Anhänger der Philosophie Epikurs

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Alpha Centauri
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Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Alpha Centauri »

Hi. Gibt es hier auch Epikureer, also Anhänger des großen antiken Philosophen aus Samos , dessen Philosophie so oft und zu unrecht von seinen Gegner Stoiker wie Christen und Moslems missverstanden und übel verleumdet wurde.

Für mich persönlich er einer der interessantesten Philosophen des Altertums und seine Suche nach dem Weg und der Erlangung des Glückes zeitlos.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Uffzach »

Scheinbar gibt es hier keine Epikureer und somit sind alle anderen hier unglücklich. ;)
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Progressiver
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Progressiver »

Ich habe mich noch nicht im Detail mit der Philosophie Epikurs beschäftigt. Aber was diese Richtung zu sagen hat -egal ob man nun Epikur oder Lukrez nimmt- scheint Hand und Fuss zu haben. Mein Wissensstand ist: Man solle das Leben genießen anstatt sich selbst zu kasteien und zu quälen, weil irgendein bescheuertes Überwesen es angeblich so haben will. Die Philosophie ist weiterhin materialistisch. Ob es irgendwelche Götter gibt, ist den Epikureern egal, da solche Wesen sowieso keinen Einfluss auf das menschliche Leben haben. Anstatt aber hemmungslos zu fressen und zu saufen, geht es auch darum, ein in philosophischer Hinsicht gutes Leben zu führen. Dies alles kann den Christen und Muslimen selbstverständlich nicht gefallen haben. Denn diese wollen den Menschen ja als gottesfürchtig und leidend im Staub kriechen sehen. Dieses Leben soll Spaß machen? Diese Epikureer haben wohl nicht mitgekriegt, dass bei den Christen und Muslimen alles schöne im Leben Sünde sein soll!

Im Nachhinein kann ich es nicht nachvollziehen, warum die Menschen der Antike es vorzogen, sich selbst zu martern, wo doch der Epikureismus einen Sinn für das Schöne bieten hätte können. Ich teile aber die Kritik, dass die Epikureer zu wenig politisch dachten, wie es in der Wikipedia formuliert wurde. Insgesamt hoffe ich, dass die Lehren Epikurs und von Lukrez wieder mehr Beachtung finden.
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Alpha Centauri
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Alpha Centauri »

Progressiver hat geschrieben:(22 Dec 2017, 22:12)

Ich habe mich noch nicht im Detail mit der Philosophie Epikurs beschäftigt. Aber was diese Richtung zu sagen hat -egal ob man nun Epikur oder Lukrez nimmt- scheint Hand und Fuss zu haben. Mein Wissensstand ist: Man solle das Leben genießen anstatt sich selbst zu kasteien und zu quälen, weil irgendein bescheuertes Überwesen es angeblich so haben will. Die Philosophie ist weiterhin materialistisch. Ob es irgendwelche Götter gibt, ist den Epikureern egal, da solche Wesen sowieso keinen Einfluss auf das menschliche Leben haben. Anstatt aber hemmungslos zu fressen und zu saufen, geht es auch darum, ein in philosophischer Hinsicht gutes Leben zu führen. Dies alles kann den Christen und Muslimen selbstverständlich nicht gefallen haben. Denn diese wollen den Menschen ja als gottesfürchtig und leidend im Staub kriechen sehen. Dieses Leben soll Spaß machen? Diese Epikureer haben wohl nicht mitgekriegt, dass bei den Christen und Muslimen alles schöne im Leben Sünde sein soll!

Im Nachhinein kann ich es nicht nachvollziehen, warum die Menschen der Antike es vorzogen, sich selbst zu martern, wo doch der Epikureismus einen Sinn für das Schöne bieten hätte können. Ich teile aber die Kritik, dass die Epikureer zu wenig politisch dachten, wie es in der Wikipedia formuliert wurde. Insgesamt hoffe ich, dass die Lehren Epikurs und von Lukrez wieder mehr Beachtung finden.

Ja Epikur hat den Atomismus des Demokrit aus Abdera in seine Philosophie mit übernommen, es gibt nichts übernatürliches, immaterielles keinen Gott ( eher spielt keine Rolle für das Leben der Menschen er straft und belohnt auch nicht) , auch die Unsterblichkeit der Seele wird verneint, ( Der Körper- Geist Dualismus und Platons Zweiweltentheorie eher skeptisch gesehen)

In seiner Ethik stehen Ataraxie und Eudämonie im Mittelpunkt und die Lust ist ein hohes Gut.

Karl Marx hat in Epikur den ersten radikalen Aufklärer des Altertums gesehen.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Aber Epikurs Genuss-Philosophie steht auch ganz besonders für Mäßigung}. Interessante Frage für mich: Ist dieses Mäßigungsgebot kunstfeindlich? Müssten wir nach Epikur dauernd nur noch Wartezimmerentspannungsmusik hören und Richtungen wie György Ligeti oder den Free Jazz auf den Index setzen? Mäßigung steht gegen Exzess. Letzteres ist aber nötig für wirklich herausragende Kunst.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Dark Angel
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2017, 06:11)

Aber Epikurs Genuss-Philosophie steht auch ganz besonders für Mäßigung}. Interessante Frage für mich: Ist dieses Mäßigungsgebot kunstfeindlich? Müssten wir nach Epikur dauernd nur noch Wartezimmerentspannungsmusik hören und Richtungen wie György Ligeti oder den Free Jazz auf den Index setzen? Mäßigung steht gegen Exzess. Letzteres ist aber nötig für wirklich herausragende Kunst.
Bei Epikurs Philosophie geht es aber nicht Kunst, sondern um (persönliches) Glück, um Lust/Lustgewinn als höchstes Lebensziel.
Glück und Lust bedeuten für Epikur und seine Anhänger in erster Linie, die dauerhafte Abwesenheit von Leid, Schmerz und Unlust und um das zu erreichen heißt auch seine innere Ruhe und Gelassenheit zu finden. Glück und Lustgewinn bedeuten für Epikur auch seine Potentiale voll auszuschöpfen.
Hemmungslose Bedürfnisbefriedigung bis zum Exzess führt (nach Epikur) aber zum genauen Gegenteil von Glück und Lust - nämlich zu Unlust, Unzufriedenheit und Unglück.
"Nichts im Übermaß" = erkenne und setze deine Grenzen ist übrigens einer der Grundratschläge, die dem delphischen Apollon zugeschrieben werden.
Maß halten/Mäßigung ist eins der Grundprinzipien (antiker) griechischer Philosphie, die bereits auf die Vorsokratiker zurück reicht.
1. verwechselst du hier offensichtlich Stoizismus mit Epikureismus und

2. waren gerade die "ollen" Griechen herausragende Künstler, Philosophen, Wissenschaftler und Staatsmänner ("Erfinder der Demokratie", womit deine Behauptung - oben - widerlegt sein dürfte!
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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schokoschendrezki
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(26 Dec 2017, 14:21)

Bei Epikurs Philosophie geht es aber nicht Kunst, sondern um (persönliches) Glück, um Lust/Lustgewinn als höchstes Lebensziel.
Glück und Lust bedeuten für Epikur und seine Anhänger in erster Linie, die dauerhafte Abwesenheit von Leid, Schmerz und Unlust und um das zu erreichen heißt auch seine innere Ruhe und Gelassenheit zu finden. Glück und Lustgewinn bedeuten für Epikur auch seine Potentiale voll auszuschöpfen.
Hemmungslose Bedürfnisbefriedigung bis zum Exzess führt (nach Epikur) aber zum genauen Gegenteil von Glück und Lust - nämlich zu Unlust, Unzufriedenheit und Unglück.
"Nichts im Übermaß" = erkenne und setze deine Grenzen ist übrigens einer der Grundratschläge, die dem delphischen Apollon zugeschrieben werden.
Maß halten/Mäßigung ist eins der Grundprinzipien (antiker) griechischer Philosphie, die bereits auf die Vorsokratiker zurück reicht.
1. verwechselst du hier offensichtlich Stoizismus mit Epikureismus und

2. waren gerade die "ollen" Griechen herausragende Künstler, Philosophen, Wissenschaftler und Staatsmänner ("Erfinder der Demokratie", womit deine Behauptung - oben - widerlegt sein dürfte!
Erst einmal dürfte Epikur nur eine der verschiedenen antiken philosophischen Schulen begründet haben. Die sich teilweise gegenüber standen.

Aber ich glaube, dem Threadersteller geht es gar nicht so sehr um eine historische Rückschau, sondern darum, ob aus diesem Mäßigungsgebot etwas Positives für unsere Jetztzeit ableitbar ist. "Exzess" als Gegenpol von "Mäßigung" bedeutet ganz wörtlich und inhaltlich einfach nur "Grenzüberschreitung". Ich weiß nicht, welche Botschaft Du hier vermitteln willst, wenn du Grenzüberschreitung lediglich auf grenzüberschreitend "Hemmungslose Bedürfnisbefriedigung" reduzieren willst. Das ist doch völliger Blödsinn. Der "Exzess" nicht weniger Künstler besteht in einer teils exzessiven Verweigerung von Bedürfnisbefriedigung bis hin zur Akzeptanz von Hunger und Mittellosigkeit. Und dennoch lässt sich häufig verstehen, dass sie nicht anders können. Dass sie damit letztendlich ihre spezielle individuelle Variante von Glück realisieren.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2017, 06:11)
Mäßigung steht gegen Exzess. Letzteres ist aber nötig für wirklich herausragende Kunst.
War Bach exzessiv?
War Dürer exzessiv?
War Goethe exzessiv?
Nicht wirklich.
Allerdings haben sie herausragende Kunst geschaffen.

