Unrechtsstaat DDR? - Ja

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Senexx

Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Senexx »

Immer wieder flammt hier in Threads die Diskussion über die DDR auf. Von Linken wird dabei gerne bestritten, dass die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei.

Aber was sollte sie denn anders gewesen sein? Ein Rechtsstaat? Ausgeschlossen.

Ein Staat, in der eine Partei das Sagen hat, kann kein Rechtsstaat sein.

Wer Menschen an der Grenze ermorden lässt, kann kein Rechtsstaat sein.

Wer Menschen an Reisefreiheit hindert, kann kein Rechtsstaat sein.

Wer Hochschulzugang von politischem Wohlverhalten abhängig macht, kann kein Rechtsstaat sein.

Wer Häftlinge gegen Devisen verkauft, kann kein Rechtsstaat sein.

Wer seine Bürger bespitzeln lässt, kann kein Rechtsstaat sein.

Die DDR war ein Unrechtsstaat.

Was den Fall besonders schlimm macht, dass sie die Herrschaft des Unrechts nach der Nazi-Diktatur einfach perpetuiert hat.
Elmar Brok
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Elmar Brok »

Die Debatte ist inhaltsleer. Es geht um ein politisches Schlagwort und nicht um tatsächliche Aufarbeitung oder Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Der Begriff dient eher als Totschlagargument, weil es in der Debatte nicht darum geht, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, sondern dass nur die Meinung, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, als zulässig gilt. Dieser Allgemeingültigkeitsanspruch ist aber aus Forschungsperspektive nicht gegeben. Zumindest nicht aus den Auseinandersetzungen, die ich zu diesem Thema kenne.

Die wissenschaftlichste Auseinandersetzung, die ich rund um diesen Begriff kenne:
https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf

Dort wird der Forschungsstand vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zusammengefasst.

Ganz grundsätzlich nehme ich mit, dass nur weil ein Staat kein Rechtsstaat ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er ein Unrechtsstaat ist.
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Selina
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Selina »

Elmar Brok hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:01)

Die Debatte ist inhaltsleer. Es geht um ein politisches Schlagwort und nicht um tatsächliche Aufarbeitung oder Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Der Begriff dient eher als Totschlagargument, weil es in der Debatte nicht darum geht, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, sondern dass nur die Meinung, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, als zulässig gilt. Dieser Allgemeingültigkeitsanspruch ist aber aus Forschungsperspektive nicht gegeben. Zumindest nicht aus den Auseinandersetzungen, die ich zu diesem Thema kenne.

Die wissenschaftlichste Auseinandersetzung, die ich rund um diesen Begriff kenne:
https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf

Dort wird der Forschungsstand vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zusammengefasst.

Ganz grundsätzlich nehme ich mit, dass nur weil ein Staat kein Rechtsstaat ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er ein Unrechtsstaat ist.
Genauso siehts aus. Vielen Dank für die Verlinkung. Sehr interessant. Daraus geht hervor, wie schwierig diese ganze Sache ist. Ich weiß auch nicht, was es bringen soll, das Wort "Unrechtsstaat" dauernd wie gewünscht nachzubeten und damit "Wohlverhalten" zu dokumentieren, statt Unrecht im Einzelnen genau zu beleuchten, vor dem geschichtlich, politisch und global betrachtet kein einziger Staat gefeit ist.
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Elmar Brok
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Elmar Brok »

Selina hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:12)

Genauso siehts aus. Vielen Dank für die Verlinkung. Sehr interessant. Daraus geht hervor, wie schwierig diese ganze Sache ist. Ich weiß auch nicht, was es bringen soll, das Wort "Unrechtsstaat" dauernd wie gewünscht nachzubeten und damit "Wohlverhalten" zu dokumentieren, statt Unrecht im Einzelnen genau zu beleuchten, vor dem geschichtlich, politisch und global betrachtet kein einziger Staat gefeit ist.
Gerne. Ich bin offen für Kritik gegenüber dem Papier des Wissenschaftliches Dienstes (auf wissenschaftlicher Ebene). Gibt es eine aktuellere Zusammenstellung des Forschungsstands, lasse ich mich gerne von etwas anderem überzeugen. Ich persönlich würde vermutlich auch in die Richtung tendieren, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Dazu habe ich aber zu wenig Ahnung vom Thema. Ich sehe aber wie gesagt keinen übergreifenden, wissenschaftlichen Konsens in dieser Frage. Solange es diesen aber nicht gibt, wird die Debatte als Totschlagargument missbraucht. Man könnte sich schon fragen, ob Leute, die sich auf diese Frage bei der Linken fokussieren, tatsächliche Aufarbeitung behindern/klein reden und Aufarbeitung auf den Begriff des Unrechtsstaats beschränken. Aus meiner Sicht wäre das fatal.
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Ammianus
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Ammianus »

Selina hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:12)

Genauso siehts aus. Vielen Dank für die Verlinkung. Sehr interessant. Daraus geht hervor, wie schwierig diese ganze Sache ist. Ich weiß auch nicht, was es bringen soll, das Wort "Unrechtsstaat" dauernd wie gewünscht nachzubeten und damit "Wohlverhalten" zu dokumentieren, statt Unrecht im Einzelnen genau zu beleuchten, vor dem geschichtlich, politisch und global betrachtet kein einziger Staat gefeit ist.
Senexx hat eine ganze Reihe von Gründen aufgezählt die vollkommen ausreichen die DDR einen Unrechtsstaat zu nennen. Hier könnte man sogar noch fleißig ergänzen. Natürlich kann man dabei zur Beschönigung und Ablenkung auf eine pseudojuristische Schiene oder ähnlichen Unsinn ausweichen - was ja auch fließig geschieht.

