Realist2014 hat geschrieben:(16 May 2021, 19:12)
Warum forderst DU dann die "
Abschaffung der Gewinnorientierung in der Daseinsvorsorge Gesundheitswesen"?
Das wäre ja lächerlich, wie du selber oben schreibst...
Oder nennst du jetzt langsam mal,
wen genau du meinst, wo auf "Gewinne verzichtet = Abschaffung der Gewinnorientierung" statt finden soll...
Deine Verweigerung, hier klar Stellung zu beziehen, ist schon auffällig....
Es wird langsam ermüdend. Du musst einfach mal lesen, was die Leute schreiben.+
Zum wiederholten Male: Niemand hat gefordert, dass die Leute im Gesundheitswesen künftig ehrenamtlich arbeiten sollen. Alle Beteiligten haben auch Geld verdient, als das Gesundheitswesen in diesem Land nicht so kommerzialisiert war. Es geht lediglich darum, dass die Bereitstellung von Gesundheitsleistungen nicht davon abhängen darf, ob irgendwelche Unternehmen damit Gewinne erzielen können (und zwar Gewinne über die Kostendeckung hinaus!). Die Bereitstellung solcher Leistungen sollte vom BEDARF abhängen, und sie sollte auch dann erfolgen, wenn es nicht "rentabel" ist.
Die Pandemie hat offengelegt, dass unser jetziges Gesundheitswesen systemische Mängel hat. Ein paar Beispiele:
- Schutzausrüstung: Zu Beginn der Pandemie gab es hierzulande wochen- oder gar monatelang keine Schutzmasken. Warum nicht? Weil dieses Zeug aus reinen Kostengründen nicht mehr in Deutschland produziert wird, sondern in China. Und da der Markt leergekauft war, standen wir halt lange ohne Masken da. Lösung: Auch in Deutschland (bzw. in Europa) müssen Produktionskapazitäten für solche lebenswichtigen Güter vorgehalten werden. Egal ob das etwas "teurer" ist als der Import aus China. Nicht Gewinnmaximierung, sondern Bedarfsdeckung und Daseinsvorsorge müssen hier im Zentrum stehen.
- Pharma-Grundstoffe: Zu Beginn der Pandemie wurden Grundstoffe für Medikamente und Impfstoffe knapp. Warum? Weil das Zeug aus reinen Kostengründen nicht mehr hier produziert, sondern aus Asien importiert wird. Und da der Markt leergekauft war... kannst Du jetzt selbst vervollständigen. Übrigens liegt hier auch ein Grund dafür, dass es in Deutschland so lange gedauert hat, ausreichend Corona-Impfstoff zur Verfügung zu stellen. Hier mussten erstmal wieder Produktionskapazitäten aufgebaut werden.
- Pflegepersonal: Es gibt viel zu wenige Pflegekräfte. Und die Menschen in der Pflege werden viel zu schlecht bezahlt. Warum? Weil Pflegekräfte im Gesundheitswesen vorwiegend als Kostenfaktor betrachtet werden, bei dem man aus Gründen der Gewinnmaximierung Einsparungen vornehmen kann. Ob diese Pflegekräfte noch in der Lage sind, den tatsächlichen Bedarf an Pflegeleistungen zu decken, wird erst in zweiter Linie gefragt. Denk mal zurück, wie das Krankenhauspersonal zu Beginn der Pandemie in den Heldenstatus erhoben wurde. Politiker aller Parteien haben sich gegenseitig überschrien, dass diese Leute mehr Wertschätzung und mehr Geld verdienen. Und was ist passiert? Genau! Nichts! Weil das ja Geld kostet und Gewinne schmälert.
- Versorgung in der Fläche: Schon jetzt ist es so, dass sich Arztpraxen in größeren Städten konzentrieren und Landarztpraxen nur noch schwer besetzt werden können. Schon jetzt ist es so, dass kleinere Krankenhäuser geschlossen wurden und Großkliniken in Ballungszentren florieren. Warum ist das so? Weil es aus marktwirtschaftlicher Sicht "sinnvoll" ist. Man kann eben dort mehr Geld verdienen, wo es mehr "Kunden" gibt. Ist das aus sozialer Sicht sinnvoll? Wohl eher nicht. Meiner Meinung nach verdient ein kranker Mensch in der tiefsten Lausitz eine genau so gute Versorgung wie ein Patient in Berlin.
- Das Paradebeispiel für die Kommerzialisierung im Gesundheitswesen war damals die Entscheidung der CDU-Regierung in Hessen, die Unikliniken in Marburg und Gießen zu privatisieren. Hat das Kosten gespart? Nein, hat es nicht. Es hat nur dazu geführt, dass jetzt ein Teil der Einnahmen (Kassenbeiträge!) als "Gewinn" an den privaten Betreiber abgeführt werden muss. Dieses Geld fließt nicht mehr in die Finanzierung des Gesundheitswesens, sondern taucht als Rendite auf den Konten der Aktieninhaber auf. Hat die Privatisierung die Versorgung verbessert? Nein, hat sie nicht. Trotz aller vertraglichen Vereinbarungen (z.B. Verbot betriebsbedingter Kündigungen) ist der Personalstand in der Folge der Privatisierung erheblich gesunken. Bestimmte Arbeitsbereiche (Wäscherei, Küche etc.) wurden in Subunternehmen ausgelagert und gern mit Billiglohnkräften besetzt.
Das ließe sich noch endlos fortführen. Vieles davon ist aufgrund der Pandemie inzwischen auch den Vorkämpfern des Wirtschaftsliberalismus in diesem Land klar. Man kann nur nicht mehr so einfach umsteuern. Schon gar nicht, wenn es in diesem Land immer noch Menschen gibt, die in ideologischer Verblendung daran glauben, dass der "freie Markt" schon alles richten wird. Noch haben wir einen Staat. Und der Staat hat die Aufgabe, zu steuern, wo es die "Märkte" nicht in angemessener Form tun.