Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

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olli
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von olli »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 13:59)

Die Popularität der Regierungspartei hat ja seine Gründe und die haben sehr viel mit den konkreten Themen zu tun, mit denen die Bürger zu tun haben.
Das ist es ! Sie machen ihre Hausaufgaben und das bedeutet das man sich zuallererst um das eigene Volk und deren Probleme kümmern muss statt die Welt retten zu wollen ! Begreifen unsere Welt(klima)retter aber nicht. Die stecken ihre Nase lieber in die Probleme anderer und ignorieren die Probleme des eigenen Volks. Da kommt dann bei diesen Welt(klima)rettern eben Neid auf weil die PIS so erfolgreich ist.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

olli hat geschrieben:(24 Oct 2021, 15:13)

Das ist es ! Sie machen ihre Hausaufgaben und das bedeutet das man sich zuallererst um das eigene Volk und deren Probleme kümmern muss statt die Welt retten zu wollen ! Begreifen unsere Welt(klima)retter aber nicht. Die stecken ihre Nase lieber in die Probleme anderer und ignorieren die Probleme des eigenen Volks. Da kommt dann bei diesen Welt(klima)rettern eben Neid auf weil die PIS so erfolgreich ist.
Der Neid wäre ja okay, denn daraus könnte man lernen, erfolgreich zu sein.
Man vergräbt sich aber lieber in abstrakte Winkelzüge, just so, als ob es darum ginge, aus einem Papiertiger einen Löwen zu machen, der Oregami besonders schön falten kann.

Auffallend ist doch, dass die polnische Regierungspartei mit Sozialpolitik zu punkten vermochte, wie auch die dänische. In einem Fall sind es Konservative, im anderen Sozialdemokraten.
Und beide haben einfach die brennenden Themen übernommen und erfolgreich eine Antwort kommuniziert, bis jeder Mitbewerber blass wurde.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Der litauische Außenminister warnt vor einer antieuropäischen Stimmung, die sich aus Sanktionen gegen das EU-Land Polen ergeben könnten.

Zudem betonte er die strategische Partnerschaft mit Polen, man habe eine gemeinsame Grenze.

https://www.polskieradio.pl/400/7764/Ar ... ung-wecken

Der Großvater des heutigen Außenministers kämpfte für die Unabhängigkeit Litauens und war erstes Staatsoberhaupt nach der Wiedererlangung der Freiheit 1990.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von JJazzGold »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 14:50)

Man schlägt vor, dass die reicheren Länder auf Repressionen gegenüber jenen Ländern verzichten, die auf der falschen Seite des Eisernen Vorhangs standen und deshalb immer noch mit dem Erbe der Vergangenheit zu tun hätten.
Mich deucht, dass dieses Erbe in Polen und Ungarn gerade mittels EU Geldern Wiederbelebung erfährt, explizit in den Bereichen Justiz, Menschenrechten, Presse- und Meinungsfreit.

Die Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" steht mit anderen Parteien des Inlands im ständigen Wettbewerb. Man kann ihr nicht vorhalten, Wahlen gewinnen zu wollen, sofern man das Mehrparteien-System befürwortet.
Es bleibt der Bevölkerung Polens vorbehalten zu entscheiden, welchen Preis sie für die Wahlwerbung gewillt ist zu zahlen, national und als EU Mitglied.
Andere EU Mitglieder sind nicht verpflichtet, diesen Preis mitzutragen, noch diesen monetär zu unterstützen.

Das Unionsrecht wird dort akzeptiert, wo es Gültigkeit besitzt. Eine außervertragliche Übergriffigkeit wird jedoch abgelehnt, so, wie es andere Länder auch tun.
In dem geschlossenen Vertrag steht nichts von Corona Wiederau Geldern.
Insofern können diese Auch nicht beansprucht werden.

Der gemeinsame Markt hat Vorteile für alle erbracht.
Nicht nur der gemeinsame Markt hat Polen Vorteile gebracht, Stichwort Nettoempfänger.


So wie ja auch die Corona-Wiederaufbauhilfe kein reiner Jux ist, sondern die Stabilisierung im Auge hat, in den Mitgliedsstaaten und in der Gemeinschaft insgesamt.

Und natürlich soll jedes legitimierte Subjekt am gemeinsamen europäischen Weg teilhaben. Warum denn nicht.
Keine gemeinsamen Werte, siehe Art 2 - aber gemeinsamer Griff in den Topf?
Also doch keine EU, aber Euros.

Eine Legitimation, deren Hinterfragung und Reform längst überfällig ist.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

JJazzGold hat geschrieben:(24 Oct 2021, 17:15)

Mich deucht, dass dieses Erbe in Polen und Ungarn gerade mittels EU Geldern Wiederbelebung erfährt, explizit in den Bereichen Justiz, Menschenrechten, Presse- und Meinungsfreit.
Es waren völlig andere, die nach 1989 die Medien in Polen prägten, die "Recht & Gerechtigkeit" soll weniger als ein Viertel der Presse auf ihrer Seite gehabt haben.
Es bleibt der Bevölkerung Polens vorbehalten zu entscheiden, welchen Preis sie für die Wahlwerbung gewillt ist zu zahlen, national und als EU Mitglied.
Andere EU Mitglieder sind nicht verpflichtet, diesen Preis mitzutragen, noch diesen monetär zu unterstützen.
Sie werden den Preis zahlen, den die Gruppe der anderen verlangt, den Preis für Schikanen und natürlich auch weiterhin den jährlichen EU-Mitgliedsbeitrag.
Dennoch sind die Wahlen doch eindeutig - 2015, 2018, 2019 und 2020.
In dem geschlossenen Vertrag steht nichts von Corona Wiederau Geldern.
Insofern können diese Auch nicht beansprucht werden.
Im Vertrag steht so einiges nicht, was hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wird.
Nicht nur der gemeinsame Markt hat Polen Vorteile gebracht, Stichwort Nettoempfänger.
Die EU ist keine Wolke, sie besteht aus offenen Märkten, aus Zu- und Rückflüssen.
Keine gemeinsamen Werte, siehe Art 2 - aber gemeinsamer Griff in den Topf?
Also doch keine EU, aber Euros.
Die gemeinsamen Werte verbieten nicht jede Meinung, sie bejahen sogar die Demokratie und damit freie Wahlen.
Wenn die Gruppe der anderen keinen gemeinsamen Markt will, muss sie eben innere Grenzen ziehen oder Zwei- und Drei-Klassen-Modelle erschaffen.

Man darf aber daran erinnern, dass die EU über Jahrzehnte eigentlich gut funktioniert hat, trotz des Pluralismus.

