Urknall, Weltall und das Leben

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Teeernte
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Teeernte »

H2O hat geschrieben:(28 Apr 2021, 16:42)

Vielleicht ein Gedanke in Analogie zum Einsatz von Meßgeräten, um einen Zustand zu beobachten. Der Einsatz des Meßgeräts hat aber schon einen Einfluß auf den Zustand. Für mich ist auch dieser technische Gedanke schon grenzwertig, weil man sich doch bemüht, den Einfluß des Meßaufbaus so weit wie irgend möglich aus der Zustandsbeschreibung heraus zu halten. Aber zurückweisen läßt sich der Gedanke nicht. Von dort ist es nicht weit, diesen Gedanken auch auf andere Beobachtungen zu übertragen. Eine Welt, in der ich mich nicht gern tummele...
Für "Raum" muss Masse vorhanden sein.

...sonst würde Papaloooo seinen Donut nicht hinbekommen...

//man ein "Ende" nicht definieren können.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Papaloooo
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Papaloooo »

Troh.Klaus hat geschrieben:(28 Apr 2021, 16:17)

Diese Analogie ist zwar nett, trifft es aber nicht wirklich. Es geht bei Einstein nämlich nicht um eine vierte Raum-Dimension sondern um die vierte Raum-Zeit-Dimension.
Dass Raum und Zeit ein Kontinuum bilden und beide miteinander korrelieren.
Dass es keine absolute Interpretation von Raum, Zeit, Zeitpunkt und Geschwindigkeit gibt.
Dass ein und dasselbe Ereignis für zwei bewegte Beobachter zu einer anderen Zeit stattfindet.
Dass ein und dieselben Längen und ein und dieselbe Zeit für zwei bewegte Beobachter unterschiedlich sind.
Ein Meter ist nicht immer gleich ein Meter.
Eine Sekunde ist nicht immer gleich eine Sekunde.
12:00:00 Uhr ist nicht immer gleich 12:00:00
Das ist korrekt.

Wenn die Krümmung der Raumzeit nur "innerlich",
nicht aber "äußerlich" ist, dann ist (wäre) das korrekt.

In diesem Fall würde ich das mit der 4. Raumdimension auch zurückziehen,
bzw. verwerfen. Nur dann verbleibt in mir die Frage nach der möglichen Hyper-Torus-Form des Universums aus meinem vorigen Beitrag besehen:

Wie könnte dies eine "innerliche" Eigenschaft der Raumzeit sein(?).
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Perdedor
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Perdedor »

Papaloooo hat geschrieben: Ich würde das so dann nicht verstehen,
ohne die Annahme, dass sich das auf einer Raumdimension abspielt,
welche oberhalb unserer 3. Dimension liegt.
Die Krümmung ist rein intrinsisch, definiert über die Form der Metrik ("den Abstand zwischen zwei Punkten"). Ein Bezug auf eine höhere Dimension ist überflüssig. Die gesamte mathematische Beschreibung kommt mit 3 (Raum-)Koordinaten aus.

Aber: Es ist möglich jede n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit in einem höherdimensionalen Raum einzubetten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Einbettun ... on_Whitney
Das ist dann natürlich eine rein mathematische Konstruktion. Es kann aber helfen sich die Zusammenhänge leichter zu überlegen.

Es ist schlicht eine (nachvollziehbare) Fehlvorstellung, dass die Einbettung notwendig wäre.

Nochmal das Beispiel der 2D-Wesen, die auf der 2D-Erdoberfläche (2D-Sphäre) leben. Auch sie können die gesamte Vermessung ihrer Welt (inklusive der Krümmung) mit 2 Koordinaten darstellen.
In unserem Universum gibt es natürlich eine dritte Raumdimension. Diese Feststellung ist aber unabhängig davon, dass man die Erdoberfläche vollständig in 2D darstellen kann.
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Papaloooo
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Papaloooo »

Perdedor hat geschrieben:(28 Apr 2021, 20:16)
Die Krümmung ist rein intrinsisch, definiert über die Form der Metrik ("den Abstand zwischen zwei Punkten"). Ein Bezug auf eine höhere Dimension ist überflüssig. Die gesamte mathematische Beschreibung kommt mit 3 (Raum-)Koordinaten aus.
Danke, ich bin mir darüber aber nicht ganz im Klaren.
Ich fange mal an einem anderen Punkt an:

Raumkrümmungen sind nur abstrakt zu erfassen.
Man stellt sich gemeinhin laienhaft das Universum erst mal so vor,
als ob da am Anfang eine ewige gähnende Leere war,
bis dann irgendwann an einen beliebigen Punkt der Urknall entstand,
und sich die Materie dann in diesen leeren Raum hinein ausdehnte.
Dann gäbe es äußere Bereiche des Universums, hinter denen es nur noch schwarz wäre.