Die Behauptung, daß der Exzeß Bedingung für herausragende Kunst sei, ist einfach nur der übliche Käse.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Alpha Centauri »

Zunder hat geschrieben:(27 Dec 2017, 23:25)

War Bach exzessiv?
War Dürer exzessiv?
War Goethe exzessiv?
Nicht wirklich.
Allerdings haben sie herausragende Kunst geschaffen.

Die Behauptung, daß der Exzeß Bedingung für herausragende Kunst sei, ist einfach nur der übliche Käse.

Ja sehe ich ähnlich, ist jedenfalls keine Vorbedienung für künstlerisches Schaffen das Exzessive. Und Epikur kam auf.das Glück für ihn Ataraxie ja mehr an, und dass Menschen die exzessiv Leben glücklicher sein sollen als andere kann man bezweifeln. Das gleiche gilt für Menschen die äußerst materiell und finanziell wohlhabend sind .
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Progressiver »

So wie ich Epikur verstanden habe, geht es darum, das Leben mit Lust zu genießen. Letzteres funktioniert aber am besten, wenn man Extreme vermeidet. Beispiel Nahrungsaufnahme: Man kann sich selbst kasteien und exzessiv hungern, wie es vielleicht irgendwelche indischen Bettelmönche oder Magermodels zu tun bereit sind. Man kann aber auch hemmungslos fressen und saufen, bis der Arzt kommt. Den Epikureismus verorte ich dagegen irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Extremen. Man soll natürlich nicht gedankenverloren und nebenbei zeitungslesend schnell etwas essen, sondern das, was man auf dem Teller vor sich hat, auch bewußt zur Kenntnis nehmen und die Nahrungsaufnahme genießen. Ebenso soll man mit dem ganzen Rest des Lebens verfahren.

Dass die Christen und Muslime mit ihrem Hass auf das diesseitige Leben das nicht gut fanden, versteht sich von selbst. Aber auch in unserer Kultur, in dem man möglichst viel konsumieren und als Workaholic leben soll, ist diese Position sicher eine Provokation.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(27 Dec 2017, 23:25)

War Bach exzessiv?
War Dürer exzessiv?
War Goethe exzessiv?
Nicht wirklich.
Allerdings haben sie herausragende Kunst geschaffen.

Die Behauptung, daß der Exzeß Bedingung für herausragende Kunst sei, ist einfach nur der übliche Käse.
Es kommt darauf an, von welcher Zeitepoche wir reden. Die Wiederentdeckung des weithin vergessenen Johann Sebastian Bachs durch Felix Mendelssohn Bartholdy im 19. Jahrhundert fand unter völlig anderen Bedingungen statt als die genialen Bach-Interpretationen Glenn Goulds im 20. Jahrhundert. Es geht dabei nicht um seine späte Marotte, Tonfolgen mitsusummen. Das hat er selbst als lästig empfunden. Sondern herauszutreten aus dem Dunstkreis des Gewohnten. Mozart als mittelmäßig anzusehen. Ein ganz anderes temporales Verständnis zu finden. Er hat Bach für unsere Zeit richtig interpretiert. Es geht dabei nicht um die Exzentrizität der Personen. Das ist Privatsache oder auch Klatsch. Nochmal: Exzess heißt einfach nur Grenzüberschreitung. Und die ist in unserer heutigen Epoche des normierten Massenkonsums das einzige relevante Heilsversprechen.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 00:22)

Es kommt darauf an, von welcher Zeitepoche wir reden. Die Wiederentdeckung des weithin vergessenen Johann Sebastian Bachs durch Felix Mendelssohn Bartholdy im 19. Jahrhundert fand unter völlig anderen Bedingungen statt als die genialen Bach-Interpretationen Glenn Goulds im 20. Jahrhundert. Es geht dabei nicht um seine späte Marotte, Tonfolgen mitsusummen. Das hat er selbst als lästig empfunden. Sondern herauszutreten aus dem Dunstkreis des Gewohnten. Mozart als mittelmäßig anzusehen. Ein ganz anderes temporales Verständnis zu finden. Er hat Bach für unsere Zeit richtig interpretiert. Es geht dabei nicht um die Exzentrizität der Personen. Das ist Privatsache oder auch Klatsch. Nochmal: Exzess heißt einfach nur Grenzüberschreitung. Und die ist in unserer heutigen Epoche des normierten Massenkonsums das einzige relevante Heilsversprechen.
Ob Bach herausragende Kunstwerke geschaffen hat, hängt nicht von Felix Mendelssohn-Bartholdy oder Glenn Gould ab, sondern von Johann Sebastian Bach. Das wohltemperierte Klavier ist so ziemlich das Gegenteil von Exzessivität. Für das Maßvolle der klassischen Literatur gilt das Gleiche.

Exzeß heißt:
Ausschweifung; Maßlosigkeit

Synonyme:
Ausschweifung, Hemmungslosigkeit, Maßlosigkeit, Orgie, Übersteigerung, Übertreibung, Unersättlichkeit, Unmäßigkeit, Zügellosigkeit; (gehoben) Ausschreitung; (bildungssprachlich) Libertinage; (bildungssprachlich veraltet) Dissolution

https://www.duden.de/rechtschreibung/Exzess

Deine Privatterminologie ist für das allgemeine Sprachverständnis irrelevant.

Exzessivität findest du bei Hitler, Goebbels, Himmler, Stalin, Mao, Khomeini, Osama bin Laden und ähnliche Koryphäen.
Das wäre dann das "einzige relevante Heilsversprechen". Gratuliere.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Alpha Centauri »

Progressiver hat geschrieben:(28 Dec 2017, 00:16)

So wie ich Epikur verstanden habe, geht es darum, das Leben mit Lust zu genießen. Letzteres funktioniert aber am besten, wenn man Extreme vermeidet. Beispiel Nahrungsaufnahme: Man kann sich selbst kasteien und exzessiv hungern, wie es vielleicht irgendwelche indischen Bettelmönche oder Magermodels zu tun bereit sind. Man kann aber auch hemmungslos fressen und saufen, bis der Arzt kommt. Den Epikureismus verorte ich dagegen irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Extremen. Man soll natürlich nicht gedankenverloren und nebenbei zeitungslesend schnell etwas essen, sondern das, was man auf dem Teller vor sich hat, auch bewußt zur Kenntnis nehmen und die Nahrungsaufnahme genießen. Ebenso soll man mit dem ganzen Rest des Lebens verfahren.

Dass die Christen und Muslime mit ihrem Hass auf das diesseitige Leben das nicht gut fanden, versteht sich von selbst. Aber auch in unserer Kultur, in dem man möglichst viel konsumieren und als Workaholic leben soll, ist diese Position sicher eine Provokation.
Ja eben diese radikale Diesseitigkeit seiner Philosophie die ohne Gott auskommt , die Unsterblichkeit der Seele verneint ( denn Seele -Körper Dualismus strikt ablehnt) alles Übernatürlichen kritisch betrachtet und den Begriff der Lust eine so zentrale Rolle gibt ( wobei viele unwissentlich oder beabsichtigt den Begriff Lust wie Epikur ihn verstand missdeuteten) macht Epikur zum geistigen Todfeind der Theisten.

Dieser Lebensmüden um.es mit Nietzsche zu sagen. Und ja auch unserer heutigen schnelllebig von einem Kick zum nächsten eilenden besinnungslos dahinrauschenden Zeit, hält Epikur, den Spiegel vor, die Sinne zu schärfen, sich ganz dem sinnlichen Gegenwartsgenuss,( gutem Essen, prächtige Sonnenuntergang, soziale Kontakte in Fleisch und Blut,Liebe,Sex)! ohne bange Angst vor dem Morgen. Das legt Epikur auch nahe.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(28 Dec 2017, 00:47)
Ob Bach herausragende Kunstwerke geschaffen hat, hängt nicht von Felix Mendelssohn-Bartholdy oder Glenn Gould ab, sondern von Johann Sebastian Bach. Das wohltemperierte Klavier ist so ziemlich das Gegenteil von Exzessivität. Für das Maßvolle der klassischen Literatur gilt das Gleiche.
Bei Glenn Gould gehts vor allem um die Goldberg-Variationen. So wie die Lehren Epikurs für uns nur bedeutsam sind, wenn wir sie in Bezug auf unsere Lebenswelt sehen, so gibt es auch keine absolute Kunstwertigkeit in der Musik. Das Kunstwerk entsteht im Kopf des Rezipienten.
Exzeß heißt:
Ausschweifung; Maßlosigkeit

Synonyme:
Ausschweifung, Hemmungslosigkeit, Maßlosigkeit, Orgie, Übersteigerung, Übertreibung, Unersättlichkeit, Unmäßigkeit, Zügellosigkeit; (gehoben) Ausschreitung; (bildungssprachlich) Libertinage; (bildungssprachlich veraltet) Dissolution

https://www.duden.de/rechtschreibung/Exzess

Deine Privatterminologie ist für das allgemeine Sprachverständnis irrelevant.

Exzessivität findest du bei Hitler, Goebbels, Himmler, Stalin, Mao, Khomeini, Osama bin Laden und ähnliche Koryphäen.
Das wäre dann das "einzige relevante Heilsversprechen". Gratuliere.
;) Habe ich mal wieder "meine Maske fallen" gelassen?

