Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

In diesem Forum werden Themen rund um die sozialen Sicherungsysteme diskutiert.
Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Arbeitslosengeld 2 (HartzIV), Rentenversicherung, Sozialgesetzbuch.

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Teeernte
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Teeernte »

jorikke » Di 18. Aug 2015, 09:37 hat geschrieben:
Das kann man lernen.
Zu Beginn übt man an Prognosen, die die Vergangenheit betreffen.
Ja Prognosen kann man lernen.....

Die Hohe Noppe der Deutschen Politik >>> so "Beraten" Dass die Bürgerschaft in möglichst kurzer Zeit um das Produkt//Politik des Beraters nicht mher umhin kommt.

Einfachste Sache : Baukosten gering ansetzen - und danach - jetzt haben wir schon ....

Die HOHE NOPPE Politik >> Aus der Familientradition von Kupferkabelherstellern die Verwendung von Glasfaserkabeln als Dienstherr ablehnen !

>> Deshalb liegt in D so wenig Glasfaser. (Bötsch)

Wohnen in Städten schafft grosse Abhängigkeit der Einwohner . Das ist GUT für das Beamtentum >> die oberen Chargen..
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von herbert42 »

'Infi » Mo 12. Aug 2013, 16:46 hat geschrieben: Natürlich macht es überspitzt gesagt ökologisch mehr Sinn, die Menschen so eng wie möglich zusammenzupferchen. (auch wenn du das nicht direkt meintest).

Ich möchte nicht in einer Großstadt wohnen, nur weil das ökologisch mehr Sinn macht oder ökonomisch besser für alle ist. Wohnen und Leben ist irgendwie auch mehr als Berechnung und Kosten/Nutzenkalkulation.
man sollte dabei auch bedenken, daß die Lebenserwartung durch weniger Umweltbelastung auf dem Land höher ist.
Ich bin dagegen in den Städten günstigen Wohnraum zu schaffen.
Sind nicht die Städte schon heute total nicht nur verkehrsmäßig, überlastet?
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von HugoBettauer »

herbert42 » Mo 24. Aug 2015, 17:26 hat geschrieben:
man sollte dabei auch bedenken, daß die Lebenserwartung durch weniger Umweltbelastung auf dem Land höher ist.
Ich bin dagegen in den Städten günstigen Wohnraum zu schaffen.
Sind nicht die Städte schon heute total nicht nur verkehrsmäßig, überlastet?
herbert42
Die Menschen wollen Arbeit. Wenn durch die Schaffung von Online-Arbeitsplätzen, bessere Verkehrsmittel und besseren Gütertransport die Menschen kaum mehr in die Stadt müssen, werden auch existenzielle Gründe verschwinden, aus denen Menschen vom Land abhauen.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

Der Trend setzt sich insb. in Ostdeutschland fort. Die Großstädte halten ihre Bevölkerungszahl konstant oder verzeichnen sogar ein kleines Wachstum. Das liegt bekanntlich nicht an einer hohen Geburtenrate, sondern am Zuzug, insb. aus dem ländlichen Raum. In Altmark, Erzgebirge, Lausitz und Uckermark verzeichnen die Kommunen einen extremen Verlust ihrer Bevölkerung durch den Wegzug nach Jena, Magdeburg, Leipzig, Cottbus und Rostock.
Die Abwanderung aus Ostdeutschland ist vorerst gestoppt. Neben dem Boom von Städten wie Dresden und Potsdam veröden aber ganze Regionen. Einzelne Dörfer werben deshalb um Familien und Flüchtlinge.
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... egion.html
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von NMA »

Es wird kein Trend in die totale Entleerung bleiben, sondern ein preisbestimmtes Hin und Her.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

NMA hat geschrieben:(27 Jan 2016, 09:22)

Es wird kein Trend in die totale Entleerung bleiben, sondern ein preisbestimmtes Hin und Her.
Landwirte werden sicherlich bleiben, sofern sie nicht pleite gehen. Die Urbanisierung ist nun auch kein deutsches Phänomen. Und gemeint ist ja auch nicht der Speckgürtel von Großstädten.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von NMA »

Landwirte und Tourismus werden auch eine schmale Infrastruktur erhalten. Und günstige Preise werden auch Bewohner draußen halten. Vielleicht wird Zuzug ja ein Altersphänomen. Entgegen eines möglichen Alterstarrsinns ist das denkbar. Die Infrastruktur wird nicht zu den Menschen gebracht, sondern die Menschen zur Infrastruktur.

Solange Bäcker und Metzger auch für mich weiterhin zu Fuß erreichbar bleiben, ist alles gut. :D
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

Günstige Preise nützen aber nur etwas, wenn der Arbeitsplatz von dort auch erreichbar ist. Und je größer die Strecken für Pendler werden, desto eher lohnt sich auch ein etwas teurerer Wohnort wieder. Momentan haben auch einige Städte zu viel Infrastruktur.

Gerade in MV gibt's da einige Orte, die vier, fünf Zubringerstraßen haben, die sie sich gar nicht mehr leisten können und ihnen ein, zwei Straßen völlig reichen würden. Aber für den Rück- und Abbau gibt es keine Förderung von Land und Bund, während sich die Gemeinden das nicht selbst leisten können. Da Sanierung auch kaum gefördert wird, machen sie es anders: sie ertüchtigen einzelne Straßen, wodurch der Belag erneuert und die Straße verbreitert wird. Bringt erst einmal eine Verbesserung, aber die Betriebskosten steigen und das Problem wird nur in die Zukunft verlagert (und noch größer). :|
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

@frems:

Ist das Ausbluten des ländlichen Raums nicht eine Folge
der industrialisierten Landwirtschaft, die ihre Produktivität
so erhöht hat, daß sie mit vielleicht 1% der früher in der
Landwirtschaft notwendigen Menschen auskommt? Dann
entfallen ja nicht nur diese Arbeitsplätze, sondern auch alle
zur übrigen Versorgung dieser Menschen notwendigen
Arbeitsplätze in der Verwaltung, der Schulbildung, der Gesund-
heitsversorgung... und... und, selbst in kleineren "Oberzentren".

Mit etwas Phantasie könnte man daran denken, daß dann ein-
same Landwirtschaftszentren ihre lebenswichtige Versorgung
mit Privatflugzeugen sicher stellen müssen. Dazu ist Deutschland
wohl noch zu kleinteilig angelegt... aber werden nicht heute schon
Unfallopfer und lebensgefährlich Verunglückte und Erkrankte mit
Hubschraubern in Krankenhäuser gebracht?

Warum soll also nicht der Tierarzt für Nutztierbestände in Massen-
tierhaltungen so ausgerüstet sein, oder der Notarzt, oder der
Landwirtschaftsmaschinenmechaniker? Und dann kommt vielleicht
tatsächlich die Drohne ins Spiel, die dorthin die Versorgungsgüter
transportiert, weil die Fahrten zum Warenverteilzentrum zu viel
Zeit kosten und Menschen binden...
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von NMA »

Als Arbeitgeber ist die Landwirtschaft vernächlässigbar. Nicht vergessen werden darf, dass die Landwirtschaft nicht nur die Funktion der Nahrungsmittel-, oder Energieproduktion hat. Nicht nur, aber insbesondere da, wo die Landwirtschaft kleinteilig und diversiv ist, also eher in der Südhälfte Deutschlands, hat die Landwirtschaft auch die Funktion des Landschaftserhalts. Landwirtschaft bedeutet Kulturlandschaftspflege und damit Attraktivität und Fruchtbarkeitserhalt. Ohne traditionelle landschaftliche Nutzung wäre z. B. die Fränkische Schweiz naturgemäß ein einziges Gebüsch.