Eine Legitimation, deren Hinterfragung und Reform längst überfällig ist.
Laut BVG ist dieses Subjekt der Staatsbürger, von dem jede Legitimation ausgehen muss.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 18:15)
Laut BVG ist dieses Subjekt der Staatsbürger, von dem jede Legitimation ausgehen muss.
Es gibt keine demokratische Legitimation, die Demokratie abzuschaffen oder auszuhöhlen. Das BVG hat auch nie ein Urteil gefällt, das so ausgelegt werden könnte.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Kohlhaas hat geschrieben:(24 Oct 2021, 18:33)

Es gibt keine demokratische Legitimation, die Demokratie abzuschaffen oder auszuhöhlen. Das BVG hat auch nie ein Urteil gefällt, das so ausgelegt werden könnte.
Eben. Deshalb sind ultra vires-Urteile zu negieren und der Verfassung Vorrang einzuräumen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Vongole »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 18:40)

Eben. Deshalb sind ultra vires-Urteile zu negieren und der Verfassung Vorrang einzuräumen.
Lies mal, was ein echter Jurist zu deinen Volten und Verdrehungen zu sagen hat:
https://verfassungsblog.de/wer-karlsruh ... -gewaltig/
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Vongole hat geschrieben:(24 Oct 2021, 18:46)

Lies mal, was ein echter Jurist zu deinen Volten und Verdrehungen zu sagen hat:
https://verfassungsblog.de/wer-karlsruh ... -gewaltig/
Dieses Argument ist bekannt, so ähnlich wird auch bei den anderen zahllosen Fällen argumentiert - Entscheidungen des französischen Verfassungsrates, des dänischen Obersten Gerichtshofes, Zitate des italienischen und spanischen Gerichtes. Es gibt auch entsprechende Zitate des polnischen Verfassungsgerichtes von 2005 und 2010, also aus einer Zeit nach dem Beitritt, aber vor dem Wahlerfolg der "Recht & Gerechtigkeit" 2015.

Und es stimmt, was da gesagt wird, manche dieser Fälle sind von geringerer Tragweite, ja, und jedes Urteil betrifft immer etwas anderes, ja.

Aber, sie haben doch eines gemeinsam, nur eines, sie bestätigen jedes mal, dass die nationalen Verfassungsgerichte ihr eigenes Kontrollrecht anerkennen.
Das ist der Punkt. Sie prüfen also, ob das Unionsrecht im Rahmen seiner Zuständigkeit Anwendung findet oder nicht. Sie kontrollieren es.

Im Raum der Union gibt es konstitutionellen Pluralismus, es gibt Länder mit verschiedenen Rechtsstrukturen, es kann aber keine Weisungen oder Anordnungen an Staaten geben.
Darum geht es in der Union auch nicht. Und das ist der Grund, weshalb die Verfassungsgerichte die Kontrolle ausüben.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 19:11)
Und es stimmt, was da gesagt wird, manche dieser Fälle sind von geringerer Tragweite, ja, und jedes Urteil betrifft immer etwas anderes, ja.
Aber, sie haben doch eines gemeinsam, nur eines, sie bestätigen jedes mal, dass die nationalen Verfassungsgerichte ihr eigenes Kontrollrecht anerkennen.
Das ist der Punkt. Sie prüfen also, ob das Unionsrecht im Rahmen seiner Zuständigkeit Anwendung findet oder nicht. Sie kontrollieren es.
In dem verlinkten Text wird schon in der Überschrift gesagt und anschließend vergleichend dargelegt, dass es die von Dir behaupteten Ähnlichkeiten in den Urteilen der Verfassungsgerichte nicht gibt.

Mit dem Hinweis auf die Kontrollrechte der Verfassungsgerichte versuchst Du nun trotzdem, erneut eine Ähnlichkeit zu behaupten. Die Aussage, dass Verfassungsgerichte Kontrollrechte haben, ist in dem Zusammenhang etwa so sinnvoll wie die Aussage, dass Wasser nass ist. Selbstverständlich haben sie solche Rechte. Genau dafür sind Verfassungsgerichte da. Die bloße Existenz dieser Rechte besagt aber nichts darüber, in welcher Weise die Gerichte Kontrolle ausüben; es besagt nichts darüber, auf wessen "Weisung" sie das tun (wie jetzt in Polen unter PiS-Kontrolle).

Der Disput dreht sich die ganze Zeit nicht um Kontrollrechte, sondern um die Forderung der polnischen Regierung (genauer: der PiS), dem von ihr inzwischen kontrollierten polnischen Recht Vorrang gegenüber dem EU-Recht einzuräumen. Diesen Anspruch verteidigst Du unausgesetzt mit der falschen Behauptung, dies sei vergleichbar mit den Urteilen anderer Verfassungsgerichte.
Im Raum der Union gibt es konstitutionellen Pluralismus, es gibt Länder mit verschiedenen Rechtsstrukturen, es kann aber keine Weisungen oder Anordnungen an Staaten geben.
Darum geht es in der Union auch nicht. Und das ist der Grund, weshalb die Verfassungsgerichte die Kontrolle ausüben.
Der konstitutionellen Vielfalt sind aber Schranken gesetzt. Diese Schranken liegen in den Verträgen, die Polen vor dem Beitritt zur EU unterzeichnet hat. Deshalb kann es aufgrund geltenden EU-Rechts sehr wohl Weisungen oder Anordnungen an Staaten geben, die EU-Recht nicht mehr anerkennen wollen. Genau das passiert gerade im Falle Polens. Und völlig zu Recht! Wie in dem verlinkten Text sehr schlüssig dargelegt ist, würde es die EU grundlegend ändern, gar zerstören, wenn die "Rechtsauffassung" der PiS sich durchsetzen würde.

Nur um dies zu verdeutlichen: Die EU fordert von Polen überhaupt nicht, sein Rechtssystem in bestimmter Weise zu gestalten. Sie weist nur darauf hin, dass die jetzige Umgestaltung dem bislang akzeptierten EU-Recht entsprechen muss und dass Abweichungen davon nicht geduldet werden. Dabei geht die EU völlig gerecht vor. Sie würde Abweichungen nämlich auch dann nicht dulden, wenn sie von Deutschland oder einem beliebigen anderen Staat angestrebt würden. Andere Staaten streben soetwas bloß nicht an. Das versucht bislang NUR Polen!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von JJazzGold »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 18:15)

Es waren völlig andere, die nach 1989 die Medien in Polen prägten, die "Recht & Gerechtigkeit" soll weniger als ein Viertel der Presse auf ihrer Seite gehabt haben.

