palulu » Sa 9. Aug 2014, 22:15 hat geschrieben:Das ist meine persönliche, allerdings wissenschaftlich nicht überprüfte These. Vielleicht schreibe ich ein Buch darüber. Meiner Behauptung liegen keine rassistischen Ressentiments zugrunde. Natürlich sind Europäer nicht dumm oder blind. Die Menschen hier haben allerdings - bedingt durch Kultur, Tradition, Religion und ihre eigene Geschichte - eine andere Art und Weise, wie sie politische Konflikte betrachten und bewerten. Oftmals wird versucht, mit Hilfe eigener Denkmuster und Analysekategorien die Ereignisse in der Türkei zu begreifen, nicht bloß wahrzunehmen. Das ist im Übrigen völlig menschlich und bei den Türken nicht anders, weshalb ich umgekehrt auch ihnen unterstelle, zumindest in der Gegenwart, mehrheitlich nicht verstanden zu haben, was die Europäer von ihnen wünschen. Das meine ich nicht bloß in Bezug auf den Beitrittsprozess. Es liegt also ein Kommunikationsproblem vor. Das drückt sich häufig durch die Wut vieler Deutscher über den Sieg Erdogans aus. Ein islamisch-konservativer Machtmensch, der 3 Parlamentswahlen, 3 Kommunalwahlen und 2 Verfassungsbefragungen aufeinanderfolgend für sich entschied und wenn nicht im ersten, so doch im zweiten Wahlgang definitiv Präsident der Türkei - zum Entsetzen der Deutschen - wird.
Ich hatte bereits türkische Artikel zum folgenden Thema gelesen und wollte auch die Tage einen Thread dazu eröffnen, habe aber diesen deutschen Artikel auf Zeit.de entdeckt, der mein Gesagtes zusammenfassend an einem Beipsiel auf den Punkt bringt:
Versteht ihr die Entscheidung dieser Menschen?
Ja. Um Missverständisse aus dem Weg zu räumen, laut türkischem Wahlomat wäre ich DSP Wähler (türkische Sozialdemokraten) und ich finde Erdogan somit auch ziemlich unerträglich.
Ich glaube aber, das wenn man bedenkt wo die Türkei gewesen ist, er die Türkei vorangebracht hat.
Viele Deutsche reagieren mit pawlowschen Reflexen auf die politische Kategorie ¨ islamisch-konservativ¨, ohne dabei die verschiedenen Schattierungen zu begreifen oder begreifen zu wollen.
Das ist aber in etwa so sinnvoll wie der CSU zu unterstellen sie wolle neue Kreuzzüge, weil in ihrem Namen das Christliche vorkommt.Ich weiss aus eigener Anschauung und durch Erzählungen sogar erklärter Erdogan-Feinde, das er die Türkei vorangebracht hat.
Es gibt wie du sagst sogar Schwule oder auch Atheisten die ihn wählen.
Meine für die Türkei irrelevante Hoffnung ist das sich irgendwann ein säkularer Präsident durchsetzt, aber ich glaube trotzdem, das Erdogan die Türkei mehr demokratisiert hat. Die Türkei war vorher eine Militärdiktatur mit demokratischem Anstrich.
Wie ernst er und seine Anhänger es damit meinen wird man allerdings dann erst sehen, wenn sie auch eine Wahl verlieren.