Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

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Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Arbeitslosengeld 2 (HartzIV), Rentenversicherung, Sozialgesetzbuch.

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aleph
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Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von aleph »

In einem anderen Strang wurde behauptet, eine Sozialleistungsquote von über 30% wäre zu hoch. Wikipedia sagt zu diesem Begriff unter anderem:



https://de.m.wikipedia.org/wiki/Sozialleistungsquote
Die Sozialleistungsquote ist in der (verschiedene Länder) vergleichenden Wohlfahrtsstaatforschung der am häufigsten verwendete Vergleichsindikator zur Beurteilung der Leistung von Wohlfahrtsstaaten. Denn die Sozialleistungsquote zeigt, jedoch in einer sehr allgemeinen und ungenauen Form, wie viel ein Land im Vergleich zur Wirtschaftskraft für soziale Zwecke verwendet.[4] Während die Zahlen zu Ausgaben alleine nicht aussagekräftig für Vergleiche sind, lässt das Verhältnis von Sozialleistungen und dem BIP hingegen Schlussfolgerungen zum sozialen Leistungsniveau zu.[2]

Eine hohe Sozialleistungsquote deutet auf einen Sozialstaat, eine niedrige auf einen kapitalistisch orientierten Staat hin. Die Quote ist als alleiniger Indikator für den Umfang staatlicher Umverteilung nur bedingt geeignet, da sie unter anderem sehr sensibel auf eine Veränderung des BIP reagiert.[5][4] Sozialleistungen sind Ausgaben, die kaum auf konjunkturelle Entwicklungen reagieren (wie Renten) oder sich antizyklisch verhalten (Arbeitslosengeld). Eine Rezession kann daher dazu führen, dass der prozentuale Anteil von Sozialleistungen am BIP zunimmt. Die Schlussfolgerungen hieraus fallen unterschiedlich aus. So wird etwa die Ansicht vertreten, dass durch höhere Sozialleistungen im Fall der Rezession höhere staatliche Schulden entstehen können, weil das rückläufige BIP weniger Steuereinnahmen generiert.[6] Auf der anderen Seite wird darauf verwiesen, dass die Sozialleistungsquote nicht nur Belastungen/Ausgaben darstellt. Sozialleistungen bedeuten, durch die Nutzungsmöglichkeit von sozialen Diensten und Einrichtungen sowie den Zufluss von Einkommen für die Empfänger, auch ökonomische Vorteile. Es ist demnach nicht einfach, Kosten und Nutzen der Sozialleistungen (und somit der Sozialleistungsquote) zu bilanzieren. Unter anderem ist zu beurteilen welche gesellschaftlichen Funktionen die Sozialleistungen erfüllen und welche Belastungen anfallen.[2] Zu beachten ist auch, dass die Sozialquote nur den finanziellen Einsatz, somit jedoch nicht zwangsläufig auch die Wirksamkeit und Qualität, der Sozialpolitik darstellt.[7]
Übrigens liegt die Sozialleistungsquote in den neuen Bundesländern beinahe bei 50%.
Aus dem Ranking auf Wikipedia erkennt man, dass nicht nur nordische Staaten Spitzenreiter sind, die für ihren Wohlstand sehr gelobt werden, auch wirtschaftlich erfolgreiche Staaten wie Irland und das Vereinigte Königreich haben beachtliche Quoten.

Meines Erachtens ist der Indikator nicht isoliert zu betrachten, die Situation ist zu komplex dazu.
Realist2014 hat geschrieben:(02 Jun 2021, 12:03)

Solange ich nicht mehr Steuern auf mein Einkommen bezahlen muss, um noch mehr "Soziales" zu bezahlen, ist mir das Wumpe

Eine Sozialstaatsquote von über 30% ist definitiv zu hoch
Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
Besser schweigen und als Narr zu scheinen, als sprechen und jeden Zweifel zu beseitigen. Abraham Lincoln
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3x schwarzer Kater
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Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

aleph hat geschrieben:(02 Jun 2021, 12:31)

In einem anderen Strang wurde behauptet, eine Sozialleistungsquote von über 30% wäre zu hoch. Wikipedia sagt zu diesem Begriff unter anderem:



https://de.m.wikipedia.org/wiki/Sozialleistungsquote



Übrigens liegt die Sozialleistungsquote in den neuen Bundesländern beinahe bei 50%.
Aus dem Ranking auf Wikipedia erkennt man, dass nicht nur nordische Staaten Spitzenreiter sind, die für ihren Wohlstand sehr gelobt werden, auch wirtschaftlich erfolgreiche Staaten wie Irland und das Vereinigte Königreich haben beachtliche Quoten.

