungen oder führende Politiker ausgesetzt. Das ergibt sich aus der Rangliste der Pressefreiheit 2018, die von der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) am Mittwoch veröffentlicht wurde. ... Vier der fünf Länder, deren Platzierung sich in der neuen Rangliste der Pressefreiheit am stärksten verschlechtert hat, liegen in Europa: die EU-Mitglieder Malta, Tschechien und Slowakei sowie das Balkanland Serbien.„ Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/medien/rang ... 09454.html

Die Osteuropastaaten und Balkanstaaten haben in der EU, oder noch besser deren Nachfolgeorganisation, nichts verloren.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

@Orbiter1:

Zu dieser Erkenntnis bin ich mit dem Auftreten der Visegrad-Gruppe und anhand der Korruption in den Balkanstaaten auch gelangt. Polen war übrigens in den Rundfunkmeldungen des DLFs zur Pressefreiheit nicht erwähnt worden. Wäre auch etwas merkwürdig; die Gazeta Wyborcza und die Rzeczpospolita sind aus meiner Sicht sehr sachliche und freisinnige Tageblätter. Und bei pauschal "Osteuropa" sehe ich die Balten meist als ziemlich vorbildliche EU-Mitglieder.

Die EU sollte das Thema Korruption viel höher bewerten... Korruption und Gute Regierungsführung sind doch sehr fest miteinander verbunden. Vor allem darf Korruption nie wieder in der EU durch die EU oder durch Einrichtungen der EU ermittelt werden, sondern nur noch neutral durch transparency international. Das vorliegende Ergebnis kann man dann immer noch bewerten... aber nicht grenzenlos überdehnen. Dann unterbleiben auch politische Mauscheleien und mögliche Erpressungsversuche. Die EU hat mit der nur politisch-strategisch begründbaren Aufnahme vieler Oststaaten ohne Rücksicht auf Verluste einen schweren Fehler begangen. Derzeit läuft die EU Gefahr, diesen Unfug zu wiederholen, weil die Bewerber natürlich sagen werden: "Warum habt Ihr Euch denn so bei uns, und Bulgarien, Rumänien sind drin?"

Derzeit baue ich ein wenig auf Präsident Macron, daß es ihm gelingt, etwas mehr Zug in den Ofen zu bringen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(25 Apr 2018, 10:40)

@Orbiter1:

Zu dieser Erkenntnis bin ich mit dem Auftreten der Visegrad-Gruppe und anhand der Korruption in den Balkanstaaten auch gelangt. Polen war übrigens in den Rundfunkmeldungen des DLFs zur Pressefreiheit nicht erwähnt worden. Wäre auch etwas merkwürdig; die Gazeta Wyborcza und die Rzeczpospolita sind aus meiner Sicht sehr sachliche und freisinnige Tageblätter. Und bei pauschal "Osteuropa" sehe ich die Balten meist als ziemlich vorbildliche EU-Mitglieder.

Die EU sollte das Thema Korruption viel höher bewerten... Korruption und Gute Regierungsführung sind doch sehr fest miteinander verbunden. Vor allem darf Korruption nie wieder in der EU durch die EU oder durch Einrichtungen der EU ermittelt werden, sondern nur noch neutral durch transparency international. Das vorliegende Ergebnis kann man dann immer noch bewerten... aber nicht grenzenlos überdehnen. Dann unterbleiben auch politische Mauscheleien und mögliche Erpressungsversuche.
Ja, halte ich auch für eine sinnvolle Vorgehensweise. Wird aber mit dem Blick auf die Realitäten im Rahmen der EU nicht kommen. So einer Vereinbarung müssten auch die Osteuropäer zustimmen.
Die EU hat mit der nur politisch-strategisch begründbaren Aufnahme vieler Oststaaten ohne Rücksicht auf Verluste einen schweren Fehler begangen.
Der Fehler lässt sich leider nicht mehr gutmachen.
Derzeit läuft die EU Gefahr, diesen Unfug zu wiederholen, weil die Bewerber natürlich sagen werden: "Warum habt Ihr Euch denn so bei uns, und Bulgarien, Rumänien sind drin?"

Derzeit baue ich ein wenig auf Präsident Macron, daß es ihm gelingt, etwas mehr Zug in den Ofen zu bringen.
Macron hat ja schon angedeutet dass es mit ihm weitere Mitglieder nur geben wird wenn sich die EU (seinen) Reformen unterzogen hat. Mal sehen ob es auch so kommt. Da hab ich Zweifel.

Zumindest bei der Entwicklung und dem Bau von Militärgerät wird die deutsch/französische Partnerschaft noch enger.

"Airbus und Dassault bündelten ihre Kräfte zur Entwicklung und Produktion des europäischen Kampfflugzeugs der Zukunft, dem "Future Air Combat System", hieß es in einer Erklärung der Unternehmen anlässlich der ILA. "Wir sagen unseren Verteidigungsministerinnen, unseren politisch Verantwortlichen: Wir sind bereit", sagte Dassault-Chef Eric Trappier bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Airbus-Rüstungsvorstand Dirk Hoke. Zusätzlich zu dem Flugzeug soll das Programm Drohnen sowie Kommunikationsinfrastruktur umfassen. Nun warteten die Unternehmen darauf, dass sich Deutschland und Frankreich auf Details einigten und diese bekanntgeben." Quelle: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/air ... t-101.html
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