Sie werden den Preis zahlen, den die Gruppe der anderen verlangt, den Preis für Schikanen und natürlich auch weiterhin den jährlichen EU-Mitgliedsbeitrag.
Dennoch sind die Wahlen doch eindeutig - 2015, 2018, 2019 und 2020.

Im Vertrag steht so einiges nicht, was hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wird.

Die EU ist keine Wolke, sie besteht aus offenen Märkten, aus Zu- und Rückflüssen.

Die gemeinsamen Werte verbieten nicht jede Meinung, sie bejahen sogar die Demokratie und damit freie Wahlen.
Wenn die Gruppe der anderen keinen gemeinsamen Markt will, muss sie eben innere Grenzen ziehen oder Zwei- und Drei-Klassen-Modelle erschaffen.

Man darf aber daran erinnern, dass die EU über Jahrzehnte eigentlich gut funktioniert hat, trotz des Pluralismus.


Laut BVG ist dieses Subjekt der Staatsbürger, von dem jede Legitimation ausgehen muss.
Bisher habe ich kein Argument vernomnen, was mich dazu bewegen würde zu akzeptieren, dass Polen ein Sonderweg entgegen Art 2 gestattet werden sollte. Im Gegenteil, je mehr "Argumente" pro PiS Polen Aktionen ich lese, desto mehr bin ich der Meinung, dass Polen in einer ausschließlichen Wirtschaftsgemeinschaft besser aufgehoben wäre. Vielleicht in Novo Russia?
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

JJazzGold hat geschrieben:(24 Oct 2021, 19:48)

Bisher habe ich kein Argument vernomnen, was mich dazu bewegen würde zu akzeptieren, dass Polen ein Sonderweg entgegen Art 2 gestattet werden sollte. Im Gegenteil, je mehr "Argumente" pro PiS Polen Aktionen ich lese, desto mehr bin ich der Meinung, dass Polen in einer ausschließlichen Wirtschaftsgemeinschaft besser aufgehoben wäre. Vielleicht in Novo Russia?
Polen geht den gewöhnlichen Weg gem. Artikel 5, wie viele andere Länder davor auch schon.

Litauen ist Polen bereits beigesprungen, wenn auch in anderer Sache, könnte aber ein leises Signal sein.
Der deutsche Innenminister springt ebenfalls bei und aktuell jetzt Kretschmer.

Die Bundeskanzlerin hat schon recht, eine Kaskade von Rechtsstreitigkeiten kann Politik nicht ersetzen.
Man gibt sich da Illusionen hin.

Manche befürchten ja auch, Polen könnte Schule machen. Dann viel Spaß beim ständigen Umbau der EU.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Kohlhaas hat geschrieben:(24 Oct 2021, 19:40)

In dem verlinkten Text wird schon in der Überschrift gesagt und anschließend vergleichend dargelegt, dass es die von Dir behaupteten Ähnlichkeiten in den Urteilen der Verfassungsgerichte nicht gibt.

Mit dem Hinweis auf die Kontrollrechte der Verfassungsgerichte versuchst Du nun trotzdem, erneut eine Ähnlichkeit zu behaupten. Die Aussage, dass Verfassungsgerichte Kontrollrechte haben, ist in dem Zusammenhang etwa so sinnvoll wie die Aussage, dass Wasser nass ist. Selbstverständlich haben sie solche Rechte. Genau dafür sind Verfassungsgerichte da. Die bloße Existenz dieser Rechte besagt aber nichts darüber, in welcher Weise die Gerichte Kontrolle ausüben; es besagt nichts darüber, auf wessen "Weisung" sie das tun (wie jetzt in Polen unter PiS-Kontrolle).

Der Disput dreht sich die ganze Zeit nicht um Kontrollrechte, sondern um die Forderung der polnischen Regierung (genauer: der PiS), dem von ihr inzwischen kontrollierten polnischen Recht Vorrang gegenüber dem EU-Recht einzuräumen. Diesen Anspruch verteidigst Du unausgesetzt mit der falschen Behauptung, dies sei vergleichbar mit den Urteilen anderer Verfassungsgerichte.
Es wird verglichen, weil die Überprüfung möglicher ausbrechender Rechtsakte eben den Verfassungsgerichten obliegt. Jedenfalls wird es so gemacht.
Der konstitutionellen Vielfalt sind aber Schranken gesetzt. Diese Schranken liegen in den Verträgen, die Polen vor dem Beitritt zur EU unterzeichnet hat. Deshalb kann es aufgrund geltenden EU-Rechts sehr wohl Weisungen oder Anordnungen an Staaten geben, die EU-Recht nicht mehr anerkennen wollen. Genau das passiert gerade im Falle Polens. Und völlig zu Recht! Wie in dem verlinkten Text sehr schlüssig dargelegt ist, würde es die EU grundlegend ändern, gar zerstören, wenn die "Rechtsauffassung" der PiS sich durchsetzen würde.
Nur um dies zu verdeutlichen: Die EU fordert von Polen überhaupt nicht, sein Rechtssystem in bestimmter Weise zu gestalten. Sie weist nur darauf hin, dass die jetzige Umgestaltung dem bislang akzeptierten EU-Recht entsprechen muss und dass Abweichungen davon nicht geduldet werden. Dabei geht die EU völlig gerecht vor. Sie würde Abweichungen nämlich auch dann nicht dulden, wenn sie von Deutschland oder einem beliebigen anderen Staat angestrebt würden. Andere Staaten streben soetwas bloß nicht an. Das versucht bislang NUR Polen!
Nun ja, eine waghalsige Auffassung.

Doch wie auch immer, man kann eh nicht viel tun.
Interessanter ist - vielleicht - die Absicht der polnischen Regierung, die EU reformistisch zu beeinflussen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von JJazzGold »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 20:29)

Polen geht den gewöhnlichen Weg gem. Artikel 5, wie viele andere Länder davor auch schon.

Litauen ist Polen bereits beigesprungen, wenn auch in anderer Sache, könnte aber ein leises Signal sein.
Der deutsche Innenminister springt ebenfalls bei und aktuell jetzt Kretschmer.

Die Bundeskanzlerin hat schon recht, eine Kaskade von Rechtsstreitigkeiten kann Politik nicht ersetzen.
Man gibt sich da Illusionen hin.