Meines Erachtens ist der Indikator nicht isoliert zu betrachten, die Situation ist zu komplex dazu.
Die Frage ist doch, wie man "gut" oder "schlecht" im Hinblick auf die Volkswirtschaft definiert. Das geht ja nicht, ohne dass man die Ziele die man hat konkretisiert. Und da wird man wieder feststellen, dass es hier eben auch Zielkonflikte gibt.

Z.B. ist es relativ unstrittig, dass der Wohlstand einer Volkswirtschaft am schnellsten steigt, wenn man die Ressourcenallokation dem Markt überlässt, also eben eine klassische Marktwirtschaft. Nichts ist effizienter und sorgt für Wohlstand. Dazu sind bestimmte Voraussetzung notwendig, z.B. dass zusätzlich auch Wettbewerb herrscht. Der Staat hat hier dann die Aufgabe diese Grundvoraussetzungen sicherzustellen, also z.B. zu verhindern, dass die Marktmacht von Unternehmen zu groß wird. Ansonsten wird er nicht aktiv eingreifen. Dann würde man sich dem paretooptimalen Zustand nähern. D.h. alle Beteiligten werden durch den Wohlstandszuwachs besser gestellt und genauso lange bis das nicht mehr möglich ist. Das ist tatsächlich nur ein theoretisches Ziel, dem man sich selbst in einer perfekten Welt nur annähern würde.
Mit dem Ergebnis kann man nun insofern unzufrieden sein, weil dadurch möglicherweise die Einkommen sehr ungleich verteilt sind. Also kann der Staat durch geeignete Interventionen dafür sorgen, dass die Einkommen weniger ungleich verteilt sind. Damit verlässt man aber den Pfad des paretooptimalen Wachstums. Die Umverteilunspolitik führt dazu, dass nicht mehr alle Markteilnehmer besser gestellt werden, sondern erreicht die Besserstellung nur dadurch, dass andere schlechter gestellt werden. Das führt auch zu Verhaltensänderungen im Hinblick auf die Allokation der Ressourcen was wiederum dazu führt dass diese ineffizienter wird und dadurch der Wohlstand der Volkswirtschaft langsamer wächst. Die Frage die sich hier also stellt ist, wieviel weniger Wohlstand dass man in Gesamtsumme in Kauf nimmt um eben weniger Unterschiede in der Einkommensverteilung zu verteilen.
Wenn zu dem Umverteilungsgedanken nun auch noch die soziale Absicherung dazukommt (Altersvorsorge, Abrbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit) führt das dazu, dass dem Einzelnen ein Risko abgenommen wird und dieses Risiko auf andere verteilt wird. Letztendlich ist auch das eine Maßnahme im Rahmen der Einkommensverteilung. Der einzelne kann damit weniger über sein Einkommen entscheiden und erhält im Gegenzug dazu eine vergleichsweise risikolose Versorgung. Damit verschwindet der Anreiz selber Vermögen zu bilden um für den Notfall vorzusorgen. Das wiederum führt zu einer zunehmenden Ungleichheit in der Vermögensverteilung.
Eine hohe Sozialleistungsquote deutet nun geringere Einkommensunterschiede, weniger Effizienz in der Ressourcenverteilung (weniger Wohlstand) und eine zunehmende Ungleichheit in der Vermögensverteilung hin.
Ob das nun "gut" oder "schlecht" hängt nur davon ab, was man denn eigentlich will. Und entsprechend muss man sich die Ziele setzen.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
Atue001
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Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von Atue001 »

Die Sozialleistungsquote sagt als statistische Kenngröße ziemlich wenig aus. Für ein Ranking welcher Art auch immer ist sie wenig geeignet.