Aber was soll das? Auch Chile unter Pinochet war ein Unrechtsstaat wie Griechenland unter der Militärjunta oder der Apartheid-Staat Südafrika. Wie wäre es mit der IRI oder Nordkorea, wie wäre es mit Albanien unter den Kommunisten?
Geht doch mal auf all die einzelnen Punkte ein, die hier aufgezählt wurden statt abzulenken.
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Ammianus
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Ammianus »

Wozu brauche ich eine Wissenschaft, wenn ich die missgestaltet Gesichtshälfte eines Menschen sehe der versuchte die Grenzanlagen zu überwinden und von den Splittern einer der Selbstschussanlagen getroffen wurde. So schwer verletzt hatte er es nicht mehr geschafft, wurde von den zu diesem Zweck misbrauchten jungen Wehrpflichtigen, die nicht den Mut oder den Verstand oder die Moral besaßen, sich dem Grenzdienst mit Schießbefehl zu entziehen, aufgesammelt und durfte dann die nächste Phase seines Lebens in Brandenburg-Görden verbringen. Ich hoffe für ihn, dass er auf Grund des DDR-Menschenhandels - ja, DDR und nicht die Fluchthelfer - über Karl-Marx-Stadt in den Westen kam.
Die Narben bleiben und werden erst vergehen wenn er nach seinem Tod entweder eingeäschert in der Urne oder verwesend im Sarg ruht.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Troh.Klaus »

Ammianus hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:45)
Geht doch mal auf all die einzelnen Punkte ein, die hier aufgezählt wurden statt abzulenken.
Oder, falls Senexx' Liste die Bezeichnung "Unrechtsstaat" nicht hinreichend begründet, weitere Punkte nennen, die notwendig und hinreichend sind, um einen Staat zu einem Unrechtsstaat zu machen, mit Beispielen aus der neueren und aktuellen Geschichte.
Senexx

Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Senexx »

Selina hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:12)

das Wort "Unrechtsstaat" dauernd wie gewünscht nachzubeten und damit "Wohlverhalten" zu dokumentieren,
Nachbeten?

Interessanter Versuch.

"Wohlverhalten dokumentieren". Wer zeigt hier Wohlverhalten und vor allem wem gegenüber?
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BlueMonday
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von BlueMonday »

Der größte Punkt allen voran: entschädigungslose Enteignungen im großen Stil. Diese Enteignung ist ja der Kern des Sozialismus. Schon deshalb kann es keinen sozialistischen Rechtsstaat geben.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Elmar Brok »

Ammianus hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:45)

Senexx hat eine ganze Reihe von Gründen aufgezählt die vollkommen ausreichen die DDR einen Unrechtsstaat zu nennen. Hier könnte man sogar noch fleißig ergänzen. Natürlich kann man dabei zur Beschönigung und Ablenkung auf eine pseudojuristische Schiene oder ähnlichen Unsinn ausweichen - was ja auch fließig geschieht.

Aber was soll das? Auch Chile unter Pinochet war ein Unrechtsstaat wie Griechenland unter der Militärjunta oder der Apartheid-Staat Südafrika. Wie wäre es mit der IRI oder Nordkorea, wie wäre es mit Albanien unter den Kommunisten?
Geht doch mal auf all die einzelnen Punkte ein, die hier aufgezählt wurden statt abzulenken.
Über was diskutieren wir denn, wenn Definitionen des Begriffs als "pseudojuristisch" oder "Unsinn" abgetan werden? Welche Definition schlägst du vor?
Den Punkt verstehe ich nicht. Wieso beschönigt man, wenn man auf den Forschungsstand hinweist? Oder auch konkret, wieso beschönige ich automatisch Unrecht in der DDR, wenn ich den Begriff Unrechtsstaat ablehne? Also wo konkret, beschönige ich irgendetwas von dem, was in der DDR passiert ist? Ich beschönige etwas, wenn ich behaupte, dass die DDR ein Rechtsstaat war. Das ist Konsens. Das behauptet aber (soweit ich weiß) auch niemand.

Sind China, Russland und die Türkei dann auch Unrechtsstaaten? USA? Wo setzt man die Grenze, bzw. an welchen Kriterien?
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Troh.Klaus »

Elmar Brok hat geschrieben:(01 Mar 2020, 14:17)
Über was diskutieren wir denn, wenn Definitionen des Begriffs als "pseudojuristisch" oder "Unsinn" abgetan werden? Welche Definition schlägst du vor?
Sind China, Russland und die Türkei dann auch Unrechtsstaaten? USA? Wo setzt man die Grenze, bzw. an welchen Kriterien?
Und ist "Herrschaft des Unrechts" ein Synonym für "Unrechtsstaat"?
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Selina
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Selina »

Elmar Brok hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:33)

Gerne. Ich bin offen für Kritik gegenüber dem Papier des Wissenschaftliches Dienstes (auf wissenschaftlicher Ebene). Gibt es eine aktuellere Zusammenstellung des Forschungsstands, lasse ich mich gerne von etwas anderem überzeugen. Ich persönlich würde vermutlich auch in die Richtung tendieren, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Dazu habe ich aber zu wenig Ahnung vom Thema. Ich sehe aber wie gesagt keinen übergreifenden, wissenschaftlichen Konsens in dieser Frage. Solange es diesen aber nicht gibt, wird die Debatte als Totschlagargument missbraucht. Man könnte sich schon fragen, ob Leute, die sich auf diese Frage bei der Linken fokussieren, tatsächliche Aufarbeitung behindern/klein reden und Aufarbeitung auf den Begriff des Unrechtsstaats beschränken. Aus meiner Sicht wäre das fatal.
Ich denke, der Kommentar von Gesine Schwan (SPD) bringt es gut auf den Punkt, warum auch bei diesem Begriff - wie auch generell bei DDR-Analyse - mehr Differenziertheit im Herangehen nötig wäre:

https://www.zeit.de/2009/27/Oped-Schwan
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Bleibtreu »

Meine Guete, die Debatte ist so unsaeglich, wie beim Wort 'Antisemitismus', wo sich in perfidem Geschwurbel gewunden wird, um willentlich zu verharmlosen. Differenzierung ist in diesem Zusammenhang fuer mich ein Euphemismus fuer GeschichtsVergessenheit und -klitterung. :x Die ehemalige DDR war eine SED-Diktatur. In dem Wort Diktatur liegt der Schluessel, um was fuer ein StaatsGebilde es sich bei der DDR handelte. Es war eine Gewalt- und Willkuerherrschaft - da beisst die Maus keinen Faden ab!
• Wer fuer alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Die DDR war ein Staat in dem die politische Willkür jederzeit Recht und Gerechtigkeit ersetzen konnte, in dem zehntausende Biografien durch staatliches Unrecht gebrochen und zerstört wurden.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Billie Holiday »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(01 Mar 2020, 15:42)

Die DDR war ein Staat in dem die politische Willkür jederzeit Recht und Gerechtigkeit ersetzen konnte, in dem zehntausende Biografien durch staatliches Unrecht gebrochen und zerstört wurden.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von conscience »

@Bleibtreu

Auf den Punkt gebracht :thumbup:
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Dark Angel
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Dark Angel »

Elmar Brok hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:01)

Die Debatte ist inhaltsleer. Es geht um ein politisches Schlagwort und nicht um tatsächliche Aufarbeitung oder Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Der Begriff dient eher als Totschlagargument, weil es in der Debatte nicht darum geht, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, sondern dass nur die Meinung, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, als zulässig gilt. Dieser Allgemeingültigkeitsanspruch ist aber aus Forschungsperspektive nicht gegeben. Zumindest nicht aus den Auseinandersetzungen, die ich zu diesem Thema kenne.