Diese Vorstellung, die nun mal unserem Alltagserleben entspricht, ist verkehrt.
Das Universum hat keine Randbereiche,
es ist praktisch in sich selbst hinein gekrümmt.

Nehme ich in meinem Modell mal ein 3-D-Konstrukt,
und stelle den Raum als lauter Würfel-Koordinaten dar,
so kann ich die Würfel dort enger Zeichnen, wo schwere Massen sind.
Insgesamt muss der Raum aber eine Kugel, ein Torus, ein Doppelsattel oder sonst ein endlicher Körper sein.

Nun komme ich zum ersten Problem:
ist diese Form des Raumes wirklich intrinsisch, also rein in der 3. Dimension liegend,
dann gäbe es ja Randbereiche, denn egal welche Form das Universum nun hat (außer es ist tatsächlich flach),
hat es dann einen Rand.

Das zweite Problem:
Wenn das Universum nicht in eine oder mehrere höhere Raumdimensionen eingebettet wäre,
welchen Sinn würde dann die Theorie über Paralleluniversen machen?
Dann müssten diese doch ebenfalls intrinsisch in unserer 3. Raumdimension liegen,
was sie aber nicht tun.
Die Multiversentheorie ist aber in sich recht stimmig und würde erklären,
wie ein Universum mit derart austarierten Naturkonstanten entstehen kann,
dass darin auch Leben entsteht: Wenn immer wieder neu getippt wird,
dann entsteht auch irgendwann mal der 6-er im Lotto.

Das Dritte, was ich dann nicht verstehe:
Wie kommen ernstzunehmende Wissenschaftler auf die 11-dimensionale Supergravitation in der M-Theorie?
Wo sind diese Dimensionen dann angesiedelt?
Jede weitere Dimension kann ja nur über unserer wahrnehmbaren 3. Raumdimension,
und meinetwegen, wenn man die Zeit als 4. Dimension ansieht, dann da darüber liegen.
Oder sind das alles gar keine Raumdimensionen mehr?
Gut, ich muss mich da vielleicht noch mit dem von dir verlinkten Einbettungssatz von Whitney befassen.
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von schokoschendrezki »

Troh.Klaus hat geschrieben:(28 Apr 2021, 16:22)

Wie veränderst Du denn den Stein beim Ansehen?
Auch Sehen als Photonenabsorbtion ist nicht einfach nur eine einseitige Einwirkung sondern eine elektromagnetische Wechselwirkung. Auch wenn das Ergebnis hier ganz klar und grenzwertigerweise auf der Seite des Wahrnehmenden liegt.

Nehmen wir ein anderes Beispiel: "Dunkle Materie". "Dunkle Materie" ist einfach ein Begriff für eine Art Ausgleichsterm, um das bestehende kosmologische Modell des Universums und speziell unserer Milchstraße aufrecht und konsistent zu erhalten. Die deutsche Sprache ist so klug, den Begriff "Wirklichkeit" vom Begriff "Wirkung" abzuleiten. Wirklich ist das, was wirklich wirk-lich ist. Die Wirklichkeit von dunkler Materie besteht darin, dass sichtbare Sterne schneller um das Galaxiszentrum kreisen als sie es nach den Gesetzen der Himmelsmechanik tun müssten. So ist sie also wirklich wirklich. Die Frage ist, ob das bei Kieselsteinen oder Nachtigallen wirklich anders ist. "Kieselstein" ist der Name für menschliche Erfahrungen, Messungen, Theorien einer bestimmten Art. Ob diesem Erfahrungsbegriff "Kieselstein" auch eine Realität, ein "Sein" entspricht, können wir Menschen grundsätzlich nicht ermitteln. Wir haben nur Experimente, Wahrnehmung, Messen und Theorien. Ob dieser Wirklichkeit als Gesamtmenge von Wirkungen auch ein entsprechendes absolutes und objektives Sein gegenübersteht ... können wir Menschen grundsätzlich nicht klären.
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von schokoschendrezki »