Ers durch Nutzung wurde daraus eines der schönsten Flecken Deutschlands und ein international bedeutsames, hoch geschätztes El Dorado für Kletterer. Und, das ist vielleicht nicht gleich ganz offensichtlich, aber erst die Forstwirtschaft hat das Vorkommen von Mischwald in ganz Deutschland ausdifferenziert (ja, es gibt auch weite Flächen Monokultur und ja, an die denkt man zuerst) und ein höheres Vorkommen sowie größere Stabilität möglich gemacht. Forstwirtschaft verhinderte das stärkere Ausbreiten des Borkenkäfers (dem es wiederum in den schwachen Monokulturen besonders gut gefallen hat).

Selbst im Norden, mit riesigen schon fast industriell bewirtschafteten Feldern hat die Landwirtschaft mehr Funktion als Nahrungsmittel- und Energieproduzent. Sie erhält die Fruchtbarkeit der Böden. Würde dies wegfallen, hätten wir z. B. im Nordosten schnell die monotone, kaum fruchtbare Sandlandschaft wieder, die bis ins 18. Jahrhundert dominierte. Man darf das Bild einer Landschaft aus der vorindustriellen Zeit nicht romantisch verklären. Im 16.-17. Jahrhundert waren die Baumbestände landesweit auf einem Tiefstniveau. Fast alles abgeholzt. Man musste aus reiner Holzarmut zur nachhaltigen Bewirtschaftung übergehen.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Nele28 »

NMA hat geschrieben:(27 Jan 2016, 09:38)

Landwirte und Tourismus werden auch eine schmale Infrastruktur erhalten. Und günstige Preise werden auch Bewohner draußen halten. Vielleicht wird Zuzug ja ein Altersphänomen. Entgegen eines möglichen Alterstarrsinns ist das denkbar. Die Infrastruktur wird nicht zu den Menschen gebracht, sondern die Menschen zur Infrastruktur.

Solange Bäcker und Metzger auch für mich weiterhin zu Fuß erreichbar bleiben, ist alles gut. :D
Vom Hörensagen weiß ich, dass in unserem 400 Seelen-Ort 2 Lebensmittelgeschäfte mit kleiner Metzgerei, eine Bäckerei, eine Poststelle und 4 gastronomische Betriebe angesiedelt waren. Die sog. Tante-Emma-Läden starben aus, die Kneipen auch.
Die Bürger mußten zum Einkaufen in Zentren auf der "grünen Wiese" fahren. Hin und Zurück sind das heute 30 km.
Die Politiker bedauerten diese Entwicklung unnd versuchten, mit Zuschussprogrammen Tante Emma-Läden zu beleben. Vergebens!
Tatsächlich haben die Bürger diese Entscheidung, die zum Aussterben der kleinen Läden in den Dörfern führten, selbstgetroffen.

Ich weiß nicht, wie die alten Menschen dort, die es gewohnt waren, fast täglich mit dem Einkaufszettel und Einkaufstasche ihre Besorgungen erledigten, dies heute organisieren. Es gibt zwar einen Marktbus, der die Bürger für 1Euro in ein Einkaufszentrum bringt und wieder zurückfährt, aber bei den Sparprogrammen der klammen Kommunen ist dieser Dienstleistung kein langer Erfolg beschieden. Viele alte Dorfbewohner in den ländlichen Strukturen werden entwurzelt und müssen in die Stadtziehen. Ein Trend, bei dem einem nicht wohl ist. Hinzu kommt, dass der gesellschaftliche Gemeinsinn fast zum Erliegen gekommen ist.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(28 Jan 2016, 10:19)
Ist das Ausbluten des ländlichen Raums nicht eine Folge
der industrialisierten Landwirtschaft, die ihre Produktivität
so erhöht hat, daß sie mit vielleicht 1% der früher in der
Landwirtschaft notwendigen Menschen auskommt? Dann
entfallen ja nicht nur diese Arbeitsplätze, sondern auch alle
zur übrigen Versorgung dieser Menschen notwendigen
Arbeitsplätze in der Verwaltung, der Schulbildung, der Gesund-
heitsversorgung... und... und, selbst in kleineren "Oberzentren".
Die Landwirtschaft spielt beim Arbeitsmarkt schon seit einigen Jahrzehnten keine nennenswerte Rolle mehr. Die wenigsten Dorfbewohner sind heute in der Landwirtschaft tätig.
Mit etwas Phantasie könnte man daran denken, daß dann ein-
same Landwirtschaftszentren ihre lebenswichtige Versorgung
mit Privatflugzeugen sicher stellen müssen. Dazu ist Deutschland
wohl noch zu kleinteilig angelegt... aber werden nicht heute schon
Unfallopfer und lebensgefährlich Verunglückte und Erkrankte mit
Hubschraubern in Krankenhäuser gebracht?

Warum soll also nicht der Tierarzt für Nutztierbestände in Massen-
tierhaltungen so ausgerüstet sein, oder der Notarzt, oder der
Landwirtschaftsmaschinenmechaniker? Und dann kommt vielleicht
tatsächlich die Drohne ins Spiel, die dorthin die Versorgungsgüter
transportiert, weil die Fahrten zum Warenverteilzentrum zu viel
Zeit kosten und Menschen binden...
Die Menschen ziehen einfach in Städte. Es spricht ja nichts gegen kreative Lösungen vor Ort, aber das wird flächendeckend nichts bringen. Und selbst wenn alle Orte mit weniger als 100.000 Einwohnern wegbrechen, wird die Versorgung ja noch ausreichend sein. Ist ja nicht so wie in Australien, wo es vier, fünf Millionenstädte gibt, die teilweise mehrere Flugstunden auseinander liegen.
Labskaus!

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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

Nele28 hat geschrieben:(02 Feb 2016, 17:56)

Vom Hörensagen weiß ich, dass in unserem 400 Seelen-Ort 2 Lebensmittelgeschäfte mit kleiner Metzgerei, eine Bäckerei, eine Poststelle und 4 gastronomische Betriebe angesiedelt waren. Die sog. Tante-Emma-Läden starben aus, die Kneipen auch.
Die Bürger mußten zum Einkaufen in Zentren auf der "grünen Wiese" fahren. Hin und Zurück sind das heute 30 km.
Die Politiker bedauerten diese Entwicklung unnd versuchten, mit Zuschussprogrammen Tante Emma-Läden zu beleben. Vergebens!
Tatsächlich haben die Bürger diese Entscheidung, die zum Aussterben der kleinen Läden in den Dörfern führten, selbstgetroffen.
Stimmt. Die Bürger mussten nicht in die Zentren fahren, sondern taten es aus Gründen und deshalb gibt's einige Geschäfte nicht mehr.
Ich weiß nicht, wie die alten Menschen dort, die es gewohnt waren, fast täglich mit dem Einkaufszettel und Einkaufstasche ihre Besorgungen erledigten, dies heute organisieren. Es gibt zwar einen Marktbus, der die Bürger für 1Euro in ein Einkaufszentrum bringt und wieder zurückfährt, aber bei den Sparprogrammen der klammen Kommunen ist dieser Dienstleistung kein langer Erfolg beschieden. Viele alte Dorfbewohner in den ländlichen Strukturen werden entwurzelt und müssen in die Stadtziehen. Ein Trend, bei dem einem nicht wohl ist. Hinzu kommt, dass der gesellschaftliche Gemeinsinn fast zum Erliegen gekommen ist.
Wegen letzterem ziehen sie ja in die Städte. Senioren, die bei Kindern oder Altersgenossen sein wollen, young professionals, die lieber mit Gleichgesinnten als willkürlichen Nachbarn zusammen Dinge unternehmen wollen, Migranten, die Menschen mit ähnlichem Hintergrund suchen etc. pp. Dorfnachbarschaften sind häufig verkrampfte Zwangsbeziehungen, weil einfach niemand anderes da ist. Ein gesundes Sozialisieren ist das nicht. (Klar, man kann Glück haben und bei einem privat ist es nicht anders; deshalb bleiben ja auch einige auf dem Land. Aber die Regel ist es nicht, sondern der gegenteilige Trend)
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(02 Feb 2016, 18:28)

Die Landwirtschaft spielt beim Arbeitsmarkt schon seit einigen Jahrzehnten keine nennenswerte Rolle mehr. Die wenigsten Dorfbewohner sind heute in der Landwirtschaft tätig.


