https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... 8a3d7d6a87Laschets Fürsprache für Assad und Putin
In den vergangenen Monaten ist ausgiebig durchleuchtet worden, wie Armin Laschet über alle möglichen Dinge denkt – doch leider ist der Mann, der Deutschlands nächster Kanzler werden könnte, vor allem zur Innenpolitik interviewt und getestet worden. Laschets außenpolitische Positionen wurden hingegen wenig diskutiert und hinterfragt. Was sehr schade ist, denn Deutschland ist ein wichtiger außenpolitischer Player – nur spielt das in Berliner Diskussionen dann doch oft eine Nebenrolle. Gerade bei Armin Laschet hätte es sich gelohnt, genauer hinzusehen. Seine außenpolitischen Positionen unterschieden sich in der Vergangenheit deutlich von denen Angela Merkels, mit der er so oft verglichen wird.
Wahlkämpfer Laschet auf dem CDU-Parteitag
Wahlkämpfer Laschet auf dem CDU-Parteitag Foto: POOL / REUTERS
Laschet hat sich im Syrien-Krieg früh auf die Seite des Diktators Baschar al-Assad geschlagen, der Zivilisten aus der Luft bombardieren ließ und forderte 2014 eine Neubewertung von dessen Regime. Laschet beschuldigte die USA fälschlicherweise, den »Islamischen Staat« gegen Assad unterstützt zu haben – in Wahrheit kämpften die von den USA unterstützten Oppositionsgruppen gegen den »IS«. Doch Laschet teilte die Regime-Propaganda, die alle Oppositionsgruppen mit dem »IS« gleichsetzte – und teilte auf Twitter 2018 die vom Assad-Regime verbreitete These, der »IS« habe die Chemiewaffenattacke auf das von Rebellen kontrollierte Ost-Ghouta bei Damaskus zu verantworten und nicht das Regime selbst – obwohl der »IS« in Ost-Ghouta gar nie vertreten war. Laschet schrieb zudem: »Lösung in Syrien gibt es nur mit Russland«. Mit dem Russland also, das in Syrien Assad unterstützt und seit Jahren Zivilisten und Krankenhäuser bombardiert.
Auch abgesehen von Syrien hat Laschet immer wieder zu erkennen gegeben, dass er zur Fraktion jener gehört, die glauben, das eigentliche Problem sei, dass man mit Russland einfach nicht genug rede (obwohl mit Russland seit Jahren unaufhörlich geredet wird). Einst beschwerte er sich über einen »marktgängigen Anti-Putin-Populismus«, was immer das heißen sollte. Laschet ist auch ein Verteidiger der Gaspipeline »Nord Stream 2«, die osteuropäische EU-Staaten massiv bekämpfen, weil sie in ihr ein geopolitisches Projekt des Kremls erkennen. Es verwundert nicht, dass Laschet als erster prominenter CDU-Mann Zweifel an den Geheimdiensterkenntnissen der Briten einordnete – die sich später bewahrheiteten – dass der Ex-Agent Sergej Skripal von russischen Agenten umgebracht worden sei.
Laschet gehört also zur Riege jener Politiker, die man eher in Teilen der SPD oder der Linkspartei findet als in der CDU – und wenn, dann meist in der Ost-CDU: Gern gewillt, Putins Regime gegen Kritik im Zweifel zu verteidigen. Diese Positionen Laschets zu kennen, ist für Bürgerinnen und Bürger sehr wichtig: Denn sie würden eine Abkehr von Deutschlands bisheriger Außenpolitik darstellen. Denkt Laschet immer noch so? Es ist nicht bloß schade, sondern geradezu fahrlässig, dass darüber im Vorfeld von Armin Laschets Wahl nicht stärker öffentlich diskutiert wurde. Aber in den Monaten vor der Entscheidung, wer Kanzlerkandidat werden soll, ist dafür ja noch genügend Zeit.
Meiner Ansicht ist es bedenklich, wenn man Despoten verharmlost und macht sich demokratiemäßig unglaubwürdig in einer Zeit, wo westliche Demokratien von innen heraus angegriffen werden. Ansonst ist es natürlich gut, mit Russland zu reden, sollte aber kein Appeasement sein. Letztendlich muss genau überprüft werden, ob Laschet als Kanzler geeignet sein wird.