Ein anderer, für mich völlig faszinierender Gedanke ist der, dass ein Sein mit der Möglichkeit eines Seins identisch ist. Sprich: Wenn es eine widerspruchsfreie und logische Theorie über Kobolde gibt, dann müssen die zwangsläufig auch existieren. Dass das "Sein" eine Art Hervorbringungsmaschine für Möglichkeiten ist. Was zum Beispiel sollen denn Elementarteilchen eigentlich sein. Wo sollen sie "herkommen". Nach Heisenbergs metaphysischen Erklärungen - so wie ich sie verstanden habe - gibt es nicht eigentlich und tatsächlich Elementarteilchen. Sondern es gibt die physikalischen Gesetze, nach denen sie sich verhalten. Und nach diesen Gesetzen auch Wirkungen, speziell auch Wirkungen auf unsere Sinnersorgane und Messgeräte. In einem Sinne wie Aristoteles oder Newton sich das unerschaffene und unvergängliche Universum mit all seinen Objekten dachte ... gibt es eigentlich keine Elementarteilchen. Es gibt nicht irgendwelche kleinen Kügelchen, die im Raume herumschwirren. Sondern es gibt nur so etwas wie "Anregungszusände auf diskreten Energieleveln" oder auch Emissionen und ABsorbtionen. Für all dies haben wir mehr oder weniger provisorische Namen gefunden wie "Atom" oder "Photon". Und auch ein Elektronenmikroskop zeigt nicht irgendetwas wie es "real und wirklich" ist sondern gibt nur ein genaueres Wechselwirkungsbild wieder.
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Selina
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Selina »

Schrödingers Katze?
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Troh.Klaus
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Troh.Klaus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(29 Apr 2021, 14:10)
Ob dieser Wirklichkeit als Gesamtmenge von Wirkungen auch ein entsprechendes absolutes und objektives Sein gegenübersteht ... können wir Menschen grundsätzlich nicht klären.
Dann nützt es auch nichts, darüber zu philosophieren. Sich mit Fragen zu beschäftigen, zu der mensch grundsätzlich keine Antwort finden kann, ist vielleicht eine nette intellektuelle Spielerei. Es lassen sich aber genau null sinnvolle Schlussfolgerungen ziehen.

Um es mal mit einem Beispiel zu belegen. Jeder Mensch, der nicht farbenblind ist, kann "Rot" sehen. Physikalisch und biologisch heißt das, dass alle Menschen Rezeptoren für elektromagnetische Wellen zwischen ca. 600 bis 780 Nanometer Wellenlänge haben und die auftreffenden Photonen in chemische Signale für das Gehirn umwandeln. Beide Personen sind sich über die "Wirkung" absolut einig, beide sehen "Rot". Ob aber Person A und Person B tatsächlich einen identischen "inneren" Eindruck von "Rot" haben, ist unbekannt und wohl auch nicht entscheidbar. Dieses absolute und objektive "Rot-Sein" hat damit keine Relevanz.
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Perdedor
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Perdedor »

Papaloooo hat geschrieben: Nun komme ich zum ersten Problem:
ist diese Form des Raumes wirklich intrinsisch, also rein in der 3. Dimension liegend,
dann gäbe es ja Randbereiche, denn egal welche Form das Universum nun hat (außer es ist tatsächlich flach),
hat es dann einen Rand.
Das Problem liegt denke ich an der Unterscheidung zwischen
1) einer bildlichen Darstellung
2) der mathematischen Beschreibung und
3) der physikalischen Wirklichkeit.
Wenn wir uns die Zusammenhänge bildlich plausibel machen wollen, arbeiten wir gezwungenermaßen mit der Einbettung von 2D-Objekten (z.B. Kugeloberfläche) in den 3D Raum. Einfach, weil wir nur dies aus unserer visuellen Wahrnehmung kennen.
Mathematisch ist bereits diese Einbettung allerdings überflüssig. Wir können die gesamte Geometrie auf der (2D-)Kugeloberfläche mathematisch beschreiben ohne Bezug auf diese Einbettung (in 3D) zu nehmen.
Es ist aber durchaus erlaubt dies zu tun (das ist die Aussage des Einbettungssatzes). Wir dürfen unsere eingebettete Vorstellung der Kugeloberfläche nutzen. Es führt ebenfalls zu korrekten Ergebnissen.
Nur dürfen wir aus der zur Veranschaulichung eingeführten Zusatzdimension nicht auf deren physikalische Existenz schließen. Genaugenommen müssen wir sie gemäß Occams Rasiermesser sogar verwerfen, da sie für die logische (mathematische) Beschreibung gar nicht notwendig war.