Die Menschen ziehen einfach in Städte. Es spricht ja nichts gegen kreative Lösungen vor Ort, aber das wird flächendeckend nichts bringen. Und selbst wenn alle Orte mit weniger als 100.000 Einwohnern wegbrechen, wird die Versorgung ja noch ausreichend sein. Ist ja nicht so wie in Australien, wo es vier, fünf Millionenstädte gibt, die teilweise mehrere Flugstunden auseinander liegen.
Ja, die Menschen haben immer weniger
Veranlassung, ihr Leben auf der Landstraße
oder gar Autobahn zu verbringen, um in der
Stadt zu arbeiten und dann weit entfernt
zu wohnen. In meinem Arbeitsleben hatte ich
KollegInnen, die täglich (!) 100 km hin und
zurück pendeln mussten. Wer soll das noch
bezahlen... und die verplemperte Lebenszeit
kommt dazu.

Diese Art zu leben beginnt schon in der Schulzeit;
Schulbus oder Linienbus zur Schule, die Kameraden
über einige Ortschaften verteilt. Vor Ort tote Hose.

Vielleicht erleben wir die letzte Generation, in der
die Aktiven ihre Angehörigen noch versorgen konnten,
weil sie Tür an Tür leben. Ein verlockendes beruf-
liches Angebot, und schon stehen die Alten allein;
schwierig an Güter des täglichen Bedarfs zu kommen.
Arztbesuche, Optiker, Autofahrten im Winter im Mittel-
gebirge oder über die Prairie... auch nicht so einfach
für alte Leute.

Die "ausreichende Versorgung" ist nun einmal nicht
gut. Besonders romantisch ist das Leben neben einem
Großstall für Milchvieh, Geflügel oder Mastvieh auch
nicht mehr. Deshalb meine ich, daß etwas getan werden
muß, um überhaupt die Landwirtschaft auf Dauer noch
in Betrieb zu halten. Vielleicht bieten Länder, wo die
dörfliche Landwirtschaft nie die ganz entscheidende
Rolle gespielt hat, dafür Anschauungsunterricht? Wie sieht
es mit der Landwirtschaft im Mittleren Westen der USA aus,
oder in Australien, oder in Rußland, oder in Argentinien?
Gibt es dort Gemeinsamkeiten, auf die wir uns planerisch
einstellen sollten?
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(02 Feb 2016, 19:32)

Ja, die Menschen haben immer weniger
Veranlassung, ihr Leben auf der Landstraße
oder gar Autobahn zu verbringen, um in der
Stadt zu arbeiten und dann weit entfernt
zu wohnen. In meinem Arbeitsleben hatte ich
KollegInnen, die täglich (!) 100 km hin und
zurück pendeln mussten. Wer soll das noch
bezahlen... und die verplemperte Lebenszeit
kommt dazu.

Diese Art zu leben beginnt schon in der Schulzeit;
Schulbus oder Linienbus zur Schule, die Kameraden
über einige Ortschaften verteilt. Vor Ort tote Hose.
Dann zieht man halt um oder nimmt einen weniger lukrativen Job in der eigenen Region an. Ich hab ja schon häufiger hier in Diskussionen eingebracht, dass Leute Wohn- und Mobilitätskosten mal als Einheit begreifen sollten, wenn sie ihre "was kostet mich Wohnort x"-Rechnung aufmachen. Aber das war ein aussichtsloser Kampf.
Vielleicht erleben wir die letzte Generation, in der
die Aktiven ihre Angehörigen noch versorgen konnten,
weil sie Tür an Tür leben. Ein verlockendes beruf-
liches Angebot, und schon stehen die Alten allein;
schwierig an Güter des täglichen Bedarfs zu kommen.
Arztbesuche, Optiker, Autofahrten im Winter im Mittel-
gebirge oder über die Prairie... auch nicht so einfach
für alte Leute.
Also ich kenn einige Personen, die ihre Angehörigen versorgen, regelmäßig besuchen und es an sozialer Infrastruktur und Interaktion nicht mangelt. Die wohnen aber nicht im Outback, sondern Agglomerationen.
Die "ausreichende Versorgung" ist nun einmal nicht
gut. Besonders romantisch ist das Leben neben einem
Großstall für Milchvieh, Geflügel oder Mastvieh auch
nicht mehr. Deshalb meine ich, daß etwas getan werden
muß, um überhaupt die Landwirtschaft auf Dauer noch
in Betrieb zu halten. Vielleicht bieten Länder, wo die
dörfliche Landwirtschaft nie die ganz entscheidende
Rolle gespielt hat, dafür Anschauungsunterricht? Wie sieht
es mit der Landwirtschaft im Mittleren Westen der USA aus,
oder in Australien, oder in Rußland, oder in Argentinien?
Gibt es dort Gemeinsamkeiten, auf die wir uns planerisch
einstellen sollten?
Romantisch war das Landleben noch nie -- außer in der Vorstellung von Städtern, die es nicht kennen und für exotisch halten. Der Förster, der abends mit seinem Hund ein paar Runden dreht und in sein Horn bläst, am besten noch mit lustigen Uniformen. Tatsächlich ist es einfach nur industrielle Waldarbeit. Oder manch ehemaliges Dorfkind, das an die sorgenfreie Jugend aufm Lande zurückdenkt, wo die Eltern die Sorgen trugen. Die Landwirtschaft wird schon halten. Ist ja ein nettes Milliardengeschäft.

In den USA ist die Landwirtschaft noch großteiliger als bei uns. Gespritzte Monokulturen, ökologischer Irrsinn, Profitmaximierung vom feinsten. Also wie hier, nur noch etwas exzessiver aufgrund der verfügbaren Flächen und wenigen Akteure.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von William »

H2O hat geschrieben:(02 Feb 2016, 19:32)

.......
Die "ausreichende Versorgung" ist nun einmal nicht
gut.
......
Du bist ein Stadtkind, habe ich recht?
Vom Leben auf dem Land hast du nämlich überhaupt keine Ahnung.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Helmuth_123 »

frems hat geschrieben:(02 Feb 2016, 19:54)

Dann zieht man halt um oder nimmt einen weniger lukrativen Job in der eigenen Region an. Ich hab ja schon häufiger hier in Diskussionen eingebracht, dass Leute Wohn- und Mobilitätskosten mal als Einheit begreifen sollten, wenn sie ihre "was kostet mich Wohnort x"-Rechnung aufmachen. Aber das war ein aussichtsloser Kampf.


