Re: In Europa ist die Wildnis zurück
Verfasst: Sa 8. Aug 2015, 20:53
Ich wohnen ja etwas ländlich und hab hier schon öfter Füchse gesehen.
Wir können uns gern auch über "potenziell-natürlich" philosophisch austauschen. Im Zusammenhang möchte ich aber eine Abkürzung wählen: es gibt ein paar tausend Arten für die wir in der BR Deutschland verantwortlich sind. Ein Teil von ihnen ist an Agrarland gebunden. Mein Berufsstand versucht, die Nutzungsinteressen zu vereinbaren.Wenn du soweit an die natürliche Basis zurückgehst , stellst du die Besiedlung durch den menschen insgesamt in Frage.
Wenn ich die norddeutsche Tiefebene nicht entwässere(also grundlegende tiefgreifende Veränderungen, die zu gänzlich anderen Biotopen führen, vornehme) , ist sie in den meisten Gegenden nicht von menschen bewohnbar.
Da sind wir ziemlich schnell an der Grenze, als Mensch zu akzeptieren, dass unser Verhalten Folgen hat, und dass wir dafür kein schlechtes Gewissen haben müssen.
Siehe oben! Die Ansprüche der Wiesen-, Feldsaum- und Ackerarten müssen wir mit der landwirtschaftlichen Nutzung vereinbaren.Wenn nur noch 10 mio ha, nur noch 5 Mio ha , nur noch 1 Mio ha LN da ist, hat das immer noch denselben Effekt wie 20 Mio ha????
Tschuldigung , du willst mich für dumm verkaufen.
Es ist vollkommen egal, ob diese "offenfläche" jetzt aus Autobahnen, Windrädern , Einfamilienhäusern oder Radweegen besteht??? Wobei für mich der zerschneidende Effekt für mich jetzt noch gewichtiger wäre als der betonierende.
Ich will bestimmt nicht den zusammenhang von Landwirtschaft und Artenvielfalt leugnen........ was mich an dem NANU Bericht stört ist die einfaktorielle Zuweisung.
Die Abkürzung von nutzungsintensiv, welches meint, möglichst viel nutzbare Biomasse pro Quasselmeter zu produzieren.Dann ist erstmal die Frage "was ist intensiv".
Siehe def.: "intensiv". Ackerwildkräuter, Rebhühner etc. kommen so nicht durch.Ich glaube,da besteht im heutigen Diskurs eine sehr unterschiedliche Auffassung drüber.
Landwirtschaftlich bezeiht sich das Wort ziemlich eindeutig auf den Faktoreneinsatz. Der genannte Mais z.B. ist eindeutig extensiv. Drillen, 1x Unkrautspritzen, fertig, das wars.
Beides trennen halt 3 Zehnerpotenzen Zeitdimension. Deshalb ginge Dein Vertrauen geradewegs ins nächste Massensterben, welches wir um unseretwillen bremsen sollten. Ansonsten berücksichtigt Dein Ansatz nicht, dass Artenschutz in erster Priorität immer Biotopschutz ist. Es geht also z.B. um Strukturvielfalt. Bleibt ein Sumpf trocken, kommt auch durch Evolution in 1 Mio. Jahren keine Sumpfart wieder her...Was spricht dagegn auf Natur, Evolution zu vertrauen. Wo eine Art weicht, macht sie Platz für eine neue.
Das ist etwas komplizierter. Hauptproblem ist die Nährstoffanreicherung. Wenn Du recherchieren willst, schau Dir mal an, was Feldökologen unter einem "Saum" verstehen, dann wird vieles wohl klarer.Wenn eine Landschaft jahrzehntelang(2 Jahrhunderte) ackerbaulich genutzt ist, weist sie darauf spezialisierte Fauna auf. Eine 3-5 jährige Brache ist dafür dann erstmal ein Fremdkörper. Um nur ein simples Beispiel zu nehmen(ich weiss es gibt ökologisch "wertvollere" Arten) : Hasen, Rehe, Wildschweine brauchen lichte Pflanzenbestände , in denen sie sich bewegen können. Brachen bilden tendenziell dichte und verfilzte Pflanzenbestände aus, die dann von solchen Arten überhaupt nicht als Rückzugs- oder Ruheraum angenommen werden. Die Kürze der zeit und die Kleinräumigkeit verhindern so, das sich die zu diesem "neuen" biotop passenden Organismen darauf ansiedeln.