Die wissenschaftlichste Auseinandersetzung, die ich rund um diesen Begriff kenne:
https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf

Dort wird der Forschungsstand vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zusammengefasst.

Ganz grundsätzlich nehme ich mit, dass nur weil ein Staat kein Rechtsstaat ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er ein Unrechtsstaat ist.
Entscheident ist diese Aussage:

"... Horst Sendler, für den Herausgeberbeirat erklärte, die DDR sei jedenfalls „im Kern“ Unrechtsstaat gewesen"
(siehe Link)

Was unter diesem "im Kern" zu verstehen ist, wird wie folgt beschrieben:

" ... „dass es in einem solchen Staat durchaus Bereiche gibt, die sich auch in einem Rechtsstaat sehen lassen könnten“. Es habe zwar auch in der DDR Gesetze gegeben, die jedoch nur Versatzstücke gewesen seien, „die bei Bedarf unkontrolliert beiseitegeschoben werden können, wenn sie der Staatsführung – konkret für die DDR: dem Politbüro – oder sonstigen zur Entscheidung befugten Organen nicht passen. Das kennzeichnet die DDR als einen Unrechtsstaat ‚im Kern‘, ebenso wie es NS-Deutschland in anderer Hinsicht und noch schlimmer war. Beide Staatswesen hatten sich nämlich nicht dem Recht verschrieben, sondern je länger je mehr der Aufrechterhaltung der Herrschaft um jeden Preis; hier wie dort galt das Recht nicht unverbrüchlich, sondern stand unter dem Vorbehalt des Politischen in Gestalt des Parteiwillens und wurde nach Willkür ausgelegt oder suspendiert“

Dieses Unrechtsstaat "im Kern" widerspiegelt auch die Verfassung der DDR (Fassung von 1974), in der anders als im Grundgesetz keine Grundrechte als Abwehrrechte des Bürgers GEGEN den Staat formuliert sind.
So genannte Grundrechte, die immer an so genannte Grundpflichten gekoppelt waren, wurden unter Vorbehalt gewährt
Anders als im Grundgesetz sind diese "Grundrechte und Grundpflichen" der Bürger den politischen Zielen nachgeordnet und konnten zur Erreichung politischer Ziele außer Kraft gesetzt werden.

Die Bürger der DDR hatten keine Möglichkeit ihre Grundrechte einzuklagen. Es gab keine juristische Instanz (Verfassungsgericht) an die sie sich wenden konnten.

Rechtsstaatliche Prinzipien wie sie hier formuliert sind, gab es in der DDR nicht.

All das unterstreicht die Aussagen "im Kern" ein Unrechtsstaat.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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BlueMonday
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von BlueMonday »

Elmar Brok hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:01)

https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf

Dort wird der Forschungsstand vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zusammengefasst.

Ganz grundsätzlich nehme ich mit, dass nur weil ein Staat kein Rechtsstaat ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er ein Unrechtsstaat ist.
Dein verlinktes Papier sagt das Gegenteil:

"Als kleinster gemeinsamer Nenner in der wissenschaftlichen Literatur kann allenfalls gelten, dass ein Unrechtsstaat ein Staat ist, in dem wesentliche Prinzipien des Rechtsstaats nicht verwirklicht sind. Er wird somit oftmals als Gegen- und Abgrenzungsbegriff zum Rechtsstaat verwandt.3 In der Forschung ist daher auch konstatiert worden, dass die Begriffe Rechtsstaat und Unrechtstaat in Deutschland in so hohem Maße aufeinander bezogen seien, „dass es – zumindest in öffentlich geführten Debatten – kaum möglich scheint, sie zu entkoppeln“4."
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von imp »

Elmar Brok hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:01)

Die Debatte ist inhaltsleer. Es geht um ein politisches Schlagwort und nicht um tatsächliche Aufarbeitung oder Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Der Begriff dient eher als Totschlagargument, weil es in der Debatte nicht darum geht, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, sondern dass nur die Meinung, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, als zulässig gilt. Dieser Allgemeingültigkeitsanspruch ist aber aus Forschungsperspektive nicht gegeben. Zumindest nicht aus den Auseinandersetzungen, die ich zu diesem Thema kenne.

Die wissenschaftlichste Auseinandersetzung, die ich rund um diesen Begriff kenne:
https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf

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Ganz grundsätzlich nehme ich mit, dass nur weil ein Staat kein Rechtsstaat ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er ein Unrechtsstaat ist.
Mir ist das egal. Die Leute, die unbedingt Unrechtsstaat sagen müssen, sind genauso nicht mein Fall wie jene, die das Gegenteil immer wieder sagen müssen. Das sind einfach Schlagworte. da treffen wir auch immer wieder auf dieselben NS-Verniedlicher und auf Leute, die an der EDR eher gruselige Dinge schätzen. Macht das mal schön alleine.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(01 Mar 2020, 16:01)


Die Bürger der DDR hatten keine Möglichkeit ihre Grundrechte einzuklagen. Es gab keine juristische Instanz (Verfassungsgericht) an die sie sich wenden konnten.
Ich verkürze deinen guten Beitrag auf diesen Satz. Der sagt alles aus. Unrechtsstaat eben weil es diese Wege nicht gab und nicht weil es kein Recht und Gesetz gegeben hat.
Das ist der einfache Unterschied.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Alexyessin
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Alexyessin »