Die Formulierung, der Nationalsozialismus sei der "Extremismus der Mitte" ist häufig vertreten worden. Wer waren die Autoren der Bücher, die man 1933 in Berlin verbrannte? Die Künstler, die man in den Ausstellungen "Entartete Kunst" zu verhöhnen versuchte? Entweder entsprachen sie nicht rasseideologischen Merkmalen. Oder sie waren nicht "völkisch". Sprich: Sie machten nicht das, was alle so machen.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(27 Dec 2017, 20:34)

Erst einmal dürfte Epikur nur eine der verschiedenen antiken philosophischen Schulen begründet haben. Die sich teilweise gegenüber standen.
Du irrst - wie so oft - es gab zwar (im Hellenismus) verschiedene philosophische Schulen, die jedoch alle eine Gemeinsamkeit aufweisen - nämlich die Stellung des Individuums im "Kosmos" und die Erlangung des individuellen Lebensglücks bzw "Seelenheils". Unerschiedlich waren nur die Auffassungen und Wege, wie beides erreicht werden kann.
Keine einzige, der philosophischen Richtungen antiker griechischer und römischer Philosphie präferiert exzessives Verhalten. Alle verweisen - wie der "Leitspruch Apollons am Tempel in Delphi: Nichts im Übermaß" auf Mäßigung, auf maßvolle Lebensweise.
schokoschendrezki hat geschrieben:(27 Dec 2017, 20:34)Aber ich glaube, dem Threadersteller geht es gar nicht so sehr um eine historische Rückschau, sondern darum, ob aus diesem Mäßigungsgebot etwas Positives für unsere Jetztzeit ableitbar ist. "Exzess" als Gegenpol von "Mäßigung" bedeutet ganz wörtlich und inhaltlich einfach nur "Grenzüberschreitung".
Bei dem, was du da wieder zusammen interpretierst, kraulen sich einem die Fußnägel nach oben!
Selbstverständlich ist das Mäßigungsgebot auch in der Gegenwart als positiv zu bewerten, daran hat sich nichts geändert und selbstverständlich ist die Lehre Epikurs - das "Streben nach Glück" auch heute noch gültig. ==> siehe Maslowsche Bedürfnispyramide!
Exzess bedeutet eben nicht "einfach nur Grenzüberschreitung", sondern Maßlosigkeit, Übertreibung, Ausschweifung.
"Genzüberschreitung"/Überschreitung eigener Grenzen und damit das Verschieben (eigener) Grenzen hat per se nichts mit Exzess zu tun.
schokoschendrezki hat geschrieben:(27 Dec 2017, 20:34)Ich weiß nicht, welche Botschaft Du hier vermitteln willst, wenn du Grenzüberschreitung lediglich auf grenzüberschreitend "Hemmungslose Bedürfnisbefriedigung" reduzieren willst. Das ist doch völliger Blödsinn.
Nein - das ist kein Blödsinn, Blödsinn ist, was du von dir gibst!
Beschäftige dich doch mal mit der Maslowschen Bedürfnispyramide bzw Bedürfnishierarchie, vielleicht kapierst du dann, WAS alles zu menschlichen Bedürfnissen und deren Befriedigung zählt und das alles - aber auch wirklich alles - was Mensch tut, der Befriedigung eines (ganz individuellen) Bedürfnisses dient.
Und ich reduziere auch Grenzüberschreitung NICHT auf "hemmungslose Bedürfnisbefriedigung", weil jeder Grenzüberschreitung eine neue Grenzziehung nach sich zieht, was beim Exzess, bei exzessivem Verhalten gerade NICHT der Fall ist.
Nicht ich, sondern Epikur bezeichnet hemmungslose Bedürfnisbefriedigung - und damit Exzess/exzessives Verhalten - als das Gegenteil von Lustgewinn, Streben nach Glück.
schokoschendrezki hat geschrieben:(27 Dec 2017, 20:34)Der "Exzess" nicht weniger Künstler besteht in einer teils exzessiven Verweigerung von Bedürfnisbefriedigung bis hin zur Akzeptanz von Hunger und Mittellosigkeit. Und dennoch lässt sich häufig verstehen, dass sie nicht anders können. Dass sie damit letztendlich ihre spezielle individuelle Variante von Glück realisieren.
Und genau dieser Satz zeigt, dass du so gar nicht kapiert hast, was die Lehre Epikurs, die Philosphie Epikurs besagt!
KEIN Künstler verweigert sich der Bedürfnisbefriedigung - ganz im Gegenteil, ihm geht es um Bedürfnisbfriedigung. Er ordnet lediglich die Befriedigung bestimmter Grundbedürfnisse der Befriedigung eines (für ihn) übergeordneten Bedürfnisses unter und das wiederum hat so gar nichts mit Exzess zu tun.
Das hat auch nichts mit einer "speziellen Variante von Glück" zu tun, sondern entspricht schlicht und ergreifend einem Weg zu Erlangung des Ziels - der Erlangung individuellen Lebensglücks.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Dark Angel »

Progressiver hat geschrieben:(28 Dec 2017, 00:16)

So wie ich Epikur verstanden habe, geht es darum, das Leben mit Lust zu genießen. Letzteres funktioniert aber am besten, wenn man Extreme vermeidet. Beispiel Nahrungsaufnahme: Man kann sich selbst kasteien und exzessiv hungern, wie es vielleicht irgendwelche indischen Bettelmönche oder Magermodels zu tun bereit sind. Man kann aber auch hemmungslos fressen und saufen, bis der Arzt kommt. Den Epikureismus verorte ich dagegen irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Extremen. Man soll natürlich nicht gedankenverloren und nebenbei zeitungslesend schnell etwas essen, sondern das, was man auf dem Teller vor sich hat, auch bewußt zur Kenntnis nehmen und die Nahrungsaufnahme genießen. Ebenso soll man mit dem ganzen Rest des Lebens verfahren.

Dass die Christen und Muslime mit ihrem Hass auf das diesseitige Leben das nicht gut fanden, versteht sich von selbst. Aber auch in unserer Kultur, in dem man möglichst viel konsumieren und als Workaholic leben soll, ist diese Position sicher eine Provokation.
Und da hast du Epikur recht gut verstanden. Es geht um Lustgewinn, um die Lust am Leben und die Lust zu leben - aus allem Tun einem Lustgewinn und damit auch Glück zu erzielen und das beginnt bereits mit dem einfachen Dingen wie Nahrungsaufnahme - bewusst essen, "mit Lust essen", die Tätigkeit selbst zu genießen und nicht als Last oder notwendiges Übel zu betrachten.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 01:19)

Bei Glenn Gould gehts vor allem um die Goldberg-Variationen. So wie die Lehren Epikurs für uns nur bedeutsam sind, wenn wir sie in Bezug auf unsere Lebenswelt sehen, so gibt es auch keine absolute Kunstwertigkeit in der Musik. Das Kunstwerk entsteht im Kopf des Rezipienten.
Und schon wieder horrender Blödsinn!
Epikurs Lehren haben eben absolut nichts mit "Kunst" oder "Kunst schaffen" zu tun und noch viel weniger mit "Bezug auf unsere Lebenswelt", sondern mit ganz individuellem Lustgewinn, ganz individuellem Streben nach Glück UND der Definition dessen, was das Individuum unter Glück versteht, woraus er Lustgewinn erzielt.
Es geht darum bewusst zu leben - jeden einzelnen Tag - es geht darum, dieses Leben zu genießen - hier und jetzt, im "Diesseits" und sich nicht auf irgendein "glückseliges Jenseits" verströsten zu lassen. Es geht darum, dass Mensch(en) sein/ihr Schicksal selbst bestimmen und diesem nicht hilflos ausgeliefert sind.
schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 01:19)Habe ich mal wieder "meine Maske fallen" gelassen?
Nein, du hast keine Maske fallen gelassen - du hast keine, weil du jedesmal und überall deine Beschränktheit und Eingeschränktheit im Denken offenbarst.
Egal was das Thema ist, du kommst immer "mit irgendwas mit Kust", ob das zum Thema passt, auch nur ansatzweise mit dem Thema zu tun hat, kriegst du nicht auf die Reihe.
Die Philosophie Epikurs hat nichts, aber auch gar nichts mit "herausragende Kunst schaffen" zu tun.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(27 Dec 2017, 20:34)
Aber ich glaube, dem Threadersteller geht es gar nicht so sehr um eine historische Rückschau, sondern darum, ob aus diesem Mäßigungsgebot etwas Positives für unsere Jetztzeit ableitbar ist. "Exzess" als Gegenpol von "Mäßigung" bedeutet ganz wörtlich und inhaltlich einfach nur "Grenzüberschreitung". Ich weiß nicht, welche Botschaft Du hier vermitteln willst, ...
Nachtrag:
Nee - es geht ganz und gar nicht um eine historische Rückschau, sondern darum, dass Epikurs Lehre - sein Hedonismus heute noch genau so aktuell ist ist, wie vor 2300 Jahren.
Es geht darum, dass Exzess/exzessive Handlungen/exzessives Verhalten genau NICHT zu Lustgewinn führen, sondern zum Gegenteil.
Hemmungslose Bedürfnisbefriedigung führen eben nicht zu Lustgewinn, sondern zu Gegenteil.
Die permanente "Jagd nach dem ultimativen Kick", nach noch mehr Abenteuer (Exzess) macht eben NICHT glücklich, führt nicht zu Lustgewinn, sondern zum genauen Gegenteil - hinterlässt nach kurzer Euphorie einen "faden Nachgeschmack", führt zu neuer "Jagd nach dem ultimativen Kick" und letztendlich zu Unzufiedenheit, Unlust - ja Unglück, wenn man keine Steigerung mehr ausmachen kann.
Und genau da setzt das Mäßigungsgebot an, welches nämlich NICHT mit Mittelmäßigkeit verwechselt werden darf - was DU allerdings tust.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Sextus Ironicus »

Epikureischen ist geradezu das Antimodell des exzessiven Künstlers. Denn der mag nun bleibende Werke schaffen, aber nicht die, sondern die Lebensführung stehen im Mittelpunkt der epikureischen Betrachtungen. Und der Preis des exzessiven Kunstschaffenden ist ja der Verlust des alltäglichen Glücks zugunsten des Schaffensausschnittes.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Alpha Centauri »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(28 Dec 2017, 12:17)

Epikureischen ist geradezu das Antimodell des exzessiven Künstlers. Denn der mag nun bleibende Werke schaffen, aber nicht die, sondern die Lebensführung stehen im Mittelpunkt der epikureischen Betrachtungen. Und der Preis des exzessiven Kunstschaffenden ist ja der Verlust des alltäglichen Glücks zugunsten des Schaffensausschnittes.