Die Veränderungen im Edaphon wären dann noch viel tiefgreifender und weitreichender , aber das fürht hier zu weit.
Da die Brachen aber eh aus agrarpolitischen Erwägungen geschaffen waren, ist es eh falsch sie unter Naturschutzaspekten zu bewerten.
Und wo ziehst Du die Grenze "gute Arten/schlechte Arten"? Beim Leberegel stimme ich Dir persönlich zu. Aber wenn wir bei uns schon über die genannten Arten lamentieren, wie wollen wir dann von Pakistan den Erhalt von Tigern und Nashörnern, von Tansania den einer ursprünglichen Räuber-Beute-Dynamik die sonst nicht mehr studiert werden kann und von Australien den Erhalt des Barrier reef etc. pp. erhoffen? Wölfe sind natürlicher Bestandteil unserer Wälder, das kriegen wir schon hin. Slowenien und Lettland stellen sich mit Bären auch nicht so an, oder Australier mit Salties uvm.Shoogar » Mi 22. Jul 2015, 00:30 hat geschrieben:
Neinein!
Projezieren wir das einfach mal in die tatsächliche Ebene unserer Umgebung.
Was wäre das für ein Erlebnis für unsere Mountainbiker, Nordic-Walker, oder Jogger, ihre Freizeitaktivitäten ganz real inmitten einer "zurückgekehrten Wildnis" auszuüben.
Also mit dem konkreten Risiko der Begegnung mit Wildtieren, die dem Menschen potentiell gefährlich werden könnten.
(Der ambitionierte Radler mache sich wenig Hoffnung, mittels seines Sportgerätes zB. einen Bären hinter sich lassen zu können.)
Machen wir uns nix vor.
Der Wunsch nach der Rückkehr von großen Raubtieren wie Wolf oder Bär in unsere Landschaften entspringt einer Naturromantik, die in unserem eigenen Verhalten in unserer Umwelt keine Entsprechung findet.
keineAhnung » Sa 8. Aug 2015, 19:53 hat geschrieben:Ich wohnen ja etwas ländlich und hab hier schon öfter Füchse gesehen.
Immerhin lassen sie keine Aludosen und Glasflaschen im Wald.Provokateur » Mo 7. Sep 2015, 20:37 hat geschrieben: Wölfe sind Räuber und sehr opportunistisch. Wenn sie kein Wild fangen, fangen sie Nutztiere.
Knochen tun wir auch in den Boden, die zerkleinern sich binnen erträglicher Zeit.Provokateur » Mo 7. Sep 2015, 21:01 hat geschrieben:Nun ja, Knochen, aber da freuen sich die Bartgeier.
Es gibt Städte in Deutschland, die haben die Wolfsangel im Wappen.Quatschki » Mo 7. Sep 2015, 19:40 hat geschrieben:vollumfänglichen Schutz geniesen .
Wer sprach von "guten oder schlechten Arten"?Corella » Sa 15. Aug 2015, 20:30 hat geschrieben:
Und wo ziehst Du die Grenze "gute Arten/schlechte Arten"? Beim Leberegel stimme ich Dir persönlich zu. Aber wenn wir bei uns schon über die genannten Arten lamentieren, wie wollen wir dann von Pakistan den Erhalt von Tigern und Nashörnern, von Tansania den einer ursprünglichen Räuber-Beute-Dynamik die sonst nicht mehr studiert werden kann und von Australien den Erhalt des Barrier reef etc. pp. erhoffen? Wölfe sind natürlicher Bestandteil unserer Wälder, das kriegen wir schon hin. Slowenien und Lettland stellen sich mit Bären auch nicht so an, oder Australier mit Salties uvm.