BlueMonday hat geschrieben:(01 Mar 2020, 14:05)

Der größte Punkt allen voran: entschädigungslose Enteignungen im großen Stil. Diese Enteignung ist ja der Kern des Sozialismus. Schon deshalb kann es keinen sozialistischen Rechtsstaat geben.
Wer definiert wie das Eigentum? - Okay, das führt hier zu weit.
Im Falle der SBZ sage ich dann nur - wer den Krieg verliert der hat ihn verloren.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von BenJohn »

Es ist auffällig, dass die, die am lautesten die Auferstehung des dritten Reiches beschwören, im Bezug auf die DDR immer wieder beschönigende Worte finden.
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Dark Angel
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(01 Mar 2020, 16:44)

Wer definiert wie das Eigentum? - Okay, das führt hier zu weit.
Im Falle der SBZ sage ich dann nur - wer den Krieg verliert der hat ihn verloren.
Ok - passt hier nur in sehr weitem Sinn rein:
"Doppelenteignungen" waren in der DDR keine Seltenheit, das betraf sogar Opfer des Faschismus - sofern sie "Großgrundbesitzer" waren.
Nur ein Beispiel von vielen:

"Diese Wesenszüge wurden ihm im nationalsozialistischen System zum Verhängnis. Als eher Konservativer verabscheute er Hitler und seine Helfershelfer leidenschaftlich und hielt mit seiner Ansicht nicht hinter dem Berge.
Schloss Teutschenthal wurde Treffpunkt des Reusch-Kreises. Hier entwickelte Goerdeler, als Kopf der Oppositionsgruppe, seine innen- und außenpolitischen Pläne für die Zeit nach einem Staatsstreich gegen Hitler. Die geheimen Zusammenkünfte wurden verraten und Carl Wentzel nach dem unglücklichen Ausgang des Hitlerattentates am 20. Juli 1944 in Möllendorf verhaftet. Nach Monaten der Verhöre und Folterungen wurde er wegen Hochverrates zum Tode verurteilt und am 20. Dezember 1944 in Plötzensee hingerichtet.
Die Familie Wentzel wurde enteignet, Ehefrau und Sohn durch die Nationalsozialisten ins Konzentrationslager verschleppt.
Ella Wentzel starb 1949 völlig verarmt in Halle. Der Sohn Carl-Friedrich flüchtete nach erneuter Enteignung durch die Bodenreform 1946 mit seiner Familie in den Westen."
Quelle
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Skeptiker

Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Skeptiker »

Wir haben ja einen Strang, der sich damit befasst, was ein Rechtsstaat ist. Unklar für mich ist allerdings, was sich hinter dem Wort Unrechtsstaat verbirgt.

Ist ein Unrechtsstaat ein Staat, von dem Fallweise Unrecht ausgegangen ist? Ist er ein Staat, der rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genügt? Ist er ein Staat, von dem systematisch Unrecht ausgeht?

Wenn man als DDR-Nostalgiker der Meinung ist nur die letzte Definition träfe zu, dann mag man zu dem Schluss kommen, dass das Unrecht nicht derart systematisch war, weil ja geltendes Recht in der DDR umgesetzt wurde.

Ich sehe das aber nicht so. Auch wenn ich den Begriff Unrechtsstaat eher für reißerisch halte, so würde ich die DDR durchaus einen Unrechtsstaat nennen, weil grundlegende Rechte vorenthalten wurden, so wie es bei den meisten Staaten der Fall ist, die keinen rechtsstaatlichen Ansprüchen gerecht werden. Eine Diktatur kennt keine Gewaltenteilung, und so ist das Unrecht so naheliegend, dass man es nicht als Einzelfall darstellen kann.

Das Dilemma ist dann nur, dass man Nazideutschland als Unrechtsstaat deklariert und die DDR ebenfalls. Da wären wir also bei dem alten Schwachsinnsprinzip, dass die sachliche Beschreibung von Eigenschaften als Relativierung ausgelegt wird. Das ist aber Unsinn, denn die DDR war eine Diktatur, so wie Nazideutschland eine Diktatur war. Dass Nazideutschland eine Diktatur war, macht aus der DDR keinen Rechtsstaat, OBWOHL sie natürlich als Staat um Welten besser war als Nazideutschland.
Insofern war die DDR für mich ein Unrechtsstaat, was aber nicht bedeutet, man könne sie durch diesen Begriff mit Nazideutschland gleichsetzen.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von BlueMonday »

Alexyessin hat geschrieben:(01 Mar 2020, 16:44)

Im Falle der SBZ sage ich dann nur - wer den Krieg verliert der hat ihn verloren.
?
Die "SBZ" hat ja nun nicht allein den Krieg verloren. Es geht hier um die DDR. Das ist der Staat, der sich neben der BRD 1949 gebildet hat. Damit waren die Besatzungszonen Geschichte. Konkret geht es um das Verständnis und die Position der DDR zur Eigentumsfrage (als verfassungsrechtliches Abwehrrecht der Bürger gegen den Staat). Und die Antwort der DDR war eine gänzlich andere als die der BRD. Es war eben eine sozialistische Ordnung, wo der Bürger kein nennenswertes Eigentum an Produktionsmitteln haben darf. Auch das Eigentumsrecht an Grundstücken oder Immobilien wurde sehr aufgeweicht. Auch deshalb wird die BRD weitestgehend als Rechtsstaat wahrgenommmen und die DDR eben nicht.
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Ammianus
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Ammianus »

Bleibtreu hat geschrieben:(01 Mar 2020, 15:27)

Meine Guete, die Debatte ist so unsaeglich, wie beim Wort 'Antisemitismus', wo sich in perfidem Geschwurbel gewunden wird, um willentlich zu verharmlosen. Differenzierung ist in diesem Zusammenhang fuer mich ein Euphemismus fuer GeschichtsVergessenheit und -klitterung. :x Die ehemalige DDR war eine SED-Diktatur. In dem Wort Diktatur liegt der Schluessel, um was fuer ein StaatsGebilde es sich bei der DDR handelte. Es war eine Gewalt- und Willkuerherrschaft - da beisst die Maus keinen Faden ab!
Das bringt es sehr gut auf den Punkt. Eine Diktatur kann kein Rechtsstaat in unserem Sinn sein. Und die "Öberen" (ausgeborgt von Strittmatter) bezeichneten ihr Reich ja gern als "Diktatur des Proletariats". Das Proletariat wiederum wurde geführt von seiner Avantgarde, der Partei neuen Typus im Sinne Lenins, diese wiederum vom Politbüro dem der Generalsekretär vorstand.