Es ist gewisser weise das theoretisch philosophische Gegenmodell des modernen Lebensstils zum Großteil insgesamt den viele heute pflegen, bange Gedanken über die Zukunft, ein Leben im stetem materiellen Überfluss, eine exzessive Lebensgestaltung ( Fressgelage, Drogen - und Alkohol Ausschweifungen, sexuelle Orgien, das stet fast schon pathologisch anmutend Bedürfnis nach dem dem nächsten emotionalen Rausch, den Gefühlskick, die Sucht stets immer mehr haben zu wollen.( Facebook Freunde,Autos, Jachten, Marken Mode, Schmuck, Einfluss) macht nach Epikur nicht wirklich glücklich ( kann um diesen Begriff das" Glück dreht sich sein ganzes Denken) erst recht nicht dauerhaft.

Man könnte dem entgegensetzen, macht es denn wirklich glücklich dauerhaft glücklich zu sein? ( vorausgesetzt es wäre möglich, was ich bezweifel.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Alpha Centauri »

Dark Angel hat geschrieben:(28 Dec 2017, 11:21)

Und schon wieder horrender Blödsinn!
Epikurs Lehren haben eben absolut nichts mit "Kunst" oder "Kunst schaffen" zu tun und noch viel weniger mit "Bezug auf unsere Lebenswelt", sondern mit ganz individuellem Lustgewinn, ganz individuellem Streben nach Glück UND der Definition dessen, was das Individuum unter Glück versteht, woraus er Lustgewinn erzielt.
Es geht darum bewusst zu leben - jeden einzelnen Tag - es geht darum, dieses Leben zu genießen - hier und jetzt, im "Diesseits" und sich nicht auf irgendein "glückseliges Jenseits" verströsten zu lassen. Es geht darum, dass Mensch(en) sein/ihr Schicksal selbst bestimmen und diesem nicht hilflos ausgeliefert sind.


Nein, du hast keine Maske fallen gelassen - du hast keine, weil du jedesmal und überall deine Beschränktheit und Eingeschränktheit im Denken offenbarst.
Egal was das Thema ist, du kommst immer "mit irgendwas mit Kust", ob das zum Thema passt, auch nur ansatzweise mit dem Thema zu tun hat, kriegst du nicht auf die Reihe.
Die Philosophie Epikurs hat nichts, aber auch gar nichts mit "herausragende Kunst schaffen" zu tun.
Richtig, Epikur geht es nicht um Kunst oder Kunstschaffen oder darum eine ästhetische Theorie der Kunst und des Schönen aufzustellen, seine Gedanken.zielen im eine andere Richtung.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Sextus Ironicus »

Alpha Centauri hat geschrieben:(28 Dec 2017, 12:47)

Es ist gewisser weise das theoretisch philosophische Gegenmodell des modernen Lebensstils zum Großteil insgesamt den viele heute pflegen, bange Gedanken über die Zukunft, ein Leben im stetem materiellen Überfluss, eine exzessive Lebensgestaltung ( Fressgelage, Drogen - und Alkohol Ausschweifungen, sexuelle Orgien, das stet fast schon pathologisch anmutend Bedürfnis nach dem dem nächsten emotionalen Rausch, den Gefühlskick, die Sucht stets immer mehr haben zu wollen.( Facebook Freunde,Autos, Jachten, Marken Mode, Schmuck, Einfluss) macht nach Epikur nicht wirklich glücklich ( kann um diesen Begriff das" Glück dreht sich sein ganzes Denken) erst recht nicht dauerhaft.

Man könnte dem entgegensetzen, macht es denn wirklich glücklich dauerhaft glücklich zu sein? ( vorausgesetzt es wäre möglich, was ich bezweifel.
Glück ist immer das, was wir erkennen, wenn es verschwunden ist. Solange wir nicht an Glück denken, also weder als Abwesendes noch als Anwesendes, herrscht in der Regel jenes Gleichgewicht, jenes erfolgreiche Umgehen mit Welt und sich, das das Glück ausmacht.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Adam Smith »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2017, 06:11)

Aber Epikurs Genuss-Philosophie steht auch ganz besonders für Mäßigung}. Interessante Frage für mich: Ist dieses Mäßigungsgebot kunstfeindlich? Müssten wir nach Epikur dauernd nur noch Wartezimmerentspannungsmusik hören und Richtungen wie György Ligeti oder den Free Jazz auf den Index setzen? Mäßigung steht gegen Exzess. Letzteres ist aber nötig für wirklich herausragende Kunst.
Hollywood-Filme sind aus dem Grund so erfolgreich, weil hier sehr viel Geld ausgegeben wird. Hollywood achtet aber auch sehr darauf, dass Filme auch Gewinn abwerfen. Exzess ist dauerhaft nicht gut.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Adam Smith »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(28 Dec 2017, 12:52)

Glück ist immer das, was wir erkennen, wenn es verschwunden ist. Solange wir nicht an Glück denken, also weder als Abwesendes noch als Anwesendes, herrscht in der Regel jenes Gleichgewicht, jenes erfolgreiche Umgehen mit Welt und sich, das das Glück ausmacht.
Wer glücklich sein will, der ist es halt nicht.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Alpha Centauri »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(28 Dec 2017, 12:52)

Glück ist immer das, was wir erkennen, wenn es verschwunden ist. Solange wir nicht an Glück denken, also weder als Abwesendes noch als Anwesendes, herrscht in der Regel jenes Gleichgewicht, jenes erfolgreiche Umgehen mit Welt und sich, das das Glück ausmacht.
Ist schon was dran. Nach der positiver Psychologie reicht es aus sich vorzustellen man sei glücklich und dann ist man es auch tatsächlich,was ich für realitätsfern und eine ziemlich psychologische Überforderung halte
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(28 Dec 2017, 00:47)
Exzeß heißt:
Ausschweifung; Maßlosigkeit
Das ist nicht richtig. Von seiner lateinischen Wurzel ("Excedere") her bedeutet "Exzess" schlicht und einfach und ganz wörtlich "heraustreten". Und wird als "normative Grenzüberschreitung" aufgefasst. Kunstphänomene wie Neue Musik oder Free Jazz sind auch nur Beispiele dafür. Und sie müssen keineswegs immer positiv gewertet sein. Ein ganz anderes (aktuelles) Beispiel für eine solche normative Grenzüberschreitung wäre das verbreitete exzessive Hating in Internetforen.

Kürzlich hörte ich ein Radiofeature betitelt mit "Èmilie du Chatelet - Vom Glück der Leidenschaft". Èmilie du Chatelet war eine bedeutende Wissenschaftlerin, Philosophin und Identifikationsfigur der frühen Aufklärung. Und schon diese Rolleninanspruchnahme als Frau zu dieser Zeit könnte man im Sinne von "normativer Grenzüberschreitung" als "Exzess" bezeichnen. Ich kann nur vermuten, dass die Diskreditierung des Exzesshaften und die Eingrenzung des Begriffs auf das "Ausschweifende" in der Zeit der Gegenbewegung gegen diese Frühaufklärung in Form der "Biedermeier-Epoche" (ca 1815-1848) begann. du Chatelet betrieb ihre Leidenschaften aber nicht "ausschweifend" sondern - als Mathematikerin - geradezu berechnend. Für Epikur war Leidenschaft (wörtlich) eine "Krankheit der Seele". Eine heutige Rückbesinnung auf diese Ansicht würde ich kurz und schlecht als eine "Neue Biedermeierepoche" bezeichnen. Und tatsächlich betitelte vor einigen Jahren die FAZ einen Artikel mit "Rückkehr des Biedermeier".

Eine andere Begrifflichkeit in diesem Zusammenhang ist die vom "divergentem" vs "konvergentem" Denken. Ich bin in einer westeuropäischen, von der Aufklärung geprägten Kultur sozialisiert worden. In der das "divergente Denken" hoch bewertet wird. In ostasiatischen, hinudistischen, islamischen Kulturen steht das "konvergente Denken" höher im Kurs. Das ist ja keineswegs eine Wertung. Divergent vs konvergent meint auch nicht dasselbe wie konformistisch vs. nonkomformistisch. Wer divergent denkt, widersetzt sich nicht einfach irgendeinem System sondern hält die eigenen Widersprüchlichkeiten aus. Mehr noch: Sucht sie. Empfindet sie als Kick. Sucht nach allem Neuen, Ungewohnten, Nichteinordenbaren. Divergenz erzeugt notwendigerweise Spannungen. Dissonanzen. Und da sind wir wieder bei Phänomenen wie Free Jazz oder Neuer Musik.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 18:59)

Das ist nicht richtig. Von seiner lateinischen Wurzel ("Excedere") her bedeutet "Exzess" schlicht und einfach und ganz wörtlich "heraustreten". Und wird als "normative Grenzüberschreitung" aufgefasst. Kunstphänomene wie Neue Musik oder Free Jazz sind auch nur Beispiele dafür. Und sie müssen keineswegs immer positiv gewertet sein. Ein ganz anderes (aktuelles) Beispiel für eine solche normative Grenzüberschreitung wäre das verbreitete exzessive Hating in Internetforen.