Um direkt auf die Frage einzugehen: Im Grunde ist deine gesamte Vorstellung korrekt. Z.B. dass man beim immer geradeaus Fliegen wieder am Ausgangspunkt ankommt (sofern das Universum eine Hypershpäre ist). Das einzig Inkorrekte ist die Annahme, dass man dafür eine 4. Raumdimension benötigt. Diese benötigst du lediglich für die bildliche Vorstellung (bzw für die Analogie eine Dimension niedriger), aber nicht für die mathematische Beschreibung.
Das kann man sich dann ggf. nicht mehr bildlich vorstellen. Da muss man sich aber mit abfinden.
Papaloooo hat geschrieben: Wenn das Universum nicht in eine oder mehrere höhere Raumdimensionen eingebettet wäre,
welchen Sinn würde dann die Theorie über Paralleluniversen machen?
Auch hier müssen wir unterscheiden zwischen der
1) aktuell experimentell belegten Theorie und
2) spekulativen Theorien, die bisher weder belegt, noch falsifiziert sind.
Es existiert aktuell kein Beleg für Paralleluniversen. Die aktuellen Standardmodelle der Physik beshreiben diese daher auch nicht.
Aber natürlich folgt aus der Tatsache, dass der gekrümmte Raum ohne eine 4. Raumdimension beschrieben werden kann nicht, dass es keine 4. Dimension gibt. Das ist schlicht eine ganz andere Frage, die man unabhängig davon beantworten muss.

Die Stringtheorie geht tatsächlich von 10-26 Dimensionen aus. Manche davon sind zusätzliche Raumdimensionen. Die zusätzlichen Dimensionen sind allerdings meist "kompaktifiziert" ("aufgerollt"). Wir können uns nicht weit in ihre Richtung bewegen, daher nehmen wir sie nicht wahr.
Aber auch in der Stringtheorie ist der Raum gekrümmt, ohne in einen noch-höher-dimensionalen Raum eingebttet zu sein.
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(29 Apr 2021, 15:04)

Schrödingers Katze?
So. Unserem Kater habe ich grad ein wenig Milch gegeben und kann nun wieder meinen spekulativen Gedanken zum Universum und zur Milchstraße freien Raum lassen ...

Die übliche Sicht auf die Welt sieht eben so aus, dass man glaubt, es gibt etwas und dieses etwas ist eben so wie es ist und hat deshalb diese und jene Eigenschaften. Weil es eben so ist wie es ist. Gravitation zum Beispiel. Es gibt eine Erde und einen Apfel und der Apfel fällt nach unten, weil Erde und Apfel eben so sind wie sie sind. Es geht aber auch umgekehrt: Die Gesetze der Graivitation, die klassischen wie auch die relativistischen lassen sich logisch konsistent denken und formulieren. Und, umgekehrt, deshalb gibt es letztendlich die Erde und den Apfel, der nicht nach oben sondern nach unten fällt. Das Universum wird gewissermaßen "gedacht" (nicht unbedingt vom Menschen) und existiert nicht einfach. Der Mensch, auch wenn er rational denkt, entscheidet, wahrnimmt, misst und rechnet und verifiziert und falsifiziert was das Zeug hält ... kann ganz grundsätzlich nicht ermitteln wie herum die Verhältnisse nun tatsächlich entstanden sind. Er kann ja nur beobachten, dass der Apfel nach unten fällt und eine Theorie der Gravitation aufstellen und feststellen, dass sich auch alle anderen Gegenstände entsprechend dieser Theorie verhalten.
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Papaloooo »

Perdedor hat geschrieben:(29 Apr 2021, 16:09)

Fullquote
Wow danke,
dies muss ich nun aber ein paarmal durchlesen,
und erst mal sacken lassen.