Manche befürchten ja auch, Polen könnte Schule machen. Dann viel Spaß beim ständigen Umbau der EU.
Die EU sollte nur einmal umgebaut werden.

https://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?f=8&t=71951
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

JJazzGold hat geschrieben:(24 Oct 2021, 22:01)

Die EU sollte nur einmal umgebaut werden.

https://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?f=8&t=71951
Aber dann ohne Bürger. Anders wird es ja nicht gehen.
;)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Fliege »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 22:10)

JJazzGold (24 Oct 2021, 22:01): )
"Die EU sollte nur einmal umgebaut werden.
https://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?f=8&t=71951"

Aber dann ohne Bürger. Anders wird es ja nicht gehen.
;)
Vielleicht kann man geneigten Politikern und Bürokraten ihre Traumwelt-EU einrichten, während die Bürger in eine prosperierende EWG/EG entlassen werden.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Vongole »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 20:37)

(..)
Interessanter ist - vielleicht - die Absicht der polnischen Regierung, die EU reformistisch zu beeinflussen.
In Richtung der PiS? Ganz sicher nicht!
Am Yisrael Chai

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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Fliege hat geschrieben:(24 Oct 2021, 22:32)

Vielleicht kann man geneigten Politikern und Bürokraten ihre Traumwelt-EU einrichten, während die Bürger in eine prosperierende EWG/EG entlassen werden.
Europa ist schon mehr als eine EWG, hier wurde der Westen erfunden, die Demokratie und die Dampfmaschine. Und im Gegensatz zu monolithischen Reichen gab es immer eine Vielfalt der Poleis, die abwechselnd konkurrierten und kooperierten.

Die Technokraten scheitern aber schon allein daran, dass sie sich keinen Ort vorstellen können, an dem Menschen leben.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Vongole hat geschrieben:(25 Oct 2021, 00:02)

In Richtung der PiS? Ganz sicher nicht!
Dann in Richtung der dänischen S (Socialdemokraterne). Entscheidend ist, die wichtigen Themen aufzugreifen und Demokratie nicht als Problem, sondern als Lösung zu sehen.
Das ist letztlich eine philosophische Frage.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Vongole »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 00:20)

Dann in Richtung der dänischen S (Socialdemokraterne). Entscheidend ist, die wichtigen Themen aufzugreifen und Demokratie nicht als Problem, sondern als Lösung zu sehen.
.
Demokratie als Problem betrachtet augenblicklich außer Orban besonders dein Schützling PiS.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Vongole hat geschrieben:(25 Oct 2021, 00:29)

Demokratie als Problem betrachtet augenblicklich außer Orban besonders dein Schützling PiS.
Orban vielleicht, aber "Recht & Gerechtigkeit" ist relativ populär und ist ja auch schon in einigen Wahlen vom Souverän bewertet worden.

Die EU-Kommission kann diese Regierung auch nicht abwählen lassen. Somit bleiben nur Instrumentarien, die sich dem Volksvotum entziehen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von JJazzGold »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 22:10)

Aber dann ohne Bürger. Anders wird es ja nicht gehen.
;)
Ich gehe von einer befürwortenden Mehrheit der EU Bürger und Bürger der EU Beitrittskandidaten aus, die diese Reform begrüßen würden. Explizit in Polen, da diese die polnische Forderung nach Zeit, um das Erbe der Vergangenheit zu bewältigen erfüllt.
:)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

MP Kretschmer fordert nun Finanzhilfen für Polen, um dem EU-Land beim Grenzkonflikt mit Belarus beizustehen.

https://www.tagesschau.de/ausland/belar ... e-103.html

Die EU als solche wirkt in der Sache weiterhin konzeptlos. Die Kommission gibt sich schmallippig beleidigt.
Habeck hofft indes auf ein Umdenken der polnischen Regierung und möchte die Flüchtlinge aus Belarus in Europa verteilen.

Man befindet sich nunmehr in der Quadratur des Kreises. Wie ist man solidarisch ohne Solidarität? Wie möchte man sich einigen und gleichzeitig Streitigkeiten durchführen?

Kretschmer und Seehofer gehen diplomatisch und pragmatisch vor. Demgegenüber zeigt sich die polnische Administration offenbar aufgeschlossen, was ja auch kein Wunder ist. Schließlich hat man zum Dialog eingeladen. Nur die "Sprache der Drohungen" (Morawicki) lehnt man ab.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Oct 2021, 08:34)

Ich gehe von einer befürwortenden Mehrheit der EU Bürger und Bürger der EU Beitrittskandidaten aus, die diese Reform begrüßen würden. Explizit in Polen, da diese die polnische Forderung nach Zeit, um das Erbe der Vergangenheit zu bewältigen erfüllt.
:)
Guten Morgen. Sie wissen, was 2005 passiert ist? Nach den ablehnenden Referenden zur EU-Verfassung in Frankreich und Niederlande sagte man die weiteren, eigentlich vorgesehenen Abstimmungen einfach ab.
Und das war im Vergleich zur Gegenwart noch unter Sonnenschein-Bedingungen.

Eventuell würde die Ukraine jede Art von Geschwindigkeit akzeptieren, Hauptsache Bewegung. ;)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von JJazzGold »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 09:07)

Guten Morgen. Sie wissen, was 2005 passiert ist? Nach den ablehnenden Referenden zur EU-Verfassung in Frankreich und Niederlande sagte man die weiteren, eigentlich vorgesehenen Abstimmungen einfach ab.
Und das war im Vergleich zur Gegenwart noch unter Sonnenschein-Bedingungen.

Eventuell würde die Ukraine jede Art von Geschwindigkeit akzeptieren, Hauptsache Bewegung. ;)
Wir schreiben das Jahr 2021. Inzwischen dürfte einer Mehrheit der EU Bürger bewusst sein, dass die EU reformiert werden muss, will sie nicht zum Spielball eines Teils ihrer Mitglieder werden. Was sie nicht nur in fataler Weise lähmt, sondern letztendlich in neu organisierte Interessengemeinschaften, siehe z.B. die Idee einer Allianz des Südens, zerbrechen lassen wird.

Polen und Ungarn sind mit ihrem Verhalten als Brandbeschleuniger eines solchen Prozesses zu betrachten.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Oct 2021, 09:16)

Wir schreiben das Jahr 2021. Inzwischen dürfte einer Mehrheit der EU Bürger bewusst sein, dass die EU reformiert werden muss, will sie nicht zum Spielball eines Teils ihrer Mitglieder werden. Was sie nicht nur in fataler Weise lähmt, sondern letztendlich in neu organisierte Interessengemeinschaften, siehe z.B. die Idee einer Allianz des Südens, zerbrechen lassen wird.

Polen und Ungarn sind mit ihrem Verhalten als Brandbeschleuniger eines solchen Prozesses zu betrachten.
Ein Modell der drei Klassen oder Geschwindigkeiten würde diese Interessengemeinschaften nicht auflösen, sondern eher bestätigen.