In einem kulturellen Umfeld, in dem die Menschen dem Staat misstrauen, und die Menschen stark auf eigene Leistung setzen, akzeptieren Menschen auch schon mal eine nicht existente Krankenversicherung und verteidigen diese sogar gegen die Versuche, ein staatliches Krankenversicherungswesen aufzubauen.

In einem kulturellen Umfeld, in dem soziale Leistungen des Staates als eine vernünftige Organisationsform kulturell begriffen werden, besteht tendenziell eine hohe Akzeptanz auch gegenüber einer hohen Sozialleistungsquote.

Wissenschaftlich gesehen ist es erst mal schwierig zu messen, wie man mit den kulturellen Unterschieden umgeht.
Ein Ansatz ist der GINI-Index - oder der Glücks-Index. Der beurteilt aber nicht zuerst die meist auch noch finanziell definierten Parameter der Volkswirtschaft, sondern konzentriert sich darauf, ob und wie die Menschen bezogen auf das Thema "Glück" ihren Staat wahrnehmen.

Daraus könnte man ableiten, dass insbesondere die skandinavischen Länder mit relativ hohen Sozialleistungsquoten recht gut unterwegs sind - und deren Volkswirtschaften stehen ja auch nicht so schlecht da......
Aber Vorsicht! Das gleiche System einfach 1:1 auf die USA adaptiert, würde dort zu vielen Demonstrationen und zu hoher Unzufriedenheit führen.

In den Nordländern funktioniert das System ziemlich gut - aber das, was dort Standard ist, wurde auch über Jahrhunderte hin entwickelt......in Deutschland sind wir teilweise deutlich anders unterwegs. Wenn man das System in Deutschland weiter entwickeln wollte, würde das auch nicht über Nacht funktionieren. Ein Sozialsystem was teuer ist, aber in welches die Bürger kein Vertrauen haben - das wäre so ziemlich die Hölle.
Vertrauen geht also einher mit dem, was man bereit ist an die Sozialversicherungssysteme abzudrücken. Wenn da Einzahlung und Leistung nicht stimmt, wird es schnell mal auch ungemütlich.
Diplomatensohn5000
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Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von Diplomatensohn5000 »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:Z.B. ist es relativ unstrittig, dass der Wohlstand einer Volkswirtschaft am schnellsten steigt, wenn man die Ressourcenallokation dem Markt überlässt, also eben eine klassische Marktwirtschaft. Nichts ist effizienter und sorgt für Wohlstand.
Da lacht die US-amerikanische Unterschicht...

Die Korrelation zwischen Wachstum und Staatsquote ist gar nicht mal so leicht zu belegen, wie das gerne von den üblichen Verdächtigen kolportiert wird. Auch dann nicht, wenn man es immer wieder behauptet.
odiug

Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von odiug »

Diplomatensohn5000 hat geschrieben:(14 Nov 2021, 03:21)

Da lacht die US-amerikanische Unterschicht...

Die Korrelation zwischen Wachstum und Staatsquote ist gar nicht mal so leicht zu belegen, wie das gerne von den üblichen Verdächtigen kolportiert wird. Auch dann nicht, wenn man es immer wieder behauptet.
Also mal zum Thema "Effizienz" einer klassischen Marktwirtschaft:
Die USA liegen mit ca 19,3 % der öffentlichen Ausgaben für Soziales im unteren Mittelfeld der OECD Staaten, stand 2016:
https://www.oecd.org/berlin/presse/ante ... 102016.htm
Rechnet man aber die privaten Ausgaben für soziale Aufgaben und die sich daraus ergebende Steuervorteile mit ein, dann sind die USA mit fast 30% knapp hinter Frankreich auf Platz 2 der OECD Staaten.
Eine Privatisierung sozialer Aufgaben ist, angesichts der Zustände in den USA also alles andere als effizient :(
Ist übrigens auch interessant zu beobachten, warum die skandinavischen Länder als so sozial angesehen werden in Deutschland, wo doch unser westlicher Nachbar da viel engagierter ist, wenn man mal die nackten Zahlen betrachtet.
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jorikke
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Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von jorikke »

