tarkomed hat geschrieben:(23 May 2021, 12:33)
Ein Schweizer, der der AfD zur Hilfe eilt, die Judikative und Executive in Deutschland verunglimpft und ein rechtspopulistisches schweizerisches Blatt heranzieht, um seine Äußerungen zu untermauern, der juckt uns nicht sonderlich.
Kannst du wenigstens anerkennend zustimmen, dass die Meinungsfreiheit bei uns ein hohes Gut ist? Sogar solche Texte wie deiner sind von ihr gedeckt.
Keine Bange, ich bin aus DE ausgewandert, habe aber noch die deutsche Staatsbürgerschaft. Ich habe sogar herausgefunden, dass ich dieses Jahr noch wählen darf! Deswegen erlaube ich es mir, Entwicklungen in meiner ehemaligen Heimat zu kritisieren.
Wie ein andere Diskussionsteilnehmer dargestellt hat, lässt sich die Behauptung von Herrn Höcke tatsächlich objektiv nachprüfen. Freilich hat er polemisch zugespitzt, aber jetzt mal ernsthaft: Wenn diese Äusserung wirklich der Grund für eine Hausdurchsuchung (!) bei einem Oppositionspolitiker war, dann finde ich den Vorgang beschämend. Da brauche ich niemanden verunglimpfen, denn die verantwortlichen Politiker demaskieren sich im Bunde mit der Staatsanwaltschaft selbst.
In Thüringen ist die in Linkspartei umbenannte SED an der Macht, die entsprechende Erfahrung mit der Unterdrückung von Meinungsäusserungen und der Diffamierung und Verfolgung politischer Gegner hat. In Deutschland sind auch leider die Staatsanwälte nicht unabhängig, sondern weisungsgebunden und damit der politischen Einflussnahme unterworfen.
Komisch, dass ihr Deutschen die Zustände in anderen Ländern - etwa Polen oder Ungarn - immer gerne kritisiert, und dies häufig von einer hohen moralischen Warte tut, dann aber sehr dünnhäutig seid, wenn es um euer eigenes Land geht.
In der Schweiz ist die SVP (wenn man will, das AfD-Äquivalent, wobei es aber durchaus Unterschiede gibt) durchaus umstritten und ein wichtiges Feindbild der anderen (vor allem linken) Parteien. Allerdings geht es in der Schweiz letztlich doch mehr um Inhalte und pragmatische Lösungen. Auch würde man nicht auf die Idee kommen, eine demokratische Partei vom Diskurs und von der politischen Macht auszuschliessen, oder gar ihre Wähler zu verunglimpfen und ihnen den Mund zu verbieten. So ist der derzeitige Bundespräsident - mehr ein Primus inter pares des siebenköpfigen Bundesrates - beispielsweise ein Mitglied der SVP. Die SVP regiert auch selbstverständlich wie alle anderen wesentlichen Parteien auf allen Ebenen der Schweizer Politik mit.
Der Vorteil des Schweizer Systems ist, dass sich hier die Bürger im Sinne der
direkten Demokratie in Volksinitiativen und Volksabstimmungen äussern und sie im Sinne der
Konsensdemokratie auch an der politischen Machtausübung partizipieren können. In Deutschland zieht man es offenbar vor, Leute auszuschliessen, zu diffamieren und zu drangsalieren, und sie von der Macht fernzuhalten. Das ist erstens nicht mit freiheitlichen Prinzipien vereinbar, und sorgt zweitens dafür, dass der Druck im Kessel steigt. Wolltet ihr in Deutschland Minderheiten radikalisieren, dann würdet ihr auf jeden Fall alles genau richtig machen. Wut entsteht vor allem dann, wenn sich Leute diffamiert und machtlos fühlen.