Schön, dass du dir die Mühe gemacht hast!
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Beitrag von schokoschendrezki »

Troh.Klaus hat geschrieben:(29 Apr 2021, 16:02)

Dann nützt es auch nichts, darüber zu philosophieren. Sich mit Fragen zu beschäftigen, zu der mensch grundsätzlich keine Antwort finden kann, ist vielleicht eine nette intellektuelle Spielerei. Es lassen sich aber genau null sinnvolle Schlussfolgerungen ziehen.

Um es mal mit einem Beispiel zu belegen. Jeder Mensch, der nicht farbenblind ist, kann "Rot" sehen. Physikalisch und biologisch heißt das, dass alle Menschen Rezeptoren für elektromagnetische Wellen zwischen ca. 600 bis 780 Nanometer Wellenlänge haben und die auftreffenden Photonen in chemische Signale für das Gehirn umwandeln. Beide Personen sind sich über die "Wirkung" absolut einig, beide sehen "Rot". Ob aber Person A und Person B tatsächlich einen identischen "inneren" Eindruck von "Rot" haben, ist unbekannt und wohl auch nicht entscheidbar. Dieses absolute und objektive "Rot-Sein" hat damit keine Relevanz.
Der Mensch kann für solche Fragen vielleicht keine Antworten im Sinne verifizierbarer und falsifizierbarer wissenschaftlicher Antworten finden. Er kann aber darüber philosophieren. Und das ist keineswegs nur eine "nette Spielerei". "Rot sehen" ist nicht nur eine physikalische Angegenheit. Der Ausdruck "Rot sehen" hat im Deutschen auch eine sprachgeschichtliche Bedeutung. Die Abwertung der Geisteswissenschaften - wenn es sie denn gibt, ich nehme es jedenfalls so wahr - geht mir gehörig auf die Nerven! Wir leben in einer Welt der Renaissance von Religionen, Irrationalität und spirituellen Glaubenslehren. Und gleichzeitig in einer Welt eines platten, kindischen Szientismus. Das beste Beispiel für das Unverständnis, das aus dieser Diskrepanz resultiert ist der Begriff des "freien Willens". Dieser sogenannte "freie Wille" iist weder nur durch die Neurowissenschaften noch nur durch philosophische Betrachtungen erklärbrar. Es braucht beides, um ersteinmal zu verstehen, was man damit eigentlich meint.

Natürlich hat auch "Rot sehen" eine Relveanz. Das beste wäre es, wenn man einerseits versteht, was "rot" physikalisch" eigentlich genau heißt. Und andererseits aber auch: Dass Wendungen wie "Rot Sehen", "Blau machen", "Gelb vor Neid sein" usw. eine sprachgeschichtliche Wurzel haben, die jeweils auf ihre Art bedeutsam ist.
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von schokoschendrezki »

Perdedor hat geschrieben:(29 Apr 2021, 16:09)
Um direkt auf die Frage einzugehen: Im Grunde ist deine gesamte Vorstellung korrekt. Z.B. dass man beim immer geradeaus Fliegen wieder am Ausgangspunkt ankommt (sofern das Universum eine Hypershpäre ist). Das einzig Inkorrekte ist die Annahme, dass man dafür eine 4. Raumdimension benötigt. Diese benötigst du lediglich für die bildliche Vorstellung (bzw für die Analogie eine Dimension niedriger), aber nicht für die mathematische Beschreibung.
"Dimensionalität" ist einfach eine Frage der Zahl der unabängigen Koordinaten. Es müssen gar nicht unbedingt nur raumartige Koordinaten sein. Wenn es irgendeine Größe x gibt, die ich unabhängig von den bislang bekannten n Koordinaten variieren kann, dann ist die Welt halt nicht n- sondern (n+1)-dimensional. Die Frage ist dann einmal die, ob wir diese Größe x für unsere "Raumvorstellung" als relevant ansehen. Und dann natürlich die, welche Eigenschaften dieser erweiterte Raum hat: Ist er zum Beispiel metrisch. Also existiert eine Abbildung, die zwei Koordinatenwerten eine Metrik zuordnet. Ist er vielleicht sogar euklidisch? Das heißt, existiert eine Abbildung, die die abstrakten Eigenschaften eines Skalarprodukts erfüllt?
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von schokoschendrezki »

Bekanntermaßen haben sich Menschen seit jeher die Frage gestellt, warum es etwas und nicht nichts gibt. Das ist doch überhaupt die Frage aller Fragen. Und die kann meiner Ansicht nach nur in einer Kombination von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und philosophischen Überlegungen beantwortet werden. Jede Vernachlässigung einer der beiden Seiten führt in die Irre.

Mein bisheriges Denkmodell geht dahin, dass es zwei Arten von "Nichts" gibt: Ein absolutes Nichts. Ein Garnichts. Das keine Eigenschaften aufweist. Und auf der anderen Seite eine Nicht-Wirklichkeit. Eine Wirklichkeit, in der alle Wirkungen gegeneinander neutralisiert sind. Senkrecht aufeinander stehen. Und die insofern eine Nicht-Wirklichkeit ist, als dass es nach außen hin keine Wirkungen gibt. So. Und jede noch so winzige Symmetriebrechung dieser Nicht-Wirklichkeit lässt aus dem "Nichts" ein "Alles" werden. Das Schwierige für mich ist, dass dieser Begriff "Symmetriebrechung" irgendwie an einen zeitlichen Ablauf gebunden ist. Wo es nichts gibt, gibts aber auch keine Zeit. Keine Richtung hin zu Entropieerhöhung ohne Energiezufuhrt. Keinen Beginn, kein Ende, kein Vorher, kein Nachher.

Es gibt auch ohne eine Realität eine Logik. Einen Satz des Pythagoras. Die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie. Den zentralen Grenzwertsatz der Wahrscheinlichkeitstheorie. Usw. usf. Über diesem allgemeinsten physikalischen Prinzip der kleinsten Wirkung steht das noch allgemeinere Prinzip, dass etwas, was logisch konsistent denkbar ist, auch realisiert werden muss. Deswegen existiert etwas und nicht nichts.
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Alexyessin »

Moin Jungs, ich hoffe ich kann das auch ohne grüne Keule an den Mann bringen.

Diese wunderbaren Beiträge über die tiefere philosophische Ausrichtung der Astronomie könnt ihr doch im Philosophieforum besprechen. Danke
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Mia glangt das i woas das i kennt wenn i woin dadat
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Papaloooo »

Alexyessin hat geschrieben:(30 Apr 2021, 14:37)

Moin Jungs, ich hoffe ich kann das auch ohne grüne Keule an den Mann bringen.

Diese wunderbaren Beiträge über die tiefere philosophische Ausrichtung der Astronomie könnt ihr doch im Philosophieforum besprechen. Danke
Ist es nicht ein Thema,
das auch zum philosophieren einlädt?

Es sind einfach noch so viele Unbekannte da:

- Wieso sind die Naturkonstanten so exakt austariert, dass Leben entstehen kann?
- Was ist die Dunkle Materie?
- Welche Form hat das Universum?
- Wie ist das alles überhaupt entstanden?
- Wieso haben sich Materie und Antimaterie nicht gegenseitig vollständig ausgelöscht?
- Wieso hat Wasser so viele Anomalien, ohne welche das Leben so hätte nicht entstehen können?
- Was ist außerhalb des sichtbaren Universums?
- Wieso expandiert das Universum beschleunigend?
- Wo sind die Zivilisationen hin, deren Exoplaneten nicht mehr bewohnbar sind?

Über so vieles kann man nur spekulieren und philosophieren!
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Re: Urknall, Weltall und das Leben

Beitrag von Papaloooo »

Eine Theorie über die negative Gravitation im Weltall ist,
dass unser sichtbares Universum durch einen Zufall weniger Materie enthält,
als das Universum außerhalb der Bereiche, die für uns noch sichtbar sind.
Die Gravitation der Materie außerhalb zieht aus diesem Grunde unsere Materie hinaus
in Richtung der unsichtbaren Bereiche.

Nachprüfen lässt sich das allerdings kaum.

Spannend wird es allerdings erneut,
wenn ein Dreigespann von Satelliten im All sein wird,
welches die Gravitationswellen genauer detektiert,
als es auf der Erde möglich ist.
Geotechnische Ereignisse machen diese hohe Präzision unmöglich.

Man wird dann erstmals in der Lage sein,
dem Urknall zuzuschauen.
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