3x schwarzer Kater hat geschrieben: Mi 2. Jun 2021, 13:00 Die Frage ist doch, wie man "gut" oder "schlecht" im Hinblick auf die Volkswirtschaft definiert. Das geht ja nicht, ohne dass man die Ziele die man hat konkretisiert. Und da wird man wieder feststellen, dass es hier eben auch Zielkonflikte gibt.

Z.B. ist es relativ unstrittig, dass der Wohlstand einer Volkswirtschaft am schnellsten steigt, wenn man die Ressourcenallokation dem Markt überlässt, also eben eine klassische Marktwirtschaft. Nichts ist effizienter und sorgt für Wohlstand. Dazu sind bestimmte Voraussetzung notwendig, z.B. dass zusätzlich auch Wettbewerb herrscht. Der Staat hat hier dann die Aufgabe diese Grundvoraussetzungen sicherzustellen, also z.B. zu verhindern, dass die Marktmacht von Unternehmen zu groß wird. Ansonsten wird er nicht aktiv eingreifen. Dann würde man sich dem paretooptimalen Zustand nähern. D.h. alle Beteiligten werden durch den Wohlstandszuwachs besser gestellt und genauso lange bis das nicht mehr möglich ist. Das ist tatsächlich nur ein theoretisches Ziel, dem man sich selbst in einer perfekten Welt nur annähern würde.
Mit dem Ergebnis kann man nun insofern unzufrieden sein, weil dadurch möglicherweise die Einkommen sehr ungleich verteilt sind. Also kann der Staat durch geeignete Interventionen dafür sorgen, dass die Einkommen weniger ungleich verteilt sind. Damit verlässt man aber den Pfad des paretooptimalen Wachstums. Die Umverteilunspolitik führt dazu, dass nicht mehr alle Markteilnehmer besser gestellt werden, sondern erreicht die Besserstellung nur dadurch, dass andere schlechter gestellt werden. Das führt auch zu Verhaltensänderungen im Hinblick auf die Allokation der Ressourcen was wiederum dazu führt dass diese ineffizienter wird und dadurch der Wohlstand der Volkswirtschaft langsamer wächst. Die Frage die sich hier also stellt ist, wieviel weniger Wohlstand dass man in Gesamtsumme in Kauf nimmt um eben weniger Unterschiede in der Einkommensverteilung zu verteilen.
Wenn zu dem Umverteilungsgedanken nun auch noch die soziale Absicherung dazukommt (Altersvorsorge, Abrbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit) führt das dazu, dass dem Einzelnen ein Risko abgenommen wird und dieses Risiko auf andere verteilt wird. Letztendlich ist auch das eine Maßnahme im Rahmen der Einkommensverteilung. Der einzelne kann damit weniger über sein Einkommen entscheiden und erhält im Gegenzug dazu eine vergleichsweise risikolose Versorgung. Damit verschwindet der Anreiz selber Vermögen zu bilden um für den Notfall vorzusorgen. Das wiederum führt zu einer zunehmenden Ungleichheit in der Vermögensverteilung.
Eine hohe Sozialleistungsquote deutet nun geringere Einkommensunterschiede, weniger Effizienz in der Ressourcenverteilung (weniger Wohlstand) und eine zunehmende Ungleichheit in der Vermögensverteilung hin.
Ob das nun "gut" oder "schlecht" hängt nur davon ab, was man denn eigentlich will. Und entsprechend muss man sich die Ziele setzen.
Du beschreibst in erster Linie monetäre Auswirkungen, und zwar recht einleuchtend.
Die beiden letzten Sätze bringen es auf den Punkt.
Es stellt sich also die Frage ob mehr wirtschaftliche Effektivität und damit größerer Wohlstand bei gleichzeitig großen Unterschieden, oder, mehr Egalität und soziale Sicherheit für das Zusammenleben in einem Staat förderlicher ist.
Zwangsläufig muss die Antwort irgendwo in der Mitte beider Extreme liegen.
Seit Bestehen der Republik sucht man nach dem Königsweg, mir scheint, so ganz schlecht liegen wir nicht im Rennen.
Allerdings, Veränderungen der Basisdaten machen von Zeit zu Zeit auch größere Nachjustierungen notwendig.
Die Notwendigkeit für ein BGE (z.B.) besteht z.Zt. aber noch nicht.
Kölner1302
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Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von Kölner1302 »