Also ich kenn einige Personen, die ihre Angehörigen versorgen, regelmäßig besuchen und es an sozialer Infrastruktur und Interaktion nicht mangelt. Die wohnen aber nicht im Outback, sondern Agglomerationen.


Romantisch war das Landleben noch nie -- außer in der Vorstellung von Städtern, die es nicht kennen und für exotisch halten. Der Förster, der abends mit seinem Hund ein paar Runden dreht und in sein Horn bläst, am besten noch mit lustigen Uniformen. Tatsächlich ist es einfach nur industrielle Waldarbeit. Oder manch ehemaliges Dorfkind, das an die sorgenfreie Jugend aufm Lande zurückdenkt, wo die Eltern die Sorgen trugen. Die Landwirtschaft wird schon halten. Ist ja ein nettes Milliardengeschäft.

In den USA ist die Landwirtschaft noch großteiliger als bei uns. Gespritzte Monokulturen, ökologischer Irrsinn, Profitmaximierung vom feinsten. Also wie hier, nur noch etwas exzessiver aufgrund der verfügbaren Flächen und wenigen Akteure.
In einer Dokumentation zum Thema Wirtschaft in den neuen Bundesländern, wurde auch über die hiesige Landwirtschaft gesprochen. Diese ist demnach produktiver als die in den USA oder Russland. Es ging dabei auch um Hamburger Geschäftsleute, die hier mit Land scheinbar ganz gute Geschäfte machen.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

Helmuth_123 hat geschrieben:(02 Feb 2016, 20:08)

In einer Dokumentation zum Thema Wirtschaft in den neuen Bundesländern, wurde auch über die hiesige Landwirtschaft gesprochen. Diese ist demnach produktiver als die in den USA oder Russland. Es ging dabei auch um Hamburger Geschäftsleute, die hier mit Land scheinbar ganz gute Geschäfte machen.
Über Hamburger Geschäftsleute weiß ich nichts, aber generell ist der Osten produktiv(er) in diesem Bereich, das stimmt. Es gibt mehr Großbetriebe mit entsprechenden Flächen und weniger Klein- bzw. Familienbetriebe mit geerbtem Gut. Zudem kriegt man leichter günstige Arbeiter aus den Ostgebieten. Dürfte sich aber in den nächsten Jahrzehnten anpassen.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

Also, dann fehlen noch die Vergleiche mit anderen
Ländern ohne unsere mitteleuropäischen Dörfer,
um das Gemeinsame zu erkennen. Wer weiß darüber
etwas? USA: Das glaube ich sofort!

Doch, das Dorfleben war schon sehr angenehm. Ich
kenne das aus den 50er Jahren und Ferien auf dem
Lande bei den Großeltern. Die verlebten dort ihre
Alten Tage; das ging ganz gut, alles Notwendige noch
vor Ort. Kleine Bauern, aber zu Essen und zu Trinken
genug, und für Geräte beim Schmied und etwas Bau-
material reichte es auch. Abends Besuche bei Nachbarn,
nachdem das Vieh versorgt war. Auto gab's nicht; Trecker
übrigens auch nicht. Nur eine Dreschmaschine. Einmal
am Tag ein Bus in die nächste Kleinstadt. Sehr beschei-
denes Leben, aber nicht griesgrämig.

Alles weg, das Dorf und seine Menschen, verstreut in alle
Winde. Das Nachbardorf auch. Die Armut war zu offen-
sichtlich, als die große Motorisierung einsetzte... 60er Jahre.
Heute gibt es dort noch zwei Gehöfte mit sehr viel Land drum
herum.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

William hat geschrieben:(02 Feb 2016, 19:58)

Du bist ein Stadtkind, habe ich recht?
Vom Leben auf dem Land hast du nämlich überhaupt keine Ahnung.
Aha! Mag natürlich sein, daß wir in
Deutschland sehr unterschiedliche
Arten des Landlebens kennen...
William
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von William »

H2O hat geschrieben:(02 Feb 2016, 20:16)

Aha! Mag natürlich sein, daß wir in
Deutschland sehr unterschiedliche
Arten des Landlebens kennen...
Durchaus. Aber gerade deshalb macht es keinen Sinn es zu pauschalisieren. Zumindest in Bezug auf weite Teile von Bayern stimmen deine Aussagen schon zu 80% nicht.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(02 Feb 2016, 20:14)

Also, dann fehlen noch die Vergleiche mit anderen
Ländern ohne unsere mitteleuropäischen Dörfer,
um das Gemeinsame zu erkennen. Wer weiß darüber
etwas? USA: Das glaube ich sofort!
Sowas? http://www.bauernverband.de/37-agrarstr ... -vergleich

Die drchschnittlichen Betriebsgrößen variieren ziemlich stark. Im Schnitt haben sie 14 Hektar. In der Tschechei sind es aber über 150: http://media.repro-mayr.de/39/560339.jpg
Doch, das Dorfleben war schon sehr angenehm. Ich
kenne das aus den 50er Jahren und Ferien auf dem
Lande bei den Großeltern. Die verlebten dort ihre
Alten Tage; das ging ganz gut, alles Notwendige noch
vor Ort. Kleine Bauern, aber zu Essen und zu Trinken
genug, und für Geräte beim Schmied und etwas Bau-
material reichte es auch. Abends Besuche bei Nachbarn,
nachdem das Vieh versorgt war. Auto gab's nicht; Trecker
übrigens auch nicht. Nur eine Dreschmaschine. Einmal
am Tag ein Bus in die nächste Kleinstadt. Sehr beschei-
denes Leben, aber nicht griesgrämig.
Aber ist das repräsentativ? Als Kind dort zu spielen oder als Rentner das LEben zu genießen, ist ja noch was anderes, als bei Wind und Wetter anzupacken, sich ums Vieh zu kümmern und zu knüppeln. (in den 50ern dürfte die Automatisierung noch nicht so weit vorangeschritten sein.)
Alles weg, das Dorf und seine Menschen, verstreut in alle
Winde. Das Nachbardorf auch. Die Armut war zu offen-
sichtlich, als die große Motorisierung einsetzte... 60er Jahre.
Heute gibt es dort noch zwei Gehöfte mit sehr viel Land drum
herum.
Die Motorisierung war auch der größte und vermutlich einzig relevante Grund, warum die Peripherie nochmal einen Schub bekam. Aber da muss man auch differenzieren. Ein kleines Nest, das nur drei Kilometer von der Grenze zur Millionenstadt entfernt ist, hat andere Wechselwirkungen als ein ähnliches großes Nest im Niemandsland.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Welfenprinz »

Ja, daran müsste man erstmal definieren was "land" ist.
In meinem 800 Seelen-Dorf 15 km vor Hannover bin ich von gar nix abgekoppelt. Der ÖPNV Takt ist natürlich nicht mit city zu vergleichen , aber für die ganz normalen Lebensverrichtungen reichts allemale.
Und meine Geschäfte sind eher und näher erreichbar als in den EFH-Steppen Altonas.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(02 Feb 2016, 20:39)

Sowas? http://www.bauernverband.de/37-agrarstr ... -vergleich

Die drchschnittlichen Betriebsgrößen variieren ziemlich stark. Im Schnitt haben sie 14 Hektar. In der Tschechei sind es aber über 150: http://media.repro-mayr.de/39/560339.jpg


Aber ist das repräsentativ? Als Kind dort zu spielen oder als Rentner das LEben zu genießen, ist ja noch was anderes, als bei Wind und Wetter anzupacken, sich ums Vieh zu kümmern und zu knüppeln. (in den 50ern dürfte die Automatisierung noch nicht so weit vorangeschritten sein.)