Hm...Shoogar » So 13. Sep 2015, 18:28 hat geschrieben:
Wer sprach von "guten oder schlechten Arten"?
Mein Post thematisierte eigentlich die grenzen- und bedingungslose Nutzung der Natur als "Freizeitanlage".
Ich stelle infrage, daß unsere Überall-Spaßsportler überhaupt damit umgehen könnten, ihre Aktivitäten in der Umgebung von potentiell gefährlichen Tieren auszuüben.
Sind Wappen eigentlich unantastbar, weil alt und ehrwürdig? Identitätsstiftend, wa? Sonst könnte man ja mal modernisieren. Hach, was könnte man mal alles ins Wappen malen: Hochwasserdamm? Rückschlagventil? Die kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage (beachte: der Plage, nicht per se der Stechmücken. Ey, is dat modern, wa)? Ne schicke Zeckenkarte? Wer hat noch mehr Ideen?Welfenprinz » So 13. Sep 2015, 16:01 hat geschrieben:
Es gibt Städte in Deutschland, die haben die Wolfsangel im Wappen.
Warum wohl? Wer Schutz vor wem?
Ich schrieb ich schon weiter oben, daß der Wunsch nach der Rückkehr von Wölfen und Bär einem Naturgedanken entspringt, der hierzulande keinerlei Entsprechung findet.Corella » Mo 14. Sep 2015, 17:34 hat geschrieben:
Hm...
Es gibt unerhört viele Beispiele für grundsätzlich gutes Zusammengehen von Naturschutz und Nutzung, auch Freizeitnutzung. Wobei ich Dir zustimme, dass wenige Wildnisgebiete schnell tot geliebt werden. Darin liegt aber häufig eine Verschränkung. Zum Beispiel sind manche Viecher ja nur deshalb störempfindlich, weil sie von traditionellen Jagdmethoden erst scheu gemacht werden. Andere Aspekte verlangen nach Regeln. Nehmen wir aus der Gruppe "gefährliche" gesondert, dann ist es tatsächlich wichtig, dass die Tiere scheu bleiben. Zustimmung einer Jagd in solchen Fällen. Dann gehen diese in die Siedlungsräume - ja, grundsätzlich nicht ohne Restrisiken. Aber: die Berliner kommen doch gut klar mit ihren Wildschweinen in der Stadt - jedenfalls was Unfälle anbelangt.
Totschlagargument von Dir: jeder Unfall ist einer zu viel. Erwiderung: da gibt es einige Überlagerungen. Schönes Beispiel: fehlen Wiederkäuer und Reptilien, steigt der Durchseuchungsgrad von Borreliose beim Holzbock dramatisch (aus dem Beispiel kann man außerdem lernen, dass die kleinen Viecher die wirklich gefährlichen sind). Vergiss solch Einzelfälle. Und schließlich: alles völlig unverhältnismäßig. Verletzungsgefahren und Autos sind vielfach relevanter im Freizeitsport.
Ansonsten unbenommen, das romantische Verhältnis kritisierst Du in manchen Aspekten zurecht. Aber Du solltest Artenschutz deshalb nicht abqualifizieren, jedenfalls nicht per se, allenfalls handwerklich.
Danke der Erklärung und Pardon, da verstand ich Dich wohl zunächst falsch.Shoogar » Mo 14. Sep 2015, 23:26 hat geschrieben:
Ich schrieb ich schon weiter oben, daß der Wunsch nach der Rückkehr von Wölfen und Bär einem Naturgedanken entspringt, der hierzulande keinerlei Entsprechung findet.
Damit meine ich nicht Straßen, oder land- oder forstwirschaftliche Nutzung, auch nicht die Jagd, sondern wirklich ganz essentiell die Tatsache, daß die Menschen hierzulande überhaupt nicht mehr an die Begegnung mit gefährlichen Tieren gewöhnt sind.
Die Nutzung der Natur als Freizeitgelände hat sich wirklich enorm erweitert.