(Herr Meister ich melde, Verwahrraum 117 mit 18 Strafgefangenen belegt!)
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Dark Angel
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Dark Angel »

Skeptiker hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:22)

Wir haben ja einen Strang, der sich damit befasst, was ein Rechtsstaat ist. Unklar für mich ist allerdings, was sich hinter dem Wort Unrechtsstaat verbirgt.

Ist ein Unrechtsstaat ein Staat, von dem Fallweise Unrecht ausgegangen ist? Ist er ein Staat, der rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genügt? Ist er ein Staat, von dem systematisch Unrecht ausgeht?

Wenn man als DDR-Nostalgiker der Meinung ist nur die letzte Definition träfe zu, dann mag man zu dem Schluss kommen, dass das Unrecht nicht derart systematisch war, weil ja geltendes Recht in der DDR umgesetzt wurde.

Ich sehe das aber nicht so. Auch wenn ich den Begriff Unrechtsstaat eher für reißerisch halte, so würde ich die DDR durchaus einen Unrechtsstaat nennen, weil grundlegende Rechte vorenthalten wurden, so wie es bei den meisten Staaten der Fall ist, die keinen rechtsstaatlichen Ansprüchen gerecht werden. Eine Diktatur kennt keine Gewaltenteilung, und so ist das Unrecht so naheliegend, dass man es nicht als Einzelfall darstellen kann.

Das Dilemma ist dann nur, dass man Nazideutschland als Unrechtsstaat deklariert und die DDR ebenfalls. Da wären wir also bei dem alten Schwachsinnsprinzip, dass die sachliche Beschreibung von Eigenschaften als Relativierung ausgelegt wird. Das ist aber Unsinn, denn die DDR war eine Diktatur, so wie Nazideutschland eine Diktatur war. Dass Nazideutschland eine Diktatur war, macht aus der DDR keinen Rechtsstaat, OBWOHL sie natürlich als Staat um Welten besser war als Nazideutschland.
Insofern war die DDR für mich ein Unrechtsstaat, was aber nicht bedeutet, man könne sie durch diesen Begriff mit Nazideutschland gleichsetzen.
In dem, von User Elmar Brok verlinkten Paper
wird sehr gut beschrieben, was unter Rechtsstaat zu verstehen ist.
Ebenso wird erläutert, dass es keinen "Absolutheitsanspruch" auf den Begriff gibt.
Einfach mal lesen und dann als Diskussionsgrundlage nutzen. Das bringt mehr für eine geschichtliche Aufarbeitung.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
odiug

Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von odiug »

Elmar Brok hat geschrieben:(01 Mar 2020, 13:01)

Die Debatte ist inhaltsleer. Es geht um ein politisches Schlagwort und nicht um tatsächliche Aufarbeitung oder Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Der Begriff dient eher als Totschlagargument, weil es in der Debatte nicht darum geht, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, sondern dass nur die Meinung, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, als zulässig gilt. Dieser Allgemeingültigkeitsanspruch ist aber aus Forschungsperspektive nicht gegeben. Zumindest nicht aus den Auseinandersetzungen, die ich zu diesem Thema kenne.

Die wissenschaftlichste Auseinandersetzung, die ich rund um diesen Begriff kenne:
https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf

Dort wird der Forschungsstand vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zusammengefasst.

Ganz grundsätzlich nehme ich mit, dass nur weil ein Staat kein Rechtsstaat ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er ein Unrechtsstaat ist.
Vor allem wird dies klar, wenn im Eingangsbeitrag eine Fortsetzung des NS Unrechts durch die Missachtung von Rechtsnormen in der DDR postuliert wird.
Allein diese Gleichsetzung zeigt, welch ideologisch verblendeter Mist hier wieder als Diskussionsgrundlage einem vorgesetzt wird, in der Erwartung, man werde das schon schlucken und wenn nicht, hat man eine "rote Socke" entlarvt.
Nichts desto trotz ... die DDR war ein Unrechtsstaat und das Mauer, bzw Grenzregime zeigt dies deutlich.
Das DDR Regime ist aber keine Fortsetzung des NS Terrors.
Und wer diese Trennung nicht aufrecht erhält, ist nicht nur ein ideologisch verbrämter Hetzer, es ist auch ein geschichtsvergessener Revisionist von Kaliber eines "Vogelschiss" Historikers.
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Ammianus
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Ammianus »

Alexyessin hat geschrieben:(01 Mar 2020, 16:44)

Wer definiert wie das Eigentum? - Okay, das führt hier zu weit.
Im Falle der SBZ sage ich dann nur - wer den Krieg verliert der hat ihn verloren.
Es geht hier aber nicht um die Enteignungen als Folge des verlorenen Raubmordkrieges der Nazis durch die sowjetischen Sieger. Es geht um das, was die von diesen dann als Macht gegen den demokratischen Willen der Bevölkerung etablierten Kommunisten auf Grund ihrer Ideologie durchzogen.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Zunder »

Der Begriff "Unrechtsstaat" dient interessierten Kreisen vor allem der Gleichsetzung von DDR und NS-Staat. Insofern halte ich es für nachvollziehbar, daß diese Kategorisierung nicht nur von Linksorientierten abgelehnt wird.