Kürzlich hörte ich ein Radiofeature betitelt mit "Èmilie du Chatelet - Vom Glück der Leidenschaft". Èmilie du Chatelet war eine bedeutende Wissenschaftlerin, Philosophin und Identifikationsfigur der frühen Aufklärung. Und schon diese Rolleninanspruchnahme als Frau zu dieser Zeit könnte man im Sinne von "normativer Grenzüberschreitung" als "Exzess" bezeichnen. Ich kann nur vermuten, dass die Diskreditierung des Exzesshaften und die Eingrenzung des Begriffs auf das "Ausschweifende" in der Zeit der Gegenbewegung gegen diese Frühaufklärung in Form der "Biedermeier-Epoche" (ca 1815-1848) begann. du Chatelet betrieb ihre Leidenschaften aber nicht "ausschweifend" sondern - als Mathematikerin - geradezu berechnend. Für Epikur war Leidenschaft (wörtlich) eine "Krankheit der Seele". Eine heutige Rückbesinnung auf diese Ansicht würde ich kurz und schlecht als eine "Neue Biedermeierepoche" bezeichnen. Und tatsächlich betitelte vor einigen Jahren die FAZ einen Artikel mit "Rückkehr des Biedermeier".

Eine andere Begrifflichkeit in diesem Zusammenhang ist die vom "divergentem" vs "konvergentem" Denken. Ich bin in einer westeuropäischen, von der Aufklärung geprägten Kultur sozialisiert worden. In der das "divergente Denken" hoch bewertet wird. In ostasiatischen, hinudistischen, islamischen Kulturen steht das "konvergente Denken" höher im Kurs. Das ist ja keineswegs eine Wertung. Divergent vs konvergent meint auch nicht dasselbe wie konformistisch vs. nonkomformistisch. Wer divergent denkt, widersetzt sich nicht einfach irgendeinem System sondern hält die eigenen Widersprüchlichkeiten aus. Mehr noch: Sucht sie. Empfindet sie als Kick. Divergenz erzeugt notwendigerweise Spannungen. Dissonanzen. Und da sind wir wieder bei Phänomenen wie Free Jazz oder Neuer Musik.
Dieses von dir erwähnte divergente Denken ist in meinen Augen unabdingbar für die Entwicklung von Menschen, Dingen, Situationen, Verhältnissen. So finde ich zum Beispiel ein antithetisches Herangehen an alles sehr vernünftig. Einander scheinbar ausschließende Momente als verschiedenartige Teile eines Ganzen zu begreifen. Das würde im Übrigen auch manche Forums-Diskussion entspannter laufen lassen. Weil es nie ein Entweder-Oder gäbe, sondern immer ein Und. Oft werden Aussagen als unvereinbar begriffen, die aber einfach "nur" zwei Seiten einer Medaille sind. Und selbst krasse Antagonismen ließen sich aushalten, wenn man sie als im Grunde dazugehörig betrachtete. Aber nicht im Sinne von harmonisch oder harmonisierend, sondern eher von provokant, belebend, wider den Stachel löckend...
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Es gibt unter den Ergebnissen dieser in Mode gekommenen Untersuchungen zu den "Korrelationen der Alltagswelt" eins, das mir sehr bezeichnend vorkam: Je geringer der Gesamtpreis des Inhalts eines IKEA-Einkaufswagen an der Kasse ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Packung Teelichter darunter befindet. Ich glaube, das sagt eine Menge aus. Nicht nur über das Verhalten der Menschen, ihre Sehnsucht nach neuer Innerlichkeit, nach einem Heraushalten aus nervenden Gegenwartsaufpeitschungen. In demselben Bericht über diesen Zusammenhang heißt es, man könne sich kaum vorstellen, wie genau Konsumstrategen bei einem Großkonzern wie IKEA über diese Zusammenhänge bescheid wissen. Wir glauben, wir könnten uns mit einer Neubesinnung auf Harmonie, innere Zirkel, auf die eigentlichen Bedürfnisse von diesen globalen Warenkreisläufen lossagen. Aber im Gegenteil: Wir verfallen ihnen auf diese Weise völlig. An der politischen Auseinandersetzung mit dem globalen Geschehen führt kein Weg vorbei. Und das heißt normalerweise: Sich mitten ins Getümmel werfen. Die WIdersprüche nicht verdecken sondern sie zu suchen und deutlich zu machen. Ohne eine gewisse völlig unepikureische Schmerzlust geht das glaub' ich nicht.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Das aus meiner Sicht mit Abstand biedermeierlichste Phänomen der Gegenwart ist der jüngere Wandel in der Ausgestaltung der Kinderzimmer und Bekleidung für kleine Mädchen: Sterne, Glitzer, Prinzessinnen. Wenn es eine solche Rückkehr des Biedermeierlichen gibt, dann plädiere ich für die Rückkehr einer (modernisierten Variante) des Vormärz als damaliger Gegenbewegung. Wo sind die Heines und Büchners? Die Gebrochenheit und Zerrissenheit des modernen Menschen nicht leugnen, überspielen oder irgendwie im Sinne einer Glücksphilosophie therapieren wollen. Sondern in ironischer Brechung thematisieren. Und Leidenschaft auch vorleben.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Do 28. Dez 2017, 19:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von BlueMonday »

"Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr."
Da übersieht er den langen Übergang, das Sterben, den Zerfall, das graue Altern. Der Tod ist auch weniger zu fürchten als das. Bzw. ist das die eigentliche Herausforderung, damit zu leben, das Lebensleid zu filtern und sich gegen die allgegenwärtige Entropie zu stemmen ... und nicht alle Lebenslust und Energie dabei zu verlieren. Der Tod als Nichtexistenz ist eben möglichst lange zu vermeiden. Die Sorge darum ist unvermeidlich, die Achtsamkeit.

Der heutige Mensch fürchtet sich mehr denn je. Zu sterben hat er praktisch verlernt, unterzugehen, zu scheitern, alles eine Tragödie, jede Veränderung schon eine Bedrohung. Alles soll und muss abgesichert sein - möglichst auf Kosten aller anderen - bis zum letzten Lebenstag. Alte Götter wurden vielleicht zurückgelassen, neue sind dafür entstanden. Frau Politik und Herr Staat, die möglichst alle Lebenslast vom Einzelnen nehmen sollen. Ein absurder Umverteilungsstaat wäre dann wohl ein Graus für den apolitischen Epikur gewesen... Lebe im Verborgenen! Bewusst gewählte und selbst geschaffene Unabhängigkeit. Autarkie.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 19:48)

Das aus meiner Sicht mit Abstand biedermeierlichste Phänomen der Gegenwart ist der jüngere Wandel in der Ausgestaltung der Kinderzimmer und Bekleidung für kleine Mädchen: Sterne, Glitzer, Prinzessinnen. Wenn es eine solche Rückkehr des Biedermeierlichen gibt, dann plädiere ich für die Rückkehr einer (modernisierten Variante) des Vormärz als damaliger Gegenbewegung. Wo sind die Heines und Büchners?
:D

Man sieht es auch an der Bühnengestaltung bei solchen Riesenevents mit Silbereisen und co. Das ist der pure Glitzer-Kitsch, hausbacken und hässlich. Da hatten wir in den 70ern schon mal Besseres, Klareres und Originelleres in der Gebrauchsgrafik und Bühnenbildnerei. Das Heutige wirkt ebenfalls wie ein Rückgriff auf allerschlimmsten Biedermeier.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Progressiver »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 18:59)
Eine andere Begrifflichkeit in diesem Zusammenhang ist die vom "divergentem" vs "konvergentem" Denken. Ich bin in einer westeuropäischen, von der Aufklärung geprägten Kultur sozialisiert worden. In der das "divergente Denken" hoch bewertet wird. In ostasiatischen, hinudistischen, islamischen Kulturen steht das "konvergente Denken" höher im Kurs. Das ist ja keineswegs eine Wertung. Divergent vs konvergent meint auch nicht dasselbe wie konformistisch vs. nonkomformistisch. Wer divergent denkt, widersetzt sich nicht einfach irgendeinem System sondern hält die eigenen Widersprüchlichkeiten aus. Mehr noch: Sucht sie. Empfindet sie als Kick. Sucht nach allem Neuen, Ungewohnten, Nichteinordenbaren. Divergenz erzeugt notwendigerweise Spannungen. Dissonanzen. Und da sind wir wieder bei Phänomenen wie Free Jazz oder Neuer Musik.
Meines Wissens ist das divergente Denken aber kein Produkt der europäischen Aufklärung, sondern hat seine Wurzeln in der griechischen Philosophie, die von Anfang an vom Individuum her dachte. Es gab zwar auch konvergentes Denken in Europa. Als Paradebeispiele dafür würde ich die kollektivistischen Ideologien der Nazis und Kommunisten benennen. Aber es ist meines Erachtens speziell das Denken vom Individuum her, welches als typisch europäisch bzw. westlich bezeichnet werden kann, während die "anderen" -Muslime, Hindus, Chinesen- immer die Gemeinschaft betonten. Und noch einen Unterschied würde ich festmachen: Die westliche Wertegemeinschaft vertritt die Ansicht, dass die darauf aufbauenden Menschenrechte universell seien. Die "anderen" dagegen pochen darauf, dass ihre Kulturen anders seien und sie die individuellen Menschenrechte folglich mit Füßen treten können. Dies aber nur am Rande, da die hier zuletzt angesprochene Fragestellung das Threadthema sprengen würde.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Adam Smith »