Zweitens könnte man ja gleich sagen, Polen ist eben Klasse 3, mindestens bis 2023, sollen sie über die Justizreform denken wie sie wollen, der Händel ist nicht nötig.
Man hat evtl. wichtigeres zu tun, auch, wenn es nicht so aussieht.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von JJazzGold »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 09:33)

Ein Modell der drei Klassen oder Geschwindigkeiten würde diese Interessengemeinschaften nicht auflösen, sondern eher bestätigen.

Zweitens könnte man ja gleich sagen, Polen ist eben Klasse 3, mindestens bis 2023, sollen sie über die Justizreform denken wie sie wollen, der Händel ist nicht nötig.
Man hat evtl. wichtigeres zu tun, auch, wenn es nicht so aussieht.
Das ist es ja, was ich zu vermitteln versuche. Nicht nur Polen und Ungarn könnten sich problemlos Kategorie II, oder sogar III zuordnen, mit weniger Pflichten und weniger Rechten, zwangsläufig weniger Geldern, deutlich reduziertem Stimmrecht und in der Aussicht eines Tages die Kategorie wechseln zu können, wenn sie sich entsprechend eigenverantwortlich entwickelt haben. Zudem ohne in der konstanten Gefahr zu leben, als Außenseiter leichte Beute für Novo Russia zu werden.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 09:33)

Ein Modell der drei Klassen oder Geschwindigkeiten würde diese Interessengemeinschaften nicht auflösen, sondern eher bestätigen.

Zweitens könnte man ja gleich sagen, Polen ist eben Klasse 3, mindestens bis 2023, sollen sie über die Justizreform denken wie sie wollen, der Händel ist nicht nötig.
Man hat evtl. wichtigeres zu tun, auch, wenn es nicht so aussieht.
Die EU so zu konstruieren, hätte im Rahmen der Beitrittsverhandlungen dazu geführt, dass sich diese Länder hätten zurückgesetzt und als Mitglieder 2. oder sogar 3. Klasse gefühlt. Man darf immer nicht vergessen, dass diesen Ländern im Kalten Krieg immer der Beitritt zur EG in Aussicht gestellt wurde. Ohne wenn und aber.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Oct 2021, 09:40)

Das ist es ja, was ich zu vermitteln versuche. Nicht nur Polen und Ungarn könnten sich problemlos Kategorie II, oder sogar III zuordnen, mit weniger Pflichten und weniger Rechten, zwangsläufig weniger Geldern, deutlich reduziertem Stimmrecht und in der Aussicht eines Tages die Kategorie wechseln zu können, wenn sie sich entsprechend eigenverantwortlich entwickelt haben. Zudem ohne in der konstanten Gefahr zu leben, als Außenseiter leichte Beute für Novo Russia zu werden.
Das erreicht man ja faktisch bereits schon - nur mit dem Unterschied, dass sich Polen wohl kaum mit Putin anfreunden wird.
Orban ist eine andere Sache, Kategorie IV, wenn Sie so wollen.

Somit wäre alles gut. Außer, dass es eben auch andere Vorstellungen gibt, vom Europa der Einheit und Gleichheit.
Und die Kleinigkeit, dass es eben auch konkrete Herausforderungen gibt, Energiekrise, Grenzkonflikt, Immigration, Klima und Soziales.

Wir sehen gerade im französischen Wahlkampf, dass sich der Bürger kaum für Abstraktionen interessiert. Politiker müssen aber irgendwelche greifbaren Themen aufs Tableau bringen, wenn sie gewählt werden wollen. Themenvermeidung wird auf Dauer nicht ausreichen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

sünnerklaas hat geschrieben:(25 Oct 2021, 09:41)

Die EU so zu konstruieren, hätte im Rahmen der Beitrittsverhandlungen dazu geführt, dass sich diese Länder hätten zurückgesetzt und als Mitglieder 2. oder sogar 3. Klasse gefühlt. Man darf immer nicht vergessen, dass diesen Ländern im Kalten Krieg immer der Beitritt zur EG in Aussicht gestellt wurde. Ohne wenn und aber.
Speziell im Osten hat man auch andere historische Erfahrungen als im Westen.
Die Sowjetunion wurde als imperiales "Völkergefängnis" begriffen, weshalb die Souveränität ursprünglich einen stark emanzipativen Zug aufwies.
Der "Bund freier Nationen" wurde entsprechend als westliche Alternative gesehen. Selbst in der NATO kann das kleinste Land mit Nein stimmen, ohne dass deswegen Panzer aufmarschieren.
Das ist im historischen Gedächtnis so verankert.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von JJazzGold »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 09:54)

Das erreicht man ja faktisch bereits schon - nur mit dem Unterschied, dass sich Polen wohl kaum mit Putin anfreunden wird.
Orban ist eine andere Sache, Kategorie IV, wenn Sie so wollen.

Somit wäre alles gut. Außer, dass es eben auch andere Vorstellungen gibt, vom Europa der Einheit und Gleichheit.
Und die Kleinigkeit, dass es eben auch konkrete Herausforderungen gibt, Energiekrise, Grenzkonflikt, Immigration, Klima und Soziales.

Wir sehen gerade im französischen Wahlkampf, dass sich der Bürger kaum für Abstraktionen interessiert. Politiker müssen aber irgendwelche greifbaren Themen aufs Tableau bringen, wenn sie gewählt werden wollen. Themenvermeidung wird auf Dauer nicht ausreichen.
Den anstehenden Herausforderungen stellt sich Kategorie I, ohne dabei von “one EU member - one vote“ bis zur Bewegungslosigkeit gefesselt zu sein.

Gerade am Verhalten Polens, das mit seinem “Nein“ bei jeglichem anstehenden Beschluss droht, um seine Sonderbehandlung durchsetzen zu können, ist erkennbar, dass eine Reform dringend geboten ist, will man den bevorstehenden Herausforderungen gewachsen sein.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Oct 2021, 10:03)

Den anstehenden Herausforderungen stellt sich Kategorie I, ohne dabei von “one EU member - one vote“ bis zur Bewegungslosigkeit gefesselt zu sein.

Gerade am Verhalten Polens, das mit seinem “Nein“ bei jeglichem anstehenden Beschluss droht, um seine Sonderbehandlung durchsetzen zu können, ist erkennbar, dass eine Reform dringend geboten ist, will man den bevorstehenden Herausforderungen gewachsen sein.
Sie meinen in der Vision, in der dann die Kommission erster Ordnung anders handeln würde als jetzt.
Wobei man dann wiederum den Dialog mit den Kommissionen zweiter und dritter Ordnung hätte, oder so.

Um bei dem Beispiel Grenzkonflikt Belarus zu bleiben, einer sehr deutlichen Herausforderung - Polen handelt irgendwie, zwangsläufig, die Kommission hat mehr oder weniger eine Meinung, MP Kretschmer ragt indes als Diplomat und Pragmatiker hervor. Das ist die Ist-Situation.