Der Wirtschaftswissenschaftler KEYNES hat die volkswirtschaftlichen Auswirkungen von wirtschaftlichen Maßnahmen des Staates untersucht.

Es ist wohl so:
Je mehr jmd verdient, desto höher seine Sparquote. Das gesparte Geld landet idR bei einer Bank oder Versicherung und von dort geht es in Kredite für Investitionen für Unternehmen.
Das übrige Geld landet im Konsumkreislauf, d.h. es wird in Geschäften für Lebensmittel, Klamotten Möbel Autos usw. ausgegeben.

Gibt man nun einem armen Haushalt zB Sozialhilfe, so geht dieser Betrag fast vollständig in den Konsum, und zwar landet es in Geschäften, in denen niedrige Gewinne erzielt werden: bei H&M und nicht in der Boutique. Je geringer der Gewinn desto mehr landet dann bei Lieferanten und Beschäftigten und von dort wiederum im Konsum und im Investitionskreislauf.
Das Geld macht nun mehrmals die Runde, bis es vollständig beim Staat und bei den Banken landet.(Multiplikatoreffekt)
Je ärmer die Leute und je geringer die Gewinne desto häufiger macht das Geld die Runde, d.h desto höhr der Multiplikatoreffekt.
Eine Sozialausgabe wie zB Sozialhilfe oder Rente wirkt also quasi wie ein Konjunkturprogramm.
Je höher der Multiplikatoreffekt desto mehr.
Über die Mehrwert- und Einkommenssteuer fließt ein Großteil der Summe wieder zurück an den Staat - quasi ein durchlaufender Posten.
Dementsprechend sind die wirtschaftlichen Auswirkungen von Sozialleistungen moderat.
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Mendoza
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Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von Mendoza »

Kölner1302 hat geschrieben: Do 8. Jun 2023, 14:31 Der Wirtschaftswissenschaftler KEYNES hat die volkswirtschaftlichen Auswirkungen von wirtschaftlichen Maßnahmen des Staates untersucht.

Es ist wohl so:
Je mehr jmd verdient, desto höher seine Sparquote. Das gesparte Geld landet idR bei einer Bank oder Versicherung und von dort geht es in Kredite für Investitionen für Unternehmen.
Das übrige Geld landet im Konsumkreislauf, d.h. es wird in Geschäften für Lebensmittel, Klamotten Möbel Autos usw. ausgegeben.

Gibt man nun einem armen Haushalt zB Sozialhilfe, so geht dieser Betrag fast vollständig in den Konsum, und zwar landet es in Geschäften, in denen niedrige Gewinne erzielt werden: bei H&M und nicht in der Boutique. Je geringer der Gewinn desto mehr landet dann bei Lieferanten und Beschäftigten und von dort wiederum im Konsum und im Investitionskreislauf.
Das Geld macht nun mehrmals die Runde, bis es vollständig beim Staat und bei den Banken landet.(Multiplikatoreffekt)
Je ärmer die Leute und je geringer die Gewinne desto häufiger macht das Geld die Runde, d.h desto höhr der Multiplikatoreffekt.
Eine Sozialausgabe wie zB Sozialhilfe oder Rente wirkt also quasi wie ein Konjunkturprogramm.
Je höher der Multiplikatoreffekt desto mehr.
Über die Mehrwert- und Einkommenssteuer fließt ein Großteil der Summe wieder zurück an den Staat - quasi ein durchlaufender Posten.
Dementsprechend sind die wirtschaftlichen Auswirkungen von Sozialleistungen moderat.
Das ist soweit richtig und macht Sinn, wenn man hohe Arbeitslosigkeit und eine geringe Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen hat - in einer Rezession. Da braucht man auch höhere Sozialleistungen als Schmiermittel damit die Konjunktur anspringt. Im Moment haben wir aber nicht zu wenig, sondern zu viel Arbeit oder besser gesagt zu wenig Arbeitskräfte. In einer solchen Situation heizt man mit noch höheren Sozialleistungen nur die Inflation an und verhindert, dass sich Leute um Arbeit bemühen. Siehe z.B. Venezuela unter der Regierung von Hugo Chavez.
Churchill "Dem Kapitalismus wohnt ein Laster inne: Die ungleichmäßige Verteilung der Güter. Dem Sozialismus hingegen wohnt eine Tugend inne: Die gleichmäßige Verteilung des Elends."
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Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von Kölner1302 »