Progressiver hat geschrieben:(28 Dec 2017, 20:01)

"anderen" -Muslime, Hindus, Chinesen- immer die
so etwas ist ja nicht verkehrt.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(28 Dec 2017, 19:18)

Dieses von dir erwähnte divergente Denken ist in meinen Augen unabdingbar für die Entwicklung von Menschen, Dingen, Situationen, Verhältnissen. So finde ich zum Beispiel ein antithetisches Herangehen an alles sehr vernünftig. Einander scheinbar ausschließende Momente als verschiedenartige Teile eines Ganzen zu begreifen. Das würde im Übrigen auch manche Forums-Diskussion entspannter laufen lassen. Weil es nie ein Entweder-Oder gäbe, sondern immer ein Und. Oft werden Aussagen als unvereinbar begriffen, die aber einfach "nur" zwei Seiten einer Medaille sind. Und selbst krasse Antagonismen ließen sich aushalten, wenn man sie als im Grunde dazugehörig betrachtete. Aber nicht im Sinne von harmonisch oder harmonisierend, sondern eher von provokant, belebend, wider den Stachel löckend...
Dazu der Sozialpsychologe Dieter Frey von der LMU erst jüngst vor einer Woche:
Konvergentes Denken ist sehr angepasstes Denken, man hat das zu reproduzieren, was der Lehrer sagt, was im Buch steht. Und was wir ja wollen, ist, dass neben dem konvergenten Denken auch divergentes Denken möglich ist. Das heißt, dass die Leute eigenständig sich entwickeln können, eigenständig nachdenken können.Schon was Kant gesagt hat - bediene dich deines eigenen Verstandes, traue nicht unbedingt den Autoritäten. Und es ist deshalb nicht zufällig, dass in den Ländern, nämlich Europa, Nordamerika, wo diese Kant sche Aufklärung quasi auch in den Universitäten stattgefunden hat, auch in der Gesellschaft, also dieses eher individualistische Denken im Gegensatz zum kollektiven Denken, dieses fördert natürlich eher auch wissenschaftliche Leistungen. Und es ist deshalb kein Zufall, dass 95% aller Nobelpreise in der Vergangenheit in diese Regionen gehen, nämlich nach Europa und nach Nordamerika.
http://www.br-online.de/podcast/mp3-dow ... ssen.shtml
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Progressiver hat geschrieben:(28 Dec 2017, 20:01)

Meines Wissens ist das divergente Denken aber kein Produkt der europäischen Aufklärung, sondern hat seine Wurzeln in der griechischen Philosophie, die von Anfang an vom Individuum her dachte. Es gab zwar auch konvergentes Denken in Europa. Als Paradebeispiele dafür würde ich die kollektivistischen Ideologien der Nazis und Kommunisten benennen. Aber es ist meines Erachtens speziell das Denken vom Individuum her, welches als typisch europäisch bzw. westlich bezeichnet werden kann, während die "anderen" -Muslime, Hindus, Chinesen- immer die Gemeinschaft betonten. Und noch einen Unterschied würde ich festmachen: Die westliche Wertegemeinschaft vertritt die Ansicht, dass die darauf aufbauenden Menschenrechte universell seien. Die "anderen" dagegen pochen darauf, dass ihre Kulturen anders seien und sie die individuellen Menschenrechte folglich mit Füßen treten können. Dies aber nur am Rande, da die hier zuletzt angesprochene Fragestellung das Threadthema sprengen würde.
Meines Erachtens ist das Denken in (philosphischen) Schulen - so wie in der Antike oder in Ostasien - aufgrund seiner Reproduktionsforderung schon immer eher konvergent. Dass der Begriff "Dialektik" im antiken Griechenland entstand, ist zwar richtig, bedeutete dort aber eher eine bestimmte Art der Gesprächsführung. Dialektik im Sinne einer Lehre von den Widersprüchen in allen Dingen und Begriffen ist ein Produkt der europäischen Aufklärung.

Siehe auch das Zitat von Frey etwas weiter oben.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Adam Smith »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 20:31)
Dialektik im Sinne einer Lehre von den Widersprüchen in allen Dingen und Begriffen ist ein Produkt der europäischen
Dialektik ist Kommunismus.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Adam Smith hat geschrieben:(28 Dec 2017, 20:38)

Dialektik ist Kommunismus.
:p Nun wissen wirs endlich. Bislang war - nach Lenin - Kommunismus Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes.

Dialektik (im modernen Sinne) ist vor allem Hegel. Ich habe auch Schwierigkeiten, das richtig einzuordnen. Westliche Vorstellungen und Philosophien sind, soweit ich es verstehe, besonders nachhaltig von Descartes geprägt. Und der dachte nun wirklich konvergent, deterministisch, eben kartesisch. Nur war das eben noch vor der Aufklärung. Und einen völlig ungeahnten Aufschwung bekam die Dialektische Sicht auf eine dialektische Welt durch die modernen Naturwissenschaften des 20. Jahrhunderts.
Hegels Logik und die Ergebnisse der Quantenphysik
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Boraiel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 20:52)

:p Nun wissen wirs endlich. Bislang war - nach Lenin - Kommunismus Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes.

Dialektik (im modernen Sinne) ist vor allem Hegel. Ich habe auch Schwierigkeiten, das richtig einzuordnen.Westliche Vorstellungen und Philosophien sind, soweit ich es verstehe, besonders nachhaltig von Descartes geprägt. Und der dachte nun wirklich konvergent, deterministisch, eben kartesisch. Nur war das eben noch vor der Aufklärung. Und einen völlig ungeahnten Aufschwung bekam die Dialektische Sicht auf eine dialektische Welt durch die modernen Naturwissenschaften des 20. Jahrhunderts.
Hegels Logik und die Ergebnisse der Quantenphysik
Das hat du richtig verstanden. :thumbup:
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Lesen und verstehen: http://www.feynmanlectures.caltech.edu/I_01.html
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Dark Angel »

@ Schokoschendretzki und Selina würdet ihr beide bitte aufhören, das Thema zu schreddern!
In diesem Thread geht es um die Philosophie Epikurs und nicht um irgendwelche Kunstgenres, "Korrelationen in der Alltagswelt" oder Bühnenbilder und Kinderzimmereinrichtungen.

Entweder ihr beide könnt etwas zum Thema beitragen, dann tur das - ansonsten haltet euch zurück.
Ist das angekommen?

Und noch ein Hinweis: Epikur (bzw griechische und römische Philosophie) versteht unter Exzess eben nicht "heraus treten - "normative Grenzüberschreitungen", sondern tatsächlich Maßlosigkeit, Ausschweifung etc
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Mia2706 »

Das Ich-Bewußtsein –gemeinhin auch als Seele definiert - ist vor der Geburt nicht existent und mit dem Hirntod wird es ausgelöscht.
Das ist auch die These von Epikur. Und das ist auch die Erkenntnis der Hirnforschung. Erstaunlich diese Erkenntnis des gr. Philosophen und der nicht vorhandenen Erkenntnisse der Hirnforschung.

Das Ich-Bewußtsein ist ein Konstrukt des sehr komplexen Gehirns mit seinen Billionen Gehirnzellenverknüpfungen. Man hat in der Wissenschaft der Neurologie und Neurobiologie schon sehr viele neue Erkenntnisse gewonnen. Aber es dürfte noch ein weiter Weg sein, die letzten "Geheimnisse" des Ich-Bewußtseins erklären zu können, weil es zugegebenermaßen derzeit noch schwierig ist, , quasi von Außen das eigene Ich zu reflektieren.
Es dürfte eine tiefe Unsicherheit bestehen, sich vorstellen zu müssen, dass dieses Ich-Bewußtsein vor der Geburt nicht existiert hat und nach dem Hirntod nicht mehr existent ist. Das zu verinnerlichen, ist sehr schwer. Angesichts der Unübersichtlichkeit und Komplexität der Welt kommen die meisten Menschen nicht umhin, diese Komplexität auf ein handbares verständliches Maß zu reduzieren. Das ist wohl auch eine Erklärung für das schlichte mitunter naive Weltbild vieler Menschen.

Es wird an der Zeit – falls noch nicht geschehen- die Wissenschaften der Hirnforschung mit den Wissenschaften der Physik, der Chemie, der Neurologie der Psychologie und der Philosophie zu verbinden
Ein Siebtel unseres Lebens verbringen wir an Samstagen.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Woher kommt der Begriff "Exzess" Vom lateinischen "Excedere". Die Bedeutung von "Ex" ist allgemein bekannt: Aus, Heraus. "Cedere" ist ein Verb im Infinitiv und bedeutet "gehen, weichen, abtreten" . So, und nun setzen wir beides zusammen und erhalten: "Heraustreten". Nicht "Übersteigern". Die Bedeutung von und sofortige Assoziation mit Maßlosigkeit und Ausschweifung ist - aus erklärlichen Gründen - nachträglich aufgeprägt worden. Exzess im wortwörtlichen ist eine subjektiv beschlossene Verweigerung der Einfügung in bestehende Normen. Die als Spezialfall natürlich auch in einer Übersteigerung und Maßlosigkeit von irgendetwas bestehen kann.