Es gibt doch kaum einen Winkel mehr, der nicht von irgendwelchen Aktivitäten betroffen wäre.
Wo nicht bereits jetzt schon Naturschutz mit Freizeit kollidiert.
Sogar ohne dem Menschen potentiell gefährliche Tiere.
Und ich kenne kein einziges Beispiel, wo Naturschutz mit Freizeitnutzung einhergeht.
Man google hierzu bloß nach "Mountainbiker+Forstwirtschaft".
Weitere Beispiele lassen sich zuhauf finden.
Versteh mich nicht falsch.
Ich wehre mich nicht gegen die Einwanderung solcher Tiere.
Bloß muss man diesen auch ihren Lebensraum zugestehen.
Das heißt nun nicht hunderte von Quadratkilometern gesperrtes Gebiet.
Aber doch größere nicht öffentlich zugängliche Rückzugszonen.
Das wird aber kaum durchzusetzen sein.
Und Aufklärung über solche Tiere.
Die wird wiederum den Gleichen am Allerwertesten vorbeigehen, denen schon jetzt die Natur "allgemein nutzbares Gut" ist.
Soweit es denn wild wäre, lebte es natürlicherweise im Gebirge und könnte dort auch Prädatorendruck standhalten. In Mittelgebirgswäldern halbzahm durchgefüttert nennt sich Nutztierhaltung. Die Etikette "Hege" klebt nur ein Interessenverband daran und versucht dann, Naturschutzthemen für sich zu instrumentalisieren. Falls noch nicht erwähnt: Springerpesse-Quotenheini-Gemache ist da eher desinformativ!Provokateur » Mi 30. Sep 2015, 09:56 hat geschrieben:Wölfe greifen sich Muffelwild.
Hm. Sind auch Schafe, nicht wahr.
nicht nur in europa. schau mal in der USA.Adlerauge hat geschrieben:(11 Apr 2015, 02:22)
http://www.welt.de/lesestueck/2015/wildnis/
Mich freut das ungemein.
Es gibt Schutzgebiete-glücklicherweise.
Die Bauern beschweren sich zwar, dass die Bären ihre Bienenstöcke leer räumen und ab und zu wird ein Schaf gerissen, wofür es vom Staat aber Entschädigungen gibt.
Da bin ich bei dir, zuminest in Mitteleuropa gibt es so etwas nicht mehr. Auch nicht in den sog. Nationalparks. Dafür sind sie einfach viel zu klein und der Einfluß des Menschen immer noch zu groß. Im kleinen findet man dann doch Beispiele wie z.B. Senkungsflächen in ehemaligen Tagebauen wo sich der Mensch nicht reintraut. Aber diese Flächen sind einfach zu klein um z.B. Wölfe anzusiedeln. Der Druck auf menschl. Siedlungsgebiete wird wachsen und damit die Konflikte.Shoogar hat geschrieben: ↑Di 15. Sep 2015, 00:26 Ich schrieb ich schon weiter oben, daß der Wunsch nach der Rückkehr von Wölfen und Bär einem Naturgedanken entspringt, der hierzulande keinerlei Entsprechung findet.
Damit meine ich nicht Straßen, oder land- oder forstwirschaftliche Nutzung, auch nicht die Jagd, sondern wirklich ganz essentiell die Tatsache, daß die Menschen hierzulande überhaupt nicht mehr an die Begegnung mit gefährlichen Tieren gewöhnt sind.
Die Nutzung der Natur als Freizeitgelände hat sich wirklich enorm erweitert.
Es gibt doch kaum einen Winkel mehr, der nicht von irgendwelchen Aktivitäten betroffen wäre.
Wo nicht bereits jetzt schon Naturschutz mit Freizeit kollidiert.
Sogar ohne dem Menschen potentiell gefährliche Tiere.
Wir haben überhaupt keine Wölfe angesiedelt, aber dennoch leben welche in Deutschland - schlicht eingewandert. Und da sie sich vermehren, scheint es - noch - genügend Platz für sie zu geben.