Mendoza hat geschrieben: Do 8. Jun 2023, 16:32 Siehe z.B. Venezuela unter der Regierung von Hugo Chavez.
Venezuels ist eine sozialistische Kommandowirtschaft, in der Preise und Leistungen i.d.R. staatlich verordnet sind.
https://www.welt.de/debatte/kommentare/ ... ckung.html
Venezuela passt hier deshalb als Beispiel nicht.
Denn dort sind die o.g. Marktgesetze durch die Kommandowirtschaft außer Kraft gesetzt.
Zuletzt geändert von Kölner1302 am Do 8. Jun 2023, 18:21, insgesamt 1-mal geändert.
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sünnerklaas
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Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von sünnerklaas »

Mendoza hat geschrieben: Do 8. Jun 2023, 16:32 Das ist soweit richtig und macht Sinn, wenn man hohe Arbeitslosigkeit und eine geringe Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen hat - in einer Rezession. Da braucht man auch höhere Sozialleistungen als Schmiermittel damit die Konjunktur anspringt. Im Moment haben wir aber nicht zu wenig, sondern zu viel Arbeit oder besser gesagt zu wenig Arbeitskräfte. In einer solchen Situation heizt man mit noch höheren Sozialleistungen nur die Inflation an und verhindert, dass sich Leute um Arbeit bemühen. Siehe z.B. Venezuela unter der Regierung von Hugo Chavez.
Wobei ich da einwerfen möchte: Instrumente, wie das Kurzarbeitergeld sind de facto auch Sozialleistungen. Dabei verbleiben die Menschen auf ihrem Arbeitsplatz. Das ganze hat sich während der Pandemie als echter Segen herausgestellt. Genauso, wie sich das Konstrukt der Hartz-Reform in der Pandemie als Segen herausgestellt hat - da ganz besonders für Selbständige. Niemand musste Angst haben, seine Wohnung zu verlieren, nur weil es zeitweise nicht möglich war, zu arbeiten und Geld zu verdienen.
Aurelius88
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Re: Ist eine hohe Sozialleistungsquote schlecht für eine Volkswirtschaft?

Beitrag von Aurelius88 »

Mendoza hat geschrieben: Do 8. Jun 2023, 16:32 Das ist soweit richtig und macht Sinn, wenn man hohe Arbeitslosigkeit und eine geringe Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen hat - in einer Rezession. Da braucht man auch höhere Sozialleistungen als Schmiermittel damit die Konjunktur anspringt. Im Moment haben wir aber nicht zu wenig, sondern zu viel Arbeit oder besser gesagt zu wenig Arbeitskräfte. In einer solchen Situation heizt man mit noch höheren Sozialleistungen nur die Inflation an und verhindert, dass sich Leute um Arbeit bemühen. Siehe z.B. Venezuela unter der Regierung von Hugo Chavez.

Klar der Hugo Chavez Vergleich macht auch natürlich Sinn. Einigen ist scheinbar kein "Argument" zu blöd um ihrer eigenen Besserwisserei zu schmeicheln. :x
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