Würde man sich darauf verständigen, Nazi-Deutschland als "Verbrecherstaat" zu klassifizieren, hätte der "Unrechtsstaat" für die DDR durchaus seine Berechtigung. Im Unrecht steckt zumindest noch eine Idee von Recht, wenn auch in Form einer permanenten Verletzung. Dem NS-Staat ist jeglicher Rechtsgedanke ausgetrieben worden.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Ammianus »

odiug hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:38)

Vor allem wird dies klar, wenn im Eingangsbeitrag eine Fortsetzung des NS Unrechts durch die Missachtung von Rechtsnormen in der DDR postuliert wird.
Allein diese Gleichsetzung zeigt, welch ideologisch verblendeter Mist hier wieder als Diskussionsgrundlage einem vorgesetzt wird, in der Erwartung, man werde das schon schlucken und wenn nicht, hat man eine "rote Socke" entlarvt.
Nichts desto trotz ... die DDR war ein Unrechtsstaat und das Mauer, bzw Grenzregime zeigt dies deutlich.
Das DDR Regime ist aber keine Fortsetzung des NS Terrors.
Und wer diese Trennung nicht aufrecht erhält, ist nicht nur ein ideologisch verbrämter Hetzer, es ist auch ein geschichtsvergessener Revisionist von Kaliber eines "Vogelschiss" Historikers.
Natürlich war das SED-Regime keine Fortsetzung des Hitler-Regimes. Es war eine Folge. Und beides basiert auf historischen Entwicklungen und Unterschiede in diesen Entwicklungen. Es gibt Gründe, warum auch in den USA, in Britannien und in Frankreich Kommunisten und rechtsfaschistoide Vereinigungen von der Macht träumten, diese aber nie bekamen. Rechts- und linksextreme Gedankenwelten sind Reaktionen und scheinbare Antwoten auf Schwächen und Krisen in Gesellschaften. Dort wo sich bürgerlich-demokratische Strukturen nicht entwickeln konnten bieten sie sich als Lösung an und gelangen im ungünstigsten Fall an die Macht.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von odiug »

Skeptiker hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:22)

Wir haben ja einen Strang, der sich damit befasst, was ein Rechtsstaat ist. Unklar für mich ist allerdings, was sich hinter dem Wort Unrechtsstaat verbirgt.

Ist ein Unrechtsstaat ein Staat, von dem Fallweise Unrecht ausgegangen ist? Ist er ein Staat, der rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genügt? Ist er ein Staat, von dem systematisch Unrecht ausgeht?

Wenn man als DDR-Nostalgiker der Meinung ist nur die letzte Definition träfe zu, dann mag man zu dem Schluss kommen, dass das Unrecht nicht derart systematisch war, weil ja geltendes Recht in der DDR umgesetzt wurde.

Ich sehe das aber nicht so. Auch wenn ich den Begriff Unrechtsstaat eher für reißerisch halte, so würde ich die DDR durchaus einen Unrechtsstaat nennen, weil grundlegende Rechte vorenthalten wurden, so wie es bei den meisten Staaten der Fall ist, die keinen rechtsstaatlichen Ansprüchen gerecht werden. Eine Diktatur kennt keine Gewaltenteilung, und so ist das Unrecht so naheliegend, dass man es nicht als Einzelfall darstellen kann.

Das Dilemma ist dann nur, dass man Nazideutschland als Unrechtsstaat deklariert und die DDR ebenfalls. Da wären wir also bei dem alten Schwachsinnsprinzip, dass die sachliche Beschreibung von Eigenschaften als Relativierung ausgelegt wird. Das ist aber Unsinn, denn die DDR war eine Diktatur, so wie Nazideutschland eine Diktatur war. Dass Nazideutschland eine Diktatur war, macht aus der DDR keinen Rechtsstaat, OBWOHL sie natürlich als Staat um Welten besser war als Nazideutschland.
Insofern war die DDR für mich ein Unrechtsstaat, was aber nicht bedeutet, man könne sie durch diesen Begriff mit Nazideutschland gleichsetzen.
Also ein Unrechtsstaat wäre ein Staat, der Unrecht zu Recht erhebt ... Nürnberger Rassengesetze zB.
In diesem Sinn wäre die DDR kein Unrechtsstaat, da die Gesetzgebung in der DDR innerhalb der moralischen Normen waren, die für einen Rechtsstaat gelten.
Nur das Recht wurde in der DDR so oft gebogen und missachtet, dass der Begriff Rechtsstaat für die DDR nicht mehr zu rechtfertigen ist.
Im Falle des Grenz Regimes wurde das Recht der DDR systematisch, mit Billigung der Führung hintergangen, dass der Begriff Unrechtsstaat angemessen ist.
Zuletzt geändert von odiug am So 1. Mär 2020, 17:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Ammianus »

Zunder hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:47)

Der Begriff "Unrechtsstaat" dient interessierten Kreisen vor allem der Gleichsetzung von DDR und NS-Staat. Insofern halte ich es für nachvollziehbar, daß diese Kategorisierung nicht nur von Linksorientierten abgelehnt wird.

Würde man sich darauf verständigen, Nazi-Deutschland als "Verbrecherstaat" zu klassifizieren, hätte der "Unrechtsstaat" für die DDR durchaus seine Berechtigung. Im Unrecht steckt zumindest noch eine Idee von Recht, wenn auch in Form einer permanenten Verletzung. Dem NS-Staat ist jeglicher Rechtsgedanke ausgetrieben worden.
Entschuldigung, aber Nazideutschland war ein Verbrecherstaat - und das ist noch milde ausgedrückt. Aber wie soll man das was da geschah noch steigern? Man könnte nun allerdings sagen, dass diejenigen, welche den Begriff Verbrecherstaat für das Dritte Reich ablehnen moralisch auf einer Stufe stehen mit denen, die den Begriff Unrechtsstaat für die DDR ablehnen.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Realist2014 »

odiug hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:50)

Also ein Unrechtsstaat wäre ein Staat, der Unrecht zu Recht erhebt ... Nürnberger Rassengesetze zB.
In diesem Sinn wäre die DDR kein Unrechtsstaat, da die Gesetzgebung in der DDR innerhalb der moralischen Normen waren, die für einen Rechtsstaat gelten.
.
Der Schießbefehl an der Grenze war also "innerhalb der moralischen Normen"?

Hast du noch mehr so "schräge" Ansichten"?
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Realist2014 »

Alexyessin hat geschrieben:(01 Mar 2020, 16:44)

Wer definiert wie das Eigentum? - Okay, das führt hier zu weit.
100% Verfügungsgewalt

Das ist eine internationale Definition
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
odiug

Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von odiug »

Realist2014 hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:56)

Der Schießbefehl an der Grenze war also "innerhalb der moralischen Normen"?