Was man über Epikur lesen kann: Dass er seine Lehre im Unterschied zu anderen antiken philosophischen Schulen als orthodoxe, von Schülern nicht anzweifelbare Weltsicht verstanden haben wollte:
Epikurs Forderung des Festhaltens an der Orthodoxie wirkte sich nachhaltig auf den Unterricht in seiner Schule und auf das Leben seiner Anhänger aus: Betonung der Autorität und des Auswendiglernens und eine beichtartige Praxis des Bekennens und Bereuens von Fehlern mit Tadel und „Zerknirschung“ (syntribḗ) gehörten zu den prägenden Elementen des epikureischen Wegs. Dies führte dauerhaft zu einer ungewöhnlichen Geschlossenheit und relativen Einheitlichkeit der Epikureergemeinschaft und ihrer Lehre. Außenstehenden antiken Beobachtern fiel auf, dass sich die Epikureer dadurch von den anderen, mit ihnen rivalisierenden philosophischen Schulen und Richtungen unterschieden. So verglich der Philosoph Numenios im 2. Jahrhundert die Schule Epikurs mit einem von jeglichen Parteikämpfen oder Bürgerkriegen freien Staat.[47] Diese Grundhaltung trug dazu bei, dass Epikurs Schule hinsichtlich ihrer Kontinuität sowohl die Platonische Akademie als auch den Peripatos des Aristoteles übertraf; Traditionsbrüche scheinen nicht vorgekommen zu sein, im Lauf eines halben Jahrtausends kam es zu keinen grundsätzlichen Änderungen. Das nachdrückliche Bekenntnis zur Orthodoxie hatte aber auch zur Folge, dass das in anderen Schulen ermutigte eigenständige Forschen und Nachdenken eine vergleichsweise geringe Rolle spielte.
Liegt es angesichts dessen und angesichts der wortwörtlichen Übersetzung des Begriffs "Exzess" nicht sehr sehr nahe, dass Epikur unter "Exzess" vor allem eine abweichende Meinung gegenüber seinen Lehrsätzen meinte?

Die Diskussion wäre vielleicht interessanter, wenn man sich der Tatsache widmete, dass Epikur ganz ausdrücklich "Leidenschaft" als "Krankheit der Seele" ansah. Wollen wir leidenschaftslos sein?
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Boraiel
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Boraiel »

Mia2706 hat geschrieben:(28 Dec 2017, 22:22)

Das Ich-Bewußtsein –gemeinhin auch als Seele definiert - ist vor der Geburt nicht existent und mit dem Hirntod wird es ausgelöscht.
Das ist auch die These von Epikur. Und das ist auch die Erkenntnis der Hirnforschung. Erstaunlich diese Erkenntnis des gr. Philosophen und der nicht vorhandenen Erkenntnisse der Hirnforschung.

Das Ich-Bewußtsein ist ein Konstrukt des sehr komplexen Gehirns mit seinen Billionen Gehirnzellenverknüpfungen. Man hat in der Wissenschaft der Neurologie und Neurobiologie schon sehr viele neue Erkenntnisse gewonnen. Aber es dürfte noch ein weiter Weg sein, die letzten "Geheimnisse" des Ich-Bewußtseins erklären zu können, weil es zugegebenermaßen derzeit noch schwierig ist, , quasi von Außen das eigene Ich zu reflektieren.
Es dürfte eine tiefe Unsicherheit bestehen, sich vorstellen zu müssen, dass dieses Ich-Bewußtsein vor der Geburt nicht existiert hat und nach dem Hirntod nicht mehr existent ist. Das zu verinnerlichen, ist sehr schwer. Angesichts der Unübersichtlichkeit und Komplexität der Welt kommen die meisten Menschen nicht umhin, diese Komplexität auf ein handbares verständliches Maß zu reduzieren. Das ist wohl auch eine Erklärung für das schlichte mitunter naive Weltbild vieler Menschen.

Es wird an der Zeit – falls noch nicht geschehen- die Wissenschaften der Hirnforschung mit den Wissenschaften der Physik, der Chemie, der Neurologie der Psychologie und der Philosophie zu verbinden
Ein mehr als hervorragender Beitrag, diese Thematik beschäftigt mich auch schon seit einigen Jahren immer mal wieder. Und das keine einfache Thematik, die kann einen schon mal bedrücken.
Die Erkenntnisse der Naturwissenschaften mit denen der Philosophie zu verbinden, ist mir schlicht nicht gelungen, ich brauche beide Sichtweisen parallel. Meine Weltanschauung hat zwei Ebenen, auf der einen betrachte ich die Welt mit den Augen der reinen Naturwissenschaften und auf der anderen philosophisch-(theologisch-religiös), wobei Descartes mit seinem “Ich denke, also bin”, an ganz zentraler Stelle steht. Das sinnvoll zu vereinen, habe ich bisher nicht hinbekommen.
Libertas veritasque.
Lesen und verstehen: http://www.feynmanlectures.caltech.edu/I_01.html
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Ich habe irgendwann einen Essay gelesen, leider finde ich ihn nicht mehr, wo versucht wird, darzulegen, dass der Grundirrtum in Epikurs bekanntem Diktum, dass der Tod den Menschen eigentlch nix angehe
Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr.
darin bestehe, dass er den Zustand nach dem Leben nur auf den Übergang vom Leben zum Nicht-Leben reduziert. Der Tod als ein solcher Prozess existiere in der Tat nicht zu Lebzeiten. Aber die Vorstellung des Nicht-Seins sehr wohl. Und nicht nur irgendwie abstrakt philosophisch sondern ganz alltagspraktisch. Unser eigenes Nichtsein ist dauernd präsent. Wir machen uns Gedanken, wie und inwieweit unsere Angehörigen davon betroffen sein werden.Hängt vielleicht damit zusammen, dass Epikur - neben "Leidenschaft" - auch "verlieben" und "Kinder in die Welt setzen" als Unlustfördernd ansah.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Do 28. Dez 2017, 22:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Alpha Centauri »

BlueMonday hat geschrieben:(28 Dec 2017, 19:50)

"Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr."
Da übersieht er den langen Übergang, das Sterben, den Zerfall, das graue Altern. Der Tod ist auch weniger zu fürchten als das. Bzw. ist das die eigentliche Herausforderung, damit zu leben, das Lebensleid zu filtern und sich gegen die allgegenwärtige Entropie zu stemmen ... und nicht alle Lebenslust und Energie dabei zu verlieren. Der Tod als Nichtexistenz ist eben möglichst lange zu vermeiden. Die Sorge darum ist unvermeidlich, die Achtsamkeit.

Der heutige Mensch fürchtet sich mehr denn je. Zu sterben hat er praktisch verlernt, unterzugehen, zu scheitern, alles eine Tragödie, jede Veränderung schon eine Bedrohung. Alles soll und muss abgesichert sein - möglichst auf Kosten aller anderen - bis zum letzten Lebenstag. Alte Götter wurden vielleicht zurückgelassen, neue sind dafür entstanden. Frau Politik und Herr Staat, die möglichst alle Lebenslast vom Einzelnen nehmen sollen. Ein absurder Umverteilungsstaat wäre dann wohl ein Graus für den apolitischen Epikur gewesen... Lebe im Verborgenen! Bewusst gewählte und selbst geschaffene Unabhängigkeit. Autarkie.


Ich teile deine Ausführungen weitestgehend, erst recht hier.in diesem Land wo man meint sich gegen alle nur auszumalenden Unabwägbarkeiten und Risiken versichern zu müssen, warum.nicht gleich eine Versicherung gegen das Leben abschließen? Das ist eine reine Angsthasengesinnung, es braucht wie in den Staat eine Kultur des Scheiterns ( scheitern ist hier ja zumeist negativ besetzt).
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von schokoschendrezki »

Alpha Centauri hat geschrieben:(28 Dec 2017, 22:58)

Ich teile deine Ausführungen weitestgehend, erst recht hier.in diesem Land wo man meint sich gegen alle nur auszumalenden Unabwägbarkeiten und Risiken versichern zu müssen, warum.nicht gleich eine Versicherung gegen das Leben abschließen? Das ist eine reine Angsthasengesinnung, es braucht wie in den Staat eine Kultur des Scheiterns ( scheitern ist hier ja zumeist negativ besetzt).
Eine Kultur des Scheiterns als Glück und Chance des Neubeginns. Die Finger meiner beiden Hände reichen nicht, um die Fälle aus dem persönlichen Bekannten- und Freundeskreis aufzuzählen, die genau das erfahren haben. In dieser Hinsicht bewundere ich die USA oder zumindest das, was als Legende und Erzählung über die USA läuft: Scheitern ist keine Niederlage sondern ein Glück und eine Chance. Wobei ich auch hier einen persönlichen realen Bekannten habe, der seine grandiosen totalen Scheiterungen und seine grandiosen Wieder-Aufstiege in den USA (als Eingewanderter) als Lebensinhalt und auch Lebensglück begreift. Das ist so dermaßen anti-epikuräisch (oder epikureisch?)
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 22:34)