Wenn Sie da dem Wähler sagen könnten, was er im visionären Modell genau erwarten darf, hätten Sie vermutlich politisches Talent. ;)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von JJazzGold »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 10:23)

Sie meinen in der Vision, in der dann die Kommission erster Ordnung anders handeln würde als jetzt.
Wobei man dann wiederum den Dialog mit den Kommissionen zweiter und dritter Ordnung hätte, oder so.

Um bei dem Beispiel Grenzkonflikt Belarus zu bleiben, einer sehr deutlichen Herausforderung - Polen handelt irgendwie, zwangsläufig, die Kommission hat mehr oder weniger eine Meinung, MP Kretschmer ragt indes als Diplomat und Pragmatiker hervor. Das ist die Ist-Situation.

Wenn Sie da dem Wähler sagen könnten, was er im visionären Modell genau erwarten darf, hätten Sie vermutlich politisches Talent. ;)
Das angeführte Beispiel Belarus zeigt in aller Deutlichkeit die von mir angeführte Handlungsunfähigkeit der jetzigen EU. Ein erforderliches System zur reaktionsschnellen Handlung ist in dieser Zusammensetzung schlichtweg nicht auf den Weg zu bringen. Statt dessen einigt man sich auf den kleinsten erreichbaren Nenner, der der Forderung nach “nur die Anderen“ Polens und Ungarns entgegenkommt. Damit wird die EU aufgrund interner Uneinigkeit auch weiterhin ein Spielball externer Staaten bleiben. Das kann schlichtweg nicht so bleiben.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Troh.Klaus »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 20:29)
Manche befürchten ja auch, Polen könnte Schule machen. Dann viel Spaß beim ständigen Umbau der EU.
Ja, zum Beispiel in Form eines Dexit. Danach kann Polen sein Justizsystem dem Putins und Lukaschenkos anpassen. Ist mir dann wurscht.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Oct 2021, 10:41)

Das angeführte Beispiel Belarus zeigt in aller Deutlichkeit die von mir angeführte Handlungsunfähigkeit der jetzigen EU. Ein erforderliches System zur reaktionsschnellen Handlung ist in dieser Zusammensetzung schlichtweg nicht auf den Weg zu bringen. Statt dessen einigt man sich auf den kleinsten erreichbaren Nenner, der der Forderung nach “nur die Anderen“ Polens und Ungarns entgegenkommt. Damit wird die EU aufgrund interner Uneinigkeit auch weiterhin ein Spielball externer Staaten bleiben. Das kann schlichtweg nicht so bleiben.
Klar könnte man handeln, Kretschmer und Seehofer tun es doch auch.
Man könnte neue Sanktionen ins Auge fassen, Fluglinien sperren. Es ist überhaupt nicht zwingend, als Papiertiger zu verharren, weder in erster Ordnung, noch in zweiter Ordnung.
Von der Leyen hat ja nur eine Vorgabe, sie will keine physischen Barrieren sehen.
Und ansonsten sähe man gern eine Umverteilung des Problemchens.

Aber gut, Sie plakatieren also >Handlungsfähigkeit durch Umbau<, so inetwa, und gehen von einer großen Akzeptanz in den Bevölkerungen aus.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Troh.Klaus hat geschrieben:(25 Oct 2021, 10:54)

Ja, zum Beispiel in Form eines Dexit. Danach kann Polen sein Justizsystem dem Putins und Lukaschenkos anpassen. Ist mir dann wurscht.
Es ist nicht erkennbar, dass jemand nicht täte, was er will.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 11:20)
Und ansonsten sähe man gern eine Umverteilung des Problemchens.
Wer sähe gerne eine Umverteilung des "Problemchnes", Polen?
Eigentlich sollte man die Polen da nicht entlasten, sie haben sich ja auch geweigert, Flüchtlinge aus Griechenland und Italien aufzunehmen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Troh.Klaus »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 11:25)
Es ist nicht erkennbar, dass jemand nicht täte, was er will.
Genau. Jeder macht, was er will. Und was er nicht will, macht er nicht. Würde uns eine Menge Ärger und Geld sparen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Misterfritz hat geschrieben:(25 Oct 2021, 11:32)

Wer sähe gerne eine Umverteilung des "Problemchnes", Polen?
Nein, die Kommission, Von der Leyen.
Eigentlich sollte man die Polen da nicht entlasten, sie haben sich ja auch geweigert, Flüchtlinge aus Griechenland und Italien aufzunehmen.
Exakt, man hatte andere Vorstellungen.

EU-Vize-Parlamentspräsidentin Barley schimpft entsprechend, Tenor - Polen ist an allem Schuld.

Mit Hinblick auf den Grenzkonflikt fügt sie aber hinzu, es sei richtig, Polen jetzt in dieser Krise Unterstützung zuzusagen.

Natürlich sieht es etwas komisch aus, wenn man einerseits die Konfrontation mit Polen sucht - nicht mit Belarus - andererseits unterstützen will, in welcher Form auch immer.
Etwas pointierter gesagt, die Kommission bewegt sich mit hoher Geschwindigkeit im Raum der Konzeptionslosigkeit.

PS
Quelle vergessen: https://www.n-tv.de/politik/Polen-und-U ... 85706.html
Zuletzt geändert von DarkLightbringer am Mo 25. Okt 2021, 11:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Troh.Klaus hat geschrieben:(25 Oct 2021, 11:42)

Genau. Jeder macht, was er will. Und was er nicht will, macht er nicht. Würde uns eine Menge Ärger und Geld sparen.
Du plädierst also für die Aufteilung in Clubs, für den Euxit, die Enteuropäisierung Europas?
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 10:03)