Hast du noch mehr so "schräge" Ansichten"?
Der Schießbefehl ist ja kein Gesetz, sondern eine Missachtung von geltendem Recht durch die politische und militärische Führung der DDR.
Der Schießbefehl zeigt aber deutlich, dass die rechtsstaatliche Fassade der DDR nur ein potemkinsches Dorf war.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Realist2014 »

odiug hat geschrieben:(01 Mar 2020, 18:01)

Der Schießbefehl ist ja kein Gesetz, sondern eine Missachtung von geltendem Recht durch die politische und militärische Führung der DDR.
aha- welches "geltende Recht" meist du hier? Republikflucht war also nicht gesetzlich geregelt
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
odiug

Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von odiug »

Realist2014 hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:57)

100% Verfügungsgewalt

Das ist eine internationale Definition
Es gibt keine 100%tige Verfügungsgewalt über irgendwas ... auch nicht über dein Eigentum.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Zunder »

Ammianus hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:53)

Entschuldigung, aber Nazideutschland war ein Verbrecherstaat - und das ist noch milde ausgedrückt. Aber wie soll man das was da geschah noch steigern? Man könnte nun allerdings sagen, dass diejenigen, welche den Begriff Verbrecherstaat für das Dritte Reich ablehnen moralisch auf einer Stufe stehen mit denen, die den Begriff Unrechtsstaat für die DDR ablehnen.
Es geht schlicht und ergreifend darum, die Gleichsetzung von DDR und NS-Staat als Verharmlosung der NS-Verbrechen kenntlich zu machen.

Wenn man den NS-Staat als "Unrechtsstaat" bezeichnet, verbietet es sich, auch die DDR als "Unrechtsstaat" zu klassifizieren.

Die oberste Rechtskategorie im NS-Staat war das "gesunde Volkksempfinden". Das mit Recht überhaupt nichts mehr zu tun.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Skull »

Zunder hat geschrieben:(01 Mar 2020, 18:05)

Wenn man den NS-Staat als "Unrechtsstaat" bezeichnet, verbietet es sich, auch die DDR als "Unrechtsstaat" zu klassifizieren.
Was für ein Blödsinn.

Unrechtsstaaten sind Unrechtsstaaten. Da gibt es nichts zu vergleichen, auch nichts zu relativieren.

Unrechtsstaaten sind das Gegenteil von Rechtsstaaten.

Und da sollte mancher sich erst mal zu Gemüte führen, was einen Rechtsstaat kennzeichnet.

mfg
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von odiug »

Realist2014 hat geschrieben:(01 Mar 2020, 18:02)

aha- welches "geltende Recht" meist du hier? Republikflucht war also nicht gesetzlich geregelt
Der Schießbefehl bezog sich auf den Gebrauch von Schusswaffen mit Tötungsabsicht zur Verhinderung der Republikflucht.
Das widerspricht sowohl der Verfassung der DDR, wie auch den Gesetzen und Dienstvorschriften der NVA zum Objektschutz.
Es wurde aber nie ein Mauerschütze in der DDR angeklagt ... meistens wurden die befördert.
Und genau darin liegt die Heuchelei der DDR Führung.
Übrigens wurden alle Mauerschützenprozesse nach der Wiedervereinigung nach DDR Recht abgehalten.
Das nur mal so nebenbei.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Bleibtreu »

Meine Guete,

das NaziRegime war eine Diktatur
das StalinRegime
Pinochet
NordKorea etc pp
und eben auch die SED-Diktatur

Wenn es nach dem Begriff ginge, duerfte man dann auch nur noch die NazenZeit als Diktatur bezeichnen, weil man diese sonst mit angeblicher Gleichsetzung anderer verharmlost. Das ist doch voellig absurd! :|

EDIT:
Skull hat geschrieben:(01 Mar 2020, 18:09)

Was für ein Blödsinn.
Unrechtsstaaten sind Unrechtsstaaten. Da gibt es nichts zu vergleichen, auch nichts zu relativieren.
Unrechtsstaaten sind das Gegenteil von Rechtsstaaten.
Und da sollte mancher sich erst mal zu Gemüte führen, was einen Rechtsstaat kennzeichnet.

mfg
Genauso sehe ich das auch.
• Wer fuer alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Senexx »

Zunder hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:47)

Der Begriff "Unrechtsstaat" dient interessierten Kreisen vor allem der Gleichsetzung von DDR und NS-Staat. .
War zu erwarten, dass dieser Relativierungsversuch kommen würde.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Vongole »

Bleibtreu hat geschrieben:(01 Mar 2020, 15:27)

Meine Guete, die Debatte ist so unsaeglich, wie beim Wort 'Antisemitismus', wo sich in perfidem Geschwurbel gewunden wird, um willentlich zu verharmlosen. Differenzierung ist in diesem Zusammenhang fuer mich ein Euphemismus fuer GeschichtsVergessenheit und -klitterung. :x Die ehemalige DDR war eine SED-Diktatur. In dem Wort Diktatur liegt der Schluessel, um was fuer ein StaatsGebilde es sich bei der DDR handelte. Es war eine Gewalt- und Willkuerherrschaft - da beisst die Maus keinen Faden ab!
Eben! Was unterscheidet eine Diktatur von einem Unrechtsstaat? Nichts.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Teeernte »

Skeptiker hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:22)

Wir haben ja einen Strang, der sich damit befasst, was ein Rechtsstaat ist. Unklar für mich ist allerdings, was sich hinter dem Wort Unrechtsstaat verbirgt.

Ist ein Unrechtsstaat ein Staat, von dem Fallweise Unrecht ausgegangen ist? Ist er ein Staat, der rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genügt? Ist er ein Staat, von dem systematisch Unrecht ausgeht?

Wenn man als DDR-Nostalgiker der Meinung ist nur die letzte Definition träfe zu, dann mag man zu dem Schluss kommen, dass das Unrecht nicht derart systematisch war, weil ja geltendes Recht in der DDR umgesetzt wurde.

Ich sehe das aber nicht so. Auch wenn ich den Begriff Unrechtsstaat eher für reißerisch halte, so würde ich die DDR durchaus einen Unrechtsstaat nennen, weil grundlegende Rechte vorenthalten wurden, so wie es bei den meisten Staaten der Fall ist, die keinen rechtsstaatlichen Ansprüchen gerecht werden. Eine Diktatur kennt keine Gewaltenteilung, und so ist das Unrecht so naheliegend, dass man es nicht als Einzelfall darstellen kann.