Die Motorisierung war auch der größte und vermutlich einzig relevante Grund, warum die Peripherie nochmal einen Schub bekam. Aber da muss man auch differenzieren. Ein kleines Nest, das nur drei Kilometer von der Grenze zur Millionenstadt entfernt ist, hat andere Wechselwirkungen als ein ähnliches großes Nest im Niemandsland.
Nein, ich glaube nicht, daß wir in Europa eine typische
Struktur für eine künftige Landwirtschaft finden werden.
Die Umstellung von kollektivierter Landwirtschaft in
heutige Großbetriebe könnte einen Hinweis liefern. Aber
mir wäre schon eine Musterstruktur lieber, die sich unter
Marktbedingungen heraus gebildet hat.

Wieder nein; natürlich war das Leben auf dem Lande
(Bereich südlicher Hunsrück) armselig, und natürlich war
kein Geld verfügbar für kostspielige Landmaschinen. Das
war harte Arbeit, aber sie war möglich, und Hunger gab
es dort auch nicht. Die Arbeit wurde mit Kühen (!) vor
Pflügen und Gespannen vom Stellmacher und Eisenreifen
vom Schmied geleistet... heute kaum noch vorstellbar.
Aber griesgrämige Gesichter gab es da nicht. ich konnte
das noch aus der Nahansicht erleben. Liegt vielleicht auch
am Menschenschlag dort.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

Welfenprinz hat geschrieben:(02 Feb 2016, 20:56)

Ja, daran müsste man erstmal definieren was "land" ist.
In meinem 800 Seelen-Dorf 15 km vor Hannover bin ich von gar nix abgekoppelt. Der ÖPNV Takt ist natürlich nicht mit city zu vergleichen , aber für die ganz normalen Lebensverrichtungen reichts allemale.
Und meine Geschäfte sind eher und näher erreichbar als in den EFH-Steppen Altonas.
Sie leben im sogenannten "Speckgürtel" einer schon
recht großen Stadt. Man darf nie aus dem Blick
verlieren, daß Riesenstädte wie Berlin oder Hamburg,
oder Köln schon Innenstadtentfernungen von 20 bis
30 km enthalten.

Ich vermute, daß von den 800 Menschen ihres "Dorfes"
mindestens die Hälfte täglich nach Hannover fährt. Und
daß davon vermutlich wieder die Hälfte erst vor 20 Jahren
und kürzerer Zeit dort ihre Häuschen gebaut hat.

Dort entbehrt niemand etwas!
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

Welfenprinz hat geschrieben:(02 Feb 2016, 20:56)

Ja, daran müsste man erstmal definieren was "land" ist.
In meinem 800 Seelen-Dorf 15 km vor Hannover bin ich von gar nix abgekoppelt. Der ÖPNV Takt ist natürlich nicht mit city zu vergleichen , aber für die ganz normalen Lebensverrichtungen reichts allemale.
Und meine Geschäfte sind eher und näher erreichbar als in den EFH-Steppen Altonas.
Sag ich ja seit Ewigkeiten, aber darauf hört leider niemand. Die administrative bzw. statistische Einheit ist in der Raumordnung eher unbedeutend, wenn man sich Entitäten wie Dörfer anschaut. Wir können auch jeden Stadtteil Hamburgs in eine eigene Stadt umwandeln. An der bebauten Struktur, den täglichen Verkehr, der Nahversorgung etc. ändert sich aber nichts.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(02 Feb 2016, 21:05)

Nein, ich glaube nicht, daß wir in Europa eine typische
Struktur für eine künftige Landwirtschaft finden werden.
Die Umstellung von kollektivierter Landwirtschaft in
heutige Großbetriebe könnte einen Hinweis liefern. Aber
mir wäre schon eine Musterstruktur lieber, die sich unter
Marktbedingungen heraus gebildet hat.

Wieder nein; natürlich war das Leben auf dem Lande
(Bereich südlicher Hunsrück) armselig, und natürlich war
kein Geld verfügbar für kostspielige Landmaschinen. Das
war harte Arbeit, aber sie war möglich, und Hunger gab
es dort auch nicht. Die Arbeit wurde mit Kühen (!) vor
Pflügen und Gespannen vom Stellmacher und Eisenreifen
vom Schmied geleistet... heute kaum noch vorstellbar.
Aber griesgrämige Gesichter gab es da nicht. ich konnte
das noch aus der Nahansicht erleben. Liegt vielleicht auch
am Menschenschlag dort.
Naja, ich würde ländlichen Raum nun nicht mit Bauerntum gleichsetzen. Es gibt auch kleine Zentren in der Uckermark mit 10.000 Einwohnern (Tendenz stark fallend), wo so gut wie niemand in der Landwirtschaft tätig ist. Die größten Arbeitgeber heißen dort dann Sparkasse, Supermarkt, Altenheim und Arbeitsamt.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

Ja, das meinte ich auch damit, daß mir mehr
mit Musterstrukturen gedient wäre, die sich
durch die Wirkungen des Markts gebildet haben.
In der Uckermark sehen wir den Übergang von
einer kollektiven Landwirtschaft mit angeschlos-
senen Dienstleistungen... und heute eben fast
nur noch Dienstleistungen in kleinen Zentren.
Die werden vermutlich verschwinden... In Argen-
tinien oder Australien würde ich solche Lebens-
formen nicht erwarten. Aber ich weiß das natürlich
nicht!

Nein, Bauerntum erwarte ich in der Zukunft über-
haupt nicht, sondern industrialisierte Landwirtschaft.
Vielleicht noch "Nischenkulturen".
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

Die Länder haben auch keinen Sozialstaat, der sowas mit zig Milliarden im Jahr bezuschussen könnte bzw. wollen würde.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

Genau das denke ich auch... und diese
Mittel werden auch in den Städten gebraucht,
die sicher auch ihre sozialen Brennpunkte
haben... und die Masse der Wähler!
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

Geht so. Die Probleme der Städte waren -- jedenfalls in Deutschland -- früher größer, gerade weil die Mittelschicht abgewandert ist. Mieten fielen, sorgten für entsprechenden Zuzug von schwieriger Klientel, den Städten fehlte mangels Hochqualifizierten Steuergeld (Ölkrise war auch schlecht), dazu noch planerische Fehler usw. Das ist heute nicht mehr so schlimm. Ansonsten würden sich junge Familien heute nicht scharenweise in solchen Städten ansiedeln und mit ihrer Kaufkraft dann wiederum jene "vertreiben", die (bzw. ihre Eltern) vor 40 Jahren in die Quartiere zogen.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

Ist diese Erscheinung nicht wieder eine Folge der
zu hoch gewordenen Kosten für 2 bis 3 PKW einer
Familie im Speckgürtel?
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