Speziell im Osten hat man auch andere historische Erfahrungen als im Westen.
Die Sowjetunion wurde als imperiales "Völkergefängnis" begriffen, weshalb die Souveränität ursprünglich einen stark emanzipativen Zug aufwies.
Der "Bund freier Nationen" wurde entsprechend als westliche Alternative gesehen. Selbst in der NATO kann das kleinste Land mit Nein stimmen, ohne dass deswegen Panzer aufmarschieren.
Das ist im historischen Gedächtnis so verankert.
Das "Völkergefängnis" bestand über Jahrhunderte. Fast alle osteuropäischen Staaten befanden sich bis1918 unter russischer, österreichischer und türkischer Fremdherrschaft. Im Gegensatz dazu standen die alten EG-Gründungsmitglieder. Die gemeinsame historische, politische und auch kulturelle Klammer war da das Frankenreich Karls des Großen und das römisch-deutsche Reich, v.a. unter Karl V. und in der Nachfolge die Zeit der französischen Dominanz zwischen 1795 und 1815 - wobei da auch interessanterweise das Gebiet der alten Bundesrepublik stark von den tiefgreifenden Reformen in der Folge der französischen Revolution und v.a. Napoleon Bonaparte geprägt wurde. Vieles davon wurde auch im Zeitalter der Restauration unter Metternich nicht nur nicht rückgängig gemacht, sondern sogar noch weiter voran getrieben.
Ich hatte bereits in einem anderen Trööt auf eine interessante Bemerkung des Historikers Golo Mann veriesen: der hatte im Zusammenhang mit der napoleonischen Besetzung die Beobachtung gemacht, dass das Gebiet der späteren DDR in sehr großen Teilen von den napoleonischen Reformen nicht betroffen war. In Sachsen, Thüringen, Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin war der Einfluss gering. Ebenso in Osteuropa. Anders das Gebiet der alten Bundesrepublik.
Aus dieser anderen Entwicklung zwischen 1895 und 1815 hat sich dann in Westdeutschland und in den allermeisten Gründungsländern der EG ein ganz anderes Selbstbewusstsein entwickelt - und ein gemeinsamer Anknüpfungspunkt. Damit kann man in den ehemaligen RGW-Staaten nicht viel anfangen. Da fehlt die , über Jahrhunderte gewachsene gemeinsame Erfahrung und politisch-kulturelle Tradition. Und genau das ist das Trennende.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

So langsam scheint aber in Polen dann doch jeder Maßstab verloren gegangen zu sein:
Streit mit der EU
Polens Premier spricht vom »Dritten Weltkrieg«
https://www.spiegel.de/ausland/polen-un ... abd4baa4d8
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 20:29)

Polen geht den gewöhnlichen Weg gem. Artikel 5, wie viele andere Länder davor auch schon.
Jetzt muss ich langsam energisch werden und darauf hinweisen, dass noch KEIN EINZIGES Land der EU den Weg gegangen ist, den Polen gerade zu beschreiten versucht! Indem Du immer wieder das Gegenteil behauptest, setzt Du Dich langsam dem Verdacht aus, bewusst zu lügen!

Hier wurde ein Beitrag eines ausgewiesenen Fachmanns verlinkt, der genau das nachweist. Hast Du das nicht gelesen oder ignorierst Du es nur aus politischem Interesse?

Ein ausgewiesener Fachmann, der an Hochschulen lehrt, sagt dass Polen einen Weg zu gehen versucht, der NOCH NIE beschritten worden ist. Und Du stellst Dich hier hin und behauptest, dass "viele Länder" schon genau das gleiche gemacht hätten? Kannst Du nicht lesen? An welcher Uni lehrst Du als Professor für Staats- und EU-Recht????
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Troh.Klaus »

DarkLightbringer hat geschrieben:(25 Oct 2021, 11:48)
Du plädierst also für die Aufteilung in Clubs, für den Euxit, die Enteuropäisierung Europas?
Ich plädiere dafür, dass man sich entscheidet, was man will.

Wenn man nur Teil einer europäischen Wirtschaftsunion sein will, aber ansonsten seinen eigenen Kram machen möchte, sollte man analog Norwegen, der Schweiz oder auch Großbritannien entsprechende weitreichende Handelsabkommen mit der EU abschließen, aber nicht EU-Mitglied werden oder bleiben. Natürlich mit der Konsequenz, an den monetären Aktivitäten auch nicht mehr beteiligt zu sein, also weder als Netto-Zahler noch als Netto-Empfänger aufzutreten.

Man kann natürlich auch generell der Meinung sein, dass die EU besser nur eine Freihandelszone sein sollte. Dann können wir Europäisches Parlament und Kommission, gemeinsame Verteidigungs-, Aussen-, Finanzpolitik (von der wir sowieso noch meilenweit entfernt sind), aber auch Schengen, eine europäische Migrationsübereinkunft und Ähnliches in die Tonne kloppen und uns zurück zur EWG der Siebziger und Achtziger bewegen. Mit einem neuen (alten) Vertragswerk. Diese Umgestaltung der EU wird sicherlich auch ein großer Spass.

Und wenn dann wieder Alles beim achso guten Alten ist, werden die Dienste des Euro sicherlich auch nicht mehr gebraucht.

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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Eiskalt »

Misterfritz hat geschrieben:(25 Oct 2021, 13:44)

So langsam scheint aber in Polen dann doch jeder Maßstab verloren gegangen zu sein:
An die Geschütze!!!!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

Troh.Klaus hat geschrieben:(25 Oct 2021, 15:29)

Ich plädiere dafür, dass man sich entscheidet, was man will.

Wenn man nur Teil einer europäischen Wirtschaftsunion sein will, aber ansonsten seinen eigenen Kram machen möchte, sollte man analog Norwegen, der Schweiz oder auch Großbritannien entsprechende weitreichende Handelsabkommen mit der EU abschließen, aber nicht EU-Mitglied werden oder bleiben. Natürlich mit der Konsequenz, an den monetären Aktivitäten auch nicht mehr beteiligt zu sein, also weder als Netto-Zahler noch als Netto-Empfänger aufzutreten.

Man kann natürlich auch generell der Meinung sein, dass die EU besser nur eine Freihandelszone sein sollte. Dann können wir Europäisches Parlament und Kommission, gemeinsame Verteidigungs-, Aussen-, Finanzpolitik (von der wir sowieso noch meilenweit entfernt sind), aber auch Schengen, eine europäische Migrationsübereinkunft und Ähnliches in die Tonne kloppen und uns zurück zur EWG der Siebziger und Achtziger bewegen. Mit einem neuen (alten) Vertragswerk. Diese Umgestaltung der EU wird sicherlich auch ein großer Spass.

Und wenn dann wieder Alles beim achso guten Alten ist, werden die Dienste des Euro sicherlich auch nicht mehr gebraucht.

Hat was von Vorwärts nimmer, Rückwärts immer.
Ja, wer erinnert sich nicht an diese lustigen Grenzkontrollen und Büdchen an der Grenze, wo man Landeswährung umgetauscht hat. Und es hielt das Gehirn fit, im Lokal und den Läden alles umzurechnen ;)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

DarkLightbringer hat geschrieben:(24 Oct 2021, 20:37)

Es wird verglichen, weil die Überprüfung möglicher ausbrechender Rechtsakte eben den Verfassungsgerichten obliegt. Jedenfalls wird es so gemacht.
Ahhhh, schöne Formulierung! In Polen obliegt die Überprüfung "möglicher ausbrechender Rechtsakte" aber nicht mehr dem Verfassungsgericht. Sie obliegt nur noch der PiS, die durch ihren Umbau des Rechtssystems sichergestellt hat, dass die Rechtsauffassungen des EuGH der Rechtsauffassung der PiS unterzuordnen ist. Ich warten noch auf den Beleg dafür, dass die polnische Bevölkerung dies demokratisch legitimiert haben soll. Sie hat lediglich mehrheitlich die PiS gewählt. Sie hat definitiv nicht für die Abschaffung der Demokratie oder für den Polexit gestimmt.