Die Diskussion wäre vielleicht interessanter, wenn man sich der Tatsache widmete, dass Epikur ganz ausdrücklich "Leidenschaft" als "Krankheit der Seele" ansah. Wollen wir leidenschaftslos sein?
Vielleicht muss jeder genau das selbst herausfinden, um sich auf der Welt nach seiner Art zurechtzufinden. Der Wasserfall, der mit viel Getöse in die Tiefe fällt und ein faszinierendes Schauspiel bietet, ist weiter oben vielleicht in Teilen ein ruhig dahinfließender Fluss, der kein Spektakel bietet, sondern etwas anderes vermittelt. Es ist ein und derselbe Fluss in unterschiedlichen Momenten und Stadien. Epikurs Ansatz fröhlich-ruhiger Glückseligkeit und des Maßhaltens kommt der Lebenspraxis aus dem Zhuangzi oder dem Liezi vielleicht am nächsten. Und es steckt eine hübsche psychologische Pointe in seinem Satz "dass diejenigen den Überfluss mit der stärksten Lustwirkung geniessen, die desselben am wenigsten bedürfen." Ein schönes Bonmot gegen den hyperaktiven und, viel wichtiger, hypererwartungsvollen und hyperanspruchsvollen Zeitgeist.
Zuletzt geändert von Sextus Ironicus am Fr 29. Dez 2017, 09:35, insgesamt 1-mal geändert.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 18:59)
Das ist nicht richtig.
Natürlich nicht. Der Duden lügt. Das weiß man doch.
schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 18:59)
Und da sind wir wieder bei Phänomenen wie Free Jazz oder Neuer Musik.
Wir?
Du - wie immer mit dem selben Käse, egal zu welchem Thema.
schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 22:34)
Woher kommt der Begriff "Exzess" Vom lateinischen "Excedere". Die Bedeutung von "Ex" ist allgemein bekannt: Aus, Heraus. "Cedere" ist ein Verb im Infinitiv und bedeutet "gehen, weichen, abtreten" . So, und nun setzen wir beides zusammen und erhalten: "Heraustreten". Nicht "Übersteigern". Die Bedeutung von und sofortige Assoziation mit Maßlosigkeit und Ausschweifung ist - aus erklärlichen Gründen - nachträglich aufgeprägt worden. Exzess im wortwörtlichen ist eine subjektiv beschlossene Verweigerung der Einfügung in bestehende Normen. Die als Spezialfall natürlich auch in einer Übersteigerung und Maßlosigkeit von irgendetwas bestehen kann.
"Exzess" ist aus dem Lateinischen "excessus" entlehnt.

excessus -ūs, m (Subst., u-Dekl.)
das Herausgehen, das Fortgehen, Ausgang, Auszug zum Kampf, Feldzug
excessus mentis - Verzückung, Ekstase
Ausschweifung, Überschreitung, Verfehlung, Fehler, Frevel, Sünde (KL)
Abschweifung
das Scheiden aus dem Leben, das Hinscheiden
Strafgebühr
Gesicht, Vision (MA)
excessus mentis - Ekstase

http://www.navigium.de/latein-woerterbuch.php?form=das

Dein Gelaber von "nachträglich aufgeprägt" ist der übliche Stuß.
schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 22:34)
Liegt es angesichts dessen und angesichts der wortwörtlichen Übersetzung des Begriffs "Exzess" nicht sehr sehr nahe, dass Epikur unter "Exzess" vor allem eine abweichende Meinung gegenüber seinen Lehrsätzen meinte?
Sehr viel näher liegt die Möglichkeit, sich einfach an Fakten zu halten.
Allerdings nicht für jeden.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Alpha Centauri »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(29 Dec 2017, 00:21)

Vielleicht muss jeder genau das selbst herausfinden, um sich auf der Welt nach seiner Art zurechtzufinden. Der Wasserfall, der mit viel Getöse in die Tiefe fällt und ein faszinierendes Schauspiel bietet, ist weiter oben vielleicht in Teilen ein ruhig dahinfließender Fluss, der kein Spektakel bietet, sondern etwas anderes vermittelt. Es ist ein und derselbe Fluss in unterschiedlichen Momenten und Stadien. Epikurs Ansatz fröhlich-ruhiger Glückseligkeit und des Maßhaltens kommt der Lebenspraxis aus dem Zhuangzi oder dem Liezi vielleicht am nächsten. Und es steckt eine hübsche psychologische Pointe in seinem Satz "dass diejenigen den Überfluss mit der stärksten Lustwirkung geniessen, die desselben am wenigsten bedürfen." Ein schönes Bonmot gegen den hyperaktiven und, viel wichtiger, hypererwartungsvollen und hyperanspruchsvollen Zeitgeist.
Ja ist sicherlich was dran.
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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(28 Dec 2017, 22:53)

Ich habe irgendwann einen Essay gelesen, leider finde ich ihn nicht mehr, wo versucht wird, darzulegen, dass der Grundirrtum in Epikurs bekanntem Diktum, dass der Tod den Menschen eigentlch nix angehe

darin bestehe, dass er den Zustand nach dem Leben nur auf den Übergang vom Leben zum Nicht-Leben reduziert. Der Tod als ein solcher Prozess existiere in der Tat nicht zu Lebzeiten. Aber die Vorstellung des Nicht-Seins sehr wohl. Und nicht nur irgendwie abstrakt philosophisch sondern ganz alltagspraktisch. Unser eigenes Nichtsein ist dauernd präsent. Wir machen uns Gedanken, wie und inwieweit unsere Angehörigen davon betroffen sein werden.Hängt vielleicht damit zusammen, dass Epikur - neben "Leidenschaft" - auch "verlieben" und "Kinder in die Welt setzen" als Unlustfördernd ansah.
Es handelt sich gerade um keinen "Grundirrtum" Epikurs, weil er den Tod als Solchen für den Menschen als gleichgültig bezeichnet.
Lassen wir Epikur selbst zu Wort kommen - und zwar in einem Brief an Menoikeus:
"Mache dich mit dem Gedanken vertraut, daß der Tod für uns ganz gleichgültig sei, denn Wohl und Wehe leben in der Empfindung; der Tod ist aber nichts anderes als das Ende dieser Empfindung.
Wahren Lebensgenuß gewährt uns daher die aufrichtige Erkenntnis, daß der Tod für uns gleichgültig sei, nicht, weil sie unendliche Dauer verspricht, sondern weil sie uns die Gier nach Unsterblichkeit nimmt"


Für Epikur ist das Nachenken über den Tod, über das "Danach", über "das was was Angehörige, Freunde etc empfinden, wie sie ohne uns klarkommen, das eigentliche Übel, die Angst vor dem Tod.
Aber er hat eindeutig Recht damit, dass das alles den Toten überhaupt nicht mehr interessiert.

Und auch mit seiner Sichtweise, dass Leidenschaft "die Krankheit der Seele" sei, hat Epikur gar nicht so unrecht, weil Leidenschaften etwas Zerstörerisches in sich bergen ==> "Leiden schaffen".
Es gilt diese Leidenschaften zu beherrschen, sich nicht von diesen Leidenschaften beherrschen zu lassen - eben "Maß halten" ==> "Nichts im Übermaß"
Auch in der Philosophie der Stoa geht es um die Beherrschung der Leidenschaft(en), um Mäßigung. Bei Platon sogar eine der Kardinaltugenden. Und auch Descartes spricht sich für die Beherrschung der Leidenschaft(en) aus - durch "Kontrolle durch den Willen".
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Anhänger der Philosophie Epikurs

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(30 Dec 2017, 10:02)

Es handelt sich gerade um keinen "Grundirrtum" Epikurs, weil er den Tod als Solchen für den Menschen als gleichgültig bezeichnet.
Lassen wir Epikur selbst zu Wort kommen - und zwar in einem Brief an Menoikeus:
"Mache dich mit dem Gedanken vertraut, daß der Tod für uns ganz gleichgültig sei, denn Wohl und Wehe leben in der Empfindung; der Tod ist aber nichts anderes als das Ende dieser Empfindung.
Wahren Lebensgenuß gewährt uns daher die aufrichtige Erkenntnis, daß der Tod für uns gleichgültig sei, nicht, weil sie unendliche Dauer verspricht, sondern weil sie uns die Gier nach Unsterblichkeit nimmt"


Für Epikur ist das Nachenken über den Tod, über das "Danach", über "das was was Angehörige, Freunde etc empfinden, wie sie ohne uns klarkommen, das eigentliche Übel, die Angst vor dem Tod.
Aber er hat eindeutig Recht damit, dass das alles den Toten überhaupt nicht mehr interessiert.

Und auch mit seiner Sichtweise, dass Leidenschaft "die Krankheit der Seele" sei, hat Epikur gar nicht so unrecht, weil Leidenschaften etwas Zerstörerisches in sich bergen ==> "Leiden schaffen".
Es gilt diese Leidenschaften zu beherrschen, sich nicht von diesen Leidenschaften beherrschen zu lassen - eben "Maß halten" ==> "Nichts im Übermaß"
Auch in der Philosophie der Stoa geht es um die Beherrschung der Leidenschaft(en), um Mäßigung. Bei Platon sogar eine der Kardinaltugenden. Und auch Descartes spricht sich für die Beherrschung der Leidenschaft(en) aus - durch "Kontrolle durch den Willen".
Ich hoffe, dass ich nicht wieder deinen Zorn auf mich ziehe, denn ich bin kein Epikur-Kenner, möchte aber dennoch etwas zu zwei Punkten sagen:

Die Geschichte mit dem Tod finde ich sehr nachvollziehbar. Mit dem von dir Beschriebenen kann man über dieses Thema mit mehr Gelassenheit nachdenken. Ich kenne ehrenamtliche Sterbebegleiter persönlich. Vielleicht könnte man denen unter anderem auch mal Epikur empfehlen, zumindest in Hinsicht auf seine Gedanken zum Tod. Die zweite Geschichte, die mit der Leidenschaft, sehe ich anders. Sicher sollte man in seinem Leben darauf achten, dass einen die Leidenschaften nicht übermannen, sondern dass eine gewisse Ausgewogenheit der Gefühle vorherrscht. Ansonsten würde man sich kaputt machen. Aber ganz ohne Leidenschaft - so sehe ich das zumindest - wäre das Leben sehr arm. Es gibt viele Bereiche, wo eine ordentliche Portion Leidenschaft unabdingbar ist, zum Beispiel Liebe, Kunst, Hochleistungssport, Forschung etcpp. Ohne Leidenschaft gäbe es ganz sicher einige wichtige Errungenschaften gar nicht, die heute aus dem Leben nicht mehr wegzudenken sind.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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