Nur bedingt. Da muss man auch wieder die Miet- bzw. Eigentumskosten in Relation stellen. Dann nimmt es sich wieder nicht so viel. Die Speckgürtel der Großstädte wachsen ja auch noch, weil aus dem ländlichen Raum in die Agglomerationen gezogen wird, da es dort für sie Jobs gibt und sie zugleich die Angebote der Städte nutzen möchten. Zugleich flüchteten früher ja auch viele nicht nur vor Kriminalität, sondern schlechten Lebensbedingungen. Im Ruhrpott konntest Du selten Deine Wäsche mal länger draußen hängenlassen, wenn sie nicht schwarz werden soll. Auch war der Lärm generell höher und die Wohnstandards niedriger. In den 50ern wohnte man noch in kaputten Wohnungen mit Kohleöfen und Gemeinschafts-Bad auf dem Hausflur, in den 60ern ging's in die moderne Großwohnsiedlung (Fernwärme! Nachtspeicher! Schalldämmung!) und dann auch rasch zum "Haus im Grünen", weil das Kfz kein Luxus mehr war. Solche Lebensbedingungen findet man heute nicht mehr, ob in Essen, München, Frankfurt, Stuttgart oder sonstwo.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Teeernte »

frems hat geschrieben:(02 Feb 2016, 21:19)

Naja, ich würde ländlichen Raum nun nicht mit Bauerntum gleichsetzen. Es gibt auch kleine Zentren in der Uckermark mit 10.000 Einwohnern (Tendenz stark fallend), wo so gut wie niemand in der Landwirtschaft tätig ist. Die größten Arbeitgeber heißen dort dann Sparkasse, Supermarkt, Altenheim und Arbeitsamt.
Die industrialisierte Landwirtschaft benötigt 3 Arbeiter und ein paar Automaten für 10.000 Kühe. ....und 2 mal im Jahr Maschinen auf dem Acker - aus Polen - da ist die Förderung der Maschine höher.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von pikant »

Teeernte hat geschrieben:(02 Feb 2016, 22:52)

Die industrialisierte Landwirtschaft benötigt 3 Arbeiter und ein paar Automaten für 10.000 Kühe.
das muessen Sie den Hunderttausenden Betrieben sagen, die mehr als 3 Arbeiter und ein paar Automaten haben
Sind das alles Idioten oder ist ihre Aussage komplett wirr?
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

pikant hat geschrieben:(02 Feb 2016, 23:04)

das muessen Sie den Hunderttausenden Betrieben sagen, die mehr als 3 Arbeiter und ein paar Automaten haben
Sind das alles Idioten oder ist ihre Aussage komplett wirr?
Ich vermute folgenden Zusammenhang:

Kapitalgesellschaften investieren in die industrialisierte Landwirtschaft,
und sie kommen fortan mit sehr wenigen Mitarbeitern über die Runden.
Die Anzahl "3" lassen wir einmal ruhen... ich kann diese Zahl gar nicht
beurteilen!

Mit dieser gestiegenen Produktivität machen sie gute Gewinne, während
die noch mehr bäuerlich geführten Betriebe gegen ihren Untergang
kämpfen... schon weil sie weder die Ackerflächen noch die Gebäude
noch die technischen Einrichtungen erwirtschaften können, die Risiken
ihnen auch unheimlich sind... Millionenbeträge immerhin, so vermute ich.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Teeernte »

pikant hat geschrieben:(02 Feb 2016, 23:04)

das muessen Sie den Hunderttausenden Betrieben sagen, die mehr als 3 Arbeiter und ein paar Automaten haben
Sind das alles Idioten oder ist ihre Aussage komplett wirr?

....die gehen in den nächsten Jahren PLATTTTTT. Oder arbeiten sich und ihrer Familie den AAAAAAAA - ab! Ohne Urlaub. 25 Stundenarbeitstag !
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von pikant »

Teeernte hat geschrieben:(02 Feb 2016, 23:24)

....die gehen in den nächsten Jahren PLATTTTTT. !
jo!
Realitaetsverlust in den Foren ist nichts neues.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Teeernte »

pikant hat geschrieben:(02 Feb 2016, 23:30)

jo!
Realitaetsverlust in den Foren ist nichts neues.
Von außen sieht das Ganze harmlos aus. Sechs Baracken liegen da still und einsam zwischen Kiefernwäldern auf sandigem Heideboden. Wir stehen vor Deutschlands größter Schweinemastanlage in Sandbeiendorf bei Magdeburg. 65.000 Schweine werden hier gehalten,

Dutzende Computer steuern die Fütterung, 35 Angestellte waten in Gummistiefeln bei Kunstlicht und Ammoniakgestank durch enge Ställe und Desinfektionswannen,

Aus den jährlich anfallenden 60.000 Kubikmetern Gülle produziert die Biogasanlage Strom für rund eine Million Euro im Jahr....
Vorn ist das Licht !!
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von frems »

Teeernte hat geschrieben:(02 Feb 2016, 23:39)

Vorn ist das Licht !!
Wären ca. 20 (Deine Behauptung) und nicht 35 (Dein Zitat). Aber vielleicht findest Du ja noch eine andere Branche, wenn es mit den Schweinen nicht klappt. (Sind übrigens keine Kühe, aber nunja.)
Labskaus!

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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Teeernte »

frems hat geschrieben:(02 Feb 2016, 23:46)

Wären ca. 20 (Deine Behauptung) und nicht 35 (Dein Zitat). Aber vielleicht findest Du ja noch eine andere Branche, wenn es mit den Schweinen nicht klappt. (Sind übrigens keine Kühe, aber nunja.)
...etwas Nebenproduktion, Gülle ausfahren, Kraftwerk betreiben ist ja auch noch.

Kennst Du einen teueren Produktionsfaktor in der Landwirtschaft , der sich beeinflussen lässt ??

über 60 % der gesamten Produktion kommt aus solchen Grossfarmen - bei Schweinefleisch , Eiern und Geflügel - nahe 80%....( inklusive Überproduktion)

0,05% der Betriebe produzieren über 60% bei Fleisch. So billig kann ein Bauer NICHT !!! Seine Arbeitskraft ist es (mit 50% Abgaben) die das zu teuer macht ....selbst wenn der Tag 100 Stunden hätte -

Was meinst Du warum die Propaganda auf ÖKO und Vegan macht ! Da braucht man ein paar Bauern mehr als - GEIZ ist GEIL.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Welfenprinz »

Ob und wieviel Dorf es in Zukunft noch gibt,hängt wohl kaum von der Landwirtschaft ab.(mit Ausnahme vom Weser-Ems-Gebiet,wo über die vertiksle Integration clusterbildung und Wertschöpfung bestehen,die auch strukturbestimmend sind) sondern davon,wieviel Leute in ihrer subjektiven bonus-malus-liste die Summe der Dorfattribute vorne haben.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von William »

H2O hat geschrieben:(02 Feb 2016, 23:22)

Ich vermute folgenden Zusammenhang:

Kapitalgesellschaften investieren in die industrialisierte Landwirtschaft,
und sie kommen fortan mit sehr wenigen Mitarbeitern über die Runden.
Die Anzahl "3" lassen wir einmal ruhen... ich kann diese Zahl gar nicht
beurteilen!

Mit dieser gestiegenen Produktivität machen sie gute Gewinne, während
die noch mehr bäuerlich geführten Betriebe gegen ihren Untergang
kämpfen... schon weil sie weder die Ackerflächen noch die Gebäude
noch die technischen Einrichtungen erwirtschaften können, die Risiken
ihnen auch unheimlich sind... Millionenbeträge immerhin, so vermute ich.
Schon die kleinen Familienbetriebe im Haupterwerb (sofern man die Zahl 3 hernimmt) jonglieren mit hohen sechsstelligen bis knapp siebenstelligen Beträgen. Deutlich kleinere, schwächere Betriebe existieren nicht mehr oder werden in der Freizeit weitergeführt. Mehr als Hobby oder Nebenerwerb, sehr oft ohne arbeitsintensiv Tierhaltung weil sich diese nicht lohnt.