Das Dilemma ist dann nur, dass man Nazideutschland als Unrechtsstaat deklariert und die DDR ebenfalls. Da wären wir also bei dem alten Schwachsinnsprinzip, dass die sachliche Beschreibung von Eigenschaften als Relativierung ausgelegt wird. Das ist aber Unsinn, denn die DDR war eine Diktatur, so wie Nazideutschland eine Diktatur war. Dass Nazideutschland eine Diktatur war, macht aus der DDR keinen Rechtsstaat, OBWOHL sie natürlich als Staat um Welten besser war als Nazideutschland.
Insofern war die DDR für mich ein Unrechtsstaat, was aber nicht bedeutet, man könne sie durch diesen Begriff mit Nazideutschland gleichsetzen.
Ist doch komisch - aus eigenem Erleben (ICH) ganz andere "Ansichten" zum "Unrecht" in der DDR zu haben.

Ein Staat, in der eine Partei das Sagen hat, kann kein Rechtsstaat sein.

CDU oder SPD Alleinregierung ? ....ab 2 Parteien geht das ?


Wer Menschen an der Grenze ermorden lässt, kann kein Rechtsstaat sein.
Man kann auch an Hochspannung fassen - der Bereich ist verboten - gekennzeichnet und tödlich.
Wer Menschen an Reisefreiheit hindert, kann kein Rechtsstaat sein.
EU - hinsichtlich Afrika ?
Wer Hochschulzugang von politischem Wohlverhalten abhängig macht, kann kein Rechtsstaat sein.
KOSTENFREIEN Hochschulzugang !!! .... gegen (WEST)Geld hätt man die meisten Studiengänge in der DDR machen können.
Wer Häftlinge gegen Devisen verkauft, kann kein Rechtsstaat sein.
...ist doch nur die "Auslöse" für die kostenfreie Bildung in der DDR -
Enteignungen
Ein anderes Steuersystem !
Wer seine Bürger bespitzeln lässt, kann kein Rechtsstaat sein.
Verfassungsschutz ? BND ? - na dass ist doch RECHTENS...
Was den Fall besonders schlimm macht, dass sie die Herrschaft des Unrechts nach der Nazi-Diktatur einfach perpetuiert hat.
Die Nazidiktatur war ein Staat , der Millionen Juden ermordet hat.

Genossinnen und GENOSSEN ->> die DDR war ein Unrechtsstaat - weil man offene politische GEGNERSCHAFT // Konkurrenz //Mitbewerber im Land nicht zuließ.


Nebenbei - ich war BEHÜTET aufgewachsen in der DDR, .....und hatte (fast) alle Privilegien - die man haben konnte in der DDR.

Die DDR war ein Unrechtsstaat - weil man während der Wende auch die "Chinesische" Variante (Himmlischer Frieden) durchgehen wollte.
Zuletzt geändert von Teeernte am So 1. Mär 2020, 18:23, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Realist2014 »

odiug hat geschrieben:(01 Mar 2020, 18:10)

Der Schießbefehl bezog sich auf den Gebrauch von Schusswaffen mit Tötungsabsicht zur Verhinderung der Republikflucht.
Das widerspricht sowohl der Verfassung der DDR, wie auch den Gesetzen und Dienstvorschriften der NVA zum Objektschutz.
Es wurde aber nie ein Mauerschütze in der DDR angeklagt ... meistens wurden die befördert.
Und genau darin liegt die Heuchelei der DDR Führung.
Übrigens wurden alle Mauerschützenprozesse nach der Wiedervereinigung nach DDR Recht abgehalten.
Das nur mal so nebenbei.

Interesant, diese deine "Interpretation"... :dead:
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Zunder »

Bleibtreu hat geschrieben:(01 Mar 2020, 18:13)

Meine Guete,

das NaziRegime war eine Diktatur
das StalinRegime
Pinochet
NordKorea etc pp
und eben auch die SED-Diktatur

Wenn es nach dem Begriff ginge, duerfte man dann auch nur noch die NazenZeit als Diktatur bezeichnen, weil man diese sonst mit angeblicher Gleichsetzung anderer verharmlost. Das ist doch voellig absurd! :|

EDIT:


Genauso sehe ich das auch.
Es geht nicht um die Diktatur, sondern um das Recht bzw. Unrecht.

Wenn du ernsthaft die Rechtsverhältnisse von DDR und Nazi-Staat auf eine Stufe stellen willst, wirst du sicher auch Beispiele finden, wo das SED-Regime bestimmten Kollektiven die Bürgerrechte entzogen hat, wie das die Nazis mit den Juden getan haben. Wohin sich dieses vollkommen pervertierte Rechtsverständnis entwickelt hat, brauche ja wohl nicht auszuführen.

Eine Gleichsetzung verbietet sich.
Zuletzt geändert von Zunder am So 1. Mär 2020, 18:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Alexyessin »

Ammianus hat geschrieben:(01 Mar 2020, 17:41)

Es geht hier aber nicht um die Enteignungen als Folge des verlorenen Raubmordkrieges der Nazis durch die sowjetischen Sieger. Es geht um das, was die von diesen dann als Macht gegen den demokratischen Willen der Bevölkerung etablierten Kommunisten auf Grund ihrer Ideologie durchzogen.
Doch, denn ohne den Krieg hätte es keine SBZ gegeben. Logische Rückfolge.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Zunder »

Senexx hat geschrieben:(01 Mar 2020, 18:16)

War zu erwarten, dass dieser Relativierungsversuch kommen würde.
Das ist kein Relativierungsversuch, sondern eine schlichte Feststellung.
Lies einfach den letzten Satz deines Eröffungsbeitrags. Dort steht genau, worum es dir geht.
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Re: Unrechtsstaat DDR? - Ja

Beitrag von Alexyessin »

Zunder hat geschrieben:(01 Mar 2020, 18:26)

Eine Gleichsetzung verbietet sich.
Aber du hast du die Gleichsetzung ins Spiel gebracht. Die juristische Definition von Rechtsstaat ist bekannt - und das gab es in der DDR nicht.
Weder soll das heißen, das es nicht viel schlimmere Staaten gibt als es die DDR je war noch eine Gleichsetzung bzgl. des NS-Regimes darstellen.
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