Was Du nicht zu verstehen scheinst, ist folgender Umstand: Ob ein "ausbrechender Rechtsakt" vorliegt, entscheiden Gerichte aufgrund rechtsgültiger Gesetze und Verträge. Das entscheidet nicht irgendeine Regierung aufgrund angeblicher Mehrheitsverhältnisse. Zur Erinnerung: Die Wähler der Pis haben mit ihrer Wahlentscheidung keineswegs dem Polexit zugestimmt! Der Polexit stand in Wahlkämpfen nie zur Debatte! Jetzt zu behaupten, dass die PiS das demokratisch legitimierte Recht hätte, die EU zu verlassen, ist schon ziemlich abseitig!

Zudem sei jetzt nochmal gesagt: Du hast den verlinkten Text offensichtlich nicht gelesen oder nicht verstanden. Der Text des ausgewiesenen Expterten behauptet etwas ganz anderes als das, was Du hier mit diesem langsam nur noch schwer erträglichen Gefasel über angeblich "ausufernder Rechtsakte" unausgesetzt zu unterstellen versuchst.

Der verlinkte Text des ausgewiesenen Fachmanns besagt, dass Du hier unausgesetzt nur eine "gefühlte Rechtsauffassung" rauspresst, die durch genau nichts belegt werden kann.
Nun ja, eine waghalsige Auffassung.
Du findest die Idee, dass die Forderung nach Einhaltung geschlossener Verträge "waghalsig" sein könnte, irgendwie logisch? Dann hast Du definitiv mindestens 2000 Jahre europäischer Kulturgeschichte verpasst oder nicht verstanden.
Doch wie auch immer, man kann eh nicht viel tun.
Ach nein? Das sieht die EU mehrheitlich völlig anders. Sie kann Polen und Ungarn (Orban-Clan) zum Beispiel das Geld entziehen. Das ist natürlich "eh nicht viel" für die beiden größten Profiteure in der EU... Sehr glaubwürdig!

Nur nebenbei: Polen hält sich ja noch weitgehend an die Grundregeln. Orban stellt sich inzwischen auf den Standpunkt, dass er EU-Geld im Grunde gar nicht mehr braucht. Orban kann sich ja mit seinem korrupten Kleptokratie-System auch dadurch fettfressen, dass er Ungarn an China verkauft. Ich bin mir sehr unsicher, ob Polen so weit gehen würde. Da müssten die Visegrad-Staaten mal zu einer einheitlichen Meinung kommen, deren kleinster gemeinsamer Nenner nicht im Widerstand von Autokraten gegen eine demokratische EU liegt.
Interessanter ist - vielleicht - die Absicht der polnischen Regierung, die EU reformistisch zu beeinflussen.
Sorry, aber das ist jetzt vollständiger Blödsinn. Wenn Polen die EU reformieren will, dann soll Polen doch bitte auf EU-Ebene Alternativen vorschlagen. Es kann nun definitiv nicht als "Reformvorschlag" aufgefasst werden, die EU abzuschaffen, aber die Zahlungspflichten der anderen EU-Angehörigen (insbesondere Deutschlands) erhalten zu wollen. Was für eine "Reform"! Die EU macht unter PiS-Vorgabe was sie will, und Deutschland bezahlt dafür... Tolle Wurst!

Wenn die PiS aus der EU raus will, dann soll sie gehen. Oder es versuchen. Versucht sie es, wird sie binnen zwei Wochen hinweggefegt.

Wäre gar nicht schlecht. Das würde viele Probleme lösen. Die EU wird sich jedenfalls nicht so ändern, wie die PiS das gern hätte.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

Misterfritz hat geschrieben:(25 Oct 2021, 13:44)

So langsam scheint aber in Polen dann doch jeder Maßstab verloren gegangen zu sein:
Ich habe heute einen Nachbarn getroffen. Ein älterer Herr, Solidarność -Gründungsmitglied aus Stettin. Er hat die große Sorge, dass die PiS-Regierung mit ihren Provozierereien es noch ungewollt hinbekommt, dass Polen am Ende von Deutschen, Briten, Franzosen und den USA an die Russen verkauft wird. Jaroslaw Kaczynski würde sich da in Zweifelsfall eine Kugel in den Kopf schiessen und das Land der Versklavung durch die Russen überlassen, ja ausliefern.
Jaroslaw Kaczynski hätte nichts verstanden.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Kohlhaas hat geschrieben:(25 Oct 2021, 15:23)

Jetzt muss ich langsam energisch werden und darauf hinweisen, dass noch KEIN EINZIGES Land der EU den Weg gegangen ist, den Polen gerade zu beschreiten versucht! Indem Du immer wieder das Gegenteil behauptest, setzt Du Dich langsam dem Verdacht aus, bewusst zu lügen!

Hier wurde ein Beitrag eines ausgewiesenen Fachmanns verlinkt, der genau das nachweist. Hast Du das nicht gelesen oder ignorierst Du es nur aus politischem Interesse?

Ein ausgewiesener Fachmann, der an Hochschulen lehrt, sagt dass Polen einen Weg zu gehen versucht, der NOCH NIE beschritten worden ist. Und Du stellst Dich hier hin und behauptest, dass "viele Länder" schon genau das gleiche gemacht hätten? Kannst Du nicht lesen? An welcher Uni lehrst Du als Professor für Staats- und EU-Recht????
Darum geht es halt nicht, ob das Urteil des polnischen Verfassungsgerichtes besonders weitreichend ist oder nicht.
Vielmehr konnte dargelegt werden, dass bereits in vielen Ländern die Verfassungsgerichte Urteile des EuGH geprüft haben.
Ferner konnte auf Artikel 5 des EU-Vertrages hingewiesen werden.

So macht es auch Sinn, wenn Morawiecki von einem außervertraglichen Vorgehen spricht. Das heißt, so meint er das.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Misterfritz hat geschrieben:(25 Oct 2021, 13:44)

So langsam scheint aber in Polen dann doch jeder Maßstab verloren gegangen zu sein:
Das ist natürlich bildlich gesprochen.
Er meint damit, man werde auf die Angriffe gegen Polen reagieren.
Das EU-Land hat Stimmrecht.
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