Heute ist ein Traktor 150...250 PS stark und mit mehr Elektronik bestückt als ein PKW. Das kostet teuer Geld (500...1000 € pro PS), deswegen scheuen kleinere Unternehmen die hohen Investitionen.
Bei unter 30 Hektar lohnt sich die Arbeit nicht.
Mit Rosamunde-Pilcher oder Landarzt-Romantik hat es nichts mehr zu tun, tat es auch nie wirklich.

Die meisten Bauern von gestern arbeiten heute in der Industrie.
Viele besitzen aber noch die Ländereien, meist werden diese verpachtet. Ein nettes Zubrot und außerdem wertstabil weil krisensicher.
Ein Feld kann mit Bombenkratern übersät sein, ist deswegen aber nicht weniger wert. Es wird überpflügt und bringt das Jahr darauf wieder Ertrag. Ein Haus in der Stadt ist dagegen weg, ein Totalverlust also sofern es getroffen wird.
Wer zudem seine Ersparnisse in Geldform und nicht inflationssicheren Werten wie etwa Gold angelegt hat, steht im Ernstfall mit leeren Händen da.
Im Worst case hatten die (Groß)Städter stets das Nachsehen.
Auf dem Land kann man zumindest bei Bedarf Gurken anbauen ohne dass sie geklaut werden.
In Zeiten wie heute lohnt das natürlich nicht weil Lebensmittel (zu) billig sind. Es sei denn man ist überzeugter Biogärtner und will ungespritztes Obst und Gemüse.... Aber das ist ein anderes Thema.

Die Jugend von heute ist arbeitsscheuer denn je aber mehr auf Geld, Konsum und Spaß fixiert.
Leben auf dem Land passt daher nicht zu ihnen, deswegen wollen sie in die Stadt.
Frauen tun sich besonders hart weil sie mehr den sozialen Kontakt suchen als Männer und im Alter mit der finanziellen Belastung, welche Häuser und Ländereien mit sich bringen, allzu oft überfordert sind.
Deswegen ist es für die männlichen Vertreter auf dem Land auch so schwer den entsprechenden weiblichen Partner zu finden.
In Zeiten wie diesen will sich keiner mit einer eventuellen, richtig massiven Krise beschäftigen, ist daher auch nicht bereit gewisse Einschränkungen zu akzeptieren.
Deshalb geht die Masse in die Stadt, wohnt vorrangig zur Miete, spart wenig aber konsumiert viel.
3...4 Jobs in 10 Jahren bei unterschiedlichen Arbeitgebern sind keine Seltenheit, man liebt die Abwechslung.
Draussen auf dem Land ist das beschaulicher. Oft arbeitet die Belegschaft 20 Jahre und länger mit den selben Kollegen zusammen. Kontinuität ist hier wichtiger als ständiger Wechsel. Eine ordentliche Geschäftsführung wirtschaftet nachhaltig, das gibt Planungssicherheit. Mit einem städtischen Gastronomen ist das nicht zu machen, dieser wähnt sich beim Wort Traditionsunternehmen im falschen Film.

Schlussendlich sind heutige "Bauern" reicher als der Durchschnitt, auch wenn man es ihnen selten ansieht.
Wer nicht bereit ist mehr als 7...8 Stunden pro Tag zu arbeiten und auch in seiner Freizeit lieber daddelt als die Ärmel hochzukrempeln, hat auf dem Land nichts mehr zu suchen.
Gewisse Einschränkungen gibt es, ganz ohne Kompromisse geht es im Leben nie, jedoch gibt es auch einige Vorzüge.
Viele kaufen sich bei Zeit eine ETW in der nächstgrößeren Stadt, in der sie bei Bedarf ihren Lebensabend verbringen können, zwischenzeitlich wird sie vermietet. Andere gehen direkt in betreutes Wohnen oder Altersheime.

In die Stadt ziehen geht recht fix, der Weg (zurück) raus aufs Land ist meist nicht so einfach.
Es ist wohl eine Frage der persönlichen Einstellung, der Ehrgeizigkeit und dem Streben nach Sicherheit und Ruhe, weniger dem Bedarf an Rundumversorgung durch Dritte.
So setzt ein jeder die Prioritäten etwas anders.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Welfenprinz »

Diese "positive" Bewertung ist aber nun mal eine aus landwirtschaftlich geprägter Sicht. ;)
die andere naturgemäss aber so nicht teilen müssen.

Trotz (oder wegen) der beträchtlichen Faktorausstattung an Kapital und Boden ist die Landwirtschaft im Vergleich mit anderen Wirtschaftsbereichen nun mal ein ertragsschwacher Bereich. mein besagtes 800 Einwohner Dorf hat eine Feldmark von ca. 500 ha, guter Standort. Da können also wenns gut läuft -bei reinem Ackerbau) ca. 250000 € Gewinn vor Steuern erwirtschaftet werden. Das sind 4 oder 5 Betriebe. Modifiziert man das noch um ein paar Betriebsformen mit Veredlung, Direktvermarktung, Sonderkulturen, Nebenerwerb, kann man von maximal 15 existierenden Betrieben ausgehen.(dasselbe Einkommen/kaufkraft erwirtschaften 2 oder 3 leitende Angestellte ohne die immense Faktorausstattung alleine :) )
Das sind dann mit Familienangehörigen vielleicht 60 Menschen. also nicht mal 10% der jetzigen Bevölkerung.

Und, was wichtiger ist: das generierte Einkommen würde als Kaufkraft nicht im entferntesten dafür ausreichen auch nur minimalste Infrastruktur egal ob Einkauf,Handwerk, ärztliche Versorgung oder Freizeit vor Ort zu binden.

Landwirtschaft hat für die Frage des Weiterbestehens von Dörfern nur eine sehr untergeordnete Bedeutung.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

"Landwirtschaft hat für die Frage des Weiterbestehens von Dörfern nur eine sehr untergeordnete Bedeutung."

Das ist offenbar uns allen hier klar. Deshalb richtete sich
meine Neugier auf die Zukunft der ländlichen Räume etwas
weiter ab von industrieller Verdichtung von Siedlungen.
Da geht es um die kommenden 50 Jahre... die ich mit
Sicherheit nicht erleben werde, die mich aber dennoch
bewegen.

Landwirtschaft wird ja immer benötigt; unsere Natur will
das so. Nur: Wie wird Landwirtschaft in 50 Jahren wohl
betrieben, wie werden die wenigen Menschen damit ver-
fahren?
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

"In Zeiten wie diesen will sich keiner mit einer eventuellen, richtig massiven Krise beschäftigen, ist daher auch nicht bereit gewisse Einschränkungen zu akzeptieren."

Genau das treibt mich auch um: Wie wird man mit einer
industriellen Landwirtschaft eine handfeste Krise, etwa
durch einen Krieg, Ausfall der Elektrizität über Wochen,
in unseren Breiten überleben können?

Im ländlichen Raum könnte eine bewußt erhaltene Selbst-
versorgung mit wesentlichen Nahrungsmitteln einen Puffer
bilden, der den dort lebenden Menschen das Überleben
möglich macht. Was aber wird mit den hoch verdichteten
Ballungsgebieten sein?

Daseinsvorsorge dieser grundlegenden Art ist nicht in Mode,
scheint mir.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Welfenprinz »

H2O hat geschrieben:(03 Feb 2016, 10:04)

. Deshalb richtete sich
meine Neugier auf die Zukunft der ländlichen Räume etwas
weiter ab von industrieller Verdichtung von Siedlungen.
Kann denn ja "nur" noch von den sonstigen kaufkraftquellen abhängen, die eine wenigstens rudimentäre Infrastruktur am Leben halten.Der Zuzug von Wohnpendlern , die woanders arbeiten und auf dem Dorf nur leben, wird - wie frems ja nun schlüssig darlegt, weniger werden.
Eigene Wirtschaftskraft auf dem land, die wenigstens ein Minimum an Nachfrage sichert, kann je nach Gegend verschieden oder gar nicht vorhanden sein. Ich denke das wird gemischt und eine äusserst heterogene Entwicklung. Von Tourismusansätzen bis zum Kleinindustrieanlagen,Kieswerke oder einem "zufällig" angesiedelten Dienstleister liegt da einiges drin.................. oder eben auch ncihts. Wegen dieser Diversität ist es wohl recht sinnvoll, dass die verschiedenen REgionen in den letzten 20 Jahren mehr Initiative und Möglichkeiten bekommen haben ihre Entwicklung selbst mit zu steuern. Die Region "harz" als Verbund wird da sicherlich andere Schwerpunkte setzen als das nördliche Emsland, dessen Hauptsorge es ist, dass die Meyer-Werft weiter ihre Kreuzer auf der Ems in den Dollart bekommt.

. Nur: Wie wird Landwirtschaft in 50 Jahren wohl
betrieben, wie werden die wenigen Menschen damit ver-
fahren?
Prognosen sind schwer, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. :)
Stand heute ist in der Betriebsberatung und Lehre, dass die Mitte es schwerer haben wird. Kleine Betriebe, die Nischen besetzen, von Pferdepensionshaltung bis zur Direktvermarktung oder hofeigene Produktspezialitäten(da bietet dann das inet die Möglichkeit auch überregional tätig zu werden) wird es geben. Und eben den >500 Kuh-Betrieb mit Melkkarrussel und 10 Fremd-Ak(wobei es momentan auch unumstritten sit, dass der AK-Bedarf die Wachstumsbremse dieser Betriebe sein wird).
Die dazwischen werdens zunehmend schwerer haben.

REgionen, die wirtschaftlich von der Landwirtschaft dominiert und auch wirtschaftlich erhalten bleiben , werden die Ausnahme bleiben. Der Weser-Ems-Veredlungskomplex. Hat ausser der Urstoffproduktion auch die komplette Palette vor - und nachgelagerter Bereiche eingeclustert und bietet Arbeitsplätze vom Hiwi bis zum Professor. Mit dementsprechender WErtschöpfung und Stabilität(niedrige ARbeitslosenquote, wirtschaftliche Prosperität, Bevölkerungswachstum).
Aber das sind Ausnahmen. Vergleichbares hat hier vielleicht nur noch die WEinanbauregionen zu bieten, wo die Produktion mit Verarbeitung und Tourismus eine ähnlich miteinander verwobene Wertschöpfungskette bildet.
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Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Teeernte »

Welfenprinz hat geschrieben:(03 Feb 2016, 12:46)

Kann denn ja "nur" noch von den sonstigen kaufkraftquellen abhängen, .....
Aber das sind Ausnahmen. Vergleichbares hat hier vielleicht nur noch die WEinanbauregionen zu bieten, wo die Produktion mit Verarbeitung und Tourismus eine ähnlich miteinander verwobene Wertschöpfungskette bildet.
....ich habe Papiere gesehen - die ein Gesetz mit 100 Großvieheinheiten je Hof begrenzen. 1,5 ha je Großvieheinheit - max. (Umrechnung Großvieh in Hühner oder Schweine gibts ne Formel)

Eine Variante. - eine Staatlich reglementierte.

Man beachte - je weniger Personen Arbeit haben - um so mehr steigen die Kosten des Staates - um Sozialwesen und Krankenkasse aufrechtzuerhalten ....Gemeinden zu finanzieren.

Fällt die Einkommenssteuer UND die Margen (Gewinn) wird geringer - so nimmt der Staat auch weniger ein....

Die Preise zB für die (Staatlich als PFLICHT vorgegebene) UNFALLKASSE für Waldbauern ist enorm gestiegen ! GUV Forst...
Die Waldarbeit ist eine gefährliche und körperlich stark belastende Tätigkeit. Arbeitsbedingte Erkrankungen und schwere Unfälle......
...so dass bald auch der NEBENERWERB nicht mehr lohnt. Soll doch der NAturgläubige selbst das Holz als "Erlebnisgastronomie" (Selbstgebrannter und Brotzeit , dargebracht durch den Waldbauern ) aus dem Wald holen.

Steuern für das 1 PS HAfermotor - überlegen sich auch schon einige Gemeinden.... 200 Eu im Jahr - zusätzlich werden auch die Pferdestellplätze sinken lassen.

Variante 2 LAndwirtschaft als "Integration/Ausbildung/Sozialisierungspartner" - der PferdeBIO Hof mit Sozalarbeiter für ProblemJugendliche kann eine zukunftsträchtige win-win Situation für Staat und Landwirtschaft bilden. Rückreise NUR mit Sozialticket auf Chipkarte im PErsonalausweis... :D :D :D

Es gibt natürlcih auch noch viele andere Varianten - jedoch ALLE (Über die Hobbyfarm hinweg) nur über staatliche Programme realisierbar !!
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von H2O »

"Prognosen sind schwer, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. :)"

Das war mir sehr bewußt; darum wollte ich gern hier in
der Runde nachfragen, wie denn in Ländern außerhalb
Europas Landwirtschaft betrieben wird, wenn wir einmal
ganz witterungsspezifische Anbauformen weglassen:

Argentinien, USA, Australien, Süd-Afrika, Sibirien...

Da dürfte die Entwicklungsgeschichte vom Beginn des
Ackerbaus bis heute eine geringere Rolle spielen; dort
wird vermutlich getan, wohin wir unsere Landwirtschaft
erst noch entwickeln müssen.

Meine Phantasie sah schon weit abbgelegene Agrarfabriken
und Tiermastanstalten vorher, die Personenverkehr nur mit
dem Flugzeug erträglich machen. Bei unserer Besiedlungsdichte
ist das derzeit sicher etwas weit ab von der Spur. Aber wenn
die Menschen sich nur noch in Ballungsräumen ansiedeln...
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Teeernte
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Re: Den ländlichen Raum ausbluten lassen?

Beitrag von Teeernte »

H2O hat geschrieben:(03 Feb 2016, 13:41)

"Prognosen sind schwer, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. :)"

Das war mir sehr bewußt; darum wollte ich gern hier in
der Runde nachfragen, wie denn in Ländern außerhalb
Europas Landwirtschaft betrieben wird, wenn wir einmal
ganz witterungsspezifische Anbauformen weglassen:

Argentinien, USA, Australien, Süd-Afrika, Sibirien....
All das ist unrelevant - da die es mit den Sozialkosten / Steuern /Abgaben, Kassenbeiträge......nicht so nehmen wie in D.

Hier gibt es PFLICHT-Beiträge (was richtig ist) - zahlen ALLE - wird für jeden einzelnen der Preis niedrig....müssen nur einige für ALLE zahlen - wie jetzt - wird es TEUER.

Variante Statt Hartz4 also FREIWILLIGE Arbeit beim Bauern - die vom Staat gestützt wird. So kann man Vätern , die Alimente nicht zahlen wollen - lieber auf der eigenen Haut liegen - auch etwas unter die Arme greifen..... gleich vom Lohn abgezogen..... Kinderhartz wird dadurch nicht